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steuern+recht aktuell – Ausgabe 6, November 2012 18 Dienstleistungen mit einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz zu belegen. Der Neutralitätsgrundsatz verbietet es, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln. Aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers dienen sowohl Taxen als auch Mietwagen mit Fahrergestellung der Personenbeförderung, was für eine Vergleichbarkeit der Leistungen spricht. Andererseits bestehen hinsichtlich der Bedingungen der Personenbeförderung – auch im Falle einer Sondervereinbarung zwischen dem örtlichen Taxigewerbe und Großkunden – wesentliche Unterschiede, so etwa bei der Festlegung der Fahrpreise sowie der Betriebs- und Beförderungspflicht. Zu berücksichtigen sei auch – so der BFH abschließend – die bislang hierzu ergangene EuGH-Rechtsprechung, nach der es nicht allein auf die Gegenüberstellung einzelner Leistungen ankomme, sondern auf ihren Kontext. Fundstelle BFH-Entscheidungen vom 10. Juli 2012 (XI R 39/10 und XI R 22/10), veröffentlicht am 10. September 2012 Bundesfinanzhof zweifelt Verfassungsmäßigkeit des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes an Der Bundesfinanzhof legt das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit vor. Die monierten Vorschriften führten – so die obersten Finanzrichter – teils für sich allein, teils in ihrer Kumulation zu einer durchgehenden, das gesamte Gesetz erfassenden verfassungswidrigen Fehlbesteuerung, durch die diejenigen Steuerpflichtigen, die die Vergünstigungen nicht beanspruchen könnten, in ihrem Recht auf eine gleichmäßige, der Leistungsfähigkeit entsprechende und folgerichtige Besteuerung verletzt würden. Der Bundesfinanzhof hat dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 19 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) in der im Jahr 2009 geltenden Fassung wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verfassungswidrig ist. Dem Verfahren liegt die Besteuerung eines Erbanfalls im Jahre 2009 zugrunde. Der Kläger war zu 1/4 Miterbe seines Onkels. Im Nachlass befanden sich Guthaben bei Kreditinstituten und ein Steuererstattungsanspruch. Der Wert des auf den Kläger entfallenden Anteils am Nachlass belief sich auf 51.266 Euro. Unter Berücksichtigung eines Freibetrags von 20.000 Euro und eines Steuersatzes von 30 Prozent setzte das Finanzamt Erbschaftsteuer in Höhe von 9.360 Euro fest. Einspruch und Klage, mit denen der Kläger eine Herabsetzung der Steuer auf 4.680 Euro begehrte, blieben erfolglos. Der Kläger war der Meinung, der für Steuerentstehungszeitpunkte nach dem 31.Dezember 2009 für steuerpflichtige Erwerbe in der Steuerklasse II vorgesehene Steuersatz von 15 Prozent sei aus Gründen der Gleichbehandlung auch in seinem Fall anzuwenden. Das Finanzgericht wies die Klage des Erben ab. Und auch der Bundesfinanzhof teilt nicht die Ansicht des Klägers, die auf Steuerentstehungszeitpunkte im Jahr 2009 beschränkte Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II (u.a. Geschwister, Neffen und Nichten) mit Personen der Steuerklasse III (fremde Dritte) sei verfassungswidrig. Nach Ansicht der obersten Finanzrichter ist der Gesetzgeber von Verfassungswegen nicht verpflichtet, Erwerber der Steuerklasse II besser zu stellen als Erwerber der Steuerklasse III. Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz beziehe sich nur auf die Familie als Gemeinschaft von Eltern und Kindern, nicht aber auf Familienmitglieder im weiteren Sinn wie etwa Geschwister oder Abkömmlinge von Geschwistern. Der BFH ist jedoch der Auffassung, dass § 19 Abs. 1 i.V.m. §§ 13a und 13b ErbStG in der auf den 1. Januar 2009 zurückwirkenden Fassung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes vom 22. Dezember 2009 deshalb gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoße, weil die in §§ 13a und 13b ErbStG vorgesehenen Steuervergünstigungen in wesentlichen Teilbereichen von großer finanzieller Tragweite über das verfassungsrechtlich gerechtfertigte Maß hinausgingen. Im Einzelnen stützt der BFH seine Vorlage auf folgende Gesichtspunkte: Die weitgehende oder vollständige steuerliche Verschonung des Erwerbs von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften oder Anteilen daran stelle eine nicht durch ausreichende

steuern+recht aktuell – Ausgabe 6, November 2012 19 Gemeinwohlgründe gerechtfertigte und damit verfassungswidrige Überprivilegierung dar. Es könne nicht unterstellt werden, dass die Erbschaftsteuer typischerweise die Betriebsfortführung gefährde; es gehe weit über das verfassungsrechtlich Gebotene und Zulässige hinaus, Betriebsvermögen ohne Rücksicht auf den Wert des Erwerbs und die Leistungsfähigkeit des Erwerbers freizustellen, und zwar auch dann, wenn die für eine Erbschaftsteuerzahlung erforderlichen liquiden Mittel vorhanden seien oder – ggf. im Rahmen einer Stundung der Steuer – ohne weiteres beschafft werden könnten. Der Begünstigungsgrund „Arbeitsplatzerhalt“ erweise sich als nicht tragfähig, weil weit mehr als 90 % aller Betriebe nicht mehr als 20 Beschäftigte hätten und schon deshalb nicht unter die „Arbeitsplatzklausel“ fielen und ferner das Gesetz Gestaltungen zulasse, die es in vielen Fällen auf einfache Art und Weise ermöglichten, dass es für die Gewährung des Verschonungsabschlags auch bei Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten im Ergebnis nicht auf die Entwicklung der Lohnsummen und somit auf die Erhaltung von Arbeitsplätzen in dem Zeitraum nach dem Erwerb ankomme. Die Paragrafen 13a und 13b ErbStG wiesen ferner einen verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang auf. Sie ermöglichten es Steuerpflichtigen, durch rechtliche Gestaltungen nicht betriebsnotwendiges Vermögen, das den Begünstigungszweck nicht erfülle, in unbegrenzter Höhe ohne oder mit nur geringer Steuerbelastung zu erwerben. Es unterliege weitgehend der Dispositionsfreiheit des Erblassers oder Schenkers, Vermögensgegenstände, die ihrer Natur nach im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung gehalten würden, zu steuerbegünstigtem Betriebsvermögen zu machen. Die Bestimmungen hinsichtlich des sog. Verwaltungsvermögens seien nicht geeignet, risikobehaftetes und deshalb zu begünstigendes Betriebsvermögen von weitgehend risikolosem und daher nicht begünstigungswürdigem Betriebsvermögen abzugrenzen, und widersprächen auch dem Folgerichtigkeitsgebot. So könne bei entsprechender Gestaltung der unschädliche Anteil des nicht begünstigungswürdigen Verwaltungsvermögens sowohl bei der Regelverschonung als auch bei der Optionsverschonung deutlich über 90 % des gesamten Betriebsvermögens betragen. Ferner gehörten Geldforderungen wie etwa Sichteinlagen, Sparanlagen und Festgeldkonten bei Kreditinstituten nicht zum Verwaltungsvermögen, sodass ein Anteil an einer GmbH oder GmbH und Co. KG, deren Vermögen ausschließlich aus solchen Forderungen bestehe (z.B. sog. “Cash-GmbH), durch freigebige Zuwendung oder von Todes wegen erworben werden könne, ohne dass Erbschaftsteuer anfalle. Die zusätzlich zu den Freibeträgen des § 16 ErbStG anwendbaren Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG zusammen mit zahlreichen anderen Verschonungen führten dazu, dass die Steuerbefreiung die Regel und die tatsächliche Besteuerung die Ausnahme sei. Fundstelle BFH-Beschluss vom 27. September 2012, II R 9/11 (veröffentlicht am 10. Oktober 2012) Keine Gewinnrealisierung bei teilentgeltlicher Grundstücksübertragung Die teilentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters in das Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft führt nicht zur Realisierung eines Gewinns, wenn das Entgelt den Buchwert nicht übersteigt. Der Gesellschafter einer Personengesellschaft kann Wirtschaftsgüter aus seinem Sonderbetriebsvermögen an die Gesellschaft wie ein fremder Dritter entgeltlich veräußern. Eine entgeltliche Veräußerung ist grundsätzlich anzunehmen, wenn die Personengesellschaft im Zusammenhang mit der Übertragung des Wirtschaftsguts eine Verbindlichkeit des Gesellschafters übernimmt (insofern teilentgeltliche Übertragung). Das steuerlich beachtliche Entgelt besteht in diesem Fall in der Übernahme der Verbindlichkeit. Ein vergleichbarer Fall lag jetzt dem Bundesfinanzhof vor: Der Kommanditist einer GmbH & Co. KG hatte u.a. ein mit einer Verbindlichkeit belastetes Grundstück aus seinem Sonderbetriebsvermögen an die Personengesellschaft übertragen. Im Verhältnis zum Verkehrswert (1.520.000 Euro) machte die übernommene Verbindlichkeit, also das Entgelt, circa 19,5 % (d.h. 296.500 Euro) aus.

<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> <strong>aktuell</strong> – Ausgabe 6, November 2012 18<br />

Dienstleistungen mit einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz zu belegen. Der<br />

Neutralitätsgrundsatz verbietet es, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb<br />

stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich<br />

zu behandeln. Aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers dienen sowohl Taxen als auch<br />

Mietwagen mit Fahrergestellung der Personenbeförderung, was für eine<br />

Vergleichbarkeit der Leistungen spricht. Andererseits bestehen hinsichtlich der<br />

Bedingungen der Personenbeförderung – auch im Falle einer Sondervereinbarung<br />

zwischen dem örtlichen Taxigewerbe und Großkunden – wesentliche Unterschiede, so<br />

etwa bei der Festlegung der Fahrpreise sowie der Betriebs- und Beförderungspflicht. Zu<br />

berücksichtigen sei auch – so der BFH abschließend – die bislang hierzu ergangene<br />

EuGH-Rechtsprechung, nach der es nicht allein auf die Gegenüberstellung einzelner<br />

Leistungen ankomme, sondern auf ihren Kontext.<br />

Fundstelle<br />

BFH-Entscheidungen vom 10. Juli 2012 (XI R 39/10 und XI R 22/10), veröffentlicht am<br />

10. September 2012<br />

Bundesfinanzhof zweifelt Verfassungsmäßigkeit des<br />

Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes an<br />

Der Bundesfinanzhof legt das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz in der ab 1.<br />

Januar 2009 geltenden Fassung dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung der<br />

Verfassungsmäßigkeit vor. Die monierten Vorschriften führten – so die obersten<br />

Finanzrichter – teils für sich allein, teils in ihrer Kumulation zu einer durchgehenden,<br />

das gesamte Gesetz erfassenden verfassungswidrigen Fehlbesteuerung, durch die<br />

diejenigen Steuerpflichtigen, die die Vergünstigungen nicht beanspruchen könnten, in<br />

ihrem Recht auf eine gleichmäßige, der Leistungsfähigkeit entsprechende und<br />

folgerichtige Besteuerung verletzt würden.<br />

Der Bundesfinanzhof hat dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 19<br />

Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) in der im Jahr 2009<br />

geltenden Fassung wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz<br />

verfassungswidrig ist. Dem Verfahren liegt die Besteuerung eines Erbanfalls im Jahre<br />

2009 zugrunde. Der Kläger war zu 1/4 Miterbe seines Onkels. Im Nachlass befanden sich<br />

Guthaben bei Kreditinstituten und ein Steuererstattungsanspruch. Der Wert des auf den<br />

Kläger entfallenden Anteils am Nachlass belief sich auf 51.266 Euro. Unter<br />

Berücksichtigung eines Freibetrags von 20.000 Euro und eines Steuersatzes von 30<br />

Prozent setzte das Finanzamt Erbschaftsteuer in Höhe von 9.360 Euro fest. Einspruch<br />

und Klage, mit denen der Kläger eine Herabsetzung der Steuer auf 4.680 Euro begehrte,<br />

blieben erfolglos. Der Kläger war der Meinung, der für Steuerentstehungszeitpunkte<br />

nach dem 31.Dezember 2009 für steuerpflichtige Erwerbe in der Steuerklasse II<br />

vorgesehene Steuersatz von 15 Prozent sei aus Gründen der Gleichbehandlung auch in<br />

seinem Fall anzuwenden. Das Finanzgericht wies die Klage des Erben ab. Und auch der<br />

Bundesfinanzhof teilt nicht die Ansicht des Klägers, die auf Steuerentstehungszeitpunkte<br />

im Jahr 2009 beschränkte Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II (u.a.<br />

Geschwister, Neffen und Nichten) mit Personen der Steuerklasse III (fremde Dritte) sei<br />

verfassungswidrig. Nach Ansicht der obersten Finanzrichter ist der Gesetzgeber von<br />

Verfassungswegen nicht verpflichtet, Erwerber der Steuerklasse II besser zu stellen als<br />

Erwerber der Steuerklasse III. Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz beziehe sich nur auf die Familie<br />

als Gemeinschaft von Eltern und Kindern, nicht aber auf Familienmitglieder im weiteren<br />

Sinn wie etwa Geschwister oder Abkömmlinge von Geschwistern.<br />

Der BFH ist jedoch der Auffassung, dass § 19 Abs. 1 i.V.m. §§ 13a und 13b ErbStG in der<br />

auf den 1. Januar 2009 zurückwirkenden Fassung des<br />

Wachstumsbeschleunigungsgesetzes vom 22. Dezember 2009 deshalb gegen den<br />

allgemeinen Gleichheitssatz verstoße, weil die in §§ 13a und 13b ErbStG vorgesehenen<br />

Steuervergünstigungen in wesentlichen Teilbereichen von großer finanzieller Tragweite<br />

über das verfassungs<strong>recht</strong>lich ge<strong>recht</strong>fertigte Maß hinausgingen.<br />

Im Einzelnen stützt der BFH seine Vorlage auf folgende Gesichtspunkte:<br />

Die weitgehende oder vollständige steuerliche Verschonung des Erwerbs von<br />

Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an<br />

Kapitalgesellschaften oder Anteilen daran stelle eine nicht durch ausreichende

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