Positionspapier Soziale Arbeit und Psychiatrie - Psychiatrische ...
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4. Spezielle Handlungstheorien/Methoden <strong>Soziale</strong>r <strong>Arbeit</strong> im Rahmen<br />
„integrierter klinischer Hilfeleistung“ <strong>und</strong> „sozialer, gemeindenaher<br />
Unterstützung“<br />
Die <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> hat, beginnend mit ihrer Professionalisierung vor mehr als 100 Jahren ein<br />
grosses Methodenangebot entwickelt. Ein besonderes Merkmal dieser Entwicklung ist, dass<br />
sie aufgr<strong>und</strong> der Komplexität sozialer Probleme Interventionen auf verschiedenen sozialen<br />
Niveaus, namentlich Individuen, Familien, Kleingruppen/Peers/Gangs, lokalen <strong>und</strong> grösseren<br />
Gemeinwesen, (Träger)Organisationen, <strong>und</strong> nicht zuletzt im Rahmen der Öffentlichkeit <strong>und</strong><br />
(Sozial)Politik als notwendig erachtet, was <strong>Arbeit</strong>steilung auch im Rahmen der <strong>Soziale</strong>n <strong>Arbeit</strong><br />
voraussetzt (z.B. Kirst-Ashman/Hull 1994; Soydan 1999, Gil 2006, Staub-Bernasconi<br />
2010a). Daraus ergab sich, historisch betrachtet, die Ausdifferenzierung von Methoden nach<br />
sozialer Interventionsebene oder Interventionssystem, namentlich <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> mit Individuen,<br />
Familien, Kleingruppen/Streetwork sowie mit Gemeinwesen, ergänzt durch Social Policy-<br />
<strong>und</strong> organisationsbezogenen Sozialmanagement-Methoden als Schnittstelle zwischen<br />
<strong>Soziale</strong>r <strong>Arbeit</strong> <strong>und</strong> Sozialpolitik. Generell muss gelten, dass in einer Profession die Probleme<br />
<strong>und</strong> deren Erklärungen – <strong>und</strong> nicht die gerade modischen Methoden - die Wahl von wissenschaftsbasierten<br />
Handlungsleitlinien <strong>und</strong> Interventionsverfahren bestimmen. 22<br />
Bezogen auf die Klientel stationärer wie ambulanter klinischer Einrichtungen wird die <strong>Soziale</strong><br />
<strong>Arbeit</strong> ihre Methoden/speziellen Handlungstheorien schwerpunktmässig im Hinblick auf die<br />
Gestaltung psychosozialer (Stressabbau), sozialer <strong>und</strong> kultureller Aspekte wählen. Dabei<br />
kommen sowohl personbezogene als auch umwelt-, auf soziale Systeme bezogene Methoden<br />
<strong>und</strong> deren Kombination in Frage (vgl. dazu Staub-Bernasconi 1986, 2010, von Spiegel<br />
2004, Thole/Galuske 2006, Galuske 2007, Zwilling 2008, Michel-Schwartze 2009).<br />
4.1. Personbezogene Methoden mit dem Fokus auf den Alltag der Individuen<br />
<strong>und</strong> ihren aktuellen Erfahrungen<br />
Die aufgeführten Methoden sind teilweise im Rahmen des Klinikaufenthaltes einsetzbar, teilweise<br />
sind sie darauf ausgerichtet, Probleme der Alltagsstrukturierung, des Zugangs zu Entwicklungschancen<br />
anzugehen. Die konkrete Methodenwahl berücksichtigt die individuelle<br />
<strong>und</strong> interprofessionelle Diagnose, ihre Veränderungen über die Zeit hinweg sowie die aktuelle<br />
Lebenssituation der AdressatInnen. In Frage kommen u.a.:<br />
• Sozio-ökonomische Ressourcenerschliessung im sozialen Umfeld der AdressatInnen<br />
sowie im Hinblick auf die bestehenden staatlichen Sozialsicherungs- <strong>und</strong> privaten<br />
Dienstleistungssysteme<br />
• Methoden der Bewusstseinsbildung über die Art <strong>und</strong> Weise der Verarbeitung von<br />
Stress im Alltag (z.B. durch öffentliche Stigmatisierung, Diskriminierung, Sexismus,<br />
Fremdenfeindlichkeit, Mobbing) sowie in sozialen Bewertungssituationen; Methoden<br />
zur Stärkung der angemessenen Informationsverarbeitung <strong>und</strong> damit der psychischen<br />
Autonomie<br />
• Methoden der positiven Identitätsentwicklung über soziale Anerkennung<br />
• Methoden der Entwicklung <strong>und</strong> Förderung von Handlungskompetenzen, Erfüllung<br />
von Rollenpflichten wie der Einlösung von Rechten<br />
• Methoden der Entwicklung <strong>und</strong> Förderung von Sozialkompetenzen der Beziehungs-<br />
22 Für die Transformation von disziplinärem Wissen in handlungswissenschaftliches Wissen vgl. Staub-<br />
Bernasconi 2010a, S. 287-418; dasselbe am Beispiel von Erwerbslosigkeit oder der Bildung rechter Jugendcliquen<br />
vgl. Borrmann 2005, Staub-Bernasconi 2011, 2012).<br />
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