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Sperrfrist: 10 - Weimar

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Rede von Oberbürgermeister Stefan Wolf zur Verleihung des<br />

<strong>Weimar</strong>er Menschenrechtspreises 2007 an Nimisha Desai (Indien)<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren!<br />

Seien Sie mir alle hier im Fürstensaal der Musikhochschule in <strong>Weimar</strong> willkommen. Ich<br />

schließe mich den Grüßen unseres Sitzungsleiters, Herrn Hasselmann, an, der die zahlreichen,<br />

auch internationalen Gäste, die heute unter uns weilen, schon namentlich genannt hat.<br />

Gestatten Sie mir daher diese summarische, aber nicht minder herzliche Begrüßung.<br />

Ganz persönlich begrüßen möchte ich aber die Frau, zu deren Ehrung wir uns heute hier<br />

versammelt haben: Herzlich willkommen, sehr verehrte Frau Desai!<br />

Sie sind unter 16 Vorschlägen, die uns aus aller Welt erreichten, ausgewählt worden. Und<br />

Sie sind unter den 15 Preisträgern, die den <strong>Weimar</strong>er Menschenrechtspreis bisher erhielten,<br />

die fünfte Frau. Sie sehen also, auch bei dieser Preisverleihung sind Frauen noch in der<br />

Minderzahl.<br />

Umso mehr freue ich mich, dass wir am heutigen Internationalen Tag der Menschenrechte<br />

mit Ihnen eine mutige Frau ehren, die sich in ihrer Heimat, dem Staat Gujarat im Westen<br />

Indiens, für die Rechte der Frauen, unabhängig von deren gesellschaftlicher Herkunft,<br />

Religion und ethnischen Zugehörigkeit, einsetzt und die für den Dialog zwischen Hindus und<br />

Muslimen kämpft.<br />

Sie tun das natürlich nicht allein, sondern sind Mitbegründerin und Leiterin einer Frauenrechtsorganisation,<br />

die sich „Olakh“ nennt. „Olakh“ ist Gujarati und steht für „Identität“ bzw.<br />

„Ein Platz für Frauen“. Hier ist der Name also Programm: Es ist eine Organisation von Frauen<br />

für Frauen, die wegen ihres Frau-Seins diskriminiert werden, unabhängig davon, welcher<br />

Religion, sozialen Klasse oder Kaste sie angehören. Diese Organisation hat unter Ihrer Leitung<br />

seit 1996 viele Erfolge erreicht, über die wir in der Laudatio von Frau Dr. Hauser, die ich<br />

hiermit herzlich begrüße, noch mehr hören werden.<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren!<br />

Mit der Entscheidung, eine engagierte indische Frauenrechtlerin zu ehren, bekräftigt der<br />

Stadtrat, wie wichtig der Einsatz für Frauen zur Durchsetzung der Menschenrechte ist.<br />

Frauen und Kinder sind es vor allem, die unter ethnischen und religiösen Konflikten oder<br />

unter Armut, Katastrophen und Kriegen besonders zu leiden haben.<br />

Das haben <strong>Weimar</strong>er Helfer nach der Flutkatastrophe von 2005 im südindischen Mamallapuram<br />

erlebt, wo mit Hilfe von Spendengeldern der <strong>Weimar</strong>er Bürger so manche Existenz wieder<br />

aufgebaut werden konnte.<br />

Und das zeigte sich auch bei Erbeben (2001) und Überflutungen (2005) und vor allem bei<br />

den blutigen Kämpfen zwischen Hindus und Muslimen (2002) im Gujarat, der Heimat von<br />

Nimisha Desai. Bei diesen Pogromen sind Tausende Muslime umgekommen und unzählige<br />

muslimische Frauen vergewaltigt worden. Olakh hat sofort helfend eingegriffen …<br />

Im Oktober hat die deutsche Bundeskanzlerin Indien besucht und stellte fest: „Indien ist ein<br />

Land mit riesigen Chancen.“ Im Ergebnis des Staatsbesuches wird es enge Kooperationen in<br />

Wissenschaft und Forschung und eine gemeinsame Klimaschutzvereinbarung geben. Auch<br />

eine Verdopplung des bisherigen Handelsvolumens ist anvisiert.<br />

Aber Angela Merkel bemerkte auch, dass längst nicht alle Inder von der wirtschaftlichen<br />

Stärke ihres Landes profitieren können, und sagte weitere deutsche Entwicklungshilfe z.B.<br />

bei Kleinkrediten zu.<br />

Diese erste Reise der deutschen Bundeskanzlerin war ein großer „Schub“ für die deutschindischen<br />

Beziehungen, der nun in konkrete Taten umgesetzt werden muss.<br />

Als eine solche konkrete Tat betrachte ich auch die heutige Verleihung des <strong>Weimar</strong>er Menschenrechtspreises<br />

an eine Inderin. Wir verbinden damit die Hoffnung, dass dieser Preis für<br />

Nimisha Desai und ihre Organisation Olakh eine Anerkennung, Würdigung und eine moralische<br />

Stärkung sein möge, und, wenn nötig, auch ein Schutzschild. Denn dieser Preis schafft<br />

Öffentlichkeit und entreißt Verletzungen der Menschenwürde der Anonymität.<br />

1


Das haben schon die Preisträger der vergangenen 13 Jahre erfahren, mit denen wir nach<br />

wie vor in Kontakt stehen. Denn, meine Damen und Herren, Preisverleihungen sind keine<br />

Eintagsfliegen. Wer in <strong>Weimar</strong> den Menschenrechtspreis bekommen hat, weil er sich in fernen<br />

Regionen gegen Unrecht, Unterdrückung und Leid auflehnt, der wird auch in Zukunft<br />

unsere Unterstützung bekommen, wenn er sie braucht.<br />

Dank des inzwischen renommierten <strong>Weimar</strong>er Menschenrechtspreises gehört unsere Stadt<br />

zu einem weltweiten Netz von Menschenrechtsorganisationen und ist als Mitglied der europäischen<br />

Konferenz „Menschenrechte in der Stadt“ in viele Aktionen einbezogen: Am 30.<br />

November beteiligten wir uns zum Beispiel an der von St. Egidio initiierten Licht-Aktion gegen<br />

die Todesstrafe; am 5. und 6. Dezember war Harry Wu unser Gast und berichtete von<br />

erschreckenden Menschenrechtsverletzungen in China, und am 13. Dezember werden hoffentlich<br />

viele <strong>Weimar</strong>er an der Mahnwache für die bedrohten Christen im Irak teilnehmen.<br />

So steht der Monat Dezember in <strong>Weimar</strong> ganz im Zeichen des Einsatzes für die Menschenrechte.<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren!<br />

Das Engagement der Stadt <strong>Weimar</strong> ist nur möglich durch die Hilfe vieler Persönlichkeiten<br />

und Organisationen.<br />

Dass wir heute zum 13. Male einen <strong>Weimar</strong>er Menschenrechtspreis verleihen können, ist<br />

vielen zu danken: dem Büro der Ausländerbeauftragten, dem Vergabebeirat, dem Auswärtigen<br />

Amt, das unser Anliegen stets wohlwollend unterstützt hat, den <strong>Weimar</strong>er Hotels, die<br />

jedes Jahr unsere Preisträger gastfreundlich aufnehmen, den Organisatoren des Benefiz-<br />

Fußballspiels und vielen anderen Einzelspendern.<br />

Ganz besonders möchte ich heute die Familie Stockleben hervorheben. Sie hat sich um die<br />

Förderung des Preises in hohem Maße verdient gemacht, indem sie den Menschenrechts-<br />

Fonds begründete. Und sie hat es sich nicht nehmen lassen, zu jeder Preisverleihung anzureisen.<br />

Frau Ursula Stockleben feierte kürzlich ihren 80. Geburtstag, wozu ich ihr nachträglich<br />

herzlich gratulieren möchte.<br />

Mein Dank für 13 Jahre unermüdliche Arbeit im Dienste des <strong>Weimar</strong>er Menschenrechtspreises<br />

geht an Helena Mühe, die heute letztmals in ihrer Funktion als Ausländerbeauftragte<br />

diese Preisverleihung vorbereitet hat, da sie in den Ruhestand geht. Mit meinem Dank verbinde<br />

ich die Hoffnung, dass der Menschenrechtspreis auch künftig auf sie zählen kann.<br />

Ihnen aber, verehrte Frau Desai, gibt diese Auszeichnung hoffentlich die nötige Kraft und<br />

Unterstützung für Ihr weiteres Engagement!<br />

Ich wünsche Ihnen und Ihren Mitstreitern viel Glück und Erfolg bei der Stärkung der indischen<br />

Frauen und der Durchsetzung ihrer Rechte.<br />

Ihr großer Landsmann Mahatma Gandhi hat einmal gesagt: „Die Frau das schwächere Geschlecht<br />

zu nennen, ist leichtfertig … Wenn mit Stärke moralische Kraft gemeint ist, dann ist<br />

die Frau dem Mann unermesslich überlegen … Wenn Gewaltfreiheit das Gesetz unseres<br />

Seins darstellt, gehört die Zukunft der Frau.“<br />

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