GEHEIMSpRACHE DER NEURONEN
GEHEIMSpRACHE DER NEURONEN
GEHEIMSpRACHE DER NEURONEN
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potenziale, die dabei von den Neuronen<br />
erzeugt werden, sehen alle gleich aus. So<br />
wie die verschiedenen Wörter unserer<br />
Sprache immer aus denselben Buchstaben<br />
bestehen, so kann man den Spike als<br />
das Grundelement der Sprache der Neuronen<br />
betrachten. Die stets gleiche Form<br />
der Spikes macht die unterschiedlichsten<br />
Stimuli, wie beispielsweise Hör- und<br />
Sehreize, in der Hirnrinde miteinander<br />
kombinierbar. Man vermutet deshalb,<br />
dass alle Gedanken und Wahrnehmungen<br />
– und seien sie noch so abstrakt – auf<br />
Spikes beruhen, deren Kombinationen<br />
den neuronalen Code bilden.<br />
Woher „weiß“ ein Neuron, dass die<br />
bei ihm eingehende Information ein Duft<br />
ist und nicht etwa ein Klang? Diese so<br />
genannte Reizmodalität wird durch die<br />
neuronale Bahn codiert, die vom Sinnesrezeptor<br />
über möglicherweise mehrere<br />
Zwischenstufen bis zu diesem Neuron<br />
führt. Ein Neuron kann aber noch mehr<br />
wissen: So fanden David Hubel und<br />
Torsten Wiesel an der Havard Medical<br />
School vor etwa vierzig Jahren heraus,<br />
dass bestimmte Neuronen der primären<br />
Sehrinde (visueller Cortex) besonders<br />
gut auf Licht-Balken einer ganz bestimmten<br />
Orientierung ansprechen, die<br />
in einem begrenzten Teil des Gesichtsfeldes,<br />
dem so genannten rezeptiven Feld,<br />
liegen und in eine bestimmte Richtung<br />
bewegt werden.<br />
Bei diesen Versuchen maßen die<br />
Neurobiologen die so genannte Ratenantwort<br />
einzelner Cortexneuronen auf<br />
bestimmte Test-Reize (siehe Grafik Seite<br />
82 unten). Sie gingen dabei davon aus,<br />
dass die wesentliche Information in der<br />
Anzahl der Aktionspotenziale pro Zeiteinheit<br />
steckt. Die Rate lässt sich bestimmen,<br />
indem man die Anzahl der Aktionspotenziale<br />
in einem hinreichend langen<br />
Zeitintervall zählt und anschließend<br />
durch die Länge des Intervalls teilt.<br />
Die beiden Wissenschaftler machten<br />
noch eine weitere interessante Entdeckung:<br />
Neuronen, die auf ähnliche Positionen<br />
und Orientierungen ansprechen,<br />
liegen auch im Cortex räumlich nahe<br />
beieinander. Dies bedeutet, dass Positionen<br />
und Orientierungen visueller Reize<br />
wie bei einer Landkarte auf die Cortexoberfläche<br />
abgebildet werden (siehe<br />
Bild Seite 84). Neuronen, die innerhalb<br />
einer schmalen Säule senkrecht zur Cortexoberfläche,<br />
in so genannten corticalen<br />
Säulen, angeordnet sind, reagieren auf<br />
ähnliche Reizmerkmale. Für diese Ent-<br />
Der Mensch erkennt sein Sp iegelbild,<br />
aber wird er je den Code v erstehen, mit<br />
dem sein Gehirn dieses Bild v erschlüsselt?<br />
GEHI R N & GEI S T 02/2002<br />
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