HORIZONFILM - Veranstaltungskalender für Körper Geist und Seele
HORIZONFILM - Veranstaltungskalender für Körper Geist und Seele
HORIZONFILM - Veranstaltungskalender für Körper Geist und Seele
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
32<br />
ins Recht zu setzen. Nichts stärkt das Ego mehr als<br />
Rechthaberei. Das bedeutet, sich mit einer <strong>Geist</strong>eshaltung<br />
zu identifizieren: einer Meinung, Ansicht, Urteil<br />
oder Geschichte. Nur durch Bewusstheit – nicht durch<br />
Denken – kann ich zwischen Tatsachen <strong>und</strong> Meinung<br />
unterscheiden. Jeder Streit <strong>und</strong> jeder Krieg hat als Ursache<br />
eine Meinungsverschiedenheit. Was sind Meinungen<br />
anderes als Gedanken? Das Problem entsteht,<br />
wenn wir uns mit den Gedanken, die diese Meinungen<br />
bilden, so stark identifizieren, dass sich eine mentale<br />
Haltung verfestigt, die mit einem Ichgefühl befrachtet<br />
ist. Identität <strong>und</strong> Denken verschmelzen miteinander,<br />
so dass die Meinungsverschiedenheit zu einem Überlebenskampf<br />
wird.<br />
Kriege machen deutlich, dass das menschliche Ego<br />
in seinem kollektiven Aspekt als „wir gegen sie“ noch<br />
wahnsinniger ist als das Ich, das individuelle Ego – obwohl<br />
der Mechanismus der gleiche ist. Der weitaus<br />
größte Teil der Gewalt geht auf das Konto normaler<br />
Bürger im Dienst des kollektiven Ego. Die Wurzel<br />
dieses Wahnsinns ist die vollkommene Identifikation<br />
mit dem Denken <strong>und</strong> Fühlen – dem Ego.<br />
Denken <strong>und</strong> Sein<br />
„Ich denke, also bin ich.“ Descartes hat nicht die<br />
höchste Wahrheit gef<strong>und</strong>en, sondern die Wurzel des<br />
Ego. Wenn uns bewusst ist, dass wir denken, ist dieses<br />
Bewusstsein nicht Teil des Denkens. Vielmehr<br />
handelt es sich um eine andere Dimension des Bewusstseins.<br />
Wenn nur das Denken da wäre, würde<br />
man nicht einmal wissen, dass man denkt. Die letzte<br />
Wahrheit dessen, wer wir sind, lautet: „Ich bin!“ Noch<br />
einmal: Wir halten den Denker <strong>für</strong> den, der wir sind.<br />
Das ist der Egogeist <strong>und</strong> aus spiritueller Sicht die<br />
Unbewusstheit.<br />
In jedem Ego ist die gleiche Struktur erkennbar: Es<br />
lebt von Identifikation <strong>und</strong> Trennung. Die Seinsfreude<br />
kann nur gefühlt <strong>und</strong> nicht gedacht werden. Das, was<br />
das Ego sucht <strong>und</strong> woran es sich festmacht, ist ein Ersatz<br />
<strong>für</strong> das Sein, das es nicht spüren kann. Das Ego ist nicht<br />
falsch, es ist unbewusst. Und es ist nichts Persönliches<br />
– es ist nicht „ich“. Das Einzige, was letzten Endes<br />
zählt, ist: Kann ich mein wahres Sein, das „Ich-bin“, zu<br />
allen Zeiten im Hintergr<strong>und</strong> meines Lebens spüren? In<br />
diesem Augenblick? Kann ich meine wahre Identität als<br />
reines Bewusstsein spüren? Das Ego weiß nicht, dass<br />
die Quelle aller Energie im Inneren liegt, daher sucht<br />
es draußen. Es sucht Identifikation im Außen. Doch<br />
das ist eine Falle, denn wir können mit dem Verstand<br />
nicht begreifen, wer wir sind. Sich über das Denken<br />
definieren zu wollen, heißt, sich einzugrenzen.<br />
Der Weg zur Bewusstheit<br />
Der erste Schritt auf dem Weg zur Bewusstheit ist es,<br />
nicht sofort auf einen Emotionsimpuls zu reagieren.<br />
Ein anderes Wort <strong>für</strong> Nichtreaktion ist Vergebung.<br />
Vergeben heißt, über etwas hinwegzusehen oder hindurchzuschauen.<br />
Du schaust durch das Ego hindurch<br />
auf die geistige Ges<strong>und</strong>heit, die das Wesen eines jeden<br />
Menschen bildet. „Probier einmal, die Stimme im Kopf<br />
in dem Augenblick zu erwischen, in dem sie sich über<br />
etwas beklagt <strong>und</strong> sie als das zu erkennen, was sie ist:<br />
Die Stimme des Ego – nichts weiter als ein konditioniertes<br />
Denkmuster, ein Gedanke. Wann immer du<br />
diese Stimme wahrnimmst, wird dir auch aufgehen,<br />
dass du nicht die Stimme bist, sondern derjenige, der<br />
sich ihrer bewusst ist. Tatsächlich bist du die Bewusstheit,<br />
die sich der Stimme bewusst ist. Im Hintergr<strong>und</strong><br />
ist Bewusstheit. Im Vordergr<strong>und</strong> ist die Stimme, der<br />
Denker. Auf diese Weise befreist du dich allmählich<br />
vom Ego, vom unbeobachteten Denken.“<br />
Der Schlüssel zum Sein ist die Aufmerksamkeit.<br />
Durch Bewusstheit werden Emotionen <strong>und</strong> sogar Gedanken<br />
entpersönlicht. Sie bilden dann nicht länger die<br />
Gr<strong>und</strong>lage unseres Identitätsgefühls.<br />
Buchtipp:<br />
Eckhart Tolle: Eine neue Erde, Goldmann, München, 2008,<br />
318 Seiten, 19 Euro<br />
KGSBerlin 11/2008