Garten-Magazin No. 1 - Bill und Meyer Gärten

Garten-Magazin No. 1 - Bill und Meyer Gärten Garten-Magazin No. 1 - Bill und Meyer Gärten

05.08.2013 Aufrufe

Kolumne freie gartenkultur Sabine Reber schreibt Gartenbücher und Romane. Mit ihrem Garten führt sie eine Liebesbeziehung. Deshalb lässt sie alle Pflanzen wachsen. Und Unkraut gibt es bei ihr nicht. Wenn ich meine persönliche Garten philosophie umschreibe, lautet sie vor allem: «leben und leben lassen» –also sich bloss keinen Stress machen mit Schnecken oder mit sogenanntem Unkraut. In einem vernünftig geplanten Garten haben nämlich alle Platz. Ausserdem sind die meisten Wildkräuter ganz nützlich, solange man mit ihnen umzugehen weiss. Für mich ist ein Garten einer der letzten Freiräume, die uns noch bleiben, und darin kann jeder auf seine Art oder nach seiner Lust und Laune gestalten. Einen Garten anlegen, heisst ja eigentlich nichts anderes, als seinen Traum vom Paradies zu verwirklichen. Aus diesem Grund wünschte ich mir, jeder Garten würde tatsächlich entsprechend individuell aussehen und deren Besitzer wären so mutig, darin zu experimentieren und eigene Visionen zu entwickeln – anstatt, wie in der Schweiz leider oft, nur das zu tun, was auch der Nachbar macht. Selber zum Gärtnern gekommen bin ich, nachdem ich 1997 nach Irland ausgewandert bin. Da sass ich dann, am Ende der Welt, und brütete über meinem ersten Roman. Vor dem Fenster lag ein grosses Feld. Und irgendwann bin ich rausgegangen und habe angefangen, ein bisschen zu buddeln und ein paar Salate und Kräuter zu ziehen. Bis heute bin ich geprägt von der angelsächsischen Gartenkultur mit ihrer bedingungslosen Liebe zu Pflanzen – während es in der Schweiz manchmal halt eher um Design und Statussymbole geht. Und so schreibe ich bis heute auch «britische» Gartenbücher und erzähle in der Ichform über das Leben und das Glück im Garten. Wenn mich jemand fragen würde, was meine Schwerpunkte im Garten seien, 40 so würde ich sagen, dass mir essbare Pflanzen ein wichtiges Anliegen sind. Ein guter Apfelbaum zum Beispiel gehört in jeden Garten, ebenso ein Feigenbaum. Und natürlich sind auch Kletterpflanzen ganz wichtig – die Glyzinie etwa, die Kiwi oder die Rebe –, denn die schaffen Geborgenheit. Und last, but not least selbstverständlich Rosen. Am liebsten sind mir die Rose de Resht und einige Bourbon-Rosen, die sich übrigens zum Kochen am besten eignen. Einem Rosensorbet verleiht Madame Isaac Pereire die intensive Farbe. Auch Stockrosen (Malven) habe ich immer im Garten, und ebenso Veilchen und Hornveilchen und jede Menge Kräuter. Bei den Medizinkräutern sollte man diejenigen ziehen, die man selber benötigt. Und auch im Küchengarten würde ich nur anbauen, was ich selber auch gerne esse. Im Grossen und Ganzen unterscheide ich mich von anderen Gartenfachleuten, indem ich wohl das Gegenteil von ihnen erzähle. Ich hasse zum Beispiel oder, besser und wie die Engländer sagen, bin not amused von Steingärten. Auch nicht mit den sogenannten pflegeleichten Gärten, in denen dann monoton immer dasselbe gepflanzt wird. Das ist für mich nur eine Umschreibung für: «In einigen Jahren muss man sowieso wieder alles neu machen.» Wenn ich einen Garten gestalte, überlege ich also nicht, wie ich den Leuten möglichst viele Pflanzen andrehen kann, die dann nach Ablauf der Garantie auch prompt eingehen. Ein guter Garten funktioniert nämlich langfristig, und man kann lernen, ihn zu hegen und zu pflegen und ihm seinen Lauf zu lassen. In meinen Gärten sollen sich die Pflanzen wohl fühlen und vermehren können. Im englischen «Plant Finder» beispielsweise sind über 70 000 Gartenpflanzen aufgelistet (sogar mit Bezugsquelle), aber viele Gärtner in der Schweiz kennen bloss wenige – und verwenden noch weniger von ihnen. Und so sehen landläufige Gärten dann eben auch aus: Thuja hecken, Kirschlorbeer, ein paar verstümmelte Forsythien und vom Zünsler zerfressene Buchskugeln (obwohl es natürlich auch gute Gärtner gibt, insbesondere bei den Staudenzüchtern oder den engagierten Baumschulisten, und denen winde ich gerne ein Kränzchen). Ausserdem mag ich keine monotonen Rasenflächen, die übrigens auch ökologisch ein totaler Unsinn sind. Man sollte im 21. Jahrhundert wirklich nicht mehr mit Gift gärtnern! Von so einem Rasen können keine Tiere leben, und es ist schade um das Wasser und um die investierte Zeit. Ich persönlich schlafe am Samstag nämlich lieber aus, als den Rasen zu mähen. Auch Edelrosen, die man spritzen muss, gehören mittler weile definitiv der Vergangenheit an. Und zum Glück gibt es heute viele gute und neue Züchtungen, die auch ohne das Spritzen gesund bleiben. Danke, ihr lieben Züchter, well done. Anstatt Thuja und Kirschlorbeer pflanze ich also viel lieber eine schöne gemischte Sträucherhecke mit Blüten für die Insekten und Beeren für die Vögel. Das sieht übrigens auch viel freundlicher aus. Und es macht entspannter und freier! Sabine reber: Gärtnern – die neue Freiheit! BLV Buchverlag, München. 192 Seiten, gebunden, Fr. 43.90 Bild: Stöh Grünig «Bis heute bin ich geprägt von der angelsächsischen Gartenkultur»: autorin und Gärtnerin Sabine reber.

Kolumne<br />

freie gartenkultur<br />

Sabine Reber schreibt <strong>Garten</strong>bücher <strong>und</strong> Romane. Mit ihrem <strong>Garten</strong> führt sie eine<br />

Liebesbeziehung. Deshalb lässt sie alle Pflanzen wachsen. Und Unkraut gibt es bei<br />

ihr nicht.<br />

Wenn ich meine persönliche <strong>Garten</strong> philosophie<br />

umschreibe, lautet sie vor allem:<br />

«leben <strong>und</strong> leben lassen» –also sich bloss<br />

keinen Stress machen mit Schnecken<br />

oder mit sogenanntem Unkraut. In einem<br />

vernünftig geplanten <strong>Garten</strong> haben<br />

nämlich alle Platz. Ausserdem sind die<br />

meisten Wildkräuter ganz nützlich, solange<br />

man mit ihnen umzugehen weiss.<br />

Für mich ist ein <strong>Garten</strong> einer der letzten<br />

Freiräume, die uns noch bleiben, <strong>und</strong><br />

darin kann jeder auf seine Art oder nach<br />

seiner Lust <strong>und</strong> Laune gestalten. Einen<br />

<strong>Garten</strong> anlegen, heisst ja eigentlich<br />

nichts anderes, als seinen Traum vom<br />

Paradies zu verwirklichen. Aus diesem<br />

Gr<strong>und</strong> wünschte ich mir, jeder <strong>Garten</strong><br />

würde tatsächlich entsprechend individuell<br />

aussehen <strong>und</strong> deren Besitzer wären<br />

so mutig, darin zu experimentieren <strong>und</strong><br />

eigene Visionen zu entwickeln – anstatt,<br />

wie in der Schweiz leider oft, nur das<br />

zu tun, was auch der Nachbar macht.<br />

Selber zum Gärtnern gekommen bin ich,<br />

nachdem ich 1997 nach Irland ausgewandert<br />

bin. Da sass ich dann, am Ende<br />

der Welt, <strong>und</strong> brütete über meinem<br />

ersten Roman. Vor dem Fenster lag ein<br />

grosses Feld. Und irgendwann bin ich<br />

rausgegangen <strong>und</strong> habe angefangen,<br />

ein bisschen zu buddeln <strong>und</strong> ein paar<br />

Salate <strong>und</strong> Kräuter zu ziehen. Bis heute<br />

bin ich geprägt von der angelsächsischen<br />

<strong>Garten</strong>kultur mit ihrer bedingungslosen<br />

Liebe zu Pflanzen – während es in der<br />

Schweiz manchmal halt eher um Design<br />

<strong>und</strong> Statussymbole geht. Und so schreibe<br />

ich bis heute auch «britische» <strong>Garten</strong>bücher<br />

<strong>und</strong> erzähle in der Ichform über<br />

das Leben <strong>und</strong> das Glück im <strong>Garten</strong>.<br />

Wenn mich jemand fragen würde, was<br />

meine Schwerpunkte im <strong>Garten</strong> seien,<br />

40<br />

so würde ich sagen, dass mir essbare<br />

Pflanzen ein wichtiges Anliegen sind.<br />

Ein guter Apfelbaum zum Beispiel gehört<br />

in jeden <strong>Garten</strong>, ebenso ein Feigenbaum.<br />

Und natürlich sind auch Kletterpflanzen<br />

ganz wichtig – die Glyzinie etwa, die<br />

Kiwi oder die Rebe –, denn die schaffen<br />

Geborgenheit. Und last, but not least<br />

selbstverständlich Rosen. Am liebsten<br />

sind mir die Rose de Resht <strong>und</strong> einige<br />

Bourbon-Rosen, die sich übrigens zum<br />

Kochen am besten eignen. Einem Rosensorbet<br />

verleiht Madame Isaac Pereire<br />

die intensive Farbe. Auch Stockrosen<br />

(Malven) habe ich immer im <strong>Garten</strong>, <strong>und</strong><br />

ebenso Veilchen <strong>und</strong> Hornveilchen <strong>und</strong><br />

jede Menge Kräuter. Bei den Medizinkräutern<br />

sollte man diejenigen ziehen,<br />

die man selber benötigt. Und auch im<br />

Küchengarten würde ich nur anbauen,<br />

was ich selber auch gerne esse.<br />

Im Grossen <strong>und</strong> Ganzen unterscheide ich<br />

mich von anderen <strong>Garten</strong>fachleuten, indem<br />

ich wohl das Gegenteil von ihnen erzähle.<br />

Ich hasse zum Beispiel oder, besser<br />

<strong>und</strong> wie die Engländer sagen, bin not<br />

amused von Steingärten. Auch nicht mit<br />

den sogenannten pflegeleichten <strong>Gärten</strong>,<br />

in denen dann monoton immer dasselbe<br />

gepflanzt wird. Das ist für mich nur eine<br />

Umschreibung für: «In einigen Jahren<br />

muss man sowieso wieder alles neu machen.»<br />

Wenn ich einen <strong>Garten</strong> gestalte,<br />

überlege ich also nicht, wie ich den Leuten<br />

möglichst viele Pflanzen andrehen<br />

kann, die dann nach Ablauf der Garantie<br />

auch prompt eingehen. Ein guter <strong>Garten</strong><br />

funktioniert nämlich langfristig, <strong>und</strong><br />

man kann lernen, ihn zu hegen <strong>und</strong> zu<br />

pflegen <strong>und</strong> ihm seinen Lauf zu lassen.<br />

In meinen <strong>Gärten</strong> sollen sich die Pflanzen<br />

wohl fühlen <strong>und</strong> vermehren können.<br />

Im englischen «Plant Finder» beispielsweise<br />

sind über 70 000 <strong>Garten</strong>pflanzen<br />

aufgelistet (sogar mit Bezugsquelle),<br />

aber viele Gärtner in der Schweiz kennen<br />

bloss wenige – <strong>und</strong> verwenden noch<br />

weniger von ihnen. Und so sehen landläufige<br />

<strong>Gärten</strong> dann eben auch aus:<br />

Thuja hecken, Kirschlorbeer, ein paar verstümmelte<br />

Forsythien <strong>und</strong> vom Zünsler<br />

zerfressene Buchskugeln (obwohl es<br />

natürlich auch gute Gärtner gibt, insbesondere<br />

bei den Staudenzüchtern oder<br />

den engagierten Baumschulisten, <strong>und</strong><br />

denen winde ich gerne ein Kränzchen).<br />

Ausserdem mag ich keine monotonen<br />

Rasenflächen, die übrigens auch ökologisch<br />

ein totaler Unsinn sind. Man<br />

sollte im 21. Jahrh<strong>und</strong>ert wirklich nicht<br />

mehr mit Gift gärtnern! Von so einem<br />

Rasen können keine Tiere leben, <strong>und</strong> es<br />

ist schade um das Wasser <strong>und</strong> um die<br />

investierte Zeit. Ich persönlich schlafe<br />

am Samstag nämlich lieber aus, als den<br />

Rasen zu mähen. Auch Edelrosen, die<br />

man spritzen muss, gehören mittler weile<br />

definitiv der Vergangenheit an. Und<br />

zum Glück gibt es heute viele gute<br />

<strong>und</strong> neue Züchtungen, die auch ohne<br />

das Spritzen ges<strong>und</strong> bleiben. Danke,<br />

ihr lieben Züchter, well done.<br />

Anstatt Thuja <strong>und</strong> Kirschlorbeer pflanze<br />

ich also viel lieber eine schöne gemischte<br />

Sträucherhecke mit Blüten für die Insekten<br />

<strong>und</strong> Beeren für die Vögel. Das sieht<br />

übrigens auch viel fre<strong>und</strong>licher aus.<br />

Und es macht entspannter <strong>und</strong> freier!<br />

Sabine reber:<br />

Gärtnern – die neue Freiheit!<br />

BLV Buchverlag, München.<br />

192 Seiten, geb<strong>und</strong>en, Fr. 43.90<br />

Bild: Stöh Grünig<br />

«Bis heute bin ich geprägt von der<br />

angelsächsischen <strong>Garten</strong>kultur»:<br />

autorin <strong>und</strong> Gärtnerin Sabine reber.

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