Dr. Peter R. Isler Übungen im Handelsrecht WS ... - Simon Schlauri
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<strong>Dr</strong>. <strong>Peter</strong> R. <strong>Isler</strong><br />
<strong>Übungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Handelsrecht</strong> <strong>WS</strong> 2006/2007<br />
Lösungshinweise zum Fall 9 vom 10. November 2006<br />
1. Zielsetzung<br />
- Verständnis des Mäklervertrages bei Unternehmenskäufen<br />
- Beurteilung von Rechtsfragen unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten<br />
Falles<br />
2. Sachverhaltsskizze<br />
Bank AG<br />
GD: Kummer<br />
100 %<br />
Aktienverkauf 40 %<br />
CHF 200‘000<br />
Mäkler-Vertrag?<br />
30 %<br />
40 % 30 %<br />
Consulting AG<br />
VRP: Kummer<br />
VR+GL: Frei<br />
VR+GL: Müller<br />
Frei Müller<br />
Leasing AG<br />
Geschäftsübernahme V<br />
Kaufpreis: CHF 100 Mio<br />
D AG<br />
Der Fall hat sich in der Praxis in ähnlicher Art ereignet.<br />
3. Zum Mäklervertrag<br />
- Besondere, gesetzlich geregelte Art des Auftrages (OR 412ff)<br />
20 % 20 %<br />
- 3 Arten von Mäklertätigkeit mit zunehmender Intensität der Tätigkeit<br />
Nachweismäkelei<br />
Zuführungsmäkelei<br />
Vermittlungsmäkelei
- Die Art der Mäkelei ist Essentiale des Vertrages (BGE 90 II 92ff Erw. 6), ebenso die<br />
Vereinbarung des Honorars<br />
- Der Abschluss des Mäklervertrages ist formfrei und kann daher auch konkludent, d.h.<br />
aus dem Verhalten der Parteien, geschlossen werden. Die wissentliche Duldung der<br />
Tätigkeit eines professionellen Maklers, der nicht auch für die Gegenpartei handelt,<br />
kann als Vertragsabschluss gelten (vgl. BGE 72 II 84ff).<br />
- Der Mäklerlohn ist erfolgsabhängig, d.h. nur bei Eintritt des versprochenen Erfolges<br />
geschuldet. Die Auslagen (z.B. Inseratekosten) können aber durch Vereinbarung in jedem<br />
Fall ersatzpflichtig sein (OR 413).<br />
4. Ist ein Mäklervertrag zwischen Bank AG und Consulting AG zustande gekommen?<br />
a) Für das Zustandekommen eines Vertrages sprechen insbesondere folgende Umstände:<br />
- Consulting macht ein schriftliches Angebot vom 8.11.2003 (OR 3)<br />
- Stillschweigen kann unter Umständen Annahme bedeuten (OR 6)<br />
- Bank behauptet selber nicht, sie habe Angebot abgelehnt.<br />
- Parteien kannten sich gut.<br />
- Auch nach Zustellung der Unterlagen über Interessenten hat die Bank nicht negativ<br />
reagiert.<br />
b) Gegen das Zustandekommen eines Vertrages sprechen insbesondere folgende Umstände:<br />
- Angebot vom 8.11.2003 enthält noch nicht alle Essentiale des Mäklervertrages in<br />
klar best<strong>im</strong>mter Weise, nämlich bezüglich Art der Mäkelei und bezüglich stundenmässiger<br />
Vergütung (kein Zeitbudget).<br />
- Blosses Nichtstun bedeutet in aller Regel keine Annahme eines Angebots.<br />
- Consulting ging <strong>im</strong> Frühjahr 2003 wohl auch nicht von einem abgeschlossenen<br />
Vertrag aus, sonst hätte sie damals eine Rechnung gestellt.<br />
- Mäklerverträge bei Unternehmenskäufen werden wegen der finanziellen Grössenordnung<br />
in der Regel schriftlich abgeschlossen.<br />
c) Da die Consulting das Zustandekommen des Vertrages zu beweisen hat, wird ihr dies<br />
schwerfallen. Am aussichtsreichsten wäre wohl noch, einen Auftrag nach Zeitaufwand<br />
für die Zusammenstellung der Unterlagen der Firmen A, B, C und D anzunehmen.<br />
5. Bei Annahme des Zustandekommens eines Mäklervertrages: Was für Einwendungen<br />
stehen der Bank jetzt noch zu?<br />
a) Das Zustandekommen des Erfolges, hier des Verkaufes von Aktiven und Passiven der<br />
Leasing AG, muss kausal auf die Tätigkeit des Mäklers zurückgeführt werden können,<br />
damit ein Anspruch auf das Erfolgshonorar besteht. Da die D AG von sich aus<br />
auf die Bank zugekommen ist, erscheint fraglich, ob Kausalität gegeben (ist).<br />
b) Die Bank hat gar keinen Verkaufspreis oder Gegenwert von der D AG erhalten, sondern<br />
die Leasing AG, mit welcher kein Mäklervertrag abgeschlossen wurde. Auch das<br />
Angebot sah diese Art der Transaktion nicht speziell vor. Es liegt kein rechtsmiss-
äuchliches Verhalten der Bank vor, da vernünftige wirtschaftliche Überlegungen für<br />
diese Art der Transaktion sprechen.<br />
6. Kann die Bank bei einer Klage der Consulting auf Bezahlung des Erfolgshonorars<br />
mit einer Gegenforderung aus dem Aktienverkauf verrechnen?<br />
13.11.2006<br />
- Als Voraussetzung für eine Verrechnung muss insbesondere die Gegenseitigkeit gegeben<br />
sein, d.h. dieselben Parteien müssen Schuldner bzw. Gläubiger beider Forderungen<br />
sein (OR 120).<br />
- Die Gegenforderung der Bank stützt sich zunächst auf ein unredliches Verhalten von<br />
Frei und Müller, z.B. aus OR 41 oder Verletzung einer vertraglichen Aufklärungspflicht<br />
(OR 97).<br />
- Ob die Consulting AG selbst, handelnd durch Frei und Müller, sich schadenersatzpflichtig<br />
gemacht hat, ist fraglich. Die Grundlage dazu wäre nur OR 41. Bei Vermögensschaden<br />
ist Widerrechtlichkeit ein besonderes Problem.<br />
- Zudem: Die Bank wusste darum, dass die Consulting eine Provisionsforderung von<br />
CHF 1 Mio. erhoben hat. Sie hätte fragen können.<br />
- Eine bessere Lösung erscheint, dass mit der Unterzeichnung der Bilanz der Consulting<br />
durch Müller und Frei die Consulting konkludent gegenüber der Bank auf die<br />
Geltendmachung der Provisionsforderung (welche nicht in der Bilanz aufgeführt war)<br />
verzichtet hat.