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mediation und SuperviSion in organiSationen - Bundesverband ...

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Mediations­ bzw.<br />

Interessenklauseln <strong>in</strong> Verträgen?<br />

Immer wieder machen MediatorInnen<br />

die Erfahrungen, dass sich die Interessenlage<br />

der Vertragsparteien im Verlauf der<br />

Zeit ändert <strong>und</strong> oftmals zu neuen Konflikten<br />

führt. Dies betrifft <strong>in</strong> besonderer Weise<br />

Fälle, <strong>in</strong> denen die Vertragsparteien über<br />

e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum mite<strong>in</strong>ander zu<br />

tun haben (z. B. Unternehmensnachfolge).<br />

In Anknüpfung an se<strong>in</strong>en Aufsatz <strong>in</strong> der<br />

vorhergehenden Ausgabe des Spektrums<br />

mit dem Titel ”Konfliktprophylaxe <strong>in</strong> bilateralen<br />

Kontexten – E<strong>in</strong> neuer Markt für<br />

Mediatoren” setzt sich der Autor mit der<br />

aufklärenden <strong>und</strong> vorbeugenden Funktion<br />

von „Mediations­ bzw. Interessenklauseln”<br />

<strong>in</strong> Verträgen ause<strong>in</strong>ander.<br />

verträge haben den zweck, festzuschreiben,<br />

was jede Partei zu leisten hat (Pflichtenheft des<br />

leistungsaustausches), so z. B. regelt e<strong>in</strong> Mediationsvertrag,<br />

dass – <strong>und</strong> wie – die Mediator<strong>in</strong>nen<br />

e<strong>in</strong>e Dienstleistung zu erbr<strong>in</strong>gen haben; dafür<br />

verpflichten sich die Konfliktparteien (oder auch<br />

Dritte) zur zahlung e<strong>in</strong>es honorars. vielleicht s<strong>in</strong>d<br />

auch noch weitere Pflichten festgeschrieben<br />

(verhaltensmaßregeln; teilnahme von rechtsanwält<strong>in</strong>nen<br />

an der Mediation u. ä.). Das Gesetz<br />

ergänzt dieses regelwerk.<br />

alle vere<strong>in</strong>barten Punkte markieren sog. Positionen,<br />

was bedeutet, dass sie das regelwerk des<br />

Gebens <strong>und</strong> nehmens verb<strong>in</strong>dlich 1 umschreiben.<br />

Jeder vertrag verfolgt den zweck, durch Klarheit 2<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>deutigkeit von absprachen Berechenbarkeit<br />

<strong>und</strong> verlässlichkeit 3 unter den vertragspartner<strong>in</strong>nen<br />

zu schaffen, so dass die vere<strong>in</strong>barten<br />

leistungspflichten erfüllt werden. Und wenn nicht?<br />

Was passiert, wenn die K<strong>und</strong><strong>in</strong>nen z. B. nicht zahlen?<br />

Dann können Mediator<strong>in</strong>nen den anspruch<br />

durchsetzen 4 – <strong>und</strong> zwar auf der Gr<strong>und</strong>lage der<br />

rechtspositionen im vertrag. Der vertrag enthält<br />

typischerweise ke<strong>in</strong>e Klauseln, die e<strong>in</strong> nachverhandeln<br />

zulassen. es ist also nicht möglich, dass<br />

e<strong>in</strong>e Partei e<strong>in</strong>wendet, sie habe sich bei vertragsabschluss<br />

über etwas geirrt 5 oder die <strong>in</strong>teressenlage<br />

e<strong>in</strong>er Partei habe sich nach vertragsabschluss<br />

geändert. Wenn beide vertragspartner<strong>in</strong>nen es<br />

übere<strong>in</strong>stimmend wollen, können sie das vere<strong>in</strong>barte<br />

jederzeit ändern 6 . <strong>in</strong> der regel „irrt” sich<br />

jedoch nur e<strong>in</strong>e Seite. Und das macht die andere<br />

Seite stark; die beruft sich dann auf die <strong>in</strong> der<br />

vere<strong>in</strong>barung festgeschriebene Position, die<br />

deren anspruch stützt. Dar<strong>in</strong> liegt auch der S<strong>in</strong>n<br />

von recht, nämlich Berechenbarkeit <strong>und</strong> verläss-<br />

Spektrum der Mediation 23/2006<br />

qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />

lichkeit zu schaffen <strong>und</strong> damit vertrauen <strong>in</strong> die<br />

Gültigkeit von absprachen zu festigen.<br />

als Mediator<strong>in</strong>nen wissen wir, dass sich die <strong>in</strong>teressenlagen<br />

der vertragsparteien im verlaufe der<br />

zeit ändern können, auch wenn die vertragslage<br />

nicht dafür zu sprechen sche<strong>in</strong>t. hierzu die Fortsetzung<br />

des Beispiels:<br />

Die AuftraggeberIn der MediatorIn<br />

(aus dem Beispielsfall oben) zahlt nicht,<br />

weil sie ke<strong>in</strong> Geld (mehr) hat, also nicht<br />

bezahlen kann.<br />

<strong>in</strong> anbetracht dieses Umstandes wird die Mediator<strong>in</strong><br />

nicht <strong>in</strong>teressiert se<strong>in</strong>, <strong>in</strong> die gerichtliche<br />

Durchsetzung des verbrieften anspruchs Geld zu<br />

<strong>in</strong>vestieren, um dann später auch noch auf den<br />

Prozesskosten 7 sitzen zu bleiben. Die (vertrags-)<br />

Position nützt da wenig. <strong>in</strong>teressanter wäre es, es<br />

könnte angesichts der geänderten Umstände<br />

e<strong>in</strong>e für beide Seiten akzeptable lösung gef<strong>und</strong>en<br />

werden. Der vertrag gibt dafür ke<strong>in</strong>en<br />

lösungsansatz her, weil der „nur” den se<strong>in</strong>erzeit<br />

verabredeten leistungsaustausch enthält. Um e<strong>in</strong>e<br />

solche „akzeptable” lösung <strong>in</strong> dieser Situation f<strong>in</strong>den<br />

zu können, müssen die Mediator<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> dem<br />

gewählten Beispiel e<strong>in</strong>en anderen Weg gehen, als<br />

auf die vertragsposition zurück zu greifen.<br />

verträge enthalten – systemtypisch – ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressenklauseln.<br />

Die Konfliktlage bei ungeplanter<br />

entwicklung im vollzug e<strong>in</strong>es vertrages ist jedoch<br />

alltagsrealität, so dass verträge sich mit diesem<br />

aspekt durchaus auch befassen können. So s<strong>in</strong>d<br />

folgende Klauseln nicht unüblich 8 , die künftige<br />

Konfliktsituationen im auge haben:<br />

›<br />

›<br />

›<br />

alle Streitigkeiten, die sich im zusammenhang<br />

mit diesem vertrag oder über se<strong>in</strong>e<br />

Gültigkeit ergeben, werden vor e<strong>in</strong>schaltung<br />

der Gerichte nach der Schlichtungsordnung<br />

der ... geschlichtet 9 .<br />

alle Streitigkeiten, die sich im zusammenhang<br />

mit diesem vertrag oder über se<strong>in</strong>e<br />

Gültigkeit ergeben, werden nach der<br />

Schiedsgerichtsordnung der ... unter<br />

ausschluss des ordentlichen rechtsweges<br />

endgültig entschieden 10 .<br />

Möglich ist auch die Komb<strong>in</strong>ation von<br />

Schlichtung <strong>und</strong> – bei Scheitern – anschließendem<br />

Schiedsgerichtsverfahren.<br />

Schlichtung bedeutet immer, dass auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />

der Positionen e<strong>in</strong>e lösung gesucht wird.<br />

«<br />

Dr. iur Detlev Bern<strong>in</strong>g,<br />

Jurist, Mediator BM,<br />

Mitglied der<br />

Fachgruppe MiO/<br />

Wirtschafts<strong>mediation</strong> im BM<br />

1/ <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> dem<br />

S<strong>in</strong>ne, dass diese vere<strong>in</strong>barung<br />

auch <strong>in</strong> zukunft – bis<br />

zur erledigung des vertrages<br />

– unverändert gilt.<br />

2/ Deshalb der vorzug der<br />

Schriftform, was aber „Missverständnisse”<br />

nicht ausschließt<br />

3/ Und damit das bei vertragsabschluss<br />

existierende<br />

vertrauen zu verstärken<br />

4/ Ggf. auch erzw<strong>in</strong>gen<br />

durch zwangsvollstreckungsmaßnahmen.<br />

5/ im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es Motivirrtums<br />

6/ es wird also e<strong>in</strong> Änderungsvertrag<br />

geschlossen –<br />

alle vertragspartner<strong>in</strong>nen<br />

müssen mit dieser Änderung<br />

e<strong>in</strong>verstanden se<strong>in</strong>.<br />

7/ Die umfassen neben den<br />

eigenen anwaltskosten (die<br />

von den Kontrahent<strong>in</strong>nen<br />

aufgr<strong>und</strong> derer wirtschaftlicher<br />

lage nicht erstattet<br />

werden) <strong>in</strong>sbesondere auch<br />

die vollen Gerichtskosten,<br />

die er/sie als Kläger<strong>in</strong> vorzuf<strong>in</strong>anzieren<br />

hat!<br />

8/ <strong>in</strong> der regel aber nur <strong>in</strong><br />

„bedeutsameren” verträgen<br />

zu f<strong>in</strong>den, wenn es entweder<br />

um viel Geld geht oder<br />

empf<strong>in</strong>dliche rechtsverhältnisse<br />

geregelt werden mit<br />

gewichtigen wirtschaftlichen<br />

<strong>in</strong>teressen im h<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>.<br />

35

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