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Wasserpreiskontrolle in Niedersachsen - Niedersächsisches ...

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<strong>Niedersächsisches</strong> M<strong>in</strong>isterium<br />

für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr<br />

„Kartellrechtliche <strong>Wasserpreiskontrolle</strong>“<br />

<strong>Wasserpreiskontrolle</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>Niedersachsen</strong><br />

am 19. April 2012 <strong>in</strong> Hannover<br />

Heike Z<strong>in</strong>ram Björn Korte


Gliederung<br />

<strong>Wasserpreiskontrolle</strong> <strong>in</strong> <strong>Niedersachsen</strong><br />

• Vorbemerkungen<br />

• Grundlagen der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht über Wasserpreise<br />

und Grundsatzbeschluss des BGH vom 02.02.2010 „enwag – Wasserpreise<br />

Wetzlar“<br />

• Vorgehen der LKB <strong>Niedersachsen</strong> und Stand der kartellrechtlichen<br />

Überprüfung der Tr<strong>in</strong>kwasserpreise <strong>in</strong> <strong>Niedersachsen</strong><br />

• Weiteres Vorgehen der LKB <strong>Niedersachsen</strong> nach der Entscheidung des<br />

BGH im Fall „Zweckverband Niederbarnim“<br />

<strong>Niedersächsisches</strong> M<strong>in</strong>isterium<br />

für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr<br />

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Vorbemerkungen<br />

Geltende Rahmenbed<strong>in</strong>gungen und Marktstrukturen<br />

• Die deutsche Wasserversorgung ist durch die Existenz weniger großer und<br />

e<strong>in</strong>er Vielzahl sehr kle<strong>in</strong>er WVU geprägt, die <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />

Rechtsformen geführt werden. Wasserversorgung und Abwasserentsorgung<br />

erfolgen <strong>in</strong> der Regel durch getrennte Unternehmen.<br />

• Auf der Versorgungsseite existieren 6. 211 WVU, die <strong>in</strong>sgesamt ca. 17.500<br />

Wasserwerke bzw. –gew<strong>in</strong>nungsanlagen betreiben.<br />

• Die Abwasserentsorgung erfolgt durch rund<br />

8.000 Betriebe mit <strong>in</strong>sgesamt mehr als 10. 000 Anlagen.<br />

<strong>Niedersächsisches</strong> M<strong>in</strong>isterium<br />

für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr<br />

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für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr<br />

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<strong>Niedersächsisches</strong> M<strong>in</strong>isterium<br />

für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr<br />

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Bisherige Tr<strong>in</strong>kwasserpreisvergleiche der LKartB <strong>Niedersachsen</strong><br />

• Gegenstand der Abfragen waren<br />

– im Jahre 2001 <strong>in</strong>sgesamt 80 Tr<strong>in</strong>kwasserversorger und<br />

– im Jahre 2006 nur noch 56 Tr<strong>in</strong>kwasserversorger, die <strong>in</strong> 87<br />

Versorgungsgebieten rd. 4,2 Mio. Endkunden mit Tr<strong>in</strong>kwasser belieferten.<br />

• Die übrigen E<strong>in</strong>wohner <strong>Niedersachsen</strong>s wurden von öffentlich-rechtlichen<br />

WVU beliefert, die satzungsgemäß beschlossene Gebühren für das<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser abrechnen;<br />

• Zum Stichtag 31.12.2009 wurden die Entgelte von 260 WVU abgefragt,<br />

davon<br />

146 Preise erhebende und<br />

84 Gebühren erhebende WVU sowie<br />

30 WVU, die ke<strong>in</strong>e Endkunden mehr versorgen.<br />

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Gebühren oder Preise ?<br />

• Weiter Ermessensspielraum der öffentl. Hand bei der Wahl der<br />

Rechts- und Organisationsform der Wasserversorgung<br />

Gebühren<br />

• Wassergebühren werden im Rahmen e<strong>in</strong>es öffentlich-rechtlichen<br />

Benutzungsverhältnisses durch Bescheid aufgrund e<strong>in</strong>er<br />

Abgabensatzung nach dem jeweiligen Kommunalabgabengesetz<br />

des Landes erhoben.<br />

• Abgabenrechtliche Grundsätze beachten (<strong>in</strong>sb. Äquivalenzpr<strong>in</strong>zip,<br />

Gleichheitsgrundsatz, Kostendeckungsgrundsatz),<br />

• Abgabenrechtliche Kontrolle, Kommunalaufsicht,<br />

Verwaltungsgerichte.<br />

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Preise<br />

• Preise werden im Rahmen e<strong>in</strong>es privatrechtlich ausgestalteten<br />

Leistungsverhältnisses auf vertraglicher Basis gemäß der<br />

Verordnung über Allgeme<strong>in</strong>e Bed<strong>in</strong>gungen für die Versorgung<br />

mit Wasser (AVBWasserV) vom 20.06.1980 (BGBl. I, S. 750 ff)<br />

erhoben.<br />

• In e<strong>in</strong>em Wasserversorgungsvertrag vere<strong>in</strong>barte Preise<br />

unterliegen ke<strong>in</strong>er Genehmigungspflicht.<br />

• Kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht<br />

• § 315 BGB Überprüfung der Billigkeit des Preises<br />

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Grundlagen der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht<br />

über Wasserpreise und Grundsatzbeschluss des BGH<br />

vom 02.02.2010 „enwag – Wasserpreise Wetzlar“<br />

Rechtlicher Rahmen<br />

Kartellrechtliche Freistellung der Wasserversorgung<br />

• Die Sonderregelungen für die Wasserversorgung des GWB 1990 f<strong>in</strong>den<br />

weiterh<strong>in</strong> Anwendung,<br />

d.h. für die Wasserversorgung gelten nach § 131 Abs. 6 GWB die §§ 103,<br />

103 a und 105 GWB a.F. fort.<br />

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Grundlagen der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht über Wasserpreise und Grundsatzbeschluss des BGH vom 02.02.2010<br />

„enwag – Wasserpreise Wetzlar“<br />

• Die kartellrechtliche Missbrauchskontrolle von Wasserpreisen wird<br />

gestützt auf § 103 Abs. 5 sowie § 22 Abs. 4 und 5 GWB a.F..<br />

• § 103 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2:<br />

„E<strong>in</strong> Missbrauch im S<strong>in</strong>ne des Satzes 1 Nr. 1 liegt <strong>in</strong>sbesondere vor,<br />

wenn…..<br />

(2) e<strong>in</strong> Versorgungsunternehmen ungünstigere Preise oder<br />

Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen fordert als gleichartige Versorgungsunternehmen,<br />

es sei denn das Versorgungsunternehmen weist nach,<br />

dass der Unterschied auf abweichenden Umständen beruht, die ihm<br />

nicht zurechenbar s<strong>in</strong>d; ….“<br />

• Besonderheit zu § 19 GWB:<br />

Umkehr der Darlegungs- und Beweislast und „Gleichartigkeit der<br />

Unternehmen“.<br />

• Feststellung der Missbräuchlichkeit der Preise nur für Zukunft.<br />

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Grundlagen der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht über Wasserpreise und Grundsatzbeschluss des BGH vom 02.02.2010<br />

„enwag – Wasserpreise Wetzlar“<br />

• § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 2 GWB, Art. 102 AEUV<br />

- Amtsermittlungsgrundsatz<br />

- Verbotstatbestand<br />

- Feststellung des Preishöhenmissbrauchs auch für die Vergangenheit und<br />

Rückerstattung an Kunden.<br />

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Grundlagen der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht über Wasserpreise und Grundsatzbeschluss des BGH vom 02.02.2010<br />

„enwag – Wasserpreise Wetzlar“<br />

Grundsatzbeschluss des BGH vom 02.02.2010 (KVR 66/08)<br />

• „Ziel des § 103 Abs. 5 GWB a.F. war es, mit Blick auf die besondere<br />

Markstellung von Unternehmen der leitungsgebundenen<br />

Versorgung (Elektrizität, Gas, Wasser) und die sich aus ihr<br />

ergebende erhöhte Missbrauchsgefahr den zuständigen<br />

Behörden e<strong>in</strong> besonders wirksames Instrument der Aufsicht an<br />

die Hand zu geben.“ (Rz 23)<br />

• …gilt <strong>in</strong> besonderem Maße für die Wasserwirtschaft, <strong>in</strong> der der Inhaber des<br />

Leitungsnetzes nach wie vor über e<strong>in</strong> natürliches Monopol verfügt. (aaO)<br />

• „Durch die weitgehende Verlagerung der Beweislast auf das<br />

betroffene Unternehmen sollte der Behörde die Feststellung<br />

von Preismissbräuchen auf diesem Gebiet deutlich erleichtert<br />

werden.“ (aaO)<br />

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Grundlagen der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht über Wasserpreise und Grundsatzbeschluss des BGH vom 02.02.2010<br />

„enwag – Wasserpreise Wetzlar“<br />

• § 103 Abs. 5 GWB a.F. bietet zwei Modelle zur Missbrauchsaufsicht über<br />

Wasserpreise an:<br />

> das Konzept des Als-Ob-Wettbewerbes, das sich <strong>in</strong> der Praxis nicht<br />

durchgesetzt hat<br />

und<br />

> das Vergleichsmarktkonzept <strong>in</strong> § 103 Abs. 5 Satz 2 Nr . 2 GWB a.F..<br />

Das Konzept besteht rechtlich aus drei Elementen:<br />

>gleichartige Unternehmen (I),<br />

>ungünstigere Preise (II) und<br />

>Rechtfertigung ungünstigerer Preise (III).<br />

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Grundlagen der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht über Wasserpreise und Grundsatzbeschluss des BGH vom 02.02.2010<br />

„enwag – Wasserpreise Wetzlar“<br />

• Vergleichsmarktpr<strong>in</strong>zip -<br />

gleichartige Unternehmen (I),<br />

> S<strong>in</strong>d die zum Vergleich herangezogenen<br />

Wasserversorgungsunternehmen gleichartig i.S. von § 103 Abs. 5 Satz 2<br />

Nr.2 GWB a.F.?<br />

>>Vergleich der Preise von Unternehmen mit e<strong>in</strong>er möglichst<br />

ähnlichen Gebietsstruktur (gleiche Region bzw. hydrogeologische<br />

Gegebenheiten, die nutzbare Wasserabgabe pro Kilometer Leitungslänge,<br />

Vertriebssituation, Versorgungsdichte (Metermengenwert), Abnehmerdichte,<br />

die Anzahl der versorgten E<strong>in</strong>wohner, die Abgabestruktur, die<br />

Gesamterträge Wasser).<br />

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Grundlagen der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht über Wasserpreise und Grundsatzbeschluss des BGH vom 02.02.2010<br />

„enwag – Wasserpreise Wetzlar“<br />

• Vergleichsmarktpr<strong>in</strong>zip -<br />

gleichartige Unternehmen (I),<br />

> Kartellbehörde trifft die Beweislast für Gleichartigkeit, während das<br />

jeweils betroffene WVU darzutun und zu belegen hat, dass der<br />

Preisunterschied auf abweichenden, ihm nicht zurechenbaren<br />

Umständen beruht. Je ger<strong>in</strong>ger also die Anforderungen an die<br />

Gleichartigkeit s<strong>in</strong>d, desto stärker wirkt sich die Beweislast des<br />

WVU zur Entkräftung des Missbrauchsvorwurfs unter H<strong>in</strong>weis auf<br />

strukturbed<strong>in</strong>gte Kosten aus.<br />

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Grundlagen der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht über Wasserpreise und Grundsatzbeschluss des BGH vom 02.02.2010<br />

„enwag – Wasserpreise Wetzlar“<br />

BGH-Beschluss vom 02.02.2010 zur Feststellung der Gleichartigkeit<br />

• nur grobe Sichtung<br />

• „Die mit der Beweislastverteilung bezweckte Verschärfung der<br />

Missbrauchsaufsicht im Bereich der leitungsgebundenen<br />

Versorgungswirtschaft würde verfehlt, wenn an das Merkmal der<br />

Gleichartigkeit zu hohe Anforderungen gestellt würden.“ (Rz 29)<br />

• Gleichartig s<strong>in</strong>d Unternehmen dann, wenn zwischen ihnen h<strong>in</strong>sichtlich der<br />

wirtschaftlichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen ke<strong>in</strong>e wesentlichen Unterschiede<br />

bestehen, die aus der Sicht der Abnehmer gemäß der Zielsetzung e<strong>in</strong>er<br />

möglichst sicheren und preiswürdigen Versorgung mit Tr<strong>in</strong>kwasser von<br />

vornhere<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e deutlich unterschiedliche Beurteilung der Preisgestaltung<br />

rechtfertigen. (Rz 30)<br />

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Grundlagen der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht über Wasserpreise und Grundsatzbeschluss des BGH vom 02.02.2010<br />

„enwag – Wasserpreise Wetzlar“<br />

• Von den WVU wurden folgenden Kennzahlen zur Gleichartigkeit von WVU<br />

erhoben, die vom BGH bestätigt worden s<strong>in</strong>d (Rz 32):<br />

> Versorgungsdichte (Metermengenwert)<br />

> Abnehmerdichte (Netzlänge pro Hausanschluss)<br />

> Anzahl der versorgten E<strong>in</strong>wohner<strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>wohner<br />

> nutzbare Wasserabgabe<br />

> Abgabestruktur<br />

> Gesamterträge Wassersparte<br />

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Grundlagen der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht über Wasserpreise und Grundsatzbeschluss des BGH vom 02.02.2010<br />

„enwag – Wasserpreise Wetzlar“<br />

• Vergleichsmarktpr<strong>in</strong>zip -<br />

ungünstigere Preise (II)<br />

Liegen ungünstigere Preise i.S. von § 103 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 GWB a.F.<br />

vor?<br />

> Vergleich der Preise für typisierte Abnahmefälle<br />

- 80 m³/a (2-Personen-Haushalt)<br />

- 150 m³/a (E<strong>in</strong>familienhaus),<br />

- 400 m³/a (5 Wohne<strong>in</strong>heiten),<br />

- 1.300 m³/a (15 Wohne<strong>in</strong>heiten).<br />

> § 103 Abs. 5 Satz Nr. 2 GWB a.F. setzt nicht voraus, dass die<br />

beanstandeten Preise die Vergleichspreise erheblich übersteigen; jede<br />

Forderung ungünstigerer Preise könnte e<strong>in</strong>en Missbrauch bedeuten.<br />

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Grundlagen der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht über Wasserpreise und Grundsatzbeschluss des BGH vom 02.02.2010<br />

„enwag – Wasserpreise Wetzlar“<br />

BGH-Beschluss v. 02.02.2010 zu „Ungünstigere Preise“<br />

• Typfallbildung der Kartellbehörden wird gebilligt, die Grund- und<br />

Kubikmeterpreis e<strong>in</strong>bezieht und Jahresgesamtpreis bildet, von dem<br />

die länderspezifischen „Grundwasserabgaben“ abzuziehen s<strong>in</strong>d.<br />

• Baukostenzuschüsse müssen nicht berücksichtigt werden (Rz 40).<br />

Ggf. Berücksichtigung ger<strong>in</strong>gerer Baukostenzuschüsse <strong>in</strong> der<br />

„Rechtfertigung der Preise“, was vom WVU darzulegen und zu<br />

beweisen wäre.<br />

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Grundlagen der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht über Wasserpreise und Grundsatzbeschluss des BGH vom 02.02.2010<br />

„enwag – Wasserpreise Wetzlar“<br />

• Vergleichsmarktpr<strong>in</strong>zip -<br />

Rechtfertigung ungünstigerer Preise (III)<br />

> Kommt die Kartellbehörde zu dem Ergebnis, dass ungünstigere Preise als<br />

vergleichbare Versorgungsunternehmen verlangt werden, so muss das<br />

betroffene Unternehmen im E<strong>in</strong>zelfall abweichende rechtfertigende<br />

Umstände darlegen und beweisen, welche ihm nicht zurechenbar s<strong>in</strong>d<br />

(§ 103 Abs. 5 Satz Nr. 2 GWB a.F.).<br />

• Zu unterscheiden ist <strong>in</strong><br />

>> zurechenbare <strong>in</strong>dividuell bee<strong>in</strong>flussbare Umstände der<br />

Betriebsstruktur (nicht anzuerkennende Rechtfertigungsgründe)<br />

und<br />

>> die nicht zurechenbaren gebietsstrukturbed<strong>in</strong>gten Umstände<br />

(anzuerkennende Rechtfertigungsgründe)<br />

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Vorgehen der LKB <strong>Niedersachsen</strong> und Stand der kartellrechtlichen<br />

Überprüfung der Tr<strong>in</strong>kwasserpreise <strong>in</strong> <strong>Niedersachsen</strong><br />

• Rahmenbed<strong>in</strong>gungen des Tr<strong>in</strong>kwassermarktes <strong>in</strong> <strong>Niedersachsen</strong><br />

260 Wasserversorgungsunternehmen (WVU) <strong>in</strong>sgesamt<br />

146 WVU erheben Preise, <strong>in</strong> 179 Tarifgebieten<br />

84 WVU erheben Gebühren und 30 WVU versorgen ke<strong>in</strong>e Endkunden (mehr)<br />

• Tr<strong>in</strong>kwasserpreis für Typfall 150 m³ zum 31.12.2009<br />

- höchster Preis: 3,12 EUR/m³<br />

- niedrigster Preis: 0,58 EUR/m³<br />

- Durchschnittspreis: 1,53 EUR/m³<br />

• Datenbasis: Wirtschaftszweiguntersuchung zum Stichtag 31.12.2009<br />

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EUR/m³<br />

3,30 €<br />

3,10 €<br />

2,90 €<br />

2,70 €<br />

2,50 €<br />

2,30 €<br />

2,10 €<br />

1,90 €<br />

1,70 €<br />

1,50 €<br />

1,30 €<br />

1,10 €<br />

0,90 €<br />

0,70 €<br />

0,50 €<br />

<strong>Niedersächsisches</strong> M<strong>in</strong>isterium<br />

für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr<br />

Tr<strong>in</strong>kwasserpreise, Durchschnittspreise Typfall 150m³<br />

zum 31.12.2009, ohne Umsatzsteuer<br />

Verdachts-WVU<br />

0 160<br />

Wasserversorgungsunternehmen<br />

Durchschnitt<br />

22


• Auswahl von Verdachtsunternehmen anhand e<strong>in</strong>es Rank<strong>in</strong>gs<br />

der Durchschnittspreise für den Typfall 150 m³ („repräsentativer Tarif“)<br />

• E<strong>in</strong>leitung von Kartellverwaltungsverfahren gegen 9 Verdachts-WVU<br />

<strong>in</strong> 12 Tarifgebieten im Mai 2011<br />

• Aufforderung zur Rechtfertigung des Tr<strong>in</strong>kwasserpreises für Typfall 150 m³<br />

• Ermittlungskonzept: Vergleichsmarktkonzept, Tarifvergleich<br />

<strong>Niedersächsisches</strong> M<strong>in</strong>isterium<br />

für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr<br />

23


Daten-<br />

Erhebung I<br />

Preis- und<br />

Unternehmensstrukturdaten,<br />

zum Stichtag<br />

31.12.09,<br />

Marktuntersuchung<br />

im Sept 2010<br />

Mai 11<br />

<strong>Niedersächsisches</strong> M<strong>in</strong>isterium<br />

für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr<br />

Verdachtsunternehmen<br />

- Aufforderung zur<br />

Rechtfertigung der Preise<br />

- Datencheck<br />

- Anforderung von<br />

Prüfungsberichten<br />

Vergleichsunternehmen<br />

- Info über Auswahl<br />

- Datencheck<br />

- Anforderung von<br />

Prüfungsberichten<br />

- Anfordern „geschwärzter“<br />

Erhebungsbögen und<br />

Versand an Verdachtsunternehmen<br />

Prüfung<br />

der Rechtfertigungs-<br />

Gründe<br />

durch LKartB<br />

Aug 11<br />

Daten-<br />

Erhebung II<br />

zur Ermittlung<br />

der Zu- und<br />

Abschläge<br />

Zu- und<br />

Abschläge<br />

Ermittlung des<br />

„bere<strong>in</strong>igten“<br />

Preisabstands,<br />

Kalkulation<br />

gemäß BGH-<br />

Kriterien<br />

Branchen-<br />

Verbände<br />

Gespräche mit<br />

BDEW,<br />

VKU<br />

und WVT<br />

Erhebung<br />

und Prüfung<br />

zusätzlicher<br />

Unterlagen,<br />

Gespräche und<br />

Verhandlungen<br />

mit Verdachtsunternehmen<br />

Dez 11 Mai 12<br />

E<strong>in</strong>stellung<br />

des<br />

Verfahrens<br />

E<strong>in</strong>vernehmliche<br />

Lösung<br />

Konfrontative<br />

Lösung<br />

(Gerichtsverfahren)<br />

24


• Auswahl der Vergleichs-WVU, anhand der folgenden Strukturkriterien der WVU:<br />

- Größenklasse des WVU (Absatzmenge)<br />

- Bodenklasse<br />

- Versorgungsdichte (Metermengenwert), Fokus!<br />

- Abnehmerdichte<br />

- Wasserabgabe an HuK-Kunden/Hausanschluss <strong>in</strong> m³<br />

• Preisabstand zum jeweiligen Verdachts-WVU ca. 30%<br />

• Zuordnung von jeweils ca. 5 Vergleichs-WVU pro Verdachts-WVU<br />

• Auswahl von <strong>in</strong>sgesamt 21 Vergleichs-WVU<br />

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• Detaillierte Datenerhebung bei Verdachts- und Vergleichs-WVU:<br />

„Fragebogen Tr<strong>in</strong>kwasser 2009 – Annex 1“<br />

- Kostendaten: HGB-Wertansätze vs. Kalkulatorische Kosten<br />

- Baukostenzuschüsse und Hausanschlusskosten<br />

- Anzahl Pumpwerke<br />

- Volumen von Wasserbehältern<br />

„Fragebogen Tr<strong>in</strong>kwasser 2009 – Annex 2“: Tarifdaten für 2010 und 2011<br />

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für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr<br />

26


Ausgewählte Ergebnisse der bisherigen Datenerhebung:<br />

• Fehlende Kostendeckung, bei e<strong>in</strong>zelnen Verdachts- und Vergleichs-WVU<br />

• Wassernetzverluste: bis zu 26% der Beschaffungsmenge, bei e<strong>in</strong>zelnen WVU<br />

• Stromkosten: Preisunterschied von bis zu 90 EUR/MWh bei E<strong>in</strong>kaufspreis<br />

• Kalkulatorische Kosten: Höhe variiert erheblich<br />

• Tr<strong>in</strong>kwasserpreise seit 2009 <strong>in</strong> den meisten Fällen konstant<br />

• Teilnahme am „Kennzahlenvergleich Wasserversorgung 2012“<br />

des Nds. M<strong>in</strong>isteriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz s<strong>in</strong>nvoll<br />

<strong>Niedersächsisches</strong> M<strong>in</strong>isterium<br />

für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr<br />

27


• Ermittlung von Korrekturzu- und abschlägen für folgende Strukturparameter:<br />

- Wasserbeschaffung<br />

- Versorgungsdichte (Metermengenwert)<br />

- Pumpwerke: Pumpstrom<br />

- Pumpwerke: Restkosten<br />

- Wasserbehälter<br />

- Baukostenzuschüsse: Abschreibungseffekt<br />

- Baukostenzuschüsse: Z<strong>in</strong>seffekt<br />

- Eigenkapitalverz<strong>in</strong>sung<br />

- Konzessionsabgabe<br />

• Korrekturzu- und abschläge auf den Wasserpreis der Vergleichs-WVU,<br />

zum Ausgleich von Mehrkosten des Verdachts-WVU, die dieses nicht bee<strong>in</strong>flussen<br />

und nicht verantworten kann<br />

• Sicherheitszuschlag von 5% und Erheblichkeitszuschlag von 2,5 %<br />

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28


3,00 €<br />

2,50 €<br />

2,00 €<br />

1,50 €<br />

1,00 €<br />

0,50 €<br />

0,00 €<br />

<strong>Niedersächsisches</strong> M<strong>in</strong>isterium<br />

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Verdachts-WVU (fiktives Beispiel)<br />

Wasserpreise nach Zu- und Abschlägen<br />

80 m³ Typfall 150 m³ Typfall 400 m³ Typfall 1.300 m³ Typfall<br />

Verdachts-WVU Vergleichs-WVU 1 Vergleichs-WVU 2 Vergleichs-WVU 3<br />

Vergleichs-WVU 4 Vergleichs-WVU 5 Vergleichs-WVU 6<br />

29


Aktueller Verfahrensstand:<br />

• 2 Kartellverwaltungsverfahren e<strong>in</strong>gestellt,<br />

nach detaillierter Prüfung und fehlender Kostendeckung gemäß HGB-<br />

Jahresabschluss, Info an Kommunalaufsicht und Fachaufsicht Tr<strong>in</strong>kwasser<br />

• 1 Verfahren nach § 32b GWB e<strong>in</strong>gestellt, gegen Zusage von Preissenkung<br />

• 9 laufende Verfahren, Gespräche für ggf. mögliche e<strong>in</strong>vernehmliche Lösung<br />

• Presse<strong>in</strong>fo zum Verfahrensstand<br />

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Weiteres Vorgehen der LKB <strong>Niedersachsen</strong> nach der<br />

Entscheidung des BGH im Fall „Zweckverband<br />

Niederbarnim“<br />

BGH Beschluss vom 18.10.2011-KVR 9/11 „Niederbarnimer<br />

Wasserverband“ :<br />

• Denn die öffentlich-rechtliche Ausgestaltung des Leistungsverhältnisses<br />

e<strong>in</strong>es Wasserversorgers zu se<strong>in</strong>en Abnehmern steht jedenfalls se<strong>in</strong>er<br />

E<strong>in</strong>ordnung als Unternehmen im S<strong>in</strong>ne des § 59 Abs. 1 GWB nicht<br />

entgegen." (Rn. 12)<br />

• Offen gelassen:<br />

Ob öffentlich-rechtlich organisierte Wasserversorger auch bei öffentlichrechtlicher<br />

Ausgestaltung der Leistungsbeziehungen zu ihren Abnehmern<br />

grundsätzlich als Unternehmen im kartellrechtlichen S<strong>in</strong>ne anzusehen s<strong>in</strong>d.<br />

(Rn. 11)<br />

<strong>Niedersächsisches</strong> M<strong>in</strong>isterium<br />

für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr<br />

31


• Geklärt:<br />

> Kartellbehörden können im Rahmen e<strong>in</strong>er Preismissbrauchsaufsicht, die<br />

sich gegen privatrechtlich handelnde Unternehmen richtet, auch von<br />

öffentlich-rechtlichen Wasserversorgern Auskünfte im S<strong>in</strong>ne des § 59 GWB<br />

verlangen.<br />

> Die Anordnung e<strong>in</strong>es Anschluss- und Benutzungszwangs war für den BGH<br />

im vorliegenden Fall nicht maßgeblich.<br />

> Stattdessen wird festgestellt, dass die öffentlich-rechtliche und die<br />

privatrechtliche Ausgestaltung der Leistungsbeziehung im Fall der<br />

Wasserversorgung weitgehend austauschbar s<strong>in</strong>d (Rz 11).<br />

<strong>Niedersächsisches</strong> M<strong>in</strong>isterium<br />

für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr<br />

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Wirtschaftszweiguntersuchung des Nds. Tr<strong>in</strong>kwassermarktes gemäß § 32e GWB<br />

Zielgruppe: Gebühren erhebende WVU<br />

• Ziel: Vollständiges Bild (Gebühren und Preise) des Tr<strong>in</strong>kwassermarktes <strong>in</strong> Nds.<br />

• Datenerhebung per Auskunftsverfügung vom 13.02.2012<br />

• Zielgruppe: ca. 80 Gebühren erhebende WVU<br />

• „Fragebogen Tr<strong>in</strong>kwasser 2009“ zum Stichtag 31.12.2009<br />

• Datenerhebung erfolgte 2010 bereits auf freiwilliger Basis<br />

• Rücklaufquote von ca. 60%, aber ke<strong>in</strong>e gute Datenqualität (lückenhafte Angaben)<br />

<strong>Niedersächsisches</strong> M<strong>in</strong>isterium<br />

für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr<br />

33


„Fragebogen Tr<strong>in</strong>kwasser 2009“<br />

• Erhebung der Tr<strong>in</strong>kwassergebühren für HuK-Kunden<br />

- Typfälle: 80 m³, 150 m³, 400 m³, 1.300 m³<br />

- Ermittlung der jeweiligen Durchschnittsgebühr pro Typfall<br />

• Erhebung von Unternehmensstruktur-Parametern<br />

- Mengengerüst bei Wasserbeschaffung, -verteilung, -vertrieb<br />

- Kosten- und Erlösdaten der Sparte Tr<strong>in</strong>kwasser<br />

- Struktur des Versorgungsnetzes<br />

- Struktur des Versorgungsgebietes<br />

<strong>Niedersächsisches</strong> M<strong>in</strong>isterium<br />

für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr<br />

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<strong>Niedersächsisches</strong> M<strong>in</strong>isterium<br />

für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr<br />

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit<br />

Heike Z<strong>in</strong>ram Björn Korte<br />

Referatsleiter<strong>in</strong> RR<br />

<strong>Niedersächsisches</strong> M<strong>in</strong>isterium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr<br />

Referat 15 - Wettbewerbs- und Energiekartellrecht,<br />

Landeskartellbehörde<br />

Friedrichswall 1<br />

30159 Hannover<br />

Telefon 0511 120 5546 Telefon 0511 120 5547<br />

Telefax 0511 120 99 5546 Telefax 0511 120 99 5547<br />

heike.z<strong>in</strong>ram@mw.niedersachsen.de bjoern.korte@mw.niedersachsen.de<br />

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