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Positionspapier Soziale Arbeit und Psychiatrie - Psychiatrische ...

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fähigkeit, Behinderung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit) vorgesehen ist. In deren Kategorisierung sind mehrheitlich<br />

alltagstheoretisch konsensuale Normenvorstellungen eingegangen, die nicht erkennen<br />

lassen, ob man sich mit sozialen Kontexten mit privilegierenden / diskriminierenden oder<br />

/ <strong>und</strong> repressiven <strong>und</strong> mithin krankheitsfördernden sozialen Regeln, (Rollen)Erwartungen<br />

<strong>und</strong> Verfahren auseinandergesetzt hat.<br />

Dazu kommt die Frage nach (Patienten)Rechten <strong>und</strong> einer fairen Balance zwischen Rechten<br />

<strong>und</strong> zumutbaren Pflichten. Asymmetrien, vor allem ein Überhang an Pflichten gegenüber<br />

Rechten sind nicht nur ethisch nicht zu rechtfertigen, sondern auch, wie eine nicht mehr<br />

übersehbare Fülle von Studien belegen, Quelle von Stress <strong>und</strong> bei intensivem, kontextuell<br />

kumulativen <strong>und</strong> langdauerndem Stress Quelle von physischen wie psychischen Erkrankungen<br />

(Richter 2007; Wilkinson/Pickett 2010; Obrecht 2009; Frey 2010 u.a.) (vgl. Anhang 3)<br />

Um diese sozialen Systeme <strong>und</strong> ihre Wirkungen auf die Individuen sowie die Wirkungen von<br />

Individuen in <strong>und</strong> auf soziale Systeme näher bestimmen zu können, braucht es auch ein Gesellschaftsbild.<br />

Dieses soll eine Gesellschaft in ihren relevanten sozialen <strong>und</strong> kulturellen Differenzierungen<br />

beschreiben. Gemeint ist das „Set“ an zugeschriebenen wie freiwilligen Mitgliedschaften,<br />

kulturellen Orientierungen sowie die dazugehörigen sozialen Regeln, ferner<br />

das (Un)Gleichgewicht von Rechten <strong>und</strong> Pflichten für die Individuen usw. <strong>und</strong> zwar im Zusammenhang<br />

mit ihrer sozialen Position in der Gesellschaftsstruktur. Heutige Gesellschaften<br />

weisen folgende Differenzierungen auf: Differenzierung nach sozialer Schichtzugehörigkeit<br />

(je nachdem auch Klassen-, Kasten- <strong>und</strong> Stammeszugehörigkeit); Funktionalität sozialer<br />

Systeme (Familie, Bildung, Wirtschaft, Politik usw.); ferner nach sozialen Niveaus vom Individuum<br />

bis zur Weltgesellschaft; sozialökologischem Kontext (z.B. Stadt-Land); Alter/Lebensphase;<br />

Geschlecht; Kultur <strong>und</strong> Subkulturen/Ethnie, Nation, Religion; usw. Letztere<br />

Differenzierungsformen sind, wie bereits erwähnt, vor allem in der <strong>Arbeit</strong> mit MigrantInnen,<br />

aber auch mit Mitgliedern der einheimischen Unterschicht von hoher Relevanz (Bourdieu<br />

1983). Zudem braucht es für die Diagnostik des sozialkulturellen Nahraums der Erkrankten<br />

auch eine Feindiagnostik, die zwischen fairen <strong>und</strong> menschenverachtenden sozialen Regeln<br />

der Verteilung von Belohnungen <strong>und</strong> Lasten unterscheidet (letztere z.B. als Diskriminierungs-<br />

versus Privilegierungs-, Ausbeutungs-, Herrschafts-, Willkür- oder gewaltermöglichende<br />

Regeln). Mit anderen Worten. bedeutet dies, dass sozialdiagnostisch sorgfältig erhoben<br />

werden muss, in welche Teilsysteme mit welchen sozialen Regeln die AdressatInnen<br />

Mitglied waren <strong>und</strong> sind, eventuell ausgeschlossen wurden <strong>und</strong> nach der Akutphase<br />

(re)integriert werden sollen (vgl. dazu auch Sommerfeld/Dällenbach/Rüegger 2010). Dazu<br />

gehört auch die Frage, welche sozialen Systeme sie – eigenbestimmt oder mit professioneller<br />

Unterstützung - verändern können oder verlassen sollten.<br />

Nach diesen allgemeinen Ausführungen soll nun entlang der erkenntnis- <strong>und</strong> handlungsleitenden<br />

Fragen einer jeden Handlungswissenschaft <strong>und</strong> damit Profession (vgl. dazu Schoen<br />

2005) der spezifische Beitrag der <strong>Soziale</strong>n <strong>Arbeit</strong> im Zusammenhang mit der Hilfe an psychisch<br />

kranke Menschen dargestellt werden. Neben Diagnosestellung, Erklärungsmustern,<br />

Festlegung von Zielen <strong>und</strong> Methoden, muss die fallbezogene Bestimmung der arbeitsteiligen<br />

Kooperationsstruktur zwischen den verschiedenen professionellen Funktionsträgern innerhalb<br />

der Klinik <strong>und</strong> im (teil)stationären Bereich sowie zwischen den integrationsrelevanten<br />

Akteuren <strong>und</strong> Instanzen ausserhalb des klinischen Bereichs zur Sprache kommen.<br />

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