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Seite 192 Beiträge Dietrich/Malsch, Neuregelung der Vorschriften zur Konsolidierung und Fair-Value-Bewertung nach IFRS und deren Auswirkung auf die Bilanzierung von Investmentfonds ten 6 – anzuwenden ist. Ziel des neuen Konsolidierungskonzepts ist es, eine einheitliche Anwendung der Normen zu erreichen, wobei die Neuregelungen im Vergleich zu IAS 27 a. F. und SIC- 12 eine höhere Komplexität aufweisen und ihre Anwendbarkeit aufgrund der indikativen Ausgestaltung vermehrten Ermessensentscheidungen unterliegt. 7 IFRS 11 löst IAS 31 („Interests in Joint Ventures“) sowie SIC-13 („Jointly Controlled Entities – Non-Monetary Contributions by Venturers“) ab. Auswirkungen auf Kapitalanlagegesellschaften sowie Investoren in Investmentfonds ergeben sich durch IFRS 11 nach Auffassung der Verf. nur in Ausnahmefällen, weshalb der vorliegende Beitrag diesen Standard nicht weiter behandelt. IFRS 12 vereint die Angabeerfordernisse für Beteiligungen an Tochterunternehmen, assoziierten Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen in einem übergreifenden Standard. Die bisher geltenden Angabeerfordernisse werden übernommen und teilweise aneinander angeglichen und darüber hinaus durch erweiterte Angaben zu Minderheitenanteilen und Beziehungen zu strukturierten Unternehmen ergänzt. Der zusammen mit den Standards zur Konsolidierung veröffentlichte IFRS 13 ist ebenfalls verpflichtend zum 1.1.2013 8 anzuwenden. Der Standard kodifiziert erstmals ein allgemeingültiges Rahmenkonzept zur Fair-Value-Ermittlung, das neben einer einheitlichen Definition des Fair Value auch eine Vereinheitlichung der Anhangangaben vornimmt. II. Überlegungen zur Konsolidierung von Investmentfonds nach IFRS 10 1. Kriterien der Beherrschung nach IFRS 10 im Überblick Das in IFRS 10 kodifizierte einheitliche Konsolidierungskonzept 9 gründet das Konsolidierungserfordernis ausschließlich auf das Vorliegen von Beherrschung. Beherrschung liegt gemäß IFRS 10.7 10 immer dann vor, wenn die folgenden Kriterien kumulativ erfüllt sind: – der Investor hat Entscheidungsmacht über das potenzielle Tochterunternehmen („power“); – der Investor ist durch seine Verbindung zum potenziellen Tochterunternehmen variablen Rückflüssen ausgesetzt bzw. hat Rechte an diesen Rückflüssen („variable returns“); – der Investor hat die Möglichkeit, seine Entscheidungsmacht über das potenzielle Tochterunternehmen zu nutzen, um die Höhe der variablen Rückflüsse zu beeinflussen („link between power and returns“). Ausgangspunkt der Prüfung im Hinblick auf das Vorliegen von Beherrschung bildet die Analyse des Zwecks und der Struktur Recht der Finanzinstrumente | 3.2012 | 14.5.2012 („purpose and design“) des potenziellen Tochterunternehmens. 11 IFRS 10 schlussfolgert hieraus jedoch nicht, dass derjenige, der die Struktur bestimmt oder den Zweck determiniert, auch derjenige ist, der das potenzielle Tochterunternehmen zu konsolidieren hat. 12 Die Bestimmung von Zweck und Struktur ist lediglich die Grundlage für die Bestimmung der relevanten Tätigkeiten und kann ein Indikator sein, wer die relevanten Tätigkeiten kontrolliert. 13 Die Zwecksetzung kann dabei z. B. auch darin bestehen, bestimmte Chancen und Risiken auf einen Dritten zu übertragen. Die Prüfung der Chancen- und Risiko-Verteilung kann dabei Erkenntnisse hinsichtlich der zu berücksichtigenden relevanten Tätigkeiten, nicht jedoch hinsichtlich der Frage, wer die Entscheidungsmacht über das potenzielle Tochterunternehmen ausübt, bringen. Der in SIC-12.10(c) und (d) implementierte Risk- and Rewards-Ansatz, der eine Beherrschungsvermutung allein aufgrund der Chancen- Risiko-Verteilung vorsieht, findet sich in IFRS 10 ebenfalls nicht wieder. 14 Die Chancen und Risiken finden lediglich Eingang in die Beurteilung der Rechte an variablen Rückflüssen. 15 Zentral für die Beurteilung, wer Entscheidungsmacht über ein Unternehmen ausübt, ist damit die Bestimmung der relevanten Tätigkeit („relevant activities“). Relevante Tätigkeiten sind alle entscheidungsbestimmten Aktivitäten, die die Variabilität der Rückflüsse signifikant beeinflussen können. 16 Anders als SIC-12 geht IFRS 10 zunächst positiv davon aus, dass in jeder Struktur mindestens eine relevante Tätigkeit zu finden ist. 17 unter www.ifrs.org/ Current+Projects/ IASB+Projects/ Consolidation/ IE/ investment+entities.htm (Abruf: 20.4.2012)) veröffentlicht, der für bestimmte Investmentgesellschaften eine Ausnahme in der Anwendung vorsieht. 6 Eine Unterscheidung zwischen operativen Gesellschaften und Zweckgesellschaften wird im IFRS 10 nicht getroffen. In IFRS 12 wird jedoch für Offenlegungszwecke der Begriff „strukturierte Unternehmen“ definiert. 7 Vgl. hierzu auch Zülch/ Erdmann/ Popp, KoR 2011, 585 ff. 8 Im Gegensatz zu den Konsolidierungsstandards bestehen von Seiten der EFRAG derzeit keine Bedenken hinsichtlich der Erstanwendung des IFRS 13, abrufbar unter www.efrag.org/ files/ EFRAG%20public%20letters/ Fair%20Value%20Measurments/ Final_Endorsement_Advice_-_IFRS_13. pdf (Abruf: 20.4.2012). 9 Zu den Grundlagen des IFRS 10 vgl. Leitner-Hanetseder/ Schausberger, IRZ 2011, 379 ff. 10 IFRS 10.B2. 11 IFRS 10.B3(a) i. V. m. IFRS 10.B5-B8. 12 IFRS 10.B51; BC78. Derjenige, der die Struktur aufgesetzt hat, hat letztlich nur die größeren Möglichkeiten, sich auch die entsprechenden Entscheidungsrechte einzuräumen und ist damit derjenige, bei dem man sinnvoller Weise mit der Prüfung der Beherrschungsindikatoren beginnt. 13 IFRS 10.B5; BC79. 14 Vgl. Dietrich/ Krakuhn/ Sierleja, IRZ 2011, 520. 15 IFRS 10.B8 i. V. m. IFRS 10.BC32-34 und BC36; auch IASB Effect analysis for IFRS 10 and IFRS 12, S. 16 a. a. O. 16 IFRS 10.B11. 17 IFRS 10.B53; vgl. Dietrich/ Krakuhn/ Sierleja, IRZ 2011, 520.
Entscheidungsmacht hat derjenige, der die derzeitige Möglichkeit („current ability“) hat, die Aktivitäten und damit signifikanter die Rückflüsse zu beeinflussen. 18 Entscheidungsmacht erlangt der Investor durch substantielle 19 Rechte (Stimmrechte oder vertragliche Regelungen, wie z. B. Bestellungs- und Abberufungsrechte 20 oder Investmentmanagementverträge), die ausübbar sind, wenn Entscheidungen über die relevanten Tätigkeiten anstehen, 21 und die eine Veränderung der Rückflüsse bewirken können. Eine tatsächliche Ausübung der Rechte ist dabei nicht erforderlich. 22 Rechte, die allerdings lediglich auf administrative Tätigkeiten ausgerichtet sind, oder Rechte, die dem Inhaber lediglich die Möglichkeit geben sollen, in Ausnahmefällen seine Interessen zu wahren und fundamentale Veränderungen zu verhindern (Schutzrechte), sind nicht dazu geeignet, Entscheidungsmacht zu verleihen. 23 Als variable Rückflüsse gelten alle Rückflüsse, die sich durch die Entscheidungen des Investors über relevante Tätigkeiten verändern und insofern mit der Performance des potentiellen Tochterunternehmens variieren. 24 Der Standard gibt nur Hinweise auf mögliche Formen von variablen Rückflüssen; eine abschließende Definition fehlt jedoch. Unter den Begriff der variablen Rückflüsse fallen neben den bislang schon nach IAS 27 a. F./ SIC-12 berücksichtigten Zinsen, Dividenden und Bewertungsergebnissen u. a. auch Rückflüsse in Form von Zugang zu Liquidität, steuerlichen und aufsichtsrechtlichen Vorteilen oder auch Servicegebühren (z. B. Investmentmanagement- oder Performancegebühren). Ferner muss eine Verbindung zwischen Power und Return vorliegen. Dieses dritte Kriterium wird häufig auch mit der Analyse der Prinzipal-Agenten-Beziehung gleichgesetzt. Im Asset Management hat dieses Kriterium eine zentrale Bedeutung. Entscheidungsmacht Struktur und Zielsetzung Relevante Tätigkeiten Variablen Rückflüssen ausgesetzt sein / Rechte an diesen haben Verbindung zwischen Entscheidungsmacht und variablen Rückflüssen Prinzipal-Agenten- Beziehung Abbildung 1: Konzept des IFRS 10 (in Anlehnung an: Dietrich/ Krakuhn/ Sierleja, IRZ 2011, 520) Seite 193 Beiträge Dietrich/Malsch, Neuregelung der Vorschriften zur Konsolidierung und Fair-Value-Bewertung nach IFRS und deren Auswirkung auf die Bilanzierung von Investmentfonds 2. Die zwei Seiten der Prinzipal-Agenten-Beziehungen IFRS 10 berücksichtigt erstmalig Beziehungen, in denen eine handelnde Partei lediglich als Agent für einen Dritten auftritt. Die bisherigen Regelungen des IAS 27 a. F./ SIC-12 enthielten keine derartige Regel, was zur Kritik an den Vorschriften insbes. von Seiten der Kapitalanlagegesellschaften geführt hat, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften dazu verpflichtet sind, bei allen Entscheidungen immer dem Investorinteresse den Vorrang zu geben. 25 Charakteristisch für einen Agenten ist, dass dieser zwar über die erforderliche Entscheidungsmacht verfügt, diese aber nicht im eigenen, sondern lediglich im Interesse von Dritten (den Investoren) ausübt. 26 Agiert ein Unternehmen nur als Agent, übt es keine Beherrschung i. S. d. IFRS 10 aus. Die Prüfung der Konsolidierungspflicht endet nicht mehr – wie bisher – mit der Feststellung, dass ein Unternehmen selbst über keine Entscheidungsrechte verfügt. IFRS 10 erfordert auch die Prüfung, ob nicht ggf. ein Dritter als Agent für den Investor die Entscheidungsmacht ausübt und sich dieser insofern die Entscheidungsrechte des Agenten zurechnen lassen muss. Eine an einem Investmentfonds beteiligte Schwestergesellschaft der Kapitalanlagegesellschaft muss sich z. B. die Entscheidungsmacht dieser zurechnen lassen. 27 Delegation von Entscheidungsrechten Prinzipal Agent Rechte an variablen Rückflüssen Unternehmen Entscheidungsmacht bzgl. relevanter Tätigkeiten Abbildung 2: Prinzipal-Agenten-Beziehungen (in Anlehnung an: Dietrich/ Krakuhn/ Sierleja, IRZ 2011, 521) 18 IFRS 10.10 und B14; IFRS 10.13. 19 In der Bilanzierungspraxis wurde bisher die Existenz von Rechten allein für ausreichend befunden und nur in wenigen Einzelfällen auch die Substanz der Rechte beurteilt. So wurde z. B. bei Abberufungsrechten zwar eine Prüfung hinsichtlich finanzieller oder zeitlicher Barrieren vorgenommen, nicht aber die Anzahl der für die Ausübung des Rechts notwendigen Parteien berücksichtigt (IFRS 10.B23(b)). 20 IFRS 10.11 und B15 ff. 21 IFRS 10.B24. 22 IFRS 10.12. 23 IFRS 10.B26-28; Dietrich/ Krakuhn/ Sierleja, IRZ 2011, 520. 24 IFRS 10.15 und B56. 25 § 9 InvG 26 IFRS 10.B58; vgl. Dietrich/ Krakuhn/ Sierleja, IRZ 2011, 520. 27 IFRS 10.B58 und B59. Recht der Finanzinstrumente | 3.2012 | 14.5.2012
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