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HORIZONFILM - Veranstaltungskalender für Körper Geist und Seele

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ins Recht zu setzen. Nichts stärkt das Ego mehr als<br />

Rechthaberei. Das bedeutet, sich mit einer <strong>Geist</strong>eshaltung<br />

zu identifizieren: einer Meinung, Ansicht, Urteil<br />

oder Geschichte. Nur durch Bewusstheit – nicht durch<br />

Denken – kann ich zwischen Tatsachen <strong>und</strong> Meinung<br />

unterscheiden. Jeder Streit <strong>und</strong> jeder Krieg hat als Ursache<br />

eine Meinungsverschiedenheit. Was sind Meinungen<br />

anderes als Gedanken? Das Problem entsteht,<br />

wenn wir uns mit den Gedanken, die diese Meinungen<br />

bilden, so stark identifizieren, dass sich eine mentale<br />

Haltung verfestigt, die mit einem Ichgefühl befrachtet<br />

ist. Identität <strong>und</strong> Denken verschmelzen miteinander,<br />

so dass die Meinungsverschiedenheit zu einem Überlebenskampf<br />

wird.<br />

Kriege machen deutlich, dass das menschliche Ego<br />

in seinem kollektiven Aspekt als „wir gegen sie“ noch<br />

wahnsinniger ist als das Ich, das individuelle Ego – obwohl<br />

der Mechanismus der gleiche ist. Der weitaus<br />

größte Teil der Gewalt geht auf das Konto normaler<br />

Bürger im Dienst des kollektiven Ego. Die Wurzel<br />

dieses Wahnsinns ist die vollkommene Identifikation<br />

mit dem Denken <strong>und</strong> Fühlen – dem Ego.<br />

Denken <strong>und</strong> Sein<br />

„Ich denke, also bin ich.“ Descartes hat nicht die<br />

höchste Wahrheit gef<strong>und</strong>en, sondern die Wurzel des<br />

Ego. Wenn uns bewusst ist, dass wir denken, ist dieses<br />

Bewusstsein nicht Teil des Denkens. Vielmehr<br />

handelt es sich um eine andere Dimension des Bewusstseins.<br />

Wenn nur das Denken da wäre, würde<br />

man nicht einmal wissen, dass man denkt. Die letzte<br />

Wahrheit dessen, wer wir sind, lautet: „Ich bin!“ Noch<br />

einmal: Wir halten den Denker <strong>für</strong> den, der wir sind.<br />

Das ist der Egogeist <strong>und</strong> aus spiritueller Sicht die<br />

Unbewusstheit.<br />

In jedem Ego ist die gleiche Struktur erkennbar: Es<br />

lebt von Identifikation <strong>und</strong> Trennung. Die Seinsfreude<br />

kann nur gefühlt <strong>und</strong> nicht gedacht werden. Das, was<br />

das Ego sucht <strong>und</strong> woran es sich festmacht, ist ein Ersatz<br />

<strong>für</strong> das Sein, das es nicht spüren kann. Das Ego ist nicht<br />

falsch, es ist unbewusst. Und es ist nichts Persönliches<br />

– es ist nicht „ich“. Das Einzige, was letzten Endes<br />

zählt, ist: Kann ich mein wahres Sein, das „Ich-bin“, zu<br />

allen Zeiten im Hintergr<strong>und</strong> meines Lebens spüren? In<br />

diesem Augenblick? Kann ich meine wahre Identität als<br />

reines Bewusstsein spüren? Das Ego weiß nicht, dass<br />

die Quelle aller Energie im Inneren liegt, daher sucht<br />

es draußen. Es sucht Identifikation im Außen. Doch<br />

das ist eine Falle, denn wir können mit dem Verstand<br />

nicht begreifen, wer wir sind. Sich über das Denken<br />

definieren zu wollen, heißt, sich einzugrenzen.<br />

Der Weg zur Bewusstheit<br />

Der erste Schritt auf dem Weg zur Bewusstheit ist es,<br />

nicht sofort auf einen Emotionsimpuls zu reagieren.<br />

Ein anderes Wort <strong>für</strong> Nichtreaktion ist Vergebung.<br />

Vergeben heißt, über etwas hinwegzusehen oder hindurchzuschauen.<br />

Du schaust durch das Ego hindurch<br />

auf die geistige Ges<strong>und</strong>heit, die das Wesen eines jeden<br />

Menschen bildet. „Probier einmal, die Stimme im Kopf<br />

in dem Augenblick zu erwischen, in dem sie sich über<br />

etwas beklagt <strong>und</strong> sie als das zu erkennen, was sie ist:<br />

Die Stimme des Ego – nichts weiter als ein konditioniertes<br />

Denkmuster, ein Gedanke. Wann immer du<br />

diese Stimme wahrnimmst, wird dir auch aufgehen,<br />

dass du nicht die Stimme bist, sondern derjenige, der<br />

sich ihrer bewusst ist. Tatsächlich bist du die Bewusstheit,<br />

die sich der Stimme bewusst ist. Im Hintergr<strong>und</strong><br />

ist Bewusstheit. Im Vordergr<strong>und</strong> ist die Stimme, der<br />

Denker. Auf diese Weise befreist du dich allmählich<br />

vom Ego, vom unbeobachteten Denken.“<br />

Der Schlüssel zum Sein ist die Aufmerksamkeit.<br />

Durch Bewusstheit werden Emotionen <strong>und</strong> sogar Gedanken<br />

entpersönlicht. Sie bilden dann nicht länger die<br />

Gr<strong>und</strong>lage unseres Identitätsgefühls.<br />

Buchtipp:<br />

Eckhart Tolle: Eine neue Erde, Goldmann, München, 2008,<br />

318 Seiten, 19 Euro<br />

KGSBerlin 11/2008

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