04.08.2013 Aufrufe

steuernrecht_2_2012 herunterladen - PwC Blogs

steuernrecht_2_2012 herunterladen - PwC Blogs

steuernrecht_2_2012 herunterladen - PwC Blogs

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Aktuelle Nachrichten für<br />

Expertinnen und Experten<br />

Februar/März <strong>2012</strong><br />

Im Wandel<br />

Deutsche Abkommensmissbrauchsregelungen<br />

geändert<br />

Schutz des guten<br />

Glaubens<br />

Innergemeinschaftliche<br />

Lieferung beim Reihengeschäft<br />

Risiko erhöht<br />

Neue Erkenntnisse zur<br />

aktienrechtlichen Differenzhaftung<br />

Unternehmensbesteuerung<br />

Deutsch-französisches<br />

Grünbuch veröffentlicht<br />

Alternativen gesucht<br />

Wechsel des Durchführungswegs<br />

in der betrieblichen<br />

Altersversorgung<br />

http://tax-news.pwc.de/steuern-und-recht<br />

steuern+recht


Inhalt<br />

Steuern aktuell ........................... 4<br />

Titel ............................................ 6<br />

Neuregelung des Paragrafen 50 d Absatz 3 Einkommensteuergesetz:<br />

Alles wie gehabt? ........................................ 6<br />

Steuern A bis Z ............................ 14<br />

Keine deutsche Besteuerung für in die USA gezahlte<br />

Pensionen ........................................................................ 14<br />

Finanzunternehmen und Eigenhandelsabsicht ................ 15<br />

Umsatzsteuer: Gestellung von Personal ........................... 17<br />

Umsatzsteuer: Leistungsort für Anzahlungen bei<br />

Vermittlung grundstücksbezogener Leistungen ............... 19<br />

Umsatzsteuer: Neuerungen beim Vorsteuerabzug ............ 20<br />

Deutsch-französische Steuerpolitik: Grünbuch<br />

Unternehmensbesteuerung veröffentlicht ........................ 23<br />

Umsatzsteuer: Haftungsvergütung einer Personalgesellschaft<br />

an einen persönlich haftenden Gesellschafter ........ 25<br />

Wechsel des Durchführungswegs in der betrieblichen<br />

Altersversorgung ............................................................. 26<br />

Umsatzsteuer: Geschäftsveräußerung im Ganzen bei der<br />

Veräußerung von Anteilen ............................................... 28<br />

Umsatzsteuer: neue Regeln bei der Zuordnung der<br />

innergemeinschaftlichen Lieferung im Reihengeschäft .... 29<br />

Rückwirkende Besteuerung von Erstattungszinsen auf<br />

dem Prüfstand ................................................................. 30<br />

Übertragung von Gesellschaftsanteilen als Geschäftsveräußerung<br />

im Ganzen .................................................. 31<br />

Recht aktuell .............................. 32<br />

Neue Rechtsprechung zum aktienrechtlichen Differenzhaftungsanspruch<br />

........................................................... 32<br />

Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge im<br />

GmbH-Konzern: neue Rechtsprechung ............................ 34<br />

Keine Einkünfteerzielungsabsicht bei Verzugszinsen ....... 35<br />

Länder ........................................ 36<br />

Ticker ......................................... 38<br />

Impressum ................................. 39<br />

2 <strong>PwC</strong>


Editorial<br />

Prof. Dr. Dieter Endres,<br />

Leiter Steuern und Mitglied<br />

des Vorstands<br />

„Über das Ziel hinausgeschossen“<br />

Etliche deutsche Steuerregelungen hat die Kommission der<br />

Europäischen Union schon kritisiert und als unvereinbar mit<br />

Europarecht deklariert. Aktuell im Visier der europäischen<br />

Wettbewerbshüter: der Paragraf 50 d Absatz 3 Einkommensteuergesetz.<br />

Dieser Passus richtet sich gegen das sogenannte<br />

Treaty Shopping. Was nichts anderes bedeutet, als dass sich ein<br />

Steuerpflichtiger die Vorteile eines Doppelbesteuerungsabkommens<br />

verschafft, obwohl er in dem betreffenden Vertragsstaat<br />

gar nicht ansässig ist. Das geschieht regelmäßig durch<br />

das Zwischenschalten einer Kapitalgesellschaft. Solchen Gestaltungen<br />

hat der deutsche Gesetzgeber bislang zu begegnen<br />

versucht, indem er beim bloßen Zwischenschalten einer Kapitalgesellschaft<br />

die Entlastung von Quellensteuern versagte.<br />

Doch Völkerrecht durch nationales Recht nachwirkend einfach<br />

außer Kraft zu setzen kommt in Brüssel nicht gut an. Dabei<br />

hätte die Bundesregierung gewarnt sein müssen. Denn bereits<br />

Großbritannien war mit seinen Antimissbrauchsregelungen<br />

übers Ziel hinausgeschossen und vom Europäischen Gerichtshof<br />

in der Rechtssache Cadbury Schweppes korrigiert worden.<br />

Im entschiedenen Fall hatte das Finanzamt den Londoner Konzern<br />

aufgefordert, die Gewinne zweier irischer Tochterfirmen<br />

in England zu versteuern. Das Unternehmen aber wollte die<br />

Abgaben in Irland zahlen – zu einem günstigeren Steuersatz.<br />

Mit Recht, wie die Luxemburger Richter entschieden. Das britische<br />

Finanzamt darf die Tochterfirmen danach nur besteuern,<br />

wenn es objektiv nachweisen kann, dass sie substanzlose<br />

Kunstprodukte sind. Um sich vor dem Europäischen Gerichtshof<br />

keine blutige Nase zu holen, ist die Bundesregierung den<br />

eindringlichen Forderungen der EU-Kommission deshalb jetzt<br />

im Rahmen des sogenannten Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetzes<br />

nachgekommen. Mit welchem Ergebnis und worauf<br />

sich Unternehmen zukünftig einstellen müssen, fasst<br />

<strong>PwC</strong>-Autor Bertram Früh in der Titelgeschichte „Neuregelung<br />

des Paragrafen 50 d Absatz 3 Einkommensteuergesetz: Alles<br />

wie gehabt?“ ab Seite 6 für Sie zusammen.<br />

Ebenfalls um den zunehmenden Einfluss der Rechtsprechung<br />

auf die hiesige Finanzverwaltung geht es in dem Beitrag „Umsatzsteuer:<br />

Neuerungen beim Vorsteuerabzug“. Der Hinter-<br />

grund: In letzter Zeit äußerte sich der Bundesfinanzhof in<br />

mehreren Urteilen zu Fragen des Abzugs und einer eventuellen<br />

Korrektur der Vorsteuer. Diese höchstrichterliche Rechtsprechung<br />

nahm das Bundesfinanzministerium jetzt zum Anlass,<br />

die in den Urteilen entwickelten Grundsätze des Vorsteuerabzugs<br />

und dessen Berichtigungsmöglichkeiten in einem Schreiben<br />

ausführlich darzulegen und umfangreiche Änderungen im<br />

Anwendungserlass vorzunehmen. Im aktuellen Beitrag stellen<br />

Ihnen die <strong>PwC</strong>-Autorinnen Miriam Peisker und Kathrin Barb<br />

ab Seite 20 ausgewählte Neuerungen vor und zeigen die Konsequenzen<br />

auf, die sich aus dem Schreiben ergeben.<br />

„Aktionäre sind dumm und unverschämt. Dumm, weil sie mir<br />

ihr Geld überlassen, und unverschämt, weil sie auch noch Dividenden<br />

dafür haben wollen“, gab einst der Berliner Bankier<br />

Carl Fürstenberg zum Besten. Dabei hat Fürstenberg einen<br />

Aspekt der Geldanlage in seinem Bonmot glatt außer Acht gelassen<br />

– nämlich das Risiko, das jeder Kapitalanleger bei seinen<br />

Engagements trägt. Als Beispiel dafür zu nennen wäre die Differenzhaftung<br />

von Aktionären. Denn Aktionäre einer Aktiengesellschaft<br />

sind dieser Haftung ausgesetzt, wenn die Einlage,<br />

die sie im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung erbringen, den<br />

geringsten Ausgabebetrag der dafür erhaltenen Aktien nicht<br />

deckt. Im Zusammenhang mit der Differenzhaftung gibt es<br />

viele ungeklärte Fragen. Der Bundesgerichtshof hatte am<br />

15. November 2011 über einen Fall zu entscheiden, in dem der<br />

Insolvenzverwalter von der unternehmerischen Rechtsnachfolgerin<br />

im Wege der Differenzhaftung einen Betrag von über<br />

170 Millionen Euro forderte. Das Gericht nahm diesen Fall<br />

zum Anlass, sich zu einigen Fragen im Zusammenhang mit der<br />

aktienrechtlichen Differenzhaftung zu äußern. Über das Urteil<br />

und darüber, welche Risiken es für die Aktionäre einer Aktiengesellschaft<br />

birgt, informiert Sie der Beitrag „Neue Rechtsprechung<br />

zum aktienrechtlichen Differenzhaftungsanspruch“ des<br />

<strong>PwC</strong>-Autors Dirk Krome ab Seite 32.<br />

Fortgesetzten Nutzen aus der Lektüre aller Beiträge wünscht<br />

Ihnen:<br />

Ihr<br />

Prof. Dr. Dieter Endres<br />

Leiter Steuern und Mitglied des Vorstands<br />

steuern+recht Februar/März <strong>2012</strong> 3


Steuern aktuell<br />

Reform des Unternehmensteuerrechts:<br />

neuer Zwölf-Punkte-Plan<br />

Die Finanzpolitiker der Regierungsparteien machen Ernst: Bei<br />

einer zweitägigen Klausurtagung in Berlin verständigten sie<br />

sich auf ein Zwölf-Punkte-Programm zur Modernisierung und<br />

Vereinfachung des Unternehmensteuerrechts. Das Papier<br />

schlägt unter anderem Maßnahmen bei der Verlustverrechnung,<br />

dem Reisekostenrecht sowie der Gruppenbesteuerung<br />

vor. Die ins Auge gefassten Schritte zielen nicht nur darauf ab,<br />

Unternehmen steuerlich direkt zu entlasten. Sie sollen auch<br />

durch ein verlässliches, einfach zu handhabendes und weniger<br />

gestaltungsanfälliges Steuerrecht gute Rahmenbedingungen<br />

für Investitionen schaffen und den Aufwand der Unternehmen<br />

in der betrieblichen Steuerpolitik reduzieren.<br />

Die Kernthemen des Maßnahmenpakets<br />

Einführung einer Gruppenbesteuerung: Die steuerliche<br />

Organschaft wird seit Längerem unter anderem wegen der<br />

engen Anbindung des Gewinnabführungsvertrags an das<br />

Gesellschaftsrecht als zu förmlich und fehleranfällig kritisiert.<br />

Mit der Einführung einer Gruppenbesteuerung soll künftig auf<br />

die deutsche Besonderheit des Gewinnabführungsvertrags als<br />

Voraussetzung der Ergebnisverrechnung im Konzern verzichtet<br />

werden. Dadurch will die Regierung das deutsche Steuerrecht<br />

internationalen Standards weiter annähern. Die verschiedenen<br />

Alternativen sehen flankierend eine Anhebung der Mindestbeteiligungsquote<br />

vor.<br />

Höchstbetrag beim Verlustrücktrag: Er wird, so die<br />

Planung, angehoben, und zwar von derzeit 511.500 auf eine<br />

Million Euro. Zusätzlich möchte Berlin das Wahlrecht bei Höhe<br />

des Rücktrags streichen. Mit der Anhebung des Höchstbetrags<br />

passt sich Deutschland dem französischen Steuerrecht an.<br />

Betriebsstätten im Ausland: Eine Beschränkung der<br />

Berücksichtigung endgültiger Verluste von Betriebsstätten im<br />

Ausland soll missbräuchliche grenzüberschreitende Gestaltungen<br />

verhindern.<br />

Hybride Finanzierung: Auch den Gestaltungsmissbrauch<br />

mittels hybrider Finanzierung will die Koalition bekämpfen.<br />

Dabei handelt es sich um bestimmte Finanzierungen, die in<br />

einem Staat als Fremdkapital, in einem anderen als Eigenkapital<br />

qualifiziert werden und die Vergütungen hierauf im<br />

Quellenstaat als Betriebsausgaben abgezogen und im Empfängerstaat<br />

als Dividenden ermäßigt oder erst gar nicht besteuert<br />

werden.<br />

Ausländische Mitunternehmer: Die Besteuerung der<br />

Sondervergütungen im Inland (als Vorabgewinn) soll zwar<br />

auch dann gelten, wenn sie ausländischen Mitunternehmern<br />

gewährt wird. Faktisch sei dies jedoch – so die Regierungsver-<br />

4 <strong>PwC</strong><br />

treter – nach der Auslegung der Abkommen zur Vermeidung<br />

der Doppelbesteuerung seitens des Bundesfinanzhofs regelmäßig<br />

nicht der Fall: Die Besteuerung soll daher durch eine<br />

gesetzliche Regelung festgeschrieben werden.<br />

Fremdfinanzierter Beteiligungserwerb: Der fremdfinanzierte<br />

Beteiligungserwerb (Leveraged Buy-out) soll<br />

beschränkt werden und so Gestaltungen unterbinden, in denen<br />

erworbene Unternehmen ihren Kaufpreis selbst finanzieren<br />

müssen.<br />

Reisekostenrecht: Das Reisekostenrecht wird in vielen<br />

Punkten als zu kompliziert empfunden: Der bisherige Begriff<br />

der „regelmäßigen Arbeitsstätte“ bei Fahrtkosten soll neu<br />

gefasst und gesetzlich definiert werden. Bei Verpflegungsmehraufwendungen<br />

und Kosten der Unterkunft sollen die<br />

Abrechnungen laut Entwurf vereinfacht werden.<br />

Vereinfachungen bewirken sollen außerdem:<br />

• eine Umstellung der Verlustabzugsbegrenzung des § 15 a<br />

Einkommensteuergesetz auf das sogenannte Steuerbilanzmodell<br />

und damit eine Loslösung vom Gesellschaftsrecht<br />

• eine weitere Beschränkung der Wertpapierleihe<br />

• die Versagung des Verlustübergangs bei Verschmelzung<br />

einer Gewinn- auf eine Verlustgesellschaft<br />

• die Verbindung der Stundung bei grenzüberschreitenden<br />

Entstrickungsvorgängen mit einer Sicherheitsleistung und<br />

entsprechender Verzinsung<br />

Auf der Basis der im Strategiepapier niedergelegten Ergebnisse<br />

will die Regierung nun die Gespräche mit den Ländern und der<br />

Wirtschaft fortsetzen.<br />

Automatischer Informationsaustausch<br />

zwischen USA und EU-Ländern<br />

In einer gemeinsamen Erklärung haben Deutschland, Frankreich,<br />

Großbritannien, Italien, Spanien und die USA ihre<br />

Absicht erklärt, die bilaterale Zusammenarbeit bei der<br />

Bekämpfung der Steuerhinterziehung weiter auszubauen. Die<br />

beteiligten Länder planen, auf der Grundlage der Gegenseitigkeit<br />

regelmäßig Informationen zu erheben, die für die Besteuerung<br />

relevant sind, und mit den USA automatisch auszutauschen.<br />

Die Einzelheiten werden sich aus einer Vereinbarung<br />

ergeben, die in den kommenden Monaten erarbeitet werden<br />

soll. Die Ziele und Vorteile der geplanten zwischenstaatlichen<br />

Vorgehensweise beschreiben die beteiligten Parteien folgendermaßen:<br />

• keine Vereinbarungen mehr zwischen ausländischen Finanzinstituten<br />

und US-Steuerbehörde<br />

• deutlich mehr Rechtssicherheit und Verfahrenserleichterungen<br />

für die Institute und ihre Kunden


• Austausch relevanter Daten zwischen in- und ausländischen<br />

Finanzbehörden und nicht zwischen Banken und der US-<br />

Steuerbehörde<br />

• Kostensenkung für die ausländischen Finanzinstitute<br />

Weltbank-Studie: Steuerlast sinkt weiter<br />

weltweit<br />

Die Steuer- und Abgabenlast für kleine und mittlere Unternehmen<br />

ist weltweit gesunken. Innerhalb der letzten sechs Jahre<br />

profitierten Betriebe in 123 von insgesamt 183 Staaten von<br />

niedrigeren Steuersätzen, einer Vereinfachung des Steuersystems<br />

sowie weniger Bürokratie. Das geht hervor aus der Studie<br />

Paying Taxes <strong>2012</strong>, die <strong>PwC</strong> zusammen mit der Weltbank und<br />

der International Finance Corporation durchführte. Danach<br />

haben allein 23 Länder Onlinesysteme für die Steuererklärung<br />

oder -zahlung von Unternehmen eingeführt. Überdies fiel der<br />

Anteil aller Steuern und Abgaben am Unternehmensgewinn<br />

(Total Tax Rate) in den vergangenen Jahren im Schnitt auf<br />

44,8 Prozent. Weiterhin nicht zufrieden kann allerdings<br />

Deutschland mit dem Ergebnis der Studie sein. Denn im internationalen<br />

Vergleich hat sich die Wettbewerbsfähigkeit des<br />

Steuerstandorts Deutschland kaum verbessert. Im Gesamtranking,<br />

das neben der Total Tax Rate auch den Verwaltungsaufwand<br />

der Unternehmen bei der Erfüllung ihrer steuerlichen<br />

Pflichten sowie die Anzahl der Steuerzahlungen in einer<br />

Durchschnittsnote zusammenfasst, hat sich Deutschland gegenüber<br />

der Vorjahresstudie um zwei Positionen verbessert.<br />

Das Land belegt aber nach wie vor einen weit abgeschlagenen<br />

Platz (Rang 86!). „Es liegt an den Regierungen, durch die weitere<br />

Vereinfachung des Steuersystems das Investitionsklima zu<br />

verbessern und damit für mehr Wachstum und Wohlstand zu<br />

sorgen. Niedrigere Steuersätze und weniger Bürokratie erleichtern<br />

es den Unternehmen, sich auf ihre eigentlichen Aufgaben<br />

und Wachstumsstrategien zu konzentrieren“, kommentiert<br />

Prof. Dr. Dieter Endres, Steuerexperte und Vorstandsmitglied<br />

bei <strong>PwC</strong>.<br />

Weitere Informationen zur Studie bekommen Sie unter:<br />

www.pwc.de/paying-taxes-<strong>2012</strong>.<br />

Entfernungspauschale bei verkehrsgünstigerer<br />

Strecke<br />

Grundsätzlich kann die Entfernungspauschale nur für die<br />

kürzeste Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte<br />

beansprucht werden. In zwei Urteilen hat der Bundesfinanzhof<br />

(BFH, VI R 19/11 und VI R 46/10) jetzt aber die Anforderungen<br />

an den Begriff der offensichtlich günstigeren Straßenverbindung<br />

gelockert. Der Senat entschied: Grundsätzlich kann<br />

die Entfernungspauschale nur für den kürzesten Weg zwischen<br />

Wohnung und Arbeitsstätte in Anspruch genommen werden –<br />

es sei denn, eine andere Verbindung ist offensichtlich verkehrsgünstiger.<br />

Als verkehrsgünstiger als die kürzeste Verbindung<br />

Steuern aktuell<br />

sei eine Straßenverbindung dann anzusehen, wenn der Arbeitnehmer<br />

eine andere, aber längere Straßenverbindung nutzt<br />

und die Arbeitsstätte auf diese Weise trotz gelegentlicher Verkehrsstörungen<br />

in der Regel schneller und pünktlicher erreicht.<br />

Die Vorteilhaftigkeit der Strecke müsse auf der Hand<br />

liegen. Mit anderen Worten: Ein unvoreingenommener Verkehrsteilnehmer<br />

hätte unter den gegebenen Verkehrsverhältnissen<br />

sich ebenfalls für die Benutzung der Strecke entschieden.<br />

Zu vergleichen seien die kürzeste und die vom Arbeitnehmer<br />

regelmäßig benutzte längere Straßenverbindung. Weitere<br />

mögliche, tatsächlich aber nicht benutzte Fahrtstrecken zwischen<br />

Wohnung und Arbeitsstätte blieben dagegen unberücksichtigt.<br />

Es müsse sich aber nicht um die verkehrsgünstigste<br />

Strecke überhaupt handeln. Denn dies hätte die Notwendigkeit<br />

umfangreicher Ermittlungen der Finanzbehörden und der<br />

Finanzgerichte einschließlich weiterer Beweiserhebungen zur<br />

Folge. In jedem Einzelfall müsste nämlich dann unter Einbeziehung<br />

sämtlicher Streckenvarianten geprüft werden, welche<br />

Verbindung als am verkehrsgünstigsten anzusehen ist. Vergleiche<br />

man demgegenüber – so der BFH – lediglich die leicht feststellbare<br />

kürzeste Verbindung mit der vom Steuerpflichtigen<br />

tatsächlich benutzten, entspreche das dem Vereinfachungsgedanken<br />

der gesetzlichen Pauschalierungsregelung. Darüber<br />

hinaus hat der BFH klargestellt: Eine Mindestzeitersparnis von<br />

20 Minuten ist nicht stets erforderlich. Vielmehr seien alle<br />

Umstände des Einzelfalls in die Beurteilung einzubeziehen,<br />

darunter die Streckenführung und die Schaltung von Ampeln.<br />

Eine Straßenverbindung kann somit auch dann offensichtlich<br />

verkehrsgünstiger sein, wenn bei ihrer Benutzung nur eine<br />

ganz geringe Zeitersparnis zu erwarten ist.<br />

Steuer-Identifikationsnummer und<br />

Datenspeicherung verfassungsgemäß<br />

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden (II R 49/10): Die<br />

Zuteilung der Identifikationsnummer und die dafür beim Bundeszentralamt<br />

für Steuern erfolgte Datenspeicherung sind mit<br />

dem Grundgesetz vereinbar. Denn das sei durch überwiegende<br />

Interessen des Gemeinwohls gerechtfertigt. Die Steuer-Identifikationsnummer<br />

wird seit August 2008 vom Bundeszentralamt<br />

für Steuern (BZSt) an alle Einwohner versandt (§ 139 b Abgabenordnung).<br />

Deutschland folgt damit dem Beispiel vieler<br />

Nachbarn in der Europäischen Union. Die Einführung der<br />

Identifikationsnummer soll das Besteuerungsverfahren vereinfachen<br />

und die Bürokratie abbauen. Hierzu erhält das zuständige<br />

BZSt von allen Meldebehörden elektronisch die im<br />

Melderegister gespeicherten Daten. Daneben werden auch<br />

lohnsteuererhebliche Daten, wie etwa Religionszugehörigkeit,<br />

Krankenversicherungsbeiträge, Zahl der Lohnsteuerkarten und<br />

Kinder, mit ihrer Identifikationsnummer gespeichert. Die Nummer<br />

besteht aus elf Ziffern, aus denen sich aber keine Rückschlüsse<br />

auf den konkreten Steuerpflichtigen ziehen lassen.<br />

steuern+recht Februar/März <strong>2012</strong> 5


Titel<br />

Neuregelung des Paragrafen 50 d Absatz 3<br />

Der Bundestag hat in seiner Sitzung am 27. Oktober<br />

2011 dem sogenannten Beitreibungsrichtlinien-<br />

Umsetzungsgesetz zugestimmt. Das Gesetz trat am<br />

1. Januar <strong>2012</strong> in Kraft. Für international tätige<br />

Unternehmen ist in diesem Gesetzespaket vor allem<br />

die Neufassung der Vorschrift des Paragrafen 50 d Absatz<br />

3 Einkommensteuergesetz von Bedeutung. Diese<br />

Vorschrift versagt Begünstigungen, die sich aus der<br />

Anwendung von EU-Richtlinien und Doppelbesteuerungsabkommen<br />

für die ausländischen Empfänger<br />

dieser Einkünfte ergeben. So werden Dividenden- und<br />

Lizenzerträge ausländischer Empfänger möglicherweise<br />

mit deutscher Abzugssteuer belastet, obwohl die<br />

Mutter-Tochter-Richtlinie sowie die Zins- und Lizenzrichtlinie<br />

der EU oder das Doppelbesteuerungsabkommen<br />

die Freistellung von einer derartigen Besteuerung<br />

an der Quelle oder zumindest die Begrenzung der<br />

Höhe nach vorsehen. Das erhöht den Verwaltungsaufwand<br />

in den beteiligten Unternehmen und reduziert<br />

die im Unternehmensverbund vorhandene Liquidität.<br />

– Worauf Steuerpflichtige achten sollten, fasst <strong>PwC</strong>-<br />

Autor Bertram Früh für Sie zusammen.<br />

Der Grundsatz: Kapitalertragsteuerpflicht<br />

mit Freistellungsmöglichkeit<br />

Beschränkt Steuerpflichtige und damit auch ausländische Anteilseigner<br />

einer inländischen Kapitalgesellschaft sind in<br />

Deutschland nur mit ihren inländischen Einkünften steuerpflichtig.<br />

Zu den beschränkt steuerpflichtigen inländischen<br />

Einkünften gehören zum Beispiel auch Erträge aus Dividenden<br />

und Lizenzen. Die Erhebung der Steuer erfolgt zum Teil im<br />

Rahmen des Abzugs an der Quelle (Quellensteuer, Kapitalertragsteuer)<br />

durch den Vergütungsschuldner. So ist bei Dividenden<br />

eine Kapitalertragsteuer in Höhe von 25 Prozent zuzüglich<br />

Solidaritätszuschlag mit 5,5 Prozent durch die ausschüttende<br />

inländische Kapitalgesellschaft einzubehalten. Die effektive<br />

Gesamtsteuerbelastung des beschränkt steuerpflichtigen aus-<br />

6 <strong>PwC</strong><br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … welche Fallkonstellationen Paragraf 50 d Absatz<br />

3 Einkommensteuergesetz erfasst.<br />

• … welche Abweichungen von der bisherigen Regelung<br />

zu erwarten sind.<br />

• … welche Unklarheiten bei der Anwendung der<br />

neuen Vorschrift verbleiben.<br />

ländischen Anteilseigners auf die inländische Dividende<br />

beträgt somit insgesamt 26,375 Prozent.<br />

Der Steuerabzug an der Quelle hat für beschränkt Steuerpflichtige<br />

abgeltende Wirkung. Das bedeutet: Die Quellensteuer ist<br />

für diese Empfänger eine definitive Steuerbelastung und kann<br />

nicht im Rahmen einer Steuerveranlagung reduziert werden.<br />

Im Vergleich dazu können unbeschränkt steuerpflichtige inländische<br />

Anteilseigner einer inländischen Kapitalgesellschaft die<br />

einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer im Rahmen<br />

der eigenen Veranlagung zur Körperschaftsteuer anrechnen.<br />

Für den Fall einer Verlustsituation des Anteilseigners wird die<br />

einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer an den<br />

Anteilseigner erstattet. Im Ergebnis ist die Kapitalertragsteuer<br />

lediglich eine Vorauszahlung auf die eigene Körperschaftsteuerschuld<br />

des inländischen Anteilseigners. Steuerbefreiungen<br />

für bestimmte Einkünfte können im Rahmen der Veranlagung<br />

ebenfalls berücksichtigt werden.<br />

Internationale Regelungen<br />

Um Doppelbesteuerung im ausländischen Staat des Empfängers<br />

und im Staat der Einkunftsquelle zu vermeiden, hat die<br />

Bundesrepublik Deutschland Abkommen auf dem Gebiet der<br />

Steuern von Einkommen und von Vermögen (DBA) abgeschlossen.<br />

Sie enthalten Regelungen, die das Recht der Besteuerung<br />

für bestimmte Einkünfte einem Staat zuweisen oder<br />

den zulässigen Steuerabzug an der Quelle der Höhe nach begrenzen.<br />

So kann bei Dividendeneinkünften nach vielen DBA<br />

eine Reduzierung der Besteuerung an der Quelle bei Vorliegen<br />

bestimmter weiterer qualifizierender Merkmale auf zehn oder<br />

fünf Prozent erreicht werden.<br />

Auf europäischer Ebene ist den Mitgliedstaaten durch die Mutter-Tochter-Richtlinie<br />

sowie die Zins- und Lizenzrichtlinie der<br />

EU aufgetragen worden, die entsprechenden Zahlungen unter<br />

den in den Richtlinien genannten Voraussetzungen von einer<br />

Besteuerung an der Quelle freizustellen.<br />

Der deutsche Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 50 d Absatz<br />

3 Einkommensteuergesetz (EStG) die Gewährung dieser<br />

vollständigen oder teilweisen Freistellung von deutscher Quellensteuer<br />

von bestimmten weiteren Merkmalen abhängig gemacht,<br />

um Missbräuche zu verhindern.<br />

Die bis zum 31. Dezember 2011 geltende Regelung lautete wie<br />

folgt:<br />

„Eine ausländische Gesellschaft hat keinen Anspruch auf völlige<br />

oder teilweise Entlastung nach Abs. 1 oder Abs. 2 (des § 50<br />

d EStG: Anmerkung des Verfassers), soweit Personen an ihr


Einkommensteuergesetz: Alles wie gehabt?<br />

beteiligt sind, denen die Erstattung oder Freistellung nicht zustünde,<br />

wenn sie die Einkünfte unmittelbar erzielten und<br />

1. für die Einschaltung der ausländischen Gesellschaft wirtschaftliche<br />

oder sonst beachtliche Gründe fehlen oder<br />

2. die ausländische Gesellschaft nicht mehr als 10 Prozent<br />

ihrer gesamten Bruttoerträge des betreffenden Wirtschaftsjahrs<br />

aus eigener Wirtschaftstätigkeit erzielt oder<br />

3. die ausländische Gesellschaft nicht mit einem für ihren Geschäftszweck<br />

angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb<br />

am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt.“<br />

Beabsichtigte Wirkung: Es soll verhindert werden, dass substanzarme<br />

Domizilgesellschaften zwischen die ausschüttende<br />

inländische Kapitalgesellschaft und den letztlich nicht abkommens-<br />

oder entlastungsberechtigten wirtschaftlichen Empfänger<br />

der Dividende oder Lizenzzahlung geschaltet werden, um<br />

von der Mutter-Tochter-Richtlinie, der Zins- und Lizenzrichtlinie<br />

beziehungsweise einem entsprechenden DBA zu profitieren.<br />

EU-Kommission: Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht<br />

Die Europäische Kommission hat die starre Zehn-Prozent-<br />

Regelung zum Anlass genommen, Deutschland offiziell zur<br />

Änderung dieser einschränkenden und aus Sicht der EU-Kommission<br />

gemeinschaftsrechtswidrigen, weil unverhältnismäßigen<br />

Regelung aufzufordern. Die Kommission bemängelte<br />

insbesondere: Der ausländische Anteilseigner, der weniger als<br />

zehn Prozent seiner gesamten Bruttoerträge des betreffenden<br />

Wirtschaftsjahrs aus eigener Wirtschaftstätigkeit erziele, habe<br />

keine Möglichkeit, den Gegenbeweis zu führen, dass die Zwischenschaltung<br />

einer ausländischen Gesellschaft nicht missbräuchlich<br />

sei.<br />

Am einfachsten wäre es gewesen, die Regelung des § 50 d Absatz<br />

3 EStG komplett zu streichen und damit die Vorteile aus<br />

den DBA oder der Mutter-Tochter-Richtlinie ungeschmälert<br />

und ohne weitere einschränkende Voraussetzungen zu gewähren.<br />

Missbrauchsfällen hätte auch mit der allgemeinen Missbrauchsvorschrift<br />

des § 42 Abgabenordnung begegnet werden<br />

können.<br />

Der Wortlaut des neuen Paragrafen 50 d<br />

Absatz 3 Einkommensteuergesetz und<br />

Grundfälle<br />

Der deutsche Gesetzgeber wählte einen anderen Weg und modifizierte<br />

die angegriffene Vorschrift des § 50 d Absatz 3 EStG.<br />

Die modifizierte Regelung ist in einigen Bereichen unklar. Wel-<br />

che Bereiche davon betroffen sind, erfahren Sie in den folgenden<br />

Absätzen.<br />

Titel<br />

Die neue, ab 1. Januar <strong>2012</strong> geltende Regelung hat folgenden<br />

Wortlaut:<br />

„Eine ausländische Gesellschaft hat keinen Anspruch auf völlige<br />

oder teilweise Entlastung nach Abs. 1 oder Abs. 2 (des § 50<br />

d EStG: Anmerkung des Verfassers), soweit Personen an ihr beteiligt<br />

sind, denen die Erstattung oder Freistellung nicht zustünde,<br />

wenn sie die Einkünfte unmittelbar erzielten, und die<br />

von der ausländischen Gesellschaft im betreffenden Wirtschaftsjahr<br />

erzielten Bruttoerträge nicht aus eigener Wirtschaftstätigkeit<br />

stammen, sowie<br />

1. in Bezug auf diese Erträge für die Einschaltung der ausländischen<br />

Gesellschaft wirtschaftliche oder sonst beachtliche<br />

Gründe fehlen oder<br />

2. die ausländische Gesellschaft nicht mit einem für ihren Geschäftszweck<br />

angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb<br />

am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt.“<br />

Der erste Halbsatz der neuen Regelung ist mit der bisher geltenden<br />

Regelung identisch. Die bisherige Nummer 2 der Vorgängerregelung<br />

ist nun direkt in Satz 1 ohne Bezugnahme auf<br />

die Zehn-Prozent-Grenze enthalten. Die Bezugnahme auf die<br />

gesamten Bruttoerträge entfällt. Stattdessen wird in der Regelung<br />

nur noch auf die Bruttoerträge verwiesen.<br />

Aus dem geänderten Wortlaut („Bruttoerträge“ statt „gesamte<br />

Bruttoerträge“) lässt sich nicht schließen, dass nicht die gesamten<br />

weltweiten Bruttoerträge der ausländischen Gesellschaft<br />

als Vergleichsmaßstab heranzuziehen sind, sondern nur<br />

die inländischen Bruttoerträge, für die eine Freistellung angestrebt<br />

wird. Diese Auslegung wird auch vom Bundesfinanzministerium<br />

(BMF) im Schreiben vom 24. Januar <strong>2012</strong> dort unter<br />

„2. Anwendungsbereich“ vertreten. Die Entlastung soll danach<br />

nur im Verhältnis der unschädlichen Bruttoerträge zu den im<br />

Wirtschaftsjahr insgesamt erzielten Bruttoerträgen der ausländischen<br />

Gesellschaft gewährt werden (Aufteilungsklausel).<br />

Die Neufassung wählt ebenfalls eine Negativformulierung<br />

(„hat keinen Anspruch auf“). Die Vorteile aus den DBA beziehungsweise<br />

der Mutter-Tochter-Richtlinie sowie der Zins- und<br />

Lizenzrichtlinie sind nur dann zu versagen, wenn beide Tatbestandsmerkmale<br />

kumulativ vorliegen. Die Rechtsfolge der<br />

teilweisen („soweit“) oder vollständigen Versagung der Begünstigungen<br />

erfordert das Fehlen begünstigter Anteilseigner<br />

(persönliche Entlastungsberechtigung) sowie das Fehlen von<br />

unschädlichen Erträgen (sachliche Entlastungsberechtigung).<br />

Unschädliche Erträge sind solche aus eigener Wirtschaftstätigkeit,<br />

aber auch solche aus nicht eigenwirtschaftlicher Tätigkeit,<br />

wenn für die Einschaltung der ausländischen Gesellschaft wirt-<br />

steuern+recht Februar/März <strong>2012</strong> 7


Titel<br />

schaftliche oder sonst beachtliche Gründe bestehen (Nummer<br />

1) und die Gesellschaft mit einem angemessen eingerichteten<br />

Geschäftsbetrieb am wirtschaftlichen Leben teilnimmt.<br />

Wären also an einer ausländischen Gesellschaft nur Anteilseigner<br />

beteiligt, die in eigener Person unter Berücksichtigung des<br />

§ 50 d Absatz 3 EStG die vollständige Entlastung begehren<br />

könnten, und würden sie die Einkünfte unmittelbar erzielen,<br />

so wäre die Freistellung zu gewähren, selbst wenn die zwischengeschaltete<br />

ausländische Gesellschaft im betreffenden<br />

Wirtschaftsjahr ausschließlich schädliche Bruttoerträge erzielt<br />

hätte. Das gleiche Ergebnis würde gelten, wenn zwar an der<br />

zwischengeschalteten ausländischen Gesellschaft ausschließlich<br />

nicht berechtigte Anteilseigner beteiligt wären, die zwischengeschaltete<br />

ausländische Gesellschaft aber ausschließlich<br />

unschädliche Bruttoerträge zum Beispiel aus eigener Wirtschaftstätigkeit<br />

generieren würde. Ein Missbrauch durch Zwischenschaltung<br />

einer ausländischen Gesellschaft wäre somit<br />

nicht anzunehmen.<br />

Das Ergebnis ist in Abbildung 1 am Beispiel einer Dividendenausschüttung<br />

dargestellt.<br />

Anwendung der Aufteilungsklausel<br />

Die Aufteilungsklausel, vertreten durch das Wort „soweit“,<br />

umfasst nach Auffassung der Finanzverwaltung im BMF-<br />

Schreiben – dort unter „1. Allgemeines“ – sowohl den Anteilseigner<br />

als auch die schädlichen Einkünfte. Dies führt bei<br />

mehrgliedrigen Beteiligungsketten durchaus zu Berechnungsaufwand,<br />

wie Ihnen das stark vereinfachte Beispiel in Abbildung<br />

2 zeigt.<br />

Auf der Ebene der NL BV ist in einem ersten Schritt zu unterscheiden<br />

zwischen den unschädlichen, aus eigener Wirt-<br />

Dividende<br />

8 <strong>PwC</strong><br />

UK Ltd<br />

NL BV<br />

DE GmbH<br />

100%<br />

„unschädliche“<br />

0%<br />

„unschädliche“<br />

Dividende<br />

Bermudas<br />

NL BV<br />

DE GmbH<br />

schaftstätigkeit stammenden Einkünften (Anteil 60 Prozent)<br />

und den schädlichen, nicht aus eigener Wirtschaftstätigkeit<br />

stammenden Einkünften (Anteil 40 Prozent).<br />

Die unschädlichen Einkünfte in Höhe von 60 Prozent der NL<br />

BV verhindern anteilig, dass die Versagungsvorschrift anwendbar<br />

ist, denn für eine Versagung der Begünstigungen müssen<br />

sowohl die persönliche als auch die sachliche Entlastungsberechtigung<br />

fehlen. Die sachliche Entlastungsberechtigung ist<br />

hier mit 60 Prozent der Einkünfte der NL BV gegeben. Der Umstand,<br />

dass eine natürliche Person auf den Bermudas als nicht<br />

begünstigter Anteilseigner an der NL BV beteiligt ist, spielt bei<br />

den unschädlichen Einkünften keine Rolle.<br />

Anders bei den schädlichen Einkünften (Anteil 40 Prozent).<br />

Hier fehlt die sachliche Entlastungsberechtigung und es ist zu<br />

prüfen, ob die Anteilseigner der NL BV ihrerseits in eigener<br />

Person nach § 50 d Absatz 3 EStG entlastungsberechtigt wären,<br />

würden sie die Einkünfte unmittelbar erzielen (persönliche<br />

Entlastungsberechtigung). Die begünstigte Anteilseignerin UK<br />

Ltd und die nicht begünstigte natürliche Person als Anteilseigner<br />

sind jeweils zu 70 beziehungsweise 30 Prozent an der NL<br />

BV beteiligt. Für den Anteil der schädlichen Einkünfte von<br />

40 Prozent kann nur zu 70 Prozent über die UK Ltd die Begünstigung<br />

erreicht werden. Die Funktionsvoraussetzungen sind<br />

bei der UK Ltd wegen der gänzlich unschädlichen Erträge erfüllt.<br />

Für die verbleibenden 30 Prozent des über die Bermudas<br />

gehaltenen Anteils fehlt schon die persönliche Entlastungsberechtigung<br />

der natürlichen Person. Eine Freistellung kommt<br />

insoweit nicht in Betracht.<br />

In der Summe ergibt sich eine anteilige Freistellung der Dividendenzahlung<br />

von der DE GmbH an die NL BV von deutscher<br />

Kapitalertragsteuer in Höhe von 88 Prozent (aus 60 Prozent<br />

plus).<br />

100%<br />

„unschädliche“<br />

Dividende<br />

Bermudas<br />

Freistellung Freistellung keine Freistellung<br />

Abb. 1: Freistellung bei einer Dividendenausschüttung<br />

NL BV<br />

DE GmbH<br />

0%<br />

„unschädliche“


UK Ltd<br />

Dividende<br />

100% „unschädliche“<br />

70% 30%<br />

NL BV<br />

DE GmbH<br />

60% „unschädliche“<br />

40% „schädliche“<br />

Bermudas<br />

Abb. 2: Berechnungsmethode bei mehrgliedrigen Beteiligungsketten<br />

Unterscheidung zwischen unschädlichen<br />

und schädlichen Einkünften<br />

Wie Sie den Ausführungen entnehmen konnten, kommt es<br />

entscheidend auf die Qualifikation der Einkünfte der empfangenden<br />

Gesellschaft an. Liegen unschädliche Einkünfte vor,<br />

besteht insoweit die Möglichkeit der Freistellung. Liegen<br />

schädliche Einkünfte vor, kommt es auf die Entlastungsberechtigung<br />

auf Ebene der Anteilseigner der Gesellschaft an. Im<br />

Ergebnis wird die Prüfung der Entlastungsberechtigung eine<br />

Stufe nach oben verlegt.<br />

Bruttoerträge aus eigener Wirtschaftstätigkeit sind nach<br />

Auffassung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben, dort<br />

„5. Eigene Wirtschaftstätigkeit der ausländischen Gesellschaft“,<br />

auch solche Einkünfte, die mit der eigenen Wirtschaftstätigkeit<br />

derselben Gesellschaft in einem funktionalen<br />

Zusammenhang stehen. Darüber hinaus sind Zinserträge, die<br />

aus der Anlage von unschädlichen Einkünften erzielt werden,<br />

ebenfalls unschädliche Einkünfte.<br />

Die eigene Wirtschaftstätigkeit setzt nach Auffassung der<br />

Finanzverwaltung eine über den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung<br />

hinausgehende Teilnahme am allgemeinen<br />

wirtschaftlichen Verkehr voraus, was auch durch die Erbringung<br />

von fremdüblich entgoltenen Dienstleistungen gegenüber<br />

einer oder mehreren Konzerngesellschaften erreicht werden<br />

kann. Die Gesellschaft muss dazu am dortigen Marktgeschehen<br />

im Rahmen ihrer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit aktiv,<br />

ständig und nachhaltig teilnehmen. Bei Beteiligungen soll eine<br />

aktive Beteiligungsverwaltung für die Annahme einer eigenen<br />

Wirtschaftstätigkeit erforderlich sein. Diese wäre gegeben,<br />

wenn eine Beteiligung von einigem Gewicht erworben würde,<br />

um gegenüber den Gesellschaften, an denen die Beteiligung<br />

Titel<br />

besteht, geschäftsleitende Funktionen wahrzunehmen. Bei<br />

reinen Holdinggesellschaften muss die geschäftsleitende Funktion<br />

gegenüber mehreren Gesellschaften ausgeübt werden.<br />

Insgesamt soll nach Vorstellung des BMF die Beschränkung auf<br />

die Wahrnehmung der gesellschaftsrechtlichen Mitgliedsrechte<br />

nur eine passive Beteiligungsverwaltung darstellen, die<br />

nicht ausreichend sein soll. Aus der Sicht des BMF folgerichtig<br />

sind Dividendenerträge, aber auch Zins- und Lizenzerträge aus<br />

geleiteten Tochtergesellschaften unschädliche Bruttoerträge<br />

im Sinne des § 50 d Absatz 3 EStG.<br />

Die Abgrenzung zwischen unschädlichen und schädlichen Einkünften<br />

kann in Einzelfällen schwierig sein. Das Merkmal der<br />

durch den funktionalen Zusammenhang mit der eigenen Wirtschaftstätigkeit<br />

verbundenen Bruttoerträge lässt Raum für<br />

verschiedene Auffassungen. Liegt ein solcher funktionaler Zusammenhang<br />

bereits vor, wenn eine ausländische Produktionsgesellschaft<br />

von ihrer deutschen Tochtervertriebsgesellschaft<br />

eine Lizenzzahlung erhält, oder muss die ausländische Gesellschaft<br />

ihrerseits ebenfalls eine wenigstens teilweise ausgeübte<br />

Vertriebstätigkeit entfalten? Gerade bei diesem elementaren<br />

Abschnitt der Beschreibung der unschädlichen Bruttoerträge<br />

wäre seitens des BMF eine klarere Positionierung wünschenswert<br />

gewesen. Diese Unschärfe bestand auch schon bezüglich<br />

der bisher geltenden Regelung, doch wirkte sie sich nicht so<br />

dramatisch aus. Für viele ausländische Anteilseigner war es<br />

möglich, zehn Prozent der Bruttoerträge aus unstrittig eigener<br />

Wirtschaftstätigkeit nachzuweisen, was den Weg zu einer vollständigen<br />

Freistellung eröffnete.<br />

Nach den Ausführungen im BMF-Schreiben besteht die Möglichkeit,<br />

dass gerade die Dividendenerträge, für welche die<br />

Freistellung nach der Mutter-Tochter-Richtlinie erreicht werden<br />

soll, bei der empfangenden ausländischen Gesellschaft zu<br />

schädlichen Einkünften führt, was in einer (partiellen) Versagung<br />

der Freistellung mündet. Stammt die Dividende aus einer<br />

nicht geleiteten deutschen Tochtergesellschaft, bei der sich der<br />

Gesellschafter auf die Wahrnehmung von Gesellschafterrechten<br />

beschränkt (passive Beteiligungsverwaltung), qualifizieren<br />

die Beteiligungserträge als nicht aus eigner Wirtschaftstätigkeit<br />

stammend. Das hätte zur Folge, dass die Dividendenzahlung<br />

der Sachgrund für die Begrenzung beziehungsweise<br />

Versagung der eigenen Freistellung ist. Zwar scheint das folgerichtig<br />

zu sein, ist aber dennoch überraschend und erscheint in<br />

der Begründung zirkulär.<br />

Bei Holdinggesellschaften ist daher der Nachweis einer aktiven<br />

Beteiligungsverwaltung unverzichtbar. Die geeignete Dokumentation<br />

ist vorzuhalten, aus der sich die geschäftsleitende,<br />

tatsächliche Einflussnahme auf die Beteiligungsgesellschaft<br />

ergibt.<br />

steuern+recht Februar/März <strong>2012</strong> 9


Titel<br />

Freistellung trotz schädlicher Einkünfte –<br />

die Ausnahmen der Nummern 1 und 2<br />

Die Nummern 1 und 2 in § 50 d Absatz 3 EStG sind mit dem<br />

Hauptbestandteil der Vorschrift durch das Wort „sowie“ verbunden,<br />

was als „und“ gelesen werden darf. Die Formulierung<br />

legt ein aufzählendes, additives Vorliegen der einzelnen Tatbestandsmerkmale<br />

nahe. Die Formulierung „in Bezug auf diese<br />

Erträge“ in § 50 d Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 EStG deutet darauf<br />

hin, dass es sich um die Erträge handelt, die nicht aus eigener<br />

Wirtschaftstätigkeit stammen. Weiterhin sind die Nummern 1<br />

und 2 miteinander durch das Wort „oder“ verbunden. Bei<br />

Negationen ist dieses „oder“ ebenfalls wie ein „und“ zu lesen.<br />

Unter Beachtung der Nummern 1 und 2 des § 50 d Absatz 3<br />

EStG und ungeachtet einer persönlichen Entlastungsberechtigung<br />

des Anteilseigners besteht demnach ein Anspruch auf<br />

Freistellung, soweit:<br />

• die von der ausländischen Gesellschaft im betreffenden Wirtschaftsjahr<br />

erzielten Bruttoerträge aus eigener Wirtschaftstätigkeit<br />

stammen oder<br />

• in Bezug auf die nicht aus eigener Wirtschaftstätigkeit stammenden<br />

Erträge für die Einschaltung der ausländischen<br />

Gesellschaft wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe<br />

bestehen und die ausländische Gesellschaft mit einem für<br />

ihren Geschäftszweck angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb<br />

am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt.<br />

Die Tatbestände in den Nummern 1 und 2 haben eine heilende<br />

Wirkung: Schädliche Bruttoerträge, die nicht aus eigener Wirtschaftstätigkeit<br />

stammen, werden wie unschädliche Bruttoerträge<br />

aus eigener Wirtschaftstätigkeit behandelt, wenn die<br />

Tatbestandsmerkmale der Nummern 1 und 2 erfüllt sind.<br />

10 <strong>PwC</strong><br />

UK Ltd<br />

Dividende<br />

100% „unschädliche“<br />

70% 30%<br />

NL BV<br />

DE GmbH<br />

Bermudas<br />

60% „eigenwirtschaftliche“<br />

40% „nicht eigenwirtschaftliche“<br />

Dies bedeutet Folgendes: Gelingt der empfangenden ausländischen<br />

Gesellschaft der Nachweis, dass in Bezug auf die schädlichen<br />

Erträge wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe<br />

für die Einschaltung der ausländischen Gesellschaft bestehen<br />

und dass sie mit einem für ihren Geschäftszweck angemessen<br />

eingerichteten Geschäftsbetrieb am allgemeinen wirtschaftlichen<br />

Verkehr teilnimmt, wird die schädliche Wirkung aufgehoben.<br />

Eine Freistellung der Dividende kann, wie Sie in Abbildung<br />

3 sehen, in diesem Fall vollumfänglich erfolgen.<br />

Die Schwierigkeit des Nachweises der wirtschaftlichen Gründe<br />

besteht allerdings darin, dass dieser in Bezug auf die „schädlichen“<br />

Einkünfte und nicht auf die Zwischenschaltung der Gesellschaft<br />

als solcher erfolgen soll. Dadurch muss die<br />

ausländische Gesellschaft begründen, warum die schädlichen<br />

Einkünfte bei ihr und nicht bei einer anderen (Konzern-)Gesellschaft<br />

angefallen sind.<br />

Auf den ersten Blick scheint die Finanzverwaltung im BMF-<br />

Schreiben unter Textziffer 6 eine Hilfestellung anzubieten: Ein<br />

wirtschaftlicher Grund soll besonders dann vorliegen, wenn<br />

die ausländische Gesellschaft eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit<br />

plant und sich Aktivitäten in dieser Richtung nachweisen<br />

lassen. Die neben einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit einer<br />

ausländischen Gesellschaft anfallenden schädlichen Einkünfte<br />

wären damit generell unschädlich.<br />

Auf den zweiten Blick wird anhand des in Textziffer 6 genannten<br />

Beispiels klar, dass wirtschaftliche Gründe wie die geplante<br />

Aufnahme einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit in Bezug auf<br />

die nicht eigenwirtschaftlichen Erträge vorliegen müssen. Das<br />

BMF geht im Beispiel offenbar davon aus, dass neben den eigenwirtschaftlichen<br />

Erträgen auch nicht eigenwirtschaftliche<br />

Erträge vorliegen können, welche nur partiell durch wirtschaftliche<br />

Gründe gedeckt sind. Der Weg der Umdeutung von<br />

UK Ltd<br />

Dividende<br />

70% 30%<br />

NL BV<br />

DE GmbH<br />

Freistellung 88 Prozent Freistellung 100 Prozent<br />

Abb. 3: Freistellung der Dividende in vollem Umfang durch Substanz und wirtschaftliche Gründe<br />

Bermudas<br />

60% „eigenwirtschaftliche“<br />

40% „nicht eigenwirtschaftliche“<br />

plus wirtschaftliche Gründe<br />

plus substanzieller Geschäftsbetrieb


schlechten Erträgen in gute allein deshalb, weil neben diesen<br />

noch Erträge aus eigener Wirtschaftstätigkeit bestehen, scheint<br />

nicht gangbar.<br />

Das wird in vielen Fällen dazu führen, dass wirtschaftlich<br />

durchweg aktive Gesellschaften, deren Geschäftszweck aktive<br />

Produktion, Vertrieb oder aktive Beteiligungsverwaltung ist,<br />

durch gleichsam als Nebeneinkünfte bestehende schädliche<br />

Bruttoerträge die Freistellung von deutscher Quellensteuer zumindest<br />

partiell verlieren würden. Die Frage nach der Vereinbarkeit<br />

einer solchen Interpretation mit Verfassungsrecht oder<br />

europäischem Gemeinschaftsrecht ist mit Händen zu greifen.<br />

Von einer Vorschrift zur Abwehr von Missbrauch, wie sie der<br />

Gesetzgeber einst plante, ist diese Regelung unsäglich weit<br />

entfernt. Hier wird sich die EU-Kommission gegebenenfalls<br />

nochmals positionieren müssen, sonst wird das der Europäische<br />

Gerichtshof tun. – Hier liegt der Schwachpunkt des BMF-<br />

Schreibens: Eine Klärung tut not, wie die Finanzverwaltung<br />

damit umgehen will.<br />

Vieles bleibt beim Alten<br />

Die besondere Bedeutung der Definition der „Erträge aus eigener<br />

Wirtschaftstätigkeit“ ist an den dargestellten Fallbeispielen<br />

deutlich erkennbar.<br />

Das BMF hat im Schreiben vom 3. April 2007 zur bisherigen<br />

Regelung des § 50 d Absatz 3 EStG sein Verständnis von eigener<br />

Wirtschaftstätigkeit näher erläutert. Zwar ist durch das<br />

neue Schreiben vom 24. Januar <strong>2012</strong> das BMF-Schreiben vom<br />

3. April 2007 aufgehoben worden. Die entsprechenden Vorschriften<br />

zur eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit wurden aber<br />

entsprechend übernommen, sodass trotz Abgrenzungsschwierigkeiten<br />

im Einzelfall keine Änderung der Rechtslage durch<br />

die Neuregelung eintritt. Haben ausländische Anteilseigner<br />

Dividende<br />

Bahamas<br />

NL BV<br />

DE GmbH<br />

Freistellung 60 Prozent<br />

Abb. 4: Anteilige Freistellung<br />

60% „eigenwirtschaftliche“<br />

40% „nicht eigenwirtschaftliche“<br />

ohne wirtschaftliche Gründe<br />

ohne substanziellen Geschäftsbetrieb<br />

bisher eine von den Finanzbehörden anerkannte eigene Wirtschaftstätigkeit<br />

ausgeübt, so wird dies bei unveränderten Fakten<br />

auch in Zukunft so sein.<br />

Titel<br />

Das gilt im Übrigen auch für die Interpretation der „wirtschaftlichen<br />

oder sonst beachtlichen Gründe“ (ohne die dargestellte<br />

Unsicherheit in Bezug auf die Definition des wirtschaftlichen<br />

Grundes für die schädlichen Erträge) und der Teilnahme am<br />

allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sowie des Vorliegens<br />

eines für den Geschäftszweck angemessen eingerichteten Geschäftsbetriebs.<br />

Auch für diese Tatbestandsmerkmale kann im<br />

Wesentlichen auf das bisherige Verständnis durch die Finanzbehörden<br />

zurückgegriffen werden, die auch dem neuen BMF-<br />

Schreiben zugrunde liegt.<br />

Konsequenzen der Neuregelung<br />

Nach der Gesetzesbegründung werden nur insoweit keine Abkommens-<br />

und Richtlinienvorteile mehr gewährt, als die Bruttoerträge<br />

nicht aus eigener Wirtschaftstätigkeit stammen und<br />

die übrigen Ausschlussgründe vorliegen.<br />

Aus dieser Zielvorstellung des Gesetzgebers lässt sich zweierlei<br />

entnehmen:<br />

1. Erträge aus eigener Wirtschaftstätigkeit im betreffenden<br />

Jahr führen zu einer anteiligen Freistellung, selbst wenn die<br />

ausländische Gesellschaft substanzarm ist und die „schädlichen“,<br />

nicht aus eigener Wirtschaftstätigkeit stammenden<br />

Bruttoerträge nicht durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche<br />

Gründe geheilt werden können.<br />

2. Sind die nicht aus eigener Wirtschaftstätigkeit stammenden<br />

Bruttoerträge durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche<br />

Gründe geheilt und nimmt die ausländische Gesellschaft<br />

mit einem angemessen ausgestatteten Geschäftsbetrieb am<br />

wirtschaftlichen Verkehr teil, so sind auch die nicht aus<br />

Dividende<br />

Bahamas<br />

NL BV<br />

DE GmbH<br />

Freistellung 88 Prozent<br />

60% „eigenwirtschaftliche“<br />

40% „nicht eigenwirtschaftliche“<br />

zu 70% mit wirtschaftlichen Gründen<br />

und mit substanziellem Geschäftsbetrieb<br />

steuern+recht Februar/März <strong>2012</strong> 11


Titel<br />

eigener Wirtschaftstätigkeit stammenden Bruttoerträge<br />

entlastungsberechtigend zu berücksichtigen.<br />

Sind die wirtschaftlichen Gründe aber nur teilweise geeignet,<br />

die nicht aus eigener Wirtschaftstätigkeit stammenden Erträge<br />

zu heilen, so erfolgt eine ebenfalls nur anteilige Freistellung,<br />

da es in Höhe der nicht gedeckten Bruttoerträge bei schädlichen<br />

Erträgen verbleibt.<br />

Unterschiede in der Anwendung<br />

Aus dem Gesagten lässt sich verkürzt formulieren: Eine Entlastung<br />

kann nicht begehrt werden, soweit bei der ausländischen<br />

Gesellschaft die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:<br />

• An der ausländischen Gesellschaft sind nicht berechtigte<br />

Anteilseigner beteiligt.<br />

• Die ausländische Gesellschaft erzielt Bruttoerträge, die<br />

nicht aus eigener Wirtschaftstätigkeit stammen (schädliche<br />

Erträge).<br />

• Die schädlichen Erträge können nicht durch wirtschaftliche<br />

oder sonst beachtliche Gründe und einen angemessen eingerichteten<br />

Geschäftsbetrieb geheilt werden.<br />

Der augenscheinliche Unterschied ist, dass in der bis zum<br />

31. Dezember 2011 geltenden Fassung das Ausschlusskriterium<br />

der Bruttoerträge aus eigener Wirtschaftstätigkeit dann<br />

unbeachtlich ist, wenn die Grenze von zehn Prozent überschritten<br />

und das Tor der Entlastungsberechtigung damit<br />

durchschritten wird. In der neuen Fassung wird auch nach<br />

Überschreiten der Zehn-Prozent-Grenze die Frage nach dem<br />

Anteil der unschädlichen Bruttoerträge beantwortet werden<br />

müssen, falls nicht entgegen dem BMF-Schreiben die Auffassung<br />

vertreten werden kann, ein wirtschaftlicher Grund sei<br />

bereits in der Ausübung der eigenwirtschaftlichen Tätigkeit zu<br />

sehen, aus der die unschädlichen Erträge geschaffen werden.<br />

Dividende<br />

Abb. 5: Fallbeispiel<br />

12 <strong>PwC</strong><br />

Bahamas<br />

NL BV<br />

DE GmbH<br />

8% „eigenwirtschaftliche“<br />

(alternativ: 70%)<br />

92% (30%) „nicht eigenwirtschaftliche“<br />

mit wirtschaftlichen Gründen<br />

und mit<br />

substanziellem Geschäftsbetrieb<br />

Die natürliche Person B auf den Bahamas ist nicht entlastungsberechtigt.<br />

Die NL BV erzielt nur acht Prozent (alternativ: 70<br />

Prozent) ihrer Bruttoerträge des betreffenden Wirtschaftsjahrs<br />

aus eigener Wirtschaftstätigkeit. Annahmegemäß sollen aber<br />

für die Einschaltung der niederländischen BV als solcher und<br />

für die nicht aus eigener Wirtschaftstätigkeit stammenden<br />

Bruttoerträge des betreffenden Wirtschaftsjahrs wirtschaftliche<br />

oder sonst beachtliche Gründe vorhanden sein. Die NL BV<br />

nimmt mit einem für ihren Geschäftszweck angemessen eingerichteten<br />

Geschäftsbetrieb am allgemeinen wirtschaftlichen<br />

Verkehr teil.<br />

Für den Fall im Jahr 2011 gilt: Die Dividendenerträge<br />

sind einer Entlastung von deutscher Kapitalertragsteuer nicht<br />

zugänglich, da der Ausschlussgrund Nummer 2 in Verbindung<br />

mit dem Merkmal des nicht eigenständig entlastungsberechtigten<br />

Anteilseigners vorliegt. In der Alternative wären die Dividendenerträge<br />

vollständig von deutscher Kapitalertragsteuer<br />

zu befreien, wenn die sonstigen Voraussetzungen der Mutter-<br />

Tochter-Richtlinie gegeben sind.<br />

Für den Fall im Jahr <strong>2012</strong> gilt: Die Dividendenerträge der<br />

NL BV sind vollständig von der deutschen Kapitalertragsteuer<br />

freizustellen. Zwar ist B nicht entlastungsberechtigt, jedoch<br />

liegt hinsichtlich der aus eigener Wirtschaftstätigkeit stammenden<br />

Bruttoerträge in Höhe von acht Prozent eine Entlastungsberechtigung<br />

auf Ebene der NL BV vor und bezüglich der<br />

nicht aus eigener Wirtschaftstätigkeit stammenden Erträge<br />

sind die sonstigen Ausschlussgründe nicht erfüllt (annahmegemäß:<br />

beachtliche Gründe und Substanz). Der in der Alternative<br />

dargestellte Anteil von 70 Prozent der Bruttoerträge, die<br />

aus eigener Wirtschaftstätigkeit stammen, hat auf die Entlastungsberechtigung<br />

der NL BV keinen weiteren Einfluss.<br />

Fazit<br />

Die neue Vorschrift ist in Teilen unklar formuliert und führt zu<br />

Verwirrung über den Anwendungsbereich. Die gewählte Form<br />

der Addition von Negationen erschwert das Lesen.<br />

Ein Grund für allgemeine, hektische Betriebsamkeit ist die<br />

Änderung des § 50 d Absatz 3 EStG nicht. Dass ausländische<br />

Gesellschaften einen angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb<br />

aufweisen und sich am allgemeinen wirtschaftlichen<br />

Verkehr beteiligen müssen und dass diese Gesellschaften ihre<br />

Daseinsberechtigung aus wirtschaftlichen oder sonst beachtlichen<br />

Gründen herleiten müssen, ist aus steuerlicher Perspektive<br />

ein alter Hut. Dennoch sind nachteilige Rechtsfolgen aus<br />

der Änderung der Rechtslage in entsprechend gelagerten Fällen<br />

nicht auszuschließen. Die sorgfältige Prüfung im Einzelfall<br />

ist notwendig. Daher ist anzuraten, dass (Holding-)Gesellschaften<br />

mehr Augenmerk auf die Dokumentation ihrer<br />

geschäftsleitenden Aktivitäten legen, um die aktive Beteiligungsverwaltung<br />

belegen zu können. Auch wird es zu empfeh-


len sein, die Zins- und Lizenzströme im Konzern zu analysieren,<br />

um die bestehenden wirtschaftlichen Gründe für diese<br />

Zahlungsströme darlegen zu können. Gelingt das nicht, könnten<br />

ausländische Unternehmen mit der neuen Regelung<br />

schlechter gestellt werden, als sie dies bei der Vorgängerregelung<br />

waren.<br />

Dem Steuerpflichtigen wäre geholfen, wenn er weitere Aufklärung<br />

zu den Aspekten des funktionalen Zusammenhangs<br />

von Tätigkeiten, der wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeit auch<br />

in Bezug auf Lizenzen und der Rechtfertigung durch wirtschaftliche<br />

Gründe erhalten würde. Letzteres ist unabdingbar.<br />

Wenn eine geplante oder bereits ausgeübte eigenwirtschaftliche<br />

Tätigkeit als rechtfertigender wirtschaftlicher Grund<br />

angesehen werden könnte, der die grundsätzliche Schädlichkeit<br />

der nicht aus eigener wirtschaftlicher Tätigkeit stammenden<br />

Bruttoerträge aufhebt, so wäre diese Interpretation der<br />

Geltung allgemeiner Verfassungs- und Gemeinschaftsrechtsprinzipien<br />

förderlich. Die Regelung käme ihrer Funktion einer<br />

besonderen Missbrauchsvorschrift nach – ungeachtet gewisser<br />

Überschneidungen mit anderen Vorschriften – und wäre praktikabel.<br />

Falls das vonseiten der Finanzverwaltung auch in Zukunft<br />

anders gesehen wird, wird die neue Regelung nur für<br />

zwei Anwendergruppen ein Quell der Freude sein: Germanisten<br />

und Mathematiker.<br />

Fundstelle<br />

BMF, Schreiben vom 24. Januar <strong>2012</strong><br />

(IV B 3 –S2411/07/10016)<br />

Bertram Früh<br />

Tel.: +4969 9585-5504<br />

bertram.frueh@de.pwc.com<br />

Anti-treaty shopping regulations revised<br />

Withholding taxes on payments abroad are in most cases<br />

restricted or eliminated by a double tax treaty, by the<br />

provisions of the EU Parent-Subsidiary Directive, the<br />

Interest and Royalty Directive or by local law. The foreign<br />

company must apply to the German Federal Tax Office<br />

for relief either before (via tax exemption certificate) or<br />

after payment is made (requesting a refund of the tax<br />

withheld). In order to claim relief the foreign company<br />

must document adherence to German anti-treaty shopping<br />

regulations.<br />

Germany’s anti-treaty shopping regulations – the<br />

old rules<br />

Under the previous anti-treaty shopping rules treaty<br />

relief was not to be available on payments to foreign<br />

companies to the extent their own shareholders would<br />

not have had the same entitlement had they received the<br />

income themselves. This restriction was not to be applied<br />

if there was a good reason for routing the payment<br />

through the company, the company achieves more than<br />

10 per cent of its gross revenue from its own business<br />

activities and the company maintains adequate business<br />

facilities for its part in the business community.<br />

The new rules<br />

In the course of the changes made in the act transposing<br />

the EU Mutual Assistance Directive on tax collection a<br />

number of other changes was enacted as well: As one of<br />

the more important ones, the application of the provision<br />

to curb the misuse of double tax treaties (“treaty shopping”)<br />

by denying treaty (or EU directive) relief to foreign<br />

companies held by shareholders who would not<br />

have been entitled to relief had they received the income<br />

from Germany directly has been amended effective<br />

January 1, <strong>2012</strong>. Under the revised rules it is no longer<br />

required that a non-German resident company generates<br />

more than 10 per cent of its gross revenues through its<br />

own business activities. Henceforth, a foreign company<br />

loses its relief entitlement to the extent it is disqualified<br />

by its shareholders and in so far as its gross earnings do<br />

not stem from its own active business activity (activity<br />

test), and, either with respect to the “passive” earnings<br />

there is no business or other good reason for its interposition,<br />

or it lacks suitable premises and equipment for its<br />

business activities (substance test). The latter precondition<br />

can be established by circumstantial evidence,<br />

namely if both qualified and managerial personnel is<br />

employed and transactions between related persons are<br />

at arm’s length.<br />

Decree issued by the Federal Finance Ministry on<br />

January 24, <strong>2012</strong><br />

The German tax administration has now issued its long<br />

awaited decree – an attempt to clarify some of the issues<br />

at hand and thus contributing to a smoother implementation<br />

of the new law. As often the case, such efforts<br />

inevitably raise further questions and still leave room for<br />

interpretation of the new regulations.<br />

In general, only the foreign shareholder is eligible for<br />

and must therefore meet the conditions for a potential<br />

relief. The active earnings do not include those from<br />

mere asset management, with the exception of those<br />

holding companies actively managing several subsidiaries.<br />

It is not detrimental if services are provided by<br />

the foreign shareholder to other group companies, pro-<br />

Titel<br />

steuern+recht Februar/März <strong>2012</strong> 13


Titel<br />

vided an adequate remuneration (i.e. at arm’s length) is<br />

received. Interest, dividends and royalties are generally<br />

not from active business. The restrictions would not<br />

apply where the foreign company’s principal class of<br />

shares is regularly traded on a recognized stock exchange<br />

or where the foreign company is subject to the German<br />

Investment Tax Act. Relief is not available if the foreign<br />

company outsources important activities to third parties,<br />

i.e. to law firms or management companies. Both, activity<br />

test and substance test, must be checked while determining<br />

the grounds on which the entitlement to a tax<br />

relief is based. If the foreign company receives both<br />

passive and active earnings and the substance test is met,<br />

relief will be granted on a pro rata basis. The pro rata<br />

computation formula will probably remain one of the<br />

main areas of dispute in the future. The term “gross<br />

earnings from own active business activities” refers to<br />

the foreign company’s total gross earnings rather than<br />

the German source income for which relief is sought.<br />

The administration points out that the anti-treaty shopping<br />

rules are superior to the local anti-abuse provisions<br />

in the Tax Management Act, unless specific anti-avoidance<br />

provisions in tax treaties override the more general<br />

statutory rules.<br />

The burden of proof in any case rests with the foreign<br />

company. Tax exemption certificates are therefore to be<br />

issued on a preliminary basis and the foreign company<br />

must inform the Federal Tax Office of any subsequent<br />

changes. Certain de minimis rules apply as regards these<br />

reporting requirements, i.e. the changes in ratio of gross<br />

earnings from active business to total earnings (a change<br />

of less than 30 per cent is not significant in this respect)<br />

and the changes of shareholders (a change of less than<br />

20 per cent would be negligible). (MH)<br />

14 <strong>PwC</strong><br />

Keine deutsche Steuer für USA-<br />

Pensionen<br />

Erhält ein in den USA ansässiger ehemaliger Gesellschafter<br />

einer inländischen Kommanditgesellschaft<br />

beziehungsweise Kommanditgesellschaft auf Aktien<br />

Pensionszahlungen, können diese Vergütungen nicht<br />

in Deutschland, sondern nur in den USA besteuert<br />

werden.<br />

Ein in den USA ansässiger Steuerpflichtiger war bis 1998 persönlich<br />

haftender Gesellschafter zunächst einer inländischen<br />

Kommanditgesellschaft (KG), später – nach Umwandlung der<br />

KG – einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA). Nach<br />

seinem Ausscheiden als persönlich haftender geschäftsführender<br />

Gesellschafter übernahm er ein Aufsichtsratsmandat bei<br />

der KGaA. 1999 erhielt er aufgrund einer früher getroffenen<br />

Vereinbarung für seine Tätigkeit in der KGaA eine Pension.<br />

Das Finanzamt hatte die gezahlten Ruhegelder als nachträgliche<br />

Sondervergütungen gesehen, die den Einkünften aus<br />

Gewerbebetrieb zugeordnet werden müssten und als solche<br />

der beschränkten Steuerpflicht unterlägen. Denn die Ruhegelder<br />

seien durch die KG beziehungsweise die KGaA und damit<br />

durch eine Betriebsstätte, die im Inland unterhalten wurde,<br />

veranlasst worden. Dem widersprach jedoch der Bundesfinanzhof<br />

(BFH).<br />

Die Ruhegelder können, so das Gericht, nach Artikel 18 Absatz<br />

3 des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) nur in den USA<br />

besteuert werden. Der Steuerpflichtige erhielt die Pensionsleistungen<br />

für seine frühere unselbstständige Tätigkeit. Die Annahme<br />

gewerblicher Gewinne – und damit eine Besteuerung<br />

der Vergütungen in Deutschland – scheide aus. Der BFH verwies<br />

insofern auf sein Urteil vom 8. September 2010 (I R<br />

74/09) zu einer im Kern gleich gelagerten Frage. Danach gelten<br />

nach § 50 d Absatz 10 Einkommensteuergesetz (EStG) Vergütungen<br />

im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 1<br />

zweiter Halbsatz und Nummer 3 EStG, auf welche die DBA-<br />

Vorschriften anzuwenden sind und für die das Abkommen<br />

keine ausdrückliche Regelung enthält, zwar ausschließlich als<br />

Unternehmensgewinne. Einer Umqualifizierung der Vergütungen<br />

in Unternehmensgewinne erteilte der BFH jedoch eine<br />

Absage, da nachträgliche Einkünfte vom Wortlaut dieser Vorschrift<br />

ausdrücklich nicht erfasst werden. Richterliche Begründung:<br />

Die Einordnung eines Ruhegelds als Gewinnanteil in<br />

Form von Sondervergütungen verlangt prinzipiell, dass der<br />

Empfänger der Zahlung noch Gesellschafter der Personengesellschaft<br />

ist. Ein ehemaliger Gesellschafter kann somit<br />

keine Gewinnanteile in Gestalt der Sondervergütungen mehr<br />

beziehen.<br />

Fundstelle<br />

BFH, Urteil vom 7. Dezember 2011 (I R 5/11)


Steuern A bis Z<br />

Finanzunternehmen und Eigenhandelsabsicht<br />

In seinem Urteil vom 12. Oktober 2011 beantwortete<br />

der Bundesfinanzhof folgende Frage: Unter welchen<br />

Voraussetzungen liegt ein Finanzunternehmen im<br />

Sinne des Paragrafen 8 b Absatz 7 Körperschaftsteuergesetz<br />

(2002) vor? – Wie das Gericht entschied<br />

und wie es seine Entscheidung begründete, fasst der<br />

folgende Beitrag für Sie zusammen.<br />

Sachverhalt<br />

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine im Jahr<br />

2002 gegründete GmbH. Unternehmensgegenstand der GmbH<br />

war unter anderem der Erwerb von Unternehmensbeteiligungen,<br />

die Veräußerung und die Verwaltung eigenen Vermögens,<br />

speziell von Grundstücken, Gebäuden sowie von Geschäftsbeteiligungen<br />

aller Art und alle damit in Zusammenhang stehenden<br />

Geschäfte.<br />

Im April 2002 schloss die Klägerin einen Vermögensverwaltungsvertrag<br />

mit einer Bank. In dem Vertrag wurde vereinbart,<br />

dass die Bank in der Folgezeit für die Klägerin Aktien und<br />

Rentenpapiere kauft und veräußert. Zusätzlich war die Bank<br />

ausdrücklich berechtigt, nach freiem Ermessen und ohne<br />

Einholung von Weisungen über die Depotbestände und die<br />

Kontoguthaben zu verfügen.<br />

Anschließend richtete die Klägerin bei einer weiteren Bank ein<br />

zusätzliches Depot ein, das sie selbst verwaltete und über das<br />

sie ebenfalls Wertpapiergeschäfte abwickelte.<br />

Im Streitjahr 2005 schloss die GmbH einen Vermögensverwaltungsvertrag<br />

mit einer dritten Bank ab. Ein Teil der bisher<br />

bei der ersten Bank deponierten Wertpapiere wurde auf das<br />

neu errichtete Depot der dritten Bank übertragen. Auch die<br />

dritte Bank war berechtigt, ohne vorherige Einholung von Weisungen<br />

das Depot zu verwalten. In den Handelsbilanzen der<br />

Jahre 2002 bis 2004 erfasste die Klägerin alle Wertpapiere im<br />

Umlaufvermögen.<br />

Im Veranlagungszeitraum 2002 erwirtschaftete die GmbH<br />

einen Verlust, der sich durch Abschreibungen auf Wertpapiere<br />

und Veräußerungsverluste ergab. Das Finanzamt behandelte<br />

diesen unter Hinweis auf § 8 b Absatz 7 Körperschaftsteuergesetz<br />

(KStG, 2002) zugunsten der Klägerin als steuerpflichtig. In<br />

den Folgejahren 2003 und 2004 ergaben sich bei der Saldierung<br />

von Veräußerungsgewinnen und -verlusten sowie der<br />

Ab- und Zuschreibung von Wertpapieren insgesamt Gewinne.<br />

Auch diese berücksichtigte das Finanzamt erklärungsgemäß<br />

als steuerpflichtig.<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … wie der Bundesfinanzhof den Begriff des Finanzunternehmens<br />

definiert.<br />

• … was nach Auffassung des Gerichts als Indiz für<br />

eine Eigenhandelsabsicht spricht.<br />

Zu Beginn des Streitjahres 2005 gliederte die Klägerin die<br />

Wertpapiere vom Umlaufvermögen in das Anlagevermögen<br />

um. Alle weiteren, im Streitjahr hinzuerworbenen Wertpapiere<br />

wurden unmittelbar im Anlagevermögen erfasst. In der für das<br />

Streitjahr 2005 eingereichten Körperschaftsteuererklärung gab<br />

die Klägerin unter Hinweis auf § 8 b Absätze 1 und 2 KStG<br />

(2002) steuerfreie Bezüge in Höhe von 223.397 Euro an. In<br />

dem Betrag waren neben dem Saldo aus Wertpapierverkäufen<br />

auch Dividenden enthalten.<br />

Das Finanzamt erfasste die Dividenden und die Aktienverkäufe<br />

zunächst wie in den Vorjahren als steuerpflichtig und erließ<br />

entsprechende Festsetzungen zur Körperschaft- und Gewerbesteuer<br />

für 2005. Mit Änderungsbescheiden zur Körperschaftsteuer<br />

und zur Gewerbesteuer wurden jedoch die Dividenden<br />

und das Ergebnis der Aktienverkäufe, die erst im Streitjahr erworben<br />

wurden, nachträglich ausgenommen. Die entsprechenden<br />

Erträge wurden mithin steuerfrei vereinnahmt.<br />

Die gegen die Steuerfestsetzung erhobene Klage vor dem<br />

Finanzgericht (FG) Hamburg blieb erfolglos. Mit ihrer Revision<br />

rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Die Klägerin<br />

beantragt die Anwendung des Freistellungsverfahrens nach<br />

§ 8 b Absätze 1 und 2 KStG (2002) auch für die vor 2005<br />

erworbenen Wertpapiere. Das Finanzamt beantragte, die Revision<br />

als unbegründet zurückzuweisen.<br />

Entscheidung<br />

Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Revision als unbegründet<br />

zurück. Das FG hat nach seiner Ansicht zu Recht entschieden,<br />

dass Dividenden und Veräußerungserlöse aus Wertpapieren,<br />

die vor 2005 erworben wurden, im Streitjahr steuerpflichtig zu<br />

erfassen seien.<br />

Der BFH führt aus: Bei der Ermittlung des Einkommens bleiben<br />

grundsätzlich nach § 8 b Absatz 1 Satz 1 KStG (2002)<br />

unter anderem Bezüge aus Aktien und Dividenden (im Sinne<br />

des § 20 Absatz 1 Nummer 1 Einkommensteuergesetz, EStG)<br />

außer Ansatz. Dieselbe Rechtsfolge tritt nach § 8 b Absatz 2<br />

Satz 1 KStG (2002) ein für Gewinne aus der Veräußerung<br />

eines Anteils an einer Körperschaft, deren Leistung beim Empfänger<br />

zu bestimmten Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1<br />

EStG gehört.<br />

Nach § 8 b Absatz 7 Sätze 1 und 2 KStG (2002) sind allerdings<br />

§ 8 b Absätze 1 und 2 KStG (2002) nicht für Anteile anzuwen-<br />

steuern+recht Februar/März <strong>2012</strong> 15


Steuern A bis Z<br />

den, die von Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über<br />

das Kreditwesen (KWG) erworben werden, um kurzfristig einen<br />

Eigenhandelserfolg zu erzielen. § 8 b Absatz 7 KStG (2002)<br />

umfasst damit eine Ausnahmeregelung für bestimmte Unternehmen.<br />

Die entsprechenden Gewinne sind dann steuerpflichtig<br />

und die daraus resultierenden Verluste sind dann auch<br />

steuerwirksam zu berücksichtigen.<br />

Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der<br />

Begriff des Finanzunternehmens. So formuliert der BFH: Zu<br />

den Finanzunternehmen im Sinne von § 8 b Absatz 7 Satz 2<br />

KStG (2002) in Verbindung mit § 1 Absatz 3 Satz 1 des KWG<br />

zählen unter anderem solche Unternehmen, die weder Kreditinstitute<br />

noch Finanzdienstleistungsinstitute sind und deren<br />

Haupttätigkeit unter anderem darin besteht, mit Finanzinstrumenten<br />

für eigene Rechnung zu handeln. Übt die Gesellschaft<br />

auch andere Tätigkeiten aus, die nicht den Finanzsektor betreffen,<br />

muss ermittelt werden, ob die Haupttätigkeit der Gesellschaft<br />

finanzunternehmerisch ist.<br />

Im vorliegenden Fall war die Einstufung als Finanzunternehmen<br />

unstreitig. Der BFH argumentiert: Die Geschäftstätigkeit<br />

der Klägerin beschränkte sich seit der Unternehmensgründung<br />

auf den Erwerb und den Verkauf beziehungsweise das Halten<br />

von Aktien und Rentenpapieren, die jeweils den Begriff des Finanzinstruments<br />

im Sinne des KWG erfüllen. Der auf eigene<br />

Rechnung der Klägerin durchgeführte und vom satzungsmäßigen<br />

Unternehmenszweck abgedeckte Handel mit diesen Wertpapieren<br />

bildet deshalb zugleich auch ihre Haupttätigkeit.<br />

Infolge der einheitlichen Erfassung des Wertpapierbestands im<br />

Umlaufvermögen, dem die Anschaffung der Wertpapiere zu<br />

spekulativen Zwecken oder zur kurzfristigen Geldanlage zugrunde<br />

liegt (Umkehrschluss aus § 247 Handelsgesetzbuch),<br />

kommt es deshalb nicht in Betracht, diesen Bestand in den einzelnen<br />

Jahren anteilig einem Bereich „Handel“ und einem Bereich<br />

„Vermögensverwaltung“ zuzuordnen. Damit schließt der<br />

BFH neben dem Handel einen weiteren Tätigkeitsbereich aus.<br />

Genau dieser weitere konkurrierende Tätigkeitsbereich wäre<br />

für das Tatbestandsmerkmal der Haupttätigkeit vonnöten gewesen.<br />

Deshalb lässt der BFH im vorliegenden Fall die Streitfrage<br />

zur Qualifizierung der Haupttätigkeit aufgrund der<br />

fehlenden Notwendigkeit unbeantwortet. Hervorzuheben ist<br />

daher – so auch der BFH –, dass die Streitfrage der Qualifizierung<br />

einer Haupttätigkeit bisher höchstrichterlich noch nicht<br />

entschieden wurde.<br />

Im vorliegenden Fall folgert der BFH: Die für den Streit maßgeblichen<br />

Wertpapiere sind mit einem Erwerbszeitpunkt vor<br />

dem 1. Januar 2005 in vollem Umfang Anteile im Sinne des<br />

§8b Absatz 7 Satz 2 KStG (2002). Die Klägerin hat die Wertpapiere<br />

mit der Absicht, einen kurzfristigen Eigenhandelserfolg<br />

zu erzielen, erworben.<br />

Zwar führt die Zuordnung der erworbenen Wertpapiere zum<br />

Umlaufvermögen nicht zwingend zu einem Rückschluss auf<br />

16 <strong>PwC</strong><br />

die tatbestandsmäßige Eigenhandelsabsicht, jedoch ist diese<br />

Zuordnung ein maßgebliches Indiz für das Vorliegen der erforderlichen<br />

Eigenhandelsabsicht beim Anteilserwerb. Zudem<br />

spricht der Umfang der ausschließlich den Wertpapierhandel<br />

betreffenden Geschäftstätigkeit und die Beauftragung professioneller<br />

Wertpapierhändler zur sachkundigen Marktbeobachtung<br />

nach der Auffassung des BFH für eine Handelsabsicht.<br />

Auch die Umgliederung der Wertpapiere in das Anlagevermögen<br />

zum Beginn des Streitjahres 2005 kann nach Meinung des<br />

BFH keine andere Beurteilung nach sich ziehen. Bemerkenswert<br />

sind die Ausführungen des BFH zum Wortlaut des § 8 b<br />

Absatz 7 Satz 2 KStG (2002): Danach kommt es auf die im Erwerbszeitpunkt<br />

bestehende Absicht an. Ändere sich die Absicht<br />

im Zeitverlauf, stehe zwar einer Umgliederung in das Anlagevermögen<br />

nichts entgegen, jedoch habe dies keine Auswirkungen<br />

auf die Rechtsfolgen des § 8 b Absatz 7 Satz 2 KStG (2002)<br />

für die betroffenen Wertpapiere. Für ebenfalls unerheblich erklärt<br />

der BFH den Umstand, dass die Klägerin in den Jahren<br />

2003 bis 2004 im Wesentlichen nicht selbst, sondern über zwei<br />

Banken am Marktgeschehen teilgenommen hat. Die ausgeübten<br />

Handlungen der Banken seien uneingeschränkt der Klägerin<br />

hinzuzurechnen.<br />

Haben Sie Fragen oder sind Sie an Details interessiert? – Dann<br />

rufen Sie bitte Ihre Ansprechpartner an oder senden ihnen einfach<br />

eine E-Mail.<br />

Dr. Michael Scheel<br />

Tel.: +49 69 9585-3911<br />

michael.scheel@de.pwc.com<br />

Matthias Reitzenstein<br />

Tel.: +49 69 9585-2037<br />

matthias.reitzenstein@de.pwc.com<br />

Fundstellen<br />

• BFH, Urteil vom 12. Oktober 2011 (I R 4/11)<br />

• FG Hamburg, Urteil vom 14. Dezember 2010 (3 K 40/10)


Steuern A bis Z<br />

Income from short-term dealings of finance institutions not tax exempt<br />

Dividends received are generally tax-free in the hands of a corporation. The non-deductible effectively connected expenses<br />

of earning this tax-free income is irrefutable presumed to be 5 per cent of the dividend received or capital gain realized.<br />

This tax exemption is shared by all except for banks and other finance institutions in their short-term dealings. According to<br />

the wording of Section 8b of the Corporation Tax Act exemption is not available “to shares acquired by finance companies<br />

within the meaning of the Banking Act with a short-term dealer’s profit in view”. In this instance profits of the finance<br />

company are subject to tax, conversely losses those transactions are fully tax deductible.<br />

The statutory business of a GmbH was to purchase and hold shares and the asset management, especially from real estate<br />

and buildings as well as all other related transactions. In the case before the Supreme Tax Court, the activities of the GmbH<br />

– based on an asset management agreement with a bank – were limited to dealings in securities and bonds which the court<br />

saw as its main (short-term) business. The GmbH had initially recorded the securities as current assets and subsequently<br />

reallocated the portfolio as fixed assets and hence thought this a remedy against the short term trading which was fully<br />

subject to tax. However, the initial classification was held as indicative by the court to assume that trading was for its own<br />

account from the outset and thus considered the private limited company (GmbH) a finance institution. In addition, the cooperation<br />

with professional securities dealers from the bank further encouraged the Supreme Tax Court in this opinion. It<br />

is worth to note that – as the court put it – the intention at the time of purchase of the securities is crucial for its tax treatment.<br />

Any subsequent changes of intention are of no relevance. (MH)<br />

Umsatzsteuer: Gestellung von<br />

Personal<br />

In Deutschland war der Begriff „Personalgestellung“<br />

bisher nicht klar definiert. Denn es bestand Uneinigkeit<br />

darüber, ob auch die Vermittlung von Selbstständigen<br />

unter diesen Begriff fällt oder nicht. Nun<br />

beschäftigte sich der Europäische Gerichtshof in<br />

seinem Urteil vom 26. Januar <strong>2012</strong> in der Rechtssache<br />

ADV Allround mit dieser Frage.<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … was der Europäische Gerichtshof unter einer<br />

Personalgestellung versteht.<br />

• … wie sich das Urteil auf die deutsche Umsatzsteuerpraxis<br />

auswirken wird.<br />

Sachverhalt<br />

Ein Unternehmer „vermittelte“ selbstständige Lkw-Fahrer an<br />

Speditionen, wobei die Fahrer ihm gegenüber und er selbst<br />

Wichtige Änderungen<br />

in Recht und Gesetz<br />

gegenüber seinen Kunden abrechnete. Er wollte die an seine<br />

ausländischen Kunden erbrachten Leistungen als Personalgestellung<br />

behandeln – weshalb die Leistung auch nach damaliger<br />

Rechtslage nicht in Deutschland steuerbar gewesen wäre.<br />

Das für den Unternehmer zuständige Finanzamt war der Auffassung,<br />

unter den Begriff der Personalgestellung könne nur<br />

die Arbeitnehmerüberlassung fallen, nicht aber die Gestellung<br />

Selbstständiger. Aus diesem Grunde rechnete er schließlich<br />

gegenüber seinen Kunden mit deutscher Mehrwertsteuer ab.<br />

Den ausländischen Kunden des Unternehmers wurde aber die<br />

Vergütung der deutschen Mehrwertsteuer versagt, weil das<br />

zuständige Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) seinerseits<br />

die Auffassung des Finanzamts nicht teilte. Das BZSt ging<br />

davon aus, bei der „Vermittlung“ selbstständiger Lkw-Fahrer<br />

handele es sich um eine Personalgestellung, sodass der Leistungsort<br />

am Sitz des jeweiligen Abnehmers läge.<br />

Fragestellung<br />

steuern+recht aktuell<br />

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte sich einerseits mit<br />

der Frage zu beschäftigen, ob eine Personalgestellung auch die<br />

Gestellung von selbstständigem, nicht beim leistenden Unternehmer<br />

abhängig beschäftigtem Personal umfasst. Zudem war<br />

fraglich, ob die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, das nationale<br />

Weitere interessante Beiträge finden<br />

Sie in der neuen Ausgabe von<br />

steuern+recht aktuell.<br />

Bestellung<br />

E-Mail: manfred.haas@de.pwc.com<br />

steuern+recht Februar/März <strong>2012</strong> 17


Steuern A bis Z<br />

Special VAT rule on place of staff supply also applies to staff not employed by hirer<br />

A German employment agency supplied lorry drivers to a series of Italian haulage firms. At the time, the hire of staff was<br />

taxable in the country of the customer, whereas the provision of general services was taxable in the country of the provider.<br />

The agency’s local tax office took the view that the service was general and taxable in Germany, as the lorry drivers were<br />

not its own employees but rather they were self-employed independent contractors. Accordingly, the agency invoiced the<br />

Italian customers with German VAT. Initially, the customers accepted this invoicing and assumed that they would be able to<br />

recover the amount charged through the refund scheme for foreign businesses. Unfortunately, their refund claims were<br />

rejected by the German Central Tax Office, the competent authority for dealing with refund claims from abroad, on the<br />

grounds that the VAT had been charged in error as the services were hire of staff – regardless of the formal employment<br />

status of the individuals – and thus taxable in the country of the customer. In consequence, the Italian customers refused to<br />

accept further invoices from the agency with VAT and the agency was unable to persuade its own tax office to follow the<br />

view of the Central Tax Office.<br />

The court side-stepped the more basic issue of whether two tax authorities from the same country can be required to take a<br />

uniform approach to the same problem by saying, that it was up to member states to ensure that VAT is collected accurately<br />

and with respect for the principle of fiscal neutrality. The authorities must act if two subordinate offices consistently take<br />

conflicting positions but do not have to establish a mechanism for automatic coordination. Rather, they only have to ensure<br />

that aggrieved parties can turn to the courts.<br />

It should be noted that this case has lost much of its future relevance with the change in the provisions on the place of<br />

supply which took effect on January 1, 2010. From then on, basically all B2B services are taxable in the country of the<br />

customer (by reverse charge if the supplier is not registered there for VAT). The distinction between the supply of personnel<br />

and other services is therefore now only relevant to staff loaned to non-business customers in non-member states. (MH)<br />

Verfahrensrecht so zu bestimmen, dass die Steuerbarkeit und<br />

die Mehrwertsteuerpflicht einer Dienstleistung beim Leistungserbringer<br />

und beim Leistungsempfänger einheitlich beurteilt<br />

werden, auch wenn verschiedene Finanzbehörden<br />

zuständig sind.<br />

Entscheidung<br />

Der EuGH gab der Rechtsauffassung des Unternehmers beziehungsweise<br />

des Bundeszentralamts statt und bejahte das<br />

Vorliegen einer Personalgestellung. Seine Entscheidung begründete<br />

der EuGH unter anderem mit dem Argument: Diese<br />

Auslegung entspreche dem Grundsatz der Rechtssicherheit, da<br />

so die Bestimmung des Leistungsorts vorhersehbarer sei. Vor<br />

allem sei es für den Abnehmer der Leistung in der Regel nicht<br />

möglich, die Rechtsnatur der Beziehungen zwischen dem Leistungserbringer<br />

und dem gestellten „Personal“ zu erforschen.<br />

Zur zweiten Vorlagefrage führte der EuGH aus: Es könne als<br />

Verstoß des Mitgliedstaats gegen seine Verpflichtungen an-<br />

18 <strong>PwC</strong><br />

European Customs & Trade<br />

Communiqué<br />

gesehen werden, wenn verschiedene Behörden und/oder<br />

Gerichte eines Mitgliedstaats systematisch unterschiedliche<br />

Auffassungen über den Leistungsort verträten, sodass vor<br />

allem der Grundsatz der steuerlichen Neutralität verletzt<br />

werde.<br />

Praxishinweis<br />

Die Entscheidung war im Wesentlichen relevant für die Bestimmung<br />

des Leistungsorts nach alter Rechtslage. Für noch offene<br />

Fälle, die nach der alten Rechtslage (Leistungen, die vor dem<br />

1. Januar 2010 erbracht wurden) zu beurteilen sind, kann die<br />

Entscheidung durchaus Bedeutung haben. Deshalb ist es wichtig,<br />

zu überprüfen, ob es von Vorteil sein könnte, sich auf die<br />

Auslegung des EuGH zu berufen.<br />

Nicht selten zeigt die Praxis: Finanzbehörden (speziell die verschiedener<br />

Bundesländer) und Finanzgerichte (in erster Linie<br />

in Fällen, in denen leistender Unternehmer und Leistungsemp-<br />

Beiträge zum Themenbereich Zoll<br />

finden Sie in der neuen Ausgabe von<br />

European Customs & Trade Communique.<br />

Bestellung<br />

E-Mail: ilse.juhre@de.pwc.com


fänger auf eine einheitliche Beurteilung der Leistung angewiesen<br />

sind) können über längere Zeiträume unterschiedlicher<br />

Auffassung sein (etwa in Fragen der Anwendung von Steuerbefreiungen<br />

oder ähnlichen Konstellationen). Geht das so weit,<br />

dass sie Auslegungskonflikte letztlich einfach auf sich beruhen<br />

lassen, ohne eine Klärung durch den EuGH herbeizuführen,<br />

kann das – wie der EuGH darlegt – ein Verstoß gegen die EU-<br />

Verträge sein.<br />

Ihre Fragen beantworten Ihre Ansprechpartnerinnen gern. Rufen<br />

Sie sie bitte an oder schicken ihnen einfach eine E-Mail.<br />

Mónica Azcárate<br />

Tel.: +49 69 9585-6111<br />

monica.azcarate@de.pwc.com<br />

Kathrin Barb<br />

Tel.: +49 211 981-4141<br />

kathrin.barb@de.pwc.com<br />

Fundstelle<br />

EuGH, Urteil vom 26. Januar <strong>2012</strong> (C-218/10, ADV Allround)<br />

Umsatzsteuer: Leistungsort für<br />

Anzahlungen bei Vermittlung grundstücksbezogener<br />

Leistungen<br />

Am 8. September 2011 traf der Bundesfinanzhof eine<br />

Entscheidung zum Leistungsort für Anzahlungen bei<br />

der Vermittlung grundstücksbezogener Leistungen. –<br />

Die Besonderheit des Falls: Bei Anzahlung stand<br />

der Ort der späteren Leistung noch nicht fest. Alles<br />

Wichtige zu den Hintergründen und Folgen des Urteils<br />

lesen Sie im folgenden Beitrag.<br />

Steuern A bis Z<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … wo die Vermittlung einer grundstücksbezogenen<br />

Leistung an einen Nichtunternehmer steuerbar ist,<br />

wenn bei einer Anzahlung noch nicht feststeht, ob<br />

sich die Vermittlungsleistung auf ein im Ausland<br />

belegenes Grundstück bezieht.<br />

• … warum es sich nach Auffassung des Bundesfinanzhofs<br />

bei der entgeltlichen Ausgabe der Hotelschecks<br />

um eine steuerbare Anzahlung auf die<br />

Leistung der Klägerin handelt.<br />

• … welche Folgen sich daraus für betroffene Unternehmer<br />

ergeben.<br />

Sachverhalt<br />

Die Klägerin vertreibt unter anderem „Hotelschecks“ über Vertriebspartner,<br />

Anzeigen in Zeitschriften und über ihr Internetportal.<br />

Die Kunden der Klägerin erwarben diese Schecks für<br />

ein pauschalisiertes Entgelt zusammen mit einem Katalog derjenigen<br />

Hotels im In- und Ausland, in denen diese Gutscheine<br />

unter bestimmten weiteren Voraussetzungen für verbilligte<br />

Übernachtungen verwendet werden konnten. Das Hotelzimmer<br />

hatte der Kunde selbst zu buchen. Den um den Namen des<br />

Hotels ergänzten Scheck schickte der Kunde an die Klägerin<br />

zurück, die ihn als „Vermittlerin“ an das Hotel übersandte. Die<br />

Klägerin behandelte diese Umsätze zunächst als nicht steuerbar,<br />

weil sie davon ausging, sie habe zum Zeitpunkt der Ausgabe<br />

der Gutscheine an ihre Kunden noch keine konkreten und<br />

bestimmbaren Leistungen erbracht, weswegen es an einem<br />

Leistungsaustausch fehle.<br />

Entscheidung des Bundesfinanzhofs<br />

Der Bundesfinanzhof (BFH) stellt dagegen in seiner Entscheidung<br />

fest: Erhält ein Unternehmer eine Anzahlung dafür, dass<br />

er eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einer Vielzahl<br />

im In- und Ausland belegener Grundstücke (hier: Hotelübernachtungen)<br />

vermittelt, so richtet sich der Leistungsort auch<br />

dann nach § 3 a Absatz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG), wenn<br />

zum Zeitpunkt der Vereinnahmung noch nicht feststeht, ob<br />

sich die Vermittlungsleistung auf ein im Ausland liegendes<br />

Grundstück (Hotel) bezieht oder nicht.<br />

Nach Auffassung des BFH handelt es sich bei der entgeltlichen<br />

Ausgabe der Hotelschecks um eine steuerbare Anzahlung auf<br />

die Leistung der Klägerin. Der Inhalt der Leistung habe bei<br />

Zahlung schon festgestanden – abgesehen von der Entscheidung<br />

des Kunden für ein konkretes Hotel sowie dessen Verfügbarkeit.<br />

Dass dem Leistungsempfänger gegen Entgelt ein durch<br />

einen Gutschein verkörpertes zukünftiges und unbestimmtes<br />

Recht an Gegenständen oder Dienstleistungen eingeräumt<br />

steuern+recht Februar/März <strong>2012</strong> 19


Steuern A bis Z<br />

werde, schließe die Annahme eines unmittelbaren Zusammenhangs<br />

zwischen Entgelt und Leistung alleine nicht aus.<br />

Stehe bei der Anzahlung noch nicht fest, ob der vermittelte<br />

Umsatz im Inland oder an einem anderen Ort stattfinde, unterlägen<br />

die Vermittlungsleistungen nach § 3 a Absatz 1 UStG der<br />

Besteuerung an dem Ort, an dem der Unternehmer sein Unternehmen<br />

betreibt, weil zu diesem Zeitpunkt der Zusammenhang<br />

mit einem bestimmten Grundstück noch nicht hinreichend<br />

eng sei. Komme es dann zu einer Vermittlung in einem<br />

Hotel im Ausland, so ändere sich der Leistungsort der Vermittlungsleistung.<br />

– Die Folge: Die Leistung ist nicht (mehr)<br />

im Inland steuerbar. In einem solchen Fall sei die Bemessungsgrundlage<br />

analog § 17 Absatz 2 Nummer 2 UStG zu berichtigen.<br />

Schließlich betont der BFH: Trotz der Tatsache, dass der Kunde<br />

selbst Kontakt zum Hotel aufnahm, habe es sich um eine Vermittlungsleistung<br />

gehandelt. Denn es sei unerheblich, dass der<br />

Kunde des Vermittlers den Vertragsabschluss selbst bewirken<br />

muss, wenn er sich für einen der nachgewiesenen Vertragspartner<br />

entscheidet.<br />

Schlussfolgerung und Beratungshinweis<br />

Im Urteil stellte der BFH hat klar: Bei dem Verkauf von Hotelschecks<br />

handelt es sich im vorliegenden Fall um eine steuerbare<br />

Leistung, die bereits konkret bestimmbar ist. Diese<br />

Argumentation ist insofern überraschend, als der BFH in seiner<br />

Entscheidung sehr frei mit den Grundsätzen umgeht, die der<br />

Europäische Gerichtshof (EuGH) unter anderem im Urteil C-<br />

419/02 (BUPA) aufgestellt hat. Dort heißt es in Randziffer 48:<br />

„Damit der Steueranspruch in einem solchen Fall entstehen<br />

kann, ist erforderlich, dass alle maßgeblichen Elemente des<br />

Steuertatbestands, d. h. der künftigen Lieferung oder der<br />

künftigen Dienstleistung, bereits bekannt und somit […] insbesondere<br />

die Gegenstände oder die Dienstleistungen zum<br />

Zeitpunkt der Anzahlung genau bestimmt sind.“<br />

Um zunächst eine Besteuerung im Inland sicherzustellen, hat<br />

sich der BFH offenbar dafür entschieden, dass der Leistungsort<br />

nicht zu den maßgeblichen Elementen gehört, die bekannt sein<br />

müssten. Vor allem nach weiteren jüngst ergangenen Urteilen<br />

wie insbesondere BFH V R 36/09 (Steuerbarkeit nicht zurückgewährter<br />

Anzahlungen von „no-show“-Passagieren) sollte<br />

künftig Fällen, in denen Anzahlungen vermeintlich (noch oder<br />

endgültig) keine Leistungen gegenüberstehen, erhöhte Aufmerksamkeit<br />

geschenkt werden. In vergleichbaren Fällen sollten<br />

betroffene Unternehmer die Besteuerung ihrer Umsätze<br />

deshalb genau überprüfen, wollen sie Steuernachzahlungen<br />

und gegebenenfalls mögliche Zinsforderungen vermeiden.<br />

Die Entscheidung ist noch nach altem Recht ergangen. Nach<br />

Änderung des § 3 a UStG ab 1. Januar 2010 hat sich an der<br />

Rechtslage nichts geändert, werden die nach Auffassung des<br />

BFH hinsichtlich des Leistungsorts noch nicht konkretisierten<br />

20 <strong>PwC</strong><br />

Vermittlungsleistungen an Nichtunternehmer erbracht. In diesen<br />

Fällen sind die Leistungen nach § 3 a Absatz 1 UStG am<br />

Sitz des leistenden Unternehmers steuerbar. Steht der Ort der<br />

vermittelten Leistung fest, ändert sich auch der Leistungsort<br />

der Vermittlungsleistung selbst – im Falle von grundstücksbezogenen<br />

Leistungen ist dann auch die Vermittlung dieser<br />

Leistungen dort zu besteuern, wo das Grundstück liegt. Für<br />

Vermittlungen von Leistungen an Unternehmer und gleichgestellte<br />

Personen gilt nun demgegenüber jedoch das in § 3 a<br />

Absatz 2 UStG festgelegte Empfängerortprinzip – und zwar<br />

unabhängig davon, ob die vermittelte Leistung hinreichend<br />

konkretisiert ist oder nicht.<br />

Ihre Fragen beantworten Ihre Ansprechpartner gern. Rufen Sie sie<br />

bitte an oder schicken ihnen einfach eine E-Mail.<br />

Aleksandra Kostecka<br />

Tel.: +49 211 981-1904<br />

aleksandra.kostecka@de.pwc.com<br />

Martin Diemer<br />

Tel.: +49 69 9585-6104<br />

martin.diemer@de.pwc.com<br />

Fundstelle<br />

BFH, Urteil vom 8. September 2011 (VR 42/10)<br />

Umsatzsteuer: Neuerungen beim<br />

Vorsteuerabzug<br />

In letzter Zeit äußerte sich der Bundesfinanzhof in<br />

mehreren Urteilen zu Fragen des Vorsteuerabzugs und<br />

einer eventuellen -korrektur. Die höchstrichterliche<br />

Rechtsprechung nahm das Bundesfinanzministerium<br />

jetzt zum Anlass, um die in den Urteilen entwickelten<br />

Grundsätze des Vorsteuerabzugs und dessen Berichtigungsmöglichkeiten<br />

in einem Schreiben ausführlich


darzulegen und umfangreiche Änderungen im Anwendungserlass<br />

vorzunehmen. – Der aktuelle Beitrag<br />

stellt Ihnen ausgewählte Neuerungen vor und zeigt die<br />

Konsequenzen auf, die sich aus dem Schreiben ergeben.<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … welche Systematik der Prüfung des Vorsteuerabzugs<br />

respektive der Vorsteuerkorrektur zugrunde<br />

liegt.<br />

• … welche Folgen und Neuerungen sich im Bereich<br />

des Vorsteuerabzugs aus diesem Schreiben ergeben.<br />

Bundesfinanzhof zum Vorsteuerabzug<br />

Die jüngste Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH)<br />

stellte die Berechtigung eines Unternehmers zum Vorsteuerabzug<br />

auf den Prüfstand. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung<br />

bezieht sich die Finanzverwaltung in ihrem Schreiben<br />

auf folgende BFH-Urteile zum Vorsteuerabzug:<br />

• Betriebsausflug (9. Dezember 2010, V R 17/10)<br />

• Überlassung eines Grundstücks an Gesellschafter-Geschäftsführer<br />

(12. Januar 2011, XI R 9/08)<br />

• Erschließungskosten (13. Januar 2011, V R 12/08)<br />

• Beteiligungsverkauf (27. Januar 2011, V R 38/09)<br />

• Sanierung eines Marktplatzes (3. März 2011, V R 23/10)<br />

Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 2. Januar <strong>2012</strong>:<br />

Wesentliche Änderungen<br />

Wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche<br />

Tätigkeiten<br />

Unter Verweis auf die Terminologie der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie<br />

verwendet der BFH neuerdings die Begriffe „wirtschaftliche“<br />

und „nichtwirtschaftliche“ Tätigkeiten in seinen<br />

Urteilen. Die Finanzverwaltung hebt hervor: Diese Begriffe<br />

sind mit den bislang benutzten Begriffen „unternehmerisch“<br />

und „nichtunternehmerisch“ deckungsgleich und bleiben<br />

daher bestehen. Dabei soll ab jetzt der Bereich der nichtunternehmerischen<br />

Tätigkeiten zu differenzieren sein, und zwar: in<br />

nichtwirtschaftliche Tätigkeiten im engeren Sinne und in unternehmensfremde<br />

Tätigkeiten. Als unternehmensfremde (private)<br />

Tätigkeiten versteht das Bundesfinanzministerium (BMF)<br />

Entnahmen für den privaten Bedarf des Unternehmers als natürliche<br />

Person, für den privaten Bedarf seines Personals oder<br />

für private Zwecke des Gesellschafters. Alles, was nicht als<br />

unternehmensfremd gilt, fällt damit in den Bereich der übrigen<br />

nichtunternehmerischen Tätigkeiten und bildet damit die<br />

nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten im engeren Sinne. Hierzu<br />

zählen laut BMF unter anderem hoheitliche Tätigkeiten juristischer<br />

Personen des öffentlichen Rechts oder auch die Veräuße-<br />

Steuern A bis Z<br />

rung von gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen, wenn die<br />

Beteiligung nicht im Unternehmensvermögen gehalten wird.<br />

Vorsteuerabzug bei gemischter Verwendung<br />

Die Unterscheidung zwischen unternehmensfremden Tätigkeiten<br />

und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten im engeren Sinne ist<br />

vor allem dort relevant, wo Wirtschaftsgüter und andere Eingangsleistungen<br />

teilunternehmerisch (teils wirtschaftlich/<br />

unternehmerisch, teils nichtwirtschaftlich/nichtunternehmerisch)<br />

genutzt werden. Für den Vorsteuerabzug muss grundsätzlich<br />

ein direkter unmittelbarer Zusammenhang zwischen<br />

Eingangs- und Ausgangsleistungen bestehen. Den Ausführungen<br />

des BMF zufolge gilt bei der gemischten Verwendung<br />

Folgendes: Dort, wo neben der wirtschaftlichen Nutzung eine<br />

unternehmensfremde erfolgt, ist eine Zuordnung zum Unternehmen<br />

und damit ein voller Vorsteuerabzug möglich. Im Falle<br />

der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit im engeren Sinne ist eine<br />

Zuordnung zum Unternehmen und damit auch der Vorsteuerabzug<br />

nur insoweit möglich, als tatsächlich eine wirtschaftliche<br />

Nutzung nötig ist.<br />

Kein Vorsteuerabzug bei Leistungsbezug<br />

für unentgeltliche Entnahme<br />

Bitte beachten Sie: Nach den Änderungen des BMF, die auf<br />

einer Rechtsprechungsänderung des BFH beruhen, ist ein<br />

Vorsteuerabzug ausgeschlossen, wenn ein Wirtschaftsgut bei<br />

Leistungsbezug (zunächst) ausschließlich und unmittelbar<br />

unternehmensfremd für eine unentgeltliche Wertabgabe im<br />

Sinne des § 3 Absatz 1 b oder 9 a Umsatzsteuergesetz (UStG) genutzt<br />

wird oder genutzt werden soll. Bislang war hier ein Vorsteuerabzug<br />

grundsätzlich möglich.<br />

Systematik des Vorsteuerabzugs und<br />

Vorsteuerberichtigung<br />

Die Finanzverwaltung nimmt darüber hinaus anhand von Beispielen<br />

zu verschiedenen Fallgruppen Stellung. Daraus ergibt<br />

sich die folgende Systematik bei der Prüfung des Vorsteuerabzugs.<br />

Direkter und unmittelbarer Zusammenhang mit einer<br />

unternehmerischen oder nichtunternehmerischen<br />

Tätigkeit<br />

Bei direkter und unmittelbar möglicher Zuordnung der Eingangsleistung<br />

zu einem beabsichtigten entgeltlichen Ausgangsumsatz<br />

ist die umsatzsteuerliche Beurteilung dieses Umsatzes<br />

entscheidend für den Vorsteuerabzug. Die von Anfang an beabsichtigte<br />

Verwendung der Eingangsleistung für eine nichtunternehmerische<br />

Tätigkeit führt grundsätzlich zur Versagung<br />

steuern+recht Februar/März <strong>2012</strong> 21


Steuern A bis Z<br />

des Vorsteuerabzugs. Eine Wertabgabenbesteuerung entfällt<br />

hier ebenfalls.<br />

Teilunternehmerische Verwendung<br />

Bei kombinierter Verwendung der Eingangsleistung für unternehmerische<br />

oder nichtwirtschaftliche Tätigkeit im engeren<br />

Sinne ist ein Vorsteuerabzug – unter Beachtung der Zehn-<br />

Prozent-Mindestgrenze für die unternehmerische Nutzung –<br />

nur im Rahmen der tatsächlichen wirtschaftlichen Nutzung<br />

zulässig.<br />

Bei der Verwendung für unternehmerische/unternehmensfremde<br />

(private) Tätigkeiten hat der Unternehmer – unter<br />

Beachtung der Zehn-Prozent-Mindestgrenze für die unternehmerische<br />

Nutzung – ein Zuordnungswahlrecht. Er kann also<br />

die Leistung insgesamt dem Unternehmen zuordnen, er kann<br />

den Vorsteuerabzug gegebenenfalls voll in Anspruch nehmen,<br />

hat aber insoweit eine Wertabgabe zu versteuern.<br />

Unmittelbarer Zusammenhang nur mit der Gesamttätigkeit<br />

Erst wenn sich kein unmittelbarer und direkter Zusammenhang<br />

zwischen Eingangsleistung und einer Ausgangsleistung<br />

(oder mehreren) ergibt, richtet sich die Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs<br />

danach, ob die Kosten für die Eingangsleistung<br />

zu den allgemeinen Aufwendungen (etwa Aufwendungen im<br />

Zusammenhang mit der Gründung einer Gesellschaft) des Unternehmers<br />

gehören und als solche Bestandteile des Preises der<br />

von ihm erbrachten Leistungen sind. Denn in einem solchen<br />

Fall liegt ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang mit<br />

der – nachrangig zu prüfenden – unternehmerischen Gesamttätigkeit<br />

vor. Entsprechendes gilt für Fälle, in denen eine Wertabgabenbesteuerung<br />

unterbleibt (etwa Aufmerksamkeiten).<br />

Der Vorsteuerabzug aus Aufwendungen für bezogene Leistungen<br />

ist lediglich dann zulässig, soweit diese Aufwendungen<br />

einer unternehmerischen Tätigkeit zuzurechnen sind, die den<br />

Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt. – Folge: Die Vorsteuerbeträge<br />

sind aufzuteilen.<br />

Beim Bezug von Beratungsleistungen für eine steuerfreie<br />

Veräußerung einer Beteiligung an einer Tochtergesellschaft<br />

fehlt es an einem Zusammenhang mit der unternehmerischen<br />

Gesamttätigkeit.<br />

Bei der Berichtigung des Vorsteuerabzugs sind die folgenden<br />

Kriterien zu beachten:<br />

• Bei Änderung der für den Vorsteuerabzug ursprünglichen<br />

Verhältnisse ist grundsätzlich eine Vorsteuerkorrektur erforderlich.<br />

• Die Berichtigung eines unterbliebenen Vorsteuerabzugs setzt<br />

voraus, dass ein solcher Abzug ursprünglich möglich gewesen<br />

wäre. Ändert sich demnach die erstmalige ausschließlich<br />

nichtunternehmerische Nutzung in eine Verwendung für<br />

22 <strong>PwC</strong><br />

eine unternehmerische Tätigkeit, ist keine Vorsteuerkorrektur<br />

mehr möglich.<br />

• Wird ein Gegenstand sowohl unternehmerisch als auch<br />

nichtwirtschaftlich im engeren Sinne genutzt, ist ein Vorsteuerabzug<br />

berechtigt, soweit dieser Gegenstand für den<br />

Vorsteuerabzug nicht ausschließende unternehmerische Tätigkeiten<br />

in Höhe von mindestens zehn Prozent verwendet<br />

wird. Führt die Änderung der Verhältnisse zu einer Erhöhung<br />

der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit im engeren Sinne,<br />

ist eine Nutzungsentnahme zu versteuern. Wird dagegen die<br />

unternehmerische Nutzung des Gegenstands erhöht, kommt<br />

eine Vorsteuerberichtigung zugunsten des Unternehmers aus<br />

Billigkeitsgründen infrage. Bei einer sowohl unternehmerischen<br />

als auch unternehmensfremden Nutzung ist eine Berichtigung<br />

der Vorsteuer ausgeschlossen, da der<br />

Unternehmer eine Option auf vollständige Zuordnung des<br />

Gegenstands zum Unternehmen hatte.<br />

Übergangsregelung bis 31. März <strong>2012</strong><br />

Die Grundsätze aus dem Schreiben der Finanzverwaltung sind<br />

fortan auf alle offenen Fälle anzuwenden. Das BMF beanstandet<br />

es jedoch nicht, wenn sich Unternehmer für Eingangsleistungen,<br />

die vor dem 31. März <strong>2012</strong> bezogen werden, auf die<br />

bisher geltende Auffassung der Finanzverwaltung berufen.<br />

Bitte beachten Sie dabei: Eine nur partielle Berufung auf die<br />

vorherige Verwaltungsauffassung ist im Hinblick auf einen ungekürzten<br />

Vorsteuerabzug nicht zulässig. Auch im Fall des Vorsteuerabzugs<br />

bei teilunternehmerischer Verwendung eines<br />

Grundstücks im Sinne von § 15 Absatz 1 b UStG ist es nicht<br />

möglich, sich auf die Nichtbeanstandungsregelung zu berufen.<br />

Denn insoweit ist die in § 27 Absatz 16 UStG geschaffene Übergangsregelung<br />

als vorrangig zu betrachten.<br />

Beurteilung und Beratungshinweis<br />

Das BMF-Schreiben verschafft einen Überblick über die Grundzüge<br />

des relativ komplexen Bereichs des Vorsteuerabzugs und<br />

der Vorsteuerkorrektur.<br />

Die im BMF-Schreiben dargestellten Änderungen ziehen teils<br />

gravierende Konsequenzen nach sich. Vor allem ist es ratsam,<br />

zu überlegen, ob Wirtschaftsgüter nach Anschaffung zunächst<br />

überhaupt ausschließlich nichtunternehmerisch genutzt werden,<br />

wenn eine spätere unternehmerische Nutzung in Betracht<br />

kommt. Denn für den Fall der zunächst ausschließlichen nichtunternehmerischen<br />

Nutzung ist ein Vorsteuerabzug komplett<br />

ausgeschlossen.<br />

Auffällig ist auch: Laut BMF wird zu den nichtwirtschaftlichen<br />

Tätigkeiten im engeren Sinne auch das Halten von Beteiligungen<br />

gezählt. Ein Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen, die<br />

sich auf das Halten von Beteiligungen beziehen, ist insoweit<br />

nicht möglich. Das ergibt sich daraus, dass auch bei teilunter-


nehmerischer Nutzung von Eingangsleistungen in diesem Fall<br />

eine komplette Zuordnung zum Unternehmen ausgeschlossen<br />

ist. Ein Vorsteuerabzug ist nur insoweit möglich, als hier tatsächlich<br />

die Eingangsleistung auf die wirtschaftliche Verwendung<br />

entfällt.<br />

Ihre Fragen beantworten Ihre Ansprechpartnerinnen gern. Rufen<br />

Sie sie bitte an oder schicken ihnen einfach eine E-Mail.<br />

Miriam Peisker<br />

Tel.: +49 221 284-482<br />

miriam.christine.peisker@de.pwc.com<br />

Kathrin Barb<br />

Tel.: +49 211 981-4141<br />

kathrin.barb@de.pwc.com<br />

Fundstelle<br />

BMF, Schreiben vom 2. Januar <strong>2012</strong> (IV D 2 – S 7300/11/<br />

10002)<br />

Deutsch-französische Steuerpolitik:<br />

Grünbuch Unternehmensbesteuerung<br />

veröffentlicht<br />

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Staatspräsident<br />

Nicolas Sarkozy beauftragten im vergangenen Jahr<br />

ihre Finanzminister, Vorschläge für eine Annäherung<br />

der Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlagen und<br />

der Körperschaftsteuersätze zu unterbreiten. Die<br />

Ergebnisse dieser deutsch-französischen Zusammenarbeit<br />

liegen nun in Form eines sogenannten Grünbuchs<br />

vor. Die hehren Ziele: durch eine aufeinander<br />

abgestimmte Unternehmensbesteuerung neue Wachstumsimpulse<br />

zu setzen und Mittelständlern die grenzüberschreitende<br />

Arbeit zu erleichtern. – Sollten diese<br />

Änderungen Gesetz werden, dürfte der Vorschlag der<br />

EU-Kommission über eine Gemeinsame konsolidierte<br />

Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage vom Tisch<br />

sein.<br />

Das von den Finanzministerien beider Länder erarbeitete Papier<br />

analysiert die Steuersysteme und gibt Empfehlungen, wie<br />

die Unternehmensteuern künftig angeglichen werden können.<br />

Auf den folgenden Gebieten sehen die deutsch-französischen<br />

Steuerexperten dabei Möglichkeiten für eine Angleichung.<br />

Organschaft/Gruppenbesteuerung<br />

In Frankreich wie in Deutschland gibt es Regelungen zur Gruppenbesteuerung,<br />

die sich jedoch wesentlich unterscheiden. So<br />

Steuern A bis Z<br />

hängt nach deutschem Steuerrecht die Zusammenrechnung<br />

von Gewinnen und Verlusten beim Organträger vom Abschluss<br />

eines Gewinnabführungsvertrags ab – und damit von einer<br />

Gewinnabführung durch die Organgesellschaft beziehungsweise<br />

einer Verlustübernahme durch den Organträger. Demgegenüber<br />

wird im französischen Steuerrecht der Abschluss<br />

eines Gewinnabführungsvertrags nicht gefordert. Abweichungen<br />

gibt es aber auch bei der Mindestbeteiligungsquote. Während<br />

Deutschland eine Quote von mehr als 50 Prozent fordert,<br />

hängt die Gruppenbesteuerung in Frankreich von einer Quote<br />

von 95 Prozent ab. Da eine vollständige Angleichung bei der<br />

Gruppenbesteuerung kurzfristig nicht umsetzbar erscheint,<br />

zieht Deutschland einerseits die Abschaffung beziehungsweise<br />

Änderung des Gewinnabführungsvertrags und andererseits<br />

eine Erhöhung der Quote in Betracht.<br />

Behandlung von Dividenden und<br />

bestimmten Betriebsausgaben<br />

Mutter-Tochter-Regelung: In Frankreich wie in Deutschland<br />

sind Dividenden vorbehaltlich eines Anteils von fünf<br />

Prozent für Kosten und Auslagen von der Körperschaftsteuer<br />

befreit. Das französische Steuerrecht sieht im Gegensatz zum<br />

deutschen Recht allerdings eine Mindestbeteiligung von mehr<br />

als fünf Prozent und eine Mindesthaltedauer von zwei Jahren<br />

vor. Mögliche Angleichung: Deutschland erwägt die Einführung<br />

einer Mindestbeteiligungsquote.<br />

Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen: Die deutschen<br />

Vorschriften unterscheiden nicht danach, ob die Zinsen<br />

an einen Anteilseigner oder einen Drittgläubiger gezahlt<br />

werden. Zinsaufwendungen sind allerdings nur im Rahmen<br />

der Zinsschranke abziehbar. Der französische Gesetzgeber<br />

begrenzt den Abzug von Zinsaufwendungen nur in Fällen, in<br />

denen Darlehen zwischen verbundenen Unternehmen gewährt<br />

werden. Folgende Optionen für eine Annäherung der Steuersysteme<br />

sind denkbar:<br />

• Steuerneutralität bei der Behandlung von Dividenden und<br />

Darlehenszinsen herbeiführen.<br />

• Allgemeine Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen<br />

wie in Deutschland vorsehen.<br />

• Zinsaufwendungen zur Finanzierung von Wertpapieren, die<br />

steuerfreie Erträge generieren, nur begrenzt zum Abzug zulassen.<br />

• Gezieltere Missbrauchsregelungen einführen.<br />

Verlustabzug<br />

Die französischen Vorschriften über den Verlustvor- und -rücktrag<br />

wichen bislang deutlich von der deutschen Regelung ab.<br />

Frankreich hat sich deshalb entschieden, seine Vorschriften<br />

entsprechend zu ändern. Ein darüber hinaus verbleibender<br />

Unterschied betrifft die Begrenzung des Verlustrücktrags. In<br />

Deutschland ist der Verlustrücktrag auf 511.500 Euro be-<br />

steuern+recht Februar/März <strong>2012</strong> 23


Steuern A bis Z<br />

grenzt, während Frankreich eine Höchstgrenze von einer Million<br />

Euro eingeführt hat. Alternativ könnte sich Deutschland<br />

deshalb eine Erhöhung der Höchstgrenze auf eine Million Euro<br />

vorstellen sowie eine Abschaffung des Wahlrechts in Bezug auf<br />

die Höhe des Verlustrücktrags in Erwägung ziehen.<br />

24 <strong>PwC</strong><br />

Abschreibungen<br />

Die wesentlichen Unterschiede zwischen Deutschland und<br />

Frankreich betreffen die degressive Abschreibung, die Poolabschreibung<br />

und die Abschreibung des Firmenwerts. Für eine<br />

Angleichung der Steuersysteme zieht Frankreich in Erwägung,<br />

die zurzeit geltenden Regeln für die degressive Abschreibung<br />

zu verschärfen und sie, wie es in Deutschland der Fall ist, nur<br />

French-German Green Paper on common corporation tax<br />

The German and French Finance Ministries presented a Green Paper identifying areas of convergence on corporate<br />

taxation between the two states. It is the intention of both governments that their suggestions for a greater corporate tax<br />

(cpt) harmonization should stimulate economic growth and ease cross-border activities of small and medium sized enterprises.<br />

The Green Paper is viewed as an important move to counter competition between tax regimes in Europe outlining<br />

specific points where action is seen necessary. Talks should be held in conjunction with parliament and industry in both<br />

countries. The defined goal is implementation of the proposals starting in 2013.<br />

In brief, the following areas of convergence have been identified:<br />

Tax rates: At approximately 29,9 per cent Germany’s total corporate tax burden (including local trade tax) is significantly<br />

lower than its French equivalent being somewhere between 42 and 44 per cent. In order to maintain competitiveness of<br />

German and French companies it is sought to gradually lower the French standard tax rate in order that both cpt and CVAE<br />

(which is a tax based on the “value added” each year by the business) correspond to the German overall tax burden.<br />

Group taxation (Organschaft): The rules for group taxation differ significantly. Germany requires a profit and loss<br />

pooling agreement (not required under French law) and the parent to control more than 50 per cent of the voting rights of<br />

the subsidiary whereas group taxation in France depends on a minimum holding of 95 per cent. Germany concedes to<br />

abolish or amend the profit and loss pooling rules and to increase the holding percentage threshold.<br />

Dividend taxation: Though both countries exempt dividends between subsidiary and parent with non-deductible related<br />

costs of 5 per cent of the dividend received, France requires a minimum holding of more than 5 per cent for at least 2<br />

years. Germany should likewise attempt to introduce a minimum holding requirement.<br />

Interest expense deduction: Thin capital rules are no longer in force in Germany. Their substitute is an interest limitation<br />

generally restricting the deductibility of the negative interest margin (i.e. surplus of interest expense over the interest<br />

income) to 30 per cent of the total net earnings before interest, taxes on income, depreciation and amortization (EBITDA).<br />

Under French tax jurisdiction interest deduction is only limited if on intercompany loans.<br />

Possible options on both issues: Neutralize tax treatment of dividend and interest payments, introduce an interest<br />

limitation scheme similar to Germany, restrict the refinancing of tax-free securities and care for adequate anti-abuse rules.<br />

Loss relief: In Germany corporate taxpayers may optionally claim a loss carry-back of up to €511.500, whilst France<br />

provides for an amount of up to €1m. Hence, Germany could consider increasing the loss-carry-back to €1m and also<br />

abolish the option-formula and introduce cross-border loss utilization provisions.<br />

Depreciation: The major differences are the reducing-balance depreciation (as opposed to straight-line), pool depreciation<br />

(for a group of assets) and depreciation of goodwill. France agrees to tighten and limit the methods for reducing-balance<br />

depreciation (in Germany this method is only available for fixed assets acquired in 2009 and 2010) and also accept depreciation<br />

of goodwill.<br />

Partnerships: The taxation of partnerships in both states offer a number of resemblances. Whilst Germany does not plan<br />

substantial changes, France might want to reconsider its 2010 reform initiatives for modification of the tax regime of partnerships:<br />

Unlike Germany, which treats partnership as transparent, France currently has a co-existing scheme of semitransparent<br />

and transparent taxation and could abolish the option for cpt which is presently available for partnerships and<br />

therefore further approaching the concept of tax transparency. (MH)


noch zeitlich befristet in Abhängigkeit von konjunkturellen<br />

Unwägbarkeiten zuzulassen. Darüber hinaus wird erwogen,<br />

die Abschreibung des Goodwill zuzulassen.<br />

Personengesellschaften<br />

Die steuerlichen Regelungen für Personengesellschaften in<br />

Frankreich und Deutschland weisen viele Ähnlichkeiten auf.<br />

Deutschland beabsichtigt deshalb keine substanzielle Änderung<br />

seiner Vorschriften. Frankreich könnte indes das<br />

Grünbuch zum Anlass nehmen, eine bereits im Jahr 2010<br />

gescheiterte Reform für Personengesellschaften erneut aufzugreifen.<br />

Hintergrund: Die Möglichkeit, als Personengesellschaft<br />

zur Körperschaftsteuerpflicht zu optieren, gewährt Personengesellschaften<br />

nach französischem Recht ein hohes Maß<br />

an Gestaltungsfreiheit. Das Nebeneinander von intransparenter<br />

und transparenter Besteuerung verursacht jedoch einen<br />

hohen administrativen Aufwand. Die von Frankreich beabsichtigte<br />

Reform sieht deshalb einen Übergang von einem „halbtransparenten“<br />

System zu einer systematischeren Anwendung<br />

des Prinzips der Transparenz vor.<br />

Steuersätze<br />

Frankreich weist im Vergleich zu Deutschland einen höheren<br />

Körperschaftsteuersatz auf. Um die Wettbewerbsfähigkeit<br />

deutscher und französischer Unternehmen zu erhalten, könnte<br />

Frankreich nach und nach den Regelkörperschaftsteuersatz<br />

senken, ohne jedoch einen Steuersatz festzulegen, der mit dem<br />

deutschen Körperschaftsteuergesetz identisch ist. Dieser Steuersatz<br />

wird in diesem Fall so berechnet, dass die französische<br />

Körperschaftsteuer zuzüglich Steuerzuschläge der deutschen<br />

Ertragsteuerbelastung entspricht.<br />

Weiteres Vorgehen<br />

Die Vorschläge müssen nun innerhalb der Europäischen Union<br />

und mit den nationalen Parlamenten diskutiert werden. Nach<br />

weiteren Konsultationen könnten sie dann ab 2013 schrittweise<br />

umgesetzt werden. GS<br />

Umsatzsteuer: Haftungsvergütung<br />

einer Personalgesellschaft an einen<br />

persönlich haftenden Gesellschafter<br />

Das Bundesministerium der Finanzen schließt sich<br />

beim Thema Haftungsvergütung mit seinem Schreiben<br />

vom 14. November 2011 der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs<br />

an und gibt die bisherige Auffassung<br />

der Verwaltung auf. Den Umsatzsteuer-Anwendungserlass<br />

hat die Behörde entsprechend angepasst.<br />

Steuern A bis Z<br />

In seinem Urteil vom 3. März 2011 (V R 24/10) hatte der Bundesfinanzhof<br />

(BFH) entschieden: Die Festvergütung, die der<br />

geschäftsführungs- und vertretungsberechtigte Komplementär<br />

einer Kommanditgesellschaft von dieser für seine Haftung<br />

nach den §§ 161 und 128 Handelsgesetzbuch erhält, ist als Entgelt<br />

für eine einheitliche Leistung, die Geschäftsführung, Vertretung<br />

und Haftung umfasst, umsatzsteuerpflichtig. Der BFH<br />

hatte in seiner Entscheidung festgestellt: Sowohl die Haftungsübernahme<br />

als auch die Geschäftsführung und Vertretung besitzen<br />

ihrer Art nach Leistungscharakter und können daher<br />

auch im Fall einer isolierten Erbringung Gegenstand eines<br />

umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen Gesellschaft<br />

und Gesellschafter sein. Die Festvergütung sei zudem auch<br />

nicht nach § 4 Nummer 8 Buchstabe g Umsatzsteuergesetz<br />

steuerfrei, da ihr kein Finanzcharakter zukomme. Das Bundesfinanzministerium<br />

(BFH) hat diese Rechtsprechung nun in<br />

Abschnitt 1.6 Absatz 6 Umsatzsteuer-Anwendungserlass übernommen.<br />

Das BMF weist darauf hin: Die genannten Grundsätze sind in<br />

allen offenen Fällen anzuwenden. Es wird allerdings nicht beanstandet,<br />

wenn eine gegen Sonderentgelt erbrachte isolierte<br />

Haftungsübernahme vor dem 1. Januar <strong>2012</strong> als nicht umsatzsteuerbar<br />

behandelt wird. Diese Übergangsregelung gilt jedoch<br />

nicht für die Fälle, in denen der persönlich haftende Gesellschafter<br />

gegenüber der Personengesellschaft zudem umsatzsteuerbare<br />

Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen<br />

erbringt.<br />

Praxishinweis<br />

Von dieser Regelung betroffene Unternehmer und ihre Gesellschafter<br />

sollten die Besteuerung ihrer Umsätze mit Blick auf<br />

Haftungsvergütungen überprüfen und gegebenenfalls die notwendigen<br />

Korrekturen in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen<br />

vornehmen. In diesem Zusammenhang ist es unter anderem<br />

entscheidend, ob dem Gesellschafter eine Festvergütung oder<br />

eine gewinnabhängige Vergütung gezahlt wurde. In der Regel<br />

liegt nur im ersten Fall ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch<br />

vor, der durch den Gesellschafter zu versteuern wäre,<br />

wenn er kein Kleinunternehmer ist. Bitte beachten Sie: Bei<br />

einer Nachversteuerung der Umsätze muss auch eine Korrektur<br />

der durch den Gesellschafter ausgestellten Rechnungen<br />

erfolgen, sofern Rechnungen ausgestellt wurden. Andernfalls<br />

müssten erstmalig Rechnungen durch den Gesellschafter für<br />

die Haftungsübernahme erstellt werden. Bei einer isolierten<br />

Haftungsübernahme gegen Sonderentgelt vor dem 1. Januar<br />

<strong>2012</strong> wird es nicht beanstandet, wenn diese als nicht umsatzsteuerbar<br />

behandelt wird. Für zukünftige Gestaltungen wäre<br />

zu prüfen, in welcher Form der Gesellschafter seine Leistungen<br />

erbringt und ob es sinnvoll ist, hier die Voraussetzungen für ein<br />

Leistungsaustauschverhältnis zu begründen. Speziell für<br />

Unternehmer, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind,<br />

sind hier eingehende Vorüberlegungen sinnvoll.<br />

steuern+recht Februar/März <strong>2012</strong> 25


Steuern A bis Z<br />

Mehr über die Hintergründe des oben genannten BFH-Urteils<br />

erfahren Sie in der Ausgabe Juni 2011 Ihrer Fachnachrichten<br />

steuern+recht ab Seite 13.<br />

Ihre Fragen beantworten Ihre Ansprechpartnerinnen gern. Rufen<br />

Sie sie bitte an oder schicken ihnen einfach eine E-Mail.<br />

Aleksandra Kostecka<br />

Tel.: +49 211 981-1904<br />

aleksandra.kostecka@de.pwc.com<br />

Kathrin Barb<br />

Tel.: +49 211 981-4141<br />

kathrin.barb@de.pwc.com<br />

Fundstellen<br />

• BMF, Schreiben vom 14. November 2011<br />

(IV D 2 – S 7100/07/10028 :003)<br />

• BFH, Urteil vom 3. März 2011 (V R 24/10)<br />

Wechsel des Durchführungswegs in<br />

der betrieblichen Altersversorgung<br />

Die Zahl von Pensionsverpflichtungen bewegt Unternehmen<br />

seit Jahren dazu, nach Alternativen zu<br />

suchen, um die Auswirkungen von Pensionsrückstellungen<br />

auf die Bilanz gering zu halten. Ein gängiges<br />

Mittel ist dabei der Wechsel des Durchführungswegs,<br />

etwa zu einem Pensionsfonds. Lange Jahre war ungeklärt,<br />

ob ein solcher Wechsel – bei inhaltlich unveränderter<br />

Fortführung der Versorgungszusage – die<br />

Zustimmung der Begünstigten erfordert. Das Bundesarbeitsgericht<br />

stellte dann in seinem Urteil vom<br />

12. Juni 2007 fest: Eine Zustimmung ist erforderlich,<br />

wenn der Durchführungsweg Bestandteil der arbeitsrechtlichen<br />

Versorgungsregelung ist. Da das die praktische<br />

Umsetzung erschwert, schlägt die Literatur<br />

unter anderem vor, die Versorgungszusagen des<br />

Unternehmens um ein Optionsrecht auf Umstellung<br />

des Durchführungswegs zu erweitern. Arbeitsrechtlich<br />

hinreichend mag diese Vorgehensweise sein,<br />

steuerlich sind damit allerdings erhebliche Gefahren<br />

verbunden, wie Sie im aktuellen Beitrag lesen.<br />

Anlass der Auslagerung<br />

Der Wunsch von Unternehmen, die Auswirkung von Pensionsverpflichtungen<br />

auf ihre Bilanz zu reduzieren, hat vielfältige<br />

Hintergründe, darunter:<br />

• die Bilanzpolitik<br />

• die Trennung vom operativen Geschäft<br />

26 <strong>PwC</strong><br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … warum Unternehmen die Auswirkungen von<br />

Pensionsverpflichtungen auf ihre Bilanz möglichst<br />

minimieren wollen.<br />

• … welche Wege es gibt, das Ziel zu erreichen.<br />

• … welche steuerlichen Fallstricke dabei zu<br />

umgehen sind.<br />

• eine Auslagerung der Administration<br />

• eine Veränderung von Kennzahlen oder Ratingeinstufungen<br />

• neue Vorstellungen zur Gesamtgestaltung der betrieblichen<br />

Altersversorgung (bAV)<br />

• eine Unternehmenstransaktion<br />

Daneben betrachten viele Finanzdienstleister und Berater das<br />

Thema seit Jahren als Erfolg versprechendes Marktsegment<br />

und werben aktiv für die Auslagerung respektive externe Ausfinanzierung<br />

von Pensionsverpflichtungen. Schließlich wird<br />

das Thema in Zukunft sicher noch größere Bedeutung erlangen,<br />

wenn die im Moment nur diskutierten Änderungsmodelle<br />

zur Beitragsbemessung von Insolvenzsicherungsbeiträgen<br />

wirklich umgesetzt werden. Nach diesen Modellen soll ein<br />

zweckgebundenes Vermögen zur Finanzierung der Pensionsverpflichtungen<br />

die Insolvenzsicherungsbeiträge grundsätzlich<br />

reduzieren.<br />

Lösungswege im Überblick<br />

Die Möglichkeiten, die bilanziellen Auswirkungen von Pensionsverpflichtungen<br />

zu vermindern, können nach folgenden<br />

Merkmalen differenziert werden:<br />

• Grad der Enthaftung des Arbeitgebers<br />

• Ausfinanzierung ohne Wechsel des Durchführungswegs<br />

• Ausfinanzierung durch Wechsel des Durchführungswegs<br />

In bestimmten Situationen verbinden Unternehmen die Ausfinanzierung<br />

mit einer rechtlichen Ablösung von der bAV, zum<br />

Beispiel bei der Liquidation oder Betriebsstilllegung. Dann<br />

bietet § 4 Absatz 4 Betriebsrentengesetz die Möglichkeit, die<br />

Pensionsverpflichtungen auf eine Versicherung oder eine Pensionskasse<br />

bei gleichzeitiger Haftungsübernahme zu übertragen.<br />

Ansonsten ist die Übertragung mit rechtlicher Enthaftung<br />

nur eingeschränkt zulässig und beschränkt sich im Wesentlichen<br />

auf die Portabilität bei Arbeitgeberwechsel. Alternativ ist<br />

eine Abfindung von Versorgungsanwartschaften oder -leistungen<br />

denkbar, wobei § 3 Betriebsrentengesetz die Abfindung<br />

restriktiv behandelt. Besondere Lösungen bieten der Schuldbeitritt<br />

mit Freistellung im Innenverhältnis oder die Ausgliederung<br />

in eine „Rentnergesellschaft“ im Sinne des Umwandlungsgesetzes.<br />

Solche Lösungen entlasten den Arbeitgeber<br />

wirtschaftlich (Schuldbeitritt) oder mit zeitlicher Verzögerung<br />

(Ausgliederung).


Steht nur die bilanzielle Belastung von Pensionsverpflichtungen<br />

im Zentrum, sollten Unternehmen gegebenenfalls die Nutzung<br />

des Saldierungsgebots bei fortbestehender unmittelbarer<br />

Pensionszusage erwägen. Hierbei wird ein Vermögen, das im<br />

Wesentlichen zweckgebunden und gegen den Zugriff von<br />

Gläubigern geschützt ist, in der Bilanz von der Pensionsrückstellung<br />

abgezogen, sodass nur noch eine mögliche Differenz<br />

ausgewiesen werden muss. Nach Einführung des Gesetzes zur<br />

Modernisierung des Bilanzrechts ist die Saldierung auch in der<br />

Handelsbilanz zulässig. In einer Bilanz nach den International<br />

Financial Reporting Standards oder den Generally Accepted<br />

Accounting Principles der USA bietet sich die Saldierung schon<br />

seit Jahren an.<br />

Schließlich ist es auch denkbar – und in manchen Situationen<br />

durchaus sinnvoll –, den Durchführungsweg der bAV zu wechseln.<br />

Alternativ zur unmittelbaren Pensionszusage bieten sich<br />

vier externe Wege an, die allesamt durch eine Kapitalansammlung<br />

außerhalb des Betriebsvermögens des Unternehmens<br />

gekennzeichnet sind. Unterschiede ergeben sich aus ertragund<br />

lohnsteuerlicher sowie aus aufsichtsrechtlicher Sicht.<br />

Aufgrund des relativ geringen lohnsteuerfreien Dotierungsrahmens<br />

eignen sich die Pensionskasse und die Direktversicherung<br />

in der Praxis weniger für die Auslagerung. Dagegen<br />

bieten die Unterstützungskasse oder der Pensionsfonds lohnsteuerfreie<br />

Dotierungschancen in größerem Umfang, sodass<br />

sie überwiegend als alternative Durchführungswege in<br />

Betracht kommen.<br />

Arbeitsrechtliche Zustimmung<br />

Ein wesentliches Kennzeichen der bAV ist ihre arbeitsrechtliche<br />

Verwurzelung. Als Vergütungsbestandteil kann sie zwar<br />

einseitig zugesagt, nicht aber ohne Weiteres einseitig verändert<br />

werden. Speziell für Verschlechterungen des Versorgungsniveaus<br />

gelten strenge arbeitsrechtliche Vorschriften. Lange<br />

Jahre war auch ungeklärt, ob eine Mitbestimmung der Begünstigten<br />

oder des Betriebsrats beim Wechsel des Durchführungswegs<br />

erforderlich ist. Unstrittig ist das bei Fällen, bei denen im<br />

Vorfeld einer Übertragung auf einen externen Durchführungsweg<br />

eine inhaltliche Anpassung der Versorgungszusage nötig<br />

ist. Offen blieb die Frage allerdings für Situationen, in denen<br />

der neue Versorgungsträger die Versorgungszusage vollinhaltlich<br />

abbilden kann. Solche Möglichkeiten bestehen beispielsweise<br />

bei nicht versicherungsförmigen Pensionsfonds. Dass die<br />

pragmatische Lösung – „das geht schon“ – vor der Rechtsprechung<br />

nicht notwendigerweise standhält, zeigte sich im Urteil<br />

des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 12. Juni 2007 (3 AZR<br />

186/06; DB 2008, 2034). Der Leitsatz des BAG lautete seinerzeit:<br />

„Soweit sich das aus der Versorgungszusage ergibt, hat der<br />

Arbeitnehmer auch einen Anspruch auf Einhaltung des<br />

(externen) Durchführungswegs der betrieblichen Altersversorgung.“<br />

Steuern A bis Z<br />

Mit der Kritik der Fachliteratur an dem Urteil befasste sich bereits<br />

2010 der Vorsitzende Richter a.D. am BAG, Dr. Reinecke.<br />

Demnach ist bei einem Wechsel von einem Durchführungsweg<br />

mit Rechtsanspruch (etwa unmittelbare Pensionszusage) zu<br />

einem solchen ohne Rechtsanspruch (Unterstützungskasse) im<br />

Regelfall eine Zustimmung der Begünstigten nötig. Ansonsten<br />

ist eine Zustimmung immer dann erforderlich, wenn der<br />

Durchführungsweg explizit in der Zusage genannt wird oder<br />

auch dann, wenn die Zusage entsprechend ausgelegt werden<br />

kann.<br />

Steuerliche Gefahren<br />

Ein Vorbehalt zum Wechsel des Durchführungswegs in der<br />

Zusage kann sinnvoll sein, um den Prozess der Zustimmung<br />

bei einem Wechsel zu vermeiden – das jedenfalls wird in der<br />

arbeitsrechtlichen Fachliteratur teilweise vertreten. Beachten<br />

Sie aber: Selbst wenn das arbeitsrechtlich grundsätzlich zulässig<br />

erscheint, ist unter steuerlichen Gesichtspunkten davor zu<br />

warnen. Denn geht man von einer unmittelbaren Pensionszusage<br />

aus, so kann durch einen solchen Vorbehalt die Ernsthaftigkeit<br />

und damit die Pensionsrückstellung nach § 6 a Absatz 1<br />

Nummer 2 Einkommensteuergesetz (EStG) gefährdet werden.<br />

Das EStG spricht den Wechsel des Durchführungswegs zwar<br />

nicht direkt an. Die Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) aber<br />

enthalten einige Hinweise, die zeigen, wie gefährlich der arbeitsrechtlich<br />

zulässige Vorbehalt sein kann. H 6 a Absatz 3<br />

EStR betont explizit, dass Pensionsrückstellungen nicht anerkannt<br />

werden, wenn die Zusage „voraussichtlich von einem externen<br />

Versorgungsträger erbracht“ wird. Dieser Passus<br />

verneint außerdem die Zulässigkeit der Bildung einer Rückstellung,<br />

wenn die Pensionszusage eine Vereinbarung enthält,<br />

die eine Übertragung auf eine Unterstützungskasse bei Eintritt<br />

des Versorgungsfalls vorsieht. Letzteres gilt auch für einen<br />

Übertragungsvorbehalt zugunsten einer Pensionskasse oder<br />

eines Pensionsfonds nach R 6 a Absatz 15 EStR.<br />

Empfehlung<br />

Beim Wechsel von einer unmittelbaren Pensionszusage auf<br />

einen externen Versorgungsträger möchten Unternehmen in<br />

der Regel langwierige Zustimmungsprozesse vermeiden. Arbeitsrechtlich<br />

mag das mit einem entsprechenden Vorbehalt in<br />

der Zusage gestaltbar sein. Wenn es um die Folgen für die<br />

Besteuerung geht, kann davor aber nur gewarnt werden. Bei<br />

konkreten Sachverhalten empfiehlt es sich daher, zunächst die<br />

Versorgungszusage darauf zu überprüfen, ob sich ein Anspruch<br />

auf den Durchführungsweg ableiten lässt. Wenn es den sonstigen<br />

Zielen des Unternehmens entspricht, könnte der Pensionsfonds<br />

ohne versicherungsförmige Garantie eine sinnvolle<br />

Lösung sein, da die Anbieter in der Lage sind, existierende Versorgungszusagen<br />

in vollem Umfang abzubilden. Allerdings<br />

sind Unternehmen gut beraten, alle relevanten Anforderungskriterien<br />

abzuwägen, um den passenden Durchführungsweg<br />

steuern+recht Februar/März <strong>2012</strong> 27


Steuern A bis Z<br />

zu finden. Sich alleine an einem Aspekt auszurichten ist in keinem<br />

Fall sinnvoll.<br />

Haben Sie Fragen oder möchten Sie beraten werden? – Dann<br />

rufen Sie bitte Ihren Ansprechpartner an oder mailen ihm einfach.<br />

Joachim Sartoris<br />

Tel.: +49 221 2084-486<br />

joachim.sartoris @de.pwc.com<br />

Fundstelle<br />

BAG, Urteil vom 12. Juni 2007 (3 AZR 186/06; DB 2008,<br />

2034)<br />

Fachliteratur<br />

Löwisch/Diller, BetrAV 2010, 411; Thüsing/Granetzny, BetrAV<br />

2009, 485; Kemper, in: Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber,<br />

BetrAV, 4. Auflage, § 1 Randnummer 38, 258 ff.; DB 2010,<br />

2392 ff.<br />

Umsatzsteuer: Geschäftsveräußerung<br />

im Ganzen bei der Veräußerung<br />

von Anteilen<br />

Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen ist nicht nur<br />

dann gegeben, wenn materielle und immaterielle<br />

Wirtschaftsgüter übertragen werden (Asset Deal). Sie<br />

kann auch dann vorliegen, wenn lediglich Anteile an<br />

einer Gesellschaft übertragen werden (Share Deal).<br />

Unter welchen Voraussetzungen das Bundesministerium<br />

der Finanzen das offenbar für möglich hält,<br />

lesen Sie in diesem Beitrag.<br />

Die Auffassung der Rechtsprechung<br />

Schon 2009 hatte der Europäische Gerichtshof entschieden:<br />

Die Veräußerung von Anteilen kann auch als (nicht steuerbare)<br />

Geschäftsveräußerung im Ganzen gelten. Der Bundesfinanzhof<br />

(BFH) folgte dieser Vorgabe im Januar 2011 in einem Urteil.<br />

Dabei unterschied er zwei Fälle: Eine Geschäftsveräußerung im<br />

28 <strong>PwC</strong><br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … in welchen Fällen das Bundesministerium der<br />

Finanzen eine Geschäftsveräußerung im Ganzen<br />

zuzulassen scheint.<br />

• … welche Zweifel daran erlaubt sind.<br />

• … weshalb es sich für Sie lohnen kann, auch<br />

vergangene Share Deals erneut zu beurteilen.<br />

Ganzen liegt (mit Sicht auf das Unternehmensvermögen der<br />

übertragenen Gesellschaft) zum einen dann vor, wenn ein Unternehmer<br />

100 Prozent der Anteile überträgt. Bestand ein umsatzsteuerliches<br />

Organschaftsverhältnis der betreffenden<br />

Gesellschaft mit dem Veräußerer und beabsichtigt der Erwerber<br />

seinerseits, mit der Gesellschaft ein Organschaftsverhältnis<br />

zu begründen, kann zum anderen eine Geschäftsveräußerung<br />

im Ganzen auch dann vorliegen, wenn nicht 100 Prozent der<br />

Anteile übertragen werden. In einem solchen Fall ist nur die<br />

Übertragung der Anteilsmehrheit erforderlich, welche die<br />

finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft vermittelte.<br />

Die Auffassung des Bundesministeriums<br />

der Finanzen<br />

Offenbar hat sich das Bundesministerium der Finanzen (BMF)<br />

nun gegen diese Auffassung des BFH gestellt. Denn obwohl es<br />

eingangs auf das Urteil des BFH Bezug nimmt, kommt es dem<br />

BMF dem Wortlaut des Schreibens nach weder auf die Höhe<br />

der Beteiligung noch auf eine Organschaft mit der betreffenden<br />

Gesellschaft an – und zwar weder beim Veräußerer noch<br />

beim Erwerber. Das BMF scheint es für ausreichend zu halten,<br />

dass Anteile und Rechtsbeziehungen zusammen als „hinreichendes<br />

Ganzes“ übertragen werden.<br />

Dazu muss der Erwerber in diejenigen Rechtsverhältnisse des<br />

Veräußerers zu der Gesellschaft eintreten, die bisher dazu geführt<br />

haben, dass die Anteile beim Veräußerer im umsatzsteuerlichen<br />

Unternehmensvermögen gehalten wurden. Solche<br />

Leistungsbeziehungen können – vereinfacht ausgedrückt – in<br />

entgeltlichen Dienstleistungen bestehen, mit denen der Anteilseigner<br />

in die Verwaltung seiner Tochtergesellschaft eingreift,<br />

etwa Verwaltungstätigkeiten im Personalwesen, aber<br />

auch technische Unterstützung und anderes mehr.<br />

Bei einer Organschaft kann der nötige Eintritt in die Rechtsverhältnisse<br />

besonders dadurch gewährleistet sein, dass der<br />

Erwerber in diejenigen Beziehungen eintritt, die zuvor die wirtschaftliche<br />

Eingliederung der Gesellschaft in das Unternehmen<br />

des Veräußerers vermittelt haben. Eine wirtschaftliche Eingliederung<br />

liegt etwa dann vor, wenn der Anteilseigner seiner Tochtergesellschaft<br />

entgeltliche Leistungen zukommen lässt, die für<br />

deren Tätigkeit mehr als nur unwesentliche Bedeutung haben.<br />

Praxishinweis<br />

Bitte beachten Sie: Die genannte Interpretation des BMF-<br />

Schreibens ist nur eine von mehreren möglichen – engeren wie<br />

weiteren. Die Autoren haben sich dabei am Wortlaut des<br />

Schreibens orientiert und die Regelungen so ausgelegt, dass<br />

sich kein offenbarer Widerspruch ergibt. Unsicherheiten entstehen<br />

dadurch, dass das BMF in seinem Schreiben trotz alledem<br />

ausdrücklich auf die Entscheidung des BFH Bezug nimmt.<br />

Dadurch sind Auslegungen denkbar, die sich mit diesem Urteil


esser vereinbaren ließen. Allerdings lassen die Äußerungen<br />

des BMF und BFH sich selbst dann nur sehr schwer in überzeugender<br />

Weise zur Deckung bringen. Da im Prinzip auch das<br />

örtliche Finanzamt vor diesem Auslegungsproblem steht, sind<br />

im Fall der Übertragung von Anteilen Meinungsverschiedenheiten<br />

möglich. Wird keine Gestaltung gewählt, die sämtliche<br />

vom BFH und vom BMF geforderten Voraussetzungen kumulativ<br />

erfüllt, ist es darum empfehlenswert, schon im Vorfeld eine<br />

verbindliche Auskunft zu beantragen.<br />

Wenn Sie in der Vergangenheit (im umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen<br />

gehaltene) Gesellschaftsbeteiligungen von<br />

100 Prozent übertragen haben, beachten Sie bitte speziell die im<br />

BMF-Schreiben enthaltene Übergangsregelung: Für vor dem<br />

31. März <strong>2012</strong> ausgeführte Umsätze beanstandet es das BMF<br />

(unter einigen weiteren Voraussetzungen) demnach nicht, wenn<br />

der Unternehmer die Veräußerung von 100 Prozent der Anteile<br />

als Geschäftsveräußerung im Ganzen behandelt. Offenbar liegt<br />

in diesem Fall nach Auffassung des BMF keine steuerfreie Veräußerung<br />

von Anteilen vor, die den Vorsteuerabzug ausschließt,<br />

sondern eine – im Übrigen offenbar voraussetzungslose – Geschäftsveräußerung<br />

im Ganzen. Dann aber kann der Vorsteuerabzug<br />

aus Aufwendungen, die mit der Veräußerung der Anteile<br />

in Zusammenhang stehen, anders zu beurteilen sein als im Falle<br />

eines steuerfreien Share Deal. Bitte beachten Sie auch: Es handelt<br />

sich insoweit um eine neue Rechtsentwicklung, die Auswirkungen<br />

auf die Umsatzsteuer in der Vergangenheit hat – denn<br />

der fehlende Vorsteuerabzug bei Share Deals war bislang veröffentlichte<br />

Meinung der Finanzverwaltung. Aus diesem Grund<br />

lassen Sie am besten alle derartigen Share Deals der vergangenen<br />

Jahre von fachkundiger Seite überprüfen. In offenen Fällen<br />

kann möglicherweise Vorsteuer – unter Umständen in nicht<br />

unerheblicher Höhe – nachträglich geltend gemacht werden.<br />

Sie haben Fragen oder möchten beraten werden? – Rufen Sie bitte<br />

Ihre Ansprechpartner an oder schicken ihnen einfach eine E-Mail.<br />

Mónica Azcárate<br />

Tel.: +49 69 9585-6111<br />

monica.azcarate@de.pwc.com<br />

Martin Diemer<br />

Tel.: +49 69 9585-6104<br />

martin.diemer@de.pwc.com<br />

Fundstellen<br />

• BMF, Schreiben vom 3. Januar <strong>2012</strong><br />

• EuGH, Urteil vom 29. Oktober 2009 (C-29/08, SKF)<br />

• BFH, Urteil vom 27. Januar 2011 (V R 38/09)<br />

Steuern A bis Z<br />

Umsatzsteuer: neue Regeln bei der<br />

Zuordnung der innergemeinschaftlichen<br />

Lieferung im Reihengeschäft<br />

Bislang lautete die Regel: Wer den Spediteur beauftragt,<br />

bestimmt auch, welche der verschiedenen Lieferungen<br />

im Reihengeschäft als „bewegte“ Lieferung<br />

und damit als innergemeinschaftliche Lieferung gilt.<br />

Unter Berufung auf die Rechtsprechung des Europäischen<br />

Gerichtshofs hat der Bundesfinanzhof nun die<br />

Vorgaben für die Zuordnung der innergemeinschaftlichen<br />

Lieferung im Reihengeschäft geändert.<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … wie der Bundesfinanzhof nun unter mehreren<br />

Lieferungen eines Reihengeschäfts die innergemeinschaftliche<br />

Lieferung bestimmt.<br />

• … weshalb die Regelung des Paragrafen 6 a Absatz<br />

4 Umsatzsteuergesetz über den Schutz des guten<br />

Glaubens bei innergemeinschaftlichen Lieferungen<br />

auch für „ruhende“ Lieferungen gelten kann.<br />

Sachverhalt<br />

Die Klägerin hatte Kraftfahrzeuge an K verkauft, der mit einer<br />

spanischen Umsatzsteueridentifikationsnummer (USt.-IdNr.)<br />

auftrat. Den Wagen holte Fahrer Y im Inland ab. Y überreichte<br />

der Klägerin eine Erklärung über den Empfang des Fahrzeugs<br />

und die Beförderung nach Spanien sowie eine schriftliche, von<br />

K auf Y ausgestellte Abholvollmacht. Daraufhin ging die Klägerin<br />

von einer innergemeinschaftlichen Lieferung an K aus. Das<br />

Finanzamt ermittelte aber, nicht K, sondern dessen in Frankreich<br />

ansässiger Abnehmer X habe den Transport beauftragt<br />

und die Lieferung sei nicht nach Spanien ausgeführt worden,<br />

sondern nach Frankreich.<br />

Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs<br />

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) war die erste Lieferung<br />

der Klägerin an K die innergemeinschaftliche Lieferung.<br />

K habe gegenüber der Klägerin bekundet, er werde den Gegenstand<br />

in einen anderen Mitgliedstaat befördern; er habe auch<br />

eine ausländische USt.-IdNr. benutzt und einen Beauftragten<br />

vorbeigeschickt. Anders wäre es nur gewesen, wenn K der Klägerin<br />

vor dem Transport oder der Beförderung mitgeteilt hätte,<br />

er habe den Gegenstand an einen Zweiterwerber verkauft. Ein<br />

anderes Ergebnis alleine ließe sich wegen des Umstands, dass<br />

der zweite Abnehmer in die Beförderung einbezogen war, mit<br />

dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der<br />

Rechtssache C-430/09 (Euro Tyre) nicht vereinbaren.<br />

steuern+recht Februar/März <strong>2012</strong> 29


Steuern A bis Z<br />

Dabei war es dem BFH gleichgültig, dass der Bestimmungsort<br />

im Nachweis der Klägerin falsch angegeben war. Auch der Umstand,<br />

dass ein anderer Versendungsbeleg vorgeschrieben war,<br />

erschien ihm nicht entscheidend. Denn nach § 17 a Absatz 4<br />

Satz 2 Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV)<br />

könne der Unternehmer, sei ihm der Nachweis der Versendung<br />

durch den Abnehmer mittels einer „weißen Spediteursbescheinigung“<br />

nicht möglich (weil er zum Beispiel nicht erkennen<br />

kann, dass es sich nicht um einen unselbstständigen Beauftragten<br />

des Unternehmers handelt), den Nachweis auch nach<br />

§ 17 a Absatz 2 UStDV führen.<br />

Schließlich gebe es – wie der BFH im Wege eines Obiter<br />

Dictum ausführte, weil es nach alldem auf den Gutglaubensschutz<br />

nach § 6 a Absatz 4 Umsatzsteuergesetz eigentlich nicht<br />

mehr ankam – keinen Grund, den Glaubensschutz nicht auch<br />

auf eine „ruhende“ Lieferung anzuwenden.<br />

Beratungshinweis<br />

Dieses Urteil ist bis zu seiner Veröffentlichung im Bundessteuerblatt<br />

und gegebenenfalls einer Äußerung der Finanzverwaltung<br />

nur mit gehöriger Vorsicht zu genießen. Denn es stellt die<br />

jahrzehntelange Praxis bei der Zuordnung innergemeinschaftlicher<br />

Lieferungen infrage.<br />

Bei allen Zweifelsfragen, die sich einstweilen ergeben, stellt<br />

der BFH in Kürze folgende Voraussetzungen auf, nach denen<br />

ein Lieferer seine Lieferung als innergemeinschaftliche Lieferung<br />

behandeln darf:<br />

Der Abnehmer bekundet, die Ware in das übrige Gemeinschaftsgebiet<br />

zu versenden (etwa weil er seine ausländische<br />

USt.-IdNr. verwendet und ein Beauftragter des ersten Abnehmers<br />

auftritt), und er teilt dem Lieferer nicht mit, dass er den<br />

Gegenstand an einen Zweiterwerber verkauft hat.<br />

Hierbei spielt es keine Rolle, wer den Spediteur beauftragt hat. –<br />

Es kann auch ein Abnehmer, der in der Kette auf den ersten Abnehmer<br />

folgt, der (in der Kette weitergegebenen) Verpflichtung<br />

des ersten Abnehmers nachkommen, die Ware ins übrige Gemeinschaftsgebiet<br />

zu befördern. Die Grundsätze gelten, wie der<br />

BFH ausdrücklich anhand eines Beispiels hervorhebt, auch für<br />

Reihengeschäfte mit mehr als drei Beteiligten, und zwar auch<br />

dann, wenn der Lieferer nicht der erste Lieferer in der Kette ist.<br />

Sie haben Fragen oder möchten beraten werden? – Rufen Sie bitte<br />

Ihre Ansprechpartner an oder schicken ihnen einfach eine E-Mail.<br />

Mónica Azcárate<br />

Tel.: +49 69 9585-6111<br />

monica.azcarate@de.pwc.com<br />

30 <strong>PwC</strong><br />

Martin Diemer<br />

Tel.: +49 69 9585-6104<br />

martin.diemer@de.pwc.com<br />

Fundstellen<br />

• BFH, Urteil vom 11. August 2011 (V R 3/10)<br />

• EuGH, Urteil vom 16. Dezember 2010 (C-430/09, Euro Tyre)<br />

Rückwirkende Besteuerung von<br />

Erstattungszinsen auf dem Prüfstand<br />

Der Bundesfinanzhof ist derzeit mit verschiedenen<br />

Verfahren beschäftigt, in denen es um die allgemeine<br />

rechtliche und vor allem aber verfassungsrechtliche<br />

Problematik der Besteuerung von Erstattungszinsen<br />

als Einkünfte aus Kapitalvermögen geht.<br />

Mit seinem Urteil vom 15. Juni 2010 hat sich der Bundesfinanzhof<br />

(BFH) gegen die Versteuerung von Erstattungszinsen ausgesprochen,<br />

soweit sie aus der Erstattung von nicht abziehbaren<br />

Steuern resultieren. Diese Entscheidung wurde allgemein begrüßt,<br />

da im Gegenzug die auf nicht abziehbare Steuern entfallenden<br />

Nachzahlungszinsen die steuerliche<br />

Bemessungsgrundlage nicht mindern dürfen.<br />

Als Reaktion auf diese Rechtsprechung wurde im Rahmen des<br />

Jahressteuergesetzes 2010 in § 20 Absatz 1 Nummer 7 Satz 3 Einkommensteuergesetz<br />

„klargestellt“, dass die früher zugeflossenen<br />

Erstattungszinsen als Einnahmen aus Kapitalvermögen zu erfassen<br />

sind. Durch diese gesetzliche Festschreibung bleibt es – rückwirkend<br />

– bei der bisherigen Handhabung der Erstattungszinsen,<br />

die so nach wie vor der Steuerpflicht unterliegen: Fazit: Das oben<br />

genannte BFH-Urteil wird somit ausgehebelt, denn die gesetzliche<br />

Regelung ist auf alle noch offenen Fälle anzuwenden. Kein<br />

Wunder also, dass der BFH Bedenken gegen das „Nichtanwendungsgesetz“<br />

der Verwaltung äußert und bestehende Zweifel in<br />

zwei Fällen der Aussetzung der Vollziehung nunmehr grundsätzlich<br />

bejaht. Die Klärung der Hauptsache ist derzeit in zwei anderen<br />

Verfahren dort anhängig. Nach Meinung der höchsten<br />

Richter bedürfen diese umstrittenen und höchstrichterlich noch<br />

nicht endgültig geklärten Fragen aber noch weiterer eingehender<br />

Prüfung in den zugrunde liegenden Hauptsacheverfahren.<br />

Fundstellen<br />

• BFH, Beschluss vom 22. Dezember 2011 (VIII B 190/11;<br />

veröffentlicht am 15. Februar <strong>2012</strong>)<br />

• BFH, Beschlüsse vom 22. Dezember 2011 (VIII B 146/11)<br />

und 9. Januar <strong>2012</strong> (VIII B 95/11; als NV-Entscheidung<br />

bekannt gegeben am 8. beziehungsweise am 22. Februar<br />

<strong>2012</strong>)


Zinsen aus Lebensversicherung bei<br />

schädlicher Verwendung steuerpflichtig<br />

Dient ein mit einer Lebensversicherung besichertes Finanzierungsdarlehen<br />

auch der Begleichung von Finanzierungskosten<br />

in Form von Zinsabgrenzungsprämien, führt das zur Steuerpflicht<br />

sämtlicher Zinsen aus dem Lebensversicherungsvertrag.<br />

Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören unter anderem<br />

außerrechnungs- und rechnungsmäßige Zinsen aus Sparanteilen,<br />

die in den Lebensversicherungen enthalten sind.<br />

Nicht steuerpflichtig sind diese Zinsen allerdings etwa dann,<br />

wenn sie aus Versicherungen stammen, für die ein Abzug der<br />

Sonderausgaben zulässig ist. Ein Sonderausgabenabzug scheidet<br />

jedoch aus, wenn die Ansprüche aus den Versicherungsverträgen<br />

nicht der Sicherung von solchen Darlehen dienen, die<br />

unmittelbar und ausschließlich zur Finanzierung von Anschaffungs-<br />

oder Herstellungskosten eines (zur Erzielung von Einkünften<br />

bestimmten) Wirtschaftsguts aufgenommen wurden.<br />

– Das ist die Konsequenz einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs<br />

(BFH, VIII R 49/09). Zum Hintergrund: Ein Steuerpflichtiger<br />

hatte seinen Versicherungsanspruch einerseits zum<br />

größten Teil eingesetzt, um das für den Kauf einer Praxis aufgenommene<br />

Darlehen in Höhe von 148.000 Euro zu besichern.<br />

Andererseits nutzte er die Versicherung für eine Zinscap-Gebühr<br />

in Höhe von 7.200 Euro, die durch eine Zinsabgrenzungsvereinbarung<br />

entstanden war. Mit dem Policendarlehen<br />

finanzierte der Steuerpflichtige also auch Aufwendungen, die<br />

nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines<br />

Wirtschaftsguts gehörten (denn Zinsbegrenzungsprämien sind<br />

Finanzierungskosten). Deshalb setzte das Finanzamt die Zinsen<br />

aus der Lebensversicherung als Einkünfte aus Kapitalvermögen<br />

fest. – Zu Recht, wie der BFH entschied. Dem Einwand<br />

des Steuerpflichtigen, die Versicherungsansprüche seien immerhin<br />

teilweise zur Sicherung des betrieblichen Darlehens<br />

abgetreten worden und hätten mindestens insofern der Finanzierung<br />

von Anschaffungskosten gedient, konnte der BFH nicht<br />

folgen. Er entgegnete: Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug<br />

sei die uneingeschränkte unmittelbare und ausschließliche<br />

Verwendung des gesamten Darlehens zur Finanzierung<br />

von Anschaffungs- und Herstellungskosten.<br />

Übertragung von Gesellschaftsanteilen<br />

als Geschäftsveräußerung<br />

im Ganzen<br />

Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung<br />

im Ganzen an einen anderen Unternehmer für dessen<br />

Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer,<br />

gleichwohl ist aber der Vorsteuerabzug aus den damit<br />

zusammenhängenden Kosten möglich. Das Bundesfinanzministerium<br />

hat nun erklärt, dass dies auch bei<br />

Steuern A bis Z<br />

Anteilsverkäufen der Fall sein kann, sofern der Erwerber<br />

die wirtschaftlichen<br />

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte sich in seinem Urteil vom<br />

27. Januar 2011 (V R 38/09) mit diesem Thema auseinandergesetzt<br />

und den Vorsteuerabzug aus Beratungsleistungen, die<br />

ein Unternehmen für die Beteiligungsveräußerung bezogen<br />

hatte, verneint. Nach Auffassung des Gerichts bestand der<br />

maßgebliche direkte und unmittelbare Zusammenhang zur<br />

steuerfreien Beteiligungsveräußerung. Entscheidend für eine<br />

Geschäftsveräußerung ist, dass die übertragenen Vermögensgegenstände<br />

ein hinreichendes Ganzes bilden, um dem Erwerber<br />

die Fortsetzung einer bisher durch den Veräußerer ausgeübten<br />

unternehmerischen Tätigkeit zu ermöglichen und der<br />

Erwerber dies auch tatsächlich tut. Eine Geschäftsveräußerung<br />

im Ganzen liegt nur vor, wenn entweder alle Anteile der Gesellschaft<br />

veräußert werden oder aber wenn eine Anteilsmehrheit<br />

übertragen wird, die eine finanzielle Eingliederung<br />

begründet und wenn der neue Mehrheitsgesellschafter seinerseits<br />

beabsichtigt, eine Organschaft zu der Gesellschaft, an der<br />

die übertragenen Anteile bestehen, zu begründen. Eine Anteilsübertragung,<br />

durch die lediglich die finanzielle Eingliederung<br />

beim bisherigen Organträger beendet wird, ohne dass es<br />

zugleich zu einer Organschaft zum neuen Mehrheitsgesellschafter<br />

kommt, reicht nicht aus. Die Finanzverwaltung hat<br />

ihren Umsatzsteuer-Anwendungserlass nunmehr entsprechend<br />

angepasst. Erst wenn der Erwerber in Rechtsverhältnisse eintritt,<br />

durch die das Halten der Beteiligung beim Veräußerer als<br />

unternehmerisch veranlasst anzusehen war, wird ein hinreichendes<br />

Ganzes zur Fortführung eines Geschäftsbetriebs übertragen.<br />

Diese Voraussetzung ist in den Fällen der Organschaft<br />

dann erfüllt, wenn der Erwerber in die die wirtschaftliche Eingliederung<br />

vermittelnden Beziehungen zwischen bisherigem<br />

Organträger und der Organgesellschaft eintritt. Eine nicht<br />

steuerbare Geschäftsveräußerung kann in diesen Fällen aber<br />

auch dann vorliegen, wenn zwischen dem Erwerber der Beteiligung<br />

und der Gesellschaft, an der die Beteiligung besteht, aus<br />

anderen Gründen kein Organschaftsverhältnis begründet wird.<br />

Für vor dem 31. März <strong>2012</strong> ausgeführte Umsätze besteht eine<br />

Übergangsfrist: Der Unternehmer kann dann noch von der Veräußerung<br />

eines gesondert geführten Betriebs anhand der ertragsteuerlichen<br />

Grundsätze ausgehen.<br />

steuern+recht Februar/März <strong>2012</strong> 31


Recht aktuell<br />

Neue Rechtsprechung zum aktienrechtlichenDifferenzhaftungsanspruch<br />

Die Aktionäre einer Aktiengesellschaft sind einer<br />

Differenzhaftung ausgesetzt, wenn die Einlage, die sie<br />

im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung erbringen,<br />

den geringsten Ausgabebetrag der dafür erhaltenen<br />

Aktien nicht deckt. Im Zusammenhang mit dieser<br />

Differenzhaftung gibt es viele ungeklärte Fragen. Der<br />

Bundesgerichtshof hatte am 15. November 2011 über<br />

einen Fall zu entscheiden, in dem der Insolvenzverwalter<br />

der Babcock Borsig AG von der Rechtsnachfolgerin<br />

der Preussag AG im Wege der Differenzhaftung<br />

einen Betrag von über 170 Millionen Euro fordert.<br />

Das Gericht nahm diesen Fall zum Anlass, sich zu<br />

einigen Fragen im Zusammenhang mit der aktienrechtlichen<br />

Differenzhaftung zu äußern. – Über das<br />

Urteil und seine Hintergründe informiert Sie der<br />

aktuelle Beitrag.<br />

Der zugrunde liegende Sachverhalt<br />

Die Deutsche Babcock AG, später Babcock Borsig AG (Babcock),<br />

hatte im Jahre 1999 eine Sachkapitalerhöhung durchgeführt,<br />

anlässlich derer die Preussag AG (Preussag) ihr Industrie-<br />

und Werftengeschäft, darunter ein Aktienpaket an der<br />

Howaldtswerke Deutsche Werft AG (HDW), als Sacheinlage<br />

einbrachte. Zu diesem Zweck war zwischen den Parteien ein<br />

Transaktionsvertrag geschlossen worden. Der Verkehrswert<br />

der von der Preussag zu erbringenden Einlagen war auf<br />

409.915.000 DM (209.586.211,50 Euro) festgelegt worden.<br />

Die Preussag übernahm im Rahmen der Sachkapitalerhöhung<br />

rund 3,5 Millionen Babcock-Aktien, wobei der geringste Ausgabebetrag<br />

sich auf rund 89 Millionen Euro belief. Ein weiteres<br />

Aktienpaket an der HDW war ebenfalls Gegenstand des Transaktionsvertrags.<br />

Die Preussag verkaufte es der Babcock unter<br />

aufschiebenden Bedingungen zu einem Kaufpreis von 325 Millionen<br />

DM. Die Preussag verpflichtete sich zudem dazu, einen<br />

Zuschuss in das Vermögen der Babcock zu erbringen, um die<br />

32 <strong>PwC</strong><br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … mit welcher Argumentation der Insolvenzverwalter<br />

der Babcock Borsig AG versucht, gegen die<br />

Rechtsnachfolgerin der Preussag AG vermeintliche<br />

Ansprüche durchzusetzen.<br />

• … zu welchen Fragen im Zusammenhang mit der<br />

aktienrechtlichen Differenzhaftung der Bundesgerichtshof<br />

Stellung bezogen hat.<br />

• … welche Risiken sich für die Aktionäre einer<br />

Aktiengesellschaft daraus ergeben können.<br />

Kosten einer schon begonnenen Restrukturierung auszugleichen.<br />

Nachdem die Kapitalerhöhung durchgeführt worden<br />

war, kam es zwischen den Parteien zum Streit über die weiteren<br />

Inhalte des Transaktionsvertrags. Die Verhandlungen mündeten<br />

im Jahre 2000 in einer Vereinbarung, wonach die<br />

Preussag der Babcock für zu erwartende Verluste einen Ertragszuschuss<br />

in Höhe von 325 Millionen DM gewährte, dessen<br />

Zahlung schließlich mit der Kaufpreisforderung in eben dieser<br />

Höhe für das weitere Aktienpaket an der HDW verrechnet<br />

wurde. Die Babcock erklärte, aus dem Transaktionsvertrag<br />

keine Ansprüche gegen die Preussag mehr zu erheben.<br />

Im Jahre 2002 wurde über das Vermögen der Babcock das<br />

Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter meinte,<br />

der Wert des Industrie- und Werftengeschäfts, das die Babcock<br />

von der Preussag übernommen hatte, sei geringer als die vereinbarte<br />

Einlage. Er verlangte deshalb von der Rechtsnachfolgerin<br />

der Preussag den Ausgleich des Differenzbetrags und<br />

berief sich dabei unter anderem darauf, die Babcock könne mit<br />

der Vereinbarung im Jahre 2000 nicht wirksam auf Differenzhaftungsansprüche<br />

gegen die Preussag verzichten. Land- und<br />

Oberlandesgericht wiesen die Klage ab.<br />

Die vom Bundesgerichtshof entschiedenen<br />

Rechtsfragen<br />

Der Bundesgerichtshof (BGH) hob in der Revision die Entscheidung<br />

des Oberlandesgerichts Frankfurt (OLG) auf und<br />

verwies den Fall zur weiteren Aufklärung zurück. Dabei nahm<br />

das Gericht zu wichtigen Fragen im Zusammenhang mit der<br />

aktienrechtlichen Differenzhaftung Stellung. – Die Entscheidungen<br />

im Einzelnen:<br />

• Ein gesetzlicher Differenzhaftungsanspruch besteht auch,<br />

wenn der Wert der Sacheinlage zwar den geringsten Ausgabeanspruch<br />

(§ 9 Absatz 1 Aktiengesetz, AktG), aber nicht<br />

das Aufgeld (§ 9 Absatz 2 AktG) deckt.<br />

Diese Frage war deshalb von Bedeutung, weil der Wert der von<br />

der Preussag erbrachten Einlagen nach dem unbestrittenen<br />

Vortrag des Insolvenzverwalters rund 95 Millionen Euro betrug.<br />

Sie deckte damit zwar den Ausgabebetrag der dafür bezogenen<br />

Aktien (von rund 89 Millionen Euro), nicht aber das<br />

Aufgeld (von weiteren rund 120 Millionen Euro).<br />

Mangels eindeutiger Regelung im Gesetz war diese Frage in<br />

der juristischen Fachliteratur umstritten. Sie ist von erheblicher<br />

Bedeutung für die Praxis und zeigt einmal mehr: Die<br />

Vorschriften für die Aufbringung von Kapital sind bei der<br />

Aktiengesellschaft strenger als bei der Gesellschaft mit beschränkter<br />

Haftung (GmbH). Denn bei ihr erstreckt sich die<br />

Differenzhaftung nach herrschender Ansicht nicht auf das Aufgeld.


Recht aktuell<br />

Federal Civil Court on the liability for shortfall under the auspices of the Stock Corporation Act<br />

Shareholders of a public limited company (AG) continue to owe the difference if their contribution in kind does not cover<br />

the lowest amount for which shares are issued (liability for the shortfall). In a recent case the Federal Civil Court has<br />

taken the opportunity to outline in general some of the relevant issues relating to issues of a shortfall of liability under the<br />

regulations governed by the Stock Corporation Act. Some of the key points outlined in the decision:<br />

• An enforceable liability for the shortfall likewise exists if the value of the contribution in kind would cover the lowest<br />

amount for which shares are issued, but not the share premium. The rules for raising capital for an AG are thus more<br />

stringent than those for private limited companies (GmbH).<br />

• A private settlement on the liability for shortfall is possible although an AG is generally not allowed to release its shareholders<br />

from their obligations in connection with a capital increase. The court stated that a settlement is permissible, if<br />

such compromise is reached because of legal uncertainty as regards validity and amount of the claim.<br />

• A settlement on the liability for shortfall is not subject to approval of the shareholders’ meeting.<br />

• The shareholder may not set-off own claims from the AG against his obligation for a contribution towards the AG. Similarly,<br />

this also applies to the AG in a reverse situation. However, the AG may generally release the shareholder from its obligation<br />

if the claims to be off-set are due, liquid and of value. (MH)<br />

• Ein Vergleich über den Differenzhaftungsanspruch ist zulässig.<br />

Diese Frage war ebenfalls strittig. Die Unsicherheit hatte ihren<br />

Grund in § 66 Absatz 1 Satz 1 AktG. Danach ist es der Aktiengesellschaft<br />

verboten, die Aktionäre von ihren im Rahmen<br />

einer Kapitalerhöhung eingegangenen Leistungspflichten zu<br />

befreien. Allgemein war anerkannt, dass dieses Verbot weit<br />

auszulegen ist und sämtliche Rechtsgeschäfte erfasst, die zu<br />

einer Befreiung der Aktionäre von der Einlageleistung führt.<br />

Der BGH hat nun entschieden: § 66 Absatz 1 Satz 1 AktG steht<br />

einem Vergleich nicht entgegen, wenn dieser „wegen tatsächlicher<br />

oder rechtlicher Ungewissheit über den Bestand oder Umfang<br />

des Anspruchs geschlossen wird“. Die Voraussetzungen<br />

lagen nach Auffassung des BGH in dem entschiedenen Fall vor.<br />

Diese Entscheidung ist für die Rechtspraxis sehr wichtig, kann<br />

doch der Vergleich – bei Einhaltung der vom BGH genannten<br />

Voraussetzungen – im Ergebnis dazu führen, dass die Aktionäre<br />

sehr wohl von ihrer Leistungspflicht befreit werden.<br />

• Der Vergleich über den Differenzhaftungsanspruch bedarf<br />

nicht der Zustimmung der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft.<br />

Dies war zum Teil in der Literatur, aber auch von Oberlandesgerichten<br />

anders gesehen worden. Die Entscheidung des BGH<br />

dient der Klarheit. Sie stärkt die Position des Vorstands in einer<br />

Aktiengesellschaft.<br />

• Die Beschränkung der Aufrechnung nach § 66 Absatz 1 Satz<br />

2 AktG für den Differenzhaftungsanspruch gilt für die in<br />

einem Vergleich über diesen Anspruch vereinbarte Forderung<br />

fort.<br />

Neben dem schon genannten Befreiungsverbot enthält § 66<br />

Absatz 1 AktG in seinem Satz 2 auch ein Aufrechnungsverbot.<br />

Das heißt: Der Aktionär darf mit sonstigen Forderungen, die<br />

ihm gegenüber der Aktiengesellschaft zustehen, nicht gegen<br />

eine Forderung der Gesellschaft auf Erbringung der Einlagen<br />

aufrechnen. Dieses Aufrechnungsverbot beschränkt über den<br />

Wortlaut der Vorschrift hinaus auch eine Aufrechnung seitens<br />

der Aktiengesellschaft. Nach allgemeiner Meinung darf die<br />

Aktiengesellschaft die Aktionäre von ihren Leistungspflichten<br />

durch Aufrechnung nur befreien, wenn die Forderungen der<br />

Aktionäre gegen die aufgerechnet werden sollen, vollwertig,<br />

fällig und liquide sind. Der BGH hat in dem genannten Fall entschieden,<br />

dass die in der Vereinbarung aus dem Jahre 2000<br />

enthaltene Verrechnung – trotz des Vergleichs – an diesen<br />

Voraussetzungen zu messen ist. Dies hatte das OLG versäumt,<br />

weswegen der Fall zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts<br />

vom BGH zurückverwiesen wurde.<br />

Fazit<br />

Zwar fällte der BGH in der Sache keine abschließende Entscheidung.<br />

Aber er nahm doch zu einigen wichtigen Fragen im<br />

Zusammenhang mit der aktienrechtlichen Differenzhaftung<br />

Stellung. Die Entscheidung zeigt einmal mehr: Kapitalmaßnahmen<br />

sind bei der Aktiengesellschaft mit höchster Sorgfalt<br />

anzugehen. Anderenfalls können Haftungsrisiken für die Aktionäre<br />

entstehen.<br />

Wenn Sie Fragen haben oder beraten werden möchten, rufen Sie<br />

bitte Ihren Ansprechpartner an oder schicken ihm einfach eine<br />

E-Mail.<br />

steuern+recht Februar/März <strong>2012</strong> 33


Recht aktuell<br />

Dirk Krome<br />

Tel.: +49 711 25034-1530<br />

dirk.krome@de.pwc.com<br />

Fundstelle<br />

BGH, Urteil vom 15. November 2011 (II ZR 149/10)<br />

Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge<br />

im GmbH-Konzern:<br />

neue Rechtsprechung<br />

Für die wirksame Begründung einer ertragsteuerlichen<br />

Organschaft ist unter anderem nach Paragraf<br />

14 Absatz 1 Körperschaftsteuergesetz der Abschluss<br />

eines Ergebnisabführungsvertrags erforderlich.<br />

Gesetzliche Regelungen zum Abschluss, zur Kündigung<br />

und Beendigung eines solchen sind nur im<br />

Aktiengesetz (Paragrafen 291 ff.) zu finden. Im<br />

Wesentlichen werden diese Regelungen im GmbH-Konzern<br />

entsprechend angewandt. Einzelne Aspekte sind<br />

aber nach wie vor umstritten. Der Bundesgerichtshof<br />

traf am 31. Mai 2011 eine wichtige Entscheidung zu<br />

den gesellschaftsrechtlichen Anforderungen bei Kündigung<br />

und Aufhebung eines Ergebnisabführungsvertrags<br />

im GmbH-Konzern. – Über das Urteil und seine<br />

Hintergründe informiert Sie der aktuelle Beitrag.<br />

Aufhebung und Kündigung eines Ergebnisabführungsvertrags<br />

im Aktienrecht<br />

Bei einer Aktiengesellschaft als Untergesellschaft (steuerlich:<br />

Organgesellschaft) enthält das Gesetz für die einvernehmliche<br />

34 <strong>PwC</strong><br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … welche Anforderungen das Gesetz an die Aufhebung<br />

und Kündigung von Ergebnisabführungsverträgen<br />

stellt.<br />

• … zu welchen offenen Fragen der Bundesgerichtshof<br />

Stellung genommen hat.<br />

• … welche Folgen sich aus der Entscheidung<br />

ergeben.<br />

Aufhebung eines Ergebnisabführungsvertrags (EAV) nur<br />

wenige Vorgaben:<br />

• Nach § 296 Absatz 1 Aktiengesetz (AktG) kann der EAV<br />

grundsätzlich nur zum Ende des Geschäftsjahrs aufgehoben<br />

werden.<br />

• Eine rückwirkende Aufhebung ist unzulässig.<br />

• Die Aufhebung bedarf der schriftlichen Form.<br />

Für die Kündigung eines EAV fordert § 297 Absatz 3 AktG<br />

lediglich: Sie hat schriftlich zu erfolgen. Sowohl bei der Kündigung<br />

als auch bei der einvernehmlichen Aufhebung eines EAV<br />

kann ein Sonderbeschluss außenstehender Aktionäre erforderlich<br />

sein. Grundsätzlich gilt aber: Eine Zustimmung der Hauptversammlung<br />

der Untergesellschaft in der Rechtsform der<br />

Aktiengesellschaft ist nicht nötig. Die Aufhebung eines EAV<br />

fällt im AG-Konzern als Maßnahme der Geschäftsführung in<br />

die Zuständigkeit des Vorstands, die – wenn überhaupt – nur<br />

im Innenverhältnis (etwa durch Satzung, Geschäftsordnung<br />

oder Ähnlichem) über eine Zustimmungspflicht des Aufsichtsrats<br />

eingeschränkt sein kann.<br />

Streitfall: Anwendung dieser Grundsätze<br />

im GmbH-Konzern<br />

Die Vorgaben der §§ 296 Absatz 1, 297 Absatz 3 AktG sind im<br />

GmbH-Konzern, also bei einer GmbH als Unter- oder Organgesellschaft,<br />

grundsätzlich entsprechend anzuwenden. Offen war<br />

allerdings, ob auch bei einer GmbH die Aufhebung oder Kündigung<br />

des EAV als Geschäftsführungsmaßnahme anzusehen ist,<br />

die allein in die Zuständigkeit des Geschäftsführers fällt. In der<br />

Literatur fanden sich dazu die unterschiedlichsten Meinungen.<br />

Auch die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte war uneinheitlich.<br />

In der Praxis war es daher vor allem bei einer einvernehmlichen<br />

Aufhebung eines EAV empfehlenswert, mit dem<br />

zuständigen Registergericht abzustimmen, ob neben dem<br />

schriftlichen Aufhebungsvertrag Zustimmungsbeschlüsse der<br />

Gesellschafterversammlungen der beteiligten Rechtsträger vorzulegen<br />

waren. Die Registerpraxis war ebenso uneinheitlich<br />

wie die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte.<br />

Neue Grundsätze nach der Entscheidung<br />

des Bundesgerichtshofs vom 31. Mai 2011<br />

Der Bundesgerichtshof (BGH) schließt sich mit seinem Urteil<br />

vom 31. Mai 2011 der Meinung an, die in der Aufhebung und<br />

Kündigung eines EAV nicht nur einen schuldrechtlichen Vorgang<br />

sieht. Dieser Sicht zufolge ist die Entscheidung über die<br />

Aufhebung oder Kündigung eines EAV ein innergemeinschaftlicher<br />

Organisationsakt, den der Geschäftsführer einer GmbH –<br />

anders als der Vorstand einer AG – nicht eigenmächtig vollziehen<br />

kann. Die Folge: Die Aufhebung oder ordentliche Kündigung<br />

eines EAV bedarf der Zustimmung der Gesellschafterversammlung<br />

der GmbH. Daraus ergibt sich nun ein wesentlicher<br />

Unterschied zum Aktienrecht.


Bitte beachten Sie: Bei dem Fall, welcher der BGH-Entscheidung<br />

zugrunde liegt, ging es gar nicht um die Frage, ob die<br />

Gesellschafterversammlung der Organgesellschaft der erfolgten<br />

EAV-Kündigung zustimmen musste oder nicht. Im Vordergrund<br />

stand vielmehr, ob der beherrschende Mehrheitsgesellschafter<br />

(und Vertragspartner) bei der Beschlussfassung über<br />

die – ordentliche – Kündigung einem Stimmverbot unterlag.<br />

Der BGH lehnt ein solches Stimmverbot unter Verweis auf den<br />

körperschaftlichen Charakter der Entscheidung ab.<br />

Der BGH ließ allerdings auch viele Fragen offen. So wurde<br />

unter anderem nicht entschieden, welcher Form der Zustimmungsbeschluss<br />

der Gesellschafterversammlung bedarf<br />

(notarielle Beurkundung wie beim Abschluss eines EAV oder<br />

privatschriftlich) und ob das Zustimmungserfordernis auch für<br />

die Entscheidung der Obergesellschaft (steuerlich: Organträgerin)<br />

gilt.<br />

Fazit<br />

Das Urteil des BGH führt zu einem wichtigen verfahrensrechtlichen<br />

Unterschied zwischen AG- und GmbH-Konzern bei der<br />

Entscheidung über eine ordentliche Kündigung oder Aufhebung<br />

eines EAV. Bei einer GmbH als Unter- oder Organgesellschaft<br />

kann diese Entscheidung nicht mehr ohne die Gesellschafterversammlung<br />

gefällt werden. Deshalb sind solche<br />

Maßnahmen stets sehr sorgfältig vorzubereiten.<br />

Wenn Sie Fragen haben oder beraten werden möchten, rufen Sie<br />

bitte Ihren Ansprechpartner an oder schicken ihm einfach eine<br />

E-Mail.<br />

Dirk Krome<br />

Tel.: +49 711 25034-1530<br />

dirk.krome@de.pwc.com<br />

Fundstelle<br />

BGH, Urteil vom 31. Mai 2011 (II ZR 109/10)<br />

Keine Einkünfteerzielungsabsicht<br />

bei Verzugszinsen<br />

Fordert ein Schuldner den in Erfüllung einer vermeintlichen<br />

Verpflichtung geleisteten Geldbetrag erfolgreich<br />

zurück, so sind die vom Gläubiger neben der<br />

Rückzahlung geleisteten Verzugszinsen vom Empfänger<br />

dann nicht zu versteuern, wenn ihnen Refinanzierungszinsen<br />

in übersteigender Höhe gegenüberstehen.<br />

Verzugszinsen wie auch Prozesszinsen sind regelmäßig Kapitalerträge<br />

im Sinne von § 20 Absatz 1 Nummer 7 Einkommen-<br />

Recht aktuell<br />

steuergesetz. Diese Steuerbarkeit ist darin begründet, dass zu<br />

den Einkünften aus Kapitalvermögen grundsätzlich alle Vermögensmehrungen<br />

gehören, die bei wirtschaftlicher Betrachtung<br />

Entgelt für eine Kapitalnutzung sind. Unerheblich ist es,<br />

ob der Überlassung von Kapital ein Darlehensvertrag oder ein<br />

anderer Rechtsgrund zugrunde liegt. Verzugszinsen stellen aus<br />

ertragsteuerlicher Sicht keinen Schadensersatz für die Verletzung<br />

privater Güter dar, sondern sind Entgelt für die unfreiwillige<br />

Vorenthaltung des zustehenden Kapitals.<br />

Das Finanzamt hatte die einem Steuerpflichtigen aus einer unberechtigten<br />

Bürgschaftsverpflichtung zustehenden Verzugszinsen<br />

zwar als sonstige Einnahmen steuerlich erfasst, aber die<br />

aufgrund der Bürgschaftszahlung zu leistenden Finanzierungszinsen<br />

mangels Zusammenhang mit den vereinnahmten Zinsen<br />

nicht zum Abzug zugelassen. Der Bundesfinanzhof (BFH)<br />

sah dies anders, mit nachfolgendem Ergebnis: Die vom Bürgen<br />

gezahlten Schuldzinsen sind als Werbungskosten zu berücksichtigen,<br />

denn letztendlich habe sich – so der BFH – seine<br />

wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht erhöht, wenn den<br />

Zinserträgen hohe Zinsaufwendungen gegenüberstünden und<br />

er keinen Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben erzielen<br />

konnte. Die obersten Finanzrichter bejahten aufgrund des<br />

wirtschaftlichen Zusammenhangs der Zinsaufwendungen mit<br />

den Verzugszinsen einen Werbungskostenabzug grundsätzlich:<br />

Bei einer erzwungenen Kapitalüberlassung reicht es zur Begründung<br />

des erforderlichen wirtschaftlichen Zusammenhangs<br />

zwischen der Kreditaufnahme und den späteren<br />

Zinseinnahmen aus, wenn das Darlehen zu dem Zweck aufgenommen<br />

und verwendet worden ist, um die Forderung zu erfüllen.<br />

In derartigen Fällen erfordere die Abzugsfähigkeit keine<br />

besondere subjektive Bestimmung der Schuldzinsen für Zwecke<br />

der Erzielung von Verzugszinsen.<br />

Fundstelle<br />

BFH, Urteil vom 24. Mai 2011 (VIII R 3/09; veröffentlicht am<br />

22. Februar <strong>2012</strong>)<br />

steuern+recht Februar/März <strong>2012</strong> 35


Länder<br />

Länderreport<br />

Litauen<br />

Änderungen des Körperschaftsteuergesetzes<br />

Am 22. November 2011 verabschiedete<br />

der Gesetzgeber die Änderung XI-1716<br />

des Körperschaftsteuergesetzes. Sie trat<br />

am 1. Dezember 2011 in Kraft. Hier für<br />

Sie die wichtigsten neuen Bestimmungen<br />

im Überblick:<br />

• Die Einkommensgrenze für Unternehmen<br />

mit maximal zehn Angestellten,<br />

die in den Genuss des ermäßigten Körperschaftsteuersatzes<br />

von fünf Prozent<br />

kommen, wurde auf eine Million Litauische<br />

Litas (LTL; rund 289.044<br />

Euro) erhöht (zuvor: 500.000 LTL,<br />

also rund 144.522 Euro). Die Änderung<br />

gilt ab dem Steuerjahr <strong>2012</strong>.<br />

• Vergünstigungen bei der Körperschaftsteuer<br />

zur Förderung des Erwerbs von<br />

Gütern des Anlagevermögens im Rahmen<br />

von Investitionsprojekten bleiben<br />

auch dann erhalten, wenn die betreffenden<br />

Wirtschaftsgüter innerhalb von<br />

drei Jahren nach Erwerb auf ein anderes<br />

Unternehmen übergehen. Voraussetzung<br />

ist: Das übernehmende<br />

Unternehmen nutzt die Wirtschaftsgüter<br />

für drei Jahre weiter – beginnend<br />

mit der Nutzung der Wirtschaftsgüter<br />

durch das übertragende Unternehmen.<br />

Diese Änderung gilt ebenfalls ab dem<br />

Steuerjahr 2011.<br />

• Die Liste der Tätigkeiten von Unternehmen,<br />

die in Freihandelszonen tätig<br />

sind und einem begünstigten Körperschaftsteuersatz<br />

unterliegen, wurde<br />

erweitert. Die Begünstigung gilt allerdings<br />

nur für Unternehmen, die körperlich<br />

oder geistig beeinträchtigte<br />

oder anderweitig benachteiligte<br />

36 <strong>PwC</strong><br />

Aktuelles aus<br />

Mittel- und Osteuropa<br />

Arbeitnehmer zu einem Arbeitslohn<br />

beschäftigen, der mindestens 75 Prozent<br />

des Entgelts entspricht, das für<br />

vergleichbare Tätigkeiten gezahlt<br />

wird. Nunmehr finden sich auf der<br />

Liste auch IT-bezogene Beratungs- und<br />

sonstige Dienstleistungen sowie die Instandhaltung<br />

und Wartung von Flugzeugen<br />

und Raumschiffen. Auch diese<br />

Änderung gilt ab dem Steuerjahr<br />

<strong>2012</strong>.<br />

Besteuerung von Zinseinkünften<br />

bei natürlichen Personen<br />

Durch diesen Gesetzentwurf (erstmals<br />

bei der Steuererklärung für <strong>2012</strong> zu berücksichtigen)<br />

werden die nachfolgend<br />

aufgezählten Einkünfte bei natürlichen<br />

Personen zu steuerpflichtigen Einkünften<br />

und bestimmte Befreiungen abgeschafft:<br />

• Zinsen für die Gewährung von Darlehen,<br />

wenn die Tilgung frühestens 366<br />

Tage nach dem Tag der Darlehensgewährung<br />

beginnt<br />

• Dividenden für Wertpapiere, die länger<br />

als 366 Tage gehalten werden<br />

Außerdem wird durch die Änderung die<br />

Befreiung für Zinsen eingeschränkt, die<br />

auf Guthaben bei einer Bank im Europäischen<br />

Wirtschaftsraum gezahlt werden.<br />

Der jährliche Steuerfreibetrag, der auf<br />

Zinsen gewährt wird, wird auf 200 LTL<br />

(rund 57,81 Euro) begrenzt. Zinseinkünfte,<br />

die diesen Betrag überschreiten,<br />

sind ab dem Veranlagungszeitraum <strong>2012</strong><br />

ebenfalls steuerpflichtige Einkünfte.<br />

Kristina Krisciunaite-<br />

Bartuseviciene<br />

Tel.: +370 5 239-2300<br />

EU kompakt<br />

Russland<br />

Lassen sich im Ausland gezahlte<br />

Steuern in Russland abziehen? –<br />

Standpunkt des russischen Finanzministeriums<br />

Das Finanzministerium geht von einer<br />

typischen Konstellation aus: Eine russische<br />

Kapitalgesellschaft eröffnet eine<br />

Repräsentanz in der Ukraine. Die Vertretung<br />

hat eine ausschließlich repräsentative<br />

Funktion inne, wird vollständig<br />

durch die Kapitalgesellschaft finanziert<br />

und leistet Zahlungen an ukrainische<br />

Sozialversicherungsfonds auf die Gehälter<br />

ihrer Arbeitnehmer.<br />

Mit Verweis auf Artikel 2641.1 Steuergesetzbuch<br />

der Russischen Föderation<br />

(SteuerGB RF) entschied das Ministerium<br />

in dem Fall: Pflichtabgaben, die von<br />

einem russischen Unternehmen an Sozialversicherungsfonds<br />

eines ausländischen<br />

Staates gezahlt werden, dürfen in<br />

Russland nicht für ertragsteuerliche<br />

Zwecke abgezogen werden.<br />

Kommentar<br />

Nach Artikel 311 SteuerGB RF („Beseitigung<br />

der Doppelbesteuerung“) muss<br />

Einkommen, das ein russisches Unternehmen<br />

von ausländischen Quellen<br />

erhält, bei der Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage<br />

berücksichtigt<br />

werden. Das Einkommen wird vollständig<br />

versteuert, nachdem in Russland und<br />

im Ausland angefallene Ausgaben abgezogen<br />

wurden. Bei der Berechnung der<br />

Steuerbemessungsgrundlage werden<br />

Kosten, die bei einem russischen Unternehmen<br />

anfallen (in Zusammenhang mit<br />

Einkünften aus ausländischen Quellen),<br />

Weitere interessante Beiträge finden Sie<br />

in der neuen Ausgabe von EU kompakt.<br />

Bestellung<br />

E-Mail:<br />

celina.maciejewski@de.pwc.com


in Höhe des Betrags abgezogen, der in<br />

Kapitel 25 festgesetzt ist.<br />

Nach Artikel 264.1.1 umfassen sonstige<br />

produktions- und verkaufsbezogene Kosten<br />

des Steuerpflichtigen:<br />

• Steuern und Abgaben<br />

• Zölle und Gebühren<br />

• gesetzliche Versicherungsbeiträge an<br />

die russische Rentenversicherung<br />

• gesetzliche Versicherungsbeiträge an<br />

die russische Sozialversicherung für<br />

Fälle von vorübergehender Arbeitsunfähigkeit<br />

oder Mutterschaft<br />

• gesetzliche Versicherungsbeiträge an<br />

die föderale und örtliche Krankenversicherung<br />

Sämtliche Pflichtbeiträge müssen hierbei<br />

entsprechend den russischen Gesetzen<br />

abgeführt werden, mit Ausnahme solcher,<br />

die unter Artikel 270 fallen.<br />

Außerdem ist die Liste der abzugsfähigen<br />

Ausgaben nicht vollständig (Artikel<br />

264.1.49). Steuern und Versicherungsbeiträge,<br />

die nach den Vorschriften ausländischer<br />

Staaten gezahlt werden, sind<br />

nicht in der Liste der nicht abzugsfähigen<br />

Ausgaben enthalten (Artikel 270).<br />

Mithin lässt sich das Gesetz so interpretieren,<br />

dass eine Minderung des steuerpflichtigen<br />

Einkommens um den Betrag<br />

solcher Ausgaben zulässig ist.<br />

Aus der Rechtsprechung sind einige Beispiele<br />

bekannt, in denen Gerichte das<br />

Recht des Steuerpflichtigen zum Abzug<br />

von Ausgaben für die Steuerzahlungen,<br />

die von einer im Ausland befindlichen<br />

Vertretung aus steuerpflichtigem Einkommen<br />

gezahlt wurden, bestätigt<br />

haben. Allerdings müssen Steuerpflichtige<br />

wegen des Fehlens einer einheitlichen<br />

Herangehensweise sowie einheitlicher<br />

gerichtlicher Praxis zu dieser<br />

Frage jeden Einzelfall gesondert prüfen<br />

und ihr Vorgehen für jeden konkreten<br />

Sachverhalt neu und selbst entscheiden.<br />

Tanja Galander<br />

Tel.: +49 30 2636-5483<br />

Daniel Kast<br />

Tel.: +49 30 2636-5252<br />

Stanislav Rogojine<br />

Tel.: +49 30 2636-5207<br />

Aktuell, informativ, interaktiv:<br />

die <strong>PwC</strong>-<strong>Blogs</strong>. – Profitieren Sie<br />

vom Wissen der Experten.<br />

Kommentieren Sie Beiträge.<br />

Tauschen Sie sich untereinander<br />

und mit den Experten von <strong>PwC</strong><br />

aus.<br />

Russland-Blog:<br />

http://blogs.pwc.de/russlandnews<br />

Slowakei<br />

Änderungen des Einkommensteuergesetzes<br />

Am 1. Dezember 2011 verabschiedete<br />

der Nationalrat der Slowakei eine Änderung<br />

des Einkommensteuergesetzes,<br />

welche einige wichtige Änderungen bei<br />

der Besteuerung von natürlichen und<br />

juristischen Personen herbeiführt. Die<br />

Änderung trat am 1. Januar <strong>2012</strong> in<br />

Kraft.<br />

Steuerliche Abschreibung im ersten Jahr<br />

wird nach der Anzahl der Monate, in der<br />

Anlagegüter genutzt wurden, berechnet.<br />

Unternehmer müssen Änderungen bei<br />

der Abschreibung von Wirtschaftsgütern<br />

des Anlagevermögens beachten. Wirtschaftsgüter,<br />

die <strong>2012</strong> angeschafft werden,<br />

unterliegen nur für die Monate, in<br />

denen sie Teil des Betriebsvermögens<br />

waren, der Abschreibung. Dasselbe Prinzip<br />

gilt nunmehr auch für die beschleunigte<br />

Abschreibung. Dementsprechend<br />

gibt es keine Möglichkeit mehr, die<br />

Steuerbemessungsgrundlage gezielt<br />

durch den Erwerb von Eigentum am<br />

Ende der Steuerperiode zu verringern.<br />

Änderungen der Abschreibung im Fall<br />

eines Erwerbs von Wirtschaftsgütern<br />

durch Finanzierungsleasing.<br />

Es gibt ebenfalls Änderungen bei der<br />

Abschreibung von Wirtschaftsgütern, die<br />

im Rahmen von Finanzierungsleasing erworben<br />

wurden. Diese Wirtschaftsgüter<br />

müssen nunmehr wie regulär gekaufte<br />

Wirtschaftsgüter abgeschrieben werden.<br />

Unternehmer verlieren hierdurch die<br />

Möglichkeit, durch Finanzierungsleasing<br />

erworbene Wirtschaftsgüter schneller<br />

abzuschreiben als bei einem Kauf. Falls<br />

ein Unternehmer den Gegenstand des<br />

Finanzierungsleasings vor Ablauf der<br />

vereinbarten Leasinglaufzeit kauft, muss<br />

er seine Steuerbemessungsgrundlage um<br />

den Betrag der bis dahin gezahlten und<br />

abgesetzten Zinsen erhöhen. Erfolgt der<br />

Kauf zu einem Preis, der unter dem tatsächlichen<br />

Rückkaufwert liegt, wird der<br />

Differenzbetrag dem Wirtschaftsgut als<br />

erhöhtes Abschreibungsvolumen zugewiesen.<br />

Dieses kann in den folgenden<br />

Jahren steuerwirksam genutzt werden.<br />

Weitere Änderungen mit Bezug auf<br />

natürliche Personen<br />

Die Gesetzesänderung präzisiert Regelungen,<br />

die seit 2011 für die Besteuerung<br />

von natürlichen Personen mit Bezug auf<br />

Regelungen des Verlustausgleichs bei<br />

sogenanntem „aktiven Einkommen“, wie<br />

zum Beispiel Einkommen aus Geschäftstätigkeit,<br />

gelten. Als Folge wird auch die<br />

Möglichkeit des Abzugs von Verlusten<br />

aus Vermietung und Verpachtung eingeschränkt.<br />

Nach der neuen Regelung kann<br />

ein entsprechender Verlust nur dann geltend<br />

gemacht werden, wenn ein Bezug<br />

zu gewerblicher Tätigkeit oder anderer<br />

selbstständiger Tätigkeiten besteht. Ein<br />

solcher Verlust kann in die folgenden<br />

Jahre vorgetragen werden, allerdings ist<br />

ein Abzug nur bei positiven Einkünften<br />

aus gewerblicher Tätigkeit oder aus anderen<br />

selbstständigen Tätigkeiten möglich.<br />

Tomas Alaxin<br />

Tel.: +421 259 350-664<br />

Länder<br />

steuern+recht Februar/März <strong>2012</strong> 37


Ticker<br />

Steuern & Recht: die Seite für alle Steuerfragen<br />

In allen Phasen des wirtschaftlichen Handelns spielen Steuerfragen eine wichtige<br />

Rolle. Die Quellen des Steuerrechts sind mannigfaltig, international vor allem durch<br />

Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und im Inland durch Verfügungen<br />

der Finanzverwaltung sowie durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geprägt.<br />

Umfassend und aktuell stellt Ihnen <strong>PwC</strong> deshalb die erforderlichen Informationen<br />

online auf der Steuern-&-Recht-Seite in deutscher und englischer Sprache<br />

zur Verfügung. Neben aktuellen Steuernachrichten, Newslettern und Publikationshinweisen<br />

erläutern die Steuerexperten von <strong>PwC</strong> Handlungsspielräume und Gestaltungsmöglichkeiten<br />

für Unternehmen.<br />

Ihr Link zur deutschen Seite<br />

http://tax-news.pwc.de/steuern-und-recht/<br />

Ihr Link zur englischen Seite<br />

http://tax-news.pwc.de/german-tax-and-legal-news/<br />

Statutes<br />

Cases<br />

Decrees<br />

38 <strong>PwC</strong><br />

Tax & Legal News<br />

BFH – kurz und knapp<br />

Einzelabrechnung unverzichtbar<br />

Pauschal gezahlte Zuschläge für Sonntags-,<br />

Feiertags- oder Nachtarbeit sind<br />

nur dann steuerlich begünstigt, wenn sie<br />

als Abschlagszahlungen oder Vorschüsse<br />

auf eine spätere Einzelabrechnung<br />

geleistet werden.<br />

BFH, Urteil vom 8. Dezember 2011<br />

(VI R 18/11)<br />

Unternehmerische Tätigkeit<br />

Nachhaltige und gegen Entgelt erbrachte<br />

Leistungen der öffentlichen Hand unterliegen<br />

der Umsatzsteuer, wenn diese Tätigkeiten<br />

auf zivilrechtlicher Grundlage<br />

oder – im Wettbewerb zu Privaten – auf<br />

öffentlich-rechtlicher Grundlage ausgeführt<br />

werden. Dabei reicht es aus, würde<br />

die Nichtbesteuerung der öffentlichen<br />

Hand zu einer nicht nur unbedeutenden<br />

Wettbewerbsverzerrung führen. Ein Beispiel:<br />

Gestattet eine Gemeinde gegen<br />

Entgelt die Nutzung einer Sport- oder<br />

Freizeithalle, ist sie als Unternehmerin<br />

tätig.<br />

BFH, Urteil vom 10. November<br />

2011 (V R 41/10)<br />

Satzungsmäßige Zwecke<br />

Ist einer Stiftung qua Stiftungsgeschäft<br />

vorgegeben, ihr Einkommen ausschließlich<br />

für eine bestimmte gemeinnützige<br />

Körperschaft zu verwenden, lassen sich<br />

Zahlungen an die Körperschaft nicht als<br />

Spenden abziehen.<br />

BFH, Urteil vom 12. Oktober 2011<br />

(I R 102/10)<br />

Beiträge in Englisch finden Sie in<br />

der neuen Ausgabe von Tax & Legal<br />

News.<br />

Bestellung<br />

E-Mail: manfred.haas@de.pwc.com


Impressum<br />

Herausgeber<br />

PricewaterhouseCoopers AG<br />

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />

Olof-Palme-Straße 35<br />

60439 Frankfurt am Main<br />

www.pwc.de<br />

V. i. S. d. P.<br />

Gabriele Stein<br />

Fax:+49 69 9585-944904<br />

E-Mail: gabriele.stein@de.pwc.com<br />

Redaktion<br />

Gabriele Stein (GS)<br />

Fax:+49 69 9585-944904<br />

E-Mail: gabriele.stein@de.pwc.com<br />

Beatrice Bratzler (BB)<br />

E-Mail: beatrice.bratzler@de.pwc.com<br />

Andrew Miles (AM)<br />

E-Mail: andrew.miles@de.pwc.com<br />

Manfred Haas (MH)<br />

E-Mail: manfred.haas@de.pwc.com<br />

Ihre Adresse hat sich geändert? Bitte informieren Sie<br />

unser Adressmanagement.<br />

Daniel John<br />

Fax:+49 69 9585-930258<br />

E-Mail: daniel.john@de.pwc.com<br />

Gestaltung, Satz<br />

H. J. and friends Werbeagentur GmbH, Frankfurt am Main<br />

Korrektorat<br />

Werkstatt für moderne Sprache, Frankfurt am Main<br />

Druck<br />

Kohlhammer und Wallishauser GmbH, Hechingen<br />

Die Beiträge sind als Hinweise für unsere Mandanten<br />

bestimmt. Für die Lösung einschlägiger Probleme greifen Sie<br />

bitte auf die angegebenen Quellen oder die Unterstützung<br />

unserer für Sie tätigen Büros zurück. Teile dieser Veröffentlichung<br />

dürfen nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung<br />

durch den Herausgeber nachgedruckt oder vervielfältigt<br />

werden. Meinungsbeiträge geben die Auffassung der einzelnen<br />

Autoren wieder. Beiträge ohne Ansprechpartner hat die Tax-<br />

Redaktion verfasst.<br />

Über uns<br />

Unsere Mandanten stehen tagtäglich vor vielfältigen Aufgaben,<br />

möchten neue Ideen umsetzen und suchen Rat. Sie erwarten,<br />

dass wir sie ganzheitlich betreuen und praxisorientierte Lösungen<br />

mit größtmöglichem Nutzen entwickeln. Deshalb setzen<br />

wir für jeden Mandanten, ob Global Player, Familienunternehmen<br />

oder kommunaler Träger, unser gesamtes Potenzial ein:<br />

Erfahrung, Branchenkenntnis, Fachwissen, Qualitätsanspruch,<br />

Innovationskraft und die Ressourcen unseres Expertennetzwerks<br />

in über 158 Ländern. Besonders wichtig ist uns die vertrauensvolle<br />

Zusammenarbeit mit unseren Mandanten, denn je<br />

besser wir sie kennen und verstehen, umso gezielter können<br />

wir sie unterstützen.<br />

<strong>PwC</strong>. 8.900 engagierte Menschen an 28 Standorten.<br />

1,45 Milliarden Euro Gesamtleistung. Führende Wirtschaftsprüfungs-<br />

und Beratungsgesellschaft in Deutschland.<br />

Die PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />

bekennt sich zu den <strong>PwC</strong>-Ethikgrundsätzen<br />

(zugänglich in deutscher Sprache über www.pwc.de/<br />

de/ethikcode) und zu den Zehn Prinzipien des UN Global<br />

Compact (zugänglich in deutscher und englischer Sprache<br />

über www.globalcompact.de).<br />

© Februar/März <strong>2012</strong><br />

PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

„<strong>PwC</strong>“ bezeichnet in diesem Dokument die Pricewaterhouse-<br />

Coopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft,<br />

die eine Mitgliedsgesellschaft der PricewaterhouseCoopers<br />

International Limited (<strong>PwC</strong>IL) ist. Jede der Mitgliedsgesellschaften<br />

der <strong>PwC</strong>IL ist eine rechtlich selbstständige Gesellschaft.<br />

steuern+recht Februar/März <strong>2012</strong> 39


http://tax-news.pwc.de/steuern-und-recht

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!