mediation und SuperviSion in organiSationen - Bundesverband ...
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Die FachzeitschriFt Des BunDesverBanDes MeDiation e. v. nr. 23 / iii. Quartal 2006<br />
<strong>mediation</strong> <strong>und</strong> <strong>SuperviSion</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>organiSationen</strong><br />
QualitätSSicherung <strong>und</strong> WeiterentWicklung<br />
unterschiede zwischen <strong>mediation</strong> <strong>und</strong><br />
Supervision bei mitarbeiter<strong>in</strong>nenkonflikten<br />
<strong>mediation</strong> <strong>und</strong> recht<br />
gerichtliche <strong>mediation</strong> <strong>in</strong> deutschland –<br />
<strong>und</strong> nun?<br />
Berichte Zum thema<br />
kasseler netzwerk <strong>mediation</strong><br />
Berichte auS dem Bm<br />
kollegiale Fallberatung<br />
Berichte auS aller Welt<br />
vierte nordische konferenz<br />
<strong>in</strong> <strong>mediation</strong> <strong>und</strong> konfliktmanagement<br />
www.bmev.de
»<br />
peter knapp,<br />
germanist, romanist,<br />
mediator <strong>und</strong> ausbilder Bm,<br />
coach, leiter der<br />
Fachgruppe mio/<br />
Wirtschafts<strong>mediation</strong> im Bm<br />
kontakt<br />
peter knapp,<br />
p.knapp@kom-berl<strong>in</strong>.de<br />
eDitorial<br />
liebe leser<strong>in</strong>nen,<br />
liebe leser,<br />
Mediation hat sich zu e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>strument des<br />
Konfliktmanagements entwickelt, das zum<br />
ziel hat, Konflikte <strong>in</strong> organisationen <strong>und</strong> unternehmen<br />
frühzeitig zu erkennen <strong>und</strong> möglichst<br />
effizient zu bearbeiten. Je nach unternehmens-<br />
<strong>und</strong> Personalentwicklungskultur wird Mediation<br />
systematisch, e<strong>in</strong>gebettet <strong>in</strong> e<strong>in</strong> bestehendes<br />
Konfliktmanagementsystem, von Konflikt-Fall<br />
zu Konflikt-Fall oder auch fast gar nicht genutzt.<br />
unternehmen haben Mediator<strong>in</strong>nenpools e<strong>in</strong>gerichtet<br />
oder <strong>in</strong>terne Mediator<strong>in</strong>nen zur Konfliktbearbeitung<br />
ausgebildet.<br />
Über diesen klassischen Konfliktvermittlungsaspekt<br />
h<strong>in</strong>aus leistet Mediation e<strong>in</strong>en ebenso<br />
wichtigen Beitrag für unternehmen, wenn Führungskräfte<br />
über mediative Kommunikationskompetenzen<br />
<strong>in</strong> ihrer Führungsrolle verfügen. e<strong>in</strong>e<br />
der hauptaufgaben von Führung besteht dar<strong>in</strong>,<br />
aushandlungsprozesse zu gestalten, Gespräche<br />
<strong>und</strong> verhandlungen mit den Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />
zu führen oder sich um die lösung von Problemen<br />
<strong>und</strong> Konflikten zu bemühen. verfügt e<strong>in</strong>e<br />
Führungskraft über das handwerkszeug der<br />
Mediation, ist sie <strong>in</strong> der lage, besser zu kommunizieren<br />
<strong>und</strong> Probleme <strong>und</strong> Konflikte schneller<br />
zu erkennen <strong>und</strong> effizienter anzugehen. Mediation<br />
gew<strong>in</strong>nt hiermit e<strong>in</strong>e Bedeutung für den<br />
Managementalltag, die über die klassische vermittlerrolle<br />
der Mediator<strong>in</strong>nen h<strong>in</strong>aus gehen.<br />
e<strong>in</strong> Personalleiter e<strong>in</strong>es global tätigen it- unternehmens,<br />
der vor drei Jahren se<strong>in</strong>e Mediationsausbildung<br />
beendet hat, sagt hierzu, dass er ke<strong>in</strong>e<br />
Mediation im klassischen s<strong>in</strong>ne mache, aber <strong>in</strong><br />
jedem Gespräch, das er mit Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />
oder anderen Gesprächspartner<strong>in</strong>nen führe, hilft<br />
ihm das Gelernte aus der Mediationsausbildung.<br />
Mit der vorliegenden ausgabe lesen sie Beiträge,<br />
die aus verschiedenen Blickw<strong>in</strong>keln das thema<br />
Mediation <strong>in</strong> organisationen <strong>und</strong> unternehmen<br />
behandeln. Die autor<strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d zu e<strong>in</strong>em großen<br />
teil Mitglieder der Fachgruppe Mediation<br />
<strong>in</strong> organisationen – Wirtschafts<strong>mediation</strong> des<br />
B<strong>und</strong>esverbandes Mediation (BM), die seit ihrer<br />
Gründung im oktober 2000 wichtige Beiträge zu<br />
fachlichen themen <strong>in</strong> diesem Bereich geleistet<br />
hat (siehe auch <strong>in</strong>foblatt sommer 2004, schwerpunkt<br />
Mediation <strong>in</strong> organisationen).<br />
<strong>in</strong> diesen Beiträgen spiegeln sich Diskussionen<br />
<strong>und</strong> <strong>in</strong>haltliche schwerpunkte der Fachgruppe<br />
sowie das engagement ihrer Mitglieder wieder.<br />
Dafür e<strong>in</strong>en großen Dank an dieser stelle.<br />
ebenso möchte ich christian Bähner <strong>und</strong> renate<br />
Queckenstedt für ihre redaktionelle arbeit für die<br />
zusammenstellung der Beiträge dieser ausgabe<br />
danken.<br />
e<strong>in</strong> weiterer schwerpunkt dieser ausgabe ist die<br />
abgrenzung oder nachbarschaft von Mediation<br />
zu coach<strong>in</strong>g <strong>und</strong> supervision. <strong>in</strong> den Beiträgen<br />
lesen sie, wie sich die drei Beratungsformate<br />
ergänzen oder abgrenzen. Welche Konflikte<br />
lassen sich eher durch Mediation, eher durch<br />
supervision oder coach<strong>in</strong>g bearbeiten beziehungsweise<br />
welche Formate haben gegenüber<br />
den anderen welche vor- <strong>und</strong>/oder nachteile?<br />
auch die ergebnisse e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen arbeitsgruppe<br />
des B<strong>und</strong>esverbandes Mediation (BM)<br />
<strong>und</strong> der DGsv (Deutsche Gesellschaft für supervision)<br />
zur produktiven Kooperation zwischen<br />
Mediation <strong>und</strong> supervision werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Beitrag vorgestellt.<br />
e<strong>in</strong>e spannende <strong>und</strong> anregende lektüre<br />
dieser ausgabe wünscht ihnen<br />
peter knapp<br />
spektrum der Mediation 23/2006
»<br />
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»<br />
Qualitätssicherung <strong>und</strong> Weiterentwicklung<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
<strong>in</strong>haltSverzeichniS<br />
angelika iser, Unterschiede zwischen Mediation <strong>und</strong> Supervision bei Mitarbeiter<strong>in</strong>nenkonflikten --------------------------04<br />
Jörg Fellermann <strong>und</strong> roland Kunkel-van Kaldenkerken, Supervison <strong>und</strong> Mediation --------------------------09<br />
heike Baum <strong>und</strong> <strong>in</strong>grid Pfeiffer, Gegenüberstellung von Mediation <strong>und</strong> Supervision --------------------------11<br />
elke Schwertfeger, Mediation <strong>und</strong> coach<strong>in</strong>g – Unterschiede <strong>und</strong> Geme<strong>in</strong>samkeiten --------------------------13<br />
Peter Knapp, coach<strong>in</strong>g oder Mediation zur Bearbeitung von Konflikten --------------------------16<br />
thomas robrecht, Management <strong>und</strong> Mediation --------------------------19<br />
Sab<strong>in</strong>e heegner, Umgang mite<strong>in</strong>ander – Betriebsvere<strong>in</strong>barungen --------------------------25<br />
Michael Wandrey, Wenn aus Konflikten taten werden --------------------------28<br />
Frigga Maßholder, Mediation als Ges<strong>und</strong>heitsressource --------------------------31<br />
Detlev Bern<strong>in</strong>g, Mediations- bzw. <strong>in</strong>teressenklauseln <strong>in</strong> verträgen --------------------------35<br />
Peter Knapp <strong>und</strong> andreas novak, auftragsklärung für die Mediation <strong>in</strong> Unternehmen --------------------------38<br />
Mediation <strong>und</strong> Recht<br />
Jutta hohmann <strong>und</strong> Florian Gommel, Gerichtliche Mediation <strong>in</strong> Deutschland – <strong>und</strong> nun? --------------------------43<br />
Berichte zum Thema<br />
Patricia Mell, anja Morell, Brigitte Scheffel <strong>und</strong> renata Sedlmayer, Kasseler netzwerk Mediation --------------------------48<br />
Berichte aus dem BM<br />
thomas robrecht, Kollegiale Fallberatung --------------------------51<br />
Berichte aus aller Welt<br />
Jutta hohmann <strong>und</strong> <strong>in</strong>ka heisig, vierte nordische Konferenz --------------------------54<br />
Bücher <strong>und</strong> mehr<br />
Ulrike hornung, rechtliche rahmenbed<strong>in</strong>gungen für die tätigkeit freier Mediatoren --------------------------55<br />
Sab<strong>in</strong>e Behn u. a., Mediation an Schulen – e<strong>in</strong>e b<strong>und</strong>esweite evaluation --------------------------56<br />
Björn Migge, handbuch coach<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Beratung --------------------------57<br />
christoph hauser, e<strong>in</strong>e ökonomische theorie der Mediation --------------------------58<br />
Dr. Detlev Bern<strong>in</strong>g, Konflikte kosten Unternehmen Geld – aber wie viel? --------------------------59<br />
Information <strong>und</strong> H<strong>in</strong>weise<br />
Korrekturen zum Spektrum nr. 22 --------------------------60<br />
BM term<strong>in</strong>kalender --------------------------63<br />
adressverzeichnis regional- <strong>und</strong> Fachgruppen --------------------------64<br />
Bestellservice --------------------------66<br />
«
4<br />
»<br />
Angelika Iser,<br />
Diplompädagog<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />
Mediator<strong>in</strong> BM,<br />
arbeitet als wissenschaftliche<br />
Angestellte am<br />
Institut für Erziehungswissenschaft<br />
der Universität<br />
Tüb<strong>in</strong>gen<br />
1/ vgl. iser, angelika (2005)<br />
2/ vgl.<br />
Weigand, Wolfgang<br />
(1996)<br />
3/ ebd., S. 416, hv.i.O.<br />
vgl. auch Belardi<br />
(1992, S. 30f).<br />
4/ vgl. Besemer, christoph<br />
(1999), S. 14<br />
5/ e<strong>in</strong>e ausführliche<br />
Diskussion der Pr<strong>in</strong>zipien<br />
<strong>und</strong> e<strong>in</strong> Systematisierungsversuch<br />
unterschiedlicher<br />
Mediationsverständnisse<br />
werden <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er<br />
Dissertation<br />
zu f<strong>in</strong>den se<strong>in</strong>.<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
Unterschiede zwischen Mediation <strong>und</strong><br />
Supervision bei MitarbeiterInnenkonflikten<br />
(Was) können MediatorInnen von SupervisorInnen<br />
<strong>und</strong> SupervisorInnen von MediatorInnen<br />
lernen? Wo liegen die Stärken<br />
<strong>und</strong> wo die Grenzen der beiden Verfahren?<br />
Wann empfiehlt sich welches Vorgehen?<br />
Diese Fragen stehen im Fokus des folgenden<br />
Artikels. Sie werden auf der Basis<br />
e<strong>in</strong>er empirischen Studie diskutiert, nachdem<br />
die verwendeten Begriffe <strong>und</strong> H<strong>in</strong>weise<br />
auf vorliegende Literatur skizziert<br />
wurden.<br />
1. Supervision, Mediation <strong>und</strong> MitarbeiterInnenkonflikte<br />
– E<strong>in</strong>e Begriffsklärung<br />
von ihrem amerikanischen Ursprung her ist Supervision<br />
e<strong>in</strong> umfassendes qualitätsverfahren zur<br />
reflexion, Professionalisierung <strong>und</strong> effektivitätssteigerung<br />
Sozialer arbeit. als Supervision nach dem<br />
zweiten Weltkrieg nach Deutschland kam, war sie<br />
bereits psychoanalytisch vorgeprägt <strong>und</strong> traf auf<br />
gr<strong>und</strong>legend andere <strong>in</strong>stitutionelle Strukturen der<br />
Sozialarbeit (u. a. fachfremde vorgesetzte). 1<br />
So hat sie sich <strong>in</strong> Deutschland zu e<strong>in</strong>er oft psychotherapeutisch<br />
orientierten Beratung <strong>und</strong> Fortbildung<br />
durch externe Supervisor<strong>in</strong>nen entwickelt.<br />
Der ursprünglichen Funktion e<strong>in</strong>es umfassenderen<br />
qualitätsverfahrens kommen nun neuere<br />
Konzepte der Supervision wieder näher, <strong>in</strong>dem<br />
seit Mitte der 80er Jahre – vielfach systemisch<br />
begründet – der Bezug zur Organisation wieder<br />
stärker <strong>in</strong> den Blick gerückt ist. e<strong>in</strong>e umfassende<br />
Def<strong>in</strong>ition, die die unterschiedlichen ziele <strong>und</strong><br />
<strong>in</strong>terventionsebenen von Supervisionen <strong>in</strong>tegriert,<br />
f<strong>in</strong>det sich bei Wolfgang Weigand. 2<br />
er bezeichnet Supervision als „e<strong>in</strong> <strong>in</strong>strument der<br />
Personalentwicklung im Profit- wie non-Profitbereich”,<br />
das nicht nur „aktuelle Konfliktlagen vor<br />
allem im Kommunikations- <strong>und</strong> Kooperationsbereich<br />
zwischen Mitarbeiter<strong>in</strong>nen, ihren K<strong>und</strong><strong>in</strong>nen<br />
oder Klient<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> ihren vorgesetzten bearbeiten”<br />
<strong>und</strong> „Organisationen <strong>und</strong> Unternehmen besser<br />
<strong>in</strong> die lage versetzen (will), die ihnen gesetzten<br />
aufgaben zu erledigen <strong>und</strong> ihre eigentlichen<br />
ziele zu erfüllen”, sondern auch „Mitarbeiter <strong>und</strong><br />
Führungskräfte im S<strong>in</strong>ne der Weiterbildung beruflich<br />
qualifizieren” 3 möchte. Der aufgabenzuschnitt<br />
wird hier durch vier Faktoren deutlich, auf<br />
die Supervision ausgerichtet ist: die Person (also<br />
die/der Mitarbeiter<strong>in</strong>), ihre rollen, die Organisation<br />
<strong>und</strong> die nutzer<strong>in</strong> Sozialer arbeit (s. abb. 1).<br />
Abb. 1: Faktoren der Supervision als Qualitätsverfahren<br />
Während sich auch <strong>in</strong> der deutschen Mediationsliteratur<br />
mittlerweile e<strong>in</strong>e vielfalt an Mediationsverständnissen<br />
f<strong>in</strong>det, wird nach wie vor häufig<br />
auf christoph Besemers Def<strong>in</strong>ition Bezug genommen,<br />
wonach Mediation verstanden wird als<br />
außergerichtliches Konfliktregelungsverfahren zur<br />
„vermittlung <strong>in</strong> Streitfällen durch unparteiische<br />
Dritte, die von allen Seiten akzeptiert werden.” 4<br />
Statt e<strong>in</strong> Urteil zu sprechen ist die zentrale aufgabe<br />
der Mediator<strong>in</strong>nen, den Streitenden zu helfen,<br />
e<strong>in</strong>e selbstverantwortete, e<strong>in</strong>vernehmliche<br />
lösung ihrer Probleme zu f<strong>in</strong>den. alle sollen durch<br />
die Übere<strong>in</strong>kunft „gew<strong>in</strong>nen”. Der Kürze halber<br />
gehe ich von dieser Def<strong>in</strong>ition aus, ohne sie<br />
genauer zu diskutieren. 5 Mediation ist demnach<br />
e<strong>in</strong> verfahren zur Konfliktregelung, das <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />
anwendungsbezug offen gehalten wird.<br />
Schon der Blick auf die Def<strong>in</strong>itionen von Supervision<br />
<strong>und</strong> Mediation ergibt klare Unterschiede <strong>in</strong><br />
den zuständigkeitsbereichen beider verfahren<br />
(s. abb. 2). Während Supervision auf die qualitätsentwicklung<br />
im arbeitskontext fokussiert ist, wozu<br />
u. a. die Klärung von Mitarbeiter<strong>in</strong>nenkonflikten<br />
gehört, ist Mediation auf die regelgeleitete Unterstützung<br />
e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>haltlich selbstverantworteten Konfliktklärung<br />
konzentriert, wozu u. a. Konflikte<br />
im arbeitskontext gehören.<br />
Abb. 2: MitarbeiterInnenkonflikte liegen im Schnittfeld von<br />
Supervision <strong>und</strong> (Organisations)Mediation<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
Um Mediation <strong>und</strong> Supervision <strong>in</strong> ihren Stärken<br />
<strong>und</strong> Schwächen zu vergleichen, ist es naheliegend,<br />
ihren Überschneidungsbereich – die Konflikte<br />
im arbeitsleben – anzuschauen. Die Konflikte,<br />
die potentiell sowohl zum Gegenstand<br />
e<strong>in</strong>er Supervision als auch e<strong>in</strong>er Mediation werden<br />
können, bezeichne ich als „Mitarbeiter<strong>in</strong><br />
nenkonflikte”: das s<strong>in</strong>d soziale Konflikte, die im<br />
beruflichen Kontext zwischen Kolleg<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>er<br />
hierarchiestufe <strong>und</strong>/oder verschiedener hierarchiestufen<br />
(also mit vorgesetzten bzw. nachrangigen)<br />
<strong>und</strong>/oder mit vorständen <strong>und</strong>/oder<br />
mit Kooperationspartner<strong>in</strong>nen bestehen. Me<strong>in</strong>e<br />
<strong>in</strong>terviews mit expert<strong>in</strong>nen zeigen, dass es e<strong>in</strong>e<br />
art Grauzone von Konflikten gibt, die zum thema<br />
werden, ohne direkt im Fokus des hier gewählten<br />
Begriffs zu stehen: Das s<strong>in</strong>d zum e<strong>in</strong>en Berufskonflikte<br />
zwischen Professionellen <strong>und</strong> ihren Klient<strong>in</strong>nen<br />
bzw. K<strong>und</strong><strong>in</strong>nen. Diese Konflikte s<strong>in</strong>d typische<br />
Gegenstände e<strong>in</strong>er Fallsupervision oder e<strong>in</strong>er kollegialen<br />
Beratung. Sie s<strong>in</strong>d i. d. r. ke<strong>in</strong> Gegenstand<br />
e<strong>in</strong>er Mediation, bzw. wenn sie es werden,<br />
dann nur zu e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>direkten Gegenstand.<br />
zum zweiten werden <strong>in</strong>trapsychische berufliche<br />
Konflikte benannt. Sie können von rollenkonflikten<br />
über entscheidungsproblematiken bis h<strong>in</strong> zu Persönlichkeitsproblemen<br />
reichen <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d typische<br />
aufgabenfelder von Supervision <strong>und</strong> coach<strong>in</strong>g.<br />
Für Mediation werden sie dann <strong>in</strong>direkt zur aufgabe,<br />
wenn sie im zusammenhang mit sozialen<br />
Konflikten deutlich werden.<br />
Der derzeit viel zitierte Begriff des „Mobb<strong>in</strong>g” 6 ,<br />
lässt sich ke<strong>in</strong>er speziellen Konfliktgruppe zuordnen.<br />
Mitarbeiter<strong>in</strong>nenkonflikte können die Gestalt<br />
von Mobb<strong>in</strong>g annehmen. Mobb<strong>in</strong>g ist aber nur<br />
e<strong>in</strong>e konkretisierte Gestaltungsform <strong>in</strong>nerhalb der<br />
hier betrachteten Mitarbeiter<strong>in</strong>nenkonflikte.<br />
arbeitskonflikte wie tarifause<strong>in</strong>andersetzungen, die<br />
i. d. r. auf der ebene zwischen arbeitgeber<strong>in</strong>nen<br />
<strong>und</strong> der gesamten Belegschaft – z. B. vertreten<br />
durch den Betriebsrat – angesiedelt s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> die<br />
gesamte <strong>in</strong>stitution betreffen, zählen nicht zu Mitarbeiter<strong>in</strong>nenkonflikten.<br />
Sie können Gegenstand<br />
e<strong>in</strong>er Mediation se<strong>in</strong>, aber nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Supervision<br />
verhandelt werden. Das gleiche gilt für Wirtschaftskonflikte<br />
als Konflikte zwischen Organisationen,<br />
die nach der Systematik der Mediationsfelder<br />
<strong>in</strong> den Bereich e<strong>in</strong>er Wirtschafts<strong>mediation</strong> fallen<br />
würden. Beide Konflikte werden höchstens <strong>in</strong>direkt<br />
zum Gegenstand von Supervision.<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
«<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG 5<br />
Diese Begriffsbestimmung von Mitarbeiter<strong>in</strong>nenkonflikten<br />
als Schnittmenge der Konfliktformen,<br />
die durch Supervision <strong>und</strong> Mediation bearbeitet<br />
werden können, zeigt bereits weitere gravierende<br />
Unterschiede zwischen den e<strong>in</strong>satzmöglichkeiten<br />
der verfahren.<br />
2. Unterschiede bei der Klärung von<br />
MitarbeiterInnenkonflikten<br />
<strong>in</strong> der literatur f<strong>in</strong>den sich v. a. drei Positionen zum<br />
vergleich von Supervision <strong>und</strong> Mediation. Glasl hat<br />
Mediation ursprünglich für Konflikte der eskalationsstufen<br />
5-7 <strong>in</strong>diziert, Supervision auf den Stufen 1-3. 7<br />
<strong>in</strong> neueren artikeln stellt er fest, dass Mediation<br />
zum „conta<strong>in</strong>erbegriff” geworden ist. Dah<strong>in</strong>ter fänden<br />
sich vorgehensweisen, die <strong>in</strong>terventionen auf<br />
den Stufen 1 bis h<strong>in</strong> zu 8 ermöglichen. 8<br />
irle wie auch Pühl plädieren für e<strong>in</strong>e möglichst<br />
klare Grenzziehung zwischen Mediation <strong>und</strong><br />
Supervision, um sie dann gezielt zu komb<strong>in</strong>ieren. 9<br />
Dabei geht irle davon aus, dass eskaliertere Konflikte<br />
e<strong>in</strong>e Supervision erfordern, während Mediation<br />
e<strong>in</strong>e sachliche Gesprächsebene voraussetze.<br />
10 Genau umgekehrt würde Pühl bei stärker<br />
eskalierten, emotionalen Situationen e<strong>in</strong>e Mediation<br />
voranstellen, um <strong>in</strong> kurzer zeit die arbeits-<br />
<strong>und</strong> Kommunikationsfähigkeit soweit wieder herzustellen,<br />
damit e<strong>in</strong>e längerfristige Begleitung<br />
durch Supervision möglich wird. 11<br />
im Folgenden werden e<strong>in</strong>zelne ergebnisse aus<br />
e<strong>in</strong>er Befragung von expert<strong>in</strong>nen der Supervision<br />
<strong>und</strong>/oder Mediation vorgestellt, die im rahmen<br />
me<strong>in</strong>er Dissertation stattfand. auf e<strong>in</strong>e Beschreibung<br />
der Forschungsanlage wird der Kürze halber<br />
verzichtet. Die Studie hat sowohl gezeigt,<br />
dass sich für Supervision <strong>und</strong> Mediation jeweils<br />
sehr <strong>in</strong>dividuelle vorgehensweisen <strong>und</strong> verständnisse<br />
f<strong>in</strong>den, dass es aber trotzdem Kernprozesse<br />
für beide verfahren gibt.<br />
6/ nach leymann,<br />
he<strong>in</strong>z: www.leymann.se<br />
(05.07.2005)<br />
7/ vgl. Glasl, Friedrich<br />
(2003), S. 107<br />
8/ ebd., S. 116<br />
9/ vgl. irle, Günter (2001),<br />
S. 6<br />
10/ vgl. irle, Günter (1994),<br />
S. 59<br />
11/ vgl. Pühl, harald (2005),<br />
S. 251f.
»<br />
6 qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
2.1 Kernprozess der Supervisionen<br />
Bei allen fünf beschriebenen Supervisionen<br />
f<strong>in</strong>det sich der folgende ablaufs:<br />
1. Das Sett<strong>in</strong>g wird als zentraler rahmen <strong>und</strong><br />
entscheidendes Kriterium vorgeklärt<br />
2. Das thema wird vom team oder e<strong>in</strong>em<br />
Supervisanden e<strong>in</strong>gebracht<br />
3. Mehrere Supervisand<strong>in</strong>nen br<strong>in</strong>gen ihre<br />
Sichtweise zum Problem e<strong>in</strong><br />
4. es erfolgt e<strong>in</strong>e Problemanalyse im Prozess<br />
durch Beobachtung, fe<strong>in</strong>fühliges Wahrnehmen,<br />
Fragen, permanente hypothesenbildung<br />
<strong>und</strong> -überprüfung<br />
5. Der Kern des Problems bzw. das Wesentliche,<br />
das verdrängte, Ungesagte wird benannt <strong>und</strong><br />
bearbeitet<br />
6. neue Sichtweisen <strong>und</strong> Perspektiven werden<br />
durch das Gespräch, durch freie assoziationen,<br />
rollenspiele, aufstellungen angestrebt<br />
<strong>und</strong> erarbeitet<br />
7. Situation <strong>und</strong> Problem s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> ihrem zusammenhang<br />
verstanden <strong>und</strong> geklärt<br />
8. Dabei bezieht sich der erste Punkt auf e<strong>in</strong>en<br />
ganzen Supervisionsprozess, die Punkte zwei<br />
bis sieben auf die e<strong>in</strong>zelnen Sitzungen.<br />
2.2 Kernprozess der Mediationen<br />
auch bei den Mediationen f<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong><br />
geme<strong>in</strong>samer ablaufkern, der allerd<strong>in</strong>gs deutlich<br />
disparater ist als die übliche Mediationsbeschreibung<br />
<strong>in</strong> fünf bis sieben Phasen:<br />
1.<br />
2.<br />
3.<br />
4.<br />
5.<br />
6.<br />
7.<br />
8.<br />
9.<br />
10.<br />
es wird vorgeklärt, ob der Konflikt <strong>und</strong> die<br />
erwartungen an das verfahren für Mediation<br />
geeignet s<strong>in</strong>d<br />
rahmenklärung <strong>und</strong> Kontrakt: ansatz <strong>und</strong> vorgehensweise<br />
werden vorgestellt, regeln vere<strong>in</strong>bart,<br />
erwartungen geklärt, die Freiwilligkeit<br />
der teilnahme überprüft; die explizite zustimmung<br />
zum Prozess wird erfragt (commitment)<br />
Konfliktschilderung durch alle Konfliktbeteiligten<br />
<strong>in</strong> möglichst gleichem Umfang<br />
Konfliktanalyse <strong>und</strong> erhellung des Konflikts<br />
h<strong>in</strong>ter dem Konflikt<br />
verstehen <strong>und</strong> verstanden-Werden ermöglichen<br />
durch kle<strong>in</strong>teilige Gesprächsführung,<br />
e<strong>in</strong>fühlen <strong>und</strong> Benennen des Wesentlichen<br />
Sorge tragen, dass alle themen bearbeitet<br />
<strong>und</strong> geklärt werden<br />
lösungsoptionen suchen <strong>und</strong> verhandeln<br />
lösungen durch die Konfliktparteien festlegen,<br />
durch Mediator<strong>in</strong> prüfen (auf realisierbarkeit,<br />
Fairness, vollständigkeit <strong>und</strong> Stimmigkeit)<br />
lösung <strong>und</strong> ihre Überprüfung verb<strong>in</strong>dlich<br />
vere<strong>in</strong>baren; abschluss der Mediation<br />
(telefonisches) Überprüfen der<br />
vere<strong>in</strong>barungsumsetzung<br />
Diese elemente des geme<strong>in</strong>samen Kernprozesses<br />
beziehen sich auf den gesamten verlauf der<br />
Mediation <strong>und</strong> nicht auf e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zelne Sitzung.<br />
im Gesamten zeigt der vergleich, dass das<br />
klar strukturierte verfahren der Mediation von<br />
den befragten expert<strong>in</strong>nen als e<strong>in</strong>e Grobstruktur<br />
verwendet wird, an die sich die „jungen”<br />
Mediator<strong>in</strong>nen strikt halten, während die beiden<br />
langjährigen Mediator<strong>in</strong>nen es nur als flexibel<br />
gestaltbaren Gr<strong>und</strong>verlauf nutzen.<br />
2.3 Unterschiede zwischen Supervision<br />
<strong>und</strong> Mediation<br />
Die <strong>in</strong>terviews zeigen, dass es sowohl klare Unterschiede<br />
zwischen Mediation <strong>und</strong> Supervision<br />
gibt, dass es aber auch erstaunliche irritationen<br />
gibt, bei denen e<strong>in</strong>e klare Unterscheidung durchkreuzt<br />
wird, weil sich die Supervisionskonzepte<br />
stärker vone<strong>in</strong>ander unterscheiden als e<strong>in</strong> teil der<br />
Supervisionen von den Mediationen. Die stärksten<br />
Unterschiede zwischen Mediation <strong>und</strong> Supervision<br />
– dies zeigen die analysen <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Untersuchung<br />
- f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> der Dauer der verfahren,<br />
ihren zielen sowie <strong>in</strong> der Begründung für die Wahl<br />
des Sett<strong>in</strong>gs. (siehe folgende tabelle)<br />
3.1 Vorteile e<strong>in</strong>er Supervision: vielschichtige<br />
Problemebenen bewusst machen<br />
e<strong>in</strong> zentraler vorteil der Supervision liegt dar<strong>in</strong>,<br />
dass sie im sozialen Bereich häufig zur Psychohygiene,<br />
arbeitsreflexion <strong>und</strong> Fortbildung e<strong>in</strong>gesetzt<br />
wird <strong>und</strong> hier präventiv arbeiten kann. So können<br />
Situationen geklärt werden, bevor sie eskalieren.<br />
e<strong>in</strong> zweiter vorteil ist, dass Supervision e<strong>in</strong><br />
Methodenrepertoire <strong>und</strong> <strong>in</strong>strumentarium hat,<br />
das ermöglicht, sowohl mit themenvielfalt als<br />
auch mit noch völlig unklaren themen umzugehen.<br />
verdeckte oder unterdrückte Konflikte s<strong>in</strong>d<br />
gerade <strong>in</strong> hierarchischen verhältnissen erwartbar,<br />
z. B. wenn Parteien es als Schwäche erleben,<br />
e<strong>in</strong> Problem nicht aus eigener Kraft bewältigen<br />
zu können. Wenn e<strong>in</strong> Konfliktthema nicht angesprochen<br />
werden darf, aber auch wenn <strong>in</strong>stitutionen<br />
<strong>und</strong> teams nicht wirklich klar ist, wor<strong>in</strong> ihr<br />
Problem oder Konflikt besteht, br<strong>in</strong>gt Supervision<br />
die chance, die Situation zu klären <strong>und</strong> zunächst<br />
diffuse Konflikte zu lösen. Solche Konflikte s<strong>in</strong>d<br />
für e<strong>in</strong>e Mediation so lange unzugänglich, bis<br />
zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>er der Beteiligten e<strong>in</strong>e Mediation <strong>in</strong><br />
erwägung zieht. Dies dürfte i. d. r. nur passieren,<br />
wenn der Konflikt schon relativ stark eskaliert ist.<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
Mediation Supervision<br />
Rahmen <strong>und</strong> Sett<strong>in</strong>g<br />
alle am Konflikt Beteiligte nehmen teil erfolgt i. d. r. nach vorgegebenen Strukturen (leitung; team; team mit leitung).<br />
Kurzer zeitraum: 3-5 Wochen mit 3-8 Sitzungen von 1 ½ St<strong>und</strong>en<br />
bis zu e<strong>in</strong>em tag<br />
Mediand<strong>in</strong>nen bleiben explizit für die <strong>in</strong>halte <strong>und</strong> v. a. für die lösungen<br />
verantwortlich<br />
rahmenklärung immer auch mit dem zuständigen vorgesetzten <strong>und</strong>/oder<br />
vorstand<br />
vermeidung von eskalation durch verh<strong>in</strong>dern von konfliktverschärfenden<br />
tatsachen<br />
Rahmenklärung – Contract<strong>in</strong>g<br />
«<br />
zeitspanne von e<strong>in</strong>em Jahr bis h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>em unbefristeten verlauf:<br />
z. B. vierwöchiger abstand mit e<strong>in</strong>- bis dreistündigen Sitzungen<br />
<strong>in</strong> den Supervisionen wird darüber ke<strong>in</strong> Kontrakt geschlossen<br />
Supervisionen werden z. t. nur mit den Supervisand<strong>in</strong>nen vere<strong>in</strong>bart;<br />
bei hierarchischen Konflikten Änderung des Sett<strong>in</strong>gs<br />
e<strong>in</strong> solches vorgehen f<strong>in</strong>det sich bei den beschriebenen Supervisionen<br />
nicht<br />
In den Mediationen <strong>und</strong> systemischen Supervisionen erfolgt e<strong>in</strong>e Klärung von Spielregeln, Verantwortlichkeiten, Erwartungen, Zielen, Dauer <strong>und</strong> Ablauf<br />
des Verfahrens mit den Betroffenen. Dies geschieht nicht bzw. weit ger<strong>in</strong>ger <strong>in</strong> den gruppenanalytischen Supervisionen. Demnach ist die Bedeutung des<br />
Contract<strong>in</strong>g v. a. e<strong>in</strong> systemisches Element.<br />
Ziele <strong>und</strong> Interventionsebenen<br />
Mediation zielt v. a. auf die lösung sozialer Konflikte verbesserung der fachlichen arbeit; Wiederherstellung der arbeitsfähigkeit;<br />
rollenklärung<br />
Persönlichkeitsentwicklung, Kommunikations- <strong>und</strong> Kulturverbesserung nur<br />
am rande<br />
Selbsterfahrung, Persönlichkeitsentwicklung, die entwicklung e<strong>in</strong>er Kommunikations-<br />
<strong>und</strong> Kooperationskultur wird begleitend unterstützt<br />
Ke<strong>in</strong>e Fortbildungsabsicht Fachberatung <strong>und</strong> Fortbildung s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>tendiert<br />
verdeckte Konflikte können mit e<strong>in</strong>er Mediation nur herausgearbeitet werden,<br />
wenn sie für andere Konflikte zu rate gezogen wird<br />
Bedeutung der Strukturen für den Konflikth<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> werden sichtbar<br />
gemacht, aber nicht <strong>in</strong>nerhalb der Mediation bearbeitet<br />
Supervision eignet sich sehr gut, um verdeckte Konflikte herauszuarbeiten<br />
Umgang mit <strong>in</strong>nerorganisatorischen Strukturen wird sehr unterschiedlich<br />
gehandhabt<br />
Sowohl die MediatorInnen als auch die SupervisorInnen nehmen strukturelle Konfliktpotentiale wahr. Wie weit Strukturen als veränderbar angesehen<br />
werden, variiert.<br />
<strong>in</strong>tervention bei bestehender Konflikteskalation; Prävention nur für potentiell<br />
folgende Konflikte<br />
Methodische Vorgehen<br />
Bei längerer Dauer von Supervision kann präventiv gearbeitet werden<br />
zeitdruck hilft manchmal zur lösungsf<strong>in</strong>dung zeit, um an der entwicklung von Kultur, atmosphäre <strong>und</strong> Personen zu arbeiten<br />
e<strong>in</strong>gehen auf Bedürfnisse, verletzungen, Ängste <strong>und</strong> Sorgen; arbeitet bezogen<br />
auf den Konflikt emotional <strong>und</strong> persönlich<br />
Systemische Supervisor<strong>in</strong>nen lehnen laut der <strong>in</strong>terviews e<strong>in</strong>e sehr persönliche<br />
<strong>und</strong> emotionale arbeit <strong>in</strong> Gruppensett<strong>in</strong>gs ab<br />
E<strong>in</strong> klar strukturierter Ablauf für Sitzungen <strong>und</strong> den Gesamtprozess tritt als systemisches Element sowohl bei den Mediationen als auch den systemischen<br />
Supervisionen auf.<br />
Umfassendere <strong>und</strong> schnellere veränderungsentscheidungen; Umsetzung<br />
liegt <strong>in</strong> den händen der Betroffenen<br />
Bei den beschriebenen Mediationen werden gr<strong>und</strong>legend situationsverändernde<br />
entscheidungen getroffen. D. h. mittelstark eskalierte Konflikte werden<br />
auf der persönlichen, Beziehungs- <strong>und</strong> Strukturebene (vor-)geklärt<br />
Mögliche Wirkungen<br />
veränderungen langsamer;, über Beziehungs-, Selbst- <strong>und</strong> z. t. Konzeptklärung;<br />
veränderungsentscheidungen s<strong>in</strong>d weniger e<strong>in</strong>schneidend;<br />
Umsetzung wird durch die Supervision begleitet <strong>und</strong> damit überprüfbar<br />
Bei den Supervisionen wird diese Wirkung nur erzielt, wenn es (a) zum Supervisionsverständnis<br />
gehört, dass soziale Konflikte <strong>in</strong> der Supervision gelöst<br />
werden sollen, (b) chancen auf e<strong>in</strong>e Änderung von Strukturen<br />
gesehen werden <strong>und</strong> (c) alle Konfliktbeteiligten an der Supervision<br />
teilnehmen bzw. das Sett<strong>in</strong>g dah<strong>in</strong>gehend geändert wird<br />
7
»<br />
8 qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
KONTAKT<br />
Angelika Iser,<br />
Angelika.Iser@uni<br />
tueb<strong>in</strong>gen.de<br />
e<strong>in</strong> weiterer vorteil von Supervision ist, dass über<br />
e<strong>in</strong>en längeren zeitraum Schwierigkeiten, Probleme<br />
<strong>und</strong> Missverständnisse Schicht für Schicht<br />
abgetragen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e andere Form der Kommunikations-<br />
<strong>und</strong> Kooperationskultur begleitet <strong>und</strong><br />
e<strong>in</strong>geübt werden kann. Die längere Dauer e<strong>in</strong>er<br />
Supervision ermöglicht, dass für wiederkehrende<br />
Konflikte (die z. B. bei Supervisionen <strong>in</strong> psychiatrischen<br />
Kl<strong>in</strong>iken beschrieben werden) e<strong>in</strong> kont<strong>in</strong>uierlicher<br />
Ort zur Klärung, Psychohygiene, vermittlung<br />
usw. besteht. arbeitsfelder, die e<strong>in</strong>e<br />
kont<strong>in</strong>uierliche Begleitung brauchen, s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>deutig<br />
auf Supervision angewiesen.<br />
3.2 Vorteile e<strong>in</strong>er Mediation:<br />
benannte Probleme lösen<br />
e<strong>in</strong> vorteil von Mediation liegt <strong>in</strong> ihrer kürzeren<br />
Dauer, die bei positivem verlauf e<strong>in</strong>e schnellere<br />
Konfliktlösung ermöglicht, was leiden verr<strong>in</strong>gert<br />
<strong>und</strong> Kosten <strong>und</strong> zeit spart. e<strong>in</strong> zweiter vorteil<br />
besteht dar<strong>in</strong>, dass das Sett<strong>in</strong>g von vorne here<strong>in</strong><br />
daran orientiert ist, die Konfliktparteien auch an<br />
der Konfliktlösung zu beteiligen. <strong>in</strong>dem die Konfliktbesitzer<strong>in</strong>nen<br />
an der Mediation teilnehmen,<br />
können sich die lösungen direkt auf die (verschiedenen)<br />
Konfliktursachen <strong>und</strong> -auslöser beziehen.<br />
e<strong>in</strong> dritter vorteil liegt dar<strong>in</strong>, dass der Mediationskontrakt<br />
bei beruflichen Konflikten immer auch<br />
mit dem vorgesetzten <strong>und</strong>/oder dem vorstand<br />
sowie weiteren relevanten Personen im direkten<br />
Konfliktumfeld vere<strong>in</strong>bart wird. Dadurch kann<br />
unterb<strong>und</strong>en werden, dass der Konflikt außerhalb<br />
der Mediation weiterläuft. Durch den Kontrakt<br />
mit den vorgesetzten können strukturelle Konfliktpotentiale<br />
nicht nur als auslöser für persönliche<br />
Konflikte erkannt werden, sondern auch empfehlungen<br />
zu ihrer Änderung an die Organisation<br />
zurückgegeben werden. Damit bietet Mediation<br />
den passgenaueren rahmen für stärker eskalierte<br />
hierarchische Konflikte. Dazu kommt, dass Mediation<br />
nach wenigen Sitzungen der verfahrensführung<br />
e<strong>in</strong>e stellvertretende Führungsfunktion wieder<br />
abgibt, während Supervision mit der Gefahr verb<strong>und</strong>en<br />
ist, e<strong>in</strong>e stellvertretende Führungsfunktion<br />
über e<strong>in</strong>en längeren zeitraum zu übernehmen.<br />
allerd<strong>in</strong>gs besteht das risiko, dass e<strong>in</strong>e Mediation<br />
bei hierarchischen Konflikten von der leitung<br />
von vorne here<strong>in</strong> abgelehnt wird. aus der<br />
Sicht von leitung zeigt e<strong>in</strong> eskalierter Konflikt (mit<br />
oder ohne eigene Beteiligung) e<strong>in</strong> versagen ihrer<br />
Führungskompetenz an. ist leitung selbst im Konflikt<br />
<strong>in</strong>volviert, kommt dazu, dass e<strong>in</strong>e aushandlung<br />
auf augenhöhe mit der angst vor e<strong>in</strong>em<br />
Gesichts- oder vorteilsverlust verb<strong>und</strong>en se<strong>in</strong><br />
kann. aus Sicht der leitung kann mit e<strong>in</strong>er Media-<br />
tion leicht die Befürchtung verknüpft se<strong>in</strong>, dass<br />
sie mit ihrem vorgehen oder mit ihrem Führungsverständnis<br />
konfrontiert werden kann. Das anfragen<br />
oder Sich-e<strong>in</strong>lassen auf e<strong>in</strong>e Mediation setzt<br />
Offenheit <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en gewissen Mut von allen<br />
Beteiligten voraus. Und es bedeutet bei hierarchischen<br />
Situationen, Macht abzugeben bzw.<br />
auf vorhandene Machtmittel für die Dauer der<br />
Mediation zu verzichten. Organisations<strong>mediation</strong><br />
müsste diese ausgangslage im Blick haben, um<br />
bei der Gestaltung <strong>in</strong>terner Konfliktmanagementsysteme<br />
rahmenbed<strong>in</strong>gungen zu entwickeln, die<br />
es für hierarchisch schwächere Konfliktparteien<br />
möglich macht, die chance auf e<strong>in</strong>e Mediation<br />
zu bekommen. zum<strong>in</strong>dest solange dies nicht<br />
der Fall ist, stellt die Supervision für den sozialen<br />
Bereich e<strong>in</strong>e notwendige <strong>und</strong> niedrigschwelligere<br />
alternative zur Klärung verdeckter sozialer Konflikte<br />
dar.<br />
Angelika Iser<br />
Literatur<br />
Belardi, Nando, Supervision – Von der Praxisberatung<br />
zur Organisationsentwicklung, Paderborn 1992<br />
Besemer, Christoph, Mediation – Vermittlung <strong>in</strong> Konflikten,<br />
6. Aufl., Baden 1999<br />
Glasl, Friedrich, Das Anwendungsspektrum unterschiedlicher<br />
Mediationsformen: E<strong>in</strong> kont<strong>in</strong>genztheoretisches<br />
Modell, In: Metha, Gerda u. Rückert, Klaus (Hg.), Mediation<br />
<strong>und</strong> Demokratie, Heidelberg 2003, S. 102-119<br />
Glasl, Friedrich, Konfliktmanagement. E<strong>in</strong> Handbuch<br />
für Führungskräfte, Berater<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Berater,<br />
Bern u. a., 8. aktual. u. erg. Aufl., 2004<br />
Irle, Günter, Verhandeln <strong>und</strong> Vermitteln <strong>in</strong> Organisationen,<br />
In: Gruppendynamik, 1994, 25 (1), S. 4761<br />
Irle, Günter, Mediation – Moderation – Supervision:<br />
E<strong>in</strong> Vergleich, In: Gruppendynamik <strong>und</strong> Organisationsberatung,<br />
1/2001, S. 520<br />
Irle, Günter, Wirkungen von Organisations <strong>und</strong> Wirtschafts<strong>mediation</strong>,<br />
In: Supervision, 2/2003, S. 5565<br />
Iser, Angelika, Der Beitrag der Supervision zu e<strong>in</strong>em<br />
partizipativen Qualitätsmanagement <strong>in</strong> der Sozialen<br />
Arbeit, In: Engelfried, Constance (Hg.), Soziale Organisationen<br />
im Wandel. Fachlicher Anspruch, Genderperspektive<br />
<strong>und</strong> ökonomische Realität, Frankfurt/M., 2005<br />
Pühl, Harald, Von der Supervision zur Mediation <strong>und</strong><br />
zurück. In: Organisationsberatung – Supervision –<br />
Coach<strong>in</strong>g, 3/2005, S. 245252<br />
Weigand, Wolfgang, Die Deutsche Gesellschaft für<br />
Supervision (DGSv) Perspektiven <strong>und</strong> Ziele des Berufsverbandes,<br />
In: Fatzer, Gerhard (Hg.), Organisationsentwicklung<br />
<strong>und</strong> Supervision: Erfolgsfaktoren bei Veränderungsprozessen,<br />
Köln 1996, S. 415 – 418<br />
Leymann, He<strong>in</strong>z, www.leymann.se, 5.07.2005<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
Supervision <strong>und</strong> Mediation –<br />
der Dialog hat begonnen<br />
„Besonders das Verhältnis von Mediation<br />
<strong>und</strong> Supervision ist klärungsbedürftig…” 1 ,<br />
so war es <strong>in</strong> der Mitgliederzeitschrift der<br />
Deutschen Gesellschaft für Supervision e.V.<br />
(DGSv) im Jahre 2004 zu lesen. Und: „Auf<br />
jeden Fall ist das unverb<strong>und</strong>ene Nebene<strong>in</strong>ander<br />
der beiden Professionen e<strong>in</strong> echtes<br />
Qualitätsproblem…” 2 .<br />
Supervision <strong>und</strong> Mediation traten auf dem<br />
Beschäftigungsmarkt <strong>und</strong> auf dem ausbildungsmarkt<br />
zunehmend unverb<strong>und</strong>en nebene<strong>in</strong>ander<br />
auf, K<strong>und</strong><strong>in</strong>nen – Beratung wie ausbildung – wurde<br />
wenig transparenz <strong>und</strong> ebenso wenig verb<strong>in</strong>dung<br />
zwischen den beiden Beratungsformen geboten.<br />
Und das, wo doch für beide – wenn auch <strong>in</strong> unterschiedlicher<br />
Weise – „Konflikte” <strong>und</strong> der Umgang<br />
mit ihnen e<strong>in</strong>en Bezugspunkt <strong>in</strong> der Bestimmung<br />
ihres Gegenstandes darstellen. auf anregung von<br />
Mitgliedern der DGSv richtete deren vorstand<br />
ende 2003 e<strong>in</strong>e „Projektgruppe Supervision <strong>und</strong><br />
Mediation” e<strong>in</strong>, die unter der leitung von roland<br />
Kunkel-van Kaldenkerken mit dem vorstandsauftrag<br />
arbeitete, <strong>in</strong>nerhalb möglichst kurzer Frist e<strong>in</strong>e<br />
Synopse der Formate Supervision <strong>und</strong> Mediation,<br />
der zugr<strong>und</strong>e liegenden qualifikationswege <strong>und</strong><br />
der entwicklungen im rahmen der Professionalisierung<br />
zu erstellen, die recherche dem vorstand<br />
vorzulegen <strong>und</strong> handlungsempfehlungen auszusprechen.<br />
Die Projektgruppe berichtete dem<br />
vorstand im Oktober 2005, stellte die erbetene<br />
Synopse zusammen <strong>und</strong> sprach konkrete empfehlungen<br />
aus. e<strong>in</strong>e wichtige empfehlung: Die DGSv<br />
sollte aus den o. g. Gründen den berufspolitischen<br />
Kontakt zu verbänden im Bereich der Mediation<br />
aufnehmen <strong>und</strong> Schritte des Dialogs <strong>und</strong> ideen zu<br />
überschaubaren geme<strong>in</strong>samen Projekten entwickeln.<br />
zudem sollte die DGSv überprüfen, ob die<br />
<strong>in</strong> ihren öffentlichen verlautbarungen verwendete<br />
Begrifflichkeit zum für beide Seiten wesentlichen<br />
Begriff „Konflikt” (<strong>und</strong> zu anderen Begriffen) überarbeitet<br />
werden muss. Die DGSv sollte darüber<br />
h<strong>in</strong>aus darauf h<strong>in</strong>wirken, dass <strong>in</strong> beiden Szenen <strong>in</strong><br />
fachlich begründeter, verantwortlicher <strong>und</strong> möglichst<br />
aufe<strong>in</strong>ander abgestimmter Weise über das<br />
jeweils andere „Format” gesprochen wird, so dass<br />
sowohl die Beratungsanbieter<strong>in</strong>nen – Supervisor<strong>in</strong>nen<br />
<strong>und</strong> Mediator<strong>in</strong>nen – wie auch deren K<strong>und</strong><strong>in</strong>nen<br />
Unterschiede <strong>und</strong> Geme<strong>in</strong>samkeiten besser<br />
identifizieren können <strong>und</strong> somit transparenz <strong>und</strong><br />
qualität erhöht werden. aufgr<strong>und</strong> verbandlicher,<br />
fachlicher <strong>und</strong> personeller verb<strong>in</strong>dungen entstand<br />
so zunächst der Kontakt zwischen der DGSv <strong>und</strong><br />
dem B<strong>und</strong>esverband Mediation e.v. (BM). Der<br />
DGSv ist deutlich, dass die Szene der Mediation<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
auch durch weitere profilierte verbände mit<br />
geprägt wird <strong>und</strong> steht daher weiteren verbandlichen<br />
Kontakten offen gegenüber.<br />
zu Beg<strong>in</strong>n des Jahres 2006 fand <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ausführlichen<br />
Gespräch zwischen Dr. Wilfried Kerntke,<br />
dem vorsitzenden des B<strong>und</strong>esverbandes Mediation<br />
e.v. (BM), <strong>und</strong> Jörg Fellermann, Geschäftsführer<br />
der DGSv, e<strong>in</strong> erstes ausführliches Sondierungsgespräch<br />
statt, dass von deutlichem<br />
gegenseitigem <strong>in</strong>teresse, dem Willen, mehr auf<br />
Kooperation denn auf Konkurrenz zu setzen <strong>und</strong><br />
vielen geme<strong>in</strong>samen e<strong>in</strong>schätzungen bezüglich<br />
der Gesamtentwicklung der Beratungslandschaft<br />
auch weit jenseits von Supervision <strong>und</strong><br />
Mediation geprägt war. aufspaltungstendenzen<br />
im weiten Bereich der arbeitsbezogenen, prozessorientierten<br />
Beratung sollte auf jeden Fall ke<strong>in</strong><br />
vorschub geleistet werden. im rahmen dieses<br />
gr<strong>und</strong>legenden Gespräches wurden e<strong>in</strong>e reihe<br />
von vere<strong>in</strong>barungen getroffen: Die DGSv lud den<br />
BM dazu e<strong>in</strong>, die <strong>in</strong> Broschüren der DGSv verwendeten<br />
Begriffe „Konflikt” <strong>und</strong> „Mediation” auf<br />
der Gr<strong>und</strong>lage des fachlichen Wissens des BM<br />
neu zu fassen (<strong>in</strong>zwischen erfolgt <strong>und</strong> <strong>in</strong> neuauflagen<br />
berücksichtigt 3 ). Der BM lud die DGSv zu<br />
se<strong>in</strong>er zu Jahresbeg<strong>in</strong>n 2006 <strong>in</strong> Köln stattf<strong>in</strong>denden<br />
ausbilder<strong>in</strong>nen-Konferenz e<strong>in</strong> (die e<strong>in</strong>ladung<br />
wurde durch den Geschäftsführer der DGSv, Jörg<br />
Fellermann, gerne angenommen); der BM lud<br />
die DGSv zur Beteiligung am BM-Kongress 2006 <strong>in</strong><br />
hamburg e<strong>in</strong> (die DGSv wird durch e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>formationsstand<br />
<strong>und</strong> durch den workshop von <strong>in</strong>geborg<br />
Bisp<strong>in</strong>ck-Weigand <strong>und</strong> elfi Gorges „Wandel gestalten<br />
durch Supervision” am 29.09.2006 vertreten<br />
se<strong>in</strong>); die DGSv-regionalgruppe Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> die BMregionalgruppe<br />
Berl<strong>in</strong> diskutierten im Mai 2006<br />
auf der Gr<strong>und</strong>lage des Berichtes der DGSv-Projektgruppe<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen abendveranstaltung;<br />
die DGSv regte den BM an, die Möglichkeit<br />
e<strong>in</strong>er vernetzung mit zahlreichen anderen verbänden<br />
unter dem Dach der Deutschen Gesellschaft<br />
für Beratung e.v. (DGfB) – der die DGSv selbst<br />
auch angehört – zu prüfen. Der Dialog hat begonnen,<br />
pragmatische erste Schritte s<strong>in</strong>d getan, stehen<br />
kurz bevor oder können nun auf kurzem Wege<br />
weiter entwickelt werden. hier ist zukünftig sicher<br />
auch die Frage, <strong>in</strong> welcher Weise qualifikationsbauste<strong>in</strong>e<br />
aus beiden „Szenen” aufe<strong>in</strong>ander bezogen<br />
werden können, von Bedeutung. Die DGSv<br />
begrüßt diese ersten Schritte sehr <strong>und</strong> bedankt<br />
sich bei Dr. Wilfried Kerntke für die spürbare Bereitschaft<br />
zur Kooperation <strong>und</strong> bei ihren eigenen Mitgliedern<br />
Dr. Marianne engelhardt-Schagen, elisabeth<br />
Fernkorn, carla van Kaldenkerken, roland<br />
Kunkel-van Kaldenkerken, Dr. harald Pühl <strong>und</strong><br />
Dr. Joseph rieforth, die die Projektgruppe der<br />
DGSv gebildet haben.<br />
«<br />
Roland Kunkelvan<br />
Kaldenkerken, Supervisor<br />
DGSv, Mediator BM,<br />
Organisationsberater<br />
Jörg Fellermann,<br />
Geschäftsführer<br />
der DGSv, Köln.<br />
1/ Kunkel, roland (2003):<br />
zum verhältnis von Mediation<br />
<strong>und</strong> Supervision, <strong>in</strong>:<br />
DGSv-aktuell 2/2004, S. 18.<br />
2/ ebenda.<br />
3/ vgl.<br />
Deutsche Gesellschaft für<br />
Supervision e.v.(2006):<br />
Supervision – e<strong>in</strong> Beitrag<br />
zur qualifizierung beruflicher<br />
arbeit, 5. auflage, S.10-<br />
11, Stichworte „Konflikt” <strong>und</strong><br />
„Mediation”<br />
www.dgsv.de/pdf/Gr<strong>und</strong>l.pdf<br />
?PhPSeSSiD=90f1adae2fd<br />
ebec8ae6d061dc10fd135<br />
(08.07.2006).<br />
9
»<br />
10 qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
Auszug aus dem Bericht<br />
der DGSvProjektgruppe<br />
Supervision <strong>und</strong><br />
Mediation 6<br />
4/ Friedrich Glasl,<br />
Konfliktmanagement,<br />
Stuttgart, 1997<br />
5/ Diese Markierung der<br />
Grenze korrespondiert mit<br />
den ergebnissen des Workshops<br />
Supervision <strong>und</strong><br />
Mediation beim Jahreskongress<br />
des B<strong>und</strong>esverbandes<br />
Mediation e.v. 2004.<br />
6/ Der Bericht der DGSv-<br />
Projektgruppe Supervision<br />
<strong>und</strong> Mediation wurde<br />
erstellt von Dr. Marianne<br />
engelhardt-Schagen, elisabeth<br />
Fernkorn, carla van<br />
Kaldenkerken, roland Kunkel-van<br />
Kaldenkerken,<br />
Dr. harald Pühl <strong>und</strong><br />
Dr. Joseph rieforth <strong>und</strong> im<br />
Oktober 2005 dem<br />
vorstand übergeben.<br />
KONTAKT<br />
Roland Kunkelvan<br />
Kaldenkerken,<br />
kunkel@stepberl<strong>in</strong>.de.<br />
Jörg Felleremann,<br />
joergfellermann@dgsv.de<br />
Aspekte e<strong>in</strong>es Vergleichs von Supervision <strong>und</strong> Mediation<br />
teamsupervision <strong>und</strong> Organisations<strong>mediation</strong> unterscheiden sich vor allem <strong>in</strong> drei Punkten:<br />
<strong>in</strong> der <strong>in</strong>dikation, im Sett<strong>in</strong>g <strong>und</strong> <strong>in</strong> der haltung.<br />
Indikation<br />
<strong>in</strong> der Projektgruppe besteht Konsens, dass Supervision zur Bearbeitung von akuten Konflikten nur unter besonderen Bed<strong>in</strong>gungen<br />
<strong>in</strong> der lage ist. Wenn wir dem eskalationsschema von Glasl 4 folgen, s<strong>in</strong>d auf den Stufen 1 – 3 Moderation <strong>und</strong><br />
Supervision durchaus hilfreich. auf den Stufen 4 – 6 wären Mediation <strong>und</strong> Konfliktmoderation angezeigt <strong>und</strong> bei den Stufen<br />
7 – 9 Machte<strong>in</strong>griffe. Mediation dient <strong>in</strong> erster l<strong>in</strong>ie der schnellen Wiederherstellung von arbeitsfähigkeit. Supervision ist auf<br />
diese arbeitsfähigkeit angewiesen.<br />
Die Grenze der Konfliktbearbeitungsmöglichkeiten von Supervision haben wir so markiert:<br />
›<br />
›<br />
Supervisorisch kann nicht mehr weitergearbeitet werden, wenn der Kontakt <strong>in</strong> der Supervisionsgruppe nachhaltig<br />
gestört ist (verständigungsversuche missl<strong>in</strong>gen, Perspektivenwechsel funktioniert nicht mehr).<br />
Für e<strong>in</strong>e Konfliktbearbeitung brauchen wir noch identifizierbare <strong>und</strong> anwesende Konfliktpartner<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> klare themen.<br />
Der Konfliktgegenstand muss benennbar <strong>und</strong> regelungsfähig se<strong>in</strong>. Wir brauchen e<strong>in</strong>e verhandlungsmasse.<br />
<strong>in</strong> diesen Fällen bzw. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er solchen Phase der Supervision kann die Komplexität nicht mehr weiter entfaltet werden, weiteres<br />
aufdecken würde nur „Öl <strong>in</strong>s Feuer” gießen. Die Komplexität muss reduziert werden. Die Konfliktpartner<strong>in</strong>nen brauchen<br />
Sicherheit <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e klare, e<strong>in</strong>fache Struktur. 5<br />
Für den rahmen der Konfliktbearbeitung s<strong>in</strong>d dann m<strong>in</strong>destens 2 entscheidungen zu treffen:<br />
›<br />
›<br />
Bearbeitung des Konfliktes vor den anderen teilnehmer<strong>in</strong>nen der teamsupervision oder ausklammern des Konfliktes<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en eigenen Kontext.<br />
Den Konflikt selber bearbeiten oder auf andere (z. B. Kooperationspartner<strong>in</strong>nen) verweisen.<br />
Die Konfliktbearbeitung braucht e<strong>in</strong>en neuen Kontrakt, da hier andere regeln gelten müssen als <strong>in</strong> der Supervision <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e<br />
stärker strukturierende rolle der Berater<strong>in</strong>nen gebraucht wird. Dieser Formatwechsel bedeutet e<strong>in</strong>en professionellen rollenwechsel<br />
(von der Supervision zur Mediation) <strong>und</strong> muss von daher stärker markiert werden als e<strong>in</strong> „Programmwechsel”<br />
(Kornelia rappe-Giesecke), der sich im selben Format (Supervision) vollzieht.<br />
Sett<strong>in</strong>g<br />
Die term<strong>in</strong>gestaltung bei der Mediation ist zeitnäher, wir haben kürzere abstände zwischen den term<strong>in</strong>en, zum teil s<strong>in</strong>d<br />
halbe oder ganze tage s<strong>in</strong>nvoll.<br />
e<strong>in</strong>e weitere Besonderheit ist die teamarbeit (co-Mediation): besonders bei hoch eskalierten Konflikten sollte zu zweit ggf.<br />
mit Beteiligung <strong>in</strong>terner Mediator<strong>in</strong>nen gearbeitet werden.<br />
Haltung<br />
Den wichtigsten Unterschied zwischen den beiden Beratungsformaten sehen wir <strong>in</strong> der haltung <strong>und</strong> im rollenverständnis:<br />
Kriterium Mediation Supervision<br />
Der Umgang mit<br />
Zeit ist<br />
Die Gesprächsführung<br />
ist<br />
ziemlich offensiv, um <strong>in</strong> kurzer zeit die wichtigsten<br />
Punkte zu identifizieren <strong>und</strong> zu regeln. Mediation verlangsamt<br />
sehr selektiv <strong>und</strong> beschleunigt (ke<strong>in</strong>e entscheidung<br />
ist auch e<strong>in</strong>e entscheidung).<br />
ziemlich direktiv, regeln werden bekannt gegeben<br />
<strong>und</strong> durchgesetzt (z. B. ”Sie lassen sich gegenseitig<br />
bitte ausreden, ich werde Sie aber unterbrechen,<br />
sollte ich wahrnehmen, dass es zu neuen verletzungen<br />
kommt”)<br />
Komplexität wird eher reduziert z. B. durch die Konzentration auf e<strong>in</strong>e<br />
konsensfähige Beschreibung der lage <strong>und</strong> pragmatische<br />
Orientierung auf regelungsbedarfe<br />
Im Fokus steht das verständnis für unterschiedliche Bedürfnisse, emotionaler<br />
ausgleich von verletzten Wünschen <strong>und</strong> Werten<br />
Lösungsabst<strong>in</strong>enz<br />
ist<br />
Jörg Fellermann <strong>und</strong><br />
Roland Kunkelvan Kaldenkerken<br />
zw<strong>in</strong>gend, e<strong>in</strong>e vermischung mit der rolle der<br />
Schiedsrichter<strong>in</strong>nen oder Schlichter<strong>in</strong>nen wird streng<br />
vermieden; es geht ganz stark um die eigenverantwortlichkeit<br />
der Konfliktparteien<br />
überwiegend entschleunigend.<br />
eher non-direktiv, regeln werden geme<strong>in</strong>sam<br />
entwickelt, Störungen können vorrang<br />
haben, regelverstöße werden zum<br />
teil an die Gruppe zurück gegeben<br />
eher erhöht z. B. durch das anbieten von<br />
hypothesen <strong>und</strong> Deutungen, aufgreifen<br />
von Spiegelungsphänomenen<br />
die erhöhung der Fachlichkeit <strong>und</strong> der<br />
arbeitsqualität<br />
nicht zw<strong>in</strong>gend. <strong>in</strong> der regel ist auch<br />
zurückhaltung geboten, der Programmwechsel<br />
<strong>in</strong> richtung <strong>in</strong>struktion ist bei fachlichen<br />
themen aber durchaus möglich<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
Gegenüberstellung von Mediation <strong>und</strong><br />
Supervision am Beispiel e<strong>in</strong>es Teamkonflikts<br />
Wenn es um Probleme im Arbeitsbereich geht,<br />
treten auf dem Beratungsmarkt SupervisorInnen<br />
<strong>und</strong> MediatorInnen als KonkurrentInnen<br />
auf. Aufträge werden oft eher willkürlich<br />
als bewusst vergeben bzw. angenommen:<br />
AuftraggeberInnen fehlen detaillierte Kenntnisse<br />
über die unterschiedlichen Möglichkeiten,<br />
BeraterInnen nehmen Aufträge auch<br />
aus wirtschaftlichen Gründen an. Für die<br />
Qualität der Problemlösung <strong>und</strong> den Ruf der<br />
Professionen ist es jedoch wichtig, verschiedene<br />
Möglichkeiten <strong>und</strong> Vorgehensweisen<br />
gegene<strong>in</strong>ander abzuwägen. Der folgende<br />
Artikel aus der Diskussion <strong>in</strong> der Zeitschrift der<br />
DGSv (erschienen <strong>in</strong> DGSvAktuell 12005)<br />
versucht, den Unterschied sowie mögliche<br />
Vor <strong>und</strong> Nachteile von Supervision <strong>und</strong><br />
Mediation am Beispiel e<strong>in</strong>es Teamkonflikts<br />
darzustellen.<br />
anlass für diesen, nun dritten artikel 1 ist unser kollegialer<br />
austausch, <strong>in</strong> dem wir versucht haben, die<br />
unterschiedlichen <strong>in</strong>terventionen <strong>und</strong> zielsetzungen<br />
von Supervision <strong>und</strong> Mediation an e<strong>in</strong>em Beispiel<br />
zu diskutieren. Wir wollen mit dieser Darstellung<br />
auch andere Kolleg<strong>in</strong>nen zur Diskussion anzuregen.<br />
<strong>in</strong> der folgenden Fallvignette skizzieren wir e<strong>in</strong>e<br />
anfrage nach Beratung aufgr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er konflikthaften<br />
teamsituation. Die beiden möglichen verlaufsschilderungen<br />
s<strong>in</strong>d fiktiv; sie basieren auf realen<br />
erfahrungen der beiden autor<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> ähnlichen<br />
Prozessen.<br />
Fallvignette<br />
nach der telefonischen Beratungsanfrage durch<br />
das team e<strong>in</strong>er kirchlichen Bildungsstätte f<strong>in</strong>det<br />
e<strong>in</strong> Sondierungsgespräch statt. Die Berater<strong>in</strong> erfährt,<br />
dass der reibungslose ablauf gestört <strong>und</strong> die Stimmung<br />
im team sehr gespannt ist, e<strong>in</strong>e Mitarbeiter<strong>in</strong><br />
habe bereits gekündigt. vor e<strong>in</strong>igen Monaten<br />
gab es e<strong>in</strong>en Wechsel <strong>in</strong> der leitung. Der neue<br />
Geschäftsführer sche<strong>in</strong>t nicht voll akzeptiert zu<br />
werden. auf nachfrage erfährt die Berater<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />
der „klassischen Situationen”:<br />
am Mittwochabend legt der Geschäftsführer a.<br />
se<strong>in</strong>er Sekretär<strong>in</strong> B. e<strong>in</strong>en er<strong>in</strong>nerungszettel auf den<br />
Schreibtisch, wobei er sich darüber ärgert, dass er<br />
sich um so etwas kümmern muss. Der <strong>in</strong>halt<br />
beschreibt die notwenigen vorbereitungen für<br />
e<strong>in</strong>e veranstaltung am kommenden Montag.<br />
Dazu gehören das richtige Bestuhlen des raumes<br />
(auftrag muss weitergeleitet werden an den<br />
hausmeister c.), Besorgen des Kaffees <strong>und</strong> der<br />
Brezeln ... am Donnerstag <strong>und</strong> Freitag ist die<br />
Sekretär<strong>in</strong> B. krank. als am Montag die veranstalter<strong>in</strong><br />
des Sem<strong>in</strong>ars kommt, ist weder der raum gerichtet<br />
noch die verpflegung da. Sekretär<strong>in</strong> B. beg<strong>in</strong>nt<br />
daraufh<strong>in</strong> den hausmeister <strong>in</strong> barschem ton zur<br />
verantwortung zu ziehen, der schreit zurück <strong>und</strong> die<br />
Situation eskaliert <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Streit. nachdem sich<br />
die Beteiligten wieder beruhigen konnten, wurde<br />
der Geschäftsführer für die Situation verantwortlich<br />
gemacht. Mit dessen verhalten s<strong>in</strong>d die Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />
<strong>in</strong>sgesamt unzufrieden, sie beschweren sich<br />
z. B. darüber, morgens nicht begrüßt zu werden<br />
<strong>und</strong> fühlen sich <strong>in</strong>sgesamt wenig beachtet.<br />
Heike Baum: Entscheidung für Supervision<br />
Die fehlende kooperative zusammenarbeit <strong>in</strong><br />
diesem team kann aufgr<strong>und</strong> me<strong>in</strong>er erfahrungen<br />
als Supervisor<strong>in</strong> ganz unterschiedliche h<strong>in</strong>tergründe<br />
haben. Deshalb halte ich es für wichtig,<br />
am anfang erst e<strong>in</strong>mal der gesamten Komplexität<br />
des Falles raum zu geben. ich schlage daher<br />
Supervision als Beratungsform vor. alle teammitglieder<br />
<strong>und</strong> der leiter s<strong>in</strong>d zu e<strong>in</strong>er zusammenarbeit<br />
bereit. zunächst frage ich nach den veränderungen<br />
der letzen Monate. Dabei erfahre ich,<br />
dass es außer der veränderung <strong>in</strong> der Geschäftsführung<br />
ause<strong>in</strong>andersetzungen um die zielsetzung<br />
der e<strong>in</strong>richtung gab. Daraus hervorgegangen ist<br />
die anforderung, sich <strong>in</strong> zukunft weniger als e<strong>in</strong> Bildungshaus<br />
zu verstehen, als viel mehr e<strong>in</strong> Dienstleistungsunternehmen,<br />
unter dessen Dach Bildung<br />
stattf<strong>in</strong>det – e<strong>in</strong>e zielveränderung, die von den<br />
meisten Mitarbeiter<strong>in</strong>nen als notwendiges Übel<br />
empf<strong>und</strong>en wird <strong>und</strong> mit der sie sich nur schwer<br />
identifizieren können. im Gespräch über den leitungswechsel<br />
wird deutlich, wie viel väterliches<br />
<strong>und</strong> heimatliches der alte Geschäftsführer für die<br />
Mitarbeiter<strong>in</strong>nen immer noch verkörpert <strong>und</strong> dass<br />
e<strong>in</strong> bewusstes abschiednehmen noch aussteht.<br />
im verlaufe des Prozesses lasse ich die eigenen<br />
Bedürfnisse, vorstellungen <strong>und</strong> hoffnungen der<br />
Mitarbeiter<strong>in</strong>nen immer wieder zu Wort kommen<br />
<strong>und</strong> versuche, diese mit ihren Funktionen <strong>und</strong> rollen<br />
<strong>in</strong>nerhalb des teams zu verknüpfen <strong>und</strong> auf die<br />
konkreten aufgaben zu beziehen. im laufe dieser<br />
ause<strong>in</strong>andersetzungen stellt sich der Geschäftsführer<br />
auch den vorwürfen se<strong>in</strong>es teams. Dadurch<br />
entwickelt er e<strong>in</strong>e neue Beziehung zu jedem e<strong>in</strong>zelnen<br />
teammitglied <strong>und</strong> es gel<strong>in</strong>gt ihm, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />
Situationen se<strong>in</strong>e Wertschätzung auszudrücken<br />
<strong>und</strong> se<strong>in</strong>e erwartungen zu formulieren. im laufe<br />
von 12 Sitzungen entsteht allmählich wieder e<strong>in</strong>e<br />
wertschätzende <strong>und</strong> konstruktive atmosphäre, die<br />
dazu beiträgt, den ablauf des „Kerngeschäfts” zu<br />
sichern. Während des Prozesses änderte sich auch<br />
die haltung der teammitglieder gegenüber dem<br />
neuen leiter, die Gesprächs- <strong>und</strong> Beziehungskultur<br />
verbessert sich.<br />
«<br />
Ingrid Pfeiffer,<br />
Dipl. Pädagog<strong>in</strong>,<br />
Systemische Familientherapeut<strong>in</strong>,<br />
Supervisor<strong>in</strong><br />
Mediator<strong>in</strong> <strong>und</strong> Ausbilder<strong>in</strong><br />
BAFM <strong>und</strong> BM<br />
Heike Baum,<br />
Pädagog<strong>in</strong>, Supervisor<strong>in</strong><br />
(DGSv), Bal<strong>in</strong>tgruppenleiter<strong>in</strong><br />
1/ DGSv aktuell<br />
2/2004, roland Kunkel van<br />
Kaldenkerken/<br />
DGSv aktuell 3/2004<br />
Frau <strong>in</strong>grid Pfeiffer<br />
11
»<br />
12 qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
KONTAKT<br />
Ingrid Pfeiffer,<br />
<strong>in</strong>fopfeiffer<strong>mediation</strong>.de<br />
Heike Baum,<br />
<strong>in</strong>fo@heikebaum.de<br />
Ingrid Pfeiffer: Entscheidung für Mediation<br />
nach me<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>schätzung braucht dieses team<br />
kurzfristige <strong>und</strong> lösungsorientierte Unterstützung<br />
bei der erledigung se<strong>in</strong>er ganz alltäglichen arbeit.<br />
Deshalb schlage ich Mediation vor.<br />
zuerst geht es mir darum, mit allen teammitgliedern<br />
<strong>und</strong> dem leiter e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames arbeitsbündnis<br />
zu schließen. ich erläutere me<strong>in</strong> „angebot”,<br />
also me<strong>in</strong>e vorgehensweise: ich werde die<br />
Gespräche stark strukturieren, darauf achten, dass<br />
jede/r se<strong>in</strong>e/ihre Sichtweise äußern <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressen<br />
<strong>und</strong> ideen e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen kann. Mit me<strong>in</strong>er<br />
Unterstützung sollen team <strong>und</strong> leitung geme<strong>in</strong>sam<br />
regelungen erarbeiten <strong>und</strong> verb<strong>in</strong>dliche<br />
absprachen treffen. es wird e<strong>in</strong> Mediationsvertrag<br />
mit allen Beteiligten geschlossen, <strong>in</strong> dem die<br />
regeln der zusammenarbeit <strong>und</strong> des Umgangs<br />
mite<strong>in</strong>ander während der Sitzungen festgehalten<br />
werden. ich erarbeite mit allen Beteiligten den<br />
geme<strong>in</strong>samen auftrag, also die zielrichtung der<br />
Mediation: Die Mediation soll der „verbesserung<br />
der zusammenarbeit” dienen.<br />
<strong>in</strong> der Phase 2 beg<strong>in</strong>ne ich damit, <strong>in</strong>formationen<br />
z. B. über die abläufe des Geschäftsbetriebs zu<br />
sammeln <strong>und</strong> frage die teammitglieder, was<br />
gut läuft <strong>und</strong> wo sie Probleme sehen. Geme<strong>in</strong>sam<br />
erstellen wir auf dem Flipchart e<strong>in</strong>e liste der<br />
regelungsbedürftigen Punkte (themen): zuständigkeiten,<br />
Weitergabe von <strong>in</strong>formationen, vertretungsregelung,<br />
Umgang mit Fehlern <strong>und</strong> Unzufriedenheit.<br />
<strong>in</strong> der 3. Phase bespreche ich mit dem team<br />
diese themen nache<strong>in</strong>ander, die reihenfolge wird<br />
mit den Mediand<strong>in</strong>nen abgestimmt. Wir beg<strong>in</strong>nen<br />
mit dem Punkt „zuständigkeiten”. ich erfrage die<br />
<strong>in</strong>teressen <strong>und</strong> Bedürfnisse jedes Mitarbeiters bzw.<br />
jeder Mitarbeiter<strong>in</strong> <strong>und</strong> des leiters. Dabei versuche<br />
ich herauszuf<strong>in</strong>den, was jeder/jedem e<strong>in</strong>zelnen<br />
besonders wichtig ist <strong>und</strong> welche aspekte er oder<br />
sie bei e<strong>in</strong>er zukünftigen regelung berücksichtigt<br />
sehen möchte. zum methodischen vorgehen<br />
gehört auch hier die visualisierung auf dem Flipchart.<br />
<strong>in</strong> dieser Phase geht es e<strong>in</strong>mal darum, jede/n<br />
e<strong>in</strong>zelne/n zu verstehen, aber auch darum, gegenseitige<br />
akzeptanz oder verständnis zu fördern. <strong>in</strong> diesem<br />
Fall zeigt sich z. B., dass es dem neuen leiter<br />
wichtig ist, sich auf die Selbständigkeit se<strong>in</strong>er Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />
verlassen zu können – während der<br />
frühere leiter sehr stark das Bedürfnis hatte, bei<br />
allem selbst nach dem rechten zu sehen.<br />
<strong>in</strong> der Phase 4 sammeln wir <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bra<strong>in</strong>storm<strong>in</strong>g<br />
zunächst lösungsideen zum ersten thema, also<br />
für die verbesserung bzw. Änderung der zuständigkeiten.<br />
es folgt e<strong>in</strong>e Diskussion darüber, welche<br />
ideen den <strong>in</strong>teressen <strong>und</strong> Bedürfnissen der teammitglieder<br />
am besten entsprechen. Dann wird vere<strong>in</strong>bart,<br />
e<strong>in</strong>ige veränderungsideen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Probe-<br />
phase umzusetzen. So verfahren wir mit e<strong>in</strong>em<br />
thema nach dem anderen <strong>und</strong> erarbeiten verschiedene<br />
vorläufige vere<strong>in</strong>barungen, die ausprobiert,<br />
diskutiert <strong>und</strong> z. t. auch wieder verändert<br />
werden, so lange, bis – <strong>in</strong> Phase 5, <strong>in</strong> diesem Fall<br />
nach 6 Sitzungen – die bis dah<strong>in</strong> vorläufigen vere<strong>in</strong>barungen<br />
zu den e<strong>in</strong>zelnen themen zu e<strong>in</strong>er „vere<strong>in</strong>barung<br />
zur verbesserung der zusammenarbeit<br />
im team” zusammengefasst <strong>und</strong> schriftlich formuliert<br />
werden. Diese vere<strong>in</strong>barung wird dann von<br />
allen Beteiligten unterzeichnet.<br />
Ingrid Pfeiffer <strong>und</strong> Heike Baum:<br />
Auswertung <strong>und</strong> Zusammenfassung<br />
Der ansatz der Supervision bestand dar<strong>in</strong>, zunächst<br />
der gesamten Komplexität der Situation raum<br />
zu geben, um die vorhandenen Schwierigkeiten<br />
besser verstehen zu können. Dann standen die<br />
Klärung der e<strong>in</strong>zelnen rollen <strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enen<br />
aufgaben sowie der Beziehungen im<br />
vordergr<strong>und</strong>. Die Supervisor<strong>in</strong> <strong>in</strong>itiiiert, unterstützt<br />
<strong>und</strong> begleitet e<strong>in</strong>en Prozess des nachdenkens,<br />
der Klärung, ause<strong>in</strong>andersetzung <strong>und</strong> Diskussion;<br />
dadurch kann sich e<strong>in</strong>e konstruktive atmosphäre<br />
entwickeln. Das team kann dann aus den gewonnenen<br />
erkenntnissen se<strong>in</strong>e eigenen Schlüsse ziehen<br />
<strong>und</strong> se<strong>in</strong> handeln selbst (mit oder ohne Mitwirkung<br />
der Supervisor<strong>in</strong>) verändern.<br />
Der ansatz der Mediation bestand dar<strong>in</strong>, die Komplexität<br />
der Problematik zu reduzieren, <strong>in</strong>dem die<br />
Problematik <strong>in</strong> diesem Fall auf die erledigung des<br />
alltagsgeschäfts fokussiert wurde. Schwerpunkte<br />
der arbeit waren die klare zielvere<strong>in</strong>barung <strong>und</strong> die<br />
erreichung e<strong>in</strong>es Gleichgewichts der <strong>in</strong>teressen <strong>und</strong><br />
Bedürfnisse aller teammitglieder <strong>und</strong> des leiters <strong>in</strong><br />
Gegenwart <strong>und</strong> zukunft.<br />
Die gegenseitige anerkennung, die erarbeitung<br />
von Geme<strong>in</strong>samkeiten <strong>und</strong> die geme<strong>in</strong>same entwicklung<br />
von lösungen wirkten positiv als teamstärkende<br />
Momente. Die Mediator<strong>in</strong> arbeitet mit<br />
e<strong>in</strong>er starken Strukturierung des Prozesses, den sie<br />
bis zur Formulierung <strong>und</strong> Unterschrift ganz konkreter<br />
vere<strong>in</strong>barungspunkte begleitet – ohne den<br />
anspruch, alle Facetten der Problematik zu verstehen.Wichtig<br />
wäre aber noch e<strong>in</strong> nachgespräch,<br />
<strong>in</strong>dem die tatsächliche Umsetzung der vere<strong>in</strong>barung<br />
<strong>und</strong> deren haltbarkeit überprüft werden. Für<br />
den Fall, dass dabei Schwierigkeiten auftreten,<br />
wären weitere Maßnahmen zur Bearbeitung der<br />
tiefergehenden Probleme, z. B. auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er nachfolgenden<br />
(leitungs-) Supervision erforderlich – so<br />
könnten sich evtl. auch beide Beratungsformen<br />
ergänzen.<br />
Heike Baum <strong>und</strong> Ingrid Pfeiffer<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
Mediation <strong>und</strong> Coach<strong>in</strong>g –<br />
Unterschiede <strong>und</strong> Geme<strong>in</strong>samkeiten<br />
Supervision, Personalentwicklung, Teamentwicklung,<br />
Coach<strong>in</strong>g, Mediation ... auf<br />
dem Markt der Dienstleistungen werden<br />
Begrifflichkeiten <strong>in</strong>flationär <strong>und</strong> meist<br />
wenig differenziert benutzt. Aus K<strong>und</strong>ensicht<br />
hat sich e<strong>in</strong> unübersichtliches Feld<br />
von Beratungsangeboten gebildet <strong>und</strong> die<br />
Vorstellungen darüber, was welches Angebot<br />
leistet, s<strong>in</strong>d eher oberflächlich. In der<br />
Beratungspraxis werden bei Anfragen für<br />
Maßnahmen im Zusammenhang mit Konflikten<br />
die Begriffe Coach<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Mediation<br />
oft synonym verwendet. Im Folgenden<br />
werden Unterschiede <strong>und</strong> Geme<strong>in</strong>samkeiten<br />
der Dienstleistungen Mediation <strong>und</strong><br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
ebenfalls auf ausgebildete Mediator<strong>in</strong>nen. zur<br />
Mediation gehört somit untrennbar der Konflikt.<br />
coach<strong>in</strong>g hat häufig Konflikte als anlass, kann<br />
aber auch weitere <strong>in</strong>dividuelle (Führungs-)<br />
Fragestellungen klären.<br />
Coach<strong>in</strong>g differenzierter verglichen.<br />
Der Begriff des coach<strong>in</strong>gs wird mittlerweile häufig<br />
für jede Form der Beratung verwendet, coach<br />
ist die Führungskraft, der tra<strong>in</strong>er, der kollegiale<br />
coach, der ausgebildete coach. ich verwende<br />
den Begriff des coach<strong>in</strong>gs im S<strong>in</strong>ne von astrid<br />
Schreyögg<br />
Elke Schwertfeger,<br />
Def<strong>in</strong>itionen<br />
Dipl.Psych., Mediator<strong>in</strong><br />
<strong>und</strong> Coach,<br />
Inhaber<strong>in</strong> von Zweisicht<br />
Mediation als Methode der Konfliktbearbeitung<br />
bezieht sich hier auf die strukturierte Konfliktbearbeitung<br />
im Beise<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er/e<strong>in</strong>es allparteilichen<br />
Dritten. Der Begriff der Mediation bezieht sich<br />
1 „coach<strong>in</strong>g ist e<strong>in</strong>e professionelle<br />
Form der Managementberatung. Bei dieser verhandeln<br />
Führungskräfte „unter vier augen” oder<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kle<strong>in</strong>gruppe alle für sie relevanten Fragestellungen<br />
mit e<strong>in</strong>em coach”. Das coach<strong>in</strong>g<br />
f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> der arbeitswelt statt, der coach ist e<strong>in</strong><br />
ausgebildeter coach, coach<strong>in</strong>g ist somit e<strong>in</strong>e<br />
Maßnahme der Personalentwicklung.<br />
Arbeitsphasen<br />
1/ vgl.<br />
Der Mediationsprozess lässt sich ebenso wie der Schreyögg, astrid<br />
coach<strong>in</strong>gprozess <strong>in</strong> unterschiedliche arbeitsphasen<br />
e<strong>in</strong>teilen:<br />
Arbeitsschritte Mediation Coach<strong>in</strong>g<br />
Auftragsabschluss,<br />
Vorphase<br />
› Klärung der rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
(Ort, zeit, Kosten ...)<br />
› erste Def<strong>in</strong>ition von zielen<br />
› Kennenlernen<br />
›<br />
Orientierungsphase Beteiligte auf regeln verpflichten<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
rahmen geben <strong>und</strong> halten<br />
Sicherheit <strong>und</strong> entlastung schaffen<br />
Beziehung aufbauen<br />
zuversicht schaffen<br />
Klärungsphase Sichtweisen, <strong>in</strong>teressen, anliegen<br />
erarbeiten<br />
› von Positionen zur tiefenstruktur des<br />
Konfliktes kommen<br />
Umsetzungsphase<br />
›<br />
Perspektivenwechsel<br />
ermöglichen e<strong>in</strong>er konsensorientierten<br />
lösungssuche<br />
Festlegungsphase auswahl von lösungen<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
Umsetzungsplan<br />
Mediationsvere<strong>in</strong>barung<br />
abschließen<br />
Auswertungsphase ergebnissicherung, nachfassmaßnahmen<br />
vere<strong>in</strong>baren<br />
evaluation<br />
›<br />
› Klärung der rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
(Ort, zeit, Kosten ...)<br />
› erste Def<strong>in</strong>ition von zielen<br />
› Kennenlernen<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
erarbeiten der Fragestellung <strong>und</strong> der<br />
genauen ziele<br />
<strong>in</strong>dikatoren für zielereichung festlegen<br />
abklären von Schritten, die bereits<br />
unternommen wurden<br />
Selbstklärung unterstützen<br />
expertise des/ der Klienten nutzen<br />
bei Defiziten Kompetenzen aufbauen<br />
(z. B. Selbstmanagement, Kommunikationswissen,<br />
...)<br />
› handlungsoptionen erarbeiten <strong>und</strong> auf<br />
Umsetzungstauglichkeit überprüfen<br />
› Maßnahmenplan, nächste konkrete<br />
Schritte planen<br />
› e<strong>in</strong>üben<br />
› Praxistransfer sichern<br />
› Umsetzungserfolg prüfen<br />
› bei Bedarf weitere vertiefung<br />
› evaluation<br />
«<br />
Arbeitsphasen<br />
des Mediations <strong>und</strong><br />
Coach<strong>in</strong>gprozesses<br />
13
»<br />
14 qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
Haltung der MediatorInnen, der Coaches<br />
e<strong>in</strong>e wertschätzende, empathische Gr<strong>und</strong>haltung<br />
s<strong>in</strong>d prägende eigenschaften von Mediator<strong>in</strong>nen<br />
<strong>und</strong> coaches. Beide Methoden zielen auf empowerment<br />
der Klient<strong>in</strong>nen, nicht auf expertise <strong>und</strong><br />
Beratungsfunktion der Mediator<strong>in</strong>nen bzw. coaches.<br />
ziel ist es, <strong>in</strong> beiden Fällen, die Selbstverantwortung<br />
der Klient<strong>in</strong>nen zu stärken. Die Klient<strong>in</strong>nen<br />
werden von selbst empf<strong>und</strong>enen Opfern zu aktiven<br />
Gestalter<strong>in</strong>nen ihrer Konflikte oder ihrer Führungsfragestellungen.<br />
<strong>in</strong> beiden Fällen werden<br />
lösungen nicht vorgegeben, die Klient<strong>in</strong>nen<br />
bleiben expert<strong>in</strong>nen ihrer Situation. coach <strong>und</strong><br />
Mediator<strong>in</strong> verfügen über e<strong>in</strong>e respektvolle Gr<strong>und</strong>haltung,<br />
die die Kompetenzen der Klient<strong>in</strong>nen nutzen.<br />
Sowohl coach als auch Mediator<strong>in</strong> brauchen<br />
Spaß am „Menschelnden”, e<strong>in</strong>e ges<strong>und</strong>e neugier,<br />
die immer wieder dazu e<strong>in</strong>lädt, Menschen<br />
<strong>und</strong> ihre themen neu zu entdecken <strong>und</strong> diese<br />
zu begleiten. Darüber h<strong>in</strong>aus ist e<strong>in</strong> hohes Maß<br />
an Fähigkeiten zur Selbstreflexion gefordert, um<br />
eigene lernerfahrungen, Gefühle etc. nicht mit<br />
Fragestellungen, Konfliktmustern <strong>und</strong> -themen der<br />
Klient<strong>in</strong>nen zu vermischen. Klarheit <strong>und</strong> Standfestigkeit<br />
erlauben es den Mediator<strong>in</strong>nen den rahmen<br />
zu sichern <strong>und</strong> den Prozess zu steuern <strong>und</strong><br />
sichern den coaches akzeptanz <strong>und</strong> die Fähigkeit<br />
zum kritischen Feedback.<br />
Wissen <strong>und</strong> Kompetenzen<br />
der MediatorInnen <strong>und</strong> Coaches<br />
neben der spezifischen ausbildung zum coach<br />
oder zur Mediator<strong>in</strong>, ist Wissen zum verhalten von<br />
Gruppen <strong>und</strong> <strong>in</strong>dividuen notwendig. arbeite ich<br />
als Mediator<strong>in</strong> <strong>in</strong> Organisationen, ist Wissen über<br />
Organisationen mit ihren abläufen <strong>und</strong> arbeitskulturen<br />
wichtig, wichtiger als Feldkompetenz<br />
(das spezifische Wissen zu Branchen <strong>und</strong> <strong>in</strong>haltlichen<br />
themen). Feldkompetenz kann im Market<strong>in</strong>g<br />
e<strong>in</strong>en vorteil darstellen, ist aber <strong>in</strong> der Mediation<br />
nicht entscheidend. im coach<strong>in</strong>g h<strong>in</strong>gegen ist es<br />
wichtig, e<strong>in</strong>e gewisse Feldkompetenz zu besitzen,<br />
um empathischer die themen, entwicklungen <strong>und</strong><br />
nöte des Klient<strong>in</strong>nen nachvollziehen <strong>und</strong> entsprechend<br />
Unterstützung geben zu können.<br />
Methoden im Coach<strong>in</strong>g <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Mediation<br />
coaches <strong>und</strong> Mediator<strong>in</strong>nen greifen auf die<br />
gleichen „Werkzeuge” zurück. neben techniken<br />
der Gesprächsführung, werden kreative, bildhafte<br />
oder spielerische Methoden genutzt. e<strong>in</strong><br />
gut gefüllter handwerkskoffer unterstützt <strong>in</strong> beiden<br />
Prozessen, Flexibilität <strong>und</strong> Kompetenz der coaches<br />
<strong>und</strong> Mediator<strong>in</strong>nen. verschiedene Methoden<br />
des Perspektivenwechsels (Doppeln, leerer<br />
Stuhl, zirkuläres Fragen usw.) dienen im coach<strong>in</strong>g<br />
<strong>und</strong> <strong>in</strong> der Mediation dem verstehen unter-<br />
schiedlicher Sichtweisen <strong>und</strong> helfen so, sich besser<br />
<strong>in</strong> andere h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> versetzen zu können.<br />
Geme<strong>in</strong>samkeiten von Coach<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Mediation<br />
coach<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Mediation s<strong>in</strong>d mittlerweile akzeptierte<br />
Methoden der Unterstützung von teams<br />
oder Führungskräften <strong>in</strong> schwierigen Situationen.<br />
es wird nicht als e<strong>in</strong>geständnis von Schwäche<br />
gesehen, sich Unterstützung zu holen, sondern<br />
als professionelles handeln, um schnell wieder<br />
handlungsfähig <strong>und</strong> damit effizient zu se<strong>in</strong>. Unternehmen<br />
nutzen diese Methoden der Dienstleistung<br />
<strong>in</strong> beiden Fällen meist erst, wenn e<strong>in</strong> gewisser<br />
leidensdruck oder e<strong>in</strong>e hilflosigkeit spürbar<br />
wird. coach<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Mediation schaffen wieder<br />
e<strong>in</strong>e arbeitsbasis, wobei nicht nur e<strong>in</strong>e Führungskraft<br />
oder e<strong>in</strong> team unterstützt werden, sondern<br />
oft strukturelle Klärungen mit e<strong>in</strong>fließen, also auch<br />
Organisationsentwicklung geleistet wird. Das aufzeigen<br />
von strukturellen Dysfunktionen ist aber<br />
eher e<strong>in</strong> nebenprodukt, für systematische Klärung<br />
von entsprechenden Schwachstellen bietet<br />
sich die Organisationsberatung an. coach<strong>in</strong>g,<br />
Mediation mit Parteien oder auch das geme<strong>in</strong>same<br />
coach<strong>in</strong>g mit mehreren Konfliktparteien<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> jedem Fall Maßnahmen zur Konfliktbearbeitung.<br />
Über die Bearbeitung e<strong>in</strong>es Konfliktes<br />
<strong>in</strong> der Mediation oder im coach<strong>in</strong>g erwerben<br />
Mitarbeiter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong>/oder Führungskräfte neue<br />
handlungsmuster, die geeignet s<strong>in</strong>d, unproduktive<br />
Konflikte zu vermeiden oder aber Konflikte<br />
auf der Basis e<strong>in</strong>es reflektierten, konstruktiven verhaltens<br />
zu lösen. Damit wird mit beiden <strong>in</strong>terventionen<br />
längerfristig die Basis zur zukünftigen Konfliktprophylaxe<br />
gelegt. Konflikte <strong>und</strong> Probleme<br />
werden als lösbar <strong>und</strong> somit als weniger bedrohlich<br />
erlebt.<br />
Unterschiede von Coach<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Mediation<br />
Mediation stellt e<strong>in</strong>e Form der Krisen<strong>in</strong>tervention<br />
dar <strong>und</strong> ist damit e<strong>in</strong> geeignetes verfahren, die<br />
arbeitsfähigkeit wiederherzustellen. coach<strong>in</strong>g<br />
richtet sich <strong>in</strong> erster l<strong>in</strong>ie auf die entwicklung<br />
von Persönlichkeit <strong>und</strong> Fähigkeiten von Führungskräften<br />
<strong>und</strong> dient dem empowerment der Klient<strong>in</strong>nen.<br />
coach<strong>in</strong>g ist immer dann das Mittel der<br />
Wahl, wenn nicht alle Konfliktparteien an der<br />
Bearbeitung des Konfliktes <strong>in</strong>teressiert s<strong>in</strong>d oder<br />
wenn spezielle Führungsaufgaben von e<strong>in</strong>er<br />
Führungskraft nicht bewältigt werden können.<br />
coach<strong>in</strong>g ist dann e<strong>in</strong>e, auf e<strong>in</strong>e (Konflikt-)Partei<br />
beschränkte, entwicklungsmaßnahme. viele verme<strong>in</strong>tliche<br />
teamkonflikte s<strong>in</strong>d das ergebnis e<strong>in</strong>er<br />
schwachen Führungskraft, welche e<strong>in</strong> Führungsvakuum<br />
h<strong>in</strong>terlässt. es werden entscheidungen<br />
verschleppt, die Führungskraft bemüht sich, es<br />
allen recht zu machen, Fehlverhalten seitens<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
der Mitarbeiter<strong>in</strong>nen zieht ke<strong>in</strong>e Konsequenzen<br />
nach sich, die Mitarbeiter<strong>in</strong>nen fühlen sich im<br />
Stich gelassen <strong>und</strong> <strong>in</strong> ihrer arbeit beh<strong>in</strong>dert. <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em solchen Klima gedeihen nebenschauplätze,<br />
wie Konflikte <strong>und</strong> Unzufriedenheit mit<br />
den Kolleg<strong>in</strong>nen, gut. hier kann ke<strong>in</strong>e Mediation<br />
„das Übel an der Wurzel packen”. e<strong>in</strong>e Mediation<br />
würde den Mitarbeiter<strong>in</strong>nen weitere verantwortung<br />
aufbürden <strong>und</strong> die Führungskraft weiter<br />
depotenzieren. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em coach<strong>in</strong>g können<br />
kurzfristige Mittel zur Krisen<strong>in</strong>tervention <strong>und</strong> längerfristige<br />
Maßnahmen zur Führungskräfteentwicklung<br />
platziert werden. Mediator<strong>in</strong>nen bieten<br />
ke<strong>in</strong>e Beratung, wenngleich dies eher der re<strong>in</strong>en<br />
lehre entspricht. <strong>in</strong> unserer Mediationspraxis<br />
nutzen wir unser Wissen über Kommunikation<br />
<strong>und</strong> Konflikte, um den Klient<strong>in</strong>nen dysfunktionale<br />
Muster wie Kommunikationsknoten <strong>und</strong> teufelskreisläufe<br />
zu spiegeln. Wir fügen <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er<br />
Mediation auch pragmatisch, wenn von uns für<br />
nötig erachtet, kle<strong>in</strong>e „tra<strong>in</strong>igse<strong>in</strong>heiten” z. B. zur<br />
gewaltfreien Kommunikation e<strong>in</strong>. Wichtig ist <strong>in</strong><br />
diesem Fall immer e<strong>in</strong> transparentes vorgehen<br />
für die Klient<strong>in</strong>nen. Wir klären unsere rolle, <strong>in</strong>dem<br />
wir z. B. ankündigen: „Wir verlassen kurz den rahmen<br />
der Mediation <strong>und</strong> stellen ihnen e<strong>in</strong>e anregung<br />
zur konstruktiveren Kommunikation vor”.<br />
hier werden die Grenzen zwischen coach<strong>in</strong>g<br />
<strong>und</strong> Mediation fließend <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d teilweise auch<br />
aufgehoben.<br />
Fazit<br />
Mediation kann hilfreich se<strong>in</strong>, um e<strong>in</strong>en Startpunkt<br />
im team zu setzen, e<strong>in</strong>e Klärung <strong>in</strong> Bewegung zu<br />
br<strong>in</strong>gen, auch um die themenkomplexe e<strong>in</strong>es<br />
oder meist mehrer Konflikte klarer zu strukturieren.<br />
Der stark formalisierte ablauf beruhigt die Konfliktparteien<br />
<strong>und</strong> deren ergebnishoheit sichert e<strong>in</strong>e<br />
große Freiheit bezüglich der Konfliktlösungen.<br />
Das Konfliktlösepotential der Mitarbeiter<strong>in</strong>nen wird<br />
optimal genutzt, sie bleiben für ihre lösungen die<br />
expert<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> selbst verantwortlich. im Kontext<br />
von Organisationen ist jedoch häufig begleitend<br />
oder nachgeschaltet e<strong>in</strong> coach<strong>in</strong>g der<br />
leitung nötig. Führungskräfte s<strong>in</strong>d oftmals durch<br />
längerfristige Konflikte verunsichert <strong>und</strong> reagieren<br />
mit aussitzen oder unangebrachtem aktio-<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
nismus. e<strong>in</strong>e Stärkung <strong>und</strong> Weiterentwicklung der<br />
Führungskraft dient der nachhaltigen Konfliktprophylaxe.<br />
immer wenn Fragen der Organisationsberatung<br />
e<strong>in</strong>en großen Stellenwert im Kontext<br />
des Konflikts haben, wie z. B. bei Doppelspitzen,<br />
ist coach<strong>in</strong>g eher als <strong>in</strong>tervention geeignet. im<br />
coach<strong>in</strong>g können solche Fragestellungen mit<br />
beraten werden. aus unserer erfahrung ist die<br />
Frage häufig nicht coach<strong>in</strong>g oder Mediation,<br />
sondern wann mit welcher Maßnahme beg<strong>in</strong>nen.<br />
Mediation dient der aktuellen Krisenbewältigung<br />
<strong>und</strong> entlastet e<strong>in</strong> team. coach<strong>in</strong>g baut<br />
langfristig Konfliktbewältigungsstrategien der verantwortlichen<br />
Führungskraft auf. im vordergr<strong>und</strong><br />
steht immer das anliegen der K<strong>und</strong><strong>in</strong>nen. e<strong>in</strong>e<br />
sorgfältige Prüfung des Problems <strong>und</strong> des Kontextes<br />
sichert die qualität der arbeit. es geht dabei<br />
nicht um Methodenre<strong>in</strong>heit, sondern um praxis-<br />
<strong>und</strong> lösungsorientiertes vorgehen. es ist aufgabe<br />
der coaches <strong>und</strong> der Mediator<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>e qualifizierte<br />
Diagnostik zu betreiben <strong>und</strong> darauf aufbauend,<br />
ohne missionarischen eifer, e<strong>in</strong>e passende<br />
<strong>in</strong>tervention zu wählen. Bei Beratung im<br />
Wirtschaftsbereich ist es hilfreich, entweder selbst<br />
über entsprechende Mehrfachqualifikationen zu<br />
verfügen oder auf e<strong>in</strong> entsprechendes netzwerk<br />
im Kolleg<strong>in</strong>nenkreis zugreifen zu können. nicht zu<br />
unterschätzten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der momentan schwierigen<br />
wirtschaftlichen Situation unter den Berater<strong>in</strong>nen<br />
f<strong>in</strong>anzielle <strong>in</strong>teressen. K<strong>und</strong><strong>in</strong>nen eventuell<br />
zu verlieren, weil e<strong>in</strong>e andere <strong>in</strong>terventionsform<br />
s<strong>in</strong>nvoller wäre, schmerzt natürlich. K<strong>und</strong><strong>in</strong>nenorientierung<br />
<strong>und</strong> qualitätssicherung be<strong>in</strong>haltet<br />
aber genau dies zu tun.<br />
Elke Schwertfeger<br />
Literatur<br />
Schreyögg, Astrid, Coach<strong>in</strong>g, E<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>führung für<br />
Praxis <strong>und</strong> Ausbildung, Frankfurt 2003<br />
«<br />
KONTAKT<br />
Elke Schwertfeger,<br />
Elke.Schwertfeger@zweisicht.de<br />
15
»<br />
16 qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
Peter Knapp,<br />
Germanist, Romanist,<br />
Coach, Mediator <strong>und</strong><br />
Ausbilder BM, Leiter der<br />
Fachgruppe MiO/<br />
Wirtschafts<strong>mediation</strong> im BM<br />
Coach<strong>in</strong>g oder Mediation<br />
zur Bearbeitung von Konflikten<br />
Coach<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Mediation können beide<br />
zur Konfliktbearbeitung e<strong>in</strong>gesetzt werden.<br />
In diesem Beitrag wird anhand von Praxisbeispielen<br />
erörtert, welche Beratungsform<br />
für welche Art von Konfliktsituationen<br />
geeigneter ist.<br />
„Bei Coach<strong>in</strong>g geht es fast<br />
immer um Konflikte.”<br />
aussage e<strong>in</strong>es erfahrenen coachs<br />
Beispiel 1: Der Konflikt mit der Chef<strong>in</strong><br />
im ersten telefongespräch teilt Frau S. mit, dass<br />
es um e<strong>in</strong>en Konflikt mit ihrer chef<strong>in</strong> geht. Sie<br />
schildert kurz die ihr unerträgliche, aktuelle Situation.<br />
e<strong>in</strong> erster term<strong>in</strong> wird verabredet. nach der<br />
telefonischen Darstellung von Frau S. bleibt für<br />
den Berater offen, ob sie e<strong>in</strong>e Mediation oder<br />
e<strong>in</strong> coach<strong>in</strong>g beabsichtigt. Se<strong>in</strong> erster impuls<br />
geht <strong>in</strong> richtung Mediation.<br />
im persönlichen erstgespräch legt Frau S. ausführlich<br />
die schwierige Situation mit ihrer chef<strong>in</strong><br />
dar. ihr zentrales Problem ist die eigene reaktion<br />
– sie fühlt sich kle<strong>in</strong> <strong>und</strong> reagiert zunehmend<br />
gereizt. Jede antwort legt sie gegen sich gerichtet<br />
aus. nach der Konfliktdarstellung stellt der<br />
Berater alternativ Mediation <strong>und</strong> coach<strong>in</strong>g vor.<br />
Mediation bedeute, dass Frau S. mit ihrer chef<strong>in</strong><br />
geme<strong>in</strong>sam den Konflikt bearbeitet. Frau S. reagiert<br />
erstaunt. Sie hatte sich vorgestellt, für sich<br />
persönlich e<strong>in</strong>e Beratung zu bekommen.<br />
an e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Klärung sei sie zum jetzigen<br />
zeitpunkt nicht <strong>in</strong>teressiert. Das könne sich ja<br />
noch ändern. Die Beratungsanfrage konkretisiert<br />
sich hiermit. Der Berater stellt coach<strong>in</strong>g als <strong>in</strong>dividuelle<br />
Unterstützung vor. Frau S. sche<strong>in</strong>t erleichtert.<br />
Genau das hatte sie sich vorgestellt. Konkret<br />
möchte sie das nächste telefongespräch mit<br />
ihrer chef<strong>in</strong> gut führen <strong>und</strong> darauf gut vorbereitet<br />
se<strong>in</strong>.<br />
Beispiel 2: Der Konflikt mit der Mitarbeiter<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong> hauptabteilungsleiter veranlasst e<strong>in</strong> coach<strong>in</strong>g<br />
für e<strong>in</strong>en abteilungsleiter, der sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Konflikt<br />
mit e<strong>in</strong>er Mitarbeiter<strong>in</strong> bef<strong>in</strong>det. er soll lernen,<br />
besser mit dieser Mitarbeiter<strong>in</strong> zu kommunizieren<br />
<strong>und</strong> diese konfliktfreier zu führen. Das coach<strong>in</strong>g<br />
wird auch von dem abteilungsleiter gewünscht.<br />
nach mehreren coach<strong>in</strong>gsitzungen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er<br />
weiteren eskalation des Konflikts beauftragt der<br />
hauptabteilungsleiter zusätzlich e<strong>in</strong>e Mediation.<br />
Der coach <strong>und</strong> der/die Mediator<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d unterschiedliche<br />
Personen. Der/die Mediator<strong>in</strong> weiß<br />
zunächst nichts von dem coach<strong>in</strong>g.<br />
Beispiel 3: Probleme mit der Architekt<strong>in</strong><br />
Die Führung e<strong>in</strong>er abteilung, Frau a <strong>und</strong> herr B,<br />
haben mit der leitenden architekt<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e schwierige<br />
Situation. Die architekt<strong>in</strong> ist seit acht Jahren<br />
im Unternehmen. Der Umgang mit ihr sei immer<br />
schwierig gewesen. Bisher hatte sie immer sehr<br />
gute arbeitsergebnisse geliefert, was aber seit<br />
e<strong>in</strong>iger zeit auch nicht mehr der Fall ist. Der Konflikt<br />
wirke sich <strong>in</strong>zwischen auf das ganze team<br />
aus. Frau a <strong>und</strong> herr B s<strong>in</strong>d soweit, sich von der<br />
architekt<strong>in</strong> zu trennen, wenn nicht e<strong>in</strong>e gr<strong>und</strong>legende<br />
veränderung e<strong>in</strong>tritt. Die Personalleiter<strong>in</strong><br />
hat e<strong>in</strong> Gespräch mit e<strong>in</strong>em Berater empfohlen,<br />
dessen qualifikation als coach <strong>und</strong> Mediator<br />
bekannt ist. es ist weder von Mediation noch<br />
von coach<strong>in</strong>g die rede, lediglich e<strong>in</strong> beratendes<br />
Gespräch wird gewünscht. Der Berater wird<br />
<strong>in</strong> zwei Sitzungen mit den beiden Führungskräften<br />
die Situation sortieren. Danach wollen Sie erst e<strong>in</strong>mal<br />
das jährliche Mitarbeitergespräch abwarten<br />
<strong>und</strong> die ratschläge zur Kommunikation aus der<br />
Beratung anwenden. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em späteren Feedback<br />
erfährt der Berater, dass die Mitarbeiter<strong>in</strong><br />
sich seit der Beratung ganz anders verhalte <strong>und</strong><br />
der Konflikt aktuell gar nicht mehr existiere.<br />
Beispiel 4: Die Unternehmensnachfolge<br />
Der Unternehmensnachfolger, herr X, wurde vom<br />
entscheidungsbefugten Gremium der Gesellschafter<br />
entlassen. Darüber geraten die Gesellschafter<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Konflikt, der den Fortbestand<br />
des Unternehmens gefährdet. es kommt zwischen<br />
den Gesellschaftern zur Mediation. im verlauf<br />
der Mediation wird immer deutlicher, dass es<br />
für den Mediationsprozess hilfreich wäre, wenn<br />
der entlassene Unternehmensnachfolger e<strong>in</strong>e<br />
<strong>in</strong>dividuelle Unterstützung <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es coach<strong>in</strong>gs<br />
erhalten könnte, um zu se<strong>in</strong>er persönlichen<br />
zukunftsplanung zu arbeiten.<br />
Der Mediator sucht das e<strong>in</strong>zelgespräch mit herrn<br />
X <strong>und</strong> unterbreitet ihm se<strong>in</strong>en vorschlag e<strong>in</strong>es<br />
e<strong>in</strong>zelcoach<strong>in</strong>gs. herr X kann sich das vorstellen,<br />
aber nur, wenn das coach<strong>in</strong>g von dem Mediator<br />
gemacht wird. Der Mediator lehnt ab, um se<strong>in</strong>e<br />
Unparteilichkeit zu wahren.<br />
Die Beispiele verdeutlichen, wie unterschiedlich <strong>in</strong><br />
Konfliktsituationen mit der Frage nach coach<strong>in</strong>g<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
oder Mediation umgegangen wird. im Beispiel 1<br />
wird bei der auftragsklärung sehr schnell deutlich,<br />
dass die K<strong>und</strong><strong>in</strong> für sich e<strong>in</strong>e Unterstützung <strong>in</strong> der<br />
Konfliktsituation sucht. Sie plädiert deutlich für e<strong>in</strong><br />
coach<strong>in</strong>g. im Beispiel 2 wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er hocheskalierten<br />
Situation e<strong>in</strong> coach<strong>in</strong>g <strong>in</strong>itiiert, <strong>in</strong> der hoffnung,<br />
dass dies e<strong>in</strong>e positive Wirkung auf den<br />
Konflikt mit dem Mitarbeiter hat. erst als der Konflikt<br />
weiter eskaliert, wird zusätzlich e<strong>in</strong>e Mediation<br />
beauftragt. coach<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Mediation ergänzen<br />
sich. im Beispiel 3 ist weder von coach<strong>in</strong>g noch<br />
von e<strong>in</strong>er Mediation die rede. e<strong>in</strong>e abteilungsleitung<br />
wird zum Umgang mit e<strong>in</strong>er Mitarbeiter<strong>in</strong> im<br />
S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es teamcoach<strong>in</strong>gs beraten. im Beispiel<br />
4 ist e<strong>in</strong>e Mediation <strong>in</strong> vollem Gange <strong>und</strong> ähnlich<br />
wie im Beispiel 1 wird zusätzlich e<strong>in</strong> coach<strong>in</strong>g<br />
empfohlen, da es e<strong>in</strong>e Möglichkeit der <strong>in</strong>dividuellen<br />
Beratung bietet, die <strong>in</strong> der Mediation mit den<br />
anwesenden Konfliktparteien nicht möglich ist.<br />
Die folgenden Punkte fassen die Beziehung zwischen<br />
coach<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Mediation zusammen.<br />
a) Konflikt als Voraussetzung<br />
e<strong>in</strong> Konflikt kann anlass für e<strong>in</strong> coach<strong>in</strong>g se<strong>in</strong>,<br />
ist aber nicht voraussetzung. Ganz anders <strong>in</strong> der<br />
Mediation, die ohne Konflikt nicht anwendbar ist.<br />
b) Die Beteiligung der Konfliktparteien<br />
Die Mediation braucht die e<strong>in</strong>willigung beider<br />
Konfliktpartner<strong>in</strong>nen zur teilnahme. Scheitert die<br />
Mediation an der e<strong>in</strong>willigung der zweiten Partei,<br />
kann coach<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>e Möglichkeit se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>seitige<br />
Beratung durchzuführen. e<strong>in</strong>e Konfliktpartei<br />
kann für sich lernen, zukünftig anders mit dem<br />
Konflikt umzugehen.<br />
coach<strong>in</strong>g arbeitet meist mit e<strong>in</strong>zelpersonen. Der<br />
coach arbeitet mit e<strong>in</strong>er Konfliktpartei <strong>und</strong> hat<br />
die Sichtweise des Konflikts der e<strong>in</strong>zelperson. Die<br />
abwesenheit der anderen Konfliktpartei hat den<br />
vorteil, dass im coach<strong>in</strong>g sehr persönliche Fragen<br />
thematisiert werden können. im Beispiel 1<br />
„Konflikt mit der chef<strong>in</strong>” möchte Frau S. an ihrem<br />
verhalten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Konfliktsituation arbeiten <strong>und</strong><br />
sich nicht mit ihrer chef<strong>in</strong> konfrontieren.<br />
c) Sichtweisen<br />
<strong>in</strong> der Mediation s<strong>in</strong>d die Sichtweisen beider Konfliktparteien<br />
präsent. Jede Konfliktpartei schildert<br />
den Konflikt aus ihrer Sicht. es gibt ke<strong>in</strong> richtig<br />
oder falsch. Die unterschiedlichen Sichtweisen<br />
werden mite<strong>in</strong>ander konfrontiert.<br />
im coach<strong>in</strong>g ist die andere Konfliktpartei nur<br />
durch die erzählung der coachees 1 präsent. Der<br />
coach arbeitet mit der Wirklichkeit der coachees<br />
<strong>in</strong> dem Bewusstse<strong>in</strong>, dass die andere Konfliktpartei<br />
e<strong>in</strong>e andere Wirklichkeit hat. Wird der coa-<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
chee befragt, wie die andere Konfliktpartei dies<br />
sieht, kann er wieder nur aus se<strong>in</strong>er Sicht berichten.<br />
Die Beratung e<strong>in</strong>er Person hat den nachteil, dass<br />
die Sichtweise des coachees durch die andere<br />
Konfliktpartei nicht direkt korrigiert werden kann.<br />
d) Unparteilichkeit<br />
Der Mediator ist unparteilich, er darf weder werten<br />
noch emotional bevorzugen. Der coach ist<br />
nicht unbed<strong>in</strong>gt parteiisch – er ist empathisch<br />
<strong>und</strong> hat verständnis für den coach. Der coach<br />
kann durch Feedback se<strong>in</strong>e eigene Me<strong>in</strong>ung <strong>in</strong><br />
den coach<strong>in</strong>gprozess e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen, was e<strong>in</strong> Mediator<br />
tunlichst unterlassen soll.<br />
e) Rollenklarheit<br />
im Beispiel 4 schlägt der Mediator e<strong>in</strong> coach<strong>in</strong>g<br />
vor. Der Mediand nimmt den vorschlag an, aber<br />
nur, wenn der Mediator ihn coacht. Der Mediator<br />
lehnt ab, weil er se<strong>in</strong>e unparteiliche rolle <strong>in</strong> Gefahr<br />
sieht. auch wenn der Mediator für sich unparteilich<br />
bleiben könnte, wird er von den Konfliktparteien<br />
womöglich nicht mehr als unparteiisch angesehen.<br />
Die Doppelrolle Mediator/coach <strong>in</strong>nerhalb<br />
e<strong>in</strong>er Mediation ist schwierig. nach abschluss der<br />
Mediation wäre e<strong>in</strong> coach<strong>in</strong>g möglich. im Beispiel<br />
4 hat der Mediand die empfehlung anderer<br />
coachs nicht angenommen. Die chancen e<strong>in</strong>es<br />
begleitenden coach<strong>in</strong>gs konnten nicht genutzt<br />
werden.<br />
im rahmen e<strong>in</strong>es coach<strong>in</strong>gs kann bei der<br />
Besprechung e<strong>in</strong>es Konflikts die Frage nach e<strong>in</strong>er<br />
Mediation zwischen coachee <strong>und</strong> zum Beispiel<br />
e<strong>in</strong>er anderen Führungskraft auftauchen. Der<br />
coach selbst kommt als Mediator wegen der<br />
unparteilichen rolle des Mediators nicht <strong>in</strong> Frage,<br />
besonders wenn er e<strong>in</strong>e der Konfliktparteien über<br />
längere zeit gecoacht hat.<br />
f) Ratschläge<br />
<strong>in</strong> der Mediation s<strong>in</strong>d ratschläge des Mediators<br />
verboten. es wird immer wieder diskutiert, <strong>in</strong>wieweit<br />
e<strong>in</strong> vorschlag nicht <strong>in</strong>direkt an den vermittlungstisch<br />
gebracht werden darf, wenn die Konfliktparteien<br />
selbst e<strong>in</strong>e naheliegende lösung<br />
nicht sehen.<br />
im coach<strong>in</strong>g gibt es unterschiedliche ansätze<br />
zu ratschlägen. „Beraten ohne ratschlag” ist der<br />
ansatz der Systemiker<strong>in</strong> Sonja raddatz. Der coach<br />
soll ke<strong>in</strong>e ratschläge geben. Ulrich Dehner („Der<br />
coach als Führungskraft”) h<strong>in</strong>gegen betont, dass<br />
im coach<strong>in</strong>g Feedback <strong>und</strong> auch ratschläge<br />
erlaubt s<strong>in</strong>d. nach ihm sollte der coach die Möglichkeit<br />
nutzen, se<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>druck zur verfügung zu<br />
stellen, auch durchaus konfrontativ.<br />
«<br />
1/ die gecoachten<br />
Personen<br />
17
»<br />
18 qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
KONTAKT<br />
Peter Knapp,<br />
p.knapp@komberl<strong>in</strong>.de<br />
g) Wirtschaftlichkeit<br />
effizienz <strong>und</strong> Schnelligkeit könnte e<strong>in</strong> argument für<br />
coach<strong>in</strong>g se<strong>in</strong>, wenn der Konflikt durch die arbeit<br />
mit e<strong>in</strong>er Person gelöst wird <strong>und</strong> die arbeitsfähigkeit<br />
wieder hergestellt ist. ebenso lässt sich dies<br />
von der Mediationsseite her argumentieren.<br />
von e<strong>in</strong>er coach<strong>in</strong>gmaßnahme ist abzusehen,<br />
wenn die lösung des Konflikts nur mit der/anderen<br />
Konfliktpartei/en möglich ist. Dann müsste es<br />
zur Mediation gebracht werden. aus wirtschaftlichen<br />
Gründen könnte e<strong>in</strong> coach daran <strong>in</strong>teressiert<br />
se<strong>in</strong>, am coach<strong>in</strong>g fest zu halten, obwohl<br />
die Konfliktdiagnose ergeben hat, dass Mediation<br />
die effizientere Bearbeitung wäre. Bietet der<br />
Berater coach<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Mediation an, wäre mit<br />
dem Formatwechsel ke<strong>in</strong>e wirtschaftlichen e<strong>in</strong>bußen<br />
verb<strong>und</strong>en. Für Mediator<strong>in</strong>nen verhält es sich<br />
gleich. e<strong>in</strong> Konflikt legt e<strong>in</strong> coach<strong>in</strong>g nahe. Der/<br />
die Mediator<strong>in</strong> sollte den Fall an e<strong>in</strong>en coach<br />
weiterleiten.<br />
Mediation statt Coach<strong>in</strong>g<br />
im Beispiel 2 „Konflikt mit der Mitarbeiter<strong>in</strong>” wird<br />
zusätzlich zum coach<strong>in</strong>g noch e<strong>in</strong>e Mediation<br />
begonnen. es sche<strong>in</strong>t so, als ob das coach<strong>in</strong>g<br />
nicht zur Konfliktlösung geführt hat. Offen bleibt<br />
<strong>in</strong> dem Beispiel, ob das coach<strong>in</strong>g den Konflikt<br />
abgemildert oder eher verschärft hat? es<br />
gibt Konfliktkonstellationen, die mit e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>seitigen<br />
Beratung <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es coach<strong>in</strong>gs unter<br />
ganz bestimmten voraussetzungen den Konflikt<br />
noch stärker eskalieren oder zum<strong>in</strong>dest die Konflikteskalation<br />
nicht stoppen. im Beispiel zwei ist<br />
der abteilungsleiter der Starke <strong>in</strong> dem Konflikt.<br />
auf se<strong>in</strong>er hierarchieebene hat er anspruch auf<br />
e<strong>in</strong> coach<strong>in</strong>g. Se<strong>in</strong>e Mitarbeiter<strong>in</strong>, mit der er im<br />
Konflikt ist, hat diesen anspruch nicht. Durch e<strong>in</strong><br />
coach<strong>in</strong>g der starken Konfliktpartei besteht die<br />
Gefahr, bei e<strong>in</strong>em hocheskalierten Konflikt, die<br />
Konfliktdynamik noch weiter zu verstärken, was<br />
sich im Beispiel 2 andeutet. an dem Konfliktmuster<br />
zwischen den Konfliktparteien ändert das<br />
coach<strong>in</strong>g nicht gr<strong>und</strong>legend etwas solange der<br />
Konflikt nicht gelöst ist. Desto eskalierter der Konflikt<br />
ist, desto wichtiger kann die e<strong>in</strong>beziehung<br />
beider Konfliktparteien se<strong>in</strong>, was <strong>in</strong> der Mediation<br />
der Fall ist.<br />
Coach<strong>in</strong>g statt Mediation<br />
<strong>in</strong> Konfliktsituationen ist die Dialogfähigkeit der<br />
Konfliktparteien stark e<strong>in</strong>geschränkt. Die Konfliktparteien<br />
können zudem nicht bereit se<strong>in</strong>, sich<br />
mit der anderen Konfliktpartei zu konfrontieren.<br />
<strong>in</strong> diesen Fällen ist coach<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>e gute Möglichkeit,<br />
wenigstens e<strong>in</strong>er Konfliktpartei e<strong>in</strong>e Unterstützung<br />
zu geben. Oder beide Parteien lassen sich<br />
getrennt coachen, um sich <strong>in</strong> der Begegnung<br />
konflitklösender zu verhalten.<br />
e<strong>in</strong> coach<strong>in</strong>g kann auch den effekt des „cool<strong>in</strong>g<br />
down”, dem abkühlen haben, wenn hohe<br />
emotionalität den Konflikt begleitet.<br />
coach<strong>in</strong>g kann zur Konfliktprophylaxe e<strong>in</strong>gesetzt<br />
werden. e<strong>in</strong>e Führungskraft identifiziert schwierige<br />
Situationen mit e<strong>in</strong>em/r Mitarbeiter<strong>in</strong> <strong>und</strong> lernt im<br />
coach<strong>in</strong>g, sich deeskalierend <strong>und</strong> zielführend zu<br />
verhalten.<br />
Coach<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Mediation<br />
Der Beitrag hat gezeigt, dass coach<strong>in</strong>g <strong>und</strong><br />
Mediation sich zur Konfliktbearbeitung oft gut<br />
ergänzen können, wenn die rollen des Beraters<br />
<strong>und</strong> das Beratungsformat klar s<strong>in</strong>d. Das verlangt<br />
von der ausbildung von coachs, dass<br />
sie von Mediation Kenntnis haben <strong>und</strong> von der<br />
ausbildung von Mediator<strong>in</strong>nen, dass sie über<br />
coach<strong>in</strong>g Bescheid wissen.<br />
Peter Knapp<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
Management<br />
<strong>und</strong> Mediation<br />
Erweiterte Perspektiven durch die Kooperation<br />
von zwei unterschiedlichen Diszipl<strong>in</strong>en<br />
1. Management & Mediation –<br />
zwei gegensätzliche Welten?<br />
Was haben diese beiden themen mite<strong>in</strong>ander zu<br />
tun? Die „gefühlte Differenz” sche<strong>in</strong>t groß:<br />
Management bedeutet ergebnisse zu produzieren.<br />
Dafür wird e<strong>in</strong>e Strategie entwickelt, ziele<br />
<strong>und</strong> Prioritäten def<strong>in</strong>iert die als leitplanken für das<br />
Jonglieren mit zahlen, Daten <strong>und</strong> Fakten dienen.<br />
es werden entscheidungen getroffen, Maßnahmen<br />
beschlossen <strong>und</strong> die ergebnisse der<br />
Umsetzung kontrolliert. Schließlich werden Konsequenzen<br />
aus e<strong>in</strong>er ermittelten Soll-ist-Differenz<br />
abgeleitet <strong>und</strong> dann beg<strong>in</strong>nt der ganze regelkreis<br />
wieder von vorne.<br />
2. Die beiden Prozesse im Vergleich<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
Mediation hat etwas zu tun mit empathie, Wertschätzung,<br />
vertrauen <strong>und</strong> Menschse<strong>in</strong>. es ist wie<br />
e<strong>in</strong>e reise mit e<strong>in</strong>em ziel, von dem man nur e<strong>in</strong>e<br />
vage vorstellung hat. es erfordert das Sich-e<strong>in</strong>lassen<br />
auf etwas Unkalkulierbares.<br />
hier zunächst zwei Def<strong>in</strong>itionen:<br />
Management<br />
beschreibt e<strong>in</strong>en Prozess,<br />
bei dem durch gezieltes Handeln<br />
unter nutzung von ressourcen<br />
erwünschte oder geplante<br />
ergebnisse erreicht werden sollen.<br />
Schritt allgeme<strong>in</strong> Management Mediation<br />
1) Ermittlung<br />
der IstSituation<br />
2) Ermittlung<br />
des Ziels<br />
3) Suche nach<br />
möglichen Wegen<br />
4) Auswahl<br />
geeigneter Wege<br />
5) Umsetzung<br />
der Maßnahmen<br />
6) Überprüfung<br />
der Wirksamkeit<br />
Bestandsaufnahme:<br />
Wo stehen wir?<br />
zielsetzung:<br />
Woh<strong>in</strong> soll es gehen?<br />
Planung:<br />
Wie/womit können wir das ziel<br />
erreichen?<br />
entscheidung:<br />
So machen wir es<br />
Durchführung:<br />
Jetzt wird gehandelt<br />
Kontrolle:<br />
Wie gut haben wir unser ziel<br />
erreicht?<br />
Mediation<br />
beschreibt e<strong>in</strong>en Prozess,<br />
bei dem durch gezieltes Suchen<br />
unter Beachtung von Bedürfnissen<br />
e<strong>in</strong> unbekanntes Bild e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>sam<br />
gewünschten zukunft entwickelt <strong>und</strong><br />
die Umsetzung sichergestellt wird.<br />
Bestandsaufnahme<br />
Phase 2 <strong>und</strong> 3:<br />
Wer hat was wie erlebt?<br />
ende von Phase 3:<br />
Wem ist was wichtig?<br />
Phase 4 – lösungsoptionen:<br />
Wie können wir unsere Wünsche<br />
verwirklichen?<br />
ende Phase 4, lösungsauswahl:<br />
So machen wir es<br />
Der alltag:<br />
Die lösung auf dem Prüfstand<br />
nachgespräch:<br />
Wie gut haben wir unsere lösung<br />
umsetzen können?<br />
«<br />
Thomas Robrecht,<br />
Berater für Personal <strong>und</strong><br />
Organisationsentwicklung,<br />
Mediator, Tra<strong>in</strong>er,<br />
Gesellschafter von<br />
SOKRATeam<br />
19
20<br />
»<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
Wenn ich die alltagspraxis der beiden Prozesse<br />
vergleiche, so erlebe ich Mediation als wesentlich<br />
wirkungsvoller. hier sche<strong>in</strong>t die Mediation<br />
etwas zu bieten zu haben, was <strong>in</strong> der Umsetzung<br />
des Managements zu wünschen übrig lässt. Dort<br />
lassen sich immer wieder typische hürden beobachten.<br />
Diese hürden kosten viele wertvolle ressourcen<br />
wie zeit, Geld, Motivation <strong>und</strong> lassen<br />
leistungsbereitschaft wirkungslos verpuffen.<br />
e<strong>in</strong>ige Beispiele:<br />
› Bei der Bestandsaufnahme zeigt sich mangelnde<br />
Bereitschaft, fremde Sichtweisen als<br />
Bereicherung der eigenen zu betrachten.<br />
› ziele werden unklar def<strong>in</strong>iert <strong>und</strong> zielvorstellungen<br />
nur vage geäußert.<br />
› Planung <strong>und</strong> entscheidung werden von der<br />
zielunklarheit e<strong>in</strong>geholt <strong>und</strong> speisen den teufelskreis<br />
von verhalten <strong>und</strong> der unterstellten<br />
absicht. verschärfend wirkt der zunehmende<br />
lösungsdruck.<br />
› Schließlich wird ke<strong>in</strong> Mensch se<strong>in</strong> volles<br />
engagement <strong>in</strong> die Umsetzung von absprachen,<br />
vere<strong>in</strong>barungen <strong>und</strong> Maßnahmenpläne<br />
setzen. Die Motivation ist blockiert,<br />
(noch) vorhandene handlungsenergie<br />
verpufft.<br />
› Bei der Kontrolle gelangt nun der „Weg<br />
des Scheiterns” auf se<strong>in</strong>en höhepunkt. Die<br />
gesetzten ziele wurden nicht erreicht, <strong>und</strong><br />
die energien konzentrieren sich ausschließlich<br />
auf die Suche nach dem Schuldigen.<br />
leider handelt es sich hierbei um ke<strong>in</strong>e Übertreibungen.<br />
Gleichzeitig gibt es aber auch viele<br />
Beispiele, <strong>in</strong> denen es gut läuft.<br />
3. Hilfreiches aus der Mediation<br />
Mit mediativer Kompetenz lassen sich die hürden<br />
erfolgreich meistern.<br />
Dabei wirken sie als Wegbegleiter<strong>in</strong>nen über<br />
den gesamten Prozess. erfolgsentscheidend s<strong>in</strong>d<br />
nicht so sehr die Methoden, sondern vielmehr<br />
die haltung, mit der die Methoden angewandt<br />
werden.<br />
als haltung bezeichnet v. Frankl die Gr<strong>und</strong>lage,<br />
basierend auf den eigenen normen, idealen<br />
<strong>und</strong> Werten, die das handeln prägen. Mediative<br />
haltung bedeutet für mich, verantwortung<br />
zu übernehmen für das eigene Denken, Fühlen,<br />
Wollen <strong>und</strong> handeln. Das gel<strong>in</strong>gt nur mit<br />
der Fähigkeit <strong>und</strong> Bereitschaft zur Selbstreflexion<br />
sowie mit dem Willen des lebenslangen lernens.<br />
hier e<strong>in</strong>ige der erforderlichen Fähigkeiten <strong>und</strong><br />
Kompetenzen.<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
akzeptanz der andersartigkeit<br />
emotionalität zulassen können<br />
Bef<strong>in</strong>dlichkeiten erspüren („Gefühle atmen”)<br />
<strong>und</strong> benennen<br />
im aggressiven verhalten die dah<strong>in</strong>ter<br />
liegende not erkennen<br />
Widerstände wahrnehmen, ansprechen<br />
<strong>und</strong> würdigen<br />
(negative) Bewertungen wertneutral<br />
umformulieren<br />
Geme<strong>in</strong>samkeiten erkennen <strong>und</strong><br />
hervorheben<br />
eigene Wahrnehmungen zur konstruktiven<br />
Konfrontation e<strong>in</strong>setzen<br />
temporäre lösungslosigkeit aushalten<br />
Über (Selbst-)Sicherheit im Umgang mit der<br />
Unsicherheit verfügen<br />
4. E<strong>in</strong>e weitere wichtige Geme<strong>in</strong>samkeit:<br />
Lernprozesse<br />
Bei Management <strong>und</strong> Mediation geht es immer<br />
auch um die Gestaltung von lernprozessen.<br />
Peter Kruse hat <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Buch „erfolgreiches<br />
Management von <strong>in</strong>stabilität” beschrieben, wie<br />
lernprozesse verlaufen, wo hürden liegen <strong>und</strong><br />
was hilfreich ist. Dabei wurde mir das Potenzial<br />
mediativer haltung <strong>in</strong>sbesondere für veränderungsprozesse<br />
nochmals deutlich.<br />
Diese verlaufen <strong>in</strong> typischen Phasen:<br />
1) Leistungssteigerung<br />
vorhandenes wird kont<strong>in</strong>uierlich verbessert <strong>und</strong><br />
hat e<strong>in</strong>e deutliche leistungssteigerung zur Folge.<br />
2) Stagnation<br />
irgendwann kommt <strong>in</strong> Punkt, an dem weitere<br />
Optimierungen kaum noch erfolge br<strong>in</strong>gen, das<br />
Bekannte funktioniert plötzlich nicht mehr.<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
3) Neues testen<br />
neues wird ausprobiert <strong>und</strong> br<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong> leistungsabfall<br />
mit sich.<br />
Genau <strong>in</strong> dieser 3. Phase liegt der kritische Punkt:<br />
Der leistungsabfall wird als impuls genutzt, um<br />
schnell auf das altbewährte zurückzugreifen.<br />
Gleichzeitig stärkt sich die Überzeugung:<br />
„Das neue geht nicht!”<br />
Wenn dann z. B. durch äußere e<strong>in</strong>flüsse e<strong>in</strong> veränderungszwang<br />
besteht, folgt schließlich der<br />
totale absturz <strong>und</strong> die vision des Scheiterns wird<br />
realität:<br />
Wenn nicht bald e<strong>in</strong>e Weiche kommt, s<strong>in</strong>d wir<br />
verloren!<br />
Betrachten wir nun, was passiert, wenn der temporäre<br />
leistungsabfall akzeptiert wird <strong>und</strong> ke<strong>in</strong><br />
vorschneller rückgriff auf das altbewährte erfolgt.<br />
5. Unterschiedliche Managementformen<br />
Damit lassen sich im Management zwei Formen unterscheiden:<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
4) Sucherfolg<br />
Der temporäre leistungsabfall stagniert.<br />
5) Umsetzungserfolg<br />
nach e<strong>in</strong>er Weile des Übens stellen sich schließlich<br />
die ersten erfolge e<strong>in</strong>.<br />
6) Leistungssteigerung<br />
So wird das neue zum Bekannten <strong>und</strong> kann weiter<br />
optimiert werden (Wie <strong>in</strong> Schritt 1, nur auf<br />
höherem niveau).<br />
Wenn Funktionsoptimierung zu ke<strong>in</strong>er nennenswerten<br />
leistungssteigerung führt, wird e<strong>in</strong> Prozessmusterwechsel<br />
benötigt, der ebenfalls zu e<strong>in</strong>em<br />
leistungsabfall führt, wenn auch nur temporär.<br />
Um das neue Muster zu f<strong>in</strong>den, ist e<strong>in</strong>e Suchbewegung<br />
<strong>in</strong>s Unbekannte erforderlich.<br />
Management von Bekanntem von Unbekanntem<br />
Ergebnis zu Beg<strong>in</strong>n bekannt unbekannt<br />
Beispiel e<strong>in</strong> haus bauen, Umsätze erhöhen,<br />
Prozesse <strong>und</strong> Produkte verbessern,<br />
Funktionen optimieren,...<br />
Gr<strong>und</strong>satz sich weiterbewegen auf bekannten<br />
Wegen<br />
„Leuchtturm” für die<br />
Handlungsorientierung<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
e<strong>in</strong> klar def<strong>in</strong>iertes <strong>und</strong> objektiv messbares<br />
ziel vor augen<br />
1492 begibt sich columbus auf die Suche<br />
nach e<strong>in</strong>em Westweg nach <strong>in</strong>dien –<br />
<strong>und</strong> entdeckt amerika<br />
sich auf die Suche begeben nach neuen<br />
<strong>und</strong> unbekannten Wegen<br />
e<strong>in</strong>e (vage) vision vor augen<br />
Gr<strong>und</strong>sätze Funktionsoptimierung Prozessmusterwechsel<br />
Situation e<strong>in</strong>fach komplex e<strong>in</strong>fach komplex<br />
Handlungsstrategie Steuerung regelung versuch <strong>und</strong> irrtum Selbstorganisation<br />
«<br />
21
22<br />
»<br />
Unterschiedliche<br />
Managementformen<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
Funktionspr<strong>in</strong>zip Ursache –<br />
Wirkung<br />
Soll – ist –<br />
abgleich<br />
Beispiele Maßnahmeplan zielvere<strong>in</strong>barungen Mediationsphasen<br />
2 + 3<br />
Handlungswegweiser ziel- <strong>und</strong> ergebnisorientierung<br />
Beitrag zum Ganzen leisten<br />
Konzentration auf Weniges & Wichtiges<br />
vertrauen mit Kontrolle<br />
Organisieren<br />
entscheiden<br />
Kontrollieren<br />
Menschen entwickeln <strong>und</strong> fördern<br />
Suchbewegung Musterwechsel<br />
Mediationsphasen<br />
4 + 5<br />
Störung als veränderungsimpuls nutzen<br />
temporären leistungsabfall e<strong>in</strong>kalkulieren<br />
Sicherheit <strong>in</strong> der Unsicherheit tra<strong>in</strong>ieren<br />
vorhandene Muster aktiv destabilisieren<br />
vision <strong>und</strong> emotionale resonanz bilden<br />
querdenken <strong>und</strong> risikoübernahme fördern<br />
maximale Prozesstransparenz schaffen<br />
lösungsorientierte Kommunikation fördern<br />
nun stellt sich auf der Suche nach dem „richtigen” Weg die Frage, wann ist e<strong>in</strong>e Funktionsoptimierung<br />
<strong>und</strong> wann e<strong>in</strong> Prozessmusterwechsel angesagt? Die erörterung dieser wichtigen Frage hat e<strong>in</strong>en großen<br />
haken: Sie führt zur Polarisierung zwischen veränderern <strong>und</strong> Bewahrern <strong>und</strong> birgt die Gefahr der<br />
ergebnisblockierenden Wirkung. Deshalb wird e<strong>in</strong> Prozessdesign benötigt, das sowohl die identitätsstärkung<br />
über Polarisation fördert <strong>und</strong> gleichzeitig die ergebnisorientierung über <strong>in</strong>tegration sichert.<br />
es ist also e<strong>in</strong>e Managementform erforderlich, die beide aspekte vere<strong>in</strong>t:<br />
6. Mediatives Management<br />
aus den Gesetzmäßigkeiten <strong>und</strong> erkenntnissen von gescheiterten <strong>und</strong> erfolgreichen Management-,<br />
Mediations- <strong>und</strong> lernprozessen lässt sich e<strong>in</strong>e alltagstaugliche vorgehensweise für sicheres Management<br />
von Unsicherheit ableiten.<br />
Beim mediativen Management handelt es sich um e<strong>in</strong>en kont<strong>in</strong>uierlichen Prozess, <strong>in</strong> dem mit<br />
mediativer Kompetenz die konstruktive handlungsfähigkeit der Beteiligten gefördert <strong>und</strong> gefordert wird,<br />
a) um notwendige Prozessmusterwechsel <strong>in</strong> geregelte Bahnen zu lenken,<br />
b) um Funktionsoptimierungen voranzutreiben,<br />
c) um treffsicher zu entscheiden, ob <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er gegebenen Situation a oder b erforderlich ist.<br />
Prozessschritt Aufgabe Wirkung mediativer Haltung<br />
1) IST Geme<strong>in</strong>same Klärung der Frage:<br />
Wo stehen wir?<br />
2) Ideales SOLL e<strong>in</strong> wünschenswertes Bild von der<br />
zukunft entwickeln<br />
3) Mögliche Hürden transparenz über negative erfahrungen herstellen,<br />
raum für die Benennung von Bef<strong>in</strong>dlichkeiten<br />
schaffen, Know-how nutzen<br />
4) Realistisches SOLL geme<strong>in</strong>sam getragene zielvorstellung<br />
entwickeln<br />
erfahrungen nutzen<br />
Problemverständnis fördern<br />
Wünsche benennen<br />
Frustration aushalten<br />
5) Maßnahmenplanung tragfähige entscheidungen herbeiführen veränderungswillen freisetzen<br />
6) Maßnahmendurchführung<br />
7) Kontrolle<br />
des neuen IST<br />
Umsetzungsenergie sichern zum handeln motivieren<br />
ergebnisse bewerten <strong>und</strong> die S<strong>in</strong>nhaftigkeit<br />
der ursprünglichen ziele überprüfen<br />
erfahrungen nutzen<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
Mir diesem vorgehen lässt sich e<strong>in</strong>e spiralförmige entwicklungsschleife gestalten.<br />
Die Frage, ob Prozessmusterwechsel oder Funktionsoptimierung, stellt sich dabei nicht mehr.<br />
Sie wird im Prozess durch das geme<strong>in</strong>same tun beantwortet.<br />
«<br />
Prozessschritte<br />
mediativen<br />
Managements<br />
Die Entwicklungsspirale<br />
im mediativen<br />
Management<br />
23
24<br />
»<br />
KONTAKT<br />
Thomas Robrecht<br />
thomas.robrecht@<br />
sokrateam.de<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
7. Management für Veränderungsprozesse<br />
Durch die Komb<strong>in</strong>ation von Management <strong>und</strong> Mediation wird die Gestaltung von veränderungsprozessen<br />
deutlich vere<strong>in</strong>facht. veränderung hat immer zu tun mit Prozessmusterwechsel <strong>und</strong> deshalb auch<br />
mit Unsicherheit.<br />
Mediatives Management<br />
› verb<strong>in</strong>det klassische Management-<br />
Methoden mit mediativer Kompetenz<br />
› beachtet das ziel <strong>und</strong> den Weg gleichermaßen<br />
durch die Synthese aus verantwortung<br />
für ergebnis <strong>und</strong> Prozess<br />
› beschreibt e<strong>in</strong> Prozessdesign, mit dem die<br />
Steuerung von Funktionsoptimierung <strong>und</strong><br />
Prozessmusterwechsel <strong>in</strong>tegriert ist<br />
› ist die antwort auf die Frage, wie veränderungsprozesse<br />
erfolgreich gestaltet werden!<br />
8. Lernchancen für Management <strong>und</strong> Mediation<br />
Was können nun Management <strong>und</strong> Mediation speziell für die Gestaltung<br />
von veränderungsprozessen vone<strong>in</strong>ander lernen?<br />
Management kann<br />
von Mediation lernen<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
transparenz über vorgehensweisen zu schaffen<br />
Motive für verhaltensweisen zu ergründen<br />
die Menschen ernst nehmen <strong>und</strong> <strong>in</strong> entscheidungsprozesse<br />
e<strong>in</strong>zubeziehen<br />
auch Prozessverantwortung zu übernehmen<br />
Sicherheit im Umgang mit der Unsicherheit<br />
zu erlangen<br />
Fazit<br />
Die erfolgreiche Gestaltung von veränderungsprozessen<br />
erfordert mediative Kompetenzen <strong>und</strong><br />
Managementkompetenz gleichermaßen.<br />
Organisationen, die veränderungsprozesse erfolgreich<br />
gestalten wollen, s<strong>in</strong>d gut beraten, sich der<br />
Unterstützung von Mediator<strong>in</strong>nen zu bedienen.<br />
MediatorInnen, die arbeitsfelder für den e<strong>in</strong>satz<br />
ihrer mediativen Kompetenz außerhalb der<br />
Mediation suchen, f<strong>in</strong>den <strong>in</strong> der Begleitung von<br />
veränderungsprozessen e<strong>in</strong> umfangreiches<br />
Betätigungsfeld.<br />
ManagerInnen, die veränderungsprozesse<br />
durchführen wollen, erhalten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Mediationsausbildung<br />
nach den Standards <strong>und</strong> richtl<strong>in</strong>ien<br />
des BM die erforderliche mediative Kompetenz.<br />
Mediation kann<br />
vom Management lernen<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
sich auf den nutzen des handelns zu konzentrieren<br />
Kontrolle durchzuführen (ergebnis- <strong>und</strong> erfolgsmessung)<br />
die spezifischen Managementwerkzeuge zu nutzen<br />
Polarisation <strong>und</strong> <strong>in</strong>tegration bewusst e<strong>in</strong>setzen<br />
auch ergebnisverantwortung zu übernehmen<br />
auch z.D.F.-Steuerung zuzulassen (zahlen, Daten,<br />
Fakten)<br />
Mit dem Blick auf e<strong>in</strong>satzmöglichkeiten mediativer<br />
Kompetenz außerhalb von Mediationen wird<br />
der auftrag des BM als Fachverband zur Förderung<br />
der verständigung <strong>in</strong> Konflikten um e<strong>in</strong>en<br />
großen präventiven aspekt bereichert.<br />
Mit mediativer Kompetenz lässt sich weitaus<br />
mehr gestalten als nur Mediation. Dieses Denken<br />
erweitert Perspektiven, Spielräume <strong>und</strong> chancen<br />
für Mediator<strong>in</strong>nen. Das erfordert Mut, unbekannte<br />
Wege zu gehen. Und genau das fordern wir ja<br />
auch von unseren K<strong>und</strong><strong>in</strong>nen.<br />
Thomas Robrecht<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
Umgang mite<strong>in</strong>ander –<br />
Betriebsvere<strong>in</strong>barungen<br />
Das Thema Mobb<strong>in</strong>g hat Konjunktur, es<br />
wird an vielen Arbeitsstätten aufgenommen.<br />
Die Fachgruppe „Mediation <strong>in</strong><br />
Organisationen Witschafts<strong>mediation</strong>”<br />
diskutiert schon länger über die Abgrenzung<br />
zwischen Konflikten <strong>und</strong> Mobb<strong>in</strong>g<br />
<strong>und</strong> den „richtigen” Umgang für MediatorInnen<br />
im Arbeitsleben.<br />
Mobb<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Konflikte?<br />
<strong>in</strong> immer mehr Betrieben bekommt das thema<br />
„guter Umgang mite<strong>in</strong>ander”, „Fair Play”,<br />
„Umgang mit Konflikten” oder auch „Mobb<strong>in</strong>g<br />
<strong>und</strong> Schikane” wachsendes Gewicht.<br />
Manchmal kommt die <strong>in</strong>itiative aus der ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit betrieblicher Ges<strong>und</strong>heitsförderung,<br />
manchmal aus der ecke der Personalentwicklung,<br />
oft s<strong>in</strong>d es die Betriebs- <strong>und</strong><br />
Personalrät<strong>in</strong>nen, die die <strong>in</strong>itiative ergreifen, das<br />
Betriebsklima per vere<strong>in</strong>barung zu verbessern <strong>und</strong><br />
e<strong>in</strong> verfahren für den Umgang mit Konflikten e<strong>in</strong>zufordern.<br />
Weil das Klima <strong>in</strong> Betrieben <strong>und</strong> verwaltungen<br />
härter wird, sollen die <strong>in</strong>teressenvertretungen<br />
als Feuerwehr die eskalierten Konflikte „löschen”.<br />
Das können die <strong>in</strong>teressenvertreter oft nicht, weil<br />
es nicht zu ihrer rolle gehört, sondern <strong>in</strong> die Fürsorgepflicht<br />
des Unternehmens <strong>und</strong> damit <strong>in</strong> die Führungsrolle.<br />
Für die Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte ist es<br />
also e<strong>in</strong>e entlastung, wenn die rollen <strong>und</strong> die verantwortlichkeiten<br />
zum Umgang mit Konflikten def<strong>in</strong>iert<br />
werden. aber auch für die anderen akteure im<br />
Betrieb ist es e<strong>in</strong>e erleichterung, wenn klare verabredungen<br />
dazu bestehen, wie mit „schwierigen<br />
Fällen” umgegangen werden soll.<br />
<strong>in</strong> der Fachgruppe „Mediation <strong>in</strong> Organisationen<br />
Witschafts<strong>mediation</strong>” s<strong>in</strong>d wir schnell auf das<br />
thema Mobb<strong>in</strong>g gestoßen, da wir als Mediator<strong>in</strong>nen<br />
<strong>in</strong> Betrieben <strong>und</strong> verwaltungen oft damit<br />
konfrontiert werden, dass e<strong>in</strong> Mobb<strong>in</strong>gvorwurf im<br />
zusammenhang mit Konflikten erhoben wird.<br />
Darum haben wir als Fachgruppe e<strong>in</strong>e Positionsbestimmung<br />
vorgenommen, die so umrissen<br />
werden kann:<br />
Sobald Konfliktpartner<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>en Mobb<strong>in</strong>gvorwurf<br />
erheben, sei er berechtigt oder nicht, ändert<br />
sich die gesamte lage. Den Begriff Mobb<strong>in</strong>g zu<br />
benutzen, signalisiert hilfsbedürftigkeit. Der Konflikt<br />
hat e<strong>in</strong>e täter – Opfer – Konstellation <strong>und</strong> rückt<br />
<strong>in</strong> die nähe von strafrechtlichen oder arbeitsrechtlichen<br />
tatbeständen. Das ruft auch nach<br />
e<strong>in</strong>em „richter” <strong>und</strong> damit werden Mediationen<br />
zum<strong>in</strong>dest erschwert, wenn nicht gar unmöglich.<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
<strong>in</strong> echten Mobb<strong>in</strong>gfällen s<strong>in</strong>d die Betroffenen<br />
so schwer traumatisiert, dass e<strong>in</strong> Konfliktbearbeitungsverfahren<br />
ohne zusätzliche hilfsaktivitäten<br />
für den oder die Betroffenen ohneh<strong>in</strong> nicht mehr<br />
<strong>in</strong> Frage kommt.<br />
zwar geschieht es durchaus, dass aus dem<br />
Stand, also ganz ohne vorlaufenden Konflikt, schikaniert<br />
wird, aber öfter entwickeln sich Mobb<strong>in</strong>ggeschehen<br />
aus ungelösten Konflikten. Führungskräfte<br />
spielen dabei häufig e<strong>in</strong>e unrühmliche<br />
rolle. Obwohl sie nach dem arbeitsschutzgesetz<br />
für das Wohlbef<strong>in</strong>den der Beschäftigten zuständig<br />
s<strong>in</strong>d, fühlen sie sich dem Umgang mit Konflikten<br />
oft nicht gewachsen <strong>und</strong> lassen Konflikte<br />
laufen, solange es geht. Dabei nehmen sie<br />
die eskalation bis h<strong>in</strong> zu Mobb<strong>in</strong>g <strong>in</strong> Kauf. Würden<br />
Konflikte als normale ersche<strong>in</strong>ungen <strong>in</strong> der<br />
zusammenarbeit betrachtet <strong>und</strong> deren lösung<br />
zu e<strong>in</strong>em möglichst frühen zeitpunkt betrieben,<br />
so unsere these, würde es zu weniger Mobb<strong>in</strong>gfällen<br />
kommen.<br />
Das ziel von Betriebsvere<strong>in</strong>barungen sollte also<br />
die möglichst frühzeitige <strong>in</strong>tervention <strong>in</strong> Konflikten<br />
se<strong>in</strong>. Gleichzeitig gilt es, e<strong>in</strong> verfahren <strong>und</strong><br />
ansprechpartner festzulegen, die bei den <strong>in</strong>terventionen<br />
helfen. auch begleitende Maßnahmen<br />
wie Fortbildungen oder ideen zur verbesserung<br />
des Betriebsklimas können vere<strong>in</strong>bart<br />
werden.<br />
Die bestehenden Betriebs <strong>und</strong><br />
Dienstvere<strong>in</strong>barungen<br />
Die meisten bestehenden vere<strong>in</strong>barungen<br />
gehen anders vor. Mobb<strong>in</strong>g wird <strong>in</strong> der regel<br />
def<strong>in</strong>iert, als unerwünschtes verhalten benannt,<br />
manchmal wird auch sexuelle Belästigung <strong>und</strong><br />
Diskrim<strong>in</strong>ierung mit aufgenommen. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Stufenplan<br />
wird der Umgang mit Konflikten beschrieben<br />
<strong>und</strong> ansprechpersonen benannt.<br />
Empfehlungen für e<strong>in</strong>e Dienst oder<br />
Betriebsvere<strong>in</strong>barung<br />
› Die Überschrift sollte positiv formuliert se<strong>in</strong>,<br />
zum Beispiel „Betriebsvere<strong>in</strong>barung zum partnerschaftlichen<br />
Umgang am arbeitsplatz”, oder „Fair<br />
play”. negative Formulierungen schaffen e<strong>in</strong>erseits<br />
den Bedarf nach eben diesem negativen<br />
zustand <strong>und</strong> stoßen andererseits sowohl Beschäftigte<br />
als auch Führungskräfte ab.<br />
›<br />
Wie <strong>in</strong> jeder Betriebsvere<strong>in</strong>barung erfolgt die<br />
nennung der Vertragsparteien<br />
«<br />
Sab<strong>in</strong>e Heegner,<br />
Sozialwissenschaftler<strong>in</strong>,<br />
systemische Organisationsberater<strong>in</strong><br />
<strong>und</strong><br />
Mediator<strong>in</strong>, Mitglied der<br />
Fachgruppe MiO/<br />
Wirtschafts<strong>mediation</strong> im BM<br />
25
26<br />
»<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
›<br />
<strong>in</strong> der Präambel wird der „Geist” der vere<strong>in</strong>barung<br />
beschrieben, die ziele der vertragsparteien.<br />
So kann hier zum Beispiel stehen, dass von den<br />
Führungskräften <strong>und</strong> Beschäftigten erwartet wird,<br />
„dass Konflikte als Bestandteil des arbeitslebens<br />
wahrgenommen werden, der eigene anteil am<br />
Konflikt erkannt wird <strong>und</strong> Konflikte offen <strong>und</strong> fair<br />
gelöst werden. Dabei leitet uns das Bewusstse<strong>in</strong>,<br />
dass ungelöste Konflikte das Betriebsklima nachhaltig<br />
verschlechtern, die Ges<strong>und</strong>heit belasten,<br />
den arbeitsprozess stören, die qualität der arbeit<br />
m<strong>in</strong>dern <strong>und</strong> hohe Kosten” verursachen können.<br />
(Stadtverwaltung Dachau) Jede Organisation<br />
muss dabei ihre eigenen Formulierungen <strong>und</strong><br />
ziele wählen, denn sonst wirkt e<strong>in</strong>e vere<strong>in</strong>barung<br />
unglaubwürdig.<br />
›<br />
Den Geltungsbereich beschreiben, wo, für wen<br />
<strong>und</strong> <strong>in</strong> welchem zeitraum die vere<strong>in</strong>barung gilt.<br />
›<br />
Wichtig ist es, e<strong>in</strong>e Begriffsbestimmung vorzusehen,<br />
denn z. B. der Begriff Mobb<strong>in</strong>g wird im<br />
alltagsgebrauch <strong>in</strong>flationär für jede unliebsame<br />
Behandlung verwendet. es ist also wichtig zu def<strong>in</strong>ieren,<br />
was unter e<strong>in</strong>em Konflikt verstanden wird,<br />
was unfaire Konfliktaustragung (z. B. Mobb<strong>in</strong>g) ist,<br />
<strong>und</strong> wie e<strong>in</strong> guter oder fairer Umgang mit Konflikten<br />
aussieht. Damit wird erwünschtes verhalten<br />
beschrieben <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Modell geschaffen.<br />
So könnte e<strong>in</strong> text zum Beispiel lauten:<br />
1)<br />
2)<br />
Konflikt im S<strong>in</strong>ne dieser vere<strong>in</strong>barung ist e<strong>in</strong><br />
aufe<strong>in</strong>andertreffen unterschiedlicher ziele<br />
<strong>und</strong> <strong>in</strong>teressen, die von den Beteiligten als<br />
unvere<strong>in</strong>bar erlebt werden.<br />
Werden Konflikte nicht bearbeitet, ergibt<br />
sich die tendenz zu immer härteren <strong>und</strong><br />
unversöhnlicheren Maßnahmen, um die<br />
eigenen <strong>in</strong>teressen zu verteidigen. Die<br />
eigenen „harten” Maßnahmen werden als<br />
berechtigt, sowie unabwendbar empf<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> als bloße reaktion auf handlungen der<br />
Gegenseite betrachtet. es wird nicht mehr<br />
wahrgenommen, dass sich die Gegenseite<br />
ihrerseits ungerecht behandelt <strong>und</strong> gedemütigt<br />
fühlen könnte. es liegt im Wesen e<strong>in</strong>es<br />
Konflikts, dass es im laufe der zeit regelmäßig<br />
zu e<strong>in</strong>er reihe persönlicher verletzungen<br />
kommt, die weitaus bedeutender s<strong>in</strong>d, als<br />
dies zu Beg<strong>in</strong>n der Fall war.<br />
im Wesentlichen lassen sich folgende eskalationsstufen<br />
unterscheiden:<br />
›<br />
3)<br />
4)<br />
Konfliktlösung bedeutet verhandlung über<br />
die h<strong>in</strong>ter dem Konflikt liegenden <strong>in</strong>teressen.<br />
Mobb<strong>in</strong>g liegt vor, wenn jemand am arbeitsplatz<br />
von Kollegen/<strong>in</strong>nen, vorgesetzten oder<br />
Untergebenen schikaniert, belästigt, drangsaliert,<br />
beleidigt, ausgegrenzt oder beispielsweise<br />
mit kränkenden arbeitsaufgaben<br />
bedacht wird <strong>und</strong> der oder die Mobb<strong>in</strong>g-<br />
Betroffene unterlegen ist. Die unfairen handlungen<br />
müssen häufig <strong>und</strong> wiederholt auftreten<br />
<strong>und</strong> sich über e<strong>in</strong>en längeren zeitraum<br />
erstrecken.<br />
Um noch deutlicher zu machen, welche Verhaltensregeln<br />
erwünscht s<strong>in</strong>d, <strong>und</strong> welche nicht,<br />
kann beschrieben werden, dass eigenverantwortlichkeit<br />
erwünscht ist, dass e<strong>in</strong> aussitzen von Konflikten<br />
durch die Führungskräfte nicht gewollt ist.<br />
auch kann hier e<strong>in</strong>e „arbeitsteilung” zwischen verantwortlichen<br />
<strong>und</strong> helfer<strong>in</strong>nen beschrieben werden,<br />
die die Konfliktbeauftragen, <strong>in</strong>teressenvertreter<strong>in</strong>nen<br />
usw. entlastet <strong>und</strong> die Führungskräfte<br />
klar <strong>in</strong> die Pflicht nimmt. Das kann allerd<strong>in</strong>gs auch<br />
im nächsten absatz Platz f<strong>in</strong>den.<br />
›<br />
1.<br />
Standpunkte<br />
verhärten sich<br />
Es wird noch<br />
gesprochen<br />
Gruppenbildung<br />
2.<br />
„Reden hilft<br />
nicht mear”<br />
Fakten schaffen<br />
Koalitionen bilden<br />
Gesichtsverlust<br />
Drohstrategien<br />
Verantwortliche <strong>und</strong> AnsprechpartnerInnen<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich s<strong>in</strong>d zunächst die vorgesetzten<br />
die Verantwortlichen. Die verantwortung für<br />
die Konfliktlösung bleibt bei den vorgesetzten,<br />
auch wenn die anderen ansprechpartner<strong>in</strong>nen<br />
e<strong>in</strong>geschaltet werden. ihre aufgabe ist es, für<br />
das Wohlbef<strong>in</strong>den <strong>und</strong> die arbeitsfähigkeit der<br />
Beschäftigten Sorge zu tragen. im Falle der Beteiligung<br />
der vorgesetzten am Konflikt kann der/die<br />
jeweils höhere unbeteiligte vorgesetzte e<strong>in</strong>geschaltet<br />
werden.<br />
3.<br />
Menschliche<br />
Qualitäten werden<br />
abgesprochen<br />
Zersplitterung des<br />
fe<strong>in</strong>dlichen Systems<br />
begrenzte<br />
Vernichtung bis zu<br />
geme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong><br />
den Abgr<strong>und</strong><br />
Eskalationsstufen von Konflikten, Vere<strong>in</strong>facht nach Glasl<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
AnsprechpartnerInnen s<strong>in</strong>d die e<strong>in</strong>zelnen Mitglieder<br />
des Personalrates, die Personalabteilung,<br />
wenn es e<strong>in</strong>e Mitarbeiter<strong>in</strong>nenberatung gibt, kann<br />
es auch hilfreich se<strong>in</strong>, diese um hilfe zu bitten.<br />
Der betriebsärztliche Dienst <strong>und</strong> die Fachkraft für<br />
arbeitssicherheit können ansprechpartner<strong>in</strong>nen<br />
se<strong>in</strong>, wenn sie am Prozess der entstehung der vere<strong>in</strong>barung<br />
beteiligt waren <strong>und</strong> sich <strong>in</strong> der lage<br />
sehen, mit Problemen dieser art umzugehen,<br />
ebenso <strong>in</strong>terne Konfliktlots<strong>in</strong>nen oder Betriebsklimabeauftragte.<br />
(von der Bezeichnung Mobb<strong>in</strong>g-<br />
Beauftragte würde ich aus den oben genannten<br />
Gründen absehen.) nach absprache mit der Personalabteilung,<br />
oder anderen Kostenträger<strong>in</strong>nen<br />
können auch externe Berater<strong>in</strong>nen im Benehmen<br />
mit dem Personalrat zugeschaltet werden. Das ist<br />
oft hilfreich, vor allem bei hoch eskalierten Konflikten.<br />
Die ansprechpartner<strong>in</strong>nen haben <strong>in</strong> erster<br />
l<strong>in</strong>ie unterstützende Funktion.<br />
›<br />
Das Verfahren zur Konfliktlösung oder bei<br />
gravierenden Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheiten soll<br />
sehr genau mit entsprechenden Möglichkeiten<br />
beschrieben werden. Das verfahren muss zur<br />
Organisation passen, e<strong>in</strong>e mögliche variante<br />
wäre so: Bei Konflikten wird von allen Beteiligten<br />
erwartet, dass sie schnellstmöglich <strong>in</strong> eigener<br />
<strong>in</strong>itiative Schritte zur Konfliktlösung unternehmen.<br />
Gel<strong>in</strong>gt dies nicht, bietet die …. Beratung <strong>und</strong><br />
Unterstützung zur lösung an. Mögliche Schritte<br />
s<strong>in</strong>d dabei:<br />
Die Konfliktbeteiligten führen Gespräche zur lösung.<br />
Wenn Gespräche zu ke<strong>in</strong>er lösung führen, wenden<br />
sich die Konfliktbeteiligten an die nicht am Konflikt<br />
beteiligten nächst höheren vorgesetzten oder an<br />
e<strong>in</strong>en der genannten ansprechpartner<strong>in</strong>nen.<br />
vorgesetzte, die wahrnehmen, dass <strong>in</strong> ihrem<br />
Bereich e<strong>in</strong> Konflikt schwelt, s<strong>in</strong>d verpflichtet, dies<br />
zunächst <strong>in</strong>tern zu thematisieren <strong>und</strong> aktiv auf<br />
e<strong>in</strong>e lösung h<strong>in</strong>zuwirken.<br />
<strong>in</strong> schwierigen Fällen besteht für vorgesetzte <strong>in</strong><br />
absprache mit der Personalabteilung die Möglichkeit,<br />
Beratung <strong>und</strong> Unterstützung für das<br />
eigene handeln <strong>in</strong> der aktiven Konfliktlösung zu<br />
bekommen.<br />
Sofern diese Konfliktschritte im e<strong>in</strong>zelfall nicht ausreichen,<br />
kann nach e<strong>in</strong>er Bestandsaufnahme<br />
durch die Personalabteilung ggf. mittels e<strong>in</strong>es<br />
„r<strong>und</strong>en tisches” e<strong>in</strong>e Untersuchung des Konflikts<br />
mit dem ziel e<strong>in</strong>er Konfliktlösung folgen. <strong>in</strong> diesen<br />
Fällen wird geme<strong>in</strong>sam beurteilt, ob der Konflikt<br />
zwischenmenschliche Ursachen hat oder ob<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
organisatorische Mängel zugr<strong>und</strong>e liegen bzw.<br />
den Konflikt fördern (arbeitsorganisation, arbeitsverteilung,<br />
<strong>in</strong>formationsabläufe usw.).<br />
Die Personalabteilung legt nach dieser Bestandsaufnahme<br />
die weiteren Schritte fest. Für die Konfliktlösung<br />
ist auch die e<strong>in</strong>schaltung externer Berater<br />
im Benehmen mit dem Personalrat möglich.<br />
Die vere<strong>in</strong>barungspartner s<strong>in</strong>d entschlossen, e<strong>in</strong> aussitzen<br />
von Konflikten nicht zu dulden <strong>und</strong> alle Konfliktbeteiligten<br />
<strong>in</strong> die lösungsverantwortung zu nehmen.<br />
›<br />
Für die Fortbildung im zusammenhang<br />
mit dem thema gibt es drei zielgruppen: Die<br />
Beschäftigten sollen die vere<strong>in</strong>barung mit ihren<br />
Konsequenzen kennen lernen <strong>und</strong> die Möglichkeit<br />
bekommen, ihren eigenen Umgang mit<br />
Konflikten zu verbessern. Die Führungskräfte brauchen<br />
Unterstützung dabei, ihre verantwortung<br />
anzunehmen. Sie brauchen Fortbildung <strong>in</strong> Kommunikationstechniken<br />
sowie e<strong>in</strong>e Möglichkeit, ihre<br />
eigene Konfliktfähigkeit kennen zu lernen <strong>und</strong> zu<br />
verbessern. Die ansprechpartner<strong>in</strong>nen benötigen<br />
qualifizierung im Umgang mit Konflikten, aber<br />
sie brauchen auch dr<strong>in</strong>gend e<strong>in</strong>e gute Unterstützung<br />
dabei, <strong>in</strong> ihrer rolle als helfer<strong>in</strong>nen zu bleiben<br />
<strong>und</strong> nicht hauptverantwortliche zu werden.<br />
Begleitende Supervision könnte da helfen.<br />
›<br />
Weitere Maßnahmen zur Sensibilisierung oder<br />
zur verbesserung des Betriebsklimas könnten<br />
menschengerechte arbeitsgestaltung, fre<strong>und</strong>liche<br />
arbeitsplatzgestaltung (e<strong>in</strong>schließlich Kommunikationsecken),<br />
regelmäßige Gespräche<br />
zwischen vorgesetzten <strong>und</strong> Untergebenen se<strong>in</strong>.<br />
e<strong>in</strong>e offene <strong>in</strong>formationspolitik <strong>und</strong> beteiligungsorientierter<br />
Umgang mit Schwierigkeiten (z. B.<br />
e<strong>in</strong> r<strong>und</strong>er tisch) helfen selbstbewussten, gut<br />
<strong>in</strong>formierten Beschäftigten beim Umgang mit<br />
schwierigen Situationen. e<strong>in</strong> Kummerkasten <strong>und</strong><br />
e<strong>in</strong>e regelmäßige Gefährdungsbeurteilung oder<br />
Mitarbeiter<strong>in</strong>nenbefragung können wichtige<br />
anhaltspunkte für e<strong>in</strong>e frühe reaktion auf Probleme<br />
bieten. e<strong>in</strong>e vernetzung der nachwuchs-<br />
Führungskräfte mit den „alten hasen” <strong>in</strong> Form<br />
von Mentor<strong>in</strong>g-Programmen hilft beiden Seiten.<br />
Das Menu ist vielfältig <strong>und</strong> kann hier passend zur<br />
Unternehmenskultur beschrieben werden.<br />
›<br />
natürlich müssen auch noch die übrigen<br />
regularien wie Inkrafttreten, Kündigung <strong>und</strong><br />
nachwirkung <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e salvatorische Klausel aufgenommen<br />
werden.<br />
Sab<strong>in</strong>e Heegner<br />
«<br />
KONTAKT<br />
Sab<strong>in</strong>e Heegner,<br />
heegner@tibaym.de<br />
27
»<br />
28 qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
Michael Wandrey,<br />
Diplompädagoge,<br />
Mediator BM<br />
<strong>und</strong> Ausbilder BM,<br />
Mitglied der<br />
Fachgruppe MiO/<br />
Wirtschafts<strong>mediation</strong> im BM,<br />
seit 1995 hauptamtlicher<br />
Vorstandsvorsitzender<br />
des Vere<strong>in</strong>s Hilfe zur<br />
Selbsthilfe e.V.<br />
<strong>in</strong> Reutl<strong>in</strong>gen<br />
Wenn aus Konflikten<br />
Taten werden<br />
Auswirkungen von Etikettierungen wie<br />
„Mobb<strong>in</strong>g” <strong>und</strong> „Diskrim<strong>in</strong>ierung” auf<br />
die Mediation <strong>in</strong> Organisationen<br />
Vorbemerkungen<br />
„Mobb<strong>in</strong>g – e<strong>in</strong> Begriff macht Karriere. Dies veranschaulicht<br />
bereits e<strong>in</strong>e kurze recherche im<br />
<strong>in</strong>ternet: So stehen bei Google im deutschen<br />
netz 218.000 Suchergebnisse zum Stichwort<br />
„Mediation” 140.000 e<strong>in</strong>träge zum Stichwort<br />
„Mobb<strong>in</strong>g” gegenüber.<br />
Was auch zu beobachten ist: <strong>in</strong> den letzten Jahren<br />
hat sich „Mobb<strong>in</strong>g” im allgeme<strong>in</strong>en Sprachgebrauch<br />
weitgehend zu e<strong>in</strong>em Synonym für<br />
„Konflikte am arbeitsplatz” entwickelt. e<strong>in</strong> Streit zwischen<br />
Kolleg<strong>in</strong>nen, e<strong>in</strong>e Schikane von vorgesetzten<br />
oder e<strong>in</strong>e unverschämte Bemerkungen von<br />
Mitarbeiter<strong>in</strong>nen – das alles wird im alltag zunehmend<br />
<strong>und</strong> (vor-)schnell als Mobb<strong>in</strong>g bezeichnet.<br />
Wenn es sich bei dem, was Menschen als<br />
„Mobb<strong>in</strong>g” bezeichnen, oftmals um nichts anderes<br />
als massive Konflikte am arbeitsplatz handelt –<br />
ist dann Mediation nicht genau die richtige<br />
antwort? Und wenn ja – <strong>in</strong> welcher Form? Ke<strong>in</strong><br />
W<strong>und</strong>er also, dass sich die Fachgruppe „MiO/<br />
Wirtschafts<strong>mediation</strong>” auf ihren arbeitstreffen<br />
regelmäßig mit diesem thema ause<strong>in</strong>andersetzt.<br />
Die nachfolgenden thesen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesem Kontext<br />
entstanden <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Fachgruppe teilweise<br />
<strong>in</strong>tensiv diskutiert worden. Mit diesem aufsatz<br />
möchte ich sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er breiteren verbandsöffentlichkeit<br />
zur Diskussion stellen <strong>und</strong> würde mich<br />
über entsprechende rückmeldungen freuen.<br />
Bevor ich me<strong>in</strong>e thesen vorstelle, ersche<strong>in</strong>t mir<br />
jedoch angesichts des <strong>in</strong>flationären Gebrauchs<br />
des Begriffs „Mobb<strong>in</strong>g” zunächst e<strong>in</strong>e genauere<br />
Def<strong>in</strong>ition unumgänglich: Wenn ich also im<br />
weiteren verlauf von „Mobb<strong>in</strong>g” spreche, dann<br />
bezeichne ich damit <strong>in</strong> anlehnung an die Def<strong>in</strong>ition<br />
der „Gesellschaft gegen psychosozialen<br />
Streß <strong>und</strong> Mobb<strong>in</strong>g (GpsM) e.v.” e<strong>in</strong>e konfliktbelastete<br />
arbeitssituation <strong>in</strong> Organisationen,<br />
› <strong>in</strong> der sich die betroffenen („gemobbten”)<br />
Personen systematischen angriffen von e<strong>in</strong>er<br />
oder mehreren anderen Personen ausgesetzt<br />
sehen, welche <strong>in</strong> ihrem erleben während<br />
längerer zeit anhalten <strong>und</strong> direkt oder<br />
<strong>in</strong>direkt mit dem ziel bzw. dem effekt des<br />
ausstoßes e<strong>in</strong>hergehen<br />
›<br />
<strong>und</strong> bei denen die betroffenen („gemobbten”)<br />
Personen sich als unterlegen <strong>und</strong> durch<br />
andere diskrim<strong>in</strong>iert erleben.<br />
aufmerksame leser<strong>in</strong>nen werden bemerkt haben,<br />
dass ich die eben wiedergegebene Def<strong>in</strong>tion <strong>in</strong><br />
subjektiven Kategorien beschrieben habe. ich<br />
tue dies, weil ich gewohnt b<strong>in</strong>, „Mobb<strong>in</strong>g”-Situationen<br />
durch me<strong>in</strong>e Mediatorenbrille h<strong>in</strong>durch zu<br />
betrachten.<br />
Die üblichen Brillen aber s<strong>in</strong>d andere. So liest<br />
sich die Def<strong>in</strong>tion bspw. auf der <strong>in</strong>ternet-Seite des<br />
DGB, die e<strong>in</strong>e eigene – im Übrigen empfehlenswerte<br />
– rubrik „Mobb<strong>in</strong>g” aufweist, schon etwas<br />
anders:<br />
„Mobb<strong>in</strong>g ist e<strong>in</strong>e konfliktbelastete Kommunikation<br />
am arbeitsplatz unter Kolleg<strong>in</strong>nen oder zwischen<br />
vorgesetzten <strong>und</strong> Untergebenen,<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
bei der die angegriffene Person<br />
unterlegen ist <strong>und</strong><br />
von e<strong>in</strong>er oder mehreren anderen Personen<br />
systematisch <strong>und</strong> während längerer zeit<br />
direkt oder <strong>in</strong>direkt angegriffen wird<br />
mit dem ziel <strong>und</strong>/oder dem effekt<br />
des ausstoßes <strong>und</strong><br />
die angegriffene Person dies als<br />
Diskrim<strong>in</strong>ierung erlebt.”<br />
(Kursive hervorhebung durch den autor)<br />
Dieser kle<strong>in</strong>e semantische Unterschied hat weitreichende<br />
praktische Folgen <strong>und</strong> führt mich zu<br />
me<strong>in</strong>er letzten vorbemerkung:<br />
Der Beschreibung e<strong>in</strong>es subjektiven Konflikterlebens<br />
(welches den anderen Konfliktparteien damit<br />
implizit ebenfalls e<strong>in</strong> subjektives – <strong>und</strong> möglicherweise<br />
anderes – Konflikterleben zugesteht), steht<br />
e<strong>in</strong>e Beschreibung gegenüber, welche objektive<br />
Sachverhalte benennt, die vorliegen müssen,<br />
damit es sich um „Mobb<strong>in</strong>g” handelt.<br />
Übernimmt e<strong>in</strong>e Organisation diese Sichtweise,<br />
dann entscheidet sie sich – bewußt oder unbewußt<br />
– dafür, Mobb<strong>in</strong>g-Situationen nicht als Konflikt,<br />
sondern als regelverstoß, abweichendes<br />
verhalten <strong>und</strong> somit als tatbestand zu etikettieren<br />
– <strong>und</strong> dies <strong>in</strong> der Folge dann ermitteln, beweisen<br />
<strong>und</strong> ggf. sanktionieren zu müssen.<br />
Wie sieht so etwas konkret aus? Wiederum als e<strong>in</strong><br />
Beispiel die <strong>in</strong>ternet-Seite des DGB, auf der sich<br />
der entwurf e<strong>in</strong>er Musterbetriebsvere<strong>in</strong>barung<br />
bef<strong>in</strong>det. Dort heißt es u. a.:<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
„<strong>in</strong> dem Willen, das Betriebsklima <strong>in</strong> unserem<br />
Unternehmen zu verbessern, Konflikte produktiv<br />
zu nutzen <strong>und</strong> zu bearbeiten <strong>und</strong> negative auswirkungen<br />
sozialer Konflikte auf e<strong>in</strong>zelne zu verh<strong>in</strong>dern,<br />
schließen Betriebsrat/Personalrat <strong>und</strong><br />
Geschäftsleitung folgende vere<strong>in</strong>barung:<br />
§ 2 Belästigungsverbot<br />
Geschäftsleitung <strong>und</strong> Betriebsrat/Personalrat s<strong>in</strong>d<br />
sich e<strong>in</strong>ig darüber, dass <strong>in</strong> dem Betrieb/Unternehmen/Dienststelle<br />
ke<strong>in</strong>er Person wegen ihrer<br />
abstammung, religion, nationalität, herkunft,<br />
alter, Geschlecht, sexueller Orientierung, persönlicher<br />
eigenheiten, politischer oder gewerkschaftlicher<br />
Betätigung oder e<strong>in</strong>stellung nachteile entstehen<br />
dürfen ...<br />
§ 3 Sanktionen<br />
Unabhängig von den im Folgenden genannten<br />
vorgehensweisen zur verh<strong>in</strong>derung von Belästigungen<br />
<strong>und</strong> Bee<strong>in</strong>trächtigungen kommen<br />
Geschäftsleitung <strong>und</strong> Betriebsrat/Personalrat<br />
übere<strong>in</strong>, dass sie belästigende handlungen nach<br />
§ 2 als ernstliche verletzung des Betriebsfriedens<br />
betrachten. Personen, die trotz ermahnung solche<br />
verhaltensweisen ausüben, müssen mit versetzung<br />
oder entlassung rechnen ...”<br />
Diese Figur des „tatbestands”, dessen erfüllung<br />
e<strong>in</strong>e Bestrafung der täter<strong>in</strong>nen zur Folge hat –<br />
<strong>und</strong> aus dem sich dann notwendigerweise täter-<br />
<strong>und</strong> Opfer-zuschreibungen mit entsprechendem<br />
rollenverhalten ergeben, ist mir als Mediator, der<br />
lange zeit im strafrechtlichen rahmen des täter-<br />
Opfer-ausgleichs tätig war, nur zu gut vertraut.<br />
Me<strong>in</strong>e erfahrung damit ist: Man kann auch unter<br />
diesen rahmenbed<strong>in</strong>gungen erfolgreich <strong>und</strong><br />
s<strong>in</strong>nvoll mediieren, aber sie haben erhebliche<br />
auswirkungen auf Sett<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Standards der<br />
Mediation zur Folge.<br />
vor diesem h<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> s<strong>in</strong>d die nachfolgenden<br />
thesen zu lesen <strong>und</strong> zu verstehen.<br />
10 Thesen zu den den Auswirkungen von<br />
Etikettierungen wie „Mobb<strong>in</strong>g” <strong>und</strong> „Diskrim<strong>in</strong>ierung”<br />
auf die Mediation <strong>in</strong> Organisationen<br />
1) Organisationen reagieren auf die Mobb<strong>in</strong>gproblematik<br />
zunehmend <strong>in</strong> Form von leitbildvorgaben/Betriebsvere<strong>in</strong>barungen<br />
u. ä., welche<br />
„Mobb<strong>in</strong>g” explizit als unerwünschtes verhalten<br />
<strong>und</strong> als verstoß gegen <strong>in</strong>nerbetriebliche regeln<br />
def<strong>in</strong>ieren <strong>und</strong> damit zu ächten versuchen.<br />
e<strong>in</strong>e ähnliche entwicklung kann nach <strong>in</strong>krafttreten<br />
der neuen Gesetzgebung für den Problemkreis<br />
„Diskrim<strong>in</strong>ierung” erwartet werden.<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
2)<br />
3)<br />
4)<br />
5)<br />
Dieser – <strong>in</strong>sgesamt durchaus positiv zu<br />
bewertende – ausdruck e<strong>in</strong>er Sensibilisierung<br />
hat weitreichende Folgen für die art <strong>und</strong><br />
Weise, wie <strong>in</strong> solchen Fällen die Möglichkeit<br />
e<strong>in</strong>er Mediation verankert werden kann:<br />
Denn Mobb<strong>in</strong>g (oder zukünftig auch verstärkt<br />
Diskrim<strong>in</strong>ierung) wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er solchen Organisation<br />
nicht als ausdruck e<strong>in</strong>er massiv gestörten<br />
zusammenarbeit, als Konflikt zwischen<br />
zwei oder mehreren Seiten also, def<strong>in</strong>iert,<br />
sondern als regelverstoß, <strong>und</strong> damit als<br />
abweichendes verhalten e<strong>in</strong>er Person.<br />
Diese Def<strong>in</strong>ition als abweichendes verhalten<br />
schafft e<strong>in</strong>e tat (welche zu beweisen ist). Die<br />
tat wiederum schafft e<strong>in</strong> Opfer (welches die<br />
tat als e<strong>in</strong>en verstoß gegen se<strong>in</strong>e rechte<br />
wertet <strong>und</strong> se<strong>in</strong> anrecht auf abhilfe e<strong>in</strong>fordert),<br />
e<strong>in</strong>e/n täter<strong>in</strong> (welche/r im Gegenzug<br />
als Beschuldigte/r anrechte von der<br />
Unschuldsvermutung bis h<strong>in</strong> zum Schweigen<br />
<strong>und</strong> zur lüge hat). erforderlich wird hierdurch<br />
letztendlich die Funktion des Gerichts (welches<br />
zunächst zu beurteilen hat, ob der vorwurf<br />
begründet ist <strong>und</strong> ggf. den/die täter<strong>in</strong><br />
daraufh<strong>in</strong> zu sanktionieren hat).<br />
Sobald täter-Opfer-zuschreibungen <strong>in</strong><br />
dieser Weise von außen vorgegeben werden,<br />
kann bei e<strong>in</strong>em anschließenden Mediationsangebot<br />
nicht von „Freiwilligkeit” im<br />
engeren S<strong>in</strong>ne, sondern lediglich von „Wahlfreiheit<br />
zwischen „sich selbst aktiv um Wiedergutmachung<br />
bemühen oder „passiv Strafe<br />
von oben erleiden” gesprochen werden.<br />
e<strong>in</strong>e Konfliktaufarbeitung im rahmen der<br />
Mediation bleibt zwar auch dann s<strong>in</strong>nvoll<br />
<strong>und</strong> möglich, kann aber nur unter den vorzeichen<br />
e<strong>in</strong>er rehablitierung von täter <strong>und</strong><br />
«<br />
29
»<br />
30 qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
KONTAKT<br />
Michael Wandrey,<br />
m.wandrey@<br />
hilfezurselbsthilfe.org<br />
6)<br />
7)<br />
Opfer durch öffentlich wahrgenommene<br />
Wiedergutmachung erfolgen. Dies setzt<br />
voraus, daß der Beschuldigte den tatvorwurf<br />
akzeptiert <strong>und</strong> zur verantwortungsübernahme<br />
bereit ist.<br />
reagiert e<strong>in</strong>e Organisation stattdessen –<br />
evtl. auf rat von Mediator<strong>in</strong>nen h<strong>in</strong> – bei<br />
dieser ausgangslage auf e<strong>in</strong>e Mobb<strong>in</strong>ganklage<br />
lediglich mit dem angebot <strong>und</strong><br />
dem Sett<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>er freiwilligen, vertraulichen<br />
Mediation an beide Seiten, so konterkariert<br />
diese e<strong>in</strong>richtung ihr eigenes norm- <strong>und</strong><br />
regelwerk: Durch das konkrete vorgehen<br />
wertet sie das Geschehen als „normalen” alltagskonflikt.<br />
Der Mobb<strong>in</strong>g-vorwurf des Opfers<br />
wird damit ignoriert <strong>und</strong> faktisch zurückgewiesen.<br />
Die Folge: „Opfer” fühlen sich um ihr<br />
recht gebracht, „täter<strong>in</strong>nen” bestätigt.<br />
Wenn Mediator<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> Organisationen<br />
arbeiten, welche <strong>in</strong> Betriebsvere<strong>in</strong>barungen<br />
u. ä. Mobb<strong>in</strong>g als zu sanktionierenden regelverstoß<br />
def<strong>in</strong>iert haben, sollten sie sich<br />
daher an die für derartige rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
entwickelten verfahrensstandards<br />
<strong>und</strong> methodischen vorgehensweisen der<br />
Mediation im Strafrecht orientieren, um<br />
nicht ungewollt Bagatellisierungen bis h<strong>in</strong><br />
zu erneuten traumatisierungen vorschub zu<br />
leisten (u. a.: Umgang mit Unschuldsvermutung,<br />
Umgang mit zwangskontext, Umgang<br />
mit e<strong>in</strong>geschränkter vertraulichkeit, Umgang<br />
mit Opfer- <strong>und</strong> täterrechten, Umgang mit<br />
vergangenheitsbewältigung etc.).<br />
8)<br />
9)<br />
Falls Mediator<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> der Mediation <strong>in</strong> Organisationen<br />
nicht ähnlichen e<strong>in</strong>schränkungen,<br />
anforderungen <strong>und</strong> rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
unterliegen wollen wie <strong>in</strong> der Mediation im<br />
Strafrecht, so müssen sie Organisationen/<br />
arbeitgeber/Gewerkschaften offensiv dah<strong>in</strong>gehend<br />
beraten, unerwünschte soziale<br />
Phänomene als Konflikte zu def<strong>in</strong>ieren (<strong>und</strong><br />
<strong>in</strong> leitbildern, Betriebsvere<strong>in</strong>barungen entsprechend<br />
zu beschreiben), <strong>und</strong> nicht als<br />
tatbestände (wie bspw. „Mobb<strong>in</strong>g”, „Diskrim<strong>in</strong>ierung”<br />
etc.). Denn: Wer neue tatbestände<br />
schafft, erf<strong>in</strong>det das Gericht ständig neu!<br />
Falls man diese thesen teilt, bliebe zu überlegen,<br />
ob e<strong>in</strong>schlägige Beratungsleistungen<br />
für Organisationen nicht e<strong>in</strong>e wichtige<br />
aufgabenstellung des BM/der FG MiO/Wirtschafts<strong>mediation</strong><br />
darstellen müssten.<br />
10) alles, was <strong>in</strong> den bisherigen thesen im Kontext<br />
von betrieblichen Strukturen ausgeführt<br />
wurde, gilt gleichermaßen für den Umgang<br />
mit „Mobb<strong>in</strong>g” <strong>und</strong> regelverstößen <strong>in</strong> der<br />
Schule.<br />
Michael Wandrey<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
Mediation<br />
als Ges<strong>und</strong>heitsressource<br />
Was hat Mediation mit Ges<strong>und</strong>heit bzw.<br />
mit Ges<strong>und</strong>heitsförderung zu tun? E<strong>in</strong>e<br />
ganze Menge, weil Mediation den Beteiligten<br />
hilft, sich selbst zu helfen <strong>und</strong> Konflikte<br />
im S<strong>in</strong>ne des „SalutogeneseAnsatzes”<br />
verstehbar, handhabbar <strong>und</strong> s<strong>in</strong>nhaft<br />
zu machen. Mediation fördert w<strong>in</strong>w<strong>in</strong><br />
Lösungen <strong>und</strong> verh<strong>in</strong>dert, dass sich Konfliktbeteiligte<br />
<strong>in</strong> Krankheit flüchten müssen<br />
(w<strong>in</strong>loose). Mediation spart so Kosten nicht<br />
nur für Unternehmen, sondern auch für die<br />
Sozialsysteme. Wie bei der Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
ist es wichtig, Mediation zu<br />
<strong>in</strong>stitutionalisieren <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Organisationskultur<br />
zu verankern.<br />
Gesellschaftlicher Wandel<br />
<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung ist e<strong>in</strong> Konzept, das auf<br />
komplexe gesellschaftliche entwicklungen <strong>und</strong><br />
veränderungen der arbeits- <strong>und</strong> lebensbed<strong>in</strong>gungen<br />
reagiert. ausgangspunkt s<strong>in</strong>d die chronischen<br />
erkrankungen (z. B. herz-Kreislauferkrankungen,<br />
rückenleiden, psychische erkrankungen),<br />
deren ges<strong>und</strong>heitspolitische Bedeutung zunehmend<br />
erkannt wurde.<br />
Die thematisierung der chronischen erkrankungen<br />
<strong>und</strong> ihrer multifaktoriellen verursachung<br />
beförderte das aufkommen e<strong>in</strong>es erweiterten<br />
Ges<strong>und</strong>heitsbegriffs, der neben den mediz<strong>in</strong>ischen<br />
auch soziale <strong>und</strong> psychische tatbestände<br />
berücksichtigte. Der Blick richtete sich nicht mehr<br />
alle<strong>in</strong> auf krankmachende risikofaktoren, sondern<br />
ergänzend auch auf entlastende, die Ges<strong>und</strong>heit<br />
schützende Faktoren. Was hält uns ges<strong>und</strong>?<br />
Die Frage nach den Ges<strong>und</strong>heitsressourcen<br />
erlangte e<strong>in</strong>en immer größeren Stellenwert.<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
durch Organisationsentwicklung<br />
„Das wissenschaftliche <strong>und</strong> politische Konzept<br />
der Ges<strong>und</strong>heitsförderung ist ausgerichtet auf<br />
die Gestaltung der gesellschaftlichen voraussetzungen<br />
von Ges<strong>und</strong>heit. Diese voraussetzungen<br />
werden wesentlich <strong>in</strong> <strong>und</strong> durch Organisationen<br />
geschaffen ...” (Grossmann 1993: 43).<br />
als besonders effektiv <strong>in</strong> der Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
gilt der „Sett<strong>in</strong>g-ansatz”. Unter Sett<strong>in</strong>gs versteht<br />
man soziale Systeme, die e<strong>in</strong>en starken e<strong>in</strong>fluss<br />
auf die Ges<strong>und</strong>heit ausüben <strong>und</strong> <strong>in</strong> denen<br />
die Bed<strong>in</strong>gungen von Ges<strong>und</strong>heit gestaltet <strong>und</strong><br />
bee<strong>in</strong>flusst werden können, z. B. Kommunen/<br />
Stadtteile, K<strong>in</strong>dergärten/Schulen <strong>und</strong> Betriebe.<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
Die „Betriebliche Ges<strong>und</strong>heitsförderung” stellt<br />
e<strong>in</strong> handlungsfeld im rahmen des „Sett<strong>in</strong>gansatzes”<br />
dar <strong>und</strong> blickt auf e<strong>in</strong>e langjährige<br />
Praxis zurück, die das Spezifische des Sett<strong>in</strong>gansatzes<br />
verdeutlicht. Denn anders als weith<strong>in</strong><br />
angenommen bedeutet Betriebliche Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
nicht alle<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e rückenschule im<br />
Betrieb anzubieten. Sie wird verstanden als zielgerichtete<br />
<strong>in</strong>tervention <strong>in</strong> das System Betrieb, durch<br />
die e<strong>in</strong> Organisationsentwicklungsprozess im <strong>in</strong>teresse<br />
von Ges<strong>und</strong>heit angeregt werden soll.<br />
Um dies zu erreichen, werden Ges<strong>und</strong>heitsprojekte<br />
<strong>in</strong>itiiert. zur Koord<strong>in</strong>ation wird e<strong>in</strong> Steuerkreis<br />
(arbeitskreis Ges<strong>und</strong>heit) e<strong>in</strong>gerichtet, der die<br />
Kooperation <strong>und</strong> abstimmung betriebs<strong>in</strong>terner<br />
<strong>und</strong> -externer akteur<strong>in</strong>nen ermöglicht. e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en<br />
werden sollten die Geschäfts-/Betriebsleitung,<br />
der Betriebs-/Personalrat, die Sicherheitsfachkraft<br />
<strong>und</strong> der/die Betriebsarzt/-ärzt<strong>in</strong>. externe<br />
Kooperationspartner<strong>in</strong>nen können die Kranken-<br />
oder die Unfallversicherungen se<strong>in</strong>.<br />
Die Bed<strong>in</strong>gungen von Ges<strong>und</strong>heit s<strong>in</strong>d vielfältig.<br />
Die konkrete aufgabenstellung des Ges<strong>und</strong>heitsprojekts<br />
richtet sich nach dem Bedarf <strong>und</strong> ist<br />
abhängig davon, welche prioritären themen <strong>und</strong><br />
handlungsmöglichkeiten die Projektbeteiligten<br />
sehen. Die Projektarbeit <strong>und</strong> e<strong>in</strong> gutes Projektmanagement<br />
helfen, die für das Unternehmen relevanten<br />
themen zu f<strong>in</strong>den <strong>und</strong> sie e<strong>in</strong>er Bearbeitung<br />
zugänglich zu machen. Unter dem Gesichtspunkt<br />
der nachhaltigkeit sollen über die Projektarbeit h<strong>in</strong>aus<br />
Strukturen geschaffen <strong>und</strong> arbeitsweisen entwickelt<br />
werden, die es ermöglichen, dass Ges<strong>und</strong>heit<br />
als Kriterium bei betrieblichen entscheidungsprozessen<br />
Berücksichtigung f<strong>in</strong>det.<br />
im arbeitskreis Ges<strong>und</strong>heit wird der ist-zustand<br />
ermittelt <strong>und</strong> Projektziele festgelegt. Dies erfolgt<br />
u. a. auf der Basis von Krankenstandsanalysen<br />
<strong>und</strong> Mitarbeiter<strong>in</strong>nenbefragungen. e<strong>in</strong> weiteres<br />
<strong>in</strong>strument stellen die Ges<strong>und</strong>heitszirkel dar.<br />
hier werden die Mitarbeiter<strong>in</strong>nen als expert<strong>in</strong>nen<br />
für ihre Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> ihren arbeitsplatz<br />
ernst genommen. Sie erhalten die Möglichkeit<br />
zu beschreiben, welche arbeitsanforderungen<br />
sich positiv oder negativ auf ihr Bef<strong>in</strong>den <strong>und</strong><br />
ihre Ges<strong>und</strong>heit auswirken. anschließend werden<br />
Änderungsvorschläge erarbeitet. Die Umsetzung<br />
erfolgt nach Möglichkeit unter e<strong>in</strong>beziehung der<br />
betrieblichen Ges<strong>und</strong>heitsexpert<strong>in</strong>nen (arbeitssicherheit<br />
<strong>und</strong> arbeitsmediz<strong>in</strong>) <strong>und</strong> mit Unterstützung<br />
der vorgesetzten. vielfach ist e<strong>in</strong> Perspektivenabgleich<br />
erforderlich.<br />
«<br />
Frigga Maßholder,<br />
Dipl.Soz., Projektkoord<strong>in</strong>ator<strong>in</strong><br />
Betriebliche<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung,<br />
Mediator<strong>in</strong>, Mitglied<br />
der Fachgruppe MiO/<br />
Wirtschafts<strong>mediation</strong> im BM<br />
31
32<br />
»<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
Die mit der zirkelarbeit angestoßene ges<strong>und</strong>heitsbezogene<br />
Kommunikation ist der ausgangspunkt<br />
für zielgerichtete Maßnahmen. Diese können – je<br />
nach Problemlage – sehr unterschiedlicher art se<strong>in</strong><br />
<strong>und</strong> sich auf die arbeitsplatzumgebung/-ergonomie,<br />
die arbeitsorganisation, die tätigkeit, das<br />
Gruppenklima oder die Mitarbeiter<strong>in</strong>nenführung<br />
beziehen.<br />
Ges<strong>und</strong>heitliche Folgen ungelöster Konflikte<br />
e<strong>in</strong> wichtiger aspekt der Betrieblichen Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
<strong>und</strong> Diskussion um arbeit <strong>und</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heit ist die seit Mitte der achtziger Jahr zu<br />
beobachtende zunahme psychischer Belastungen.<br />
Wie Untersuchungen belegen, haben Stress<br />
<strong>und</strong> arbeitsdruck <strong>in</strong> den letzten Jahren zugenommen.<br />
Dieser trend schlägt sich u. a. <strong>in</strong> dem<br />
gehäuften auftreten psychosomatischer reaktionen<br />
<strong>und</strong> erkrankungen nieder.<br />
zu den psychischen Belastungen zählen Konflikte<br />
am arbeitsplatz. negative emotionale <strong>in</strong>teraktionen<br />
mit arbeitskolleg<strong>in</strong>nen oder vorgesetzten werden<br />
von vielen Beschäftigten als stark belastende<br />
arbeitsereignisse empf<strong>und</strong>en. <strong>in</strong>sgesamt ist davon<br />
auszugehen, dass ungelöste Konflikte im Berufs-<br />
<strong>und</strong> arbeitsleben erhebliche auswirkungen auf die<br />
Ges<strong>und</strong>heit haben. Besonders deutlich wird der<br />
zusammenhang <strong>in</strong> der Diskussion über „Mobb<strong>in</strong>g”.<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er repräsentativen Studie wurden Daten zur<br />
verbreitung <strong>und</strong> den Folgen von „Mobb<strong>in</strong>g” ermittelt<br />
(Meschkutat u. a. 2002). Sie kommt zu dem<br />
ergebnis, dass mehr als jede neunte erwerbsperson<br />
m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal im verlauf des arbeitslebens<br />
„gemobbt” wurde. Fast alle Befragten erlebten<br />
diesbezüglich erhebliche e<strong>in</strong>schränkungen<br />
ihrer leistungs- <strong>und</strong> arbeitsfähigkeit. Knapp die<br />
hälfte wurde aufgr<strong>und</strong> von „Mobb<strong>in</strong>g” krank, e<strong>in</strong><br />
Fünftel mit e<strong>in</strong>er Krankheitsdauer von mehr als<br />
sechs Wochen. Über die hälfte aller Fälle endete<br />
mit e<strong>in</strong>er auflösung des arbeitsverhältnisses.<br />
„als Mobb<strong>in</strong>g werden Problemsituationen<br />
bezeichnet, <strong>in</strong> denen e<strong>in</strong>er Person durch<br />
Kolleg<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Kollegen oder vorgesetzte das<br />
leben am arbeitsplatz so unerträglich gemacht<br />
wird, bis sie die Organisation freiwillig verlässt<br />
oder <strong>in</strong> Krankheit, wenn nicht sogar Selbstmord<br />
flüchtet.” (Glasl 2004, S. 90) nach Glasl unterscheidet<br />
sich „Mobb<strong>in</strong>g” h<strong>in</strong>sichtlich der Mechanismen<br />
<strong>und</strong> Dynamiken im Pr<strong>in</strong>zip jedoch nicht<br />
von anderen Konflikten. e<strong>in</strong>seitige täter-Opferverhältnisse,<br />
welche <strong>in</strong> der Mobb<strong>in</strong>g-Debatte<br />
e<strong>in</strong>e zentrale Bedeutung spielen, sieht er <strong>in</strong> der<br />
Praxis kaum. als typisch für „Mobb<strong>in</strong>g” betrachtet<br />
er die kalte <strong>und</strong> verdeckte Konflikteskalation,<br />
die dazu führt, dass der Konflikt erst spät bewusst<br />
wahrgenommen wird.<br />
Durch die im Übergang zur nächsten eskalationsstufe<br />
ungleich werdenden Machtverhältnisse<br />
kann schließlich der e<strong>in</strong>druck e<strong>in</strong>es täter-Opferverhältnisses<br />
entstehen. Das Opfer-erleben <strong>und</strong><br />
die Bezeichnung des Konflikts als „Mobb<strong>in</strong>g”<br />
reflektieren die tatsache, dass e<strong>in</strong>e Partei <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />
unterlegene (ohnmächtige) Position gerät. Sie<br />
erlebt, dass sie von e<strong>in</strong>er Gruppe angefe<strong>in</strong>det<br />
<strong>und</strong> zum verlierer wird. So kann e<strong>in</strong> teufelskreis<br />
vom krankmachenden entzug sozialer Unterstützung<br />
über rechtsverletzungen <strong>und</strong> Fehldiagnosen<br />
bis h<strong>in</strong> zum ausschluss entstehen. Die<br />
charakterisierung als „Mobb<strong>in</strong>g” muss vor dem<br />
h<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> der destruktiven Dynamik <strong>und</strong> negativen<br />
Folgen als hilferuf der Betroffenen verstanden<br />
werden. ebenso könnte die <strong>in</strong>flationäre<br />
nutzung des Begriffs Mobb<strong>in</strong>g als Synonym für<br />
Konflikte am arbeitsplatz betrachtet werden: als<br />
h<strong>in</strong>weis auf weitreichende Defizite bei der Konfliktbewältigung<br />
im arbeitsleben.<br />
Ursachen für Konflikte<br />
<strong>und</strong> „Mobb<strong>in</strong>g” am Arbeitsplatz<br />
Bezüglich der Ursachen für die zunahme psychischer<br />
Belastungen wird auf den gesellschaftlich<br />
<strong>und</strong> technologisch bed<strong>in</strong>gten „Wandel der arbeit”<br />
<strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene <strong>in</strong>tensivierung <strong>und</strong><br />
Flexibilisierung der arbeit verwiesen. Ähnlich wird<br />
bei „Mobb<strong>in</strong>g” argumentiert. auch hier wird der<br />
e<strong>in</strong>satz neuer techniken verb<strong>und</strong>en mit neuen Formen<br />
der arbeitsorganisation <strong>und</strong> leistungsverdichtung<br />
als rahmenbed<strong>in</strong>gungen betrachtet, die<br />
„Mobb<strong>in</strong>g”-Phänomene begünstigen.<br />
Die Gründe werden jedoch nicht unbed<strong>in</strong>gt <strong>in</strong><br />
den neuen anforderungen per se gesehen, sondern<br />
vor allem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Mangel an flankierenden<br />
<strong>und</strong> unterstützenden Maßnahmen. So wird den<br />
Beschäftigten zugemutet, durch betriebliche veränderungen<br />
bed<strong>in</strong>gte <strong>in</strong>terpersonelle Probleme<br />
selbst zu lösen. Psychische Belastungen <strong>und</strong> Konflikte<br />
haben ihre Ursachen also vielfach nicht primär<br />
<strong>in</strong> den sozialen Beziehungen selbst. Dah<strong>in</strong>ter stehen<br />
Probleme der arbeitsorganisation <strong>und</strong> arbeitsgestaltung<br />
sowie e<strong>in</strong>e fehlende Gesprächskultur.<br />
e<strong>in</strong> wichtiger Faktor ist das Führungsverhalten (z. B.<br />
<strong>in</strong>formationsweitergabe, Wahrnehmung e<strong>in</strong>er<br />
Mittlerfunktion). viele vorgesetzten übersehen,<br />
dass zwischenmenschliche Konflikte nicht immer<br />
alle<strong>in</strong> den Beteiligten selbst zugeschrieben werden<br />
können, sondern durch strukturelle Mängel<br />
entstehen. Oftmals s<strong>in</strong>d sie auch damit überfordert,<br />
Konflikte am arbeitsplatz aufzuarbeiten.<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
Was s<strong>in</strong>d Ges<strong>und</strong>heitsressourcen? E<strong>in</strong> Exkurs<br />
Die Ges<strong>und</strong>heitsförderung bezieht sich nicht nur<br />
auf belastende arbeitsanforderungen. auch potentiell<br />
entlastende, ges<strong>und</strong>heitsschützende <strong>und</strong><br />
-fördernde Bed<strong>in</strong>gungen f<strong>in</strong>den hier Beachtung.<br />
Sie werden als Ges<strong>und</strong>heitsressourcen bezeichnet.<br />
Ges<strong>und</strong>heitsressourcen können direkt ges<strong>und</strong>heitsfördernd<br />
wirken oder sie können aufgr<strong>und</strong><br />
ihrer stress- <strong>und</strong> gefährdungsreduzierenden Wirkung<br />
e<strong>in</strong>e „Pufferfunktion” <strong>in</strong> Bezug auf arbeitsbezogene<br />
Belastungen übernehmen. es wird unterschieden<br />
zwischen umweltbezogenen (externen)<br />
ressourcen, die durch Merkmale der Situation<br />
bzw. der arbeitsplatzbed<strong>in</strong>gungen gegeben s<strong>in</strong>d<br />
<strong>und</strong> <strong>in</strong>dividuellen (<strong>in</strong>ternen) ressourcen, die auf<br />
Merkmale der Person zurückzuführen s<strong>in</strong>d:<br />
›<br />
›<br />
Wichtige externe ressourcen s<strong>in</strong>d der handlungs-/entscheidungsspielraum<br />
<strong>und</strong> die<br />
soziale Unterstützung. Die stressreduzierende<br />
<strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitsfördernde Wirkung dieser beiden<br />
Faktoren gilt als wissenschaftlich belegt.<br />
<strong>in</strong>terne ressourcen beziehen sich auf die<br />
<strong>in</strong>dividuellen Kompetenzen <strong>und</strong> Fähigkeiten,<br />
handlungs- <strong>und</strong> Bewältigungsstile oder<br />
generalisierte e<strong>in</strong>stellungen bzw. haltungen<br />
von Personen.<br />
<strong>in</strong>sgesamt ist davon auszugehen, dass zwischen<br />
externen <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternen ressourcen oft e<strong>in</strong> enger<br />
zusammenhang besteht. Ob ressourcen verfügbar<br />
s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> wie sie genutzt werden (können) ist<br />
wesentlich für das Belastungsempf<strong>in</strong>den. Bereits<br />
das Wissen um verfügbare ressourcen kann sich<br />
positiv auswirken, da es die Bewertungsprozesse<br />
bee<strong>in</strong>flusst: Wo ausreichend ressourcen zur verfügung<br />
stehen, werden Situationen weniger als<br />
Bedrohung <strong>und</strong> eher als herausforderung erlebt.<br />
Der ressourcenansatz ist eng verknüpft mit der<br />
Stressforschung, der salutogenetischen Perspektive<br />
<strong>und</strong> dem Konzept des Kohärenzs<strong>in</strong>ns von<br />
antonovsky. antonovsky stellte fest, dass Menschen<br />
auch unter extremen Belastungen relativ<br />
ges<strong>und</strong> bleiben können. er fragte sich, was diese<br />
Menschen dazu befähigt, im Ges<strong>und</strong>heits-Krankheits-Kont<strong>in</strong>uum<br />
auf der ges<strong>und</strong>en Seite zu bleiben.<br />
auf dieser Basis entwickelte er das Konzept<br />
des Kohärenzs<strong>in</strong>ns. Die drei zentralen Komponenten<br />
des Konzepts wurden als (1) verstehbarkeit<br />
(comprehensibility), (2) handhabbarkeit (manageability)<br />
<strong>und</strong> (3) S<strong>in</strong>nhaftigkeit (mean<strong>in</strong>gfulness)<br />
bezeichnet.<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
Sense of Coherence (SOC)<br />
Kohärenzs<strong>in</strong>n ist „e<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>orientierung,<br />
die das ausmaß e<strong>in</strong>es umfassenden,<br />
dauerhaften <strong>und</strong> gleichzeitig dynamischen<br />
vertrauens dar<strong>in</strong> ausdrückt, dass<br />
1.<br />
2.<br />
3.<br />
die Stimuli aus der äußeren <strong>und</strong> <strong>in</strong>neren<br />
Umgebung im lauf des lebens strukturiert,<br />
vorhersehbar <strong>und</strong> erklärbar s<strong>in</strong>d;<br />
die ressourcen verfügbar s<strong>in</strong>d, um den<br />
durch die Stimuli gestellten anforderungen<br />
gerecht zu werden; <strong>und</strong><br />
diese anforderungen herausforderungen<br />
s<strong>in</strong>d, die e<strong>in</strong> <strong>in</strong>neres <strong>und</strong> äußeres engagement<br />
lohnen.” (antonovsky 1991, S. 127)<br />
Mediation als Ges<strong>und</strong>heitsressource<br />
Die Mobb<strong>in</strong>g-Diskussion verdeutlicht die extremen<br />
Belastungen <strong>und</strong> das leid, die durch ungelöste<br />
Konflikte entstehen. Die etikettierung als<br />
„Mobb<strong>in</strong>g” <strong>und</strong> ihre Ächtung <strong>und</strong> ahndung als<br />
regelverstoß bieten leider hier nur sehr bed<strong>in</strong>gt<br />
e<strong>in</strong>en ausweg. auch sie schaffen eher verlierer<strong>in</strong>nen<br />
statt Gew<strong>in</strong>ner<strong>in</strong>nen.<br />
vor diesem h<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> sollen mögliche ges<strong>und</strong>heitsförderliche<br />
Potentiale der Mediation zur Diskussion<br />
gestellt werden. <strong>in</strong>wieweit birgt die Mediation<br />
ges<strong>und</strong>heitsförderliche Potentiale <strong>und</strong> kann deswegen<br />
als Ges<strong>und</strong>heitsressource bezeichnet werden?<br />
als wichtige Ges<strong>und</strong>heitsressource im arbeitsleben,<br />
die sich positiv auf das Bef<strong>in</strong>den auswirkt<br />
<strong>und</strong> helfen kann, Belastungssituationen abzufedern,<br />
gilt – wie schon erwähnt – die soziale Unterstützung.<br />
hierunter versteht man sowohl konkrete<br />
hilfestellungen bei der lösung von Problemen<br />
<strong>und</strong> Bewältigung von aufgaben als auch emotionale<br />
aspekte wie vertrauen, <strong>in</strong>teresse, zuwendung<br />
<strong>und</strong> soziale anerkennung. Das Gefühl,<br />
geschätzt <strong>und</strong> für kompetent gehalten zu werden<br />
sowie e<strong>in</strong> wichtiges Mitglied der Gruppe zu se<strong>in</strong>,<br />
ist <strong>in</strong>sgesamt von großer Bedeutung.<br />
hier wird die these vertreten, dass Mediation <strong>in</strong><br />
(ges<strong>und</strong>heitlich) belastenden Konfliktsituationen am<br />
arbeitsplatz soziale Unterstützung bietet <strong>und</strong> dem<br />
bei „Mobb<strong>in</strong>g” drohenden <strong>und</strong> krankmachenden<br />
entzug sozialer Unterstützung entgegen wirken kann.<br />
Dies gel<strong>in</strong>gt, weil Mediation – wie die Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
– nach der Prämisse verfährt,<br />
nicht nach Schuldigen, sondern nach lösungen<br />
zu suchen. Die Konfliktparteien werden mit ihren<br />
Bedürfnissen <strong>und</strong> <strong>in</strong>teressen angenommen:<br />
«<br />
33
34<br />
»<br />
KONTAKT<br />
Frigga Maßholder,<br />
frigga.massholder@<br />
tonl<strong>in</strong>e.de<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
Mediation wirkt etikettierungen <strong>und</strong><br />
ausgrenzungen entgegen.<br />
Sie bietet soziale Unterstützung <strong>und</strong> bewirkt<br />
e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teraktion (zwischen zwei oder mehr<br />
Personen), die darauf abzielt, e<strong>in</strong>en zustand<br />
(die Konfliktsituation), der leid erzeugt, zu<br />
verändern oder bei Unveränderbarkeit die<br />
Folgen abzumildern.<br />
Mediation ist geeignet, den Kohärenzs<strong>in</strong>n der<br />
Konfliktbeteiligten zu fördern. Der Konflikt wird<br />
verstehbar, handhabbar <strong>und</strong> s<strong>in</strong>nhaft.<br />
Macht- (Kündigung) <strong>und</strong> Ohnmachtslösungen<br />
(Krankheit) können vermieden werden.<br />
Mediation bietet hilfe zur Selbsthilfe. Die Konfliktbeteiligten<br />
erleben sich <strong>in</strong> Bezug auf die<br />
Konfliktlösung kompetent <strong>und</strong> fähig (empowerment)<br />
<strong>und</strong> werden <strong>in</strong>sgesamt zu ges<strong>und</strong>heitsgerechter<br />
Kommunikation motiviert.<br />
neben den <strong>in</strong>teressen <strong>und</strong> Bedürfnissen der<br />
Konfliktparteien können mögliche h<strong>in</strong>ter dem<br />
Konflikt liegende strukturelle themen <strong>und</strong><br />
Probleme sichtbar <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Bearbeitung<br />
zugänglich gemacht werden.<br />
Mediation bietet verschiedene anknüpfungspunkte<br />
dafür, dass sich die Organisation zu<br />
e<strong>in</strong>em ges<strong>und</strong>en Unternehmen entwickeln<br />
kann.<br />
Mediation birgt also viele ges<strong>und</strong>heitsförderliche<br />
Potentiale, die e<strong>in</strong>e charakterisierung als Ges<strong>und</strong>heitsressource<br />
erlauben. Besonders effektiv ist<br />
aller voraussicht nach die <strong>in</strong>stitutionalisierung der<br />
Mediation <strong>und</strong> ihre verankerung <strong>in</strong> der Organisationskultur.<br />
Denn so kann Mediation präventive Wirkungen<br />
entfalten, da die wahrgenommene verfügbarkeit<br />
sozialer Unterstützung (hier z. B. <strong>in</strong> Form<br />
e<strong>in</strong>es sozial akzeptierten Mediationsangebotes) oft<br />
noch wichtiger ist als die konkrete hilfeleistung.<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung <strong>und</strong> Mediation –<br />
Schnittmengen <strong>und</strong> Perspektiven<br />
<strong>in</strong> betrieblichen Ges<strong>und</strong>heitsprojekten s<strong>in</strong>d Konflikte<br />
selten explizit thema. im rahmen von Befragungen<br />
oder Ges<strong>und</strong>heitszirkeln werden bisweilen die sozialen<br />
Beziehungen – die Führung, das vorgesetztenverhalten<br />
oder das Gruppenklima – als belastende<br />
arbeitsaspekte identifiziert. Bei e<strong>in</strong>er detaillierten<br />
Besprechung werden häufig Überschneidungen<br />
zu arbeitsorganisatorischen themen sichtbar:<br />
Belastende Sozialbeziehungen können sich als<br />
Folgeprobleme organisatorischer Mängel erweisen.<br />
Umgekehrt kann e<strong>in</strong> gutes Gruppenklima oder vorgesetztenverhalten<br />
auch zur Kompensation organisatorischer<br />
Probleme beitragen.<br />
<strong>in</strong> der Projektarbeit ist es immer wieder wichtig,<br />
darauf h<strong>in</strong>zuweisen, dass es bei der Beschreibung<br />
von belastenden arbeitsaspekten <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsproblemen<br />
nicht um Personen geht, die für<br />
Belastungssituationen oder hohe Krankenstände<br />
verantwortlich gemacht werden sollen, sondern<br />
um die geme<strong>in</strong>same lösung von Problemen.<br />
Der Gr<strong>und</strong>satz, nicht Schuldige zu suchen, sondern<br />
lösungen, ist aber nicht die e<strong>in</strong>zige Geme<strong>in</strong>samkeit<br />
zwischen Mediation <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsförderung.<br />
viele Pr<strong>in</strong>zipien <strong>und</strong> annahmen der<br />
Organisationsentwicklung f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> beiden<br />
ansätzen wieder. hierzu gehört auch der aspekt<br />
der Partizipation, durch den Betroffene zu Beteiligten<br />
gemacht werden, die Probleme selbständig<br />
benennen <strong>und</strong> lösungen erarbeiten können, die<br />
nachhaltiger s<strong>in</strong>d, als mögliche von oben verordnete<br />
Macht- oder expert<strong>in</strong>nenlösungen.<br />
„Ges<strong>und</strong>heitsförderung bedeutet sehr wesentlich,<br />
das Kriterium Ges<strong>und</strong>heit <strong>in</strong> die entscheidungsprozesse<br />
e<strong>in</strong>es Systems e<strong>in</strong>zuführen” (Grossmann 1993,<br />
S. 53). Dies geschieht im rahmen von Ges<strong>und</strong>heitsprojekten<br />
<strong>und</strong> im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es Organisationsentwicklungsprozesses.<br />
Der konstruktive Umgang<br />
mit Konflikten kann hierbei e<strong>in</strong> wichtiges thema<br />
se<strong>in</strong>, das anstöße gibt, ges<strong>und</strong>heitliche Probleme<br />
zu vermeiden oder zu bewältigen. Die betriebliche<br />
verankerung e<strong>in</strong>es Konfliktmanagements auf dem<br />
Wege der Mediation sollte aus diesem Gr<strong>und</strong> als<br />
wichtiger aspekte des betrieblichen Ges<strong>und</strong>heitsmanagements<br />
<strong>und</strong> Schritt auf dem Weg h<strong>in</strong> zum<br />
e<strong>in</strong>em ges<strong>und</strong>en Unternehmen gelten.<br />
Frigga Maßholder<br />
Literatur<br />
Antonovsky, Aaron, Me<strong>in</strong>e Odyssee als Stressforscher,<br />
<strong>in</strong>: ArgumentSonderband 193, Hamburg 1991<br />
Badura, Bernhard/Schellschmidt, Henner/Vetter,<br />
Christian, Fehlzeitenreport 2005, Arbeitsmarktunsicherheit<br />
<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit, Berl<strong>in</strong>, Heidelberg,<br />
New York 2006<br />
Glasl, Friedrich, Konfliktmanagement. E<strong>in</strong> Handbuch<br />
für Führungskräfte, Berater<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Berater, Bern,<br />
Stuttgart, Wien 2004<br />
Grossmann, Ralph, Ges<strong>und</strong>heitsförderung durch<br />
Organisationsentwicklung – Organisationsentwicklung<br />
durch Projektmanagement, <strong>in</strong>: Pelikan, Jürgen<br />
M./Demmer, Hildegard/Hurrelmann, Klaus (Hrsg.),<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung durch Organisationsentwicklung.<br />
Konzepte, Strategien <strong>und</strong> Projekte für Betriebe,<br />
Krankenhäuser <strong>und</strong> Schulen, We<strong>in</strong>heim, München<br />
1993, S. 4360<br />
Meschkutat, Bärbel/Stackelbeck, Mart<strong>in</strong>a/Langenhoff,<br />
Georg: Der Mobb<strong>in</strong>gReport. Repräsentativstudie<br />
für die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland. Schriftenreihe<br />
der B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeitsschutz <strong>und</strong> Arbeitsmediz<strong>in</strong><br />
(Fb 951), Dortm<strong>und</strong>, Berl<strong>in</strong> 2002<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
Mediations bzw.<br />
Interessenklauseln <strong>in</strong> Verträgen?<br />
Immer wieder machen MediatorInnen<br />
die Erfahrungen, dass sich die Interessenlage<br />
der Vertragsparteien im Verlauf der<br />
Zeit ändert <strong>und</strong> oftmals zu neuen Konflikten<br />
führt. Dies betrifft <strong>in</strong> besonderer Weise<br />
Fälle, <strong>in</strong> denen die Vertragsparteien über<br />
e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum mite<strong>in</strong>ander zu<br />
tun haben (z. B. Unternehmensnachfolge).<br />
In Anknüpfung an se<strong>in</strong>en Aufsatz <strong>in</strong> der<br />
vorhergehenden Ausgabe des Spektrums<br />
mit dem Titel ”Konfliktprophylaxe <strong>in</strong> bilateralen<br />
Kontexten – E<strong>in</strong> neuer Markt für<br />
Mediatoren” setzt sich der Autor mit der<br />
aufklärenden <strong>und</strong> vorbeugenden Funktion<br />
von „Mediations bzw. Interessenklauseln”<br />
<strong>in</strong> Verträgen ause<strong>in</strong>ander.<br />
verträge haben den zweck, festzuschreiben,<br />
was jede Partei zu leisten hat (Pflichtenheft des<br />
leistungsaustausches), so z. B. regelt e<strong>in</strong> Mediationsvertrag,<br />
dass – <strong>und</strong> wie – die Mediator<strong>in</strong>nen<br />
e<strong>in</strong>e Dienstleistung zu erbr<strong>in</strong>gen haben; dafür<br />
verpflichten sich die Konfliktparteien (oder auch<br />
Dritte) zur zahlung e<strong>in</strong>es honorars. vielleicht s<strong>in</strong>d<br />
auch noch weitere Pflichten festgeschrieben<br />
(verhaltensmaßregeln; teilnahme von rechtsanwält<strong>in</strong>nen<br />
an der Mediation u. ä.). Das Gesetz<br />
ergänzt dieses regelwerk.<br />
alle vere<strong>in</strong>barten Punkte markieren sog. Positionen,<br />
was bedeutet, dass sie das regelwerk des<br />
Gebens <strong>und</strong> nehmens verb<strong>in</strong>dlich 1 umschreiben.<br />
Jeder vertrag verfolgt den zweck, durch Klarheit 2<br />
<strong>und</strong> e<strong>in</strong>deutigkeit von absprachen Berechenbarkeit<br />
<strong>und</strong> verlässlichkeit 3 unter den vertragspartner<strong>in</strong>nen<br />
zu schaffen, so dass die vere<strong>in</strong>barten<br />
leistungspflichten erfüllt werden. Und wenn nicht?<br />
Was passiert, wenn die K<strong>und</strong><strong>in</strong>nen z. B. nicht zahlen?<br />
Dann können Mediator<strong>in</strong>nen den anspruch<br />
durchsetzen 4 – <strong>und</strong> zwar auf der Gr<strong>und</strong>lage der<br />
rechtspositionen im vertrag. Der vertrag enthält<br />
typischerweise ke<strong>in</strong>e Klauseln, die e<strong>in</strong> nachverhandeln<br />
zulassen. es ist also nicht möglich, dass<br />
e<strong>in</strong>e Partei e<strong>in</strong>wendet, sie habe sich bei vertragsabschluss<br />
über etwas geirrt 5 oder die <strong>in</strong>teressenlage<br />
e<strong>in</strong>er Partei habe sich nach vertragsabschluss<br />
geändert. Wenn beide vertragspartner<strong>in</strong>nen es<br />
übere<strong>in</strong>stimmend wollen, können sie das vere<strong>in</strong>barte<br />
jederzeit ändern 6 . <strong>in</strong> der regel „irrt” sich<br />
jedoch nur e<strong>in</strong>e Seite. Und das macht die andere<br />
Seite stark; die beruft sich dann auf die <strong>in</strong> der<br />
vere<strong>in</strong>barung festgeschriebene Position, die<br />
deren anspruch stützt. Dar<strong>in</strong> liegt auch der S<strong>in</strong>n<br />
von recht, nämlich Berechenbarkeit <strong>und</strong> verläss-<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
lichkeit zu schaffen <strong>und</strong> damit vertrauen <strong>in</strong> die<br />
Gültigkeit von absprachen zu festigen.<br />
als Mediator<strong>in</strong>nen wissen wir, dass sich die <strong>in</strong>teressenlagen<br />
der vertragsparteien im verlaufe der<br />
zeit ändern können, auch wenn die vertragslage<br />
nicht dafür zu sprechen sche<strong>in</strong>t. hierzu die Fortsetzung<br />
des Beispiels:<br />
Die AuftraggeberIn der MediatorIn<br />
(aus dem Beispielsfall oben) zahlt nicht,<br />
weil sie ke<strong>in</strong> Geld (mehr) hat, also nicht<br />
bezahlen kann.<br />
<strong>in</strong> anbetracht dieses Umstandes wird die Mediator<strong>in</strong><br />
nicht <strong>in</strong>teressiert se<strong>in</strong>, <strong>in</strong> die gerichtliche<br />
Durchsetzung des verbrieften anspruchs Geld zu<br />
<strong>in</strong>vestieren, um dann später auch noch auf den<br />
Prozesskosten 7 sitzen zu bleiben. Die (vertrags-)<br />
Position nützt da wenig. <strong>in</strong>teressanter wäre es, es<br />
könnte angesichts der geänderten Umstände<br />
e<strong>in</strong>e für beide Seiten akzeptable lösung gef<strong>und</strong>en<br />
werden. Der vertrag gibt dafür ke<strong>in</strong>en<br />
lösungsansatz her, weil der „nur” den se<strong>in</strong>erzeit<br />
verabredeten leistungsaustausch enthält. Um e<strong>in</strong>e<br />
solche „akzeptable” lösung <strong>in</strong> dieser Situation f<strong>in</strong>den<br />
zu können, müssen die Mediator<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> dem<br />
gewählten Beispiel e<strong>in</strong>en anderen Weg gehen, als<br />
auf die vertragsposition zurück zu greifen.<br />
verträge enthalten – systemtypisch – ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressenklauseln.<br />
Die Konfliktlage bei ungeplanter<br />
entwicklung im vollzug e<strong>in</strong>es vertrages ist jedoch<br />
alltagsrealität, so dass verträge sich mit diesem<br />
aspekt durchaus auch befassen können. So s<strong>in</strong>d<br />
folgende Klauseln nicht unüblich 8 , die künftige<br />
Konfliktsituationen im auge haben:<br />
›<br />
›<br />
›<br />
alle Streitigkeiten, die sich im zusammenhang<br />
mit diesem vertrag oder über se<strong>in</strong>e<br />
Gültigkeit ergeben, werden vor e<strong>in</strong>schaltung<br />
der Gerichte nach der Schlichtungsordnung<br />
der ... geschlichtet 9 .<br />
alle Streitigkeiten, die sich im zusammenhang<br />
mit diesem vertrag oder über se<strong>in</strong>e<br />
Gültigkeit ergeben, werden nach der<br />
Schiedsgerichtsordnung der ... unter<br />
ausschluss des ordentlichen rechtsweges<br />
endgültig entschieden 10 .<br />
Möglich ist auch die Komb<strong>in</strong>ation von<br />
Schlichtung <strong>und</strong> – bei Scheitern – anschließendem<br />
Schiedsgerichtsverfahren.<br />
Schlichtung bedeutet immer, dass auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />
der Positionen e<strong>in</strong>e lösung gesucht wird.<br />
«<br />
Dr. iur Detlev Bern<strong>in</strong>g,<br />
Jurist, Mediator BM,<br />
Mitglied der<br />
Fachgruppe MiO/<br />
Wirtschafts<strong>mediation</strong> im BM<br />
1/ <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> dem<br />
S<strong>in</strong>ne, dass diese vere<strong>in</strong>barung<br />
auch <strong>in</strong> zukunft – bis<br />
zur erledigung des vertrages<br />
– unverändert gilt.<br />
2/ Deshalb der vorzug der<br />
Schriftform, was aber „Missverständnisse”<br />
nicht ausschließt<br />
3/ Und damit das bei vertragsabschluss<br />
existierende<br />
vertrauen zu verstärken<br />
4/ Ggf. auch erzw<strong>in</strong>gen<br />
durch zwangsvollstreckungsmaßnahmen.<br />
5/ im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es Motivirrtums<br />
6/ es wird also e<strong>in</strong> Änderungsvertrag<br />
geschlossen –<br />
alle vertragspartner<strong>in</strong>nen<br />
müssen mit dieser Änderung<br />
e<strong>in</strong>verstanden se<strong>in</strong>.<br />
7/ Die umfassen neben den<br />
eigenen anwaltskosten (die<br />
von den Kontrahent<strong>in</strong>nen<br />
aufgr<strong>und</strong> derer wirtschaftlicher<br />
lage nicht erstattet<br />
werden) <strong>in</strong>sbesondere auch<br />
die vollen Gerichtskosten,<br />
die er/sie als Kläger<strong>in</strong> vorzuf<strong>in</strong>anzieren<br />
hat!<br />
8/ <strong>in</strong> der regel aber nur <strong>in</strong><br />
„bedeutsameren” verträgen<br />
zu f<strong>in</strong>den, wenn es entweder<br />
um viel Geld geht oder<br />
empf<strong>in</strong>dliche rechtsverhältnisse<br />
geregelt werden mit<br />
gewichtigen wirtschaftlichen<br />
<strong>in</strong>teressen im h<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>.<br />
35
36<br />
»<br />
9/ Sog. Schiedsklauseln.<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen Fall kann<br />
e<strong>in</strong> Gericht erst angerufen<br />
werden, wenn der Schlichtungsversuch<br />
gescheitert ist!<br />
Schlichtungsordnungen<br />
halten z. B. die ihK`en vor.<br />
10/ Schiedsgerichte<br />
ersetzen e<strong>in</strong> staatliches<br />
Gericht, was bedeutet, dass<br />
e<strong>in</strong>e Klage an z. B. e<strong>in</strong> landgericht<br />
als unzulässig abgewiesen<br />
würde.<br />
11/ textvorlage der<br />
hamburger Mediationsstelle<br />
für Wirtschaftskonflikte<br />
(handelskammer hamburg)<br />
12/ der sich an die<br />
Konfliktdarstellung sowie der<br />
Konflikterhellung<br />
anschließenden Phase<br />
13/ Die vertragspartner<strong>in</strong>nen<br />
sichern sich bereits bei<br />
vertragsunterzeichnung<br />
gegenseitig zu,<br />
e<strong>in</strong>er persönlichen<br />
Konfliktbearbeitung<br />
zugänglich se<strong>in</strong><br />
zu wollen.<br />
14/ hier folgt der name<br />
e<strong>in</strong>er Person oder auch<br />
<strong>in</strong>stitution, auf die sich die<br />
Parteien gee<strong>in</strong>igt haben..<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
Gleiches gilt für das Schiedsverfahren, das viele<br />
andere vorteile für die Parteien enthält, nicht aber<br />
den Weg weist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e lösung, die sich primär an<br />
den (veränderten) <strong>in</strong>teressen der Parteien orientiert.<br />
Da wirken sog. Mediationsklauseln anders, <strong>in</strong>dem<br />
sie den Parteien den Weg ebnen, losgelöst von<br />
den Positionen e<strong>in</strong>en ausweg aus der Konfliktlage<br />
zu f<strong>in</strong>den. Solche können wie folgt formuliert se<strong>in</strong>:<br />
Die Parteien verpflichten sich, im Falle<br />
e<strong>in</strong>er sich aus diesem Vertrag ergebenden<br />
Streitigkeit vor Klageerhebung bei e<strong>in</strong>em<br />
ordentlichen Gericht oder Schiedsgericht<br />
e<strong>in</strong>e Mediation gemäß der (z. B. Hamburger<br />
Mediationsordnung für Wirtschaftskonflikte)<br />
durchzuführen 11 .<br />
<strong>in</strong> der Mediation geht es <strong>in</strong> der „lösungsphase” 12<br />
um die <strong>in</strong>teressen der Parteien zum zeitpunkt der<br />
Konfliktbearbeitung; <strong>in</strong>sofern öffnet diese regel<br />
das vertragswerk im S<strong>in</strong>ne der <strong>in</strong>tention dieses<br />
aufsatzes. Diese Klausel, die ich unmittelbar nach<br />
me<strong>in</strong>er Mediationsausbildung auch verwandt<br />
habe, birgt jedoch das Problem <strong>in</strong> sich, dass der<br />
verpflichtende charakter mit der für e<strong>in</strong>e Mediation<br />
erforderlichen Freiwilligkeit schwer vere<strong>in</strong>bar<br />
ist, die bei den Konfliktparteien gegeben se<strong>in</strong><br />
muss, damit e<strong>in</strong>e Mediation überhaupt stattf<strong>in</strong>den<br />
kann. Damit ist aber ke<strong>in</strong>e verb<strong>in</strong>dliche vorbed<strong>in</strong>gung<br />
für den Gang zum Gericht geschaffen;<br />
die Formulierung als „verpflichtung” täuscht<br />
über den wahren charakter dieser Klausel.<br />
absprachen, die Parteien auf den Weg der Mediation<br />
im Konfliktfall zu verweisen, ändern nichts an<br />
der Funktionalität e<strong>in</strong>es vertrages. e<strong>in</strong>e solche Öffnungsklausel<br />
stößt die vertragspartner<strong>in</strong>nen darauf,<br />
dass sie im Konfliktfall noch e<strong>in</strong>mal mite<strong>in</strong>ander<br />
reden wollten. Dieses „darauf stoßen” kann<br />
jedoch nur e<strong>in</strong> „daran er<strong>in</strong>nern” se<strong>in</strong>, warum <strong>und</strong><br />
aus welchem Gr<strong>und</strong> sich die vertragspartner<strong>in</strong>nen<br />
auf e<strong>in</strong>e solche regel gee<strong>in</strong>igt hatten.<br />
Bei formularmäßiger verwendung der Klausel<br />
besteht die Gefahr, dass sich die durch den vertrag<br />
besser gestellte Partei darauf beruft, nicht<br />
„freiwillig” an der Mediation teilnehmen zu können,<br />
was dann das ende e<strong>in</strong>er Mediation schon<br />
vor deren Beg<strong>in</strong>n bedeuten würde; dieser vertragsteil<br />
bleibt ohne die <strong>in</strong>tendierte relevanz. aus<br />
diesem Gr<strong>und</strong>e behaupte ich, dass solche Klauseln<br />
nur dann S<strong>in</strong>n machen, wenn sich die vertragsparteien<br />
darüber im Klaren s<strong>in</strong>d, was sie da<br />
unterschreiben, worauf sie sich e<strong>in</strong>lassen; denn<br />
nur dann unterscheiden sie sich im ernstfall von<br />
den vielen Konfliktparteien, die den Streit lieber<br />
vom Gericht entschieden sehen 13 .<br />
ich möchte an dieser Stelle e<strong>in</strong>en Formulierungsvorschlag<br />
e<strong>in</strong>fügen, um anschließend mit der<br />
erklärung des Warum <strong>und</strong> Wozu fortzufahren.<br />
„Die Vertragsparteien wissen darum, dass<br />
bei Durchführung des Vertrages Konfliktlagen<br />
entstehen können. Sie wissen weiterh<strong>in</strong>,<br />
dass es schwierig se<strong>in</strong> kann, Konflikte<br />
(rechtzeitig) anzusprechen. Beide wünschen,<br />
dass sie Gelegenheiten wahrnehmen,<br />
Konflikte frühzeitig anzusprechen <strong>und</strong><br />
e<strong>in</strong>vernehmlich zu lösen; sie wünschen<br />
dieses <strong>in</strong> Ansehung ihres Bedürfnisses nach<br />
Selbstbestimmung <strong>und</strong> möchten direkten<br />
E<strong>in</strong>fluss auf den Ausgang des Konfliktes nicht<br />
aus der Hand geben. Zu diesem Zweck<br />
vere<strong>in</strong>baren sie, dass jede Partei für sich<br />
Herrn/Frau 14 ... ansprechen kann, der/die<br />
mit der Vertragslage vertraut ist. E<strong>in</strong>e Vorklärung<br />
der Konfliktlage soll dazu dienen,<br />
e<strong>in</strong>er Konfliktbearbeitung (z. B. durch<br />
Mediation) den Weg zu ebnen. Die Parteien<br />
erklären sich ausdrücklich damit e<strong>in</strong>verstanden,<br />
dass die Konfliktlösung auf der<br />
Basis der Interessen (<strong>und</strong> damit losgelöst<br />
von den Vertragspositionen) erfolgen soll.<br />
Die Kosten der Beauftragung von Herrn/<br />
Frau XXX werden <strong>in</strong> der Mediation geregelt;<br />
sofern e<strong>in</strong>e solche Vere<strong>in</strong>barung nicht<br />
zustande kommt, trägt der Initiator die Kosten<br />
des 1. Vorgespräches; die weiteren<br />
Kosten tragen die Parteien je zu ½.”<br />
Was ist das Besondere an dieser Klausel? Die Parteien<br />
wissen genau, wie sie vorgehen können; der<br />
ablauf ist e<strong>in</strong>fach <strong>und</strong> transparent <strong>und</strong> nicht aufwändiger<br />
als die Beauftragung e<strong>in</strong>er anwält<strong>in</strong> mit<br />
e<strong>in</strong>er positionsorientierten Durchsetzung der ansprüche.<br />
<strong>in</strong> der regel werden die honoraransprüche<br />
der Person (z. B. der Mediator<strong>in</strong>) bekannt se<strong>in</strong>, wenn<br />
diese schon bei vertragsabschluss fest steht.<br />
<strong>in</strong> Fällen, <strong>in</strong> denen die vertragsparteien auf<br />
absehbare zeit mite<strong>in</strong>ander zu tun haben <strong>und</strong><br />
dadurch auch verstärkt Potential für alltagskonflikte<br />
gegeben ist (z. B. bei Dauerschuldverhältnissen<br />
oder aber auch bei Unternehmensnachfolgen),<br />
rege ich an, Folgendes zu vere<strong>in</strong>baren<br />
(das Beispiel bezieht sich auf die übergangsweise<br />
zusammenarbeit von verkäufer<strong>in</strong> <strong>und</strong> Käufer<strong>in</strong><br />
bei e<strong>in</strong>er Unternehmensnachfolge):<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
„Die Vertragsparteien wissen darum, dass sie<br />
immer wieder mit Konfliktlagen zu tun haben<br />
werden. Ihnen ist bewusst, dass es schwierig se<strong>in</strong><br />
kann, Konflikte (rechtzeitig) anzusprechen. Beide<br />
wünschen, dass sie Gelegenheiten wahrnehmen,<br />
Konflikte frühzeitig anzusprechen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>vernehmlich<br />
zu lösen. Sie wünschen dieses <strong>in</strong> Ansehung<br />
ihres Bedürfnisses nach Selbstbestimmung<br />
<strong>und</strong> möchten direkten E<strong>in</strong>fluss auf den Ausgang<br />
des Konfliktes nicht aus der Hand geben. Zu<br />
diesem Zweck darf jeder der PartnerInnen auf<br />
Kosten des Unternehmens jederzeit e<strong>in</strong>e Person<br />
ihres Vertrauens 15 (möglichst mit der Qualifikation<br />
e<strong>in</strong>er MediatorIn) ansprechen, um mit dieser<br />
vertraulich zu klären, ob <strong>und</strong> <strong>in</strong>wieweit Konflikte<br />
mit den PartnerInnen zur Klärung anstehen.<br />
Nach dieser Vorklärung soll e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same<br />
Mediationssitzung stattf<strong>in</strong>den, <strong>in</strong> der die VertragspartnerInnen<br />
den Konflikt mite<strong>in</strong>ander klären.”<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em konkreten Fall haben Mandant<strong>in</strong>nen folgende<br />
Formulierung gewählt:<br />
„Die Vertragsparteien haben sich mit der Bedeutung<br />
von Konflikten während der Vertragslaufzeit<br />
sowie e<strong>in</strong>es schleichend wachsenden<br />
Konfliktpotentials ause<strong>in</strong>ander gesetzt. Sie<br />
wünschen e<strong>in</strong>e frühzeitige <strong>und</strong> aktive Konfliktbearbeitung,<br />
<strong>in</strong> Ansehung ihres Bedürfnisses<br />
nach Selbstbestimmung <strong>und</strong> möchten direkten<br />
E<strong>in</strong>fluss auf den Ausgang des Konfliktes<br />
nicht aus der Hand geben. Vor diesem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><br />
vere<strong>in</strong>baren sie, dass jeder Vertragspartner<br />
jederzeit externe Hilfe <strong>in</strong> Anspruch<br />
nehmen kann, um für sich e<strong>in</strong>e Konfliktlage zu<br />
klären. Die ... GmbH hat mit Herrn ... <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />
Eigenschaft als Mediator vere<strong>in</strong>bart, dass dieser<br />
sich zum Wohle des Unternehmens <strong>und</strong><br />
im Interesse der Absprache zwischen den<br />
Vertragsparteien für die e<strong>in</strong>vernehmliche<br />
Lösung von Konflikten engagiert. Die Kosten<br />
e<strong>in</strong>er Inanspruchnahme von Herrn ... trägt die<br />
GmbH. Der Mediator soll – unabhängig ob<br />
von e<strong>in</strong>em oder gleich beiden Vertragspartnern<br />
angesprochen – zur Konfliktklärung beitragen,<br />
<strong>in</strong>dem er auf e<strong>in</strong>e (<strong>in</strong>teressenbasierte)<br />
Konfliktbearbeitung (z. B. Mediation) h<strong>in</strong>führt.”<br />
<strong>in</strong> jedem Fall s<strong>in</strong>d solche Öffnungsklauseln erklärungsbedürftig<br />
<strong>und</strong> damit beratungs<strong>in</strong>tensiv 16 . Weist die<br />
Berater<strong>in</strong> die Parteien darauf h<strong>in</strong>, sich auf e<strong>in</strong>e<br />
„Mediator<strong>in</strong>” zu e<strong>in</strong>igen, verzögert sich die vorbereitungsphase<br />
für e<strong>in</strong>en solchen vertragsentwurf oft<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
beträchtlich, was <strong>in</strong>sbesondere viele anwält<strong>in</strong>nen<br />
davon abhalten wird, diese thematik an die Parteien<br />
heran zu tragen. Für uns Mediator<strong>in</strong>nen<br />
macht es jedoch S<strong>in</strong>n, immer <strong>und</strong> überall auf diese<br />
Gestaltungsmöglichkeit aufmerksam zu machen –<br />
nicht zuletzt auch, um <strong>in</strong> derartigen verträgen als<br />
potentielle Mediator<strong>in</strong> benannt zu se<strong>in</strong>. Wünschenswert<br />
ist diese betreuungs<strong>in</strong>tensive <strong>und</strong> damit für die<br />
Berater<strong>in</strong> „unpraktische” Öffnungsklausel <strong>in</strong>sbesondere<br />
auch deshalb, weil sich der (Merk-) Wert e<strong>in</strong>er<br />
solchen absprache deutlich erhöht, wenn sich die<br />
vertragspartner<strong>in</strong>nen mit dieser haben beschäftigen<br />
müssen, <strong>in</strong>dem sie sich nach e<strong>in</strong>er geeigneten<br />
Person ihres vertrauens umgesehen haben.<br />
Fazit<br />
Mediationsklauseln widersprechen dem S<strong>in</strong>n <strong>und</strong><br />
zweck von verträgen nicht, die den Parteien Klarheit<br />
bezüglich der jeweiligen leistungspflichten schaffen<br />
soll. Die Positionen, die die Parteien festgeschrieben<br />
haben, bleiben unangetastet, wenn sie<br />
im Konfliktfall auf der Gr<strong>und</strong>lage der dann bestehenden<br />
<strong>in</strong>teressen e<strong>in</strong>e andere lösung f<strong>in</strong>den, die<br />
sich u. U. gänzlich vom ursprünglichen vertragswerk<br />
löst. <strong>in</strong>soweit wird nur der Gr<strong>und</strong>satz bestätigt, dass<br />
die vertragsparteien jederzeit „ihre” vere<strong>in</strong>barung –<br />
e<strong>in</strong>vernehmlich – ändern können 17 . vertragstechnisch<br />
ist der verweis auf die <strong>in</strong>teressenbasis <strong>in</strong>teressant,<br />
weil im Konfliktfall der vertrag eben nicht mehr<br />
den <strong>in</strong>teressen der Parteien entsprechen muss <strong>und</strong><br />
die Öffnung auf die <strong>in</strong>teressen den konsensualen<br />
lösungsweg aufzeigt. e<strong>in</strong>e „Mediationsklausel” kann<br />
dazu beitragen, den starren Blick auf die Positionen<br />
zu lösen, um nach anderen, der geänderten lage<br />
angepassten <strong>und</strong> ganz <strong>in</strong>dividuellen (w<strong>in</strong>-w<strong>in</strong>)<br />
lösungsmöglichkeiten zu suchen.<br />
Die letzten Formulierungsbeispiele machen deutlich,<br />
woran mir noch mehr liegt: es geht darum,<br />
den vertragsparteien vor augen zu führen, dass<br />
Konflikte auftreten können <strong>und</strong> es wenig wahrsche<strong>in</strong>lich<br />
ist, solche kämen bei der Durchführung<br />
„ihres” vertrages nicht vor. Bei vertragsschluss<br />
dom<strong>in</strong>iert vertrauen zwischen den Parteien sowie<br />
der – unrealistische – Optimismus, es bliebe alles<br />
so; denn sonst schlössen sie den vertrag nicht. im<br />
S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Konfliktprophylaxe 18 sollen die vertragspartner<strong>in</strong>nen<br />
die chance wahrnehmen können,<br />
frühzeitig bei sich anbahnenden Konflikten zu handeln,<br />
um so e<strong>in</strong>e eskalation zu verh<strong>in</strong>dern. <strong>in</strong> diesem<br />
S<strong>in</strong>ne s<strong>in</strong>d me<strong>in</strong>e Formulierungsvorschläge<br />
eher als „vertrauensklauseln” zu verstehen.<br />
rechtlich zulässig <strong>und</strong> vertragstechnisch machbar<br />
ist das alles!<br />
Dr. iur Detlev Bern<strong>in</strong>g<br />
«<br />
15/ Bei diesem Muster<br />
haben sich die Parteien<br />
nicht auf e<strong>in</strong>e Person<br />
gee<strong>in</strong>igt, was den nachteil<br />
ger<strong>in</strong>gerer verb<strong>in</strong>dlichkeit<br />
(psychologisch gewertet)<br />
hat. <strong>in</strong> jedem Fall sollten die<br />
Parteien sich zuvor darum<br />
bemüht haben, e<strong>in</strong>e Person<br />
zu f<strong>in</strong>den, der beide<br />
vertrauen <strong>und</strong> die sie für<br />
geeignet halten, im Konfliktfall<br />
mediativ zu helfen.<br />
16/ zur weitergehenden<br />
Begründung verweise ich<br />
auf Fn 12!<br />
17/ Siehe Fn 6<br />
18/ Siehe dazu:<br />
a. novak <strong>und</strong> D. Bern<strong>in</strong>g,<br />
Konfliktprophylaxe bei<br />
Unternehmensnachfolgen<br />
(2mal5=1®)<br />
Demnächst ausführliche<br />
<strong>in</strong>formationen unter<br />
www.2mal5gleich1.de<br />
KONTAKT<br />
Detlev Bern<strong>in</strong>g,<br />
Dr.Bern<strong>in</strong>g@Bern<strong>in</strong>g<br />
Hannover.de<br />
37
38<br />
»<br />
Dr. Andreas Novak,<br />
Change Management<br />
Mediation,<br />
Zertifizierter Tra<strong>in</strong>er <strong>und</strong><br />
Master Tra<strong>in</strong>er für<br />
Die sechs Hüte<br />
des Denkens®,<br />
Zusammen mit<br />
Detlev Bern<strong>in</strong>g Träger des<br />
1. Innovationspreises<br />
des BM,<br />
Mitglied der<br />
Fachgruppe MiO/<br />
Wirtschafts<strong>mediation</strong> im BM<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
Auftragsklärung für die Mediation<br />
<strong>in</strong> Unternehmen. Zwei Praxisbeispiele<br />
In diesem Beitrag berichten wir von Erfahrungen<br />
mit Auftragsklärungsgesprächen<br />
bei Anfragen für Mediation <strong>in</strong> Unternehmen.<br />
Und auch hier gilt: Es beg<strong>in</strong>nt, bevor<br />
es beg<strong>in</strong>nt. Die ersten Schritte e<strong>in</strong>er Mediation<br />
s<strong>in</strong>d unserer Erfahrung nach ausschlaggebend<br />
für Erfolg oder Misserfolg. Anhand<br />
von zwei Praxisbeispielen zeigen wir, was<br />
zur Auftragsklärung <strong>in</strong> der Mediation<br />
wichtig ist.<br />
Fall 1<br />
Sie erhalten e<strong>in</strong>en Anruf von e<strong>in</strong>em Abteilungsleiter,<br />
der mit Ihnen e<strong>in</strong>en Term<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>em Kennenlerngespräch<br />
wegen e<strong>in</strong>er Mediation vere<strong>in</strong>baren<br />
will.<br />
„Sie wurden mir von unserer Personalabteilung<br />
als kompetenter Mediator genannt. Sie haben<br />
ja auch schon öfter für unser Unternehmen<br />
gearbeitet. Es geht um e<strong>in</strong>en Konflikt zwischen<br />
e<strong>in</strong>em Gruppenleiter <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er Mitarbeiter<strong>in</strong>.<br />
Da muss dr<strong>in</strong>gend etwas passieren. Wir haben<br />
an Mediation gedacht. Sie kennen die Verfahrensweise<br />
unseres Unternehmens: Wir laden drei<br />
Mediatoren zu e<strong>in</strong>em Kennenlerngespräch e<strong>in</strong><br />
<strong>und</strong> wählen dann e<strong>in</strong>en aus. Jetzt möchte ich<br />
mit Ihnen e<strong>in</strong>en Term<strong>in</strong> verabreden.”<br />
Auf die Nachfrage, wer bei dem Gespräch<br />
anwesend se<strong>in</strong> wird, sagt der Abteilungsleiter im<br />
Ton der Selbstverständlichkeit: „Sie <strong>und</strong> ich”.<br />
Bereits dieses kurze telefongespräch enthält<br />
ebenso viele wichtige <strong>in</strong>formationen wie wichtige<br />
Fragen.<br />
Wir schlagen ihnen als leser<strong>in</strong>nenn vor, kurz <strong>in</strong>ne<br />
zu halten <strong>und</strong> zu notieren, welche <strong>in</strong>formationen<br />
Sie gehört haben, welche hypothesen Sie entwickeln<br />
<strong>und</strong> welche Fragen Sie sich spontan<br />
stellen würden.<br />
Fall 2<br />
Das Telefonat war durch Herrn B. angekündigt, der<br />
mit Unterstützung des Mediators vor Jahren e<strong>in</strong>mal<br />
e<strong>in</strong>en Konflikt mit e<strong>in</strong>em se<strong>in</strong>er Vorstandskollegen<br />
lösen konnte. Herr B. hatte mittlerweile se<strong>in</strong>e Position<br />
als Vorstandsvorsitzender aufgegeben <strong>und</strong><br />
war <strong>in</strong> die Beratung von Unternehmern übergewechselt.<br />
E<strong>in</strong>er dieser Unternehmer, Herr W., Alle<strong>in</strong>besitzer,<br />
habe <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Managementteam e<strong>in</strong>en<br />
massiven Konflikt. Das Team umfasse drei Personen<br />
<strong>und</strong> berichtete direkt an ihn.<br />
Der Mediator fragt nach <strong>und</strong> erhält Informationen,<br />
von denen beide wissen, dass sie die Sichtweise<br />
e<strong>in</strong>es Dritten, die von Herrn B. darstellen: „Was ich<br />
Ihnen hier erzähle, ist das, wie ich die D<strong>in</strong>ge sehe.<br />
Herr W. <strong>und</strong> auch die drei Teammitglieder sehen<br />
das vielleicht ganz anders.” Neben H<strong>in</strong>tergründen<br />
aus der Sicht von Herrn B. erfährt der Mediator<br />
allerd<strong>in</strong>gs auch, dass Herr B. als Berater von Herrn<br />
W. die Bearbeitung dieses Konflikts auf ke<strong>in</strong>en Fall<br />
selbst übernehmen will, sondern an den Mediator<br />
delegieren möchte. Wenn der Mediator bereit sei,<br />
würde er Herrn W. die Telefonnummer weitergeben.<br />
Ob der allerd<strong>in</strong>gs anrufen würde, das könne<br />
er nicht sagen. Man habe es <strong>in</strong> dem Unternehmen<br />
nicht so mit den sanften Methoden, andererseits:<br />
„So kann es auch nicht weitergehen.”<br />
Als Herr W. anruft, ist <strong>in</strong> diesem Fall bereits e<strong>in</strong>e<br />
Menge passiert: Der externe Berater des Unternehmers<br />
ist der festen Überzeugung, dass etwas<br />
geschehen muss. Er selbst will das nicht <strong>in</strong> die<br />
Hand nehmen, sondern sucht e<strong>in</strong>en Mediator.<br />
Er wählt jemanden, den er aus persönlicher<br />
Erfahrung mit e<strong>in</strong>er Konfliktlösung kennen gelernt<br />
hat <strong>und</strong> empfiehlt dem Firmen<strong>in</strong>haber, Kontakt<br />
aufzunehmen.<br />
<strong>in</strong> beiden Fällen ist der Prozess der auftragsklärung<br />
bereits <strong>in</strong> vollem Gange, noch bevor auftragnehmer<br />
<strong>und</strong> auftraggeber sich persönlich<br />
begegnet s<strong>in</strong>d. Bereits <strong>in</strong> diesem frühen Stadium<br />
hat der Mediator viele <strong>in</strong>formationen erhalten,<br />
die er bewusst registrieren sollte. e<strong>in</strong> abteilungsleiter<br />
sucht für se<strong>in</strong>e Mitarbeiter<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>en<br />
Mediator oder e<strong>in</strong>e Mediator<strong>in</strong>. e<strong>in</strong> Berater sucht<br />
für se<strong>in</strong>en auftraggeber e<strong>in</strong>en Mediator <strong>und</strong> so<br />
sche<strong>in</strong>t es, auch noch ohne dessen ausdrücklichen<br />
Wunsch. Die Konfliktparteien selbst werden<br />
an dem ersten Gespräch nicht teilnehmen. Die<br />
nachfrage danach wird von dem abteilungsleiter<br />
bestimmt, fast schon gereizt, beantwortet. er<br />
hat Dr<strong>in</strong>glichkeit signalisiert („da muss etwas passieren”)<br />
<strong>und</strong> könnte funktional <strong>und</strong> emotional von<br />
dem Konflikt betroffen se<strong>in</strong>. ebenfalls sche<strong>in</strong>t dem<br />
auftraggeber wichtig zu se<strong>in</strong>, dass der Mediator<br />
erprobt ist <strong>und</strong> das Unternehmen kennt, bzw. von<br />
jemandem empfohlen wird. Die Kompetenz des<br />
Mediators wird nicht <strong>in</strong> Frage gestellt, da sie auf<br />
empfehlungen beruht (Personalabteilung bzw.<br />
Berater).<br />
Folgende Fragen stellen sich <strong>in</strong> beiden Fällen:<br />
1. Welche rolle hat der abteilungsleiter bzw. im<br />
zweiten Fall der Berater <strong>und</strong> auch der Firmen<strong>in</strong>haber<br />
herr von W im Konflikt?<br />
2. Was s<strong>in</strong>d die genannten Gründe für e<strong>in</strong>e<br />
Mediation?<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
3. Was wird gesagt (open agenda) –<br />
was wird nicht gesagt (hidden agenda)?<br />
4. Welche <strong>in</strong>teressen verfolgen diese Personen<br />
mit e<strong>in</strong>er Konfliktlösung?<br />
5. Welche ziele soll die Mediation für diese Personen<br />
erreichen? von den zielen oder Wünschen<br />
der Konfliktbeteiligten ist bisher <strong>in</strong>teressanterweise<br />
noch gar ke<strong>in</strong>e rede gewesen.<br />
Welche lösungsversuche wurden bisher<br />
umgesetzt?<br />
6. Warum ist es den <strong>in</strong>itiatoren so wichtig, den<br />
Mediator auszuwählen?<br />
7. Wie gehe ich mit der hierarchie um (abteilungsleiter,<br />
Berater <strong>und</strong> Firmen<strong>in</strong>haber)?<br />
8. Warum suchen die <strong>in</strong>itiatoren <strong>und</strong> nicht die<br />
Konfliktparteien den Mediator aus?<br />
9. Was wissen die Konfliktparteien über die<br />
Suche e<strong>in</strong>es Mediators?<br />
10. Was passiert, wenn die Mediation scheitert?<br />
Was ist die Beste alternative?<br />
11. S<strong>in</strong>d die <strong>in</strong>itiatoren bereit, wenn es für die<br />
Mediation wichtig wird, persönlich an ihr teilzunehmen?<br />
<strong>in</strong> diesem Stadium ersche<strong>in</strong>t uns besonders wichtig,<br />
dass der/die Mediator<strong>in</strong> se<strong>in</strong>e/ihre eigenen<br />
reaktionen <strong>und</strong> Gefühle wahr- <strong>und</strong> ernst nimmt,<br />
da zu Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er Mediation Signale <strong>und</strong> <strong>in</strong>formationen<br />
aufgenommen werden, die später als<br />
selbstverständlich vorausgesetzt <strong>und</strong> nicht mehr<br />
h<strong>in</strong>terfragt werden. Fragen, die die emotionale<br />
Seite der auftragsklärung für die Mediator<strong>in</strong>nen<br />
betreffen, s<strong>in</strong>d beispielsweise:<br />
1.<br />
2.<br />
3.<br />
4.<br />
Was sagt me<strong>in</strong> <strong>in</strong>neres ich?<br />
Welche Bilder <strong>und</strong> reaktionen habe ich<br />
spontan?<br />
zieht es mich zu dem auftrag oder verspüre<br />
ich Widerstände?<br />
Wie werde ich behandelt – wertschätzend<br />
oder habe ich „anzutanzen” <strong>und</strong> mir das<br />
Brief<strong>in</strong>g abzuholen?<br />
Die Gefahr besteht, dass die antworten auf diese<br />
Fragen unbequem s<strong>in</strong>d, man ihnen deswegen<br />
lieber aus dem Wege geht, um den auftrag zu<br />
erhalten.<br />
E<strong>in</strong>e Anfrage ist noch ke<strong>in</strong> Auftrag<br />
e<strong>in</strong> Unternehmen ruft an <strong>und</strong> fragt uns als Mediator<strong>in</strong>nen<br />
an – die anfrage wird schnell zu e<strong>in</strong>em auftrag,<br />
wenigstens im <strong>in</strong>neren Wunschdenken. Durch<br />
diese implizite <strong>in</strong>nere auftragsannahme s<strong>in</strong>d Mediator<strong>in</strong>nen<br />
<strong>in</strong> Gefahr, die Stolperste<strong>in</strong>e im Prozess der<br />
auftragsklärung nicht deutlich genug wahrzunehmen.<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
zu diesem zeitpunkt der Kontaktaufnahme ist<br />
jedoch noch nahezu alles offen: Weder ist durch<br />
e<strong>in</strong>e Konfliktdiagnose bestätigt, dass Mediation<br />
die passende Konfliktbearbeitungsform ist, noch<br />
s<strong>in</strong>d die Bed<strong>in</strong>gungen für e<strong>in</strong>e Mediation geklärt<br />
wie zum Beispiel die Bereitschaft der Konfliktparteien<br />
für e<strong>in</strong>e Mediation. Die anfrage als auftrag<br />
zu registrieren, erhöht das risiko, verführbar zu<br />
werden. Und es kann selbst die auswahlchance<br />
m<strong>in</strong>dern, weil die auftraggebenden merken,<br />
dass die Mediator<strong>in</strong>nen stärker auf den auftrag<br />
als auf die Konfliktbearbeitung konzentriert s<strong>in</strong>d.<br />
Die erste Begegnung<br />
mit dem potentiellen Auftraggeber<br />
Fall 1<br />
Der Mediator nimmt den Term<strong>in</strong> im Unternehmen<br />
wahr. Die Konfliktparteien s<strong>in</strong>d nicht anwesend.<br />
Der Abteilungsleiter erzählt ausführlich von<br />
dem Konflikt. Der Mediator hört zu <strong>und</strong> lässt die<br />
Schilderung auf sich wirken.<br />
<strong>in</strong> dieser Situation der auftragsklärung geben<br />
Mediator<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>e erste Kostprobe ihrer arbeitsweise.<br />
Durch aktives zuhören fasst er/sie die<br />
wesentlichsten Punkte der Darstellung <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er/<br />
ihrer eigenen Sprache zusammen. er/sie fragt<br />
konkret nach, um sich e<strong>in</strong> Bild vom Konflikt<br />
machen zu können: Dauer des Konfliktes, die<br />
Beteiligten <strong>und</strong> die bisherigen lösungsversuche,<br />
denn selten ist Mediation der erste lösungsversuch:<br />
entweder hat die Führungskraft persönlich<br />
bereits e<strong>in</strong> vermittlungsgespräch geführt, der<br />
Betriebsrat ist aktiv geworden, die höhere hierarchieebene<br />
hat sich e<strong>in</strong>geschaltet, etc.<br />
Die Kunst der auftragsklärung besteht dar<strong>in</strong>, soviel<br />
wie nötig <strong>und</strong> so wenig wie möglich zu erfragen.<br />
Die Mediator<strong>in</strong>nen benötigen Diagnosematerial<br />
<strong>und</strong> müssen dazu der Führungskraft die Möglichkeit<br />
der Konfliktdarstellung geben. effizientes vorgehen<br />
ist <strong>in</strong> diesem erstgespräch angebracht –<br />
<strong>in</strong> maximal e<strong>in</strong>er St<strong>und</strong>e muss alles erledigt se<strong>in</strong>.<br />
e<strong>in</strong> dreistündiges Brief<strong>in</strong>g wird es <strong>in</strong> der regel<br />
nicht geben <strong>und</strong> ist auch nicht s<strong>in</strong>nvoll, außer<br />
<strong>in</strong> komplexen Fällen mit mehreren anwesenden<br />
hierarchieebenen.<br />
Nach ausführlicher Konfliktdarstellung bittet der<br />
Abteilungsleiter den Mediator, sich <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e<br />
Vorgehensweise vorzustellen.<br />
Konkret, präzise <strong>und</strong> kurz werden Person <strong>und</strong><br />
arbeitsweise vorgestellt. Unterstützende schriftliche<br />
Unterlagen zur beruflichen vita <strong>und</strong> zur<br />
«<br />
39
40<br />
»<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
Methode s<strong>in</strong>d zeitsparend – die K<strong>und</strong><strong>in</strong>nen<br />
können wichtige Punkte nachlesen. Der/die<br />
Mediator<strong>in</strong> muss <strong>in</strong> diesem Gespräch Kompetenz<br />
<strong>und</strong> methodische Sicherheit ausstrahlen.<br />
er/sie muss als jemand „rüberkommen”, der/die<br />
weiß, wovon er/sie redet <strong>und</strong> der/die versteht,<br />
was ihm/ihr erzählt wird. <strong>in</strong>haltliche vorträge über<br />
die Methode der Mediation s<strong>in</strong>d hier eher kontraproduktiv.<br />
Der abteilungsleiter (im Beispiel) muss<br />
den e<strong>in</strong>druck <strong>und</strong> die Sicherheit gew<strong>in</strong>nen, dass<br />
er die Konfliktbearbeitung an den Mediator delegieren<br />
kann, denn damit gibt er auch e<strong>in</strong> Stück<br />
se<strong>in</strong>er Macht ab.<br />
Fall 2<br />
In diesem Fall ist das Gespräch mit dem Firmen<strong>in</strong>haber<br />
Herrn W. recht kurz. In dem ersten Telefonat<br />
hatte der Mediator herausgestellt, dass<br />
das Mandat für die Mediation ausschließlich von<br />
den MediandInnen erteilt werden kann. Daher<br />
hatte man e<strong>in</strong>en Term<strong>in</strong> für dieses Treffen ausgesucht,<br />
bei dem zuerst das Gespräch mit Herr W.<br />
geführt <strong>und</strong> im Anschluss daran e<strong>in</strong> Treffen mit<br />
den MediandInnen stattf<strong>in</strong>den sollte.<br />
Herr von W gibt dem Mediator zu verstehen,<br />
dass es ihm eigentlich egal sei, welches Verfahren<br />
angewendet werden würde, die Hauptsache<br />
„Sie kriegen diesen Konflikt da weg. Die blockieren<br />
mir noch die ganze company.” Entsprechend<br />
kurz geriet die E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die Methode<br />
der Mediation. Allerd<strong>in</strong>gs ergeben sich e<strong>in</strong>ige<br />
Differenzen im Gespräch, als die Frage der<br />
Vertraulichkeit auf den Tisch kommt: Herr W.<br />
führt aus, dass die Firma <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er weiteren Phase<br />
der Expansion sei <strong>und</strong> er sehen müsse, wer von<br />
se<strong>in</strong>em TopTeam – diejenigen, die <strong>in</strong> diesen<br />
Konflikt verstrickt s<strong>in</strong>d – für höhere Aufgaben<br />
qualifiziert sei. Mittelfristig müsse er die Leitung<br />
umbauen <strong>und</strong> der Mediator könne doch aus<br />
se<strong>in</strong>er Erfahrung mit den MitarbeiterInnen entsprechende<br />
H<strong>in</strong>weise geben. Der Mediator<br />
macht deutlich, dass er bei e<strong>in</strong>er Mediation<br />
die Vertraulichkeit h<strong>und</strong>ertprozentig sicherstellen<br />
müsse: Vertraulichkeit ist e<strong>in</strong>e wesentliche<br />
Gr<strong>und</strong>lage dafür, dass die MitarbeiterInnen über<br />
ihre Anliegen, Interessen <strong>und</strong> Bedürfnisse sprechen<br />
können. Nur auf dieser Gr<strong>und</strong>lage ist e<strong>in</strong>e<br />
erfolgreiche Mediation möglich. Daher ist die<br />
Vertraulichkeit unabd<strong>in</strong>gbare Voraussetzung<br />
<strong>und</strong> er würde diese den MitarbeiterInnen zusichern.<br />
Der Mediator hat den E<strong>in</strong>druck, e<strong>in</strong>e<br />
deutliche Irritation des Firmen<strong>in</strong>habers zu spüren.<br />
Er bekommt e<strong>in</strong> eher gebrummtes „Okay” für<br />
diese Entscheidung. In dem vorliegenden<br />
Fall begnügt sich der Mediator damit.<br />
Es kann darüber h<strong>in</strong>aus hilfreich se<strong>in</strong>, die Irritation<br />
oder das Dilemma des Auftraggebers zu<br />
benennen: „Für Sie ist es wichtig, den Konflikt<br />
zu lösen <strong>und</strong> H<strong>in</strong>weise für die zukünftige Besetzung<br />
zu erhalten. Was die Lösung des Konfliktes<br />
angeht, das kann die Mediation leisten.<br />
Das zweite würde ich eher im Rahmen e<strong>in</strong>es<br />
Assessments sehen.”<br />
nach diesen persönlichen Gesprächen muss<br />
e<strong>in</strong>e entscheidung des auftraggebers erfolgen.<br />
Während im zweiten Fall die entscheidung durch<br />
den <strong>in</strong>haber für die Mediation <strong>und</strong> den Mediator<br />
sofort fiel, war im ersten Fall das Gespräch<br />
mit dem abteilungsleiter zugleich e<strong>in</strong> auswahlgespräch.<br />
Der abteilungsleiter hat noch zwei<br />
weitere term<strong>in</strong>e mit anderen Mediator<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />
entscheidet sich erst dann, wem er den auftrag<br />
erteilt. Der Kontakt mit den Mediand<strong>in</strong>nen ist erst<br />
danach möglich.<br />
Schließlich erfolgt die Auftragserteilung seitens<br />
des Abteilungsleiters. Erst jetzt hat der Mediator<br />
grünes Licht, die Sichtweise der MediandInnen<br />
kennen zu lernen, ihre Bereitschaft zu prüfen,<br />
ihr Vertrauen zu gew<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> das Mandat von<br />
ihnen zu erhalten.<br />
Die erste Begegnung mit den MediandInnen<br />
Im Anschluss an die ersten Gespräche kommt<br />
es zu e<strong>in</strong>em Treffen des Mediators mit den Konfliktbeteiligten.<br />
In beiden Fällen steht im Vordergr<strong>und</strong>,<br />
sich gegenseitig kennen zu lernen. Die<br />
Initiatoren für die Mediation, der Abteilungsleiter<br />
bzw. der Unternehmer s<strong>in</strong>d an diesen Gesprächen<br />
nicht beteiligt.<br />
Fall 1<br />
Der Mediator trifft die Konfliktparteien zu E<strong>in</strong>zelgesprächen<br />
mit dem Ziel, ihre Sicht des Konfliktes<br />
kennen zu lernen. Durch die Art der Darstellung<br />
des Abteilungsleiters ist der Mediator höchst<br />
aufmerksam <strong>und</strong> prüft kritisch, ob die Mediation<br />
„verschrieben” ist oder die Konfliktparteien<br />
selbst bereit s<strong>in</strong>d, sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen<br />
Gespräch um e<strong>in</strong>e Lösung des Konflikts zu bemühen.<br />
Die E<strong>in</strong>zelgespräche dienen auch dazu,<br />
dass die Medianden den Mediator kennen lernen<br />
<strong>und</strong> ihrerseits e<strong>in</strong>e Entscheidung für oder<br />
gegen e<strong>in</strong>e Zusammenarbeit treffen. Ebenso<br />
muss der Mediator klären, ob der Konflikt für<br />
e<strong>in</strong>e Mediation geeignet ist <strong>und</strong> er mit den<br />
Konfliktparteien arbeiten will <strong>und</strong> kann.<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
Die E<strong>in</strong>zelgespräche ergeben e<strong>in</strong>e Bereitschaft<br />
der Konfliktparteien, den Konflikt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Mediation<br />
zu bearbeiten. Später erfährt der Mediator,<br />
dass e<strong>in</strong>e Konfliktpartei sich kategorisch gegen<br />
den Mediator entschieden hatte, weil ihr Abteilungsleiter<br />
die Auswahl getroffen habe. Nur die<br />
Empfehlung ihres Coachs, die den Mediator<br />
kenne <strong>und</strong> ihn sehr empfehlen könne, trug zur<br />
positiven Entscheidung bei. Dies verdeutlicht, wie<br />
wichtig es ist, darauf zu achten, dass die Hierarchie<br />
<strong>und</strong> die Konfliktparteien <strong>in</strong> die Auswahl<br />
des Mediators e<strong>in</strong>bezogen werden.<br />
Fall 2<br />
hier verschafft sich der Mediator e<strong>in</strong>en Überblick<br />
über die Konfliktgeschichte aus der Sicht<br />
der Betroffenen, die er zu e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen<br />
Gespräch trifft. er klärt, welche chancen die<br />
Beteiligten sehen, den Konflikt mit der Methode<br />
der Mediation zu lösen. Dazu gibt der Mediator<br />
e<strong>in</strong>en Überblick über das verfahren, das den<br />
Beteiligten teilweise neu ist. Besonderes <strong>in</strong>teresse<br />
f<strong>in</strong>det das Postulat der vertraulichkeit <strong>und</strong> wird<br />
von den Mediand<strong>in</strong>nen als außerordentlich wichtig<br />
e<strong>in</strong>gestuft. nach dem Gespräch, <strong>in</strong> dem der<br />
Mediator dieses thema mit herrn W. ausführlich<br />
erörtert hat, kann er nicht nur die vertraulichkeit<br />
zusichern, sondern auch entsprechende nachfragen<br />
danach, ob der chef das denn auch<br />
so sehe, positiv beantworten.<br />
Da gegenüber herrn W. <strong>und</strong> auch den Mediand<strong>in</strong>nen<br />
klargestellt wird, dass das Mandat für die<br />
Mediation nur von den Konfliktbeteiligten ausgesprochen<br />
werden kann, bitten diese um Bedenkzeit.<br />
Schließlich <strong>in</strong>formiert e<strong>in</strong>er von ihnen den<br />
Mediator, dass man sich auf ihn als Person <strong>und</strong><br />
diese spezifische Form der Konfliktbearbeitung<br />
gee<strong>in</strong>igt hätte.<br />
Die Mediationen werden durchgeführt.<br />
Gr<strong>und</strong>legende Punkte <strong>in</strong> der Auftragsklärung<br />
<strong>und</strong> bei Mediationen <strong>in</strong> Unternehmen<br />
Wir zeigen im Folgenden an drei weiteren Punkten<br />
Besonderheiten von Mediation <strong>in</strong> Unternehmen<br />
<strong>in</strong> der Phase der auftragsklärung.<br />
›<br />
Ziele bestimmen oder Ergebnisse offen lassen<br />
ziele müssen spezifisch formuliert se<strong>in</strong>. „Der Konflikt<br />
ist gelöst” ist e<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>es <strong>und</strong> berechtigtes<br />
ziel. hier müssen Mediator<strong>in</strong>nen nachfragen:<br />
„Woran würden Sie merken, dass der Konflikt<br />
gelöst ist”. Dann kann die Führungskraft antwor-<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
ten: „Wenn der Gruppenleiter se<strong>in</strong>e Mitarbeiter<strong>in</strong><br />
führen kann <strong>und</strong> die reibungsverluste nicht mehr<br />
da s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> ich nicht ständig die Mitarbeiter<strong>in</strong><br />
bei mir im Büro habe”. Die ziele zu erarbeiten ist<br />
auch deshalb so wichtig, weil sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em späteren<br />
auswertungsgespräch die Gr<strong>und</strong>lage für die<br />
Bewertung der Mediation s<strong>in</strong>d. Welche ziele wurden<br />
erreicht <strong>und</strong> welche nicht?<br />
hierbei stellt sich die Frage, ob die zielformulierung<br />
mit der Führungskraft nicht im Gegensatz<br />
zum Gr<strong>und</strong>satz steht, ergebnisoffen zu mediieren.<br />
Die Führungskraft macht deutlich, was sie mit<br />
der Mediation erreichen will. Der Mediator muss<br />
das aufnehmen <strong>und</strong> auch den Konfliktparteien<br />
kommunizieren. „Herr W. hat mir gegenüber das<br />
Ziel für die Mediation formuliert, dass Sie Ihre<br />
Mitarbeiter<strong>in</strong> wieder reibungsfrei führen können”.<br />
erreicht die Mediation dies nicht, wurde das ziel<br />
der Führungskraft nicht erreicht. Das bedeutet<br />
aber nicht, dass die Mediation gescheitert ist. Die<br />
Gefahr besteht dar<strong>in</strong>, das ziel der Führungskraft<br />
zu verfolgen, um se<strong>in</strong>e akzeptanz zu erhalten.<br />
hier möchten wir auf die Supervision h<strong>in</strong>weisen,<br />
die <strong>in</strong> jeder Phase der Mediation hilfreich ist, um<br />
genau solche <strong>in</strong>direkten arbeitsaufträge zu erhellen.<br />
Dann können Wege gesucht werden, mit<br />
diesen „hidden agendas” adäquat umzugehen.<br />
›<br />
Verordnet oder Freiwillig<br />
So wie <strong>in</strong> beiden Fällen, e<strong>in</strong>mal vom abteilungsleiter,<br />
e<strong>in</strong> anderes Mal vom Unternehmer, vorgegangen<br />
wurde, stellt sich für Mediator<strong>in</strong>nen<br />
die Frage, ob die Konfliktparteien freiwillig an der<br />
Mediation teilnehmen; Freiwilligkeit ist e<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong>satz<br />
der Mediation. Sicher ist sie <strong>in</strong> hierarchischen<br />
Bezügen differenziert zu betrachten. Dennoch<br />
müssen die Konfliktparteien bereit se<strong>in</strong>, an e<strong>in</strong>er<br />
Mediation teilzunehmen. Wir gehen davon aus,<br />
dass die Bereitschaft der Konfliktparteien e<strong>in</strong>e<br />
voraussetzung ist, um e<strong>in</strong>e Mediation durchführen<br />
zu können. Der/die Mediator<strong>in</strong> wird folglich<br />
die Führungskraft fragen, was die Konfliktparteien<br />
über se<strong>in</strong>e Suche nach Mediator<strong>in</strong>nen wissen<br />
<strong>und</strong> wie sie se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach zu dieser Form<br />
der Konfliktbearbeitung stehen.<br />
Im Fall e<strong>in</strong>s erfährt der Mediator, dass es e<strong>in</strong> Treffen<br />
mit dem Betriebsrat <strong>und</strong> dem Hauptabteilungsleiter<br />
gegeben hat, die, bevor drastischere<br />
Maßnahmen (arbeitsrechtliche Konsequenzen)<br />
<strong>in</strong> die Wege geleitet werden, e<strong>in</strong>e Mediation<br />
empfohlen haben. Und damit waren auch die<br />
Konfliktparteien e<strong>in</strong>verstanden. Im Fall zwei<br />
«<br />
41
42<br />
»<br />
1/ Die Beste alternative<br />
ist entlehnt aus dem<br />
vokabular des harvard<br />
Konzepts zu verhandlungen,<br />
vgl. Knapp, novak<br />
KONTAKT<br />
Andreas Novak,<br />
an@andreasnovak.de<br />
Peter Knapp,<br />
p.knapp@komberl<strong>in</strong>.de<br />
qUalitÄtSSicherUnG UnD WeiterentWicKlUnG<br />
wurde den MediandInnen der Term<strong>in</strong> mit dem<br />
Mediator genannt, der aber gleichzeitig auch<br />
darauf h<strong>in</strong>wies, dass sie, die MediandInnen,<br />
das Mandat erteilen müssten.<br />
›<br />
Frage nach den Alternativen<br />
Bevor die Gespräche zu ende gehen – <strong>und</strong> wir<br />
er<strong>in</strong>nern, dass zu jenem zeitpunkt die entscheidung<br />
noch nicht gefallen ist, ob der Mediator<br />
den auftrag erhalten wird, fragen wir nach der<br />
Besten alternative 1 zur Mediation. es be<strong>in</strong>haltet<br />
die bestehenden Möglichkeiten im Falle e<strong>in</strong>es<br />
Scheiterns. im Falle e<strong>in</strong>er Mediation stellt sich<br />
die Frage: Was ist die Beste alternative, wenn<br />
die Mediation scheitert?<br />
Die Führungskraft <strong>in</strong> Fall 1 konnte die Frage<br />
nicht beantworten. In e<strong>in</strong>em späteren Telefongespräch<br />
wird er sagen, dass er darüber nachgedacht<br />
habe <strong>und</strong> klar sei, dass die Alternative<br />
für alle Beteiligten sehr schlecht sei.<br />
Damit wird noch e<strong>in</strong>mal mehr klar, dass die Führungskraft<br />
unter Druck steht <strong>und</strong> diesen Druck<br />
direkt oder <strong>in</strong>direkt an den Mediator versucht, weiter<br />
zu geben. Der Druck äußert sich dar<strong>in</strong>, dass die<br />
Führungskraft immer wieder betont, dass es klar<br />
se<strong>in</strong> müsse, dass nach der Mediation beide Konfliktparteien<br />
wieder gut zusammen arbeiten.<br />
Im Fall 2 wurden die Konsequenzen ähnlich drastisch<br />
geschildert: „Dann wird m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>er<br />
der Beteiligten die Firma verlassen.”<br />
Mediation <strong>in</strong> hierarchischen zusammenhängen<br />
wie es Unternehmen s<strong>in</strong>d, mit Berichtspflichten<br />
<strong>und</strong> anweisungsbefugnissen aber auch Fürsorgepflichten<br />
für die Mitarbeiter<strong>in</strong>nen werden sehr<br />
häufig über andere Personen als die tatsächlichen<br />
Konfliktbeteiligten <strong>in</strong>itiiert. Diese anderen<br />
Personen stellen anforderungen an Mediation<br />
<strong>und</strong> Mediator<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> haben <strong>in</strong>teressen, die<br />
erst e<strong>in</strong>mal pr<strong>in</strong>zipiell legitim s<strong>in</strong>d. Welche davon<br />
berücksichtigt <strong>und</strong> erfüllt werden können <strong>und</strong><br />
welche nicht, müssen Mediator<strong>in</strong>nen deutlich<br />
machen <strong>und</strong> erklären.<br />
Im Zusammenhang mit dem Wunsch nach Verletzung<br />
der Vertraulichkeit spielte im zweiten Fall<br />
auch der Berater als Erst<strong>in</strong>itiator e<strong>in</strong>e nicht unwesentliche<br />
Rolle: Da er selber e<strong>in</strong>e Mediation <strong>in</strong><br />
eigener Sache erlebt hatte, konnte er se<strong>in</strong>erseits<br />
auch auf die Wichtigkeit der Vertraulichkeit h<strong>in</strong>weisen<br />
– schließlich hatte er selbst, <strong>und</strong> die<br />
Mediation, davon profitiert.<br />
Peter Knapp <strong>und</strong> Andreas Novak<br />
Literatur<br />
Knapp, Peter, Novak, Andreas, Effizientes Verhandeln:<br />
Konstruktive Verhandlungstechniken <strong>in</strong> der täglichen<br />
Praxis, Frankfurt/M 2006, 2. Auflage<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
Gerichtliche Mediation <strong>in</strong> Deutschland –<br />
<strong>und</strong> nun?<br />
Mediation ist <strong>in</strong>zwischen auch auf dem Vormarsch<br />
<strong>in</strong> der Justiz <strong>und</strong> bei Gerichten. Seit<br />
dem Jahr 2000 gibt es Modellversuche an<br />
zahlreichen Gerichten <strong>in</strong> den B<strong>und</strong>esländern<br />
(siehe Tabelle). Die e<strong>in</strong>zelnen Modellversuche<br />
unterscheiden sich teilweise erheblich. Manche<br />
Projekte s<strong>in</strong>d mit erheblichen f<strong>in</strong>anziellen<br />
Mitteln ausgestattet <strong>und</strong> werden wissenschaftlich<br />
begleitet. Andere Projekte werden<br />
von e<strong>in</strong>zelnen RichterInnen ohne jegliche<br />
Unterstützung durchgeführt. Richterliche<br />
MediatorInnen s<strong>in</strong>d zum Teil unter Entlastung<br />
von ihrer sonstigen richterlichen Tätigkeit<br />
freigestellt. Andere RichterInnen wiederum<br />
arbeiten ehrenamtlich <strong>und</strong> leisten Mediationstätigkeit<br />
neben ihrer eigentlichen Arbeit<br />
mit großem Engagement. Auch bei der<br />
Zusatzausbildung zu richterlichen Mediator<br />
Innen reicht die Bandbreite von Wochenendsem<strong>in</strong>aren<br />
bis zu e<strong>in</strong>er 200 St<strong>und</strong>enAusbildung<br />
nach BMRichtl<strong>in</strong>ien. Für e<strong>in</strong>ige RichterInnen<br />
ist Mediationstätigkeit Teil der Rechtsprechung.<br />
Andere ordnen Mediation als Verwaltungstätigkeit<br />
e<strong>in</strong>.<br />
2. Richterliche Mediation <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen B<strong>und</strong>esländern<br />
1. BadenWürttemberg<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
MeDiatiOn UnD recht<br />
1. Begriff der richterlichen Mediation<br />
richterliche Mediation wird als e<strong>in</strong> verfahren<br />
zur Streitbeilegung def<strong>in</strong>iert, <strong>in</strong>dem die Parteien<br />
mit Unterstützung unparteiischer Dritter, der Mediator<strong>in</strong>nen,<br />
eigenverantwortlich nach regelungen<br />
zur lösung e<strong>in</strong>es zwischen ihnen bestehenden<br />
Konfliktes untersuchen, die ihren beiderseitigen<br />
Bedürfnissen <strong>und</strong> <strong>in</strong>teressen dienen. „Der Mediator<br />
bedient sich hierbei e<strong>in</strong>es strukturierten verfahrens,<br />
um die Kommunikation zwischen den<br />
Parteien zu fördern. er hilft ihnen, ihrer auch h<strong>in</strong>ter<br />
dem rechtsstreit liegenden <strong>in</strong>teressen heraus<br />
zu arbeiten <strong>und</strong> – manchmal im verborgenen<br />
liegende – lösungen zu f<strong>in</strong>den. Dem Mediator<br />
steht im rahmen der Mediation ke<strong>in</strong>e entscheidungskompetenz<br />
<strong>in</strong> der Sache zu. er vermittelt<br />
durch se<strong>in</strong> verfahren im Konflikt, schafft e<strong>in</strong>e<br />
konstruktive Gesprächsatmosphäre <strong>und</strong> sorgt<br />
für e<strong>in</strong>en fairen Umgang der Parteien mite<strong>in</strong>ander,<br />
so dass diese befähigt werden, selbst<br />
e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle lösung ihres Falles zu erarbeiten.<br />
hierzu steht h<strong>in</strong>reichende zeit zur verfügung…” 1<br />
Die Pr<strong>in</strong>zipien der Mediation s<strong>in</strong>d Offenheit <strong>und</strong><br />
Offenlegung, vertraulichkeit <strong>und</strong> Freiwilligkeit.<br />
Projektgerichte/Projektdauer amtsgericht <strong>und</strong> landgericht (lG) Stuttgart/2000-2001,<br />
verwaltungsgericht (vG) Freiburg/seit april 2002<br />
Anzahl der MediatorInnen je 5 richter<strong>in</strong>nen an amts- <strong>und</strong> landgericht, zwei richter<strong>in</strong>nen<br />
am verwaltungsgericht<br />
Freistellung bei Mediationstätigkeit weniger<br />
klassische richterliche Tätigkeit<br />
10 % am vG Freiburg<br />
Anzahl der Mediationen 7-8 Fälle im Jahr am vG Freiburg<br />
Begleitforschung Universität tüb<strong>in</strong>gen<br />
Durchschnittliche Dauer der Mediation 2 Sitzungen à drei St<strong>und</strong>en<br />
FallmanagerInnen am vG alle richter <strong>und</strong> richter<strong>in</strong>nen<br />
Eigene Bewertung der Gerichte Mediation führe nicht zu e<strong>in</strong>er Beschleunigung oder entlastung<br />
der Gerichte. Justizm<strong>in</strong>isterium befürchtet Gefährdung des privaten<br />
Marktes durch kostenlose außergerichtliche Mediation<br />
2. Bayern<br />
Projektgerichte/Projektdauer landgericht München i, landgericht nürnberg-Fürth, seit 2003<br />
Anzahl der MediatorInnen 5 <strong>in</strong> München, 4 <strong>in</strong> nürnberg-Fürth<br />
«<br />
Jutta Hohmann,<br />
Rechtsanwält<strong>in</strong>, Notar<strong>in</strong><br />
<strong>und</strong> Mediator<strong>in</strong><br />
1/ Bericht der arbeitsgruppe<br />
Mediation bei den Berl<strong>in</strong>er<br />
Gerichten, Stand 20.Juli<br />
2005, Seite 8<br />
Florian Gommel,<br />
Rechtsanwalt <strong>und</strong><br />
Mediator<br />
43
44<br />
»<br />
MeDiatiOn UnD recht<br />
Freistellung ke<strong>in</strong>e<br />
Anzahl der Mediationen ca. fünf Fälle im Monat <strong>in</strong> München<br />
FallmanagerInnen alle richter <strong>und</strong> richter<strong>in</strong>nen an beiden Gerichten<br />
besonders geeignete Fälle Baurecht, erbrecht, Gesellschaftsrecht,<br />
Streitigkeiten nichtehelicher,<br />
3. Brandenburg ke<strong>in</strong>e Erfahrungen<br />
4. Berl<strong>in</strong><br />
Projektgerichte/Projektdauer vG Berl<strong>in</strong> seit Sommer 2000, amtsgerichte,<br />
landgericht <strong>und</strong> Kammergericht seit april 2006,<br />
Anzahl der MediatorInnen 1 am vG, ca. 40 an den anderen Gerichten<br />
Freistellung 100 % am vG, sonst ke<strong>in</strong>e<br />
Ausbildung verschiedene tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsprogramme, bis zur absolvierung<br />
von Mediationsstudiengängen<br />
Anzahl der Mediationen jährlich 120 am vG/550 <strong>in</strong> den ersten 3 Monaten<br />
Begleitforschung geplant<br />
Durchschnittliche Dauer der Mediation 3 St<strong>und</strong>en<br />
FallmanagerInnen alle richter<strong>in</strong>nen, unterschiedlich hohe Fallzahlen<br />
Eigene Bewertung der Gerichte auch im Falle des Scheiterns überwiege die positive<br />
e<strong>in</strong>schätzung durch die Parteien<br />
5. Bremen ke<strong>in</strong>e Erfahrung<br />
6. Hamburg<br />
FallmanagerInnen im Jahr 2004 freiwillige Fortbildung im Bereich Mediation<br />
von richter<strong>in</strong>nen,<br />
Eigene Bewertung der Gerichte e<strong>in</strong>e entlastung der Justiz durch den e<strong>in</strong>satz von richter-<br />
7. Hessen<br />
mediator<strong>in</strong>nen wird bezweifelt<br />
Projektgerichte/Projektdauer lG Frankfurt/seit September 2004/verwaltungsgerichte<br />
Frankfurt, Gießen, Darmstadt, Kassel/seit Mai 2004<br />
Anzahl der MediatorInnen 2 am lG Frankfurt <strong>und</strong> 2 je vG<br />
Freistellung ke<strong>in</strong>e<br />
Ausbildung am lG nach richtl<strong>in</strong>ien der BaFM<br />
Anzahl der Mediationen 4 von September bis Dezember 2004 am lG Frankfurt<br />
Begleitforschung am lG geplant, am vG durch die hochschule für<br />
verwaltungswissenschaften Speyer<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
MeDiatiOn UnD recht<br />
Durchschnittliche Dauer der Mediation 2-3 St<strong>und</strong>en bei Fällen mit wirtschaftlichem h<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>,<br />
FallmanagerInnen alle richter<strong>in</strong>nen<br />
8. MecklenburgVorpommern<br />
im Familienrecht deutlich mehr zeit<br />
Projektgerichte/Projektdauer OlG rostock, lG rostock <strong>und</strong> vG Greifswald seit 2004, das vG<br />
Greifswald bietet se<strong>in</strong>e tätigkeit auch den anderen vG’s an<br />
Anzahl der MediatorInnen 7 am OlG, 8 am lG, 3 am vG<br />
Freistellung seit 2005 am OlG fünf richter<strong>in</strong>nen mit 20 %, zwei richter-<br />
<strong>in</strong>nen mit 10 %, am lG fünf richter<strong>in</strong>nen mit 20 % <strong>und</strong> zwei<br />
mit 10 %, aufgr<strong>und</strong> der erledigungszahlen <strong>in</strong> 2004<br />
Ausbildung drei Wochen zu je 40 St<strong>und</strong>en bei privaten ausbildern, <strong>in</strong> h<strong>in</strong>blick<br />
auf die erheblichen Kosten dieser Form der ausbildung erfolgten<br />
weitere ausbildungen von richter<strong>in</strong>nen des lG Gött<strong>in</strong>gen<br />
Anzahl der Mediationen ca. 500 im ersten Jahr<br />
Begleitforschung ke<strong>in</strong>e<br />
Durchschnittliche Dauer der Mediation 3-4 St<strong>und</strong>en<br />
FallmanagerInnen alle richter<strong>in</strong>nen<br />
Eigene Bewertung der Gerichte ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>trag<br />
Nach Ansicht der Gerichte besonders<br />
geeignete Fälle<br />
9. Niedersachsen<br />
9.1. Projektgerichte/Projektdauer landgericht Gött<strong>in</strong>gen<br />
Baurecht, Gesellschaftsrecht, nichteheliche lebensgeme<strong>in</strong>schaften,<br />
Gr<strong>und</strong>stücksstreitigkeiten,; vor allem<br />
Dreieckskonstellationen (Bürger-Bürger-Behörde)<br />
Anzahl der MediatorInnen von 27 richtern werden 6 als Mediator<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>gesetzt<br />
Ausbildungsdauer der MediatorInnen Mediationsausbildung von 100 St<strong>und</strong>en (1), die übrigen<br />
haben lediglich hospitiert; tätigkeit erfolgte unter Supervision<br />
e<strong>in</strong>es Dipl. Psychologen<br />
Freistellung Fallzahl pro richter<strong>in</strong>nenstelle 288 Mediationen p. a. von<br />
richtermediator<strong>in</strong>nen als zu hoch empf<strong>und</strong>en<br />
Anzahl der Mediationen 2003: 693 Mediationen, 2004: 900 Mediationen<br />
Begleitforschung ergebnisse sollen im Frühsommer 2006 vorliegen<br />
9.2. Projektgericht landgericht hannover<br />
Freistellung ½ richterstelle<br />
9.3. Projektgericht amtgericht hildesheim<br />
«<br />
45
»<br />
46 MeDiatiOn UnD recht<br />
Ausbildungsdauer 180 St<strong>und</strong>en<br />
Durchschnittliche Dauer der Mediation auf 2 h begrenzt; <strong>in</strong> Familiensachen max. 3 treffen à 2 h<br />
Freistellung ½ richterstelle<br />
9.4. Projektgericht amtsgericht Oldenburg<br />
Anzahl der Mediationen 67<br />
Freistellung ½ richterstelle<br />
Dauer der Mediation/ Begrenzung 2 St<strong>und</strong>en<br />
9.5. Projektgericht landgericht Osnabrück<br />
Ausbildungsdauer 2 Wochenendsem<strong>in</strong>are<br />
9.6. Projektgericht landgericht Stade<br />
Ausbildungsdauer 1-2 wöchiges Sem<strong>in</strong>ar<br />
9.7. Projektgericht landgericht verden<br />
Anzahl der Mediatoren 8<br />
Freistellung ke<strong>in</strong>e<br />
9.8. Projektgericht landgericht Braunschweig<br />
Ausbildungsdauer 2 Wochenendsem<strong>in</strong>are<br />
10. Nordrhe<strong>in</strong>Westfalen<br />
Projektgerichte landgericht Paderborn <strong>und</strong> 6 amtsgerichte im Bezirk<br />
11. Rhe<strong>in</strong>landPfalz<br />
Projektgericht amtsgericht altenkirchen mit 5-jährigem Projekt der<br />
<strong>in</strong>tegrierten Mediation<br />
12. Saarland ke<strong>in</strong>e Erfahrungen<br />
13. SachsenAnhalt<br />
Projektgerichte OlG naumburg, landgerichte halle <strong>und</strong> Dessau, amtsge-<br />
richte Magdeburg <strong>und</strong> halle-Saalkreis, vG u. OvG Magdeburg<br />
Ausbildungsdauer von September bis november 2005. Während der<br />
14. Freistaat Sachsen ke<strong>in</strong>e Erfahrungen<br />
15. SchleswigHolste<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>e Erfahrungen<br />
16. Thür<strong>in</strong>gen ke<strong>in</strong>e Erfahrungen<br />
2-jährigen Projektphase supervisorische Begleitung<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
3. Rechtliche E<strong>in</strong>ordnung von richterlicher<br />
Mediation<br />
auch bei richterlicher Mediation gelten die Pr<strong>in</strong>zipien<br />
Offenheit <strong>und</strong> Offenlegung wie auch vertraulichkeit.<br />
Die verpflichtung zur Offenheit der<br />
Parteien setzt unbed<strong>in</strong>gten vertrauensschutz voraus.<br />
es fragt sich deshalb, ob richterliche Mediator<strong>in</strong>en<br />
zum Schutz der Parteien verschwiegenheit<br />
<strong>und</strong> zeugnisverweigerung garantieren können.<br />
richter<strong>in</strong>nen des Berl<strong>in</strong>er Modellprojektes weisen<br />
die Parteien <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em allgeme<strong>in</strong>en anschreiben<br />
daraufh<strong>in</strong>, dass das verfahren vertraulich ist.<br />
zu Beg<strong>in</strong>n der Mediation weisen sie noch e<strong>in</strong>mal<br />
auf die vertraulichkeit h<strong>in</strong> <strong>und</strong> holen sich<br />
das e<strong>in</strong>verständnis der Parteien <strong>in</strong> der regel nur<br />
durch bloßes „Kopfnicken” e<strong>in</strong> 2 . Sie wissen, dass<br />
e<strong>in</strong>e derartige verfahrensweise ausgesprochen<br />
problematisch ist <strong>und</strong> bei e<strong>in</strong>em Scheitern der<br />
Mediation mit wieder aufgenommenen gerichtlichen<br />
verfahren zu e<strong>in</strong>er zeug<strong>in</strong>nenvernehmung<br />
von richterlichen Mediator<strong>in</strong>nen kommen könnte.<br />
Berl<strong>in</strong>er richter<strong>in</strong>nen versuchen sich mit § 7 Berl<strong>in</strong>er<br />
richtergesetz i. v. m. dem landesbeamtengesetzes<br />
zu helfen. Bei amtlicher tätigkeit<br />
von richter<strong>in</strong>nen ist e<strong>in</strong>e zeugenaussage folgerichtig<br />
nur mit e<strong>in</strong>er aussagegenehmigung des<br />
Gerichtspräsidenten möglich, die dieser nicht<br />
erteilen würde.<br />
Wir möchten darauf h<strong>in</strong>weisen dass es sich hierbei<br />
um e<strong>in</strong>e Konstruktion handelt, bei der ungewiss<br />
ist, ob sie hält, wenn es tatsächlich zum Schwur<br />
kommt. es ist nämlich ungewiss, ob e<strong>in</strong> zivil-, verwaltungs-<br />
oder Strafgericht diese rechtsauffassung<br />
teilt <strong>und</strong> bei Mediation durch richter<strong>in</strong>nen von<br />
amtlicher tätigkeit mit der Folge e<strong>in</strong>es zeugnisverweigerungsrechts<br />
ausgehen würde. richterliche<br />
Mediator<strong>in</strong>nen wissen, dass sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Grauzone<br />
arbeiten <strong>und</strong> nehmen dies <strong>in</strong> Kauf.<br />
Diese Problematik sollte jedoch ke<strong>in</strong> argument<br />
gegen richterliche Mediation se<strong>in</strong>. außergerichtliche<br />
Mediator<strong>in</strong>nen haben dasselbe Problem,<br />
wenn sie nicht als rechtsanwält<strong>in</strong>nen zugelassen<br />
s<strong>in</strong>d. Die Berufsgruppe der anwält<strong>in</strong>nen hat<br />
dafür gesorgt, dass ihre Berufsordnung Mediation<br />
als anwaltliche tätigkeit anerkannt hat.<br />
Damit steht anwält<strong>in</strong>nen, die als Mediator<strong>in</strong>nen<br />
arbeiten, e<strong>in</strong> gesetzliches zeugnisverweigerungsrecht<br />
zur Seite, das anderen Berufsgruppen noch<br />
fehlt. Für diese Berufsgruppen kann das Problem<br />
nur mit e<strong>in</strong>er gesetzlichen verankerung e<strong>in</strong>es<br />
zeugnisverweigerungsrechts für Mediator<strong>in</strong>nen<br />
beseitigt werden.<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
MeDiatiOn UnD recht<br />
4. Die Bedeutung von richterlicher Mediation<br />
für die außergerichtliche Mediation<br />
es ist davon auszugehen, dass die richterliche<br />
Mediation alle<strong>in</strong> durch die Steigerung des Bekanntheitsgrades<br />
der Mediation die außergerichtliche<br />
Mediation fördert. auffällig ist jedoch, dass die<br />
gerichts<strong>in</strong>terne Mediation bisher kostenneutral ist,<br />
bei den Parteien für e<strong>in</strong>e solche Mediation somit<br />
ke<strong>in</strong>e Kosten anfallen. . Da sich die richterlichen<br />
Mediatornen<strong>in</strong> fast durchgängig auf „Kurzzeit<strong>mediation</strong>en”<br />
von 2-3 St<strong>und</strong>en konzentrieren, könnte<br />
sich hier e<strong>in</strong>e zusammenarbeit mit außergerichtlichen<br />
Mediator<strong>in</strong>nen ergeben. richtermediator<strong>in</strong>nen<br />
sollten darüber <strong>in</strong>formiert werden, wer für<br />
zeit<strong>in</strong>tensivere Mediationen zur verfügung steht.<br />
Da die Gerichte zumeist nur die gut organisierten<br />
rechtsanwaltskammern als vertraute Partner kennen,<br />
steht zu befürchten, dass außergerichtlich vor<br />
allem anwält<strong>in</strong>nen von der gerichtlichen Mediation<br />
profitieren werden. So hat beispielsweise die<br />
rechtsanwaltskammer Berl<strong>in</strong> <strong>in</strong>zwischen begonnen,<br />
e<strong>in</strong>e Mediator<strong>in</strong>nenliste zu führen, welche<br />
den Gerichten zur verfügung gestellt wird.<br />
auch die unterschiedlichen Mediationsverbände<br />
bemühen sich, „ihre” Mediator<strong>in</strong>nen den Gerichten<br />
anzupreisen. Mehrfach haben sich jedoch<br />
<strong>in</strong>zwischen richter<strong>in</strong>nen geäußert, dass sie ke<strong>in</strong>e<br />
Mediator<strong>in</strong>nenlisten von verbänden akzeptieren<br />
werden, solange es diesbezüglich ke<strong>in</strong>e gesetzliche<br />
regelung gibt.<br />
Die Mediationsverbände sollten sich daher baldmöglichst<br />
auf die gegenseitige anerkennung<br />
ihrer jeweiligen zertifikate <strong>und</strong> geme<strong>in</strong>same zertifizierungsvoraussetzungen<br />
e<strong>in</strong>igen, damit gegenüber<br />
der anwaltschaft e<strong>in</strong>e chance besteht, von<br />
den aufblühenden landschaften der gerichts<strong>in</strong>ternen<br />
Mediation zu profitieren.<br />
Jutta Hohmann <strong>und</strong> Florian Gommel<br />
«<br />
2/ a. a. 0.Seite 75<br />
KONTAKT<br />
Jutta Hohmann,<br />
anwalt@juttahohmann.de<br />
Florian Gommel,<br />
Gommel@buerofuer<br />
konfliktloesung.de<br />
47
»<br />
48 Berichte zUM theMa<br />
Patricia Mell,<br />
DiplomPädagog<strong>in</strong>,<br />
Mediator<strong>in</strong><br />
Anja Morell,<br />
DiplomVerwaltungswirt<strong>in</strong>,<br />
Mediator<strong>in</strong>, Mitglied der<br />
Fachgruppe MiO/<br />
Wirtschafts<strong>mediation</strong> im BM<br />
Kasseler Netzwerk<br />
für Mediation<br />
Vier große öffentliche Verwaltungen <strong>und</strong><br />
Unternehmen erschließen ihre Potenziale<br />
E<strong>in</strong> Erfahrungsbericht<br />
E<strong>in</strong> Netzwerk der besonderen Art ist <strong>in</strong> Kassel<br />
zwischen vier großen Verwaltungen<br />
<strong>und</strong> Unternehmen (Kasseler Verkehrs <strong>und</strong><br />
VersorgungsGmbH, Kreisverwaltung, Regierungspräsidium<br />
<strong>und</strong> Stadtverwaltung) mit<br />
dem Ziel entstanden, sich Mediation <strong>und</strong><br />
Moderation auch als gegenseitige behörden<br />
bzw. unternehmenübergreifende<br />
Dienstleistungen zu erschließen.<br />
„netzwerken ist <strong>in</strong>”, dies gilt für viele tätigkeitsfelder.<br />
<strong>in</strong>sbesondere unter beratenden tätigkeiten<br />
<strong>in</strong> <strong>und</strong> um die Personal- <strong>und</strong> Organisationsentwicklung<br />
herum, entfalten sich Bekanntheitsgrad<br />
<strong>und</strong> Professionalität dieser tätigkeiten oftmals<br />
über netzwerke: so geschehen mit Supervision,<br />
bis sie e<strong>in</strong> eigenständiger Studiengang wurde.<br />
zur zeit s<strong>in</strong>d Mediation <strong>und</strong> coach<strong>in</strong>g auf dem<br />
Weg zu qualitativ anerkannten Berufen.<br />
Seit vielen Jahren existiert <strong>in</strong> Kassel e<strong>in</strong> Personalentwickler<strong>in</strong>nen/Mediator<strong>in</strong>nen<br />
– netzwerk, das<br />
sich u. a. zur aufgabe gemacht hat, Kooperationsmöglichkeiten<br />
im Kontext der Personalentwicklung<br />
zu ermöglichen <strong>und</strong> den notwendigen<br />
fachlichen austausch zu gewährleisten. zu diesem<br />
netzwerk gehören: Patricia Mell (Kreisverwaltung),<br />
Brigitte Scheffel (regierungspräsidium),<br />
renate Sedlmayer (Kasseler verkehrs- <strong>und</strong> versorgungs-Gmbh)<br />
<strong>und</strong> anja Morell (Stadtverwaltung).<br />
<strong>in</strong> den vergangenen Jahren war zu beobachten,<br />
dass e<strong>in</strong>e zunehmende arbeitsverdichtung, e<strong>in</strong>e<br />
extreme verknappung der Budgets <strong>und</strong> parallel<br />
dazu Personalabbau stattfanden. Die e<strong>in</strong>führung<br />
von strategischen Personal- <strong>und</strong> Organisationsentwicklungskonzepten<br />
als „Gegenstrategie” zu<br />
den quantitativ <strong>und</strong> qualitativ erhöhten anforderungen<br />
an die Personalarbeit griff oftmals zu<br />
kurz. im Gegenteil, sie verdichtete Konflikte,<br />
machte Personal <strong>und</strong> Personalverantwortliche<br />
„dünnhäutiger” <strong>und</strong> schaffte das zu tage, was<br />
bisher „erfolgreich” negiert wurde. Bedarf <strong>und</strong><br />
anspruch an qualifiziertes Konfliktmanagement<br />
stiegen parallel zur Komplexität der Organisationen<br />
<strong>und</strong> ihrem neuen regelungsbedarf.<br />
Gleichzeitig stieg <strong>in</strong> den Organisationen aufgr<strong>und</strong><br />
des leistungsdrucks, aber auch diverser<br />
Schulungsmaßnahmen zum Konfliktmanage-<br />
ment die Bereitschaft, sich mit Konflikten konstruktiv<br />
ause<strong>in</strong>ander zu setzen. Führungskräfte stießen<br />
bei eskalierten Konflikten jedoch sehr schnell an<br />
ihre Grenzen, da sie weder als neutral <strong>in</strong> der Sache<br />
noch als allparteilich gegenüber den Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />
wahrgenommen wurden.<br />
Die Personalentwickler<strong>in</strong>nen Patricia Mell, Brigitte<br />
Scheffel, renate Sedlmayer <strong>und</strong> anja Morell entschieden,<br />
mit e<strong>in</strong>em Mediationsangebot auf<br />
diese entwicklung zu reagieren.<br />
„Unsere ziele waren <strong>in</strong>dividuell entstanden, wir<br />
erkannten die notwendigkeit <strong>und</strong> die Möglichkeit,<br />
den Mitarbeiter<strong>in</strong>nen bei der lösung ihrer Konflikte<br />
e<strong>in</strong>e kompetente neutrale <strong>und</strong> allparteiliche Unterstützung<br />
bieten zu können. Die gr<strong>und</strong>sätzliche verantwortung<br />
der Führungskräfte für das Konfliktmanagement<br />
aber sollte bestehen bleiben.<br />
Wir s<strong>in</strong>d bereits seit vielen Jahren <strong>in</strong> z. t. unterschiedlichen<br />
rollen <strong>in</strong> unseren Behörden <strong>und</strong><br />
Unternehmen beschäftigt <strong>und</strong> sahen es als e<strong>in</strong><br />
Problem an, dass aufgr<strong>und</strong> der vielzahl von Kontakten<br />
die geforderte neutralität <strong>und</strong> allparteilichkeit<br />
im e<strong>in</strong>zelfall schwer umzusetzen bzw. unmöglich<br />
sei oder von Konfliktparteien <strong>in</strong> Frage gestellt<br />
werden könnte. Mit unserem <strong>in</strong>dividuellen angebot<br />
würden wir demnach ebenfalls rasch an die<br />
Grenzen von <strong>in</strong>terner Mediation <strong>in</strong> unseren Organisationen<br />
kommen.<br />
hieraus entstand die idee, sich Mediation <strong>und</strong><br />
Moderation auch als gegenseitige behörden-<br />
bzw. unternehmenübergreifende Dienstleistungen<br />
zu erschließen. Die Mitarbeiter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />
sollten die Möglichkeit haben, mit e<strong>in</strong>er Mediator<strong>in</strong><br />
ihres vertrauens zusammenzuarbeiten.<br />
Dies bedeutete zunächst, den Konflikt zu analysieren<br />
<strong>und</strong> e<strong>in</strong>en neutralen verfahrensvorschlag<br />
zu erarbeiten. im nächsten Schritt könnte der<br />
Konflikt je nach eskalationsgrad im rahmen e<strong>in</strong>er<br />
Konfliktmoderation oder e<strong>in</strong>er Mediation bearbeitet<br />
werden, um e<strong>in</strong>e nachhaltige lösung zu erreichen”.<br />
(Mell, Morell, Scheffel u. Sedlmayer).<br />
Die Kooperationsvere<strong>in</strong>barung<br />
Um die Kooperation zu legitimieren <strong>und</strong> ihr die<br />
notwendige anerkennung <strong>und</strong> Bedeutung zu<br />
geben, wurde zunächst e<strong>in</strong>e Kooperationsvere<strong>in</strong>barung<br />
zwischen der Stadtverwaltung, dem landratsamt<br />
<strong>und</strong> dem regierungspräsidium entwickelt<br />
<strong>und</strong> von dem Oberbürgermeister, dem landrat<br />
<strong>und</strong> der regierungspräsident<strong>in</strong> im Oktober 2002<br />
unterzeichnet. Mit der Kasseler verkehrs- <strong>und</strong> ver-<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
sorgungs-Gmbh wurde dann zum 01.06.2004<br />
e<strong>in</strong>e analoge vere<strong>in</strong>barung getroffen, unterschrieben<br />
von dem Oberbürgermeister <strong>und</strong> dem vorstandsvorsitzenden<br />
der Kvv.<br />
ziel der Kooperationsvere<strong>in</strong>barungen ist es, die<br />
vorhandenen ressourcen der Kooperationspartner<br />
<strong>in</strong> den Bereichen Moderation <strong>und</strong> Mediation füre<strong>in</strong>ander<br />
möglichst kostenneutral zu erschließen.<br />
hierzu hat jeder Kooperationspartner e<strong>in</strong>e Mediator<strong>in</strong><br />
benannt, die bereit ist, ihre Kompetenz im<br />
Umfang von 100 zeite<strong>in</strong>heiten à 45 M<strong>in</strong>uten pro<br />
Jahr zur verfügung zu stellen. <strong>in</strong> diesem Umfang<br />
erfolgt ke<strong>in</strong>e Kostenerstattung, bürokratischer aufwand<br />
ist m<strong>in</strong>imiert. Bei darüber h<strong>in</strong>ausgehendem<br />
Bedarf können die Mediator<strong>in</strong>nen diesen auf<br />
honorarbasis decken. Die gleichmäßige auslastung<br />
der Mediator<strong>in</strong>nen ist anzustreben.<br />
ausgangspunkt ist jeweils der Bedarf der Behörde<br />
bzw. des Unternehmens. Über die annahme konkreter<br />
aufträge entscheidet jeweils die Mediator<strong>in</strong><br />
unter Berücksichtigung der hierfür notwendigen<br />
qualifikation <strong>und</strong> ihrer aktuell freien ressourcen.<br />
Umfang <strong>und</strong> verfahren werden zunächst jeweils<br />
auf vermittlung der <strong>in</strong>ternen Mediator<strong>in</strong> unter<br />
Beteiligung der Konfliktbetroffenen oder der entscheider<br />
beraten <strong>und</strong> vorgeschlagen. hierbei ist<br />
die jeweilige Konfliktkultur der Organisation bzw.<br />
des Unternehmens zu berücksichtigen, die von<br />
den vier Mediator<strong>in</strong>nen als sehr unterschiedlich<br />
<strong>in</strong>nerhalb ihres netzwerkes wahrgenommen wird.<br />
es zeigt sich, dass externe Mediator<strong>in</strong>nen immer<br />
dann angefordert werden, wenn sie ab e<strong>in</strong>er<br />
bestimmten hierarchiestufe „quer zur hierarchie”<br />
arbeiten müssen, das heißt, wenn es sich bei<br />
den Konfliktbeteiligten um vorgesetzte <strong>und</strong> Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />
über zwei oder mehr Führungsebenen<br />
handelt. Oder es wird der Wunsch nach<br />
externer Mediation geäußert, wenn die <strong>in</strong>terne<br />
Mediator<strong>in</strong> bereits <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen zusammenhang<br />
mit e<strong>in</strong>er der Konfliktparteien steht, zum Beispiel<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Moderation, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />
oder coach<strong>in</strong>g.<br />
zusätzlich ist es gerade bei Gruppen<strong>mediation</strong>en<br />
e<strong>in</strong> erfolgreicher ansatz, diese geme<strong>in</strong>sam mit<br />
m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>er weiteren, <strong>in</strong>sbesondere e<strong>in</strong>er<br />
externen Mediator<strong>in</strong> durchzuführen:<br />
› Speziell <strong>in</strong> Mobb<strong>in</strong>g-Gruppen ist e<strong>in</strong>e verschärfte<br />
aufmerksamkeit erforderlich, die<br />
nur zwei (oder je nach Größe mehrere)<br />
Mediator<strong>in</strong>nen leisten können. Die externen<br />
Sichtweisen – unbelastet von behörden-<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
›<br />
›<br />
›<br />
Berichte zUM theMa<br />
oder unternehmens<strong>in</strong>ternem Denken –<br />
wirken sich beruhigend <strong>und</strong> für die Betroffenen<br />
entlastend aus.<br />
von externen Mediator<strong>in</strong>nen verlangen<br />
Mediand<strong>in</strong>nen ke<strong>in</strong>e betriebs<strong>in</strong>ternen<br />
Kenntnisse, das heißt, deren Fragen nach<br />
betriebs<strong>in</strong>ternen h<strong>in</strong>tergründen oder organisatorischen<br />
Bed<strong>in</strong>gungen des Konflikts<br />
müssen nicht erst legitimiert werden, sondern<br />
werden bereitwillig beantwortet <strong>und</strong> erhellen<br />
so oftmals schnell die Grenzen, die zwischen<br />
dem Bereich liegen, der mit der Mediation<br />
bearbeitet werden kann <strong>und</strong> dem Bereich,<br />
der <strong>in</strong> anderer verantwortung liegt oder <strong>in</strong><br />
den rahmenbed<strong>in</strong>gungen zu verorten ist.<br />
Die externe Sicht unterstützt die Mediand<strong>in</strong>nen<br />
dar<strong>in</strong>, ihre organisationsspezifischen<br />
Sichtweisen <strong>und</strong> verhaltensmuster zu<br />
erkennen <strong>und</strong> zu h<strong>in</strong>terfragen.<br />
Die externe Sicht unterstützt die Mediator<strong>in</strong>nen<br />
<strong>in</strong> ihrer kont<strong>in</strong>uierlich zu leistenden<br />
reflexion der Mediationsarbeit.<br />
Die an der Kooperation beteiligten Behörden <strong>und</strong><br />
Unternehmen haben unterschiedliche Strukturen<br />
<strong>und</strong> bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> unterschiedlichen Stadien<br />
eigener reformbemühungen. Dementsprechend<br />
bestehen unterschiedliche Führungskulturen <strong>und</strong> so<br />
haben sich auch ganz unterschiedliche Muster im<br />
Umgang mit Konflikten entwickelt. Dies spiegelt sich<br />
auch <strong>in</strong> der nachfrage nach Mediation wieder.<br />
im regierungspräsidium f<strong>in</strong>den seit abschluss des<br />
Kooperationsvertrages jährlich 2-3 Mediationen<br />
statt. Davon wird die hälfte von e<strong>in</strong>er externen<br />
Mediator<strong>in</strong> wahrgenommen. allerd<strong>in</strong>gs werden<br />
zusätzlich die Mediator<strong>in</strong>nen als reflexionspartner<strong>in</strong>nen<br />
<strong>in</strong> Beratungsgesprächen aufgesucht.<br />
<strong>in</strong> der Stadtverwaltung Kassel gibt es im Jahr<br />
ca. 5 anfragen nach Mediation oder Konfliktmoderation,<br />
davon werden 2-3 im rahmen des<br />
netzwerks bearbeitet. Besteht der Wunsch, die<br />
Konfliktklärung mit e<strong>in</strong>em Mann durchzuführen,<br />
können die Konfliktparteien der Stadtverwaltung<br />
<strong>in</strong>zwischen alternativ mit e<strong>in</strong>em diplomierten<br />
Supervisor aus der Personalentwicklung arbeiten.<br />
<strong>in</strong> der landkreisverwaltung wurden seit Bestehen<br />
der Kooperation ca. 3-4mal anfragen nach<br />
Mediation bzw. Konfliktmoderation gestellt,<br />
wobei sowohl <strong>in</strong>terne als auch externe Unterstützung<br />
nachgefragt wurde. <strong>in</strong>sgesamt kamen<br />
drei Mediationsverfahren zustande.<br />
«<br />
Brigitte Scheffel,<br />
DiplomF<strong>in</strong>anzwirt<strong>in</strong>,<br />
Mediator<strong>in</strong><br />
Renate Sedlmayer,<br />
Diplomsoziolog<strong>in</strong>,<br />
Mediator<strong>in</strong><br />
49
»<br />
50 Berichte zUM theMa<br />
KONTAKT<br />
Patricia Mell,<br />
patricia.mell@<br />
landkreiskassel.de<br />
Anja Morell,<br />
anja.morell@stadtkassel.de<br />
Brigitte Scheffel,<br />
brigitte.scheffel@<br />
rpks.hessen.de<br />
Renate Sedlmayer,<br />
sedlmayerr@kvvks.de<br />
<strong>in</strong> der Kasseler verkehrs- <strong>und</strong> versorgungs-Gmbh<br />
spiegeln sich die raschen Marktveränderungen<br />
der dort vertretenen Branchen auch im Konfliktpotenzial<br />
wider:<br />
es s<strong>in</strong>d jährlich im Durchschnitt 10-12 konkrete<br />
anfragen nach Konfliktanalyse <strong>und</strong> Konfliktsteuerung.<br />
Davon lassen sich ca. 60% der Konflikte<br />
durch Moderation, Organisationsentwicklung<br />
oder teamentwicklung bearbeiten, bzw. im<br />
e<strong>in</strong>zelfall durch coach<strong>in</strong>g von e<strong>in</strong>zelpersonen<br />
oder situative e<strong>in</strong>zelberatung. Die anderen 40%<br />
gehen <strong>in</strong> Mediationsverfahren, wobei die Wahl<br />
e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternen oder externen Mediation den<br />
Mediand<strong>in</strong>nen freisteht; letztlich muss aber die<br />
Mediator<strong>in</strong> entscheiden, ob sie die Mediation<br />
übernimmt. <strong>in</strong> der Kvv wird das Konfliktmanagement<br />
für „akutfälle” durch präventive Führungskräfteschulung,<br />
durch coach<strong>in</strong>g <strong>und</strong> durch<br />
abgestimmte e<strong>in</strong>zelmaßnahmen unterstützt.<br />
Der Nutzen<br />
Die Organisationen bzw. Unternehmen profitieren<br />
von der Kooperation auf unterschiedliche Weise:<br />
Sie sparen sich ausgaben für externe Berater<strong>in</strong>nen.<br />
Sie etablieren e<strong>in</strong>e Konfliktlösungsstrategie,<br />
die vertrauen nicht nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Person voraussetzt.<br />
Sie nutzen das Wissen, die erfahrung <strong>und</strong> Metho-<br />
denvielfalt aller Mediator<strong>in</strong>nen, die sich gegenseitig<br />
durch ideen bereichern <strong>und</strong> professionell<br />
reflektieren. Sie können bei Bedarf auf e<strong>in</strong>gespielte<br />
teams zurückgreifen.<br />
Und natürlich wird durch Mediation der Betriebsfrieden<br />
wiederhergestellt, der – wenn er gestört ist<br />
– als Kostenfaktor noch immer unterschätzt wird.<br />
Die Mediation bedeutet für die Organisationen<br />
immer e<strong>in</strong>e Bereicherung als effektive, weil nachhaltige<br />
Personalentwicklungsmaßnahme für die<br />
am Prozess Beteiligten. Sie wirkt sich auch im<br />
Umfeld mittelbar „Kultur stiftend” aus.<br />
Unmittelbar <strong>und</strong> mittelbar lernen so die Behörden<br />
<strong>und</strong> Unternehmen von e<strong>in</strong>ander <strong>und</strong> nutzen geme<strong>in</strong>same<br />
ressourcen, die Kooperationen wirken<br />
sich positiv auf das Prozess- <strong>und</strong> Wissensmanagement<br />
aus.<br />
Wegen der immer knapper werdenden Budgets<br />
stellen Kooperationen wie diese im Bereich des<br />
Konfliktmanagements e<strong>in</strong>e gew<strong>in</strong>nbr<strong>in</strong>gende<br />
alternative auch für „fachliche” aufgaben dar.<br />
Sie bedürfen e<strong>in</strong>er guten vorbereitung, e<strong>in</strong>er klaren<br />
ziel- <strong>und</strong> aufgabendef<strong>in</strong>itionen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er<br />
professionellen Prozesssteuerung.<br />
Patricia Mell, Anja Morell, Brigitte Scheffel<br />
<strong>und</strong> Renate Sedlmayer<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
Berichte aUS DeM BM<br />
Kollegiale Fallberatung –<br />
e<strong>in</strong> Plädoyer für e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensive Nutzung 1<br />
„Wie soll ich mich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er schwierigen<br />
Situation verhalten?” Jeder kennt aus eigener<br />
Erfahrung Situationen, <strong>in</strong> denen er/sie<br />
gerne e<strong>in</strong>e klare Antwort auf die Frage<br />
hätte, was nun zu tun sei. Mit der Methode<br />
der Kollegialen Fallberatung wird die Intelligenz<br />
der Gruppe genutzt, um den FallgeberInnen<br />
<strong>in</strong> 6090 M<strong>in</strong>uten zur Klarheit<br />
über ihre nächsten stimmigen Schritte zu<br />
verhelfen.<br />
Im Folgenden werden Voraussetzungen,<br />
Rollen <strong>und</strong> Ablauf e<strong>in</strong>er erfolgreichen Kollegialen<br />
Fallberatung aufgezeigt. Es soll<br />
den Mut <strong>und</strong> die Lust zur Nachahmung<br />
fördern.<br />
Die Fallgeber<strong>in</strong> oder der Fallgeber<br />
Wichtige Voraussetzungen<br />
zunächst braucht es e<strong>in</strong>e klare rollenverteilung.<br />
Die Moderator<strong>in</strong>nen benötigen e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>deutigen<br />
auftrag von der Gruppe <strong>und</strong> die erlaubnis,<br />
die Struktur <strong>und</strong> die zeiten der e<strong>in</strong>zelnen Schritte<br />
e<strong>in</strong>zuhalten. hilfreich ist es, wenn sich e<strong>in</strong>e Gruppe<br />
bereits gut kennt <strong>und</strong> die Beziehungen von e<strong>in</strong>er<br />
stabilen vertrauensbasis getragen werden.<br />
<strong>in</strong> jedem Fall ist e<strong>in</strong>e von respekt <strong>und</strong> gegenseitiger<br />
Wertschätzung getragene Gr<strong>und</strong>haltung<br />
erforderlich.<br />
außerdem wird Material zur visualisierung<br />
benötigt (Flipchart. Während der Durchführung<br />
soll e<strong>in</strong>e Methodendiskussion vermieden werden.<br />
Diese ist <strong>in</strong> jedem Fall im anschluss s<strong>in</strong>nvoll, um<br />
für die nächsten Male zu lernen.<br />
Informationen geben ... berichtet von der Situation <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen Problemstellungen <strong>und</strong><br />
Konflikten, benennt dabei Gefühle, erfahrungen <strong>und</strong> die Umstände, welche auf die<br />
Situation e<strong>in</strong>wirkten<br />
Individualität zulassen ... ist offen für rückmeldungen <strong>und</strong> andere Sichtweisen, lädt das Berater<strong>in</strong>nenteam<br />
e<strong>in</strong>, <strong>in</strong>dividuelle, auch unkonventionelle ideen e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen<br />
Autonomie behalten ... behält jederzeit die autonome entscheidung über Bewertungen, annahmen oder<br />
ablehnungen <strong>und</strong> die Umsetzung der vorschläge<br />
Das BeraterInnenteam<br />
Eigene Themen<br />
zurückstellen<br />
Sichtweisen als<br />
Angebote<br />
Verantwortung<br />
überlassen<br />
... lässt sich mit <strong>in</strong>teresse <strong>und</strong> voller aufmerksamkeit auf die Situation <strong>und</strong> das anliegen<br />
e<strong>in</strong>, ohne Partei zu ergreifen, stellt eigene themen/anliegen zurück<br />
... br<strong>in</strong>gt offen <strong>und</strong> gleichzeitig taktvoll <strong>in</strong>dividuelle Sichtweisen, hypothesen,<br />
erfahrungen <strong>und</strong> ideen e<strong>in</strong> <strong>und</strong> betrachtet diese als angebote an die Fallgeber<strong>in</strong>nen<br />
... handelt aus e<strong>in</strong>er haltung der Unterstützung <strong>und</strong> ermutigung <strong>und</strong> überlässt den<br />
Fallgeber<strong>in</strong>nen jederzeit die verantwortung <strong>und</strong> entscheidung<br />
Vertraulichkeit ... wahrt vertraulichkeit über die erfahrenen Daten <strong>und</strong> Fakten auch nach abschluss<br />
der Beratung<br />
Die ModeratorInnen<br />
Energien bündeln ... strukturieren den Prozess <strong>und</strong> schlagen geeignete Methoden <strong>und</strong> Schritte vor<br />
Wahrnehmen ... s<strong>in</strong>d jederzeit aufmerksam für die Bedürfnisse <strong>und</strong> reaktionen der Fallgeber<strong>in</strong>nen<br />
Rahmen wahren ... schaffen raum für reflexion <strong>und</strong> Kreativität <strong>und</strong> bieten Schutz gegenüber zu<br />
weitgehender <strong>in</strong>terpretation des Berater<strong>in</strong>nenteams<br />
Roter Faden ... sorgen im verlauf jederzeit für transparenz <strong>und</strong> ergebnissicherung<br />
«<br />
Fachgruppe MiO/<br />
Wirtschafts<strong>mediation</strong> im BM<br />
Kollegiale Fallberatung,<br />
Rollen<br />
1/ Die qualitätssicherung<br />
ist e<strong>in</strong> wichtiges anliegen<br />
der Fachgruppenarbeit des<br />
BM. e<strong>in</strong> aspekt dabei ist die<br />
gegenseitige Unterstützung<br />
<strong>in</strong> fachlich schwierigen<br />
Situationen. So wurde im<br />
november 2005 beim<br />
treffen der FG MiO/Wirtschaftsmedion<br />
<strong>in</strong> München<br />
mit dem Modell der<br />
Kollegialen Fallberatung<br />
bearbeitet.<br />
51
»<br />
52 Berichte aUS DeM BM<br />
Kollegiale Fallberatung,<br />
Ablauf<br />
Dauer e<strong>in</strong>er<br />
Beratungsr<strong>und</strong>e<br />
ca. 11½ St<strong>und</strong>en<br />
Schritt<br />
Dauer<br />
1. Der Fall<br />
10-15 m<strong>in</strong><br />
2. Bilder dazu<br />
5-10 m<strong>in</strong><br />
3. Verschiedene<br />
Perspektiven<br />
10-15 m<strong>in</strong><br />
4. Die entscheidendeSchlüsselfrage<br />
10-20 m<strong>in</strong><br />
5. Ideen<br />
10-15 m<strong>in</strong><br />
6. Würdigung<br />
15-20 m<strong>in</strong><br />
Beschreibung H<strong>in</strong>weis/Aufmerksamkeit/Hürde<br />
Fallgeber<strong>in</strong>nen stellen Situation<br />
<strong>und</strong> Kontext dar <strong>und</strong><br />
benennen Beratungsfragen<br />
bzw. anliegen<br />
Die Gruppe spiegelt <strong>in</strong>dividuell<br />
<strong>in</strong>nere Bilder, Gefühle,<br />
assoziationen – ke<strong>in</strong>e analyse!<br />
Fallgeber<strong>in</strong>nen greifen<br />
zum Schluss wichtige<br />
aspekte heraus <strong>und</strong> beantworten<br />
dann e<strong>in</strong>zelne<br />
ergänzende Fragen aus<br />
dem team<br />
Das Beratungsteam analysiert<br />
<strong>und</strong> fokussiert, es<br />
beleuchtet die Situation <strong>und</strong><br />
das Umfeld aus verschiedenen<br />
Blickw<strong>in</strong>keln, arbeitet<br />
die Kernpunkte heraus <strong>und</strong><br />
formuliert sie als Fragen<br />
(z. B. „was muss geschehen/<br />
was muss ich tun, um ...”)<br />
Fallgeber<strong>in</strong>nen formulieren<br />
daraus Schlüsselfrage(n)<br />
Das Beratungsteam<br />
generiert e<strong>in</strong>e Sammlung<br />
ermutigender ideen <strong>und</strong><br />
handlungsalternativen, aus<br />
denen die Fallgeber<strong>in</strong>nen<br />
frei auswählen.<br />
Shar<strong>in</strong>g-r<strong>und</strong>e:<br />
„Was habe ich für mich aus<br />
der Beratungsr<strong>und</strong>e mitgenommen?”<br />
› Unterstützung durch notizen/Bild auf Flip-chart.<br />
Beratungsteam hört aufmerksam zu <strong>und</strong> wahrt<br />
nach außen absolute vertraulichkeit<br />
› <strong>in</strong>terpretationen des teams unterb<strong>in</strong>den. Dem<br />
Wunsch widerstehen, alles bis <strong>in</strong>s letzte Detail<br />
verstehen zu wollen<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
Kurzes Bra<strong>in</strong>storm<strong>in</strong>g – Fallgeber<strong>in</strong>nen hören<br />
aufmerksam zu. Das Beratungsteam registriert<br />
erste „Spuren”, vermeidet aber e<strong>in</strong>e zu frühe<br />
lösungssuche<br />
Fokus auf die Frage: „Wie wirkt die Darstellung<br />
auf mich?” (Körperhaltung, Sprache, Stimmlage,<br />
Bild, ...)<br />
Unbed<strong>in</strong>gt zu unterb<strong>in</strong>den: „Das kenne ich auch,<br />
da muss man nur ...” (vorschnelle rat-Schläge)<br />
Fallgeber<strong>in</strong>nen ziehen sich an den rand zurück,<br />
hören schweigend zu<br />
Dialog statt Diskussion<br />
alle Kernfragen als angebot an Fallgeber<strong>in</strong>nen<br />
schriftlich festhalten<br />
Beharrlich dem Sog der vorschnellen<br />
lösungssuche widerstehen! Wichtig: Die hier<br />
formulierten Fragen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> angebot für Fallgeber<strong>in</strong>nen.<br />
hier noch ke<strong>in</strong>e antworten suchen.<br />
erst im Schritt 5 ist raum für mögliche antworten.<br />
Diese wird/werden für alle sichtbar notiert. Die Fallgeber<strong>in</strong>nen<br />
neigen leicht dazu, das Beratungsteam<br />
auf den bekannten e<strong>in</strong>gefahrenen Pfad<br />
zu führen oder „harmlose” Fragen zu stellen, die<br />
kaum zu neuen erkenntnissen führen. Das team<br />
spürt genau, ob die Beantwortung der gestellten<br />
Frage für die Fallgeber<strong>in</strong>nen hilfreich se<strong>in</strong> kann.<br />
Fallgeber<strong>in</strong>nen hören zu. es gelten Bra<strong>in</strong>storm<strong>in</strong>gregeln,<br />
die ideen werden sichtbar notiert. Fallgeber<strong>in</strong>nen<br />
äußern sich erst am ende zu den ideen,<br />
damit das Bra<strong>in</strong>storm<strong>in</strong>g „im Fluss” bleibt.<br />
› Kurzes „Blitzlicht” aller Berater<strong>in</strong>nen zum eigenen<br />
erleben<br />
› Die Fallgeber<strong>in</strong>nen standen die ganze zeit im<br />
zentrum der aufmerksamkeit. zeitgleich lief bei<br />
jedem Mitglied des Beratungsteams e<strong>in</strong> eigener<br />
Film ab, der an dieser Stelle geäußert wird. So<br />
wird deutlich, dass jede(r) etwas gegeben <strong>und</strong><br />
gleichzeitig auch genommen hat.<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
Sammlung der Beobachtungen von TeilnehmerInnen<br />
<strong>in</strong> der FG MIO/Wirtschafts<strong>mediation</strong><br />
zur Kollegialen Fallberatung vom 25.11.2005<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
e<strong>in</strong>e kompetente leitung ist s<strong>in</strong>nvoll.<br />
auf die gegliederte Struktur ist zu achten.<br />
Die engagierten teilnehmer<strong>in</strong>nen der reflect<strong>in</strong>g<br />
group verfallen leicht <strong>in</strong>s abschweifen;<br />
alle benannten den Wunsch, die leitung<br />
möge e<strong>in</strong>en sanften Druck ausüben, dass<br />
die regeln/die Struktur e<strong>in</strong>gehalten werden.<br />
Die leiter<strong>in</strong>nen der auftragsklärung lassen<br />
sich das Mandat zur Ordnung geben.<br />
Die leitung achtet auf die transparente<br />
trennung der Phasen <strong>und</strong> auf die zeit.<br />
e<strong>in</strong>e konzentrierte energie <strong>in</strong> der reflect<strong>in</strong>g<br />
group entsteht dann, wenn die auftraggeber<strong>in</strong>nen<br />
richtig aus dem Kreis ausscheiden<br />
<strong>und</strong> sich das Geschehen von außen betrachten;<br />
nur so ist gewährleistet, dass die energie<br />
im Kreis bleibt; das br<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>en Facettenreichtum<br />
fasz<strong>in</strong>ierender Fragen.<br />
»<br />
Der BM <strong>in</strong> Zahlen<br />
Das Wachstum des verbandes hält ununterbrochen an.<br />
Stand: 15.08. 2005 871 Mitglieder<br />
Stand: 16.08. 2006 1005 Mitglieder<br />
Davon s<strong>in</strong>d 739 Berufsverbandsmitglieder<br />
<strong>und</strong> 235 Fördermitglieder<br />
<strong>in</strong> 2005 s<strong>in</strong>d 45 Mitglieder ausgetreten.<br />
112 Mitglieder kamen neu h<strong>in</strong>zu.<br />
<strong>in</strong> 2006 haben bisher 32 Mitglieder gekündigt<br />
<strong>und</strong> 146 Mitglieder s<strong>in</strong>d neu h<strong>in</strong>zugekommen.<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
›<br />
›<br />
Berichte aUS DeM BM<br />
Das F<strong>in</strong>den der Schlüsselfrage (Schritt 4) ist für<br />
die auftraggeber<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>e schweißtreibende<br />
arbeit. Das team begleitet dabei liebevoll<br />
<strong>und</strong> unerbittlich.<br />
auf die verbildlichung der Falldarstellung (h<strong>in</strong>weis<br />
zu 1) durch e<strong>in</strong> Mitglied der Gruppe sollte<br />
nicht verzichtet werden.<br />
Thomas Robrecht<br />
(zusammengefasst von Detlev Bern<strong>in</strong>g)<br />
«<br />
Fachgruppe MiO/<br />
Wirtschafts<strong>mediation</strong> im BM<br />
KONTAKT<br />
Thomas Robrecht<br />
thomas.robrecht@<br />
sokrateam.de<br />
53
»<br />
54 Berichte aUS aller Welt<br />
Inka Heisig,<br />
DiplomSozialtherapeut<strong>in</strong>,<br />
DiplomSozialpädagog<strong>in</strong>,<br />
Mediator<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />
Ausbilder<strong>in</strong> BM<br />
KONTAKT<br />
Inka Heisig,<br />
heisig@bmev.de<br />
Jutta Hohmann,<br />
hohmann@bmev.de<br />
Vierte nordische Konferenz<br />
<strong>in</strong> Mediation <strong>und</strong> Konfliktmanagement<br />
vom 26. – 28.5.2006 fand <strong>in</strong> hels<strong>in</strong>ki, F<strong>in</strong>nland<br />
die vierte nordische Konferenz <strong>in</strong> Mediation <strong>und</strong><br />
Konfliktmanagement statt.<br />
veranstalter war, das nordische Forum für Mediation.<br />
Bei dem nordischen Forum handelt es sich um die<br />
skand<strong>in</strong>avischen länder. es wurde 1996 gegründet<br />
<strong>und</strong> 1998 fand die erste Konferenz statt.<br />
Die <strong>in</strong>sgesamt ca. 300 teilnehmer<strong>in</strong>nen kamen<br />
aus vielen europäischen ländern, wobei es e<strong>in</strong><br />
deutliches nord-Süd-Gefälle gab. teilnehmer<strong>in</strong>nen<br />
aus den ländern wie italien, Frankreich, Spanien,<br />
Portugal <strong>und</strong> Griechenland waren an e<strong>in</strong>er<br />
hand abzulesen waren.<br />
e<strong>in</strong>en eigenen Block bildeten die Mediator<strong>in</strong>nen<br />
aus den südost-europäischen ländern, die enge<br />
verb<strong>in</strong>dungen zu norwegen unterhielten <strong>und</strong> von<br />
dort teilweise f<strong>in</strong>anzielle Unterstützung erhielten,<br />
um an der Konferenz teilzunehmen.<br />
Die Konferenz ist <strong>in</strong> F<strong>in</strong>nland politisch hoch angesiedelt.<br />
Die Präsident<strong>in</strong> von F<strong>in</strong>nland teuri Brunila<br />
hatte die Konferenz persönlich eröffnet.<br />
Die Konferenz stand unter dem Motto:<br />
„Mediation e<strong>in</strong>e Brücke zwischen unterschiedlichen<br />
anwendungsgebieten”.<br />
Workshops gab es zu den themen:<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
täter-Opfer-ausgleich<br />
Schul<strong>mediation</strong><br />
Familien<strong>mediation</strong><br />
Wirtschafts<strong>mediation</strong><br />
Mediation im arbeitskontext<br />
<strong>in</strong>terkulturelle Mediation<br />
Friedens<strong>mediation</strong> (Mediation<br />
<strong>in</strong> <strong>in</strong>ternationalen Krisenherden)<br />
Gerichtliche Mediation<br />
Mediation am arbeitsplatz<br />
Die Podiumsdiskussionen wurden unter anderem<br />
von nils christie, dem norwegischen „vater der<br />
Mediation” <strong>und</strong> dem nordiren Brendan Mcallister<br />
zu dem thema Mediation als e<strong>in</strong>e Kraft <strong>in</strong>nerhalb<br />
der Gesellschaft geleitet.<br />
Bei nils christie handelt es sich um den nordeuropäischen<br />
Pionier der Mediation. e<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>er vorträge<br />
aus dem Jahr 1977 war so etwas wie e<strong>in</strong><br />
zündfunke für Mediation <strong>in</strong> norwegen. Se<strong>in</strong> coreferent<br />
Brendan Mcallister lebt seit se<strong>in</strong>em 12.<br />
lebensjahr im Schatten des nordirischen Bürgerkrieges.<br />
Für ihn führt der Weg zum Frieden nur<br />
über die Beziehung zum Fe<strong>in</strong>d. Damit me<strong>in</strong>t er,<br />
dass man nur an der Seite des Fe<strong>in</strong>des die Möglichkeit<br />
hat, die Welt aus dessen Sicht zu verstehen.<br />
Demzufolge s<strong>in</strong>d die Pr<strong>in</strong>zipien für Friedensarbeit<br />
für Mcallister<br />
1. Kommunikation<br />
2. verständnis der Situation<br />
3. verständnis der Person<br />
Bei Mediation geht es ihm um den ausgleich<br />
<strong>und</strong> nicht um die harmonie.<br />
im zusammenhang mit der nordischen Konferenz<br />
wurde die european <strong>mediation</strong> network<br />
<strong>in</strong>itiative (eMni) gegründet.<br />
hierbei handelt es sich um den vorläufer e<strong>in</strong>es<br />
europäischen Forums für Mediation. aufgabe<br />
der <strong>in</strong>itiative ist e<strong>in</strong> netzwerk für Mediation zu<br />
gestalten. es wurde e<strong>in</strong> Komitee bestehend aus<br />
vier Personen gegründet: dies s<strong>in</strong>d thompsen<br />
aus norwegen, l<strong>in</strong>da aus den niederlanden,<br />
ewald Filler aus Österreich (die vierte Person können<br />
wir leider nicht nennen, da wir das Protokoll<br />
noch nicht bekommen haben). außerdem<br />
wurde e<strong>in</strong> repräsentant für jedes land europas,<br />
welches bei der nordischen Konferenz vertreten<br />
war benannt. Bei dieser Gelegenheit kam Kritik <strong>in</strong><br />
sofern auf, als südeuropäische länder <strong>und</strong> Frankreich<br />
kaum wahrnehmbar vertreten waren.<br />
<strong>in</strong>sgesamt jedoch war die teilnahme an dieser<br />
Gründungskonferenz sehr rege <strong>und</strong> <strong>in</strong>teressant, so<br />
dass davon auszugehen ist, dass Mediation vor<br />
dem h<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>schaftlichen, europäischen<br />
entwicklung weiter voran gebracht wird.<br />
Jutta Hohmann <strong>und</strong> Inka Heisig<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
BÜcher UnD Mehr<br />
Ulrike Hornung: Rechtliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
für die Tätigkeit freier Mediatoren<br />
anspruch des Buches ist, juristische Fragestellungen<br />
bei der tätigkeit freier Mediator<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> zivilen<br />
Streitigkeiten aufzunehmen, die rechtslage<br />
<strong>und</strong> den Diskussionsstand darzustellen <strong>und</strong> handlungsalternativen<br />
aufzuzeigen. Da das Werk als<br />
Dissertation verfasst wurde, werden die angesprochenen<br />
aspekte vertieft dargestellt. auf acht<br />
große Bereiche geht die autor<strong>in</strong> e<strong>in</strong>: (1) Mediation<br />
versus gerichtlicher rechtsschutz <strong>und</strong> aktueller<br />
Stand der verortung von Mediation <strong>in</strong> b<strong>und</strong>esdeutschen<br />
Gesetzen (2) rechte <strong>und</strong> Pflichten der<br />
Mediator<strong>in</strong>nen mit e<strong>in</strong>em ausführlichen teil zum<br />
Mediationsvertrag (3) zugangsbeschränkungen<br />
zur mediatorischen arbeit <strong>in</strong>sbesondere unter<br />
dem Gesichtspunkt des rechtsberatungsgesetzes<br />
sowie dem aspekt des Parteiverrates <strong>und</strong><br />
der neutralität/allparteilichkeit (4) zulässigkeit von<br />
Werbung für Mediation/Mediator<strong>in</strong>nen (<strong>in</strong>sbesondere<br />
anwält<strong>in</strong>nen betreffend) <strong>und</strong> vergütung der<br />
Mediator<strong>in</strong>nen (was ist möglich <strong>und</strong> üblich) (5)<br />
Probleme nach Beendigung der Mediation (6)<br />
verschwiegenheit <strong>und</strong> haftung der Mediator<strong>in</strong>nen<br />
(7) Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen <strong>in</strong>terprofessioneller<br />
zusammenarbeit e<strong>in</strong>schließlich der<br />
co<strong>mediation</strong> im e<strong>in</strong>zelfall – <strong>in</strong>sbesondere unter<br />
Beachtung des Berufsrechtes der anwält<strong>in</strong>nen<br />
<strong>und</strong> notar<strong>in</strong>nen (8) gesetzgeberischer handlungsbedarf<br />
– Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen; hier<br />
geht die autor<strong>in</strong> auch auf <strong>in</strong>ternationale vorbilder<br />
<strong>und</strong> europäischer rahmenbed<strong>in</strong>gungen (Grünbuch<br />
der Kommission) e<strong>in</strong>.<br />
Die Punkte s<strong>in</strong>d jeweils wissenschaftlich abgehandelt,<br />
d. h. mit ausführlicher quellenangabe<br />
versehen. als juristische Dissertation ist das Werk<br />
e<strong>in</strong>e F<strong>und</strong>grube für Begriffsbestimmungen zum<br />
thema Mediation. Die Gliederung ist zweigeteilt:<br />
e<strong>in</strong>er Grobübersicht (1,5 Seiten) folgt e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>s<br />
Detail gehende <strong>in</strong>haltsangabe (16,5 Seiten), über<br />
die e<strong>in</strong>zelthemen gezielt <strong>und</strong> schnell auff<strong>in</strong>dbar<br />
s<strong>in</strong>d. Die zuordnung der e<strong>in</strong>zelaspekte zu den<br />
hauptthemen ist durchweg str<strong>in</strong>gent. Schön s<strong>in</strong>d<br />
die häufig wiederkehrenden zusammenfassungen<br />
am ende von e<strong>in</strong>zelthemen, die durch ihre stichwortartige<br />
aufzählung e<strong>in</strong>en besonders schnellen<br />
Überblick über die gef<strong>und</strong>enen ergebnisse auch<br />
im Detail ermöglichen. Über weite Strecken s<strong>in</strong>d<br />
die ausführungen auch für nichtjurist<strong>in</strong>nen gut verständlich<br />
geschrieben. Das literaturverzeichnis<br />
entspricht dem Standard e<strong>in</strong>er Dissertation; das<br />
Sachregister ist mit 3 Buchseiten etwas knapp<br />
geraten. <strong>in</strong>sgesamt ist das Werk e<strong>in</strong> gutes handbuch<br />
für <strong>in</strong>teressierte Mediator<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> durchaus<br />
auch für nichtjurist<strong>in</strong>nen nutzbar, auch wenn vieles<br />
anwaltsmediator<strong>in</strong>nen betrifft.<br />
Der „rote Faden” durch die arbeit ist die Frage<br />
nach der notwendigkeit e<strong>in</strong>es berufsregelnden<br />
Mediationsgesetzes; das <strong>in</strong>teressiert gerade nichtanwält<strong>in</strong>nen,<br />
wenn es um die themen zeugnisverweigerung,<br />
haftung <strong>und</strong> haftpflicht sowie die<br />
nähe zum rechtsberatungsgesetz geht.<br />
Was alle nicht-anwält<strong>in</strong>nen (<strong>und</strong> auch die richter-<br />
Mediator<strong>in</strong>nen) <strong>in</strong>teressieren dürfte, s<strong>in</strong>d die ausführungen<br />
zu art. 1 § 1 rBerG. Das ergebnis, dass<br />
nicht zwangsläufig e<strong>in</strong> verstoß vorliegen muss, ist<br />
gut nachvollziehbar <strong>und</strong> <strong>in</strong> der argumentation<br />
str<strong>in</strong>gent. Für mich ist das thema allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong><br />
theoretisches <strong>und</strong> zwar <strong>in</strong>sofern, als die lege artis<br />
arbeitenden Mediator<strong>in</strong>nen sich ohneh<strong>in</strong> jeglicher<br />
Beratung enthaltent (mit ausnahme vielleicht<br />
der richter-Mediator<strong>in</strong>nen) – davon s<strong>in</strong>d<br />
h<strong>in</strong>weise auf e<strong>in</strong>e rechtslage nicht ausgenommen.<br />
Dieses ist aber eher e<strong>in</strong>e haltungsfrage, die<br />
sich zur verb<strong>in</strong>dlichkeit erst so richtig <strong>in</strong> der Praxis<br />
entwickelt. <strong>in</strong> den ausführungen der autor<strong>in</strong> ergeben<br />
sich unter diesem Gesichtspunkt Passagen,<br />
die die Praktiker<strong>in</strong>nen so nicht unbed<strong>in</strong>gt nachvollziehen<br />
möchten. So s<strong>in</strong>d die ausführungen auf<br />
Seite 79 für mich widersprüchlich, wenn auf der<br />
e<strong>in</strong>en Seite ausgeführt wird, dass die Konfliktparteien<br />
rechtliche ausführungen von Mediator<strong>in</strong>nen<br />
eher nicht erwarten, im unmittelbaren anschluss<br />
daran jedoch e<strong>in</strong>e verpflichtung der Mediator<strong>in</strong>nen<br />
zur Warnung vor möglichen rechtsverlusten<br />
(im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er verpflichtung) festgestellt wird.<br />
<strong>in</strong> der Praxis verweisen erfahrene Mediator<strong>in</strong>nen<br />
die Konfliktparteien gerade bei solchen Sachverhalten<br />
(<strong>in</strong>sbesondere bei relevanz von § 4 KSchG)<br />
auf anwaltliche Berater<strong>in</strong>nen der Parteien. So<br />
s<strong>in</strong>d auch die ausführungen zur neutralität (oder<br />
allparteilichkeit) aus der Sicht der Jurist<strong>in</strong>nen gut<br />
nachvollziehbar <strong>und</strong> <strong>in</strong>teressant, für Mediator<strong>in</strong>nen<br />
mit achtsamer, allparteilicher haltung jedoch<br />
nicht von praktischem Wert. Dieser Bezug zur Praxis<br />
fehlt allerd<strong>in</strong>gs durchaus zu recht <strong>in</strong> dem Buch, ist<br />
das anliegen doch e<strong>in</strong> rechtstheoretisches.<br />
Dennoch ist es auch für Praktiker<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>e F<strong>und</strong>grube,<br />
sowohl was die unterschiedlichsten aspekte<br />
mediatorischer tätigkeit angeht als auch im h<strong>in</strong>blick<br />
auf die notwendigen Gestaltungen<br />
(wie z. B. der Mediationsvertrag).<br />
Dr. Detlev Bern<strong>in</strong>g<br />
«<br />
Ulrike Hornung<br />
Rechtliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
für die Tätigkeit<br />
freier Mediatoren<br />
Band 1 der Erlanger<br />
juristische Abhandlungen<br />
für Anwaltsrecht <strong>und</strong><br />
Anwaltspraxis.<br />
Carl Heymanns Verlag<br />
2006<br />
427 Seiten<br />
ISBN 3452262286<br />
€ 96,00<br />
KONTAKT<br />
Detlev Bern<strong>in</strong>g,<br />
Dr.Bern<strong>in</strong>g@Bern<strong>in</strong>g<br />
Hannover.de<br />
55
56<br />
»<br />
Sab<strong>in</strong>e Behn, Nicolle Kügler,<br />
HansJosef Lembeck,<br />
Doris Pleiger, Dorte<br />
Schaffranke, Miriam<br />
Schroer, Stefan W<strong>in</strong>k<br />
Mediation an Schulen<br />
E<strong>in</strong>e b<strong>und</strong>esweite<br />
Evaluation<br />
VS Verlag<br />
für Sozialwissenschaften<br />
Wiesbaden 2006<br />
290 Seiten<br />
ISBN10 3531150839<br />
€ 34,90<br />
E<strong>in</strong>e Handreichung<br />
unter: www.evaluation<br />
schul<strong>mediation</strong>.de<br />
KONTAKT<br />
Günther Braun,<br />
guenther31@onl<strong>in</strong>e.de<br />
BÜcher UnD Mehr<br />
Mediation an Schulen –<br />
e<strong>in</strong>e b<strong>und</strong>esweite Evaluation<br />
Sehr erfreulich, dass endlich diese erste,<br />
umfangreiche b<strong>und</strong>esweite Studie vorliegt.<br />
Das Forschungsvorhaben „evaluation von Mediationsprogrammen<br />
an Schulen” wurde im auftrage<br />
des B<strong>und</strong>esm<strong>in</strong>isteriums für Familie, Senioren,<br />
Frauen <strong>und</strong> Jugend seit September 2003 durchgeführt<br />
<strong>und</strong> ende 2005 abgeschlossen.<br />
auf den 290 Seiten mit 69 abb. geht es um<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
den aktuellen Stand<br />
die rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
unterschiedliche Umsetzungsformen<br />
(besonders Peer-Mediationsprojekte)<br />
Wirkungen von Mediationsprojekten<br />
die rolle von Mediation im System Schule<br />
erfolgreiche Strategien zur Umsetzung von<br />
Mediation an Schulen.<br />
Folgende Def<strong>in</strong>ition liegt zugr<strong>und</strong>e: „Schul<strong>mediation</strong>sprojekte<br />
s<strong>in</strong>d Projekte, die an e<strong>in</strong>er Schule<br />
umgesetzt werden <strong>und</strong> als zentrales element die<br />
Mediation enthalten”. Dabei geht es um Peer-<br />
Mediator<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> um Pädagog<strong>in</strong>nen oder<br />
andere Personen, die als Mediator<strong>in</strong>nen fungieren,<br />
(S. 17 u. 81)<br />
an der quantitativen Befragung haben von 1455<br />
angeschriebenen Schulen 574 teilgenommen<br />
(S. 81 ff). Gef<strong>und</strong>en wurden die Schulen durch<br />
„<strong>in</strong>ternetrecherche <strong>und</strong> zentrale akteure”.<br />
(nach me<strong>in</strong>er persönlichen erfahrung <strong>in</strong> der<br />
Fachgruppe Mediation <strong>in</strong> erziehung <strong>und</strong> Bildung<br />
s<strong>in</strong>d diese Schulen repräsentativ für die Schul<strong>mediation</strong>sscene<br />
<strong>in</strong> Deutschland (S. 62 f).)<br />
Die Forschungsfragen <strong>und</strong> das vorgehen werden<br />
<strong>in</strong> fünf Phasen beschrieben (S. 57-62). e<strong>in</strong> konkreteres<br />
vorgehen wird <strong>in</strong> der qualitativen Befragung<br />
deutlich (69 ff).<br />
Die allgeme<strong>in</strong>en Daten der befragten Schulen<br />
werden e<strong>in</strong>drucksvoll dargestellt. (S. 81-98 mit gut<br />
verständlichen Grafiken). Die Darstellung stützt<br />
die erfahrungen, die viele Beobachter<strong>in</strong>nen <strong>in</strong><br />
den letzten Jahren gewonnen haben.<br />
Folgende Schwerpunkte werden ausführlich mit<br />
Daten <strong>und</strong> empfehlungen belegt:<br />
› Die zusammenarbeit von Jugendhilfe <strong>und</strong><br />
Schule im rahmen von Mediationsprojekten<br />
– akzeptanz – Mediationspraxis <strong>in</strong> der<br />
Schule – vergleich der Schulstandards des<br />
B<strong>und</strong>esverbandes Mediation e.v. mit der<br />
vorgef<strong>und</strong>enen realität. – erwartungen <strong>und</strong><br />
Wirkungen – Mediation im System Schule<br />
(S. 100-252 u. 263)<br />
›<br />
›<br />
Gewaltprävention <strong>und</strong> Konfliktbearbeitung als<br />
ganzheitliches Konzept – e<strong>in</strong> Beispiel S. 256f –<br />
Strategien zur erfolgreichen Umsetzung<br />
(S. 252-269)<br />
empfehlungen (S. 271-281) – auf die notwendigkeit<br />
von entwicklungsaufgaben auf<br />
struktureller ebene (z. B. leistungen der<br />
landespolitik, Schulentwicklung) <strong>und</strong> auf<br />
handlungsempfehlungen für die Praxis wird<br />
h<strong>in</strong>gewiesen.<br />
<strong>in</strong>sgesamt liegt e<strong>in</strong> gelungenes Werk vor, <strong>in</strong> dem<br />
Schüler<strong>in</strong>nen<strong>mediation</strong> b<strong>und</strong>esweit <strong>in</strong> ihren verschiedenen<br />
ausprägungen untersucht worden<br />
ist. es lohnt sich unvore<strong>in</strong>genommen zu lesen<br />
<strong>und</strong> die eigene Praxis zu reflektieren. es ist zu hoffen,<br />
dass auf landesebene <strong>in</strong> Politik <strong>und</strong> Wirtschaft<br />
auf Gr<strong>und</strong> dieser Studie die notwendigkeit<br />
erkannt wird, Schul<strong>mediation</strong> noch mehr ideell<br />
<strong>und</strong> f<strong>in</strong>anziell <strong>in</strong> ihrer partizipativen, konstruktiven<br />
Konfliktkultur zu unterstützen.<br />
Die Mitarbeiter<strong>in</strong>nen/autor<strong>in</strong>nen der drei <strong>in</strong>stitute<br />
<strong>und</strong> das M<strong>in</strong>isterium <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> verdienen gebührende<br />
Würdigung. e<strong>in</strong> herzliches Dankeschön an<br />
alle akteur<strong>in</strong>nen!<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er langzeitstudie sollten b<strong>und</strong>esweit die hier<br />
gef<strong>und</strong>enen Daten fortgeschrieben werden. Welche<br />
entwicklung hat die Schul<strong>mediation</strong> genommen?<br />
S<strong>in</strong>d die vielen e<strong>in</strong>zelergebnisse beachtet<br />
worden, lagen die empfehlungen <strong>in</strong> der richtigen<br />
richtung?<br />
Günther Braun<br />
realschulrektor i. r.,<br />
Mediator BM <strong>und</strong> ausbilder BM<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
Björn Migge:<br />
Handbuch Coach<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Beratung<br />
Björn Migges handbuch „coach<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Beratung”<br />
ist e<strong>in</strong> Beratungsleitfaden aus der Praxis für die<br />
Praxis. Ges<strong>und</strong>er Menschenverstand ist für Björn<br />
Migge die Basis für den alltäglichen Umgang mit<br />
Menschen. Beratung als Profession entsteht durch<br />
e<strong>in</strong>e bewusste verb<strong>in</strong>dung von erfahrungswissen<br />
mit theoretischen erklärungsmodellen aus der Psychologie,<br />
Soziologie <strong>und</strong> Psychotherapie. Beratungsansätze<br />
entstehen durch das lernen der Person<br />
im Praxisfeld von „Wirtschaft”, „Wohlfahrt” oder<br />
„Ges<strong>und</strong>heit” vor dem h<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> persönlicher<br />
Werte <strong>und</strong> Wertvorstellungen.<br />
Das handbuch ist erklärtermaßen „unwissenschaftlich”,<br />
weil dort theorien <strong>und</strong> Schulen nach eigenem<br />
ermessen des autors gesammelt <strong>und</strong> aussagen<br />
zusammengestellt werden. es ist zugleich professionell<br />
gemacht, weil es bei den lesenden bewusst<br />
e<strong>in</strong>en lernprozess <strong>in</strong> Gang setzt, der das coach<strong>in</strong>g<br />
als Beratungsmethode aus den unterschiedlichen<br />
Perspektiven (tiefenpsychologie, neurol<strong>in</strong>guistisches<br />
programmieren, kognitive verhaltenstherapie, systemische<br />
Beratung <strong>und</strong> therapie) betrachtet.<br />
Konflikbearbeitung <strong>und</strong> Mediation werden im<br />
Kapitel 8 erörtert. Sie s<strong>in</strong>d Migges verständnis nach<br />
wesentlicher Bestandteil von coach<strong>in</strong>g <strong>und</strong> bilden<br />
e<strong>in</strong>en rahmen für komplexe Beratungsanlässe.<br />
Das 633 Seiten starke Buch gliedert sich auf <strong>in</strong><br />
aufe<strong>in</strong>ander aufbauenden Kapiteln analog e<strong>in</strong>es<br />
Beratungsprozesses. zunächst wird <strong>in</strong> das Wesen<br />
des coach<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>geführt. Dann werden verschiedene<br />
Methoden <strong>und</strong> Fälle aus dem Bus<strong>in</strong>ess-coach<strong>in</strong>g,<br />
dem Personal-coach<strong>in</strong>g, der<br />
psychologischen Beratung, der Seelsorge <strong>und</strong><br />
der Psychotherapie geschildert <strong>und</strong> mit dem<br />
handwerkszeug zur Gesprächsführung, zur Kommunikation<br />
<strong>und</strong> zur analyse von Beratungsfällen<br />
bearbeitet. anhand von Fallbeispielen, Kurzzusammenfassungen<br />
<strong>und</strong> e<strong>in</strong>zelübungen ist<br />
Gelegenheit für lesende zur Selbstreflexion des<br />
Gelernten gegeben. Jedes Kapitel kann für sich<br />
bearbeitet werden oder auch im zusammenhang.<br />
nehmen lesende das angebot an, das<br />
Buch Schritt für Schritt durchzuarbeiten, kann es<br />
als lernbegleitheft genutzt werden. Professionalität<br />
wird im coach<strong>in</strong>gprozess stetig entwickelt<br />
durch die ausweitung des Blickfeldes über von<br />
e<strong>in</strong>fach strukturierten anlässen für die arbeit mit<br />
Menschen h<strong>in</strong> zu komplexen Beziehungsgefügen<br />
zwischen Paaren, Gruppen oder Organisationen.<br />
Das vorletzte Kapitel 8 „Konflikte <strong>und</strong> Konfliktarbeit”<br />
öffnet den Blick der lesenden für systemische<br />
Beratung. Björn Migge betont die chance,<br />
die mit der Beschäftigung mit Konflikten verbun-<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
BÜcher UnD Mehr<br />
den ist, nämlich Menschen <strong>und</strong> ihr verhalten kennen<br />
zu lernen <strong>und</strong> zu verstehen. er nutzt Bilder <strong>und</strong><br />
deutet Begriffe neu, um das lernen am Konflikt<br />
zu ermöglichen. zum Beispiel beschreibt er das<br />
Beratungshaus <strong>in</strong> der Konfliktarbeit (S. 498), dessen<br />
Dach aus Klärung <strong>und</strong> Kooperation besteht <strong>und</strong> <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>en sechs zimmern wesentliche Fragen nach<br />
dem Konfliktgegenstand, dessen Geschichte<br />
<strong>und</strong> bisherigen Umgang stellt, damit emotionen,<br />
Bezugssysteme <strong>und</strong> ressourcen zur Konfliktbearbeitung<br />
erkennbar werden. er nutzt außerdem<br />
das <strong>in</strong>strument der Portfolio-analyse (S. 499) als<br />
Beratungstool, um lebensbereiche <strong>und</strong> veränderungsbedarfe<br />
von Klient<strong>in</strong>nen zu charakterisieren.<br />
nicht zuletzt begreift Migge Konfliktarbeit als<br />
coach<strong>in</strong>g<strong>in</strong>strument, während er Mediation vornehmlich<br />
den Jurist<strong>in</strong>nen zuordnet. Der reflektion<br />
der eigenen Profession <strong>und</strong> Organisation der<br />
Person als coach ist denn auch das abschlusskapitel<br />
des Praxisleitfadens „Selbstdarstellung <strong>und</strong><br />
Selbstbild als coach” gewidmet.<br />
Björn Migge ist Mediz<strong>in</strong>er <strong>und</strong> verhaltenswissenschaftler.<br />
Se<strong>in</strong>en erfahrungen als Wissenschaftler,<br />
arzt <strong>und</strong> niedergelassener tra<strong>in</strong>er ist denn auch<br />
dieses leicht lesbare Werk zur e<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> das<br />
coach<strong>in</strong>g zu verdanken. Die klare Struktur <strong>und</strong><br />
die vielfalt der Blickw<strong>in</strong>kel macht das dargestellte<br />
Wissen übersichtlich <strong>und</strong> e<strong>in</strong>gängig. Gerade weil<br />
er Mediation auf e<strong>in</strong>e außergerichtliche Streitbeilegung<br />
<strong>und</strong> von Jurist<strong>in</strong>nen geprägte zusatzqualifikation<br />
begrenzt sieht, <strong>und</strong> er das coach<strong>in</strong>g als<br />
umfassenden Beratungsansatz als veränderungsbegleitung<br />
<strong>und</strong> Konfliktberatung zentral begreift,<br />
lädt das Buch dazu e<strong>in</strong>, se<strong>in</strong>e eigenen Positionen<br />
als Mediator<strong>in</strong> zu h<strong>in</strong>terfragen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e<br />
eigene haltung zur vermittlung im Konflikt zu entwickeln.<br />
Das dargestellte Wissen <strong>und</strong> die konkreten<br />
arbeitshilfen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> jeder h<strong>in</strong>sicht bereichernd<br />
für e<strong>in</strong>e professionelle arbeit mit Menschen. Die<br />
Grenzen s<strong>in</strong>d dabei fließend zwischen e<strong>in</strong>em<br />
<strong>in</strong>dividuellen Konfliktmanagement (e<strong>in</strong>er Mediation,<br />
mit hilfe derer neues verhalten an e<strong>in</strong>em<br />
konkreten thema erlernt werden kann) <strong>und</strong> dem<br />
coach<strong>in</strong>g als Beratungsansatz, mit dem neue<br />
Möglichkeiten für bewusstes handeln erarbeitet<br />
werden können. letzteres kann auch <strong>in</strong> der entwicklung<br />
persönlicher Kompetenzen zur Konfliktbearbeitung<br />
<strong>und</strong> Problemlösung münden.<br />
Christ<strong>in</strong>e Kabst<br />
Personalentwicklung, Organisationsentwicklung,<br />
Wirtschafts<strong>mediation</strong><br />
«<br />
Björn Migge<br />
Handbuch Coach<strong>in</strong>g<br />
<strong>und</strong> Beratung<br />
BeltzVerlag, 2005<br />
633 Seiten<br />
ISBN 3407364318<br />
€ 49,90<br />
KONTAKT<br />
Christ<strong>in</strong>a Kabst,<br />
ck@kabstonl<strong>in</strong>e.de<br />
57
58<br />
»<br />
Christoph Hauser<br />
E<strong>in</strong>e ökonomische<br />
Theorie der Mediation<br />
Luzerner Beiträge zur<br />
Betriebs <strong>und</strong> Regionalökonomie,<br />
Band 9<br />
Chur/Zürich<br />
(Verlag Rüegger), 2002<br />
345 Seiten, broschiert<br />
ISBN 3725307296<br />
€ 37,10<br />
KONTAKT<br />
Wilfried Kerntke,<br />
kerntke@bmev.de<br />
BÜcher UnD Mehr<br />
Christoph Hauser:<br />
E<strong>in</strong>e ökonomische Theorie der Mediation<br />
Dieses Buch bietet die spieltheoretische Durchdr<strong>in</strong>gung<br />
des Mediationsgeschehens <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er<br />
Potenziale. Die enge liaison von volkswirtschaftslehre<br />
<strong>und</strong> Spieltheorie – wer hat ron howards<br />
Film „a beautiful M<strong>in</strong>d” gesehen? – zeigt sich<br />
nun als ökonomische theorie der Mediation.<br />
Wir rezensieren se<strong>in</strong> Buch, weil er hier se<strong>in</strong>en Fragen<br />
auf den Gr<strong>und</strong> geht – <strong>und</strong> weil es e<strong>in</strong> Genuß<br />
se<strong>in</strong> kann, Mediation aus ökonomischer Sicht<br />
beschrieben zu sehen.<br />
hauser beschreibt unterschiedliche verhandlungsprobleme<br />
(nicht Konflikt-issues). Sie werden<br />
im Wesentlichen als spieltheoretische varianten<br />
dargestellt. er verknüpft sie mit der herkömmlichen<br />
Denkweise von Mediator<strong>in</strong>nen, <strong>in</strong>dem er<br />
verb<strong>in</strong>dungen zur Konflikteskalations-Dynamik<br />
(nach Glasl) herstellt. letztlich hält hauser dann<br />
noch die auch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em PM-aufsatz vorgestellten<br />
handlungsstrategien für Mediator<strong>in</strong>nen bereit,<br />
<strong>in</strong> Form von drei Mediationsstilen: rechts-basiert,<br />
<strong>in</strong>teressen-basiert <strong>und</strong> verstehens-basiert. Dies<br />
mag nicht immer e<strong>in</strong>leuchten: <strong>in</strong> vielen Mediationen<br />
gelangen die Parteien erst auf dem Weg<br />
durch das verstehen zu e<strong>in</strong>em klaren Blick auch<br />
auf die eigenen <strong>in</strong>teressen.<br />
hausers Darstellungsweise führt zu e<strong>in</strong>zelkapiteln<br />
zu folgenden themen: Das verhandlungsproblem;<br />
Konfliktstrategien als reaktion auf<br />
verhandlungsprobleme; Ökonomische verhandlungsanalysen;<br />
verhandeln neben den anderen<br />
Konfliktstrategien; Mediation als vermitteltes<br />
verhandeln.<br />
christoph hauser ist e<strong>in</strong> Mediator mit dem herkunftsberuf<br />
des volkswirtschaftlers. Bei der lektüre<br />
se<strong>in</strong>es Buches wird ganz nebenbei klar, wie uns<strong>in</strong>nig<br />
die alte Gegenüberstellung der psychosozialen<br />
<strong>und</strong> der juristischen quellberufe von Mediator<strong>in</strong>nen<br />
ist. volkswirtschaft ist offenbar auch e<strong>in</strong><br />
ganz eigener zugang, mit spezifischer Blickrichtung<br />
<strong>und</strong> mit eigenen Gedankenkonstruktionen<br />
für das Mediationsgeschehen. alle<strong>in</strong> schon um<br />
dieser erkenntnis willen lohnt sich die lektüre.<br />
Für mich schließt hausers Buch e<strong>in</strong>e lücke –<br />
nicht <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er arbeit <strong>in</strong> der Mediation, sondern<br />
im reigen der möglichen Darstellungen über<br />
das thema „Was ist Mediation <strong>und</strong> welchen nutzen<br />
kann sie br<strong>in</strong>gen?”. Für die vorbereitung e<strong>in</strong>er<br />
vorstandspräsentation bei e<strong>in</strong>er stark ökonomisch<br />
orientierten Organisation, bei der Messbares <strong>und</strong><br />
zählbares besondere Bedeutung hat, ist „e<strong>in</strong>e<br />
ökonomische theorie der Mediation” überaus<br />
wertvoll. anderen leser<strong>in</strong>nen wiederum werden<br />
andere zusammenhänge für die nutzung dieses<br />
Buches wichtig se<strong>in</strong>.<br />
Dr. Wilfried Kerntke<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
BÜcher UnD Mehr<br />
Dr. Detlev Bern<strong>in</strong>g: Konflikte<br />
kosten Unternehmen Geld – aber wie viel?<br />
E<strong>in</strong> Berechnungsmodell mit zwei Beispielen<br />
lassen sich die Kosten von Konflikten <strong>in</strong> zahlen<br />
ausdrücken? „Das persönliche leid, die Ängste<br />
<strong>und</strong> die häuslichen ause<strong>in</strong>andersetzungen werden<br />
bei dieser Darstellung nicht <strong>in</strong> euro bewertet.”<br />
Detlev Bern<strong>in</strong>g unternimmt dagegen den versuch,<br />
von zwei Unternehmen (rechtsanwaltskanzlei <strong>und</strong><br />
mittelständisches it-Unternehmen) die ergebniswerte<br />
im Jahresvergleich gegenüberzustellen <strong>und</strong><br />
die veränderungen bei Umsatz <strong>und</strong> Kosten zu<br />
dokumentieren. Dabei überprüft er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Funktion<br />
als Wirtschaftsprüfer <strong>und</strong> Steuerberater verschiedene<br />
Änderungsfaktoren, um quasi im ausschlussverfahren,<br />
den Konfliktanteil zu belegen.<br />
Dabei wird deutlich, dass es sich i. d. r. vor allem<br />
um „erwirtschaftete e<strong>in</strong>bußen” <strong>und</strong> weniger um<br />
reale Kosten handelt.<br />
Direkte Konfliktbearbeitungskosten z. B. durch<br />
Mediation hat es <strong>in</strong> beiden Fällen nicht gegeben.<br />
Und diese <strong>in</strong>vestition wäre vermutlich gut<br />
angelegt gewesen, denn sowohl die Kanzlei<br />
als auch das it-Unternehmen haben <strong>in</strong> Folge<br />
des Konfliktes e<strong>in</strong>en wirtschaftlichen abwärtstrend<br />
erfahren müssen, der <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fall zur<br />
aufteilung des Unternehmens <strong>und</strong> im anderen<br />
Fall zur Übernahme durch e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>vestor mit<br />
gleichzeitigem austausch des Managements<br />
geführt hat. Detlev Bern<strong>in</strong>g resümiert deswegen:<br />
„Führungskräfte, die Konflikte unbearbeitet lassen<br />
oder gar behaupten, es gäbe solche nicht,<br />
schädigen ihr Unternehmen grob fahrlässig”.<br />
Unbearbeitete Konflikte kosten Unternehmen<br />
Geld – <strong>und</strong> Detlev Bern<strong>in</strong>g ist es gelungen, an<br />
zwei Beispielen dies anschaulich vorzurechnen.<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er anwaltskanzlei mit vier Partnern werden<br />
auch für den <strong>in</strong>teressierten laien die Konfliktkosten<br />
besonders plastisch <strong>und</strong> nachvollziehbar<br />
dargestellt. <strong>in</strong>nerhalb von 2 Jahren wird die gut<br />
e<strong>in</strong>geführte Kanzlei durch ungelöste Konflikte<br />
<strong>und</strong> Mitarbeiterfreisetzung so „herunter gewirtschaftet”,<br />
dass letztendlich nur die auflösung<br />
bleibt. Bern<strong>in</strong>g h<strong>in</strong>terlegt dieses mit e<strong>in</strong>drücklichem<br />
zahlenmaterial, da er als Wirtschaftsprüfer<br />
e<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die Bilanzen hat.<br />
Ähnlich erg<strong>in</strong>g es dem it-Unternehmen. Wenngleich<br />
die konfliktbed<strong>in</strong>gte ergebnism<strong>in</strong>derung<br />
hier noch e<strong>in</strong>drücklicher ausfällt, ist dieses Beispiel<br />
für betriebswirtschaftlich nicht bewanderte<br />
leser/<strong>in</strong>nen schwieriger zu durchdr<strong>in</strong>gen, da<br />
noch mehr aspekte an Umsatze<strong>in</strong>bußen <strong>und</strong><br />
Kostensteigerungen beteiligt s<strong>in</strong>d. auch schwelen<br />
die Konflikte <strong>in</strong> der leitungsebene hier schon<br />
länger, so dass die <strong>in</strong>direkten Konfliktkosten zwar<br />
im Jahresvergleich, aber nicht im tatsächlichen<br />
Umfang beziffert werden können, da die „konfliktfreie”<br />
zahlengr<strong>und</strong>lage fehlt.<br />
Mit diesem aufsatz füllt der autor e<strong>in</strong>e lücke <strong>in</strong><br />
der Mediationsliteratur <strong>und</strong> gibt all denen argumente<br />
an die hand, deren K<strong>und</strong>en nach „hard<br />
facts” verlangen. Ungeachtet allen zahlenmaterials<br />
wird auch an diesen Praxisbeispielen deutlich:<br />
Ungelöste Konflikte kosten vor allem die<br />
Motivation der Mitarbeiter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Führungskräfte<br />
<strong>und</strong> führen zu e<strong>in</strong>em dramatischen vertrauensverlust<br />
bei den K<strong>und</strong><strong>in</strong>nen. Werden die<br />
betriebswirtschaftlich messbaren Faktoren nicht<br />
rechtzeitig erfasst <strong>und</strong> richtig <strong>in</strong>terpretiert, entsteht<br />
daraus schnell e<strong>in</strong>e Schieflage, die für das<br />
Unternehmen existenzbedrohlich werden kann.<br />
Christian Bähner,<br />
Mitglied der Fachgruppe MiO/<br />
Wirtschafts<strong>mediation</strong> im BM<br />
Dieser Aufsatz ist als pdfDatei auf der BM Website(http://www.bmev.de/www/documents/sonderdruck_konfliktkosten.pdf)<br />
verfügbar oder bei<br />
der Redaktion anzufordern.<br />
«<br />
KONTAKT<br />
Christian Bähner,<br />
christian.baehner@<br />
zweisicht.de<br />
59
60<br />
»<br />
Tilman Metzger,<br />
Jurist, Mediator <strong>und</strong> Ausbilder<br />
für Mediation BM,<br />
Systemischer Supervisor <strong>und</strong><br />
Organisationsberater,<br />
Koord<strong>in</strong>ator des Orgateams<br />
(Nov 04 April 06);<br />
AG Repro<br />
Peer Kaed<strong>in</strong>g,<br />
stellv. Leiter der Beratungsstelle<br />
Gewaltprävention<br />
des Landes<strong>in</strong>stituts für<br />
Lehrerbildung <strong>und</strong> Schulentwicklung<br />
(Li) <strong>in</strong> Hamburg.<br />
Verantwortlich für die<br />
Umsetzung von Streitschlichtung<br />
an<br />
Hamburger Schulen.<br />
Im Orgateam Mitarbeit<br />
<strong>in</strong> den AGs InternetWorkgroup,<br />
Programmheft <strong>und</strong><br />
KongressDokumentation<br />
<strong>in</strong>FOrMatiOnen UnD h<strong>in</strong>WeiSe<br />
Manchmal sieht man den Wald<br />
vor lauter Bäumen nicht ...<br />
Bei der letzten Ausgabe „Spektrum der<br />
Mediation” 22/ 2006 haben sich leider<br />
e<strong>in</strong>e Reihe von Fehlern bzw. Missverständnissen<br />
e<strong>in</strong>geschlichen, die wir auf dieser<br />
Seite korrigieren.<br />
Wir bitten noch e<strong>in</strong>mal ausdrücklich bei<br />
allen Beteiligten um Entschuldigung<br />
<strong>und</strong> Nachsicht.<br />
Die Redaktion<br />
Zum Organisationsteam des Kongresses<br />
zwei tragende Säulen des Organisationsteams<br />
s<strong>in</strong>d uns <strong>in</strong> der letzten Spektrumausgabe durch<br />
die lappen gegangen.<br />
im eifer der vorbereitungen haben wir text <strong>und</strong><br />
Foto von ihnen nicht mit abgebildet. Der e<strong>in</strong>e<br />
oder die andere leser/<strong>in</strong> mag sie schon vermisst<br />
haben, da sowohl tilman Metzger als auch Peer<br />
Kaed<strong>in</strong>g zu den rührigen akteuren der norddeutschen<br />
Mediationsszene gehören.<br />
Folgende angaben zu den Mitgliedern des<br />
Orgateams (S. 56/57) s<strong>in</strong>d nicht korrekt:<br />
›<br />
›<br />
Alexia Glaveris ist weder Mitglied im<br />
BM noch hat sie e<strong>in</strong>e anerkennung<br />
als Mediator<strong>in</strong> oder ausbilder<strong>in</strong><br />
Margit Lehmkuhl ist Mitglied im BM,<br />
hat aber ke<strong>in</strong>e anerkennung als<br />
Mediator<strong>in</strong>.<br />
Falsche Autorenangabe<br />
Folgende Fotos haben irrtümlich e<strong>in</strong>e falsche<br />
autorenangabe. Sie s<strong>in</strong>d alle von Carsten Büll,<br />
e<strong>in</strong>em professionellen Fotografen aus heidelberg.<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
Impressum<br />
Spektrum der Mediation, 23. Ausgabe/III. Quartal 2006<br />
Herausgeber: B<strong>und</strong>esverband Mediation e.v.,<br />
Fachverband zur Förderung der verständigung <strong>in</strong><br />
Konflikten<br />
Redaktion: erw<strong>in</strong> ruhnau<br />
Satz/Layout: Grafikatelier Köhler,<br />
Berkatal, www.die-visiomaten.de<br />
ViSdP: Dr. Wilfried Kerntke<br />
Redaktionsadresse:<br />
BM-Geschäftsstelle Kassel, Kirchweg 80,<br />
34119 Kassel, fon 0561 739641 3, fax 0561 739641 2,<br />
<strong>in</strong>fo@bmev.de, www.bmev.de<br />
Druck: Grafische Werkstatt von 1980 Gmbh,<br />
Yorkstr. 48, 34123 Kassell<br />
Auflage: 2.000 exemplare<br />
Für anzeigenschaltungen fordern Sie bitte unsere<br />
anzeigenpreisliste per e-Mail bei redaktion@bmv.de<br />
oder über www.bmev.de an.<br />
Ersche<strong>in</strong>ungsweise: viermal jährlich<br />
Der Bezug der Fachzeitschrift ist im Mitgliedsbeitrag<br />
(auch bei Fördermitgliedschaft) des BM e<strong>in</strong>geschlossen.<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
<strong>in</strong>FOrMatiOnen UnD h<strong>in</strong>WeiSe<br />
Nachtrag:<br />
Mediatives Arbeiten <strong>in</strong> K<strong>in</strong>dertagesstätte<br />
E<strong>in</strong> Workshop für MediatorInnen<br />
Mediatives Arbeiten mit den K<strong>in</strong>dern<br />
e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dertagesstätte<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
Kann K<strong>in</strong>dern glaubhaft vermittelt werden:<br />
„Streitet euch nicht!”?<br />
Kann K<strong>in</strong>dern vermittelt werden,<br />
fair zu streiten?<br />
Welche <strong>in</strong>halte könnten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Projekt<br />
„Fair streiten” mit K<strong>in</strong>dern bearbeitet<br />
werden?<br />
Welche Struktur braucht die arbeit<br />
mit den K<strong>in</strong>dern?<br />
Mediatives Arbeiten mit den Eltern<br />
e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dertagesstätte<br />
›<br />
›<br />
Welche <strong>in</strong>halte könnten eltern vermittelt werden,<br />
die sie <strong>in</strong> ihrem konkreten Familienalltag mit<br />
ihrem K<strong>in</strong>d/ihren K<strong>in</strong>dern anwenden können?<br />
Mit welchen Strukturen könnten eltern <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />
Projekt „Fair streiten” e<strong>in</strong>bezogen werden?<br />
Mediatives Arbeiten mit den ErzieherInnen<br />
e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dertagesstätte<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
›<br />
Was sollten erzieher<strong>in</strong>nen beachten, wenn<br />
sie e<strong>in</strong> Projekt „Fair streiten” <strong>in</strong> ihrer K<strong>in</strong>dertagesstätte<br />
durchführen möchten?<br />
Welche <strong>in</strong>haltlichen aspekte sollten erzieher<strong>in</strong>nen<br />
im vorfeld erarbeiten?<br />
Welche Beispiele für den strukturellen aufbau<br />
e<strong>in</strong>es Projektes „Fair streiten” s<strong>in</strong>d denkbar?<br />
Welche Fähigkeiten <strong>und</strong> welche haltung der<br />
erzieher<strong>in</strong>nen wären dafür förderlich?<br />
Was sollte beachtet werden, wenn e<strong>in</strong> Projekt<br />
„Fair streiten” beendet ist?<br />
Ges<strong>in</strong>e Otto<br />
«<br />
Die <strong>in</strong> den artikeln vertretenen ansichten s<strong>in</strong>d nicht b<strong>in</strong>dende<br />
ansichten der redaktion.<br />
Spektrum der Mediation br<strong>in</strong>gt Beiträge aus allen Spielarten von<br />
Mediation – gerne auch von autor<strong>in</strong>nen, die nicht BM-Mitglied s<strong>in</strong>d.<br />
Wir freuen uns über artikel, Berichte, Meldungen, kurze neuigkeiten,<br />
ergänzungen <strong>und</strong> vorschläge. Bitte auch an Fotos, zeichnungen,<br />
Grafiken, anschauliches denken!<br />
Die ausgabe 24/2006 behandelt das thema „Mediation im <strong>in</strong>terkulturellen<br />
Kontext” <strong>und</strong> wird überwiegend von der Fachgruppe<br />
gleichen namens bearbeitet.<br />
auch Beiträge anderer autor<strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d willkommen. Wir bitten um<br />
Beachtung der autor<strong>in</strong>nenh<strong>in</strong>weise. Diese können von der website<br />
herunter geladen werden (www.bmev.de).<br />
Bitte nehmen Sie vor dem Schreiben Kontakt mit der redaktion auf.<br />
auch dort können Sie die „h<strong>in</strong>weise für autor<strong>in</strong>nen” anfordern.<br />
Redaktionsschluss: 15.10.06<br />
Ges<strong>in</strong>e Otto,<br />
DiplomSozialpädagog<strong>in</strong><br />
KONTAKT<br />
Ges<strong>in</strong>e Otto,<br />
sozialagentur@<br />
kommstruktiv.de<br />
Bildquellen:<br />
www.pixelquelle.de: S. 8<br />
www.photocase.de: S. 4, 6, 20, 26, 27, 29, 30, 31, 32, 34, 39, 40, 41, 44, 47, 50, 59<br />
www.aboutpixel.de: S. 12, 14, 15, 17, 18<br />
61
62<br />
»<br />
Ihre Anzeige?<br />
In eigener Sache – Werbung im „Spektrum der Mediation”<br />
Liebe LeserInnen des „Spektrum der Mediation”!<br />
es ist ihnen sicherlich aufgefallen, dass sich das äußere ersche<strong>in</strong>ungsbild verändert hat.<br />
neben ästhetischen Gründen haben auch f<strong>in</strong>anzielle Überlegungen Pate gestanden, nämlich bei dem Bestreben,<br />
prom<strong>in</strong>ente Werbeflächen u. a. für verlage anbieten zu können.<br />
Das Stichwort Werbung hat ab 2006 e<strong>in</strong>e besondere Bedeutung. nachdem die entscheidung für 4 ausgaben<br />
pro Jahr gefallen ist, haben wir e<strong>in</strong>erseits die voraussetzung für den kostengünstigen versand als Postvertriebsstück<br />
geschaffen <strong>und</strong> andererseits die Möglichkeit für flexible Werbeflächen im gesamten heft. <strong>in</strong> der bisherigen<br />
versandart hatten wir lediglich die Umschlagseiten zur verfügung.<br />
Damit ist auch der „Markt” für die LeserInnen <strong>und</strong> AbonnentInnen geöffnet, Produkte <strong>und</strong><br />
Dienstleistungen an die K<strong>und</strong>schaft zu br<strong>in</strong>gen!<br />
Die Mediadaten stellen wir gerne auf anfrage zur verfügung.<br />
Sie s<strong>in</strong>d auch auf der website des BM (www.bmev.de) e<strong>in</strong>zusehen.<br />
Die Redaktion<br />
redaktion@bmev.de<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
Datum Was Kontaktperson Wo<br />
28.9.– 01.10.06 BMKongress 2006 am Tor zur Welt<br />
BM-Mediationskongress <strong>und</strong> Mv 2006<br />
05.10.06<br />
17:00 - 18:00 Uhr<br />
18:00 - 20:00 Uhr<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
AK Mediation <strong>in</strong> Erziehung <strong>und</strong> Bildung, München<br />
RG des BM <strong>in</strong> München<br />
07.10.06 RG Dreyeckland/Südbaden<br />
thema: „Umgang mit der vielfalt: <strong>in</strong>terkulturelle Mediation”<br />
(consolata Peyron, be.co.me)<br />
11.10.06<br />
19:00 - 21:30 Uhr<br />
«<br />
Dr. Detlev Bern<strong>in</strong>g et al. Hamburg<br />
erhard neumann<br />
(t 08131-351368), r. Süß,<br />
S. nothhafft, e. neumann<br />
christian Bähner,<br />
Konstanze hübner<br />
RG Nordhessen Silke Fichtler,<br />
nikolaus Weitzel<br />
15.10.06 Redaktionsschluss „Spektrum der Mediation”<br />
ausgabe 24: Mediation im <strong>in</strong>terkulturellen Kontext<br />
21.10.06<br />
11:00 - 18:00 Uhr<br />
erw<strong>in</strong> ruhnau<br />
redaktion@bmev.de<br />
RG Bonn: 5. Bonner Mediationstag Jörg Schmidt Bonn<br />
München<br />
Freiburg<br />
27.10.06 RG Bielefeld: 1. Bielefelder Mediationstag Dieter Simon Bielefeld<br />
28.10.06 Deutsches Forum für Mediation<br />
(<strong>in</strong>teressenverband verschiedener deutscher Mediations-<br />
Organisationen, trifft sich zweimal jährlich)<br />
Kassel<br />
Wilfried Kerntke Berl<strong>in</strong><br />
06.11.06 Konferenz der RegionalgruppenleiterInnen (KRLK) thomas robrecht (vorstand) Ort steht noch nicht fest<br />
evtl. Kassel<br />
07.11.06<br />
19:00 - 21:30 Uhr<br />
07.11.06<br />
20:00 - 21:30 Uhr<br />
08.11.06<br />
10:00 - 17:00 Uhr<br />
RG DüsseldorfLangenfeld Boris Pohlen Düsseldorf<br />
Bonner Mediationsgespräch<br />
thema: „Mediation <strong>in</strong> trennung & Scheidung”<br />
referent<strong>in</strong>nen: hannelore Stahmann, Beatrix Kaschel,<br />
angela le<strong>in</strong>en & hendrikje vennmann-Schmidt<br />
Anerkennungskommission, Herbstkonferenz anja Kenzler,<br />
Kersti Schittko<br />
13.11.06 Konferenz der BMGruppenleiterInnen (GLK) thomas robrecht<br />
(vorstand)<br />
15.11.06 Anzeigenschluss Spektrum der Mediation<br />
ausgabe 24: „Mediation im <strong>in</strong>terkulturellen Kontext”<br />
16.11.06<br />
19:00 - 21:00 Uhr<br />
22.11.06<br />
19:00 - 21:30 Uhr<br />
22.11.06<br />
17:30 - 21:00 Uhr<br />
RG Aachen<br />
4. treffen 2006, evtl. neuer Ort, wird im 1. treffen entschieden<br />
Jörg Schmidt Bonn<br />
Kassel<br />
Geschäftsstelle des BM<br />
Ort steht noch nicht fest<br />
evtl. Kassel<br />
erw<strong>in</strong> ruhnau erw<strong>in</strong>.ruhnau@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />
<strong>in</strong>geborg töpfer<br />
Kath. hochschulgeme<strong>in</strong>de,<br />
Ponstr. 74-76<br />
RG Nordhessen Silke Fichtler,<br />
nikolaus Weitzel<br />
RG Rhe<strong>in</strong>Ma<strong>in</strong>Neckar, 21. Treffen<br />
thema: „Systemische Organisations- <strong>und</strong> Strukturaufstellungen”<br />
referent: rolf lutterbeck, Bad homburg<br />
hans-Jürgen<br />
<strong>und</strong> Svea rojahn<br />
Aachen<br />
Kassel<br />
Frankfurt/Ma<strong>in</strong><br />
Sportschule des lSB<br />
hessen<br />
27./28.11.06 Vorstandsklausur des BM vorstand Frankfurt/Ma<strong>in</strong><br />
Sportschule des lSB<br />
hessen<br />
30.11.06<br />
17-18 Uhr<br />
18-20 Uhr<br />
05.12.06<br />
19:30 - 22:00 Uhr<br />
AK Mediation <strong>in</strong> Erziehung <strong>und</strong> Bildung, München<br />
RG München<br />
RG Bonn<br />
treffen der regionalgruppe<br />
09.12.06 RG Dreyeckland/Südbaden<br />
thema: „Familien<strong>mediation</strong> - trennung ohne verlierer”<br />
(andreas honraht, ProFamilia Freiburg)<br />
13.12.06<br />
19:00 - 21:30 Uhr<br />
<strong>in</strong>FOrMatiOnen UnD h<strong>in</strong>WeiSe: terM<strong>in</strong>KalenDer<br />
erhard neumann<br />
(t 08131-351368), r. Süß,<br />
S. nothhafft, e. neumann<br />
München<br />
Jörg Schmidt Bonn<br />
christian Bähner,<br />
Konstanze hübner<br />
RG Nordhessen Silke Fichtler,<br />
nikolaus Weitzel<br />
18./19.12.06 FG Geme<strong>in</strong>wesen<strong>mediation</strong> (GWM) nadja Gilbert, Dirk Spl<strong>in</strong>ter,<br />
Olaf Schulz<br />
02./03.02.07 BMWerkstatt Wilfried Kerntke (vorstand)<br />
evtl. irmela Gantzer<br />
Freiburg<br />
Kassel<br />
Potsdam<br />
oder Berl<strong>in</strong><br />
Leipzig<br />
oder Brandenburg<br />
63
»<br />
64 <strong>in</strong>FOrMatiOnen UnD h<strong>in</strong>WeiSe: aDreSSverzeichniS<br />
INFORMATION<br />
GESCHÄFTSSTELLE<br />
Inge ThomasWorm, leitung, thomas-worm@bmev.de<br />
Ruth Schmidt, Buchhaltung, schmidt@bmev.de<br />
Kirchweg 80, 34119 Kassel, t: 0561 739 64 13, F: 0561 739 64 12, <strong>in</strong>fo@bmev.de, www.bmev.de<br />
VORSTAND<br />
Dr. Wilfried Kerntke, 1. Vorsitzender, t: 069 8677 7923, F: 069 8671 0333, kerntke@bmev.de<br />
Inka Heisig, 2. Vorsitzende, t: 0511 2717 597 / 0172 5144 436, F: 0511 9792 013, heisig@bmev.de<br />
Jutta Hohmann, t: 030 68 05 41 02, F: 030 76 00 83 80, hohmann@bmev.de<br />
Thomas Robrecht, t: 07165 92 92 62 / 016 33 880 880, F: 07165 929 0120, robrecht@bmev.de<br />
SCHATZMEISTER<br />
Dr. Detlev Bern<strong>in</strong>g, t: 0511 3886 937, F: 0511 3156 15, bern<strong>in</strong>g@bmev.de<br />
BEREICHE<br />
BÜRO FÜR DIE ANERKENNUNG<br />
c/o RAKanzlei Evelies BrökerMesserschmidt, Bergmannstr. 102, 10961 Berl<strong>in</strong>, F: 030 6980 9079, anerkennung@bmev.de<br />
WEBMASTER WWW.BMEV.DE<br />
Christian Bähner, t: 0761 20222 00, F: 0761 20241 21, webmaster@bmev.de<br />
REDAKTION BMNACHRICHTEN (INTERNET)<br />
Christ<strong>in</strong>e Kabst, t: 02921 3467 81, F: 02921 346 780, kabst@bmev.de<br />
REDAKTION SPEKTRUM DER MEDIATION<br />
Erw<strong>in</strong> Ruhnau, t: 05657 8391 / 0160 8818076, F: 05657 9134 60, redaktion@bmev.de<br />
ARBEITS, FACH, PROJEKTGRUPPEN<br />
AG ANERKENNUNGSKOMMISSION<br />
Anja Kenzler, t: 0421 55788 99, kenzler@bmev.de<br />
Isabel Kresse, Beratung für das anerkennungsverfahren, t: 030 859 94 788 / 0173 6177141, kresse@bmev.de<br />
AG BÖRSE FÜR FREIWILLIGES ENGAGEMENT<br />
Eva Lubas, t: 0351 4035 0091 / 0173 3553752, lubas@bmev.de<br />
AG GEWALTFREIE KOMMUNIKATION (GFK)<br />
Kathar<strong>in</strong>a Sander, t: 05764 1206, F: 05764 25 78, <strong>mediation</strong>@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />
AG MEDIATION UND RECHT<br />
Florian Gommel, t: 030 6128 8592, gommel@buero-fuer-konfliktloesung.de<br />
AG STANDARDSREFLEXION<br />
Peter Knapp, t: 0331 7409506, p.knapp@kom-berl<strong>in</strong>.de<br />
Isabel Kresse, t: 030 859 94 788 / 0173 6177141, kresse@bmev.de<br />
Gudrun Tschechne, t: 0511 2717597, gudrun.tschechne@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />
FG GEMEINWESENMEDIATION (GWM)<br />
Nadja Gilbert, t: 030 447 33 416, naduscha2003@hotmail.com<br />
Olaf Schulz, t: 0331 5811445, olafschulz@gmx.li<br />
Dirk Spl<strong>in</strong>ter, t: 030 454904 00, spl<strong>in</strong>ter@<strong>in</strong>medio.de<br />
FG MEDIATION IM INTERKULTURELLEN KONTEXT (MIK)<br />
Kerst<strong>in</strong> Kittler, t: 030 44190 14, <strong>in</strong>stitut@Berl<strong>in</strong>Mediation.com<br />
Lisa Waas, t: 089 72998158, lisa.waas@akademie-perspektivenwechsel.de<br />
FG MEDIATION IN ERZIEHUNG & BILDUNG (MEB)<br />
Gabriele SchusterMehlich, leitung, t: 02234 81110, schu-me@web.de<br />
Helmolt Rademacher, t: 069 389 89 230, h.rademacher@afl.hessen.de<br />
Ingrid Rauner, t: 04746-950042, i.rauner@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />
HeideMarie ReuterBielig, t: 0251 7039899, heidereuter@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />
Kathleen Schmiegel, t: 02235 85809, kathleen.schmiegel@debitel.net<br />
FG MEDIATION IN ORGANISATIONEN – WIRTSCHAFTSMEDIATION<br />
Peter Knapp, t: 0331 7409506, p.knapp@kom-berl<strong>in</strong>.de<br />
Sibylle Kögel, t: 06131 70 46 77, koegel.s@zdf.de<br />
FG MEDIATION UND KIRCHE (MUK)<br />
Dr. Gunter Volz, t: 069 33 39 19, gunter.volz@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />
FG PLANEN UND BAUEN<br />
Ilse Erzigkeit, t: 06154 576 613, erzigkeit@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />
Roland Schüler, t: 0221 95219 45, FBKKOeln@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />
Bärbel Weichhaus, t: 0511 27150 82, <strong>in</strong>fo@<strong>mediation</strong>-am-bau.de<br />
PG FAMILIE UND PARTNERSCHAFT<br />
Sylvia Offermann, t: 02102 16 46 07, kontakt@<strong>mediation</strong>-beratung-so.de<br />
Maria Friedland, t: 02821 41 88, Maria.Friedland@gmx.de<br />
PG ONLINE MEDIATION<br />
Urban Heisig, t: 0511 16156 18, urban.heisig@sopra-<strong>mediation</strong>.de<br />
PG POLITIK UND INTERNATIONALES<br />
Ljubjana Wüstehube, t: 030 454904 00, wuestehube@<strong>in</strong>medio.de<br />
PG SPORTMEDIATION<br />
Astrid Pulter, t: 06181 969785, astrid.Pulter@solways.de<br />
Spektrum der Mediation 23/2006
REGIONALGRUPPEN<br />
RG DRESDEN<br />
Eva Lubas, t: 0351 4035 0091, 0173 3553752, lubas@bmev.de<br />
RG BRANDENBURG<br />
Gabriele Nguyen, t: 035602 51956, Gabriele.nguyen@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />
Spektrum der Mediation 23/2006<br />
<strong>in</strong>FOrMatiOnen UnD h<strong>in</strong>WeiSe: aDreSSverzeichniS<br />
RG CHEMNITZ/SÜDSACHSEN<br />
Thomas Stelz, t: 03771 3407779, M: 0172 5460787, <strong>in</strong>fo@<strong>mediation</strong>-rhetorik.de<br />
RG BERLIN<br />
Dr. Gisela Breuer, t: 030 3210 3990, <strong>in</strong>fo@gisela-breuer-berl<strong>in</strong>.de<br />
RG MECKLENBURGVORPOMMERN (NEUSTRELITZ)<br />
Jens Martens, t: 03981 2064 54, tesa-projekt@gmx.de<br />
RG ROSTOCK<br />
Roland Straube, t: 0381 203899 04, <strong>in</strong>fo@straube-mb.de<br />
RG HAMBURGLÜNEBURG<br />
Astrid Wichmann, t: 04131 79 99 78, <strong>mediation</strong>@BS-lG.de<br />
RG WESER EMS<br />
Helmut Dannemann, t: 04487 92 07 23, h.dannemann@denkbar-ol.de<br />
RG BREMEN<br />
Anja Kenzler, t: 0421 55788 99, anjakenzler@a-k-demie.de<br />
RG AK MEDIATION HANNOVER E.V.<br />
Lothar Kammer, t: 0511 261 0376, M: 0171 428 39 04, <strong>in</strong>fo@<strong>mediation</strong>-kammer.de<br />
RG BIELEFELD<br />
Vera Konnerth, t: 0175 711 2580, <strong>in</strong>fo@<strong>mediation</strong>-vk.de<br />
Dieter Simon, t: 0178 3488719, post@buero-fuer-<strong>mediation</strong>.com<br />
RG NORDHESSEN<br />
Silke Fichtler, t: 0561 579 0238, wisconks@aol.com<br />
Nikolaus Weitzel, t: 0561 316 9279, weitzel@<strong>mediation</strong>-mitte.de<br />
RG BRAUNSCHWEIG<br />
Barbara Knuth, t: 0531 3410 20, <strong>in</strong>fo@knuth-team.de<br />
RG SACHSENANHALT<br />
Olaf Friedersdorf, t: 0391 721 7470, DFv.magdeburg@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />
RG DÜSSELDORF METTMANN WUPPERTAL<br />
Frigga Maßholder, t: 0202 2547803, frigga.massholder@t-onl<strong>in</strong>e.de,<br />
Boris Pohlen, t: 02173 99 5492, <strong>in</strong>fo@borispohlen.de<br />
RG AACHEN<br />
Hendrik Middelhof, t: 0241 520845, hmiddelhof@onl<strong>in</strong>e.de<br />
Ingeborg Töpfer, t: 0241 515 3431, itoepfer@g<strong>in</strong>ko.de<br />
RG BONN<br />
Beate Roggenbuck, t: 0228 365 105, Kontakt@Beate-roggenbuck.de<br />
Jörg Schmidt, t: 0228 9652 989 / 0177 4364929, JoergSchmidt@teamkonflikte.de<br />
RG TRIER<br />
He<strong>in</strong>zJosef Möhn, t: 0651 14 57 69 42, <strong>in</strong>fo@radius-gbr.de<br />
RG MAINZ<br />
Ges<strong>in</strong>e Otto, t: 06131 2320 15, sozialagentur@kommstruktiv.de<br />
RG RHEIN MAIN NECKAR<br />
Svea & HansJürgen Rojahn, t: 06190 9302 00, <strong>in</strong>fo@<strong>in</strong>balance-<strong>mediation</strong>.de<br />
RG STUTTGART TÜBINGEN<br />
Paul Russmann, t: 0711 6083 96, orl-russmann@gaia.de<br />
RG KARLSRUHE<br />
Markus Alf, t: 0721 49 03 887, markus.alf@kamuk.de<br />
RG SÜDBADEN DREYECKLAND<br />
Christian Bähner, t: 0761 20222 00, christian.baehner@zweisicht.de<br />
Konstanze Hübner, t: 0761 2924544, team<strong>mediation</strong>freiburg@web.de<br />
RG OSTBAYERN<br />
Prof. Dr. Benedikta Gräf<strong>in</strong> von DeymSoden, t: 08726 9101 03, <strong>in</strong>fo@deym-soden.de<br />
Kar<strong>in</strong> Stanggass<strong>in</strong>ger, t: 08084 258 9766, stanggass<strong>in</strong>ger@desosta.de<br />
RG INGOLSTADT<br />
Fred Over, t: 0174 764 15 83, fred.over@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />
RG MÜNCHEN<br />
Erhard Neumann, t: 08131 3513 68, erne.5000@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />
Dr. Susanne Nothhafft, t: 089 1591 9704, susanne@nothhafft.de<br />
Roland Süß, t: 089 8863 32, roland@suessdesign.de<br />
RG MEDIATIONSFORUM FRANKEN<br />
Susanne Ehrenspeck, t: 09545 509 245, www.<strong>mediation</strong>sforum-franken.de<br />
RG WÜRZBURG UNTERFRANKEN<br />
Hartmut Schäffer, t: 09364 8159 44, hschaeffer@neueoptionen.de<br />
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Spektrum der Mediation<br />
Preise<br />
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(e<strong>in</strong>zeln) 12,00 ¤ zzgl. Versandspesen 1,50 ¤<br />
Jahresabo mit 4 Ausgaben 40,00 ¤ zzgl. Versandspesen 6,00 ¤<br />
Ältere Ausgaben (bis Ende 2005) 3,00 ¤ zzgl. Versandspesen 1,50 ¤<br />
Paketpreis: 4 Hefte für 10,00 € plus Versand<br />
heft 16 Mediation <strong>in</strong> Organisationen<br />
heft 17 täter-Opfer-ausgleich<br />
heft 18 haltung <strong>in</strong> der Mediation<br />
heft 19 Geme<strong>in</strong>wesen<strong>mediation</strong><br />
B<strong>und</strong>esverband Mediation e. V., Geschäftsstelle Kassel, Kirchweg 80,<br />
34119 Kassel, fon 0561 73964 13, fax 0561 73964 12<br />
Versand <strong>in</strong>s europäische Ausland nur gegen Vorkasse<br />
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Jahresabonnement mit vier ausgaben (e<strong>in</strong>schl. 7% USt. <strong>und</strong> zzgl. versand) 40,00 ¤<br />
aktuelle ausgabe/n nr. 22/2006 12,00 ¤<br />
Paket mit vier ausgaben (nr. 16-19) 10,00 ¤<br />
Ältere ausgabe/n bis 2005 3,00 ¤<br />
Spektrum der Mediation ersche<strong>in</strong>t vierteljährlich am Ende e<strong>in</strong>es Quartals. Das JahresAbonnement verlängert sich automatisch um e<strong>in</strong> weiteres Jahr,<br />
wenn nicht 6 Wochen vor Jahresende (Zeitraum freibleibend) e<strong>in</strong>e schriftliche Kündigung erfolgt.<br />
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Gratis! Der Bezug der Fachzeitschrift ist für Mitglieder im Mitgliedsbeitrag (auch bei Fördermitgliedschaft)<br />
enthalten. Bei Buchung e<strong>in</strong>es Jahresabonnements bis zum 30.04.2006 gibt es die Dokumentation<br />
des BM Kongresses 2004 <strong>in</strong> Frankfurt/Oder als Geschenk.<br />
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E<strong>in</strong>zugsermächtigung: hiermit ermächtige ich den B<strong>und</strong>esverband Mediation e. v. widerruflich, die fälligen<br />
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<strong>in</strong> Deutschland mit über 1000 Mitgliedern!<br />
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Öffentlichkeitsarbeit<br />
politische E<strong>in</strong>flussnahme<br />
Vernetzung von MediatorInnen<br />
breiten Informationsaustausch zu Mediationsthemen<br />
Kongresse <strong>und</strong> Fachtagungen<br />
die vierteljährlich ersche<strong>in</strong>ende Fachzeitschrift<br />
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