Neuregelung der Vorschriften zur Konsolidierung und ... - PwC Blogs
Neuregelung der Vorschriften zur Konsolidierung und ... - PwC Blogs
Neuregelung der Vorschriften zur Konsolidierung und ... - PwC Blogs
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Seite 194<br />
Beiträge<br />
Dietrich/Malsch, <strong>Neuregelung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vorschriften</strong> <strong>zur</strong> <strong>Konsolidierung</strong><br />
<strong>und</strong> Fair-Value-Bewertung nach IFRS <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Auswirkung auf die<br />
Bilanzierung von Investmentfonds<br />
Die Beurteilung, ob eine Prinzipal-Agenten-Beziehung vorliegt,<br />
berücksichtigt die folgenden qualitativen Indikatoren:<br />
– Reichweite <strong>der</strong> Entscheidungskompetenz („scope of the<br />
decision-making authority“),<br />
– Rechte an<strong>der</strong>er Parteien („rights held by other parties“),<br />
– Vergütung („remuneration“) <strong>und</strong><br />
– Teilhabe an <strong>der</strong> Variabilität von Rückflüssen („exposure to<br />
variability of returns from other interests“). 28<br />
Die dargestellten Beurteilungskriterien sind, sofern es sich nicht<br />
um ein von einem einzelnen Investor ausübbares, substanzielles<br />
Abberufungsrecht handelt, einzeln betrachtet nicht in <strong>der</strong> Lage,<br />
mit hinreichen<strong>der</strong> Sicherheit das Vorliegen einer Prinzipal- o<strong>der</strong><br />
Agentenrolle zu indizieren. 29 Die Beurteilung erfolgt basierend<br />
auf den jeweiligen Bedingungen des Einzelfalls <strong>und</strong> erfor<strong>der</strong>t<br />
demzufolge auch eine entsprechende Gewichtung <strong>der</strong> Indikatoren,<br />
wobei <strong>der</strong> IASB bewusst darauf verzichtet hat, konkrete Vorgaben<br />
<strong>zur</strong> Gewichtung zu machen. 30 Ebenso wurden vom IASB<br />
bewusst keine Grenzwerte („bright lines“) vorgegeben, <strong>der</strong>en<br />
Überschreiten ein signifikantes Eigeninteresse begründet. 31 Allerdings<br />
enthält <strong>der</strong> Standard erläuternde Beispiele, die Hinweise<br />
darauf geben, in welchen Fällen eine Agenten- <strong>und</strong> in welchen<br />
Fällen eine Prinzipalrolle vorliegt. 32<br />
Darüber hinaus for<strong>der</strong>t IFRS 10 erstmals auch die Berücksichtigung<br />
von Beziehungen mit an<strong>der</strong>en Parteien („de-factoagents“).<br />
33<br />
3. Anwendung des Prinzipal-Agent-Prinzips<br />
auf Investmentfonds<br />
Die nachfolgenden Ausführungen enthalten einige gr<strong>und</strong>legende<br />
Überlegungen <strong>zur</strong> Anwendung des Prinzipal-Agent-Prinzips auf<br />
Wertpapier-Son<strong>der</strong>vermögen des InvG. 34<br />
a) Wertpapier-Publikumsfonds<br />
aa) Bestimmung von Struktur, Zweck <strong>und</strong><br />
relevanten Aktivitäten<br />
Ein Wertpapier-Publikumsfonds 35 investiert entsprechend den<br />
Regelungen des Verkaufsprospekts <strong>und</strong> ggf. den Vorgaben aus<br />
den Beson<strong>der</strong>en Vertragsbedingungen in Wertpapiere <strong>und</strong> Bankguthaben<br />
<strong>und</strong> eröffnet damit den Investoren die Möglichkeit, in<br />
ein diversifiziertes Portfolio zu investieren. Die relevanten Tätigkeiten<br />
umfassen damit Entscheidungen über Kauf <strong>und</strong> Verkauf<br />
von Wertpapieren, die Anlage <strong>der</strong> freien Liquidität, aber auch die<br />
Einwerbung von weiteren finanziellen Mitteln durch Ausgabe von<br />
Investmentanteilen.<br />
bb) Entscheidungsmacht <strong>der</strong> Kapitalanlagegesellschaft<br />
Für in Deutschland aufgelegte, öffentlich vertriebene Wertpapier-<br />
Publikumsfonds i. S. d. § 2 Abs. 1 InvG werden we<strong>der</strong> Anteilschei-<br />
Recht <strong>der</strong> Finanzinstrumente | 3.2012 | 14.5.2012<br />
ne mit Stimmrechten („voting rights“) ausgegeben, noch ein<br />
Verwaltungsrat („board of directors“) bestellt. Der Aufgabenverteilung<br />
im sog. Investmentdreieck folgend, obliegt die Festlegung<br />
<strong>der</strong> Investmentstrategie bzw. auch die Umsetzung dieser durch<br />
konkrete Investmententscheidungen ausschließlich <strong>der</strong> Kapitalanlagegesellschaft.<br />
36 Darüber hinaus ist es i. d. R. auch die Kapitalanlagegesellschaft,<br />
die für die Einwerbung <strong>der</strong> finanziellen<br />
Mittel verantwortlich ist. 37 Damit verfügt die Kapitalanlagegesellschaft<br />
über die Rechte, die die relevanten Tätigkeiten maßgeblich<br />
beeinflussen. Die Ausübung <strong>der</strong> Entscheidungsmacht besteht<br />
unabhängig davon, dass die Kapitalanlagegesellschaft im Interesse<br />
<strong>der</strong> Investoren handeln muss. 38<br />
Es besteht jedoch die Möglichkeit, das Recht <strong>zur</strong> Umsetzung <strong>der</strong><br />
Investmentstrategie an einen Dritten zu übertragen. 39 Die Auslagerung<br />
darf jedoch nur insoweit erfolgen, als die Kapitalanlagegesellschaft<br />
nicht daran gehin<strong>der</strong>t wird, im Interesse <strong>der</strong> Anleger<br />
zu handeln. 40 Daher ist <strong>der</strong> Abschluss eines unkündbaren bzw.<br />
nur mit langer Kündigungsfrist kündbaren Auslagerungsvertrags<br />
nicht zulässig. Die Kapitalanlagegesellschaft wird sich allenfalls<br />
in sehr seltenen Ausnahmefällen darauf berufen können, dass sie<br />
ihre Entscheidungsrechte wirksam auf einen Dritten übertragen<br />
hat. 41<br />
Darüber hinaus können Abberufungsrechte die Entscheidungsmacht<br />
einer Kapitalanlagegesellschaft einschränken. 42 Dies setzt<br />
jedoch voraus, dass diese Abberufungsrechte Substanz besitzen,<br />
28 IFRS 10.B60.<br />
29 IFRS 10.B61.<br />
30 IFRS 10.B60.<br />
31 IASB Effect analysis for IFRS 10 and IFRS 12, S. 10 a. a. O.<br />
32 IFRS 10.B72, Bsp. 13 <strong>und</strong> 14.<br />
33 Vgl. Dietrich/ Krakuhn/ Sierleja, IRZ 2011, 522, Bsp. 1.<br />
34 Zu den Investmentaktiengesellschaften vgl. Dietrich/ Krakuhn/ Sierleja,<br />
IRZ 2012, 26.<br />
35 Die nachfolgende Analyse basiert auf einem in Deutschland aufgelegten,<br />
öffentlich vertriebenen Wertpapier-Publikumsfonds i. S. d. § 2 Abs. 1 InvG<br />
mit Standard-Vertragsbedingungen <strong>und</strong> soll eine allgemeine Orientierungshilfe<br />
darstellen. Die Analyse des Einzelfalls kann diese Darstellung<br />
nicht ersetzen.<br />
36 § 31 Abs. 1 InvG.<br />
37 Eine Ausnahme bilden hierbei z. B. sog. Label-Fonds, die im Alleinvertrieb<br />
eines Dritten stehen.<br />
38 Der IASB ist in seinen Beratungen zum IFRS 10 <strong>der</strong> Argumentation <strong>der</strong><br />
EFAMA hinsichtlich fehlen<strong>der</strong> Beherrschung aufgr<strong>und</strong> gesetzlicher<br />
Verpflichtung <strong>zur</strong> Wahrung <strong>der</strong> Anlegerinteressen nicht gefolgt, abrufbar<br />
unter www.ifrs.org/ Current+Projects/ IASB+Projects/ Consolida<br />
tion/ Exposure+Draft/ Comment+Letters/ Comment+Letters (Abruf:<br />
20.4.2012).<br />
39 § 16 Abs. 2 InvG.<br />
40 § 16 Abs. 1 InvG.<br />
41 Vgl. PricewaterhouseCoopers, IFRS für Investmentfonds, Bd. A, 2. Aufl.<br />
2007, S. 292.<br />
42 IFRS 10.B15.