Berichte aus Forschung und Service - ifo Institut
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Sozialpolitik <strong>und</strong> Arbeitsmärkte<br />
<strong>ifo</strong> <strong>Institut</strong> empfiehlt<br />
Heraufsetzung des<br />
Rentenalters auf 67 Jahre<br />
Im Jahr 2004 abgeschlossene<br />
Projekte:<br />
Modellrechnungen zur langfristigen<br />
Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen<br />
M. Werding, A. Kaltschütz für das B<strong>und</strong>esministerium<br />
der Finanzen, Dezember 2003 bis November 2004,<br />
Veröffentlichung in: <strong>ifo</strong> Beiträge zur Wirtschaftsforschung<br />
Bd. 17, <strong>ifo</strong> <strong>Institut</strong>, München 2005.<br />
Der demographische Wandel stellt eine der größten<br />
Her<strong>aus</strong>forderungen für die Wirtschafts-, Finanz- <strong>und</strong><br />
Sozialpolitik der nächsten Jahrzehnte dar. Besondere<br />
Aufmerksamkeit gebührt dabei den langfristigen<br />
Effekten für <strong>aus</strong>gewählte Bereiche der öffentlichen<br />
Finanzen, die von den absehbaren Verschiebungen der<br />
Altersstruktur der Wohnbevölkerung in besonderem<br />
Maße betroffen sind. Ziel des Projekts ist es,<br />
durch Simulationsrechnungen für die Ausgaben- <strong>und</strong><br />
Einnahmenentwicklung in den Bereichen Alterssicherung,<br />
Ges<strong>und</strong>heit, Pflege, Bildung sowie Arbeitslosenversicherung<br />
eine Vorstellung über die Größenordnung<br />
solcher Effekte zu geben <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>lagen für<br />
ein laufendes Monitoring der Konsequenzen aktueller<br />
politischer Entscheidungen für die langfristige Tragfähigkeit<br />
der öffentlichen Finanzen zu schaffen.<br />
Im Mittelpunkt der Modellrechnungen stehen zwei<br />
Varianten – eine »Ausgangsvariante«, die auf<br />
Annahmen der Langfristprojektionen der »Rürup-<br />
Kommission« beruht, <strong>und</strong> eine »Risikovariante«, für die<br />
weniger günstige Annahmen zur langfristigen Entwicklung<br />
von Erwerbsbeteiligung <strong>und</strong> Arbeitsmarkt<br />
getroffen werden. Die zugr<strong>und</strong>e gelegten rechtlichen<br />
Rahmenbedingungen, einschließlich darin angelegter<br />
zukünftiger Änderungen, entsprechen denen vom<br />
Sommer 2004. Die in den Projektionen berücksichtigten<br />
Komponenten öffentlicher Ausgaben steigen in<br />
der Ausgangsvariante von aktuell (2003) 25,3 % des<br />
BIP – mit zwischenzeitlichen Schwankungen – bis 2050<br />
auf 27,8%. In der Risikovariante ergibt sich sogar<br />
ein Anstieg auf 29,8%. Würden die steigenden<br />
Ausgaben bei konstanter Einnahmenquote vollständig<br />
kreditfinanziert, müsste die Staatsverschuldung bis<br />
2050 demnach in der Ausgangsvariante auf ein Niveau<br />
von 111% des BIP, in der Risikovariante auf 200%<br />
des BIP ansteigen. Alternativ dazu müssten die<br />
<strong>ifo</strong> Jahresbericht 2004 30<br />
Beitragssätze der gesetzlichen Sozialversicherung, <strong>aus</strong>gehend<br />
von aktuell (2004) 42,0%, in der Ausgangsvariante<br />
bis 2050 auf 45,5 %, in der Risikovariante auf<br />
48,9% erhöht werden. Diese Ergebnisse zeigen, nach<br />
einer von OECD <strong>und</strong> Economic Policy Committee<br />
der EU entwickelten Methodik, Tragfähigkeitslücken<br />
(»sustainability gaps«) für die öffentlichen Finanzen an,<br />
die – je nach Variante <strong>und</strong> genauer Definition des<br />
Indikators – nur geschlossen werden könnten, wenn<br />
die staatlichen Ausgaben ab sofort <strong>und</strong> dauerhaft um<br />
1,2 bis 2,9 % des Bruttoinlandsprodukts gesenkt<br />
würden.<br />
200<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
Entwicklung der Staatsverschuldung<br />
ohne Anpassung der Sozialbeiträge an die projizierte<br />
Ausgabenentwicklung<br />
in % des BIP<br />
220<br />
2003:<br />
64,2%<br />
2006:<br />
67,4% 2018:<br />
58,9%<br />
2022:<br />
54,5%<br />
Risikovariante<br />
Ausgangsvariante<br />
0<br />
1995 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050<br />
Quelle: Berechungen des <strong>ifo</strong> <strong>Institut</strong>s.<br />
2050:<br />
200,0%<br />
2050:<br />
111,1%<br />
Sensitivitätsanalysen ergeben, dass die Existenz einer<br />
nennenswerten Tragfähigkeitslücke bei pl<strong>aus</strong>iblen<br />
Variationen wichtiger demographischer <strong>und</strong> ökonomischer<br />
Parameter äußerst robust ist. In einer Reihe von<br />
Politiksimulationen wird daher Möglichkeiten zur<br />
Verbesserung der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen<br />
Finanzen nachgegangen. Dabei zeigt sich, dass<br />
die jüngsten Reformen im Bereich der gesetzlichen<br />
Renten- <strong>und</strong> Krankenversicherung bereits wichtige<br />
Schritte in diese Richtung darstellen. Gleichwohl sind<br />
<strong>aus</strong> heutiger Sicht rasch weitere Reformen erforderlich.<br />
Entscheidende Fortschritte versprechen dabei vor<br />
allem eine langfristig angelegte Heraufsetzung der<br />
Regelaltersgrenze des gesetzlichen Rentensystems auf<br />
67 Jahre sowie Reformen im Bereich der gesetzlichen<br />
Krankenversicherung <strong>und</strong> der sozialen Pflegeversicherung,<br />
die – durch Effizienzsteigerungen <strong>und</strong>/oder