Gründung, Kauf, Eintritt, Zusammenschluss Einleitung
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Fachbereich Rechtswissenschaft<br />
Die Anwaltskanzlei<br />
Kurs 2<br />
<strong>Gründung</strong>, <strong>Kauf</strong>, <strong>Eintritt</strong>, <strong>Zusammenschluss</strong><br />
Autor:<br />
Peter Heid<br />
Institut für Juristische Weiterbildung<br />
© 2004 FernUniversität in Hagen Alle Rechte vorbehalten<br />
Fachbereich Rechtswissenschaft<br />
Institut für Juristische Weiterbildung
Inhaltsverzeichnis 1<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
AUTOR DES STUDIENBRIEFES ................................................................................4<br />
VORBEMERKUNG:<br />
DER ANWALTSBERUF – EINE LEBENSENTSCHEIDUNG<br />
A) DER ANWALTSMARKT.....................................................................................5<br />
B) ANFORDERUNGEN AN DEN ERFOLGREICHEN ANWALT.....................7<br />
I. Das überkommene und das moderne Anforderungsprofil ................................7<br />
1. Der Prozesshelfer in schwarzer Robe (forensische Tätigkeit).................7<br />
2. Der Problemlöser des Mandanten (Dienstleister)....................................7<br />
3. Vereinbarkeit mit dem Berufsrecht .........................................................9<br />
II. Die notwendigen Eigenschaften......................................................................10<br />
1. Selbständiger Anwalt aus Überzeugung, nicht aus Not ........................10<br />
2. Die spezifischen Anforderungen ...........................................................11<br />
III. Die Defizite der herkömmlichen Ausbildung .................................................11<br />
IV. Lösungsansatz: Eigeninitiative .......................................................................12<br />
HAUPTTEIL:<br />
GRÜNDUNG, KAUF, EINTRITT, ZUSAMMENSCHLUSS ......................................<br />
EINLEITUNG: DIE „OPTIMALE“ KANZLEISTRUKTUR..................................14<br />
I. Der Einzelanwalt.............................................................................................14<br />
II. Das Anwaltsteam ............................................................................................14<br />
A) GRÜNDUNG ........................................................................................................16<br />
I. Die fremdbestimmte Anwaltstätigkeit ............................................................16<br />
1. Der angestellte Anwalt ..........................................................................16<br />
2. Der Anwalt als freier Mitarbeiter ..........................................................18<br />
a) Die rechtlichen Rahmenbedingungen ............................................................. 18<br />
b) Sonderproblem Scheinselbständigkeit ............................................................ 19<br />
3. Der Syndikusanwalt...............................................................................20<br />
II. Die unabhängige Anwaltstätigkeit: <strong>Gründung</strong> einer Einzelpraxis.................20<br />
1. Der Ablauf der Planung.........................................................................21<br />
2. Die betriebswirtschaftliche Planung......................................................21<br />
a) Umsatzplanung ............................................................................................... 21<br />
b) Kostenplanung ................................................................................................ 22<br />
c) Finanzplanung, u.a. Fördermittel .................................................................... 26<br />
3. Steuerliche Hinweise .............................................................................27
Inhaltsverzeichnis 2<br />
B) KAUF ....................................................................................................................29<br />
I. Allgemeine Hinweise......................................................................................29<br />
II. Der rechtliche Rahmen....................................................................................29<br />
1. Die Zulässigkeit des Praxiskaufs...........................................................29<br />
2. Vertragstyp: <strong>Kauf</strong> überwiegend immaterieller<br />
Vermögensgegenstände (Mandantenstamm) .................................................. 30<br />
3. Verschwiegenheitspflicht und Datenschutz...........................................30<br />
4. Die wichtigsten Regelungspunkte des <strong>Kauf</strong>vertrages ...........................31<br />
a) Bestimmung der gekauften beweglichen Wirtschaftsgüter..................... 32<br />
b) Bestimmung des Übergangs der Dauerschuldverhältnisse,<br />
insbesondere Personal ............................................................................. 32<br />
c) Übergang Kanzleiname ........................................................................... 33<br />
d) Übergang halbfertiger Arbeiten, Forderungen und Verbindlichkeiten ... 33<br />
e) Übergang Mandantenstamm und Handakten .......................................... 35<br />
f) Wettbewerbsverbot Veräußerer............................................................... 35<br />
g) Preisfindung ............................................................................................ 36<br />
III. Das Bewertungsproblem.................................................................................36<br />
1. Die Bewertungsverfahren für den good-will (Mandantenstamm).........36<br />
a) Grundlagen.............................................................................................. 36<br />
b) Die Grundsätze der Bewertung des good-will von Anwaltspraxen ........ 39<br />
2. Die Bewertungssystematik ....................................................................41<br />
a) Inventur und Bilanzaufstellung ............................................................... 41<br />
b) Berücksichtigung des Praxiswerts........................................................... 42<br />
c) <strong>Kauf</strong>preisableitung aus dem Status mit Praxisbeispiel............................ 42<br />
C) EINTRITT ............................................................................................................43<br />
I. Rechtskleid: Anteilskauf.................................................................................43<br />
1. Abgrenzungsfragen................................................................................43<br />
2. Das anwendbare Recht ..........................................................................44<br />
II. Gesellschaftsübergreifende Rechtsprobleme ..................................................45<br />
1. Anwaltliche Unabhängigkeit und Gesellschaftsbindung.......................45<br />
2. Haftungsfragen ......................................................................................47<br />
a) Die Haftung bei der GbR (Sozietät)........................................................ 47<br />
b) Die Haftung bei der Partnerschaftsgesellschaft....................................... 48<br />
III. Die Entgeltmodelle .........................................................................................48<br />
1. Der Doppelerwerb beim <strong>Eintritt</strong>............................................................48<br />
2. <strong>Kauf</strong>preismodelle beim <strong>Eintritt</strong> .............................................................49<br />
a) Einkaufsmodell ....................................................................................... 49<br />
b) Gewinnaufbaumodell .............................................................................. 49<br />
3. Abfindungsmodelle der Senior-Partner.................................................50<br />
a) Pensionsverpflichtungen ......................................................................... 50<br />
b) Abfindungsermittlung nach Bewertungsverfahren ................................. 50<br />
c) Alternativregelungen, insbesondere Kappungsgrenzen .......................... 51<br />
IV. Praxistipp für Erwerber: Gefahr durch <strong>Kauf</strong>preisüberforderung...................52
Inhaltsverzeichnis 3<br />
D) ZUSAMMENSCHLUSS......................................................................................53<br />
I. Gesellschaftsgründung....................................................................................53<br />
1. Vor- und Nachteile der einzelnen Rechtsformen ..................................53<br />
a) Praxisrelevante Rechtsformen................................................................. 53<br />
b) Formvorschriften und Publizität.............................................................. 54<br />
c) Haftungsgesichtspunkte .......................................................................... 54<br />
aa) Sozietät und Partnerschaft .......................................................................... 54<br />
bb) Anwalts-GmbH........................................................................................... 55<br />
d) Steuerliche Gesichtspunkte ..................................................................... 55<br />
2. Assoziierungsmöglichkeiten mit Angehörigen anderer<br />
Berufsgruppen und Haftung ..................................................................57<br />
3. Die systematische Unterteilung nach dem Gesellschaftszweck............59<br />
II. Fusion..............................................................................................................62<br />
1. Fusion nach dem Umwandlungsgesetz .................................................62<br />
2. Fusion als Einbringungsvorgang bei Neugründung oder Beitritt..........63<br />
III. Musterverträge ................................................................................................63<br />
1. Sozietätsvertrag .....................................................................................63<br />
a) Typischer Sachverhalt für einen Sozietätsvertrag zwischen zwei<br />
Rechtsanwälten ....................................................................................... 63<br />
aa) Aufnahme eines bislang angestellten Kollegen .......................................... 63<br />
bb) Verschmelzung von zwei Einzelpraxen...................................................... 64<br />
b) Typischer Sachverhalt für einen Sozietätsvertrag mit<br />
mehreren Anwälten (mittelständischer Generationenvertrag)................. 64<br />
c) Muster ..................................................................................................... 65<br />
2. Kostenumlagegesellschaft (Unterstützungsgesellschaft) ......................80<br />
a) Typischer Sachverhalt............................................................................. 80<br />
b) Muster: Vertrag einer Bürogemeinschaft zwischen<br />
zwei Rechtsanwälten............................................................................... 80<br />
3. Fördergesellschaft (Kooperation)..........................................................85<br />
a) Typischer Sachverhalt............................................................................. 85<br />
b) Muster: Vertrag über die Zusammenarbeit zwischen Rechtsanwalt<br />
und Steuerberater..................................................................................... 86<br />
ANHANG: TABELLEN VON KNIEF, ANWBL 1999, S. 76, 87 – 90 .....................88<br />
LITERATURVERZEICHNIS ...................................................................................101<br />
Kommentare.........................................................................................................101<br />
Monographien, Handbücher, Formularbücher.....................................................101<br />
Aufsätze ...............................................................................................................103
<strong>Gründung</strong>, <strong>Kauf</strong>, <strong>Eintritt</strong>, <strong>Zusammenschluss</strong> 14<br />
Hauptteil:<br />
<strong>Gründung</strong>, <strong>Kauf</strong>, <strong>Eintritt</strong>, <strong>Zusammenschluss</strong><br />
<strong>Einleitung</strong>: Die „optimale“ Kanzleistruktur<br />
I. Der Einzelanwalt<br />
Der Einzelanwalt ist ein historisch überkommener Idealtypus44. Neben vielen anderen<br />
Gründen, insbesondere dem Gesichtspunkt, dass zwei oder mehr Anwälte durch Gedankenaustausch,<br />
gemeinsame Beratung und gegenseitige Ergänzung in der Gemeinschaft leistungsfähiger<br />
sein werden, besteht auch von der Sache her ein starker Trend zu gemeinsamen<br />
Organisationsformen anwaltlicher Tätigkeit, nämlich durch den Zwang zur Spezialisierung45.<br />
Es dürfte heute unstreitig sein, dass der Allround-Jurist ein Auslaufmodell ist. Angesichts<br />
der Fülle der verschiedenen Rechtsgebiete in der modernen Industrie- und Privatgesellschaft<br />
und der immer komplizierter werdenden Gesetzgebung46 wäre es vermessen,<br />
wenn ein Anwalt von sich behaupten wollte, dass er sich in der Lage sieht, auf allen<br />
Rechtsgebieten qualitativ hoch stehende und effektive anwaltliche Dienstleistung zu bieten47.<br />
Dies ist nicht nur ein quantitatives Problem im intellektuellen Bereich, sondern auch<br />
ein qualitatives Problem im Hinblick auf die für jede Berufsausübung notwendige Berufserfahrung.<br />
Diese kann man auch in einem sehr langen Anwaltsleben von vornherein nur in<br />
bestimmten, begrenzten Bereichen sammeln. Der Einzelanwalt wird sich daher entweder<br />
auf spezielle Bereiche beschränken müssen oder in eine Kooperation mit anderen, in anderen<br />
Rechtsbereichen ausgerichteten Anwälten treten48.<br />
II. Das Anwaltsteam<br />
Zwar ist auch im Zeitalter der wachsenden Bedeutung der Sozietäten durchaus Platz für<br />
erfolgreiche Einzelanwälte. Dennoch ist der Zug zur Sozietät nicht mehr aufzuhalten, wie<br />
alle statistischen Daten und Erkenntnisse über Organisationsformen der anwaltlichen Berufsbetätigung<br />
zeigen49. In Deutschland dürfte heute das Verhältnis zwischen Einzelanwäl-<br />
44 Henssler, in: Handbuch des Sozietätsrechts, A. Rn. 1.<br />
45 Ähnlich auch Gail/Overlack, Rn. 145.<br />
46 Selbst die Steuerberater, die sich auf ein Rechtsgebiet von vornherein konzentrieren können, sind<br />
häufig angesichts der nicht mehr zu überbietenden Änderungen im Steuerrecht überfordert. Typisch<br />
deutsche Regelungswut soll wohl 60% der gesamten Weltliteratur im Steuerrecht produziert<br />
haben!<br />
47 Sehr deutlich auch Huff, BRAK-Mitt 2002, S. 324 mit Hinweis auf das Haftungsrisiko.<br />
48 Ludwig/Weinel, in: Handbuch, § 28 H I 1, Rn. 155.<br />
49 Vgl. Erhebung zum Statistischen Berichtssystem für Rechtsanwälte (STAR) des Instituts für Freiberufler<br />
in Nürnberg für das Jahr 1994, in BRAK-Mitt 1995, S. 230; Heussen/Kriebel, Strukturen<br />
der Rechtsanwaltschaft in Deutschland und in den USA, http://anwaltsmanagement.anwaltverein.de/Strukturen_Rechtsanwaltschaft.doc,<br />
S. 10; Huff, BRAK-Mitt 2002, S. 3 (4): Der Anteil der<br />
Einzelanwälte nimmt stetig ab.
<strong>Gründung</strong>, <strong>Kauf</strong>, <strong>Eintritt</strong>, <strong>Zusammenschluss</strong> 15<br />
ten und in Gesellschaften tätigen Anwälten ca. 50 zu 50 betragen50. In den USA haben im<br />
Jahr 2000 46,9 % der Anwälte als Einzelanwalt praktiziert, hingegen waren 53,1 % in einer<br />
Sozietät tätig51.<br />
Unabhängig von dem Gesichtspunkt der Spezialisierung, der in fachlicher Hinsicht das Agieren<br />
mehrerer Anwälte am Markt (breites Dienstleistungsangebot) erfordert, können auch<br />
die spezifischen Anforderungen an das Mandat im Rahmen der modernen Berufsbildorientierung<br />
im Anwaltsteam besser geleistet werden, nämlich durch Kräftebündelung. Wenn das<br />
Anwaltsteam funktioniert, kann der mandatsführende Anwalt durch Unterstützung durch<br />
seine Anwaltskollegen im Zweifel viel sicherer im Mandat auftreten.<br />
50 Nach Heussen/Kriebel, AnwBl 2000, S. 385/388, waren es im Jahr 2000 ca. 56.000 Einzelanwälte,<br />
davon 8.000 Syndikusanwälte, und 50.000 Rechtsanwälte in Rechtsanwaltsgesellschaften; nach<br />
Huff, BRAK-Mitt 2002, S. 3: 60.000 Einzelanwälte und 57.000 Gesellschaften.<br />
51 Heussen/Kriebel, AnwBl 2000, S. 385/387. Die Berechnungen stützen sich auf eine Statistik aus<br />
1995.
<strong>Gründung</strong>, <strong>Kauf</strong>, <strong>Eintritt</strong>, <strong>Zusammenschluss</strong> 16<br />
A) <strong>Gründung</strong><br />
I. Die fremdbestimmte Anwaltstätigkeit<br />
Die Grundentscheidung, ob man sich als selbständiger Anwalt niederlassen oder eine<br />
fremdbestimmte Anwaltstätigkeit ausüben will, sollte sich in folgender Reihenfolge an folgenden<br />
Kriterien orientieren:<br />
- Eigene Lebensplanung<br />
- Einschätzung der eigenen Fähigkeiten im Hinblick auf unternehmerischen Geist und<br />
Risikobereitschaft.<br />
Hierzu kann auf die Vorbemerkung unter B) II. 2. (Seite 11) verwiesen werden.<br />
Im Rahmen der Möglichkeiten fremdbestimmter Anwaltstätigkeit sollte bei der Entscheidung<br />
für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis oder eine freie Mitarbeit das Kriterium<br />
der sozialen Absicherung im Vordergrund stehen52.<br />
1. Der angestellte Anwalt<br />
Es ist zwar anerkannt, dass ein Anwalt auch als Angestellter eines anderen Anwalts tätig<br />
sein kann53. Dies ist vor dem Hintergrund des § 1 BRAO, der bestimmt, dass der Anwalt<br />
seine Unabhängigkeit zu wahren hat, keinesfalls selbstverständlich. Jedenfalls wird bei dem<br />
bei einem Anwalt angestellten Anwalt die Zulässigkeit darin gesehen, dass der Dienstherr<br />
selbst den anwaltlichen Standespflichten unterworfen ist und auch in einem Angestelltenverhältnis<br />
die spezifische Unabhängigkeit des Rechtsanwalts gewährleistet werden kann54.<br />
Ebenso wie beim Syndikusanwalt muss aber bei der Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses<br />
darauf geachtet werden, dass Vertragsgestaltung und Vertragsdurchführung so ausfallen,<br />
dass der angestellte Anwalt hinsichtlich der Behandlung von Rechtsfragen weisungsfrei,<br />
eigenverantwortlich und souverän arbeiten kann. Beim angestellten Anwalt muss im Verhältnis<br />
zum Arbeitgeber-Anwalt ein Mindestmaß an Unabhängigkeit statuiert werden. Da<br />
das Direktionsrecht des Arbeitgebers am stärksten der grundsätzlich weisungsfreien Unabhängigkeit<br />
des Anwalts widerstreitet, ist es hier notwendig, dienstvertraglich den Direktionsbefugnissen<br />
Grenzen zu setzen, soll die Unabhängigkeit des Anwalts nicht zu einer inhaltsleeren<br />
Floskel werden55. Dagegen kann er hinsichtlich seines Arbeitsgebiets, der Fall-<br />
52 Grundstein, in: Ratgeber, Kapitel „Der Arbeitsvertrag“, S. 333.<br />
53 Ludwig/Weinel, in: Handbuch, § 28 H II; BGHZ 65, S. 238; BGH BRAK-Mitt 1996, S. 106; Feuerich/Braun,<br />
BRAO, § 2, Rn. 23.<br />
54 Vgl. die vorherige Fußnote.<br />
55 Vgl. hierzu Eylmann, in: Henssler/Prütting, BRAO, § 43 a, Rn. 16.
<strong>Gründung</strong>, <strong>Kauf</strong>, <strong>Eintritt</strong>, <strong>Zusammenschluss</strong> 17<br />
bearbeitung (Welche Fälle sind zu bearbeiten?) und der Arbeitszeit den Weisungen des Arbeitgeber-Anwalts<br />
unterworfen werden56.<br />
Der rechtliche Rahmen besteht im Übrigen in folgendem:<br />
- Lohnfortzahlung bei Feiertagen und Krankheit (§§ 2, 3 EntgeltfortzG)<br />
- Lohnfortzahlung bei Urlaub (§§ 1, 11 BUrlG)<br />
- „ordentlicher“ Kündigungsschutz (§§ 1, 23 Abs. 1 KSchG)<br />
- Sonderkündigungsschutz bei Schwangerschaft und Schwerbehinderung (§§ 9 MuSchG,<br />
85 SGB IX)<br />
- sozialversicherungsrechtliche Absicherung<br />
- gesetzliche Krankenversicherung (SGB V); diese besteht, soweit das Gehalt nicht<br />
über der Beitragsmessungsgrenze liegt (2003: 45.900 EUR gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1<br />
i.V.m. Abs. 6, 7 SGB V)<br />
- gesetzliche Pflegeversicherung<br />
- gesetzliche Arbeitslosenversicherung (SGB III)<br />
- gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII), insbesondere Berufsunfähigkeitsrente<br />
- gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI)<br />
Angestellte Anwälte sind in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert (§ 1 Abs.<br />
1 Nr. 1 SGB VI), aber zwingend auch zugleich Mitglied in den Versorgungswerken der<br />
Rechtsanwälte in den einzelnen Bundesländern. Bei der BfA besteht aber die Möglichkeit,<br />
sich bei Mitgliedschaft in einem Versorgungswerk von der Versicherungspflicht befreien zu<br />
lassen. Die Versorgungswerke sind „Ersatzanstalt“ im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB<br />
VI57. Es dürfte wohl keinen Anwalt geben, der doppelt pflichtversichert ist, d.h. die Befreiungsanträge<br />
werden regelmäßig gestellt, u.a. schon deshalb, weil die Mitgliedschaft im Versorgungswerk<br />
wirtschaftlich ist58, die gesetzliche Rentenversicherung dagegen nicht.<br />
Es werden einkommensbezogene Beiträge erhoben, die sich nach dem Beitragssatz in der<br />
gesetzlichen Rentenversicherung richten, bei 19,1% im Jahr 2002 und einer Beitragsbemessungsgrenze<br />
von 4.500 EUR also 859,50 EUR; meist ist als Untergrenze ein Mindestbetrag<br />
vorgesehen59.<br />
Das durchschnittliche Gehalt (ab viertem Jahr) beträgt in Einzelkanzleien ca. 3.300 EUR, in<br />
Sozietäten ca. 4.200 EUR bei einer 50-Stunden-Woche60. Die Anfangsgehälter liegen häu-<br />
56 Ludwig/Weinel, a.a.O., Rn. 162.<br />
57 Kilger, in: Ratgeber, Kapitel „Die Rechtsanwaltsversorgungswerke“, S. 127/128/131.<br />
58 Die in den jährlichen Geschäftsberichten des Versorgungswerks des Landes Hessen ausgewiesenen<br />
Renditen sind stattlich, nämlich regelmäßig über 10%.<br />
59 Kilger, in: Ratgeber, S. 127/134. Zur Errechnung der Anwartschaften vgl. weiterführend Kilger,<br />
a.a.O., S. 127, 135/136.<br />
60 Vgl. Grundstein, in: Ratgeber, S. 323, 324.
<strong>Gründung</strong>, <strong>Kauf</strong>, <strong>Eintritt</strong>, <strong>Zusammenschluss</strong> 18<br />
fig erheblich niedriger61. Wird ein standeswidrig niedriges Gehalt gezahlt, kann die Diffe-<br />
renz zum angemessenen Gehalt eingeklagt werden62.<br />
Zur Vertragsgestaltung vgl. weiterführend Grundstein, in: Ratgeber, Kapitel „Der Arbeits-<br />
vertrag“, S. 323, 336 ff., insbesondere zu Mandantenschutzklauseln (S. 323, 338 f.).<br />
2. Der Anwalt als freier Mitarbeiter<br />
Der freie Mitarbeitervertrag verbindet den Vorteil der (weitgehenden) Selbständigkeit mit<br />
dem der Entbindung von der Notwendigkeit ständiger Eigenakquisition von Mandaten am<br />
Markt: der freie Mitarbeiter bekommt diese ständig von der Kanzlei „geliefert“. Dies ist für<br />
diejenigen Kollegen das Richtige, denen zur vollen Selbständigkeit ggf. die Unternehmereigenschaft<br />
und/oder die Risikobereitschaft fehlt, die sich ggf. nicht mit vollem Einsatz im<br />
Beruf engagieren oder auch nur auf spezielle Aspekte des Anwaltberufs unter Bewahrung<br />
der Selbständigkeit im übrigen ausrichten wollen, etwa Konzentration auf ein Fachgebiet in<br />
einer größeren Kanzlei ohne innere Führungsverantwortung.<br />
a) Die rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
Die Vorteile sind:<br />
- geringe Einbindung in die Organisation des Dienstherrn;<br />
- wegen der fehlenden Sozialversicherungspflicht größere Gestaltungsfreiheit bei der<br />
sozialen Absicherung, u.a. Vermeidung der gesetzlichen unwirtschaftlichen Sozialversicherungszweige<br />
und Aufbau einer individuellen privaten Vorsorge;<br />
- steuerliche Vorteile durch Absetzung von Kosten bei der Bemessungsgrundlage<br />
(BMG) für die Steuer63.<br />
Für den freien Mitarbeiter besteht umsatzsteuerlich Unternehmereigenschaft mit der Pflicht<br />
zur Ausstellung von Rechnungen mit Umsatzsteuer (und deren Anmeldung und Abführung!).<br />
Einkommensteuerlich ist er allerdings nicht Unternehmer (im Sinne eines Gewerbetreibenden<br />
mit Einkünften gemäß § 15 EStG und Gewerbesteuerpflicht), sondern Selbständiger<br />
(Freiberufler) mit Einkünften gemäß § 18 EStG. Das bis 2001 bestehende Privileg der<br />
Freiberufler, keine Gewerbesteuer zahlen zu müssen, hat sich allerdings wirtschaftlich im<br />
Vergleich zu Gewerbetreibenden erledigt, da diese gemäß § 35 EStG die Gewerbesteuer auf<br />
die Einkommensteuerschuld anrechnen können. Ggf. gibt es in Kürze auch keinen Unterschied<br />
mehr im Erhebungsverfahren zwischen Freiberuflern und Gewerbetreibenden, wenn<br />
der politisch zurzeit geplante Ersatz der Gewerbesteuer durch die sog. Gemeindewirtschaftsteuer<br />
kommt.<br />
61 Ggf. nur bei 2.000 EUR.<br />
62 Grundstein, a.a.O., S. 323/336 f.<br />
63 Vgl. hierzu Grundstein, in: Ratgeber, S. 333, 334.
<strong>Gründung</strong>, <strong>Kauf</strong>, <strong>Eintritt</strong>, <strong>Zusammenschluss</strong> 19<br />
b) Sonderproblem Scheinselbständigkeit<br />
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts werden Beschäftigungsverhältnisse,<br />
die in Form freier Mitarbeit ausgestaltet sind, unabhängig von den vertraglichen Vereinbarungen<br />
entsprechend der tatsächlichen Handhabung als Angestelltenverhältnisse behandelt,<br />
sofern sie hinsichtlich Weisungsgebundenheit, Anwesenheitspflicht und Eingliederung in<br />
die Organisation einem solchen entsprechen64.<br />
Die nachträgliche Qualifizierung einer freien Mitarbeit in ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis<br />
ist für den Arbeitgeber-Anwalt finanziell regelmäßig eine Katastrophe: Er muss<br />
rückwirkend sowohl den Arbeitgeber- als auch den Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung<br />
abführen, bei Fahrlässigkeit allerdings „nur“ vier Jahre rückwärts (§ 25 Abs. 1 Satz 1<br />
SGB IV)65. Es werden insbesondere auch die Rentenbeiträge zur BfA fällig, obwohl der<br />
freie Mitarbeiter-Anwalt auch Pflichtmitglied im Versorgungswerk war und ist66. Aber<br />
auch für den freien Mitarbeiter hat die Umqualifizierung u.U. empfindliche Nachteile, insbesondere<br />
Nachzahlungen zur Umsatzsteuer67, Nachversteuerung von Sozialversicherungsbeiträgen<br />
als fiktive Einnahmen sowie Probleme mit den Versicherungsverläufen beim Versorgungswerk68.<br />
Nach § 7 Abs. 4 Nrn. 1-4 SGB IV wird nunmehr (seit 01.01.1999) von Personen, die erwerbsmäßig<br />
tätig sind und zwei der vier in der Vorschrift genannten Kriterien erfüllen (keine<br />
versicherungspflichtigen Arbeitnehmer mit Ausnahme von Familienangehörigen; Tätigkeit<br />
regelmäßig und im wesentlichen nur für einen Arbeitgeber; Erbringung typischer Arbeitsleistungen,<br />
insbesondere Weisungsabhängigkeit und Eingliederung in die Arbeitsorganisation<br />
des Arbeitgebers; kein Auftreten aufgrund unternehmerischer Tätigkeit am Markt),<br />
vermutet, dass sie Arbeitnehmer sind. Dies ist aber nach zwischenzeitlich wohl einhelliger<br />
Auffassung nur noch dann anwendbar, wenn nicht schon ohne sie über die Sozialversicherungspflicht<br />
abschließend entschieden werden kann (Amtsermittlungsprinzip) und der betroffene<br />
Mitarbeiter seine Auskunftspflichten nicht erfüllt69. Die Abgrenzung erfolgt ggf.<br />
danach, ob es sich um Berufsanfänger oder freie Mitarbeiter mit bereits mehrjähriger Berufspraxis<br />
handelt, die insbesondere auch über einen eigenen Mandantenstamm verfügen70.<br />
Die Vermutung der Selbständigkeit dürfte auch auf Kollegen zutreffen, die alsbald mit ei-<br />
64 Ludwig/Weinel, in: Handbuch, § 28 H II, Rn. 163; BAG, NJW 1984, S. 1985; DB 1993, S. 1622;<br />
NJW 1998, S. 3661; Grundstein, a.a.O., S. 333/341.<br />
65 Grundstein, a.a.O.<br />
66 Grundstein, a.a.O.<br />
67 Wobei die sozial- und arbeitsrechtliche Einordnung einer Tätigkeit als selbständig oder unselbständig<br />
nicht vollständig deckungsgleich ist mit der steuerlichen Einordnung, vgl. BFH vom<br />
02.12.1998, Dt. Steuerrecht 1999, 711 ff.<br />
68 Grundstein, a.a.O., S. 342; Kilger, in: Ratgeber, S. 127/129.<br />
69 Grundstein, a.a.O., S. 341.<br />
70 Ludwig/Weinel, in: Handbuch, § 28 H II, Rn. 164 (S. 608).
<strong>Gründung</strong>, <strong>Kauf</strong>, <strong>Eintritt</strong>, <strong>Zusammenschluss</strong> 20<br />
gener Kanzlei selbständig werden wollen, die freie Mitarbeit also nur als Zwischenstation<br />
betrachten71.<br />
3. Der Syndikusanwalt<br />
Der Syndikusanwalt ist ein Rechtsanwalt, der seiner beruflichen Tätigkeit vornehmlich in<br />
einem regelmäßig durch Dienstvertrag (freier Mitarbeiter- oder Anstellungsvertrag) geordneten<br />
Beschäftigungsverhältnis mit einem ständigen Auftraggeber nachgeht72 (zu ergänzen:<br />
mit der Besonderheit, dass es sich bei dem Auftraggeber um einen Nichtanwalt handelt).<br />
Der Anteil der Syndikusanwälte an der gesamten Anwaltschaft liegt bei 6%73.<br />
Trotz des diffusen74 Berufsbildes ist die Zulässigkeit unbestritten75. Der Syndikus darf<br />
gemäß §§ 7 Nr. 8, 14 Nr. 9 BRAO lediglich keine Tätigkeit ausüben, „die mit seinem Beruf<br />
... nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann“. Wie dies<br />
zu konkretisieren ist, ist unklar76. Weiterführend hierzu Hamacher, in: Ratgeber, Kapitel<br />
„Der Syndikusanwalt“, S. 87 ff., mit Literaturhinweisen auf S. 92.<br />
Hinsichtlich der Berufsausübung verbietet § 46 BRAO dem Syndikusanwalt, für den ständigen<br />
Auftraggeber vor Gerichten oder Schiedsgerichten in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt<br />
tätig zu werden. Nicht davon betroffen ist die vor- und außergerichtliche Tätigkeit<br />
für den Auftraggeber77.<br />
II. Die unabhängige Anwaltstätigkeit:<br />
<strong>Gründung</strong> einer Einzelpraxis<br />
Mehr als die Hälfte aller neu zugelassenen Rechtsanwälte – genau 55% – versuchen sich als<br />
Existenzgründer und eröffnen ihre eigene Praxis78.<br />
71 Ludwig/Weinel, a.a.O., Rn. 165.<br />
72 Hamacher, in: Ratgeber, Kapitel „Der Syndikusanwalt“, S. 87; Römermann, in: Handbuch, § 5<br />
III 2, Rn. 33 (S. 84).<br />
73 Hamacher, a.a.O.<br />
74 Hamacher, a.a.O., S. 88: „bunt strukturierten“.<br />
75 Hamacher, a.a.O., S. 88 ff.<br />
76 Hamacher, a.a.O., S. 89 ff.<br />
77 Hamacher, a.a.O., S. 88.<br />
78 Fischedick, in: Ratgeber – Finanzierung und Fördermittel –, S. 227/228.
<strong>Gründung</strong>, <strong>Kauf</strong>, <strong>Eintritt</strong>, <strong>Zusammenschluss</strong> 21<br />
1. Der Ablauf der Planung<br />
Keine Kanzleigründung sollte ohne Konzept ablaufen79. Sie vollzieht sich in folgenden<br />
Schritten:<br />
- Analyse der eigenen Ziele und Fähigkeiten80<br />
- Marktanalyse81<br />
- strategische Kanzleiplanung (Festlegung Oberziele, Kanzleiprofil, Standortplanung)<br />
- operative Kanzleiplanung<br />
- Marketingausrichtung<br />
- betriebswirtschaftliche, insbesondere Finanzplanung<br />
- Organisationsplanung inkl. Personalplanung/Delegation<br />
- Controlling82<br />
Da die übrigen Studienbriefe des Blocks I „Die Anwaltskanzlei“ (Studienbriefe 1 sowie 3<br />
bis 8) ausführlich die Inhalte der Planung bis auf die betriebswirtschaftliche Planung behandeln,<br />
wird nachfolgend nur dieser Teil ausführlicher dargestellt.<br />
2. Die betriebswirtschaftliche Planung<br />
a) Umsatzplanung<br />
Wer als Anwalt einkommensmäßig einem Richter gleichgestellt sein will, oft auch als standesgemäßes<br />
Einkommen bezeichnet, muss in seiner produktiven, umsatzbezogenen Zeit,<br />
d.h. derjenigen, die er dem Mandanten berechnen kann, nach heutigen Wertverhältnissen<br />
140 EUR bis 160 EUR pro Stunde „verdienen“83. Von 365 Tagen im Jahr verbleiben nach<br />
Abzug der Samstage (52), Sonntage (52), Feiertage (13), Krankheit (7), Urlaub (30) und<br />
Fortbildung (12) rund 200 Arbeitstage, das sind bei einem 10-Stunden-Arbeitstag 2.000<br />
Stunden in der Kanzlei. Wird hiervon rund 25% unproduktive Zeit abgezogen, verbleiben<br />
rund 1.500 Stunden am Fall84. Bei einem Stundensatz von 140 EUR sind dies Jahreseinnahmen<br />
von 210.000 EUR (rund 400 TDM), von denen eine Kostenquote von ca. 60%<br />
(126.000 EUR) abzuziehen ist, so dass 84.000 EUR Jahreseinkommen verbleiben. Hierbei<br />
ist unterstellt, dass der Richter (ggf.) nur 80% des zeitlichen Einsatzes eines Anwalts „bringen“<br />
muss; dann entspricht dies einem „standesgemäßen“ Jahreseinkommen von nur noch<br />
rund 67.000 EUR. Diese 67.000 EUR sind nach Berücksichtigung aller sonstigen finanziellen<br />
Vorteile, die der Beamtenstatus dem Richter verleiht, insbesondere bei der Alters- und<br />
Krankenvorsorge ( Pension und Beihilfe), nach Berücksichtigung der steuerlichen (sehr<br />
79 Römermann/Fischedick, in: Handbuch, § 9 II 3, Rn. 19-21 (S. 149).<br />
80 Vgl. hierzu oben Vorbemerkung II; Römermann/Fischedick, a.a.O., Rn. 37 ff. (S. 153 ff.).<br />
81 Ausführlich hierzu Römermann/Fischedick, a.a.O., Rn. 61 ff. (S. 157 ff.).<br />
82 Hierzu ausführlich Römermann/Fischedick, a.a.O., Rn. 335-346 (S. 204 ff.).<br />
83 Knief, AnwBl 1999, S. 76/81, hat aufgrund seiner Berechnungen nach den Wertverhältnissen 1999<br />
einen Stundensatz von ca. 130 EUR ermittelt.<br />
84 Knief, AnwBl 1999, S. 76/80 i.V.m. Tabelle 1 (S. 87).
<strong>Gründung</strong>, <strong>Kauf</strong>, <strong>Eintritt</strong>, <strong>Zusammenschluss</strong> 22<br />
unterschiedlichen) Belastung das vergleichbare Einkommen, welches für den Anwalt zum<br />
eigentlichen Unterhalt (Wohnung, Verpflegung, Urlaub) verbleibt. Insbesondere die Steuerbelastung<br />
ist beim Anwalt wesentlich höher, weil er seine Vorsorgeaufwendungen für Alter<br />
und Krankheit im Wesentlichen (bis auf die Absetzbarkeit eines Teils der Beiträge als Sonderausgaben)<br />
aus versteuertem Einkommen aufzubringen hat. Nach Abzug all dieser Belastungen<br />
bleiben nach Wertverhältnissen 1999 ca. 32.000 EUR zum Leben85. Die Ableitung<br />
dieser Zahlen ergibt sich aus den sehr instruktiven Tabellenberechnungen von Knief im<br />
Rahmen seiner Veröffentlichung „Das Preis-/Leistungsverhältnis der anwaltlichen Dienstleistungen“,<br />
AnwBl 1999, S. 76 ff. Die Tabellen von Knief sind im Anhang dieses Buches<br />
abgedruckt. Bei diesen Berechnungen wird unterstellt, dass der Richter (ggf.) nur 80% des<br />
zeitlichen Einsatzes bringen muss wie ein Anwalt, so dass der Stundensatz von 200 DM,<br />
der „unter dem Strich“ ein vergleichbares Einkommen bietet, noch einmal auf 250<br />
DM/Stunde hochgeschleust wird.<br />
Berufsanfänger sollten und dürfen sich hiervon nicht abschrecken lassen. Weniger Umsatz<br />
bedeutet – in der Regel – auch weniger Kosten. Der Berufsanfänger kommt in den ersten<br />
Berufsjahren auch mit weniger – eventuell auch wesentlich weniger – Einkommen aus. Man<br />
muss nicht sofort einkommensmäßig einem Richter gleichgestellt sein. Schließlich hat man<br />
als Anwalt auch die Chance, später sogar einmal wesentlich mehr zu verdienen als ein Richter,<br />
was das niedrigere Einkommen in den Anfangsjahren wieder ausgleicht. Und auch<br />
wenn das vorstehend berechnete Einkommen 20% niedriger liegt, sind es unter dem<br />
„Strich“ immer noch in Euro vergleichbare Einkünfte, die der Anwalt aber mit dem vorstehend<br />
bezeichneten zeitlichen Mehraufwand erwirtschaften muss.<br />
Wesentlich geringere Umsätze sind allerdings dauerhaft nur zu verkraften, wenn die Kosten<br />
entsprechend angepasst werden, was selbstverständlich nur bei den variablen, d.h. umsatzbezogenen<br />
Kosten möglich ist, nicht bei den Fixkosten.<br />
b) Kostenplanung<br />
Umsatz- und Kostenstruktur einer Soll-Anwaltspraxis, die das so genannte standesgemäße<br />
Einkommen (Vergleich zu Richterbezügen) gewährt, abgeleitet aus der Tabelle 2 von Knief,<br />
AnwBl 1999, S. 76/87 – umgerechnet in Euro:<br />
85 Knief, a.a.O., S. 80 i.V.m. Tabellen 2 und 4.
<strong>Gründung</strong>, <strong>Kauf</strong>, <strong>Eintritt</strong>, <strong>Zusammenschluss</strong> 23<br />
Nettoeinnahmen 153.325<br />
Personalkosten 33.885<br />
Honorar freie Mitarbeiter 2.453<br />
Mieten etc. 13.186<br />
Strom, Wasser, Heizung 2.300<br />
Beiträge 920<br />
Versicherungen 2.146<br />
Fremdkapitalzinsen 2.146<br />
Kfz-Kosten 7.820<br />
Reisekosten und Spesen 1.687<br />
Kongresse und Fachliteratur 2.607<br />
GwG, kleine Anschaffungen 1.687<br />
Abschreibungen 3.526<br />
Sonstige Kosten 14.106<br />
Summe Kosten 88.469<br />
- in % der Einnahmen 57,7%<br />
Überschuss 64.856<br />
- in % der Einnahmen 42,3%<br />
Arbeitsstunden p.a. 2.180<br />
Davon produktive Stunden 1.496<br />
Einnahmen-Satz je Arbeitsstunde 70,33<br />
Einnahmen-Satz je prod. Stunde 102,49<br />
Vervielfältiger wg. Mehrarbeit 1,25<br />
notwendiger Stundensatz 128,11<br />
(1) Einmalige Investitionen (Erstausstattung)<br />
In der Aufwandsposition „Abschreibungen“ der Tabelle von Knief von 3.526 EUR „verbergen“<br />
sich die Kosten für die Erstausstattung. Es handelt sich um einen Aufwand, der daraus<br />
resultiert, dass bei Wirtschaftsgütern, die einer längeren Nutzungsdauer als einem Jahr unterliegen,<br />
die Kosten bzw. Ausgaben für die Anschaffung nicht im Jahr der Anschaffung als<br />
Aufwand angesetzt werden können und dürfen (betriebswirtschaftlich geboten, steuer- und<br />
handelsrechtlich gefordert – § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB, § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 7 EStG), sondern<br />
entsprechend dem Wertverzehr auf die Nutzungsdauer verteilt werden müssen. Dies ist<br />
auch für den betriebswirtschaftlichen und wirtschaftsrechtlichen Laien ohne weiteres einsichtig:<br />
das Büromobiliar, das mindestens 10 Jahre hält und 15.000 EUR gekostet hat, kann<br />
weder handels- noch steuerrechtlich das Erst-Jahresergebnis des Anwalts in voller Höhe<br />
mindern. Ansonsten würde der Mandant, der Einblick in die Ergebnisrechnung hat (selten),<br />
bei Anfangsumsätzen von z.B. 10.000 EUR p.a. befürchten, dass „sein“ Anwalt infolge
<strong>Gründung</strong>, <strong>Kauf</strong>, <strong>Eintritt</strong>, <strong>Zusammenschluss</strong> 24<br />
Insolvenz alsbald nicht mehr zur Verfügung steht; oder die Bank würde den Betriebsmittelkredit<br />
kündigen, weil das Erst-Jahresergebnis katastrophal erscheint.<br />
Im Rahmen der Kanzleiplanung müssen deshalb die notwendigen Erstausstattungsinvestitionen<br />
und deren Nutzungsdauer ermittelt werden, um die notwendigen Abschreibungen p.a.<br />
(Anschaffungskosten geteilt durch Nutzungsdauer) zu ermitteln.<br />
Praxistipp: Verlassen Sie sich hierbei nicht nur auf die Ratschläge Ihrer Berater, sondern<br />
planen Sie (für sich) individuell. Selbst professionelle Berater wie Existenzgründungsund/oder<br />
Steuerberater werden sich bei der Abschreibungsermittlung in der Regel nur an<br />
den steuerlichen Abschreibungssätzen orientieren86, die nicht immer viel mit der tatsächlichen<br />
Nutzungsdauer zu tun haben. So kann man ein Firmenfahrzeug auch ggf. 10 Jahre<br />
nutzen, anstatt es auf fünf Jahre steuerrechtlicher Nutzungsdauer abzuschreiben, womit der<br />
Ansatz für den Kfz-Aufwand im Gegensatz zu den „offiziellen“ Zahlen intern halbiert wird.<br />
So kann im Sinne eines internen Überprüfungssystems die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit<br />
vom Existenzgründer ggf. doch etwas anders (d.h. positiver) eingeschätzt werden.<br />
Einen praxisnahen Katalog notwendiger Erstausstattungsinvestitionen stellen Römermann/Fischedick,<br />
in: Handbuch, § 9 II 2, Rn 211 (S. 181), auf. Mit 30.000 EUR Erstausstattungsinvestition<br />
sollte mindestens gerechnet werden87. In Einzelfällen kann ein Kanzleigründer<br />
auch mit einem Bruchteil dieser Erstausstattungskosten zurechtkommen. Dies insbesondere<br />
dann, wenn man sich hinsichtlich der Möblierung und kostenintensiven technischen<br />
Geräte wie Kopierer mit gebrauchten Sachen begnügt. Eine sehr detaillierte Zusammenstellung<br />
der Erstausstattung einer Anwaltskanzlei inkl. notwendigen Stempeln und<br />
Formularen ergibt sich aus einer Zusammenstellung im Ratgeber, S. 407 ff. Ein Investitionsplan<br />
mit 15.795 EUR zzgl. Mehrwertsteuer findet sich bei Werner, in: Ratgeber, Businessplan,<br />
S. 179/186.<br />
Als einmalige Kosten sind auch die Zulassungskosten zur Rechtsanwaltschaft zu nennen,<br />
die zwischen 80 EUR und 260 EUR je nach Kammerbezirk bzw. Justizverwaltung schwanken88.<br />
(2) Laufende Kosten<br />
Die laufenden Kanzleikosten ergeben sich aus der Tabelle von Knief. Die Kostenpositionen<br />
Miete, Personal, Telefon, Porto, EDV, Instandhaltung, Büromaterial, Kanzleifahrzeug und<br />
Werbung sind sicherlich ohne vertiefte Kenntnisse von spezifisch anwaltlichen Kostenpositionen<br />
planbar. Deshalb werden im folgenden zum einen nur die typischen, durch die An-<br />
86 Dies hat seinen Grund darin, daß diese Sätze geläufig sind und aus Zeitgründen für eine individuelle<br />
Prüfung keine Zeit bleibt; der „input“ muss hier vom beratenen Berufsanfänger kommen.<br />
87 Laut Römermann/Fischedick, in: Handbuch, § 9 II 2, Rn. 209 (S. 181), 50.000 DM bei Wertverhältnissen<br />
um 1990.<br />
88 Ratgeber, S. 534.
<strong>Gründung</strong>, <strong>Kauf</strong>, <strong>Eintritt</strong>, <strong>Zusammenschluss</strong> 25<br />
waltstätigkeit verursachten, zum anderen nur die nach Einschätzung des Verfassers weniger<br />
überschaubaren Kostenpositionen erläutert:<br />
- Steuerberatungs- und ggf. Buchführungskosten; hierfür gilt grundsätzlich die Steuerberatergebührenverordnung<br />
(StBGebV); die Steuerberatungskosten sind jedoch individuell<br />
(wie die Anwaltskosten außerhalb des Prozessbetriebs für den Mandanten) aushandelbar!<br />
Der Anwalt sollte bei Umsätzen von 100.000 EUR und Gewinn von 50.000<br />
EUR p.a. mit Buchführungskosten von ca. 50 EUR bis 60 EUR pro Monat nach § 23<br />
StBGebV und ca. 600 EUR für die Steuererklärung nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 StBGebV<br />
rechnen.<br />
- Beiträge zu beruflichen Organisationen; mit der Zulassung entsteht die Pflichtmitgliedschaft<br />
in der zuständigen Rechtsanwaltskammer (§ 60 BRAO). Der Beitrag zur örtlichen<br />
Rechtsanwaltskammer schwankt zwischen 150 EUR und 300 EUR p.a.89. Die<br />
Mitgliedschaft im örtlichen Anwaltverein ist zu empfehlen90, die Beiträge sind niedrig.<br />
- Berufshaftpflichtversicherung91; Pflicht gemäß § 51 BRAO mit 250.000 EUR Mindestversicherungssumme;<br />
es werden mindestens 2,5 Mio. EUR als Versicherungssumme<br />
empfohlen92. Die Beiträge sind ca. 750 EUR bei 250.000 EUR Versicherungssumme,<br />
1.400 EUR bei 1.000.00093.<br />
- Fortbildungskosten; diese sind zur Not in der Anfangsphase vollständig vermeidbar<br />
(Stichwort: der Anwalt bildet sich in erster Linie durch Literaturstudium am Fall weiter!).<br />
Die Seminarkosten sind zum Teil sehr unterschiedlich; es gibt auch relativ preiswerte.<br />
- Literaturkosten; anfänglich durch Kooperation mit befreundeten Anwälten weitgehend<br />
vermeidbar; ansonsten kann mit ca. 2% des Umsatzes bei einer kleinen Kanzlei gerechnet<br />
werden, mit 1% bei einer großen (die Allgemeinliteratur, z.B. Palandt, wird zu<br />
Fixkosten, die sich auf mehrere Anwälte verteilen; auch die Grundgebühr für die Datei<br />
„Juris“).<br />
- Versorgungswerk, vgl. hierzu oben S. 31.<br />
- Steuerbelastung<br />
Zurzeit (2004) bei 30.000 EUR zu versteuerndem Einkommen gemäß Splittingtabelle<br />
3.146 EUR Einkommensteuer zzgl. 5,5% Solidaritätszuschlag auf die Einkommensteuer<br />
zzgl. (ggf.) 8-9% (je nach Bundesland) Zuschlag auf die Einkommensteuer als Kirchensteuer;<br />
bei 60.000 EUR Jahreseinkommen (zu versteuerndes Einkommen) 11.918<br />
EUR Einkommensteuer. Ab 2005 sinken der Eingangssteuersatz auf 16% und der Spitzensteuersatz<br />
auf 42%, was zu einer weiteren Entlastung führt.<br />
89 Ratgeber, S. 155.<br />
90 Vgl. Haack-Schnahl, in: Ratgeber, S. 23 ff.<br />
91 Vgl. im einzelnen hierzu Boreske, in: Ratgeber, Kapitel „Die Berufshaftpflichtversicherung“,<br />
S. 95 ff.<br />
92 Schmitz-Krummacker, in: Ratgeber, S. 143/144.<br />
93 Boreske, a.a.O., S. 107.
<strong>Gründung</strong>, <strong>Kauf</strong>, <strong>Eintritt</strong>, <strong>Zusammenschluss</strong> 26<br />
c) Finanzplanung, u.a. Fördermittel<br />
Bei der Finanzplanung sind folgende Positionen zu berücksichtigen:<br />
- die einmaligen Investitionen,<br />
- die laufenden Kosten,<br />
- und nicht zuletzt der eigene Unterhaltsbedarf.<br />
Ebenso wie die Kosten individuell geplant werden müssen, ist dies bei der Finanzplanung<br />
der Fall. Vorgaben bzw. Ratschläge sind insofern eher schädlich, weil gefährlich. Deshalb<br />
ist auch das hier genannte Investitionsvolumen für eine Erstausstattung von 30.000 EUR<br />
nur als grobe Anhaltszahl aufzufassen.<br />
Bei den laufenden Kosten sollte im Rahmen der Finanzplanung ggf. von einer Notwendigkeit<br />
zur Vorfinanzierung laufender Kosten von drei Monaten ausgegangen werden. Aber<br />
hier muss auch im Rahmen einer individuellen Planung abgeschätzt werden, wie lange es<br />
bei der konkreten voraussichtlichen Mandatsstruktur dauern wird, bis eine Rechnung für<br />
eine anwaltliche Dienstleistung an den Mandanten gestellt werden kann und wie lange es<br />
dann dauert, bis der Mandant auch bezahlt.<br />
Auch die Frage danach, ob der Mandant auf eine gestellte Rechnung überhaupt bezahlt, ist<br />
heute angesichts der stagnierenden, wenn nicht gar rezessiven Wirtschaftstendenzen und der<br />
zunehmenden Überschuldung der Privathaushalte eine solche, die immer mehr an Bedeutung<br />
gewinnt. Deshalb muss der Gesichtspunkt der Gebührensicherung heute vom Anwalt<br />
immer mehr beachtet werden.<br />
Es gibt nach der Praxiserfahrung zwei ganz entscheidende Zeitpunkte, die für Sicherung<br />
und Höhe des Honorars genutzt werden sollten:<br />
Zum einen der Zeitpunkt der Auftragserteilung, bei dem der Mandant mit seinem Problem<br />
zum Anwalt kommt, d.h. der Problemdruck für den Mandanten noch am größten ist. Die<br />
Mandatserteilung sollte genutzt werden für die Vereinbarung angemessener Gebühren und<br />
deren Sicherung, entweder durch Vorschussvereinbarung oder Stellung von Sicherheiten.<br />
Nach der Praxiserfahrung nimmt die Bereitschaft der Mandanten, ein angemessenes Honorar<br />
des Anwalts auch bei guter Arbeit zu akzeptieren, mit zunehmender Lösung seiner Probleme<br />
ab. Ist etwa auf der Zeitschiene im Rahmen eines Prozesses 3/4 der Arbeit geleistet<br />
und sieht der Prozessverlauf für den Mandanten günstig aus, d.h. ist seine eigene Position<br />
schon mehr oder weniger gesichert, desto eher neigt er dazu, dies weniger der engagierten<br />
Arbeit seines Anwalts zuzuordnen als vielmehr den „objektiven“ Gegebenheiten.<br />
Der zweite wichtige Zeitpunkt für den Anwalt ist derjenige der Problemlösung selbst, insbesondere<br />
dann, wenn die Arbeit des Anwalts erfolgreich war. In diesem Zeitpunkt ist die<br />
Neigung des Mandanten, die Höhe der Rechnung des Anwalts zu akzeptieren und auch verhältnismäßig<br />
schnell zu zahlen, am größten. Hier geht es um das Ausnutzen der Zufriedenheitsphase<br />
des Mandanten. Der in Gebührenfragen berufserfahrene und sensible Kollege<br />
wird hin und wieder bei besonders gelungenen Fällen auch nachträglich noch höhere Ge-
<strong>Gründung</strong>, <strong>Kauf</strong>, <strong>Eintritt</strong>, <strong>Zusammenschluss</strong> 27<br />
bühren durchsetzen können (so genannter Erfolgsbonus), dessen Vereinbarung im Rahmen<br />
der Auftragserteilung wegen des Verbots des Erfolgshonorars nichtig wäre, aber nach Erledigung<br />
des Auftrags durchaus vereinbar mit dem Berufsrecht ist. Ganz schlecht ist nach den<br />
Erfahrungen das Hinausschieben der Abrechnung nach Beendigung des Auftrags. Auch<br />
eine noch so gute und erfolgreiche Arbeit des Anwalts wird erfahrungsgemäß von den<br />
Mandanten doch relativ schnell wieder vergessen.<br />
Da dem jungen Anwalt, der gerade seine Praxis gründet, diese Erfahrungen fehlen und es<br />
durch den Berufsanfang auch häufig am nötigen Selbstbewusstsein zur stringenten Handhabung<br />
von Honorarfragen gegenüber den Mandanten mangelt, sollte auch im Hinblick hierauf<br />
die Finanzplanung eher großzügig und vorsichtig erfolgen als zu knapp.<br />
Es existieren zurzeit folgende Fördermöglichkeiten:<br />
- DtA-Startgeld<br />
- ERP-Eigenkapitalhilfe-Programm<br />
- ERP-Existenzgründungsprogramm<br />
- DtA-Existenzgründungsprogramm<br />
Nähere Ausführungen hierzu würden den Platz sprengen. Weiterführend hierzu ist insbesondere<br />
das Kapitel „Die eigene Kanzlei – Finanzierung und Fördermittel“ von Fischedick,<br />
in: Ratgeber, Kapitel „Finanzierung und Fördermittel“, S. 303 ff. Die eigene Hausbank erteilt<br />
ebenfalls Auskünfte.<br />
Sämtliche Fördermittel werden dann gewährt, wenn sie vor Beginn der Verwirklichung des<br />
Vorhabens gestellt sind und eingehende schriftliche Informationen zur Person und das<br />
<strong>Gründung</strong>svorhaben enthalten inkl. eines detaillierten Investitions-, Kosten- und Finanzplans.<br />
Darüber hinaus müssen die Unterlagen mit der positiven Stellungnahme einer neutralen,<br />
fachlich kompetenten Stelle versehen sein. Für Rechtsanwälte ist dies die jeweils zuständige<br />
Rechtsanwaltskammer.<br />
Hilfeleistung bei der Existenzgründungsberatung bieten u.a. der Deutsche Anwaltverein,<br />
Bonn, die Hans Soldan Advo Consult GmbH, Essen, die Deutsche Anwaltsakademie, Bonn,<br />
und das Deutsche Anwaltsinstitut e.V., Bochum94. Darüber hinaus sollte sich der junge<br />
Anwalt in spe bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer erkundigen, wieweit Existenzgründungsberatungen<br />
durchgeführt werden.<br />
3. Steuerliche Hinweise<br />
Der Inhaber einer Einzelpraxis erzielt Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit im Sinne des<br />
§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG.<br />
Betreibt der Anwalt seine Kanzlei in der Rechtsform der GmbH, erzielt diese körperschaftsteuerpflichtigen<br />
Einkünfte gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG. Die Körperschaftsteuer beträgt<br />
94 Adressen und Telefonnummern bei Römermann/Fischedick, in: Handbuch, § 9 IV 1, Fn. 313.
<strong>Gründung</strong>, <strong>Kauf</strong>, <strong>Eintritt</strong>, <strong>Zusammenschluss</strong> 28<br />
seit 2001 25% des zu versteuernden Einkommens der Rechtsanwalts-GmbH (§ 23 Abs. 1<br />
KStG), in 2003 26,5% und seit 2004 wieder 25%. Die frühere Anrechnung der von der<br />
GmbH gezahlten Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuerbelastung entfällt, nachdem<br />
das so genannte Halbeinkünfteverfahren (seit 2001) gesetzlich eingeführt worden ist. Die<br />
von der GmbH gezahlte Körperschaftsteuer wird nach diesem neuen System nicht mehr<br />
angerechnet, sondern es wird bei der Einkommensversteuerung des GmbH-Inhabers nur die<br />
Hälfte der aus der GmbH ausgeschütteten Beträge bei der Bemessungsgrundlage für die<br />
Einkommensteuer zugrunde gelegt.<br />
Der Rechtsanwalt ist umsatzsteuerlich in jedem Fall Unternehmer, auch als Einzelanwalt<br />
(§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG). Für die GmbH als (fiktiv) gewerbliches Unternehmen ist dies<br />
ohnehin selbstverständlich.<br />
Für weitere steuerliche Hinweise ist an dieser Stelle kein Platz. Insoweit sei auf die sehr<br />
anschaulichen Ausführungen von Seer, in: Handbuch, § 17, Rn 1 bis 55 zur Einkommensteuer<br />
des Einzelanwalts, zur Körperschaftsteuer einer Rechtsanwalts-GmbH (Rn 160 ff.)<br />
und zur Umsatzsteuer (Rn 220 ff.) verwiesen.