mediation und SuperviSion in organiSationen - Bundesverband ...
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16 qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
Peter Knapp,<br />
Germanist, Romanist,<br />
Coach, Mediator <strong>und</strong><br />
Ausbilder BM, Leiter der<br />
Fachgruppe MiO/<br />
Wirtschafts<strong>mediation</strong> im BM<br />
Coach<strong>in</strong>g oder Mediation<br />
zur Bearbeitung von Konflikten<br />
Coach<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Mediation können beide<br />
zur Konfliktbearbeitung e<strong>in</strong>gesetzt werden.<br />
In diesem Beitrag wird anhand von Praxisbeispielen<br />
erörtert, welche Beratungsform<br />
für welche Art von Konfliktsituationen<br />
geeigneter ist.<br />
„Bei Coach<strong>in</strong>g geht es fast<br />
immer um Konflikte.”<br />
aussage e<strong>in</strong>es erfahrenen coachs<br />
Beispiel 1: Der Konflikt mit der Chef<strong>in</strong><br />
im ersten telefongespräch teilt Frau S. mit, dass<br />
es um e<strong>in</strong>en Konflikt mit ihrer chef<strong>in</strong> geht. Sie<br />
schildert kurz die ihr unerträgliche, aktuelle Situation.<br />
e<strong>in</strong> erster term<strong>in</strong> wird verabredet. nach der<br />
telefonischen Darstellung von Frau S. bleibt für<br />
den Berater offen, ob sie e<strong>in</strong>e Mediation oder<br />
e<strong>in</strong> coach<strong>in</strong>g beabsichtigt. Se<strong>in</strong> erster impuls<br />
geht <strong>in</strong> richtung Mediation.<br />
im persönlichen erstgespräch legt Frau S. ausführlich<br />
die schwierige Situation mit ihrer chef<strong>in</strong><br />
dar. ihr zentrales Problem ist die eigene reaktion<br />
– sie fühlt sich kle<strong>in</strong> <strong>und</strong> reagiert zunehmend<br />
gereizt. Jede antwort legt sie gegen sich gerichtet<br />
aus. nach der Konfliktdarstellung stellt der<br />
Berater alternativ Mediation <strong>und</strong> coach<strong>in</strong>g vor.<br />
Mediation bedeute, dass Frau S. mit ihrer chef<strong>in</strong><br />
geme<strong>in</strong>sam den Konflikt bearbeitet. Frau S. reagiert<br />
erstaunt. Sie hatte sich vorgestellt, für sich<br />
persönlich e<strong>in</strong>e Beratung zu bekommen.<br />
an e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Klärung sei sie zum jetzigen<br />
zeitpunkt nicht <strong>in</strong>teressiert. Das könne sich ja<br />
noch ändern. Die Beratungsanfrage konkretisiert<br />
sich hiermit. Der Berater stellt coach<strong>in</strong>g als <strong>in</strong>dividuelle<br />
Unterstützung vor. Frau S. sche<strong>in</strong>t erleichtert.<br />
Genau das hatte sie sich vorgestellt. Konkret<br />
möchte sie das nächste telefongespräch mit<br />
ihrer chef<strong>in</strong> gut führen <strong>und</strong> darauf gut vorbereitet<br />
se<strong>in</strong>.<br />
Beispiel 2: Der Konflikt mit der Mitarbeiter<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong> hauptabteilungsleiter veranlasst e<strong>in</strong> coach<strong>in</strong>g<br />
für e<strong>in</strong>en abteilungsleiter, der sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Konflikt<br />
mit e<strong>in</strong>er Mitarbeiter<strong>in</strong> bef<strong>in</strong>det. er soll lernen,<br />
besser mit dieser Mitarbeiter<strong>in</strong> zu kommunizieren<br />
<strong>und</strong> diese konfliktfreier zu führen. Das coach<strong>in</strong>g<br />
wird auch von dem abteilungsleiter gewünscht.<br />
nach mehreren coach<strong>in</strong>gsitzungen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er<br />
weiteren eskalation des Konflikts beauftragt der<br />
hauptabteilungsleiter zusätzlich e<strong>in</strong>e Mediation.<br />
Der coach <strong>und</strong> der/die Mediator<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d unterschiedliche<br />
Personen. Der/die Mediator<strong>in</strong> weiß<br />
zunächst nichts von dem coach<strong>in</strong>g.<br />
Beispiel 3: Probleme mit der Architekt<strong>in</strong><br />
Die Führung e<strong>in</strong>er abteilung, Frau a <strong>und</strong> herr B,<br />
haben mit der leitenden architekt<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e schwierige<br />
Situation. Die architekt<strong>in</strong> ist seit acht Jahren<br />
im Unternehmen. Der Umgang mit ihr sei immer<br />
schwierig gewesen. Bisher hatte sie immer sehr<br />
gute arbeitsergebnisse geliefert, was aber seit<br />
e<strong>in</strong>iger zeit auch nicht mehr der Fall ist. Der Konflikt<br />
wirke sich <strong>in</strong>zwischen auf das ganze team<br />
aus. Frau a <strong>und</strong> herr B s<strong>in</strong>d soweit, sich von der<br />
architekt<strong>in</strong> zu trennen, wenn nicht e<strong>in</strong>e gr<strong>und</strong>legende<br />
veränderung e<strong>in</strong>tritt. Die Personalleiter<strong>in</strong><br />
hat e<strong>in</strong> Gespräch mit e<strong>in</strong>em Berater empfohlen,<br />
dessen qualifikation als coach <strong>und</strong> Mediator<br />
bekannt ist. es ist weder von Mediation noch<br />
von coach<strong>in</strong>g die rede, lediglich e<strong>in</strong> beratendes<br />
Gespräch wird gewünscht. Der Berater wird<br />
<strong>in</strong> zwei Sitzungen mit den beiden Führungskräften<br />
die Situation sortieren. Danach wollen Sie erst e<strong>in</strong>mal<br />
das jährliche Mitarbeitergespräch abwarten<br />
<strong>und</strong> die ratschläge zur Kommunikation aus der<br />
Beratung anwenden. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em späteren Feedback<br />
erfährt der Berater, dass die Mitarbeiter<strong>in</strong><br />
sich seit der Beratung ganz anders verhalte <strong>und</strong><br />
der Konflikt aktuell gar nicht mehr existiere.<br />
Beispiel 4: Die Unternehmensnachfolge<br />
Der Unternehmensnachfolger, herr X, wurde vom<br />
entscheidungsbefugten Gremium der Gesellschafter<br />
entlassen. Darüber geraten die Gesellschafter<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Konflikt, der den Fortbestand<br />
des Unternehmens gefährdet. es kommt zwischen<br />
den Gesellschaftern zur Mediation. im verlauf<br />
der Mediation wird immer deutlicher, dass es<br />
für den Mediationsprozess hilfreich wäre, wenn<br />
der entlassene Unternehmensnachfolger e<strong>in</strong>e<br />
<strong>in</strong>dividuelle Unterstützung <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es coach<strong>in</strong>gs<br />
erhalten könnte, um zu se<strong>in</strong>er persönlichen<br />
zukunftsplanung zu arbeiten.<br />
Der Mediator sucht das e<strong>in</strong>zelgespräch mit herrn<br />
X <strong>und</strong> unterbreitet ihm se<strong>in</strong>en vorschlag e<strong>in</strong>es<br />
e<strong>in</strong>zelcoach<strong>in</strong>gs. herr X kann sich das vorstellen,<br />
aber nur, wenn das coach<strong>in</strong>g von dem Mediator<br />
gemacht wird. Der Mediator lehnt ab, um se<strong>in</strong>e<br />
Unparteilichkeit zu wahren.<br />
Die Beispiele verdeutlichen, wie unterschiedlich <strong>in</strong><br />
Konfliktsituationen mit der Frage nach coach<strong>in</strong>g<br />
Spektrum der Mediation 23/2006