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Länder<br />
Länderreport<br />
Frankreich<br />
Konkrete Bewertung des irreführenden<br />
Charakters von Geschäftspraktiken<br />
Der französische Gesetzgeber nahm den Begriff der<br />
„irreführenden Unterlassung“ im Sinne der Richtlinie<br />
2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des<br />
Rates auf und setzte ihn national um. Hintergrund<br />
waren jüngste Entscheidungen des Europäischen<br />
Gerichtshofs.<br />
„Irreführende Unterlassungen“<br />
Der EuGH ist der Ansicht: Die Angabe der einzigen<br />
Hauptcharakteristiken eines Produkts und die Nennung<br />
eines einfachen Basispreises kann ausreichend sein,<br />
wenn ein Unternehmen nur auf seine Internetseite<br />
verweist oder keine Modalitäten zur Preisberechnung<br />
vorliegen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Angabe dem<br />
Verbraucher verspricht, seine Handelsentscheidung mit<br />
Sachkenntnis treffen zu können. Eine solche Angabe ist<br />
nicht als „irreführende Unterlassung“ zu qualifizieren.<br />
Das entschied der Gerichtshof am 12. Mai 2011.<br />
(C-122/10; Konsumentombudsmannen KO c/Ving<br />
Sverige AB)<br />
Mit dieser Entscheidung bestätigt der Europäische Gerichtshof<br />
(EuGH) sein Urteil vom 23. April 2009 und schließt jegliche<br />
Qualifizierung per se aus. Auch hier verweist er auf die nationalen<br />
Gerichte, um den irreführenden Charakter konkret zu<br />
ermessen.<br />
Mit dem Gesetz 2011-525 vom 17. Mai 2011 will der französische<br />
Gesetzgeber die Rechte, den Schutz und die Information<br />
der Verbraucher stärken. Zu diesem Zweck hat er die Artikel L<br />
122-1, L 121-35 und L 121-36 des Verbrauchergesetzbuchs abgeändert,<br />
und zwar mit Blick auf:<br />
• Koppelungsverkäufe („ventes liées“)<br />
• Verkäufe mit Zugaben („ventes avec prime“)<br />
• Handelslotterien („loteries commerciales“)<br />
Das Gesetz sieht die Notwendigkeit vor, das Verhalten als<br />
„unlauter“ zu qualifizieren, bevor die betroffene Praxis bestraft<br />
wird, und streicht das Verbot dieser Praktiken per se.<br />
Hintergrund: Bis zum 19. Mai 2011 (Datum des Inkrafttretens<br />
des Gesetzes) waren Koppelungsverkäufe, Verkäufe mit Zugaben<br />
sowie Handelslotterien in Frankreich generell verboten.<br />
Die konkrete Bewertung des irreführenden Charakters einer<br />
Geschäftspraktik, die übrigens schon von der nationalen<br />
Rechtsprechung unter Einfluss des Gemeinschaftsrechts entwickelt<br />
worden ist, wird somit rechtskräftig.<br />
Definition der Kaufaufforderung<br />
Speziell bei der Kaufaufforderung gilt es herauszufinden, ob<br />
alleine das Fehlen einer der von Absatz 2 des Artikels L 121-1 II<br />
des französischen Verbrauchergesetzbuchs zwingend vorgeschriebenen<br />
Begriffe (die Hauptmerkmale der Ware oder der<br />
Dienstleistung, Name und Adresse des Geschäftsmanns, der<br />
Bruttopreis sowie Lieferkosten, Zahlungs-, Liefer-, Mangelrügebedingungen,<br />
ein eventuelles Widerrufrecht) ausreicht, um<br />
eine Unterlassung als irreführend auszulegen.<br />
Der EuGH hatte in seinem erwähnten Urteil vom 12. Mai 2011<br />
drei Kriterien aufgezeigt, die es nicht erlaubten, die Qualifizierung<br />
der Kaufaufforderung als irreführend auszuschließen:<br />
• Die Kaufaufforderung setzt nicht voraus, dass die Bekanntmachung,<br />
die sie enthält, ein konkretes Mittel zum Kauf des<br />
Produkts anbietet oder nahe oder anlässlich eines solchen<br />
Mittels erscheint.<br />
• Der Nennung eines einfachen Basispreises kann ausreichen,<br />
um die Pflicht zur Preisangabe zu erfüllen.<br />
• Selbst wenn es sich um ein Produkt handeln würde, das in<br />
verschiedenen Varianten angeboten würde, so könnte die<br />
Pflicht zur Angabe der Charakteristiken durch einfache verbale<br />
oder visuelle Darbietung des Produkts erfüllt sein.<br />
Sophie Delahaie-Roth<br />
Tel.: +33 3 9040-2610<br />
Fundstellen<br />
• EuGH, Urteil vom 12. Mai 2011 (C 299/07; Galatea<br />
BVBA/Sanoma Magazines Belgium NV)<br />
• EuGH, Urteil vom 23. April 2009 (C 261/07; VTB-VAB<br />
NV/Total Belgium NV)<br />
<strong>steuern+recht</strong> November 31