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Konversionsklausel - Simon Schlauri

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1<br />

Übungen im Handels- und Wirtschaftsrecht<br />

Sommersemester 2006<br />

Fall Nr. 12 – Bäckerei Arthur & Bohne<br />

(ergänzter Foliensatz)<br />

Dr. iur. <strong>Simon</strong> <strong>Schlauri</strong><br />

Oberassistent für Handels- und Wirtschaftsrecht


Lernziele<br />

1. Ihr habt einen Überblick über die<br />

verschiedenen möglichen Nachfolgeregelungen<br />

bei Personengesellschaften und<br />

ihre Vor- und Nachteile.<br />

2. Ihr kennt die Voraussetzungen für eine<br />

gültige kaufmännische Stellvertretung.<br />

3. Ihr wisst, wie bei einer Verletzung eines<br />

Gesellschaftsvertrags vorzugehen ist.<br />

2


Aufbau der Lektion<br />

1. Aufgabe 1<br />

1. Sachverhaltsanalyse<br />

2. Problemanalyse<br />

3. Disposition<br />

4. Lösung<br />

2. Aufgabe 2<br />

(…)<br />

3. Aufgabe 3<br />

(…)<br />

3


Liquidation<br />

4<br />

Nachträgliche<br />

Weiterführung<br />

Ohne Erben Mit Erben<br />

Nachfolge eines Kollektivgesellschafters<br />

Ohne Nachfolgeregelung Mit Nachfolgeregelung<br />

Nachfolgeklausel<br />

Ohne Erben<br />

(Fortsetzungsklausel)<br />

Abfindungsklausel<br />

Wahlfreiheit<br />

der Erben<br />

Eintrittsklausel<br />

einfach qualifiziert<br />

Ohne Abfindungsklausel<br />

unbeschr.<br />

haftend<br />

Mit Erben<br />

Stellung<br />

der Erben<br />

Beschränkt haftend:<br />

<strong>Konversionsklausel</strong><br />

(wird zur KomG)


Liquidation<br />

5<br />

Nachträgliche<br />

Weiterführung<br />

Ohne Erben Mit Erben<br />

Nachfolge eines Kollektivgesellschafters<br />

Ohne Nachfolgeregelung Mit Nachfolgeregelung<br />

Nachfolgeklausel<br />

Ohne Erben<br />

(Fortsetzungsklausel)<br />

Abfindungsklausel<br />

Wahlfreiheit<br />

der Erben<br />

Eintrittsklausel<br />

einfach qualifiziert<br />

Ohne Abfindungsklausel<br />

unbeschränkt<br />

haftend<br />

Mit Erben<br />

Stellung<br />

der Erben<br />

Beschränkt haftend:<br />

<strong>Konversionsklausel</strong><br />

(wird zur KomG)


OR 545 Abs. 1 Ziff. 2: Auflösung durch Tod<br />

1Die Gesellschaft wird aufgelöst:<br />

1. (…)<br />

2. wenn ein Gesellschafter stirbt und für diesen Fall<br />

nicht schon vorher vereinbart worden ist, dass die<br />

Gesellschaft mit den Erben fortbestehen soll;<br />

(…)<br />

Pro: Tabula rasa.<br />

Con: Liquidationswert ist i.d.R. tiefer als<br />

Fortführungswert. Auflösung ist damit nicht zu<br />

empfehlen.<br />

6


Liquidation<br />

7<br />

Nachträgliche<br />

Weiterführung<br />

Ohne Erben Mit Erben<br />

Nachfolge eines Kollektivgesellschafters<br />

Ohne Nachfolgeregelung Mit Nachfolgeregelung<br />

Nachfolgeklausel<br />

Ohne Erben<br />

(Fortsetzungsklausel)<br />

Abfindungsklausel<br />

Wahlfreiheit<br />

der Erben<br />

Eintrittsklausel<br />

einfach qualifiziert<br />

Ohne Abfindungsklausel<br />

unbeschränkt<br />

haftend<br />

Mit Erben<br />

Stellung<br />

der Erben<br />

Beschränkt haftend:<br />

<strong>Konversionsklausel</strong><br />

(wird zur KomG)


Art. 542 Abs. 1 OR<br />

1 Ein Gesellschafter kann ohne die Einwilligung<br />

der übrigen Gesellschafter keinen Dritten in die<br />

Gesellschaft aufnehmen.<br />

8


Art. 69 Abs. 1 FusG<br />

1 Im Handelsregister eingetragene Gesellschaften<br />

und im Handelsregister eingetragene<br />

Einzelunternehmen können ihr Vermögen oder<br />

Teile davon mit Aktiven und Passiven auf andere<br />

Rechtsträger des Privatrechts übertragen. (…)<br />

Con: Verfahren nach FusG ist kompliziert.<br />

9


Art. 181 Abs. 4 OR<br />

4 Die Übernahme des Vermögens oder des<br />

Geschäftes von Handelsgesellschaften,<br />

Genossenschaften, Vereinen, Stiftungen und<br />

Einzelfirmen, die im Handelsregister eingetragen<br />

sind, richtet sich nach den Vorschriften des<br />

Fusionsgesetzes vom 3. Oktober 2003.<br />

10


OR 579: Ausscheiden bei zwei Gesellschaftern<br />

1 Sind nur zwei Gesellschafter vorhanden, so kann<br />

derjenige, der keine Veranlassung zur Auflösung<br />

gegeben hatte, unter den gleichen Voraussetzungen das<br />

Geschäft fortsetzen und dem andern Gesellschafter<br />

seinen Anteil am Gesellschaftsvermögen ausrichten.<br />

2 Das gleiche kann der Richter verfügen, wenn die<br />

Auflösung wegen eines vorwiegend in der Person des<br />

einen Gesellschafters liegenden wichtigen Grundes<br />

gefordert wird.<br />

11


OR 580: Festsetzung des Abfindungsbetrags<br />

1 Der dem ausscheidenden Gesellschafter zukommende<br />

Betrag wird durch Übereinkunft festgesetzt.<br />

2 Enthält der Gesellschaftsvertrag darüber keine<br />

Bestimmung und können sich die Beteiligten nicht<br />

einigen, so setzt der Richter den Betrag in<br />

Berücksichtigung der Vermögenslage der Gesellschaft<br />

im Zeitpunkt des Ausscheidens und eines allfälligen<br />

Verschuldens des ausscheidenden Gesellschafters fest.<br />

12


Liquidation<br />

13<br />

Nachträgliche<br />

Weiterführung<br />

Ohne Erben Mit Erben<br />

Nachfolge eines Kollektivgesellschafters<br />

Ohne Nachfolgeregelung Mit Nachfolgeregelung<br />

Nachfolgeklausel<br />

Ohne Erben<br />

(Fortsetzungsklausel)<br />

Abfindungsklausel<br />

Wahlfreiheit<br />

der Erben<br />

Eintrittsklausel<br />

einfach qualifiziert<br />

Ohne Abfindungsklausel<br />

unbeschränkt<br />

haftend<br />

Mit Erben<br />

Stellung<br />

der Erben<br />

Beschränkt haftend:<br />

<strong>Konversionsklausel</strong><br />

(wird zur KomG)


OR 576: Fortsetzungsklausel<br />

1 Sind die Gesellschafter vor der Auflösung<br />

übereingekommen, dass trotz des Ausscheidens<br />

eines oder mehrerer Gesellschafter die<br />

Gesellschaft unter den übrigen fortgesetzt<br />

werden soll, so endigt sie nur für die<br />

Ausscheidenden; im Übrigen besteht sie mit<br />

allen bisherigen Rechten und Verbindlichkeiten<br />

fort.<br />

14


Fortsetzungsklausel<br />

Mit einer Fortsetzungsklausel wird im<br />

Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass die<br />

Gesellschaft auch nach dem Ausscheiden eines<br />

Gesellschafters weiter bestehen soll (vgl. Art.<br />

576 sowie 545 Abs. 1 Ziff. 2 OR).<br />

Pro: Sicherheit für Arthur.<br />

Con: Nina hat keine Möglichkeit,<br />

Gesellschafterin zu werden.<br />

15


OR 580: Festsetzung des Abfindungsbetrags<br />

1 Der dem ausscheidenden Gesellschafter zukommende<br />

Betrag wird durch Übereinkunft festgesetzt.<br />

2 Enthält der Gesellschaftsvertrag darüber keine<br />

Bestimmung und können sich die Beteiligten nicht<br />

einigen, so setzt der Richter den Betrag in<br />

Berücksichtigung der Vermögenslage der Gesellschaft<br />

im Zeitpunkt des Ausscheidens und eines allfälligen<br />

Verschuldens des ausscheidenden Gesellschafters fest.<br />

16


Abfindungsklausel<br />

Mit einer Abfindungsklausel wird der dem<br />

ausscheidenden Gesellschafter zukommende<br />

Betrag im Gesellschaftsvertrag festgesetzt (Vgl.<br />

Art. 580 Abs. 1 OR)<br />

Pro: Sicherheit für beide<br />

Con: evtl. erbrechtlich problematisch (vgl.<br />

hinten)<br />

17


Liquidation<br />

18<br />

Nachträgliche<br />

Weiterführung<br />

Ohne Erben Mit Erben<br />

Nachfolge eines Kollektivgesellschafters<br />

Ohne Nachfolgeregelung Mit Nachfolgeregelung<br />

Nachfolgeklausel<br />

Ohne Erben<br />

(Fortsetzungsklausel)<br />

Abfindungsklausel<br />

Wahlfreiheit<br />

der Erben<br />

Eintrittsklausel<br />

einfach qualifiziert<br />

Ohne Abfindungsklausel<br />

unbeschränkt<br />

haftend<br />

Mit Erben<br />

Stellung<br />

der Erben<br />

Beschränkt haftend:<br />

<strong>Konversionsklausel</strong><br />

(wird zur Kommanditgesellschaft)


Eintrittsklausel<br />

Mit einer Eintrittsklausel erhalten die Erben das<br />

Recht, aber nicht die Pflicht, nach dem Tod des<br />

Erblassers Gesellschafter zu werden.<br />

Pro: Wahlmöglichkeit ist für Nina besser.<br />

Con: Arthur ist unsicher über die spätere<br />

Teilnahme der Nina. Nina versteht zudem nichts<br />

vom Geschäft.<br />

19


Einfache und qualifizierte Eintrittsklausel<br />

Eine einfache Eintrittsklausel ermöglicht allen<br />

Erben nach dem Tod des Erblassers den Eintritt<br />

in die Gesellschaft.<br />

Eine qualifizierte Eintrittsklausel ermöglicht<br />

den Eintritt nur bestimmten Erben.<br />

20


Nachfolgeklausel<br />

Eine Nachfolgeklausel bestimmt, dass die Erben nach<br />

dem Tod eines Gesellschafters „automatisch“<br />

Gesellschafter werden.<br />

Pro: Sicherheit für beide, wies weitergehen soll.<br />

Con: Nina versteht nichts vom Geschäft, haftet aber<br />

trotzdem auf alle Fälle voll. Will sie nicht teilnehmen,<br />

muss sie versuchen, sich mit Arthur auf eine Abfindung<br />

zu einigen, auf Auflösung klagen oder gar das Erbe<br />

ausschlagen.<br />

21


Art. 482 ZGB: Bedingungen und Auflagen<br />

1 Der Erblasser kann seinen Verfügungen Auflagen oder<br />

Bedingungen anfügen, deren Vollziehung, sobald die<br />

Verfügung zur Ausführung gelangt ist, jedermann<br />

verlangen darf, der an ihnen ein Interesse hat.<br />

2 Unsittliche oder rechtswidrige Auflagen und<br />

Bedingungen machen die Verfügung ungültig.<br />

3 Sind sie lediglich für andere Personen lästig oder sind<br />

sie unsinnig, so werden sie als nicht vorhanden<br />

betrachtet.<br />

4 (…)<br />

22


Zu Art. 482 ZGB<br />

Die Grenzen der Zulässigkeit einer Bedingung, wonach<br />

Nina nur erben soll, wenn sie Gesellschafterin bleibt,<br />

liegen in einer allfälligen Rechts- oder Sittenwidrigkeit<br />

(Art. 482 Abs. 2 ZGB). Die Beteiligung an einer<br />

Gesellschaft ist aber rechtlich zulässig, womit einer<br />

solchen Bedingung nichts im Wege steht.<br />

Da Nina pflichtteilsgeschützt ist, führte die Bedingung<br />

allerdings nur dazu, dass Nina auf den Pflichtteil gesetzt<br />

wird (Herabsetzungsklage wäre möglich).<br />

23


Liquidation<br />

24<br />

Nachträgliche<br />

Weiterführung<br />

Ohne Erben Mit Erben<br />

Nachfolge eines Kollektivgesellschafters<br />

Ohne Nachfolgeregelung Mit Nachfolgeregelung<br />

Nachfolgeklausel<br />

Ohne Erben<br />

(Fortsetzungsklausel)<br />

Abfindungsklausel<br />

Wahlfreiheit<br />

der Erben<br />

Eintrittsklausel<br />

einfach qualifiziert<br />

Ohne Abfindungsklausel<br />

Mit Erben<br />

Stellung<br />

der Erben<br />

unbeschränkt Beschränkt haftend:<br />

haftend <strong>Konversionsklausel</strong><br />

(wird zur Kommanditgesellschaft)


<strong>Konversionsklausel</strong><br />

Eine <strong>Konversionsklausel</strong> bestimmt, dass die Erben nach<br />

dem Tod eines Kollektiv-gesellschafters als<br />

Kommanditäre in die Gesellschaft eintreten bzw.<br />

eintreten können und die Gesellschaft damit zur<br />

Kommandit-gesellschaft wird.<br />

Pro: Sicherheit. Nina bleibt zudem beteiligt, aber mit<br />

weniger Risiko und weniger Mitspracherecht.<br />

Con: Allenfalls etwas höherer administrativer<br />

Aufwand. Falls Nina voll mitsprechen möchte, kann sie<br />

dies nicht. Man kann ihr aber natürlich das Wahlrecht<br />

lassen, ob eine Konversion erfolgen soll oder nicht.<br />

25


Art. 55 Abs. 1 FusG<br />

1 Eine Kollektivgesellschaft kann sich in eine<br />

Kommanditgesellschaft umwandeln, indem:<br />

a. eine Kommanditärin oder ein Kommanditär in<br />

die Kollektivgesellschaft eintritt;<br />

b. eine Gesellschafterin oder ein Gesellschafter<br />

zur Kommanditärin oder zum Kommanditär<br />

wird.<br />

26


Verfügungen von Todes wegen<br />

• Besondere Ungültigkeitsklage (Art. 519 ZGB)<br />

• Pflichtteilsschutz<br />

• Im internationalen Verhältnis Sonderanknüpfung<br />

für das anwendbare Recht am<br />

Wohnsitz des Erblassers<br />

• Besondere Regeln für die Zuständigkeit der<br />

Gerichte<br />

27


Unter Lebenden vs. von Todes wegen<br />

• Zentrale Unterscheidung: Wird nach dem Willen<br />

der Beteiligten die Grösse des Nachlasses oder seine<br />

Verteilung verändert, so liegt eine Verfügung von<br />

Todes wegen vor, wollen sie das Vermögen zu<br />

Lebzeiten ändern, ein Geschäft unter Lebenden.<br />

• Konkretisierung:<br />

– Gegenseitige Abmachung der Begünstigung im<br />

Todesfall: von Todes wegen (BGE 113 II 270)<br />

– Auflösung eines Vertrages beim Tod: unter Lebenden<br />

– Fortführung eines Vertrags beim Tod: unter Lebenden<br />

– Entgeltlichkeit: (eher) unter Lebenden<br />

28


Vorliegend<br />

• Fortsetzungsklausel: unter Lebenden (Nina hat denselben Abfindungsanspruch wie ihr Vater<br />

im Falle eines Ausscheidens.)<br />

• Einfache Nachfolgeklausel: unter Lebenden (Nina tritt in die Gesellschafterstellung ihres<br />

Vaters ein; der Nachlass bleibt in seinem Umfang unberührt.)<br />

• Einfache Eintrittsklausel: unter Lebenden (Nina kann in die Gesellschafterstellung ihres<br />

Vaters eintreten; der Nachlass bleibt in seinem Umfang unberührt.)<br />

• Qualifizierte Eintritts- oder Nachfolgeklausel: von Todes wegen (Es handelt sich um eine<br />

Teilungsvorschrift, die der gesetzlichen Form bedarf.)<br />

• Abfindungsklausel, die Nina gegenüber der gesetzlichen Ordnung schlechter stellt: von<br />

Todes wegen (str.; Idee: eine Abfindungsklausel, die Nina schlechter stellt, ist vergleichbar<br />

mit einem Vermächtnis zu Gunsten des Arthur.)<br />

• <strong>Konversionsklausel</strong>: M.E. von Todes wegen, weil der Kommanditäranteil weniger Rechte<br />

umfasst als ein Kollektivgesellschafteranteil (Gegenargument: Nur geldwerte Rechte sind<br />

„nachlasswirksam“.)<br />

N.B.: Bei Verfügungen von Todes wegen entsprechende Formvorschriften<br />

berücksichtigen!<br />

29


Art. 603 OR: Vertretung der KomG<br />

Die Gesellschaft wird nach den für die<br />

Kollektivgesellschaft geltenden Vorschriften<br />

durch den oder die unbeschränkt haftenden<br />

Gesellschafter vertreten.<br />

30


Art. 564 OR: Umfang der Vertretung<br />

1 Die zur Vertretung befugten Gesellschafter sind<br />

ermächtigt, im Namen der Gesellschaft alle<br />

Rechtshandlungen vorzunehmen, die der Zweck<br />

der Gesellschaft mit sich bringen kann.<br />

2 Eine Beschränkung des Umfangs der<br />

Vertretungsbefugnis hat gegenüber gutgläubigen<br />

Dritten keine Wirkung.<br />

31


Vertretung einer Kollektivgesellschaft<br />

Vertrag gültig ja<br />

32<br />

ja<br />

Hat das Organ Vertretungsmacht?<br />

(564 I)<br />

ja<br />

Hat das Organ Vertretungsbefugnis?<br />

(564 II)<br />

nein<br />

Ist Vertragspartner gutgläubig<br />

betr. Vertretungsbefugnis?<br />

(564 II)<br />

nein<br />

Vertrag ungültig<br />

nein


Art. 564 OR: Umfang der Vertretung<br />

1 Die zur Vertretung befugten Gesellschafter sind<br />

ermächtigt, im Namen der Gesellschaft alle<br />

Rechtshandlungen vorzunehmen, die der Zweck<br />

der Gesellschaft mit sich bringen kann.<br />

2 (…)<br />

33


BGE 111 II 284 (Negresco)<br />

• Nur Rechtshandlungen, die durch den<br />

statutarischen Zweck geradezu<br />

ausgeschlossen sind, sind nicht durch die<br />

Vertretungsmacht nach Art. 718a Abs. 1 OR<br />

(entspricht Art. 564 Abs. 1 OR bei der KollG)<br />

gedeckt.<br />

• Typisierte Betrachtungsweise: Ist die Art des<br />

Geschäfts mit dem statutarischen Zweck<br />

vereinbar?<br />

34


BGE 120 II 200<br />

Das Handeln des Vertreters in fremdem Namen<br />

vermag für sich allein eine Vertrauenshaftung<br />

des Vertretenen nie zu begründen, denn aus<br />

erwecktem Rechtsschein ist nur gebunden, wer<br />

diesen Rechtsschein objektiv zu vertreten hat.<br />

35


Obligationenrechtliche Gültigkeit der Zession<br />

Abtretbarkeit der Forderung<br />

Die Forderung muss abtretbar sein. Nichts Gegenteiliges ist<br />

anzunehmen.<br />

Verfügungsmacht<br />

Vorausgesetzt für die Verfügungsmacht ist Gläubigerstellung.<br />

Gläubigerin ist die Kollektivgesellschaft. Sie hat<br />

Verfügungsmacht. (Nicht zu verwechseln mit der<br />

Vertretungsmacht bzw. -befugnis des A!)<br />

Einfache Schriftlichkeit<br />

Ist anzunehmen.<br />

Fazit<br />

Die Zession ist aus obligationenrechtlicher Sicht gültig.<br />

36


Gesellschaftsrechtliche Gültigkeit der Zession<br />

Vertretungsberechtigung des Komplementärs im Allgemeinen<br />

A ist als Komplementär grundsätzlich vertretungsberechtigt (Art. 563 i.V.m. 603 OR).<br />

Vertretungsmacht<br />

Gegeben; die Beschaffung von Liquidität widerspricht dem Zweck einer Bäckerei nicht (BGE 111 II 284,<br />

Negresco; Art. 564 Abs. 1 OR).<br />

Vertretungsbefugnis<br />

Nicht gegeben. Die Vereinbarung über die Maximalsumme von CHF 10‘000 stellt eine ausdrückliche<br />

Beschränkung der Vertretungsbefugnis dar.<br />

Guter Glaube<br />

Nicht gegeben. Der gute Glaube des G bezüglich Vertretungsbefugnis des A müsste durch die Gesellschaft<br />

(bzw. durch andere Gesellschafter als A) begründet worden sein (BGE 120 II 200; Art. 564 Abs. 2 OR). A hat<br />

den Glauben des A in seine Vertretungsberechtigung indessen als Vertreter selbst begründet.<br />

Fazit<br />

Die Zession ist aus gesellschaftsrechtlicher Sicht ungültig.<br />

Zudem: Nina kann dem Schuldner die Zahlung nicht „verbieten“. Sie kann ihn höchstens darauf aufmerksam<br />

machen, dass er an Gallus nicht gültig erfüllen kann. Der Gläubiger kann den Betrag aber nach Art. 168 OR<br />

hinterlegen und sich so aus dem Streit heraushalten.<br />

Die Frage der Abstraktheit der Zession ist sodann irrelevant, weil für ein gültiges Verfügungsgeschäft ebenfalls<br />

Vertretungsmacht sowie Vertretungsbefugnis bzw. guter Glaube nötig ist (BGE vom 2. Mai 2005, 4C.49/2005).<br />

37


Art. 538 OR: Verantwortlichkeit unter sich<br />

1 Jeder Gesellschafter ist verpflichtet, in den<br />

Angelegenheiten der Gesellschaft den Fleiss und die<br />

Sorgfalt anzuwenden, die er in seinen eigenen<br />

anzuwenden pflegt.<br />

2 Er haftet den übrigen Gesellschaftern für den durch<br />

sein Verschulden entstandenen Schaden, ohne dass er<br />

damit die Vorteile verrechnen könnte, die er der<br />

Gesellschaft in andern Fällen verschafft hat.<br />

3 Der geschäftsführende Gesellschafter, der für seine<br />

Tätigkeit eine Vergütung bezieht, haftet nach den<br />

Bestimmungen über den Auftrag.<br />

38


Anwendbarkeit von Art. 538 OR<br />

Vertrags- oder Rechtsverletzung<br />

A hat sich über die Vereinbarung bezüglich die Beschränkung seiner<br />

Vertretungsbefugnis hinweggesetzt und damit den Gesellschaftsvertrag<br />

verletzt.<br />

Schaden<br />

Ist laut Sachverhalt anzunehmen („allfällige Verluste“).<br />

Kausalzusammenhang natürlich/adäquat<br />

Ist gegeben.<br />

Verschulden<br />

Ist gegeben (Vorsatz; mindestens nötig wäre ein Nichteinhalten der diligentia<br />

quam in suis.)<br />

Fazit<br />

Nina hat einen Anspruch aus Art. 538 OR.<br />

39

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