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Forschungsbedarf zur Umsetzung des „Konzeptes zur ... - Genres

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BLAG Forstliche <strong>Genres</strong>sourcen und Forstsaatgutrecht<br />

<strong>Forschungsbedarf</strong> <strong>zur</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> <strong>„Konzeptes</strong> <strong>zur</strong> Erhaltung und<br />

nachhaltigen Nutzung forstlicher <strong>Genres</strong>sourcen in der Bun<strong>des</strong>republik<br />

Deutschland“<br />

1. Klimawirkungsforschung<br />

Die genetische Vielfalt der Waldbäume bildet eine entscheidende Grundlage für die Widerstandsfähigkeit der<br />

Waldökosysteme und ist grundlegend für die Anpassungsfähigkeit der Wälder an sich verändernde<br />

klimatische Bedingungen. Angesichts der Unsicherheiten bezüglich <strong>des</strong> Umfangs der zukünftigen<br />

Veränderungen <strong>des</strong> Klimas und der Standortbedingungen haben die Forschung <strong>zur</strong> genetischen Vielfalt und<br />

Anpassungsfähigkeit der Baumarten und die Herkunftsforschung besonders hohe Bedeutung. Durch<br />

interdisziplinäre Forschung zu den Auswirkungen der Klimaveränderungen auf die Wälder und die<br />

Waldbäume und zu den Grenzen der Anpassungsfähigkeit der Baumarten müssen zukünftige Risiken und<br />

Chancen für die Waldbewirtschaftung frühzeitig und ganzheitlich analysiert werden. Die<br />

Klimawirkungsforschung verfolgt auf genetischer Ebene verschiedene Teilziele, die in einzelnen Punkten<br />

näher erläutert werden (z. B. Herkunftsforschung)<br />

Dahingehend ausgerichtete Forschungsaktivitäten erarbeiten Entscheidungshilfen für die praktische<br />

Waldbewirtschaftung.<br />

2. Erfassung der genetischen Vielfalt und der genetischen Unterschiede zwischen<br />

verschiedenen Baumpopulationen<br />

Nur genetische Inventuren mit Genmarkern bieten die notwendige Information, um Waldteile (Bestände) für<br />

Generhaltungszwecke oder als Saatguterntebestände auszuwählen und Herkunftsgebiete abzugrenzen. Ein<br />

großer Teil der bisher verfügbaren Information basiert auf Erhebungen mit nur wenigen Isoenzym-Genorten.<br />

Neu entwickelte Genmarker (z. B. AFLPs, cp-DNA, mt-DNA, SSRs, SNPs, ESTs erlauben, die Aussagekraft<br />

wesentlich zu steigern. Dringend erforderlich sind vergleichende Studien zum Einsatz mehrerer Kategorien<br />

von Genmarkern und Arbeiten <strong>zur</strong> optimalen Stichprobenstrategie. Diese können durch<br />

Computersimulationen erfolgreich getestet und optimiert werden (Cavers et al. 2005).<br />

Neue Genmarker erfordern auch neue Methoden <strong>zur</strong> Auswertung der entstehenden Daten. Dies wird<br />

besonders deutlich am irreführenden Einsatz von Maßen der genetischen Differenzierung zwischen<br />

Beständen (Fst und Gst) bei hochvariablen Mikrosatelliten (Hedrick 2005, 1999).<br />

Auf internationaler und europäischer Ebene bildet sich ein neuer Schwerpunkt; nämlich Genmarker für<br />

adaptive Merkmale zu identifizieren (z. B. Phänologie, Resistenz gegen Schaderreger). Diese neuen<br />

Genmarker können erstmals wichtige Informationen liefern, um die lokale Anpassung zu erfassen zu<br />

verstehen. Mit dieser Kenntnis wird es auch möglich sein, Herkunftsgebiete auf wissenschaftlicher Basis<br />

abzugrenzen (Garcia-Gil et al. 2003). Damit ist gleichzeitig eine engere Verknüpfung von genetischer und<br />

ökophysiologischer Forschung anzustreben.<br />

3. Anlage neuer und gemeinsame Auswertung bestehender Herkunftsversuche<br />

Die besten Aussagen <strong>zur</strong> lokalen Angepasstheit und Anpassungsfähigkeit und <strong>zur</strong> Abgrenzung von<br />

Herkunftsgebieten können bisher mit Hilfe von Herkunftsversuchen gewonnen werden. Insbesondere <strong>zur</strong><br />

Frage der Anpassungsfähigkeit an Klimaänderungen sind hier die Anstrengungen <strong>zur</strong> gemeinsamen<br />

Auswertung bestehender, langfristiger Versuche zu intensivieren. Für bisher nicht untersuchte Arten (z. B.<br />

Hainbuche, Linde, Straucharten) bzw. für Arten, bei denen ost- bzw. südosteuropäische Herkünfte bisher<br />

nicht berücksichtigt wurden, sind neue Versuche anzulegen.<br />

4. Genfluss auf Landschaftsebene – Pollen- und Samenverbreitung<br />

zwischen Beständen<br />

Bisher wurde die Pollen- und Samenverbreitung zumeist innerhalb eines Bestan<strong>des</strong> bzw. innerhalb einer<br />

Samenplantage untersucht. Häufig konnte hierbei ein bedeutender Prozentsatz der Pollen- und Sameneltern<br />

von außerhalb <strong>des</strong> untersuchten Bestan<strong>des</strong> nachgewiesen werden. Für die Praxis ist es wichtig, die<br />

Entfernung und den Umfang dieses externen Genflusses zu kennen, damit der Einfluss der Pollenväter in<br />

Saatguterntebeständen und Samenplantagen zutreffend bestimmt und gegebenenfalls verhindert werden<br />

147


Tätigkeitsbericht 2001 - 2004<br />

kann.<br />

5. Auswirkungen genetisch nicht angepassten Vermehrungsgutes im Landschaftsbau auf die<br />

genetische Zusammensetzung von Wäldern<br />

Im Landschaftsbau gibt es Vorschläge und Empfehlungen für die Verwendung von Arten und Sorten, jedoch<br />

keine rechtsverbindliche Reglung über die Verwendung von lokal angepasstem Vermehrungsgut. Hier<br />

besteht <strong>Forschungsbedarf</strong>, um die möglichen Auswirkungen auf die genetische Zusammensetzung<br />

angrenzender Wälder zu klären. Arbeiten hierzu müssen Studien zum Genfluss und <strong>zur</strong> Anpassung<br />

beinhalten (Verbindung zu Punkt 3 und 4).<br />

6. Methoden der Herkunftsidentifizierung<br />

Die genetische Kontrolle der Herkunft von forstlichem Vermehrungsgut und von eingeschlagenem Holz<br />

(Stichwort: illegaler Holzeinschlag) wird zukünftig an Bedeutung gewinnen. Sie ist teilweise bereits in<br />

verschiedenen Normen und Richtlinien aufgenommen worden (z. B. forstliche Zertifizierung nach PEFC). Zur<br />

Weiterentwicklung dieser Verfahren müssen die modernsten wissenschaftlichen Methoden und Erkenntnisse<br />

mit den Bedürfnissen der Saatgutbetriebe und Baumschulen nach praktikablen und kostengünstigen<br />

Verfahren der Herkunftsidentifizierung zusammengebracht werden. Neben dem ZüF-Verfahren, das auf der<br />

genetischen Untersuchung von Rückstellproben basiert, laufen bereits Studien, die mit Hilfe hochvariabler<br />

Mikrosatelliten gerichtsfeste Abstammungsnachweise für forstliches Vermehrungsgut testen. Der Einsatz<br />

von Mikrosatelliten wird zukünftig an Bedeutung gewinnen. Hier sind standardisierte Versuchsprotokolle,<br />

Datenbanken und ein System von einheitlichen Kontrollstandards weiter zu entwickeln. Die Anzahl der<br />

verfügbaren Mikrosatelliten-Genorte muss teilweise noch erhöht werden. Auch der Einsatz alternativer<br />

Methoden <strong>zur</strong> Herkunftsidentifizierung z. B. Spurenelementgehalte und Isotopenverhältnisse soll getestet<br />

werden.<br />

7. Untersuchungen zu Auswirkungen forstlicher Maßnahmen, Saatguternte und<br />

Pflanzenanzucht auf die genetische Zusammensetzung von Wäldern<br />

Ähnlich wie bei der Erfassung der genetischen Vielfalt basieren bisherige Studien zu Auswirkungen<br />

forstlicher Maßnahmen und Methoden der Saatgutgewinnung und Pflanzenanzucht zumeist nur auf<br />

genetischen Erhebungen an wenigen Isoenzym-Genorten. Auch hier können neue genetische<br />

Untersuchungen mit molekularen Markern die bisherigen Ergebnisse trennschärfer und damit<br />

aussagekräftiger machen. Simulationsmodelle sollten im Verbund mit der Datenerhebung in Forst und Labor<br />

eingesetzt und weiter entwickelt werde, um allgemein gültige Ergebnisse zu erzielen (Degen et al. 2006;<br />

1996).<br />

Bisher gibt es wenig Erkenntnisse über die „natürliche“ Variation genetischer Prozesse wie z. B. über die<br />

Pollenverbreitung oder den Anteil der Selbstbefruchtung in verschiedenen Jahren. Der anthropogene<br />

Einfluss auf die „natürliche“ Variation ist künftig stärker herauszuarbeiten. Hier sind Zeitreihen erforderlich,<br />

wie sie im genetischen Monitoring gewonnen werden.<br />

In das Genetische Monitoring sollten ausgewählte Baumarten der Lebensraumtypen in FFH-Gebieten<br />

einbezogen werden, da dort bereits der Schutzzweck einer langfristigen Erhaltung definiert ist.<br />

8. Züchtungsforschung<br />

Die Aufrechterhaltung einer breiten genetischen Vielfalt bildet die Grundlage für eine erfolgreiche<br />

Forstpflanzenzüchtung. Die Möglichkeiten, durch Forstpflanzenzüchtung angesichts der Klimaveränderung<br />

geeignetes Vermehrungsgut zu entwickeln und dieses für die Waldbewirtschaftung zu nutzen, müssen<br />

intensiv und rechtzeitig geprüft werden.<br />

Hierin einbezogen ist die Bereitstellung von Klonen bzw. Klongemischen mit besonderen Eigenschaften für<br />

die Nutzung in Energieholzplantagen.<br />

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Literatur<br />

BLAG Forstliche <strong>Genres</strong>sourcen und Forstsaatgutrecht<br />

CAVERS, S., DEGEN B., CARON H., LEMES M., MARGIS R. ,SALGUEIRO F. and LOWE A. (2005): Optimal sampling<br />

strategy for estimation of spatial genetic structure in tree populations. Heredity 95, 281-289<br />

DEGEN B. and SCHOLZ F. (1996): Der Einsatz <strong>des</strong> Simulationsmodells ÖKO-GEN <strong>zur</strong> Erarbeitung von<br />

Entscheidungshilfen für eine nachhaltige Forstwirtschaft. In: MÜLLER-STARCK G.: Biodiversität und<br />

nachhaltige Forstwirtschaft. Landsberg: Ecomed - Verlagsgesellschaft, 284-299.<br />

DEGEN B., BLANC L., CARON H., MAGGIA L., KREMER A. and S. GOURLET-FLEURY (2006): Impact of selective logging<br />

on genetic composition and demographic structure of four tropical tree species. Biological<br />

Conservation, in press.<br />

GARCIA-GIL, MR; MIKKONEN, M; SAVOLAINEN, O (2003): Nucleotide diversity at two phytochrome loci along a<br />

latitudinal cline in Pinus sylvestris. Molecular Ecology 12 (5): 1195-1206.<br />

HEDRICK PW (1999): Perspective: highly variable loci and their interpretation in evolution and conservation.<br />

Evolution 53: 313-318<br />

HEDRICK PW (2005): A standardized genetic differentiation measure. Evolution 59: 1633-1638.<br />

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