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Neuregelung der Vorschriften zur Konsolidierung und ... - PwC Blogs

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Seite 191<br />

Beiträge<br />

Dietrich/Malsch, <strong>Neuregelung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vorschriften</strong> <strong>zur</strong> <strong>Konsolidierung</strong><br />

<strong>und</strong> Fair-Value-Bewertung nach IFRS <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Auswirkung auf die<br />

Bilanzierung von Investmentfonds<br />

<strong>Neuregelung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vorschriften</strong> <strong>zur</strong><br />

<strong>Konsolidierung</strong> <strong>und</strong> Fair-Value-Bewertung<br />

nach IFRS <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Auswirkung auf die<br />

Bilanzierung von Investmentfonds<br />

Die im Mai 2011 vom International Accounting Standards Board (IASB) veröffentlichten Standards IFRS 10 („Consolidated<br />

Financial Statements“), IFRS 11 („Joint Arrangements“), IFRS 12 („Disclosures of Interests in Other Entities“)<br />

sowie die überarbeiteten IAS 27 („Separate Financial Statements“) <strong>und</strong> IAS 28 („Investments in Associates and Joint<br />

Ventures“) setzen einen vorläufigen Schlusspunkt in <strong>der</strong> konzeptionellen Diskussion <strong>zur</strong> sachgerechten Abgrenzung<br />

des <strong>Konsolidierung</strong>skreises. Das Ergebnis <strong>der</strong> Diskussionen um die Bewertung zum Fair Value mündete in den<br />

ebenfalls im Mai 2011 veröffentlichten IFRS 13 („Fair Value Measurement“). Der nachfolgende Beitrag analysiert die<br />

Frage, ob die <strong>Neuregelung</strong>en die in sie gesetzten Anfor<strong>der</strong>ungen mit Blick auf die Bilanzierung von Investmentfonds<br />

nach Investmentgesetz (InvG) erfüllen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Standards IFRS 10, IFRS 12 <strong>und</strong> IFRS 13.<br />

AnitA Dietrich, WP/ StB, unD Annette MAlSch, WP/ StB*<br />

I. Einleitung<br />

Insbes. im Rahmen <strong>der</strong> Finanzmarktkrise 1 wurde häufig bemängelt,<br />

dass die <strong>Konsolidierung</strong>skriterien des IAS 27 („Consolidated<br />

and Separate Financial Statements“) 2 <strong>und</strong> SIC-12 („Consolidation<br />

– Special Purpose Entities“) nicht immer dazu geführt<br />

haben, die Risiken aus Beziehungen zu an<strong>der</strong>en Unternehmen<br />

sachgerecht darzustellen. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass<br />

die Regelungen des IAS 27 a. F. <strong>und</strong> SIC-12 nicht deckungsgleich<br />

waren, so dass sich insbes. bei <strong>der</strong> Frage, wann ein Investmentfonds<br />

zu konsolidieren ist, eine unterschiedliche Antwort ergeben<br />

konnte, je nachdem, welchen <strong>der</strong> beiden Standards man <strong>zur</strong><br />

Lösung <strong>der</strong> <strong>Konsolidierung</strong>sfrage angewendet hat. 3 Ebenfalls in<br />

<strong>der</strong> Kritik stand im Rahmen <strong>der</strong> Finanzmarktkrise die Bewertung<br />

zum Fair Value. Neben <strong>der</strong> Frage, ob <strong>der</strong> Fair Value überhaupt <strong>der</strong><br />

richtige Bewertungsmaßstab für bestimmte Finanzprodukte ist,<br />

wurde darüber diskutiert, wie ein Fair Value ermittelt werden soll<br />

<strong>und</strong> welche Angaben für die Bilanzadressaten relevant sind. Das<br />

Ergebnis <strong>der</strong> Diskussionen mündete in den IFRS 13, <strong>der</strong> erstmals<br />

ein einheitliches Rahmenkonzept für die Fair-Value-Ermittlung<br />

kodifiziert.<br />

II. Neue Regelungen im Überblick<br />

Das <strong>Konsolidierung</strong>sprojekt des IASB umfasst insgesamt fünf<br />

Standards (IFRS 10, IFRS 11, IFRS 12, IAS 27, IAS 28), die sämtlich<br />

für Geschäftsjahre, die am o<strong>der</strong> nach dem 1.1.2013 4 beginnen,<br />

anzuwenden sind.<br />

Während IAS 28 im Wesentlichen nur strukturell überarbeitet<br />

wurde, ersetzt IFRS 10 die Regelungen <strong>zur</strong> Einbeziehung von<br />

Tochterunternehmen in einen Konzernabschluss in IAS 27 a. F.,<br />

so dass IAS 27 fortan lediglich die Regelungen zu den Einzelabschlüssen<br />

enthält.<br />

IFRS 10 5 definiert ein allgemeingültiges <strong>Konsolidierung</strong>skonzept,<br />

das für alle Unternehmen – auch für sog. Zweckgesellschaf-<br />

* Der Beitrag gibt ausschließlich die persönliche Meinung <strong>der</strong> Autoren wie<strong>der</strong>.<br />

1 IFRS 10.IN5, IFRS 10BC4.<br />

2 Nachfolgend mit IAS 27 a. F. bezeichnet.<br />

3 Vgl. hierzu die Aussagen <strong>zur</strong> Diversity in Practice in <strong>der</strong> IASB Effect analysis<br />

for IFRS 10 and IFRS 12, S. 9 <strong>und</strong> S. 27, abrufbar unter www.ifrs.<br />

org/ News/ Announcements+and+Speeches/ EffectanaIFRS10_11 (Abruf:<br />

20.4.2012).<br />

4 Die EFRAG steht einer Übernahme <strong>der</strong> <strong>Konsolidierung</strong>sstandards in das<br />

Europäische Bilanzrecht gr<strong>und</strong>sätzlich positiv gegenüber, hat aber in ihrer<br />

ersten Einschätzung zum Endorsement vom 9.2.2012 eine Verschiebung<br />

des Erstanwendungszeitpunkts auf den 1.1.2014 vorgeschlagen, abrufbar<br />

unter www.efrag.org/ Front/ n1-904/ EFRAG-requests-comments-on-itsdraft-endorsement-advice-s--and-draft-effects-study-report-s--on-IFRS-<br />

10--IFRS-11--IFRS-12--IAS-28--2011--and-IAS-27--2011-.aspx (Abruf:<br />

20.4.2012).<br />

5 Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> während <strong>der</strong> Beratungen zum Entwurf des IFRS 10 geäußerten<br />

Bedenken, dass für bestimmte Investmentgesellschaften die<br />

<strong>Konsolidierung</strong> <strong>der</strong> von diesen beherrschten Unternehmen nicht zu einer<br />

aussagekräftigen Darstellung <strong>der</strong> Vermögens-, Finanz- <strong>und</strong> Ertragslage<br />

führt, hat <strong>der</strong> IASB im Nachgang <strong>zur</strong> Veröffentlichung des IFRS 10<br />

einen Standardentwurf ED Investment Entities (ED/2011/4, abrufbar<br />

Recht <strong>der</strong> Finanzinstrumente | 3.2012 | 14.5.2012


Seite 192<br />

Beiträge<br />

Dietrich/Malsch, <strong>Neuregelung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vorschriften</strong> <strong>zur</strong> <strong>Konsolidierung</strong><br />

<strong>und</strong> Fair-Value-Bewertung nach IFRS <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Auswirkung auf die<br />

Bilanzierung von Investmentfonds<br />

ten 6 – anzuwenden ist. Ziel des neuen <strong>Konsolidierung</strong>skonzepts<br />

ist es, eine einheitliche Anwendung <strong>der</strong> Normen zu erreichen,<br />

wobei die <strong>Neuregelung</strong>en im Vergleich zu IAS 27 a. F. <strong>und</strong> SIC-<br />

12 eine höhere Komplexität aufweisen <strong>und</strong> ihre Anwendbarkeit<br />

aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> indikativen Ausgestaltung vermehrten Ermessensentscheidungen<br />

unterliegt. 7<br />

IFRS 11 löst IAS 31 („Interests in Joint Ventures“) sowie SIC-13<br />

(„Jointly Controlled Entities – Non-Monetary Contributions by<br />

Venturers“) ab. Auswirkungen auf Kapitalanlagegesellschaften<br />

sowie Investoren in Investmentfonds ergeben sich durch IFRS<br />

11 nach Auffassung <strong>der</strong> Verf. nur in Ausnahmefällen, weshalb<br />

<strong>der</strong> vorliegende Beitrag diesen Standard nicht weiter behandelt.<br />

IFRS 12 vereint die Angabeerfor<strong>der</strong>nisse für Beteiligungen an<br />

Tochterunternehmen, assoziierten Unternehmen <strong>und</strong> Gemeinschaftsunternehmen<br />

in einem übergreifenden Standard. Die<br />

bisher geltenden Angabeerfor<strong>der</strong>nisse werden übernommen <strong>und</strong><br />

teilweise aneinan<strong>der</strong> angeglichen <strong>und</strong> darüber hinaus durch erweiterte<br />

Angaben zu Min<strong>der</strong>heitenanteilen <strong>und</strong> Beziehungen zu<br />

strukturierten Unternehmen ergänzt.<br />

Der zusammen mit den Standards <strong>zur</strong> <strong>Konsolidierung</strong> veröffentlichte<br />

IFRS 13 ist ebenfalls verpflichtend zum 1.1.2013 8 anzuwenden.<br />

Der Standard kodifiziert erstmals ein allgemeingültiges<br />

Rahmenkonzept <strong>zur</strong> Fair-Value-Ermittlung, das neben einer einheitlichen<br />

Definition des Fair Value auch eine Vereinheitlichung<br />

<strong>der</strong> Anhangangaben vornimmt.<br />

II. Überlegungen <strong>zur</strong> <strong>Konsolidierung</strong> von<br />

Investmentfonds nach IFRS 10<br />

1. Kriterien <strong>der</strong> Beherrschung nach IFRS 10<br />

im Überblick<br />

Das in IFRS 10 kodifizierte einheitliche <strong>Konsolidierung</strong>skonzept 9<br />

gründet das <strong>Konsolidierung</strong>serfor<strong>der</strong>nis ausschließlich auf das<br />

Vorliegen von Beherrschung. Beherrschung liegt gemäß IFRS<br />

10.7 10 immer dann vor, wenn die folgenden Kriterien kumulativ<br />

erfüllt sind:<br />

– <strong>der</strong> Investor hat Entscheidungsmacht über das potenzielle<br />

Tochterunternehmen („power“);<br />

– <strong>der</strong> Investor ist durch seine Verbindung zum potenziellen<br />

Tochterunternehmen variablen Rückflüssen ausgesetzt bzw.<br />

hat Rechte an diesen Rückflüssen („variable returns“);<br />

– <strong>der</strong> Investor hat die Möglichkeit, seine Entscheidungsmacht<br />

über das potenzielle Tochterunternehmen zu nutzen, um die<br />

Höhe <strong>der</strong> variablen Rückflüsse zu beeinflussen („link between<br />

power and returns“).<br />

Ausgangspunkt <strong>der</strong> Prüfung im Hinblick auf das Vorliegen von<br />

Beherrschung bildet die Analyse des Zwecks <strong>und</strong> <strong>der</strong> Struktur<br />

Recht <strong>der</strong> Finanzinstrumente | 3.2012 | 14.5.2012<br />

(„purpose and design“) des potenziellen Tochterunternehmens. 11<br />

IFRS 10 schlussfolgert hieraus jedoch nicht, dass <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong><br />

die Struktur bestimmt o<strong>der</strong> den Zweck determiniert, auch <strong>der</strong>jenige<br />

ist, <strong>der</strong> das potenzielle Tochterunternehmen zu konsolidieren<br />

hat. 12 Die Bestimmung von Zweck <strong>und</strong> Struktur ist lediglich<br />

die Gr<strong>und</strong>lage für die Bestimmung <strong>der</strong> relevanten Tätigkeiten <strong>und</strong><br />

kann ein Indikator sein, wer die relevanten Tätigkeiten kontrolliert.<br />

13<br />

Die Zwecksetzung kann dabei z. B. auch darin bestehen, bestimmte<br />

Chancen <strong>und</strong> Risiken auf einen Dritten zu übertragen. Die Prüfung<br />

<strong>der</strong> Chancen- <strong>und</strong> Risiko-Verteilung kann dabei Erkenntnisse<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> zu berücksichtigenden relevanten Tätigkeiten,<br />

nicht jedoch hinsichtlich <strong>der</strong> Frage, wer die Entscheidungsmacht<br />

über das potenzielle Tochterunternehmen ausübt, bringen. Der in<br />

SIC-12.10(c) <strong>und</strong> (d) implementierte Risk- and Rewards-Ansatz,<br />

<strong>der</strong> eine Beherrschungsvermutung allein aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Chancen-<br />

Risiko-Verteilung vorsieht, findet sich in IFRS 10 ebenfalls nicht<br />

wie<strong>der</strong>. 14 Die Chancen <strong>und</strong> Risiken finden lediglich Eingang in die<br />

Beurteilung <strong>der</strong> Rechte an variablen Rückflüssen. 15<br />

Zentral für die Beurteilung, wer Entscheidungsmacht über ein<br />

Unternehmen ausübt, ist damit die Bestimmung <strong>der</strong> relevanten<br />

Tätigkeit („relevant activities“). Relevante Tätigkeiten sind alle<br />

entscheidungsbestimmten Aktivitäten, die die Variabilität <strong>der</strong><br />

Rückflüsse signifikant beeinflussen können. 16 An<strong>der</strong>s als SIC-12<br />

geht IFRS 10 zunächst positiv davon aus, dass in je<strong>der</strong> Struktur<br />

mindestens eine relevante Tätigkeit zu finden ist. 17<br />

unter www.ifrs.org/ Current+Projects/ IASB+Projects/ Consolidation/<br />

IE/ investment+entities.htm (Abruf: 20.4.2012)) veröffentlicht, <strong>der</strong> für<br />

bestimmte Investmentgesellschaften eine Ausnahme in <strong>der</strong> Anwendung<br />

vorsieht.<br />

6 Eine Unterscheidung zwischen operativen Gesellschaften <strong>und</strong> Zweckgesellschaften<br />

wird im IFRS 10 nicht getroffen. In IFRS 12 wird jedoch für<br />

Offenlegungszwecke <strong>der</strong> Begriff „strukturierte Unternehmen“ definiert.<br />

7 Vgl. hierzu auch Zülch/ Erdmann/ Popp, KoR 2011, 585 ff.<br />

8 Im Gegensatz zu den <strong>Konsolidierung</strong>sstandards bestehen von Seiten <strong>der</strong><br />

EFRAG <strong>der</strong>zeit keine Bedenken hinsichtlich <strong>der</strong> Erstanwendung des IFRS<br />

13, abrufbar unter www.efrag.org/ files/ EFRAG%20public%20letters/<br />

Fair%20Value%20Measurments/ Final_Endorsement_Advice_-_IFRS_13.<br />

pdf (Abruf: 20.4.2012).<br />

9 Zu den Gr<strong>und</strong>lagen des IFRS 10 vgl. Leitner-Hanetse<strong>der</strong>/ Schausberger,<br />

IRZ 2011, 379 ff.<br />

10 IFRS 10.B2.<br />

11 IFRS 10.B3(a) i. V. m. IFRS 10.B5-B8.<br />

12 IFRS 10.B51; BC78. Derjenige, <strong>der</strong> die Struktur aufgesetzt hat, hat letztlich<br />

nur die größeren Möglichkeiten, sich auch die entsprechenden Entscheidungsrechte<br />

ein<strong>zur</strong>äumen <strong>und</strong> ist damit <strong>der</strong>jenige, bei dem man sinnvoller<br />

Weise mit <strong>der</strong> Prüfung <strong>der</strong> Beherrschungsindikatoren beginnt.<br />

13 IFRS 10.B5; BC79.<br />

14 Vgl. Dietrich/ Krakuhn/ Sierleja, IRZ 2011, 520.<br />

15 IFRS 10.B8 i. V. m. IFRS 10.BC32-34 <strong>und</strong> BC36; auch IASB Effect analysis<br />

for IFRS 10 and IFRS 12, S. 16 a. a. O.<br />

16 IFRS 10.B11.<br />

17 IFRS 10.B53; vgl. Dietrich/ Krakuhn/ Sierleja, IRZ 2011, 520.


Entscheidungsmacht hat <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong> die <strong>der</strong>zeitige Möglichkeit<br />

(„current ability“) hat, die Aktivitäten <strong>und</strong> damit signifikanter<br />

die Rückflüsse zu beeinflussen. 18 Entscheidungsmacht erlangt<br />

<strong>der</strong> Investor durch substantielle 19 Rechte (Stimmrechte o<strong>der</strong><br />

vertragliche Regelungen, wie z. B. Bestellungs- <strong>und</strong> Abberufungsrechte<br />

20 o<strong>der</strong> Investmentmanagementverträge), die ausübbar<br />

sind, wenn Entscheidungen über die relevanten Tätigkeiten anstehen,<br />

21 <strong>und</strong> die eine Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Rückflüsse bewirken<br />

können. Eine tatsächliche Ausübung <strong>der</strong> Rechte ist dabei nicht<br />

erfor<strong>der</strong>lich. 22 Rechte, die allerdings lediglich auf administrative<br />

Tätigkeiten ausgerichtet sind, o<strong>der</strong> Rechte, die dem Inhaber<br />

lediglich die Möglichkeit geben sollen, in Ausnahmefällen seine<br />

Interessen zu wahren <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale Verän<strong>der</strong>ungen zu verhin<strong>der</strong>n<br />

(Schutzrechte), sind nicht dazu geeignet, Entscheidungsmacht<br />

zu verleihen. 23<br />

Als variable Rückflüsse gelten alle Rückflüsse, die sich durch die<br />

Entscheidungen des Investors über relevante Tätigkeiten verän<strong>der</strong>n<br />

<strong>und</strong> insofern mit <strong>der</strong> Performance des potentiellen Tochterunternehmens<br />

variieren. 24 Der Standard gibt nur Hinweise auf<br />

mögliche Formen von variablen Rückflüssen; eine abschließende<br />

Definition fehlt jedoch. Unter den Begriff <strong>der</strong> variablen Rückflüsse<br />

fallen neben den bislang schon nach IAS 27 a. F./ SIC-12 berücksichtigten<br />

Zinsen, Dividenden <strong>und</strong> Bewertungsergebnissen u. a.<br />

auch Rückflüsse in Form von Zugang zu Liquidität, steuerlichen<br />

<strong>und</strong> aufsichtsrechtlichen Vorteilen o<strong>der</strong> auch Servicegebühren<br />

(z. B. Investmentmanagement- o<strong>der</strong> Performancegebühren).<br />

Ferner muss eine Verbindung zwischen Power <strong>und</strong> Return vorliegen.<br />

Dieses dritte Kriterium wird häufig auch mit <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong><br />

Prinzipal-Agenten-Beziehung gleichgesetzt. Im Asset Management<br />

hat dieses Kriterium eine zentrale Bedeutung.<br />

Entscheidungsmacht<br />

Struktur <strong>und</strong> Zielsetzung<br />

Relevante Tätigkeiten<br />

Variablen Rückflüssen<br />

ausgesetzt sein / Rechte<br />

an diesen haben<br />

Verbindung zwischen Entscheidungsmacht<br />

<strong>und</strong> variablen Rückflüssen<br />

Prinzipal-Agenten-<br />

Beziehung<br />

Abbildung 1: Konzept des IFRS 10 (in Anlehnung an:<br />

Dietrich/ Krakuhn/ Sierleja, IRZ 2011, 520)<br />

Seite 193<br />

Beiträge<br />

Dietrich/Malsch, <strong>Neuregelung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vorschriften</strong> <strong>zur</strong> <strong>Konsolidierung</strong><br />

<strong>und</strong> Fair-Value-Bewertung nach IFRS <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Auswirkung auf die<br />

Bilanzierung von Investmentfonds<br />

2. Die zwei Seiten <strong>der</strong> Prinzipal-Agenten-Beziehungen<br />

IFRS 10 berücksichtigt erstmalig Beziehungen, in denen eine<br />

handelnde Partei lediglich als Agent für einen Dritten auftritt. Die<br />

bisherigen Regelungen des IAS 27 a. F./ SIC-12 enthielten keine<br />

<strong>der</strong>artige Regel, was <strong>zur</strong> Kritik an den <strong>Vorschriften</strong> insbes.<br />

von Seiten <strong>der</strong> Kapitalanlagegesellschaften geführt hat, die aufgr<strong>und</strong><br />

gesetzlicher <strong>Vorschriften</strong> dazu verpflichtet sind, bei allen<br />

Entscheidungen immer dem Investorinteresse den Vorrang zu<br />

geben. 25 Charakteristisch für einen Agenten ist, dass dieser zwar<br />

über die erfor<strong>der</strong>liche Entscheidungsmacht verfügt, diese aber<br />

nicht im eigenen, son<strong>der</strong>n lediglich im Interesse von Dritten (den<br />

Investoren) ausübt. 26 Agiert ein Unternehmen nur als Agent, übt<br />

es keine Beherrschung i. S. d. IFRS 10 aus.<br />

Die Prüfung <strong>der</strong> <strong>Konsolidierung</strong>spflicht endet nicht mehr – wie<br />

bisher – mit <strong>der</strong> Feststellung, dass ein Unternehmen selbst über<br />

keine Entscheidungsrechte verfügt. IFRS 10 erfor<strong>der</strong>t auch die<br />

Prüfung, ob nicht ggf. ein Dritter als Agent für den Investor die<br />

Entscheidungsmacht ausübt <strong>und</strong> sich dieser insofern die Entscheidungsrechte<br />

des Agenten <strong>zur</strong>echnen lassen muss. Eine an<br />

einem Investmentfonds beteiligte Schwestergesellschaft <strong>der</strong> Kapitalanlagegesellschaft<br />

muss sich z. B. die Entscheidungsmacht<br />

dieser <strong>zur</strong>echnen lassen. 27<br />

Delegation von<br />

Entscheidungsrechten<br />

Prinzipal<br />

Agent<br />

Rechte an variablen<br />

Rückflüssen<br />

Unternehmen<br />

Entscheidungsmacht<br />

bzgl.<br />

relevanter<br />

Tätigkeiten<br />

Abbildung 2: Prinzipal-Agenten-Beziehungen (in Anlehnung<br />

an: Dietrich/ Krakuhn/ Sierleja, IRZ 2011, 521)<br />

18 IFRS 10.10 <strong>und</strong> B14; IFRS 10.13.<br />

19 In <strong>der</strong> Bilanzierungspraxis wurde bisher die Existenz von Rechten allein für<br />

ausreichend bef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> nur in wenigen Einzelfällen auch die Substanz<br />

<strong>der</strong> Rechte beurteilt. So wurde z. B. bei Abberufungsrechten zwar eine<br />

Prüfung hinsichtlich finanzieller o<strong>der</strong> zeitlicher Barrieren vorgenommen,<br />

nicht aber die Anzahl <strong>der</strong> für die Ausübung des Rechts notwendigen Parteien<br />

berücksichtigt (IFRS 10.B23(b)).<br />

20 IFRS 10.11 <strong>und</strong> B15 ff.<br />

21 IFRS 10.B24.<br />

22 IFRS 10.12.<br />

23 IFRS 10.B26-28; Dietrich/ Krakuhn/ Sierleja, IRZ 2011, 520.<br />

24 IFRS 10.15 <strong>und</strong> B56.<br />

25 § 9 InvG<br />

26 IFRS 10.B58; vgl. Dietrich/ Krakuhn/ Sierleja, IRZ 2011, 520.<br />

27 IFRS 10.B58 <strong>und</strong> B59.<br />

Recht <strong>der</strong> Finanzinstrumente | 3.2012 | 14.5.2012


Seite 194<br />

Beiträge<br />

Dietrich/Malsch, <strong>Neuregelung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vorschriften</strong> <strong>zur</strong> <strong>Konsolidierung</strong><br />

<strong>und</strong> Fair-Value-Bewertung nach IFRS <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Auswirkung auf die<br />

Bilanzierung von Investmentfonds<br />

Die Beurteilung, ob eine Prinzipal-Agenten-Beziehung vorliegt,<br />

berücksichtigt die folgenden qualitativen Indikatoren:<br />

– Reichweite <strong>der</strong> Entscheidungskompetenz („scope of the<br />

decision-making authority“),<br />

– Rechte an<strong>der</strong>er Parteien („rights held by other parties“),<br />

– Vergütung („remuneration“) <strong>und</strong><br />

– Teilhabe an <strong>der</strong> Variabilität von Rückflüssen („exposure to<br />

variability of returns from other interests“). 28<br />

Die dargestellten Beurteilungskriterien sind, sofern es sich nicht<br />

um ein von einem einzelnen Investor ausübbares, substanzielles<br />

Abberufungsrecht handelt, einzeln betrachtet nicht in <strong>der</strong> Lage,<br />

mit hinreichen<strong>der</strong> Sicherheit das Vorliegen einer Prinzipal- o<strong>der</strong><br />

Agentenrolle zu indizieren. 29 Die Beurteilung erfolgt basierend<br />

auf den jeweiligen Bedingungen des Einzelfalls <strong>und</strong> erfor<strong>der</strong>t<br />

demzufolge auch eine entsprechende Gewichtung <strong>der</strong> Indikatoren,<br />

wobei <strong>der</strong> IASB bewusst darauf verzichtet hat, konkrete Vorgaben<br />

<strong>zur</strong> Gewichtung zu machen. 30 Ebenso wurden vom IASB<br />

bewusst keine Grenzwerte („bright lines“) vorgegeben, <strong>der</strong>en<br />

Überschreiten ein signifikantes Eigeninteresse begründet. 31 Allerdings<br />

enthält <strong>der</strong> Standard erläuternde Beispiele, die Hinweise<br />

darauf geben, in welchen Fällen eine Agenten- <strong>und</strong> in welchen<br />

Fällen eine Prinzipalrolle vorliegt. 32<br />

Darüber hinaus for<strong>der</strong>t IFRS 10 erstmals auch die Berücksichtigung<br />

von Beziehungen mit an<strong>der</strong>en Parteien („de-factoagents“).<br />

33<br />

3. Anwendung des Prinzipal-Agent-Prinzips<br />

auf Investmentfonds<br />

Die nachfolgenden Ausführungen enthalten einige gr<strong>und</strong>legende<br />

Überlegungen <strong>zur</strong> Anwendung des Prinzipal-Agent-Prinzips auf<br />

Wertpapier-Son<strong>der</strong>vermögen des InvG. 34<br />

a) Wertpapier-Publikumsfonds<br />

aa) Bestimmung von Struktur, Zweck <strong>und</strong><br />

relevanten Aktivitäten<br />

Ein Wertpapier-Publikumsfonds 35 investiert entsprechend den<br />

Regelungen des Verkaufsprospekts <strong>und</strong> ggf. den Vorgaben aus<br />

den Beson<strong>der</strong>en Vertragsbedingungen in Wertpapiere <strong>und</strong> Bankguthaben<br />

<strong>und</strong> eröffnet damit den Investoren die Möglichkeit, in<br />

ein diversifiziertes Portfolio zu investieren. Die relevanten Tätigkeiten<br />

umfassen damit Entscheidungen über Kauf <strong>und</strong> Verkauf<br />

von Wertpapieren, die Anlage <strong>der</strong> freien Liquidität, aber auch die<br />

Einwerbung von weiteren finanziellen Mitteln durch Ausgabe von<br />

Investmentanteilen.<br />

bb) Entscheidungsmacht <strong>der</strong> Kapitalanlagegesellschaft<br />

Für in Deutschland aufgelegte, öffentlich vertriebene Wertpapier-<br />

Publikumsfonds i. S. d. § 2 Abs. 1 InvG werden we<strong>der</strong> Anteilschei-<br />

Recht <strong>der</strong> Finanzinstrumente | 3.2012 | 14.5.2012<br />

ne mit Stimmrechten („voting rights“) ausgegeben, noch ein<br />

Verwaltungsrat („board of directors“) bestellt. Der Aufgabenverteilung<br />

im sog. Investmentdreieck folgend, obliegt die Festlegung<br />

<strong>der</strong> Investmentstrategie bzw. auch die Umsetzung dieser durch<br />

konkrete Investmententscheidungen ausschließlich <strong>der</strong> Kapitalanlagegesellschaft.<br />

36 Darüber hinaus ist es i. d. R. auch die Kapitalanlagegesellschaft,<br />

die für die Einwerbung <strong>der</strong> finanziellen<br />

Mittel verantwortlich ist. 37 Damit verfügt die Kapitalanlagegesellschaft<br />

über die Rechte, die die relevanten Tätigkeiten maßgeblich<br />

beeinflussen. Die Ausübung <strong>der</strong> Entscheidungsmacht besteht<br />

unabhängig davon, dass die Kapitalanlagegesellschaft im Interesse<br />

<strong>der</strong> Investoren handeln muss. 38<br />

Es besteht jedoch die Möglichkeit, das Recht <strong>zur</strong> Umsetzung <strong>der</strong><br />

Investmentstrategie an einen Dritten zu übertragen. 39 Die Auslagerung<br />

darf jedoch nur insoweit erfolgen, als die Kapitalanlagegesellschaft<br />

nicht daran gehin<strong>der</strong>t wird, im Interesse <strong>der</strong> Anleger<br />

zu handeln. 40 Daher ist <strong>der</strong> Abschluss eines unkündbaren bzw.<br />

nur mit langer Kündigungsfrist kündbaren Auslagerungsvertrags<br />

nicht zulässig. Die Kapitalanlagegesellschaft wird sich allenfalls<br />

in sehr seltenen Ausnahmefällen darauf berufen können, dass sie<br />

ihre Entscheidungsrechte wirksam auf einen Dritten übertragen<br />

hat. 41<br />

Darüber hinaus können Abberufungsrechte die Entscheidungsmacht<br />

einer Kapitalanlagegesellschaft einschränken. 42 Dies setzt<br />

jedoch voraus, dass diese Abberufungsrechte Substanz besitzen,<br />

28 IFRS 10.B60.<br />

29 IFRS 10.B61.<br />

30 IFRS 10.B60.<br />

31 IASB Effect analysis for IFRS 10 and IFRS 12, S. 10 a. a. O.<br />

32 IFRS 10.B72, Bsp. 13 <strong>und</strong> 14.<br />

33 Vgl. Dietrich/ Krakuhn/ Sierleja, IRZ 2011, 522, Bsp. 1.<br />

34 Zu den Investmentaktiengesellschaften vgl. Dietrich/ Krakuhn/ Sierleja,<br />

IRZ 2012, 26.<br />

35 Die nachfolgende Analyse basiert auf einem in Deutschland aufgelegten,<br />

öffentlich vertriebenen Wertpapier-Publikumsfonds i. S. d. § 2 Abs. 1 InvG<br />

mit Standard-Vertragsbedingungen <strong>und</strong> soll eine allgemeine Orientierungshilfe<br />

darstellen. Die Analyse des Einzelfalls kann diese Darstellung<br />

nicht ersetzen.<br />

36 § 31 Abs. 1 InvG.<br />

37 Eine Ausnahme bilden hierbei z. B. sog. Label-Fonds, die im Alleinvertrieb<br />

eines Dritten stehen.<br />

38 Der IASB ist in seinen Beratungen zum IFRS 10 <strong>der</strong> Argumentation <strong>der</strong><br />

EFAMA hinsichtlich fehlen<strong>der</strong> Beherrschung aufgr<strong>und</strong> gesetzlicher<br />

Verpflichtung <strong>zur</strong> Wahrung <strong>der</strong> Anlegerinteressen nicht gefolgt, abrufbar<br />

unter www.ifrs.org/ Current+Projects/ IASB+Projects/ Consolida<br />

tion/ Exposure+Draft/ Comment+Letters/ Comment+Letters (Abruf:<br />

20.4.2012).<br />

39 § 16 Abs. 2 InvG.<br />

40 § 16 Abs. 1 InvG.<br />

41 Vgl. PricewaterhouseCoopers, IFRS für Investmentfonds, Bd. A, 2. Aufl.<br />

2007, S. 292.<br />

42 IFRS 10.B15.


d. h. von einem Investor allein o<strong>der</strong> von einer kleinen Gruppe von<br />

Investoren zusammen ausgeübt werden können. 43 Zwei Arten<br />

von Abberufungsrechten sind denkbar:<br />

– Kündigung des Verwaltungsrechts <strong>der</strong> Kapitalanlagegesellschaft;<br />

– Recht, die Auflösung des Investmentfonds zu verlangen.<br />

Eine Kündigung <strong>der</strong> Verwaltung durch die Investoren, z. B. bei<br />

schlechter Performance, sieht das deutsche Investmentrecht<br />

ebenso wenig vor, wie die Möglichkeit, die Auflösung des Investmentfonds<br />

zu verlangen. 44 Zur Kündigung <strong>der</strong> Verwaltung ist<br />

lediglich die Kapitalanlagegesellschaft selbst unter Einhaltung einer<br />

Kündigungsfrist von 13 Monaten berechtigt. 45 Darüber hi naus<br />

erlischt das Verwaltungsrecht <strong>der</strong> Kapitalanlagegesellschaft aufgr<strong>und</strong><br />

dezidierter gesetzlicher Regelung. 46<br />

Auch wenn die Auflösung des Investmentfonds aufgr<strong>und</strong> gesetzlicher<br />

Bestimmungen nicht durch den Investor veranlasst werden<br />

kann, hat dieser dennoch die Möglichkeit, je<strong>der</strong>zeit seine Anteilscheine<br />

<strong>zur</strong>ückzugeben. Damit kann <strong>der</strong> Investor indirekt Verkaufszwänge<br />

auslösen <strong>und</strong> damit die Kapitalanlagegesellschaft in<br />

ihren Entscheidungsrechten beschränken. An einem Wertpapier-<br />

Publikumsfonds ist jedoch im Regelfall eine Vielzahl von Investoren<br />

beteiligt. Insofern führt das Rückgaberecht eines einzelnen<br />

Investors o<strong>der</strong> einer kleinen Gruppe von Investoren regelmäßig<br />

nicht dazu, dass sich <strong>der</strong> Investmentfonds auflösen muss bzw.<br />

die Kapitalanlagegesellschaft signifikant in ihren Entscheidungsrechten<br />

eingeschränkt ist. Letztlich verwaltet sie nach Rückgabe<br />

<strong>der</strong> Anteilscheine durch einen Investor nur ein geringeres Fondsvermögen.<br />

47<br />

Hieraus ergibt sich, dass eine Kapitalanlagegesellschaft, die einen<br />

in Deutschland aufgelegten <strong>und</strong> öffentlich vertriebenen Publikumsfonds<br />

managt, nahezu immer über die <strong>zur</strong> Bestimmung<br />

<strong>der</strong> relevanten Tätigkeiten erfor<strong>der</strong>liche Entscheidungsmacht<br />

verfügt. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass ein<br />

Investor in einen solchen Publikumsfonds keine Rechte besitzt,<br />

die relevanten Aktivitäten zu bestimmen. Daher ergibt sich durch<br />

IFRS 10 keine Än<strong>der</strong>ung gegenüber <strong>der</strong> bisherigen Betrachtungsweise<br />

unter IAS 27.4 a. F.<br />

cc) Rechte an variablen Rückflüssen<br />

Die Kapitalanlagegesellschaft erhält für ihre Tätigkeit eine Verwaltungsvergütung,<br />

die sich i. d. R. als prozentualer Anteil vom<br />

Fondsvermögen darstellt. Darüber hinaus kann auch eine performanceabhängige<br />

Vergütung vereinbart sein. In beiden Fällen<br />

handelt es sich um Vergütungen für die erbrachte Managementleistung,<br />

die sich in Abhängigkeit von <strong>der</strong> Entwicklung des Fondsvermögens<br />

verän<strong>der</strong>n <strong>und</strong> die damit als variable Rückflüsse gelten.<br />

In <strong>der</strong> Vergangenheit wurden solche Servicegebühren nicht<br />

Seite 195<br />

Beiträge<br />

Dietrich/Malsch, <strong>Neuregelung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vorschriften</strong> <strong>zur</strong> <strong>Konsolidierung</strong><br />

<strong>und</strong> Fair-Value-Bewertung nach IFRS <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Auswirkung auf die<br />

Bilanzierung von Investmentfonds<br />

als Benefits i. S. d. IAS 27.4 a. F. betrachtet, sofern diese marktgerecht<br />

waren.<br />

Darüber hinaus kann die Kapitalanlagegesellschaft selbst (o<strong>der</strong><br />

eine an<strong>der</strong>e Konzerngesellschaft) 48 an dem Publikumsfonds beteiligt<br />

sein. Solche Beteiligungen werden i. d. R. aus unterschiedlichen<br />

Gründen eingegangen, die von <strong>der</strong> Gestellung von Dotationskapital<br />

über ein strategisches Investment bis hin zum Halten<br />

von Spitzenausgleichsbeständen reicht. Aus diesen Beteiligungen<br />

zieht die Kapitalanlagegesellschaft ebenfalls variable Rückflüsse<br />

in Form von Ausschüttungen <strong>und</strong> Veräußerungsergebnissen.<br />

Des Weiteren sind variable Rückflüsse aus <strong>der</strong> Gewährung<br />

von Garantien möglich. 49 In all diesen Fällen wurde auch bereits<br />

in <strong>der</strong> Vergangenheit die Erfüllung des Benefit-Kriteriums gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

angenommen.<br />

Wenig Berücksichtigung fanden hingegen bisher die steuerliche<br />

<strong>und</strong> die aufsichtsrechtliche Wirkungsweise von Investmentfonds<br />

o<strong>der</strong> auch <strong>der</strong> Zugang zu neuen Finanzierungsquellen. 50<br />

Der Umfang <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Analyse zu berücksichtigenden Rückflüsse<br />

ist insofern deutlich gegenüber IAS 27 a. F./ SIC-12 erweitert.<br />

dd) Agent o<strong>der</strong> Prinzipal<br />

Für die Kapitalanlagegesellschaft, die unzweifelhaft die Entscheidungsmacht<br />

über die relevanten Tätigkeiten eines Wertpapier-<br />

Publikumsfonds hat <strong>und</strong> die darüber hinaus auch über variable<br />

Rückflüsse verfügt, stellt sich nunmehr die Frage, ob diese als<br />

Agent o<strong>der</strong> als Prinzipal einzustufen ist:<br />

– Reichweite <strong>der</strong> Entscheidungskompetenz: Die Kapitalanlagegesellschaft<br />

ist mehr o<strong>der</strong> weniger stark in <strong>der</strong> Reichweite<br />

<strong>der</strong> Entscheidungskompetenz durch die Anlagerichtlinien<br />

des Verkaufsprospekts bzw. durch die Beson<strong>der</strong>en Vertragsbedingungen<br />

eingeschränkt. Die Begrenzung <strong>der</strong> Entscheidungsmacht<br />

ist jedoch kein hinreichendes Kriterium, um<br />

eine Agententätigkeit anzunehmen. 51<br />

43 IFRS 10.B23(b).<br />

44 § 38 Abs. 5 InvG.<br />

45 § 38 Abs. 1 InvG.<br />

46 § 38 Abs. 3 <strong>und</strong> 4 InvG.<br />

47 Die Analyse kann zu einem an<strong>der</strong>en Ergebnis kommen, wenn <strong>der</strong> Publikumsfonds<br />

von einer kleinen Gruppe von Investoren gehalten wird <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Anteil eines Investors unverhältnismäßig groß ist.<br />

48 Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> vielfach vorherrschenden Einbindung von Kapitalanlagegesellschaften<br />

in einen Bank- o<strong>der</strong> Versicherungskonzern sind auch Beteiligungen<br />

von Mutter- <strong>und</strong> Schwestergesellschaften für die Beurteilung <strong>der</strong><br />

<strong>Konsolidierung</strong>spflicht auf Konzernebene zu berücksichtigen.<br />

49 Dies wäre z. B. bei Garantiefonds o<strong>der</strong> Altersvorsorgefonds <strong>der</strong> Fall.<br />

50 IFRS 10.B57.<br />

51 Sowohl Example 13 als auch 14 von IFRS 10 schlussfolgern, dass die Kapitalanlagegesellschaft<br />

Entscheidungsmacht besitzt.<br />

Recht <strong>der</strong> Finanzinstrumente | 3.2012 | 14.5.2012


Seite 196<br />

Beiträge<br />

Dietrich/Malsch, <strong>Neuregelung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vorschriften</strong> <strong>zur</strong> <strong>Konsolidierung</strong><br />

<strong>und</strong> Fair-Value-Bewertung nach IFRS <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Auswirkung auf die<br />

Bilanzierung von Investmentfonds<br />

– Von Dritten gehaltene Rechte: Die Investoren haben keine<br />

substantiellen Rechte, die Kapitalanlagegesellschaft abzuberufen.<br />

Die Investoren haben lediglich das Recht, ihre<br />

Fondsanteile je<strong>der</strong>zeit <strong>zur</strong>ückzugeben <strong>und</strong> dadurch das zu<br />

verwaltende Fondsvermögen zu verringern. Die Entscheidungsrechte<br />

einer Kapitalanlagegesellschaft werden daher<br />

im Regelfall nicht <strong>der</strong>art eingeschränkt, dass dies ihre Agentenstellung<br />

<strong>zur</strong> Folge haben könnte.<br />

– Variabilität <strong>der</strong> Vergütung: Die Vergütung <strong>der</strong> Kapitalanlagegesellschaft<br />

ist von <strong>der</strong> Performance des Wertpapier-Publikumsfonds<br />

abhängig. Allerdings ist – mit Ausnahme <strong>der</strong> Fälle,<br />

in denen eine nicht marktübliche Verwaltungsvergütung<br />

vereinbart wurde – nicht anzunehmen, dass allein aufgr<strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Verwaltungsvergütung ein signifikantes Eigeninteresse<br />

<strong>der</strong> Kapitalanlagegesellschaft anzunehmen ist, was für eine<br />

Prinzipalrolle sprechen würde.<br />

– Teilhabe an <strong>der</strong> Variabilität <strong>der</strong> Rückflüsse: Eine Kapitalanlagegesellschaft,<br />

die selbst an dem von ihr verwalteten Wertpapier-Publikumsfonds<br />

beteiligt ist, nimmt auch an <strong>der</strong> Variabilität<br />

<strong>der</strong> Rückflüsse teil. Den Beispielen 13 <strong>und</strong> 14 aus IFRS<br />

10 ist jedoch zu entnehmen, dass nicht jede Beteiligung <strong>zur</strong><br />

Annahme führt, dass die Kapitalanlagegesellschaft als Prinzipal<br />

auftritt. Es kommt hierbei vielmehr auf den Umfang <strong>der</strong><br />

Beteiligung an <strong>und</strong> ob sich hieraus ggf. zusammen mit <strong>der</strong><br />

Variabilität <strong>der</strong> Vergütung ein signifikantes Eigeninteresse<br />

ergibt. In dieser Analyse wäre z. B. auch die Übernahme von<br />

Risiken aufgr<strong>und</strong> einer Kapitalgarantie zu berücksichtigen. 52<br />

IFRS 10 definiert, wie bereits zuvor ausgeführt, keine Grenzwerte,<br />

so dass die Bestimmung, wann eine Kapitalanlagegesellschaft<br />

über ein signifikantes Eigeninteresse am Fonds verfügt, eine Ermessensentscheidung<br />

darstellt. Hierbei ist es zunächst unerheblich,<br />

aus welchen Gründen eine solche Beteiligung besteht; es<br />

kommt lediglich auf den Umfang <strong>der</strong> Variabilität an. Betrachtet<br />

man die Beispiele 13 <strong>und</strong> 14 in IFRS 10, lassen sich folgende<br />

Rückschlüsse ziehen:<br />

– Eine Beteiligung von 10 % an einem Wertpapier-Publikumsfonds<br />

mit die Entscheidungskompetenz beschränkenden<br />

Anlagerichtlinien spricht für das Vorliegen einer Agentenstellung,<br />

solange keine wesentliche Variabilität aus <strong>der</strong> Verwaltungsvergütung<br />

hinzukommt.<br />

– Eine Beteiligung von 2 % an einem Wertpapier-Publikumsfonds<br />

ohne Beschränkungen in den Anlagerichtlinien spricht<br />

ebenfalls für das Vorliegen einer Agentenstellung.<br />

– Eine Beteiligung von 20 % an einem Wertpapier-Publikumsfonds<br />

ohne Beschränkungen in den Anlagerichtlinien ist hingegen<br />

als nicht mehr unwesentlich einzustufen <strong>und</strong> spricht<br />

gegen das Vorliegen einer Agentenstellung, wenn weitere<br />

Variabilitäten, z. B. über eine performanceabhängige Verwaltungsvergütung,<br />

hinzukommen.<br />

Recht <strong>der</strong> Finanzinstrumente | 3.2012 | 14.5.2012<br />

Auch wenn IFRS 10 keine Grenzwerte fixiert, lassen die Beispiele<br />

jedoch den Rückschluss zu, dass die bisher in <strong>der</strong> Bilanzierungspraxis<br />

für UCITS-Publikumsfonds angewendete 50 %-Grenze 53<br />

nicht mehr sachgerecht ist. Die für eine Kapitalanlagegesellschaft<br />

relevante Grenze wird vielmehr deutlich unter den 50 %<br />

liegen, was gleichbedeutend mit <strong>der</strong> Tatsache ist, dass in vielen<br />

Fällen die Zahl <strong>der</strong> von einer Kapitalanlagegesellschaft zu konsolidierenden<br />

Investmentfonds steigen wird.<br />

Durch den Wegfall des Risk- and Rewards-Ansatzes än<strong>der</strong>t sich<br />

auch die Bilanzierung beim Investor. Wurde in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

in <strong>der</strong> Bilanzierungspraxis häufig argumentiert, dass ein Investor<br />

mit einer Beteiligung von über 50 % an einem Wertpapier-Son<strong>der</strong>vermögen<br />

diesen zu konsolidieren hätte, 54 ist dies unter IFRS<br />

10 nicht mehr <strong>der</strong> Fall. Eine <strong>Konsolidierung</strong>spflicht nach IFRS<br />

10 ergibt sich nur für diejenigen Investoren, die entwe<strong>der</strong> unmittelbar<br />

o<strong>der</strong> mittelbar (im Wege <strong>der</strong> Zurechnung) auch über<br />

Entscheidungsmacht über die relevanten Tätigkeiten verfügen.<br />

Die Zurechnung <strong>der</strong> Entscheidungsmacht einer als Agent tätigen<br />

Kapitalanlagegesellschaft erfolgt jedoch nur dann, wenn die<br />

Tätigkeit <strong>der</strong> Kapitalanlagegesellschaft nahezu ausschließlich für<br />

den jeweiligen Investor erbracht wird. Erbringt die Kapitalanlagegesellschaft<br />

ihre Tätigkeit für eine Gruppe von Investoren, ist dies<br />

für eine Zurechnung auch dann nicht ausreichend, wenn einer<br />

<strong>der</strong> Investoren über eine Beteiligung von über 50 % verfügt. 55<br />

b) Wertpapier-Spezial-Son<strong>der</strong>vermögen<br />

aa) Bestimmung von Struktur, Zweck <strong>und</strong><br />

relevanten Aktivitäten<br />

An<strong>der</strong>s als im Falle des Wertpapier-Publikumsfonds ist in die Gestaltung<br />

<strong>der</strong> Vertragsbedingungen regelmäßig <strong>der</strong> Investor eingeb<strong>und</strong>en,<br />

<strong>der</strong> auch die finanziellen Mittel für die Umsetzung <strong>der</strong><br />

Investmentstrategie bereitstellt. Die relevanten Tätigkeiten umfassen<br />

Entscheidungen über Kauf <strong>und</strong> Verkauf von Wertpapieren<br />

<strong>und</strong> die Anlage <strong>der</strong> freien Liquidität.<br />

bb) Entscheidungsmacht <strong>der</strong> Kapitalanlagegesellschaft<br />

Der Investor überträgt seine Entscheidungsrechte im Fall des<br />

Wertpapier-Spezial-Son<strong>der</strong>vermögens 56 auf die Kapitalanlagege-<br />

52 Weniger bedeutend dürfte bei Wertpapier-Son<strong>der</strong>vermögen <strong>der</strong> Zugang<br />

<strong>zur</strong> Liquidität sein, da die Anlage liqui<strong>der</strong> Mittel lediglich dem Management<br />

<strong>der</strong> Anteilscheinrückgaben dient. Bei <strong>der</strong> Beurteilung von Geldmarkt-Son<strong>der</strong>vermögen<br />

mag dieses Kriterium hingegen eine größere<br />

Relevanz entfalten. Vgl. hierzu Dietrich/ Krakuhn/ Sierleja, IRZ 2012, 25 f.<br />

53 Vgl. PricewaterhouseCoopers, IFRS für Investmentfonds, Bd. A, 2. Aufl.<br />

2007, S. 295.<br />

54 Dies galt immer dann, wenn die Bilanzierung eines Wertpapier-Son<strong>der</strong>vermögens<br />

über SIC-12 gelöst wurde.<br />

55 Effect analysis for IFRS 10 and IFRS 12, Example 4, S. 35.<br />

56 Der nachfolgenden Analyse liegt ein Ein-Anleger-Spezial-Son<strong>der</strong>vermögen<br />

zugr<strong>und</strong>e.


sellschaft, die für die Umsetzung <strong>der</strong> Investmententscheidungen<br />

verantwortlich ist. 57 Damit verfügt die Kapitalanlagegesellschaft<br />

über die Rechte, die die relevanten Tätigkeiten maßgeblich beeinflussen.<br />

Die Entscheidungsmacht <strong>der</strong> Kapitalanlagegesellschaft wird jedoch<br />

durch die Rechte des Investors begrenzt. Dieser hat gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

das Recht, einen Wechsel <strong>der</strong> Kapitalanlagegesellschaft<br />

zu verlangen. 58 Die Frage stellt sich jedoch, ob dieses Recht<br />

Substanz besitzt, denn die Kapitalanlagegesellschaft muss einer<br />

Verlagerung des Verwaltungsrechts gr<strong>und</strong>sätzlich zustimmen. 59<br />

Demgegenüber hat <strong>der</strong> Investor jedoch ein uneingeschränktes<br />

Rückgaberecht für seine Anteilscheine, so dass das Recht <strong>der</strong><br />

Kapitalanlagegesellschaft u. E. das Recht des Investors, den<br />

Wechsel <strong>der</strong> Kapitalanlagegesellschaft zu verlangen, nicht wesentlich<br />

beschränkt. Daher ist nach Auffassung <strong>der</strong> Verf. das Abberufungsrecht<br />

als substantiell einzustufen. 60<br />

Ein durch eine Partei ausübbares Abberufungsrecht ist ein hinreichen<strong>der</strong><br />

Indikator für die Existenz einer Agentenbeziehung. 61<br />

Dies allein reicht insofern aus, um die Kapitalanlagegesellschaft<br />

als Agent zu qualifizieren. Hinzu kommt, dass die Kapitalanlagegesellschaft<br />

bei einem Ein-Anleger-Spezial-Son<strong>der</strong>vermögen<br />

variable Rückflüsse lediglich aus <strong>der</strong> Verwaltung des Son<strong>der</strong>vermögens<br />

zieht. Da die Kapitalanlagegesellschaft in den Fällen des<br />

Ein-Anleger-Spezial-Son<strong>der</strong>vermögens jedoch auch unbestreitbar<br />

ausschließlich für den Investor tätig wird, muss dieser sich<br />

die Entscheidungsmacht <strong>der</strong> Kapitalanlagegesellschaft <strong>zur</strong>echnen<br />

lassen. 62<br />

In <strong>der</strong> Gesamtbetrachtung ist die Kapitalanlagegesellschaft –<br />

auch vor dem Hintergr<strong>und</strong> ihres nicht signifikanten Eigeninteresses<br />

– als Agent <strong>und</strong> nicht als Prinzipal im Falle des Ein-Anleger-<br />

Spezial-Son<strong>der</strong>vermögens anzusehen. 63 Daher än<strong>der</strong>t sich an<br />

<strong>der</strong> bisherigen <strong>Konsolidierung</strong> <strong>der</strong> Spezial-Son<strong>der</strong>vermögen beim<br />

Investor unter IFRS 10 nichts.<br />

4. Kritische Würdigung <strong>der</strong> Auswirkungen des IFRS 10<br />

auf die Aussagekraft des IFRS-Abschlusses einer<br />

Kapitalanlagegesellschaft<br />

Es ist zu konstatieren, dass die Kapitalanlagegesellschaften eher<br />

mehr als weniger Investmentfonds konsolidieren müssen. Insbes.<br />

im Hinblick auf die nicht strategischen Beteiligungen stellt<br />

sich jedoch die Frage, ob eine Gestellung von Dotationskapital<br />

o<strong>der</strong> das Halten von Spitzenausgleichsbeständen tatsächlich<br />

eine <strong>Konsolidierung</strong>spflicht auslösen sollte. Die Kapitalanlagegesellschaften<br />

managen <strong>der</strong>artige Bestände i. d. R. auf Fair-Value-<br />

Basis, so dass eine Bilanzierung des Fondsanteils nach IAS 39<br />

bzw. zukünftig nach IFRS 9 eine sachgerechtere Darstellung <strong>der</strong><br />

Vermögens-, Finanz- <strong>und</strong> Ertragslage darstellen würde. Daher<br />

Seite 197<br />

Beiträge<br />

Dietrich/Malsch, <strong>Neuregelung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vorschriften</strong> <strong>zur</strong> <strong>Konsolidierung</strong><br />

<strong>und</strong> Fair-Value-Bewertung nach IFRS <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Auswirkung auf die<br />

Bilanzierung von Investmentfonds<br />

wäre es sicherlich zu begrüßen gewesen, wenn <strong>der</strong> ED Investment<br />

Entities eine weniger enge Formulierung eines Anwendungsausschlusses<br />

vorgesehen hätte. 64<br />

Darüber hinaus ist die Informationsfunktion des Abschlusses<br />

einer Kapitalanlagegesellschaft zu hinterfragen, wenn dieser<br />

Wertpapiere <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Vermögenswerte zeigt, auf die die Kapitalanlagegesellschaft<br />

nicht zugreifen kann, da sich diese in einem<br />

getrennt vom Vermögen <strong>der</strong> Kapitalanlagegesellschaft zu<br />

führenden Son<strong>der</strong>vermögen befinden. 65<br />

III. Angabepflichten des IFRS 12 <strong>und</strong> <strong>der</strong>en<br />

Bedeutung für Investmentfonds<br />

1. Neue Regelungen des IFRS 12 im Überblick<br />

Ziel des IFRS 12 ist es, dem Bilanzleser Informationen <strong>zur</strong> Verfügung<br />

zu stellen, die eine Beurteilung von Art, Risiken <strong>und</strong> finanziellen<br />

Auswirkungen <strong>der</strong> Beziehungen zu an<strong>der</strong>en Unternehmen<br />

auf die Vermögens-, Finanz- <strong>und</strong> Ertragslage gestatten. 66 In diesem<br />

Zusammenhang wurden insbes. die Angaben zu Min<strong>der</strong>heitenanteilen<br />

<strong>und</strong> zu strukturierten Unternehmen erweitert.<br />

Die Erweiterung <strong>der</strong> Angaben zu den Min<strong>der</strong>heiten betrifft sowohl<br />

qualitative als auch quantitative Angaben. 67 Während die<br />

qualitativen Angaben i. d. R. bereits in <strong>der</strong> Anteilsbesitzliste enthalten<br />

sind, kommt es in Bezug auf die quantitative Angabe zu<br />

einer Erweiterung <strong>der</strong> bisherigen Angaben. Angaben, wie z. B.<br />

<strong>der</strong> Anteilsbesitz <strong>der</strong> Min<strong>der</strong>heiten, lassen sich retrograd aus<br />

den bereits vorhandenen Angaben in <strong>der</strong> Anteilsbesitzliste ableiten.<br />

An<strong>der</strong>s verhält es sich aber hinsichtlich <strong>der</strong> Angaben zu<br />

dem auf die Min<strong>der</strong>heiten entfallenden Jahresüberschuss bzw.<br />

den kumulierten Min<strong>der</strong>heitenanteil zum Geschäftsjahresende.<br />

Eine weitere – bisher nicht im Abschluss enthaltene – Angabe<br />

57 §§ 91 ff. InvG.<br />

58 § 91 InvG.<br />

59 § 92 InvG.<br />

60 IFRS 10.B25. Eine an<strong>der</strong>e Sachlage ergibt sich, wenn statt eines Wertpapier-Spezial-Son<strong>der</strong>vermögens<br />

ein Immobilien-Spezial-Son<strong>der</strong>vermögen<br />

betrachtet wird. Hier könnten, aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> sich ergebenden steuerlichen<br />

Effekte beim Wechsel <strong>der</strong> Kapitalanlagegesellschaft, finanzielle Barrieren<br />

(z. B. steuerliche Konsequenzen) existieren, die die Substanz des Abberufungsrechts<br />

min<strong>der</strong>n. In diesen Fällen ist eine detaillierte Prüfung <strong>der</strong><br />

weiteren Indikatoren erfor<strong>der</strong>lich.<br />

61 IFRS 10.B65.<br />

62 IFRS 10.B59.<br />

63 Die vorstehende Aussage bezieht sich nicht auf Ein-Anleger-Spezial-Son<strong>der</strong>vermögen<br />

im Besitz <strong>der</strong> Kapitalanlagegesellschaft selbst.<br />

64 Ebenso BVI Comment Letter zum ED Investment Entities vom 4.1.2012,<br />

S. 4 , abrufbar unter www.ifrs.org/ Current+Projects/ IASB+Projects/ Con<br />

solidation/ IE/ investment+entities+ED+Aug+2011/ comment+letters/<br />

CL67.htm (Abruf: 23.4.2012).<br />

65 § 30 Abs. 1 InvG.<br />

66 Vgl. IFRS 12.BC21, BC35 <strong>und</strong> BC62; vgl. auch Zülch/ Erdmann/ Popp, KoR<br />

2011, 509.<br />

67 IFRS 12.12.<br />

Recht <strong>der</strong> Finanzinstrumente | 3.2012 | 14.5.2012


Seite 198<br />

Beiträge<br />

Dietrich/Malsch, <strong>Neuregelung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vorschriften</strong> <strong>zur</strong> <strong>Konsolidierung</strong><br />

<strong>und</strong> Fair-Value-Bewertung nach IFRS <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Auswirkung auf die<br />

Bilanzierung von Investmentfonds<br />

betrifft die zusammengefassten finanziellen Informationen, zu<br />

denen u. a. auch Angaben zu den Vermögenswerten, Verpflichtungen,<br />

Ergebnissen <strong>und</strong> Zahlungsströmen gehören, auf die die<br />

Min<strong>der</strong>heitenanteile einen Anspruch haben. Diese Angaben sind<br />

verpflichtend für alle konsolidierten Unternehmen mit Min<strong>der</strong>heitenanteilen,<br />

die für die Darstellung <strong>der</strong> Vermögens-, Finanz- <strong>und</strong><br />

Ertragslage wesentlich sind (Angabe je Unternehmen). 68<br />

Die Angaben zu den strukturierten Unternehmen betreffen sowohl<br />

die strukturierten Unternehmen, die konsolidiert werden,<br />

als auch diejenigen, die nicht konsolidiert werden, zu denen das<br />

bilanzierende Unternehmen jedoch eine Beziehung unterhält. 69<br />

Während die Angaben zu konsolidierten strukturierten Unternehmen<br />

sich im Wesentlichen auf die Angaben zu erbrachten o<strong>der</strong><br />

erwarteten finanziellen Unterstützungen beziehen, enthalten die<br />

Angabepflichten zu den nicht konsolidierten 70 strukturierten Unternehmen<br />

zusätzlich noch Angaben zu <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Beziehung zu<br />

dem strukturierten Unternehmen. Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> durch IFRS<br />

12 neu gefor<strong>der</strong>ten Angaben zu Anteilen an strukturierten Unternehmen<br />

ist, dass <strong>der</strong> IASB auf Erkenntnisse aus <strong>der</strong> Finanz- <strong>und</strong><br />

Wirtschaftskrise, in <strong>der</strong> insbes. Risiken von Zweckgesellschaften<br />

nicht adäquat in den Abschlüssen <strong>der</strong> jeweiligen Unternehmen<br />

abgebildet wurden, durch diese Angabepflichten reagiert. 71<br />

2. Bedeutung <strong>der</strong> Angabepflichten für Beziehungen<br />

zu Investmentfonds<br />

IFRS 12 definiert Min<strong>der</strong>heitenanteile nicht. Insofern stellt sich<br />

die Frage, ob die Angabepflichten sich lediglich auf die in <strong>der</strong><br />

Eigenkapitalglie<strong>der</strong>ung separat auszuweisenden Min<strong>der</strong>heitenanteile<br />

beziehen (sog. EK-Min<strong>der</strong>heiten) o<strong>der</strong> ob hierunter auch<br />

die als Verbindlichkeiten auszuweisenden Min<strong>der</strong>heiten (sog. FK-<br />

Min<strong>der</strong>heiten) 72 fallen. Investmentfonds des InvG wären von <strong>der</strong><br />

Angabepflicht nur betroffen, wenn die FK-Min<strong>der</strong>heiten ebenfalls<br />

unter den Begriff „non controlling interests“ des IFRS 12 fallen<br />

würden.<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong>, dass die Definition von strukturierten Unternehmen<br />

im Standard nur sehr wenig eingegrenzt wird, fallen<br />

nach Ansicht <strong>der</strong> Verf. hierunter auch Investmentfonds nach<br />

InvG. 73 Darüber hinaus sprechen auch die in IFRS 12.B22 genannten<br />

ergänzenden Kriterien, wie z. B. eine eingeschränkte<br />

Geschäftstätigkeit, eine eng definierte Zielsetzung (z. B. Risikotransfer),<br />

eine un<strong>zur</strong>eichende Eigenkapitalausstattung wie auch<br />

eine vertraglich verlinkte Finanzierung, für eine Einbeziehung des<br />

Investmentfonds in die Definition eines strukturierten Unternehmens.<br />

Die für nicht konsolidierte strukturierte Unternehmen erfor<strong>der</strong>lichen<br />

Angaben beziehen sich ausschließlich auf Angaben zu <strong>der</strong><br />

Beziehung zum strukturierten Unternehmen selbst <strong>und</strong> erfor<strong>der</strong>n<br />

Recht <strong>der</strong> Finanzinstrumente | 3.2012 | 14.5.2012<br />

daher keine Informationserhebung beim strukturierten Unternehmen.<br />

Beispielhaft seien folgende Angaben genannt: 74<br />

Tabelle: Ausgewählte Angaben zu nicht konsolidierten<br />

strukturierten Unternehmen<br />

Art <strong>der</strong> Beteiligung Art des Risikos<br />

Art, Umfang, Ziel <strong>und</strong> Aktivitäten<br />

des strukturierten Unternehmens<br />

(inkl. Informationen <strong>zur</strong> Finanzierung)<br />

In <strong>der</strong> Bilanz des bilanzierenden<br />

Unternehmens ausgewiesenen<br />

Buchwerte <strong>der</strong> Vermögenswerte<br />

<strong>und</strong> Verpflichtungen <strong>und</strong> entsprechende<br />

Bilanzposten<br />

Vereinnahmte Erträge Maximales Ausfallrisiko <strong>und</strong> eine<br />

Vergleichsrechnung mit den<br />

bilanzierten Vermögenswerten <strong>und</strong><br />

Verpflichtungen<br />

Übertragene Vermögenswerte<br />

Wenn nicht konsolidierten strukturierten Unternehmen eine finanzielle<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Unterstützungsleistung gewährt wurde<br />

o<strong>der</strong> aber eine solche geplant ist, sind sowohl Angaben <strong>zur</strong> erhaltenen<br />

als auch <strong>zur</strong> geplanten Unterstützung erfor<strong>der</strong>lich.<br />

3. Kritische Würdigung <strong>der</strong> Angabepflichten aus IFRS 12<br />

Die an konsolidierten Publikumsfonds bestehenden Min<strong>der</strong>heitenanteile<br />

sind i. d. R. für die Kapitalanlagegesellschaft wesentlich,<br />

so dass für alle konsolidierten Publikumsfonds die Angaben<br />

vorzunehmen sind. Darüber hinaus sind die Angaben für die konsolidierten<br />

strukturierten Unternehmen für alle konsolidierten<br />

Publikumsfonds 75 erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Für die nicht konsolidierten Publikumsfonds sind darüber hinaus<br />

die Angaben zu den nicht konsolidierten strukturierten Unternehmen<br />

einschlägig. Diese können in tabellarischer Form <strong>und</strong><br />

aggregiert vorgenommen werden. Kritisch zu sehen sind in die-<br />

68 IFRS 12.B10.<br />

69 IFRS 12.14 ff. bzw. IFRS 12.24 ff.<br />

70 Nicht konsolidiert bezeichnet hierbei strukturierte Unternehmen, die bei<br />

Prüfung <strong>der</strong> <strong>Konsolidierung</strong>skriterien des IFRS 10 nicht konsolidierungspflichtig<br />

sind.<br />

71 IFRS 12.IN 5-7 <strong>und</strong> vgl. Zülch/ Erdmann/ Popp, KoR 2011, 512.<br />

72 IAS 32.AG29A.<br />

73 IFRS 12.Appendix A: „Ein strukturiertes Unternehmen ist ein Unternehmen,<br />

welches so ausgestaltet wurde, dass Stimmrechte o<strong>der</strong> Stimmrechten<br />

ähnliche Rechte nicht <strong>der</strong> dominierende Faktor bei <strong>der</strong> Entscheidung,<br />

wer die Gesellschaft beherrscht, sind.“<br />

74 Die Angabepflichten aus IFRS 12.26 ff. werden in IFRS 12. B25 weiter konkretisiert.<br />

75 Gr<strong>und</strong>sätzlich sind die obigen Aussagen auch für Spezial-Son<strong>der</strong>vermögen<br />

einschlägig, aber i. d. R. handelt es sich bei den konsolidierten Son<strong>der</strong>vermögen<br />

um Ein-Anleger-Spezial-Son<strong>der</strong>vermögen, an denen keine<br />

Min<strong>der</strong>heitenanteile bestehen <strong>und</strong> für die auch die Zusatzangaben über<br />

finanzielle Unterstützungen bereits über an<strong>der</strong>e Angabepflichten (z. B. IAS<br />

24 o<strong>der</strong> IAS 10) anzugeben sind.


sem Zusammenhang jedoch die Angabepflichten <strong>zur</strong> erhaltenen<br />

wie auch <strong>zur</strong> geplanten Unterstützung. 76 Sie dienen zwar <strong>der</strong><br />

Zwecksetzung des IASB im Hinblick auf IFRS 12, jedoch darf<br />

man gespannt sein, welche Informationen von den Bilanzierenden<br />

in diesem Zusammenhang veröffentlicht werden, denn kein<br />

Unternehmen wird ein Interesse daran haben, bislang nicht veröffentlichte<br />

Informationen zu evtl. geplanten Übernahmen o<strong>der</strong><br />

Stützungsmaßnahmen von Investmentfonds bekannt zu machen.<br />

Dies wäre ggf. gleichbedeutend mit einem Garantieversprechen<br />

o<strong>der</strong> würde im umgekehrten Fall <strong>zur</strong> Verunsicherung <strong>der</strong> Investoren<br />

beitragen.<br />

IV. Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Fair-Value-Bewertung<br />

durch IFRS 13<br />

1. Neue Regelungen des IFRS 13 im Überblick<br />

IFRS 13 definiert Fair Value standardübergreifend als Preis, <strong>der</strong><br />

beim Verkauf eines Vermögenswerts o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Übertragung einer<br />

Verbindlichkeit im Rahmen einer gewöhnlichen Transaktion<br />

zwischen Marktteilnehmern am Bewertungsstichtag gezahlt<br />

würde („exit price“). 77 Die Definitionsmerkmale Abgangswert,<br />

Marktteilnehmerperspektive sowie marktübliche Bedingungen<br />

verdeutlichen, dass es sich bei dem Fair Value um eine markt-<br />

<strong>und</strong> keine unternehmensspezifische Bewertungsgröße handelt. 78<br />

Dies bedeutet:<br />

– Der Fair Value wird unter Verwendung <strong>der</strong> gleichen Annahmen<br />

<strong>und</strong> unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Charakteristika eines<br />

Vermögenswerts bzw. einer Verbindlichkeit ermittelt, die<br />

unabhängige Marktteilnehmer ansetzen würden. 79 Diese<br />

Annahme deckt sich inhaltlich mit den Regelungen des IAS<br />

39.AG75 <strong>und</strong> AG76. 80<br />

– Eine Bewertung zum Fair Value setzt voraus bzw. nimmt an,<br />

dass <strong>der</strong> Verkauf des Vermögenswerts bzw. die Übertragung<br />

<strong>der</strong> Verbindlichkeit im Hauptmarkt („principal market“)<br />

für diesen Vermögenswert bzw. die Verbindlichkeit erfolgt<br />

o<strong>der</strong> – falls ein solcher nicht verfügbar ist – im vorteilhaftesten<br />

Markt („most advantageous market“). 81 Es besteht dabei<br />

die wi<strong>der</strong>legbare Vermutung, dass <strong>der</strong> Hauptmarkt bzw. <strong>der</strong><br />

vorteilhafteste Markt <strong>der</strong>jenige Markt ist, auf dem das Unternehmen<br />

solche Vermögenswerte üblicherweise veräußert<br />

bzw. solche Verbindlichkeiten gewöhnlich überträgt. 82<br />

Darüber hinaus enthält IFRS 13 erstmals konkrete Regelungen<br />

<strong>zur</strong> bilanziellen Behandlung von sog. Day One Gains/ Losses. 83<br />

Diese können vorliegen, wenn <strong>der</strong> Transaktionspreis bei Zugang<br />

(„entry price“) eines Vermögenswerts bzw. einer Verbindlichkeit<br />

vom Fair Value („exit price“) abweicht. Ein Day One Gain/ Loss<br />

eines Finanzinstruments, <strong>der</strong> sich aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> in IFRS 13.B4<br />

genannten Ausnahmetatbestände <strong>zur</strong>ückführen lässt, ist sofort<br />

GuV-wirksam zu erfassen, wenn <strong>der</strong> Fair Value auf einem quotierten<br />

Preis auf einem aktiven Markt beruht o<strong>der</strong> in das Bewer-<br />

Seite 199<br />

Beiträge<br />

Dietrich/Malsch, <strong>Neuregelung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vorschriften</strong> <strong>zur</strong> <strong>Konsolidierung</strong><br />

<strong>und</strong> Fair-Value-Bewertung nach IFRS <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Auswirkung auf die<br />

Bilanzierung von Investmentfonds<br />

tungsmodell ausschließlich beobachtbare Parameter Eingang<br />

finden. 84 Basiert die Bewertung in diesen Fällen hingegen auf<br />

nicht beobachtbaren Parametern, ist die Differenz abzugrenzen<br />

<strong>und</strong> über die Laufzeit zu amortisieren. In allen an<strong>der</strong>en Fällen, ist<br />

die Differenz zwischen Transaktionspreis <strong>und</strong> dem Modellwert<br />

zu beseitigen, indem das Bewertungsmodell für die Fair-Value-<br />

Ermittlung auf den Transaktionspreis kalibriert wird. 85<br />

Bislang schreibt IAS 39 verpflichtend die Bewertung mit Geldkursen<br />

vor. 86 Nach IFRS 13.71 ist zukünftig auch eine Bewertung zu<br />

Mittelkursen zulässig.<br />

Neben den Än<strong>der</strong>ungen, die die Bewertung an sich betreffen,<br />

enthält IFRS 13 auch noch umfangreiche Anhangangaben. Die<br />

wesentlichen Än<strong>der</strong>ungen betreffen dabei die Übernahme <strong>der</strong><br />

bisher lediglich in IFRS 7 enthaltenen Fair-Value-Hierarchie auch<br />

für Bewertungen nicht finanzieller Vermögenswerte <strong>und</strong> Schulden.<br />

2. Auswirkungen auf die Bilanzierung <strong>und</strong><br />

Bewertung von Investmentfonds<br />

Die Festlegung eines Hauptmarkts bzw. des vorteilhaftesten<br />

Markts wird die Kapitalanlagegesellschaften, die ihren Anlegern<br />

IFRS-Fonds-Reportings <strong>zur</strong> Verfügung stellen, vor die Frage stellen,<br />

ob die verwendete Kursversorgungsordnung, d. h. welche<br />

Kurse für welche Vermögenswerte von welchen Börsen verwendet<br />

werden, <strong>der</strong> Vorgabe des IFRS 13 entspricht. 87 Die Kapitalanlagegesellschaften<br />

werden diesbezüglich ihren Kursversorgungsprozess<br />

überprüfen <strong>und</strong> ggf. neu strukturieren müssen, um den<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen des IFRS 13 gerecht zu werden.<br />

Bislang wurde von Kapitalanlagegesellschaften in Bezug auf die<br />

von ihnen in Wertpapier-Son<strong>der</strong>vermögen gehaltenen Finanz-<br />

76 IFRS 12.30-31.<br />

77 IFRS 13.9.<br />

78 IFRS 13.2.<br />

79 IFRS 13.22.<br />

80 Vgl. Flick/ Gehrer/ Meyer, IRZ 2011, 388.<br />

81 IFRS 13.16.<br />

82 IFRS 13.17; vgl. auch Flick/ Gehrer/ Meyer, IRZ 2011, 389.<br />

83 IFRS 13.57 ff. <strong>und</strong> B4.<br />

84 Vgl. Flick/ Gehrer/ Meyer, IRZ 2011, Heft 9, 389.<br />

85 IFRS 13.64.<br />

86 IAS 39.IG.E.2.1. Ausgenommen Fälle des IAS 39.AG72.<br />

87 Die nachfolgende Aufzählung <strong>der</strong> Auswirkungen des IFRS 13 auf Investmentfonds<br />

fokussiert lediglich auf einzelne Fragestellungen <strong>und</strong> enthält<br />

keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die angesprochenen Fragestellungen<br />

stellen sich i. d. R. dann, wenn ein Wertpapier-Son<strong>der</strong>vermögen konsolidiert<br />

wird. Eine detaillierte Darstellung <strong>der</strong> Auswirkungen des IFRS 13 auf<br />

die Bewertung von Immobilien enthält PricewaterhouseCoopers, Practical<br />

Guide to IFRS – Fair value measurement: implications of IFRS 13 for the<br />

real estate industry, S. 6 f. abrufbar unter http:// pwcinform.pwc.com/<br />

inform2/ show?action=informContent&id=1105100810205776 (Abruf:<br />

29.4.2012).<br />

Recht <strong>der</strong> Finanzinstrumente | 3.2012 | 14.5.2012


Seite 200<br />

Beiträge<br />

Dietrich/Malsch, <strong>Neuregelung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vorschriften</strong> <strong>zur</strong> <strong>Konsolidierung</strong><br />

<strong>und</strong> Fair-Value-Bewertung nach IFRS <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Auswirkung auf die<br />

Bilanzierung von Investmentfonds<br />

instrumente nur selten ein Day One Gain/ Loss ermittelt, so dass<br />

dessen bilanzielle Berücksichtigung möglicherweise Anpassungen<br />

in den Prozessen sowie den IT-Systemen induziert.<br />

Eine Erleichterung ergibt sich durch IFRS 13 im Hinblick auf die<br />

Verwendung von Mittelkursen bei <strong>der</strong> Bewertung. Durch diese<br />

Än<strong>der</strong>ung ist es zukünftig wie<strong>der</strong> möglich, die IFRS-Bewertung<br />

mit <strong>der</strong> investmentrechtlichen Rechnungslegung hinsichtlich <strong>der</strong><br />

Bewertung weitgehend in Einklang zu bringen. 88<br />

An<strong>der</strong>s als nach US-GAAP enthält IFRS 13 jedoch nicht ein sog.<br />

Practical Expedient hinsichtlich <strong>der</strong> Bewertung von Anteilen an<br />

Investmentfonds, so dass sich bei Wertpapier-Son<strong>der</strong>vermögen,<br />

die wie<strong>der</strong>um Anteile an<strong>der</strong>er Investmentfonds im Bestand haben,<br />

die Frage stellt, ob <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Kapitalanlagegesellschaft ermittelte<br />

Rücknahmepreis in jedem Fall <strong>der</strong> Fair Value des Fonds<br />

ist o<strong>der</strong> ob nicht ggf. Faktoren zu berücksichtigen sind, die auch<br />

ein Marktteilnehmer berücksichtigen würde, wenn er den Fondsanteil<br />

erwirbt (z. B. Liquiditätsabschläge bei Investmentfonds mit<br />

weniger fungiblen Vermögenswerten).<br />

Eine signifikante Erweiterung hinsichtlich <strong>der</strong> Anhangangaben<br />

wird sich indes nur für Immobilien-Son<strong>der</strong>vermögen ergeben.<br />

Für Wertpapier-Son<strong>der</strong>vermögen waren bisher schon die Angaben<br />

nach IFRS 7.27B erfor<strong>der</strong>lich, die durch IFRS 13 konkretisiert<br />

wurden.<br />

ZuSAMMenfASSung<br />

1. Die <strong>Konsolidierung</strong> von Investmentfonds setzt die Erfüllung<br />

aller drei Indikatoren für Beherrschung voraus. Dies sind Entscheidungsmacht,<br />

variable Rückflüsse <strong>und</strong> die Verbindung<br />

zwischen beiden.<br />

2. Kapitalanlagegesellschaften werden künftig eher mehr als<br />

weniger <strong>der</strong> von ihnen verwalteten Publikums-Son<strong>der</strong>vermögen<br />

nach IFRS 10 konsolidieren müssen, sofern diese neben<br />

<strong>der</strong> Verwaltungsvergütung auch Rückflüsse aus einer Beteiligung<br />

an dem Son<strong>der</strong>vermögen erzielen.<br />

3. Die Definition von Rückflüssen hat sich durch IFRS 10 signifikant<br />

erweitert <strong>und</strong> bezieht nun auch steuerliche <strong>und</strong> aufsichtsrechtliche<br />

Vorteile bzw. den Zugang zu Liquidität mit<br />

ein.<br />

4. Investoren in Publikums-Son<strong>der</strong>vermögen müssen sich<br />

i. d. R. selbst dann nicht die Entscheidungsmacht <strong>der</strong> Kapi-<br />

Recht <strong>der</strong> Finanzinstrumente | 3.2012 | 14.5.2012<br />

talanlagegesellschaft <strong>zur</strong>echnen lassen, wenn diese mehr als<br />

50 % des Son<strong>der</strong>vermögens halten.<br />

5. Än<strong>der</strong>ungen hinsichtlich <strong>der</strong> <strong>Konsolidierung</strong> von Ein-Anleger-<br />

Spezial-Son<strong>der</strong>vermögen sind durch IFRS 10 nicht zu erwarten.<br />

6. In die Angabepflichten nach IFRS 12 für strukturierte Unternehmen<br />

sind auch Investmentfonds einzubeziehen.<br />

7. Die Angabepflichten des IFRS 12 zu den Min<strong>der</strong>heitenanteilen<br />

in Kombination mit einem erweiterten <strong>Konsolidierung</strong>skreis<br />

erhöhen signifikant den Umfang <strong>der</strong> Anhangangaben.<br />

8. Kapitalanlagegesellschaften werden den bisherigen Kursversorgungsprozess<br />

überprüfen <strong>und</strong> ggf. neu strukturieren<br />

müssen.<br />

9. Die Verwendung von Mittelkursen bei <strong>der</strong> Bewertung von Finanzinstrumenten<br />

wird durch IFRS 13 wie<strong>der</strong> legalisiert.<br />

10. Für die Bewertung von Investmentanteilen sieht IFRS 13 kein<br />

Practical Expedient vor.<br />

Autorinnen<br />

Anita Dietrich, WP/ StB, ist Director im<br />

Servicebereich Accounting & Reporting im<br />

Bereich Financial Services bei <strong>der</strong> PricewaterhouseCoopers<br />

AG WPG, Frankfurt<br />

a. M., <strong>und</strong> verantwortlich für die Themen<br />

Strukturierte Finanzierungen, <strong>Konsolidierung</strong><br />

<strong>und</strong> Real Estate.<br />

Annette Malsch, WP/ StB, ist Manager im<br />

Servicebereich Accounting & Reporting im<br />

Bereich Financial Services bei <strong>der</strong> PricewaterhouseCoopers<br />

AG WPG, Frankfurt<br />

a. M., <strong>und</strong> verantwortlich für das Thema<br />

Asset Management. Sie hat langjährige<br />

Erfahrung in <strong>der</strong> Prüfung von Kapitalanlagegesellschaften<br />

<strong>und</strong> Investmentfonds.<br />

88 § 36 InvG i. V. m. § 23 Abs. 3 Investmentrechnungsrechnungslegungs- <strong>und</strong><br />

Bewertungsverordnung (InvRBV) sieht für Investmentfonds gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

eine Bewertung zu Mittelkursen o<strong>der</strong> zu Geldkursen vor.

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