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Aktuelle Nachrichten für<br />
Expertinnen und Experten<br />
Dezember 2011/<br />
Januar <strong>2012</strong><br />
Alle Jahre wieder<br />
Streit um die Erbschaftsteuer<br />
Sofortiger<br />
Handlungsbedarf<br />
Fortentwicklung des<br />
Umwandlungssteuerrechts<br />
Flug verpasst<br />
Steuerschuld bei Nichterscheinen<br />
Umstrittener<br />
Leistungsort<br />
Umsatzsteuer bei Messeständen<br />
Unerwünschte Folgen<br />
vermeiden<br />
Bilanzierung von Darlehen<br />
http://tax-news.pwc.de/steuern-und-recht<br />
steuern+recht
Inhalt<br />
Steuern aktuell ........................... 4<br />
Titel ............................................ 6<br />
Alle Jahre wieder: Verfassungsstreit um das Erbschaft-<br />
und Schenkungsteuerrecht .............................................. 6<br />
Steuern A bis Z ............................ 10<br />
Betriebsaufspaltung: eingetragene Genossenschaft und<br />
Gesellschaft bürgerlichen Rechts ..................................... 10<br />
Umsatzsteuer: Geschäftsveräußerung im Ganzen trotz<br />
fehlender Veräußerung des Geschäftsgrundstücks .......... 12<br />
Gewerblichkeit eines gewerblich geprägten<br />
Private-Equity-Fonds aus England: Folgen für die<br />
Besteuerung deutscher Investoren ................................... 13<br />
Bilanzierung von Darlehen mit fallenden Zinsen .............. 15<br />
Umsatzsteuer: Ort von Dienstleistungen in Verbindung<br />
mit Messeständen ............................................................ 16<br />
Steuerschuld bei Nichterscheinen auf Flugreisen ............. 19<br />
Umsatzsteuer: Beschränkung des Vorsteuerabzugs bei<br />
teilweiser unternehmerischer Nutzung ............................ 20<br />
Neuer Erlass zur Umwandlungssteuer veröffentlicht ........ 22<br />
Besteuerung von Erstattungszinsen nach Paragraf 233 a<br />
Abgabenordnung: aktuelle Reaktionen ............................ 30<br />
Rückwirkende Absenkung der Beteiligungsgrenze ........... 32<br />
Recht aktuell .............................. 33<br />
Kein Rücktritt vom Aufhebungsvertrag nach Insolvenz<br />
des Arbeitgebers .............................................................. 33<br />
Gesetz zur Erleichterung von Unternehmenssanierungen 33<br />
Gesetz für den Schutz vor überlangen Gerichtsverfahren . 33<br />
Vorschlag der Europäischen Kommission für ein<br />
gemeinsames europäisches Kaufrecht .............................. 34<br />
Besetzung freier Arbeitsplätze mit schwerbehinderten<br />
Menschen ........................................................................ 34<br />
Ausländerrecht: Neues zur Blue Card .............................. 35<br />
Länder ........................................ 36<br />
Ticker ......................................... 38<br />
Impressum ................................. 39<br />
2 <strong>PwC</strong>
Editorial<br />
Prof. Dr. Dieter Endres,<br />
Leiter Steuern und Mitglied<br />
des Vorstands<br />
„Regeln zur Besteuerung von Erbschaften<br />
erneut auf dem Prüfstand“<br />
„Ich bin fest überzeugt, dass sich das Bundesverfassungsgericht<br />
auch mit der neuen Erbschaftsteuer befassen muss –<br />
entweder über eine Richtervorlage oder über Verfassungsbeschwerden<br />
von Steuerpflichtigen“, sagte unlängst der höchste<br />
deutsche Finanzrichter in einem Interview mit dem Handelsblatt.<br />
Die Botschaft Rudolf Mellinghoffs, des Präsidenten des<br />
Bundesfinanzhofs, ist unmissverständlich: Er hält die Erbschaftsteuerreform<br />
schlicht und ergreifend für verfassungswidrig.<br />
Wir erinnern uns: Von Heiligabend des Jahres 2008<br />
datiert das Gesetz zur Reform der Erbschaftsteuer, das seit<br />
dem 1. Januar 2009 das deutsche Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht<br />
neu regelt. Die Haltbarkeit dieses Gesetzes aber<br />
scheint begrenzt zu sein. Denn nur drei Jahre nach seinem<br />
Start stellt sich dem Bundesfinanzhof die Frage: Entspricht das<br />
Gesetz überhaupt der Verfassung, hat der Gesetzgeber möglicherweise<br />
doch nicht alle Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts<br />
von November 2006 umgesetzt? Dabei äußerte der<br />
Bundesfinanzhof schon früh erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit<br />
der neuen Regeln zur Besteuerung von Erbschaften.<br />
Ein Thema hat das hohe Gericht dabei vor allem im<br />
Visier: die erbschaftsteuerliche Verschonung von unternehmerischem<br />
Vermögen und damit die Möglichkeit, durch eine<br />
bloße Wahl der Rechtsform Steuervergünstigungen bei der<br />
Erbschaft- und der Schenkungsteuer zu erreichen. Je nach Gestaltung<br />
muss der Erbe im Gegenzug keine Verpflichtungen für<br />
das Gemeinwohl eingehen, etwa den Erhalt von Arbeitsplätzen,<br />
so die Kritik des Gerichts.<br />
Weshalb das Erbschaftsteuergesetz zum 1. Januar 2009 reformiert<br />
wurde, warum der Bundesfinanzhof auch mit der Neufassung<br />
nicht einverstanden ist und mit welchen möglichen<br />
weiteren Entwicklungen zu rechnen ist, zeigen Ihnen die <strong>PwC</strong>-<br />
Autoren Lothar Siemers und Sabine Gregier in der Titelgeschichte<br />
„Alle Jahre wieder: Verfassungsstreit um das<br />
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht“ ab Seite 6.<br />
Um ein Regelwerk mit ähnlich langer Vorgeschichte geht es<br />
auch in dem Beitrag „Neuer Erlass zur Umwandlungssteuer<br />
veröffentlicht“. Mit Inkrafttreten des Gesetzes über steuerliche<br />
Begleitmaßnahmen zur Einführung der europäischen Gesellschaft<br />
und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften<br />
im Jahre 2006 hat sich das Umwandlungssteuerrecht<br />
grundlegend geändert. Fünf Jahre später soll nun der aktuell<br />
veröffentlichte Umwandlungssteuererlass 2011 alle Zweifel<br />
und offenen Fragen klären, die mit der Fortentwicklung des<br />
deutschen Umwandlungssteuerrechts verbunden waren. Die<br />
Folgen für die Unternehmen sind dabei gravierend. In ihrem<br />
Beitrag greifen die <strong>PwC</strong>-Autoren Stephan Buchholz, Dr. Michael<br />
Haug, Christine Hoffmann, Kerstin Holst und Dr. Dirk<br />
Nitzschke ab Seite 22 einige der wesentlichen Änderungen des<br />
172 Seiten umfassenden Regelwerks auf und erläutern die<br />
Auswirkungen.<br />
Unter welchen Voraussetzungen liegt eigentlich im Falle einer<br />
eingetragenen Genossenschaft, die Rechtsträgerin des Betriebsunternehmens<br />
und zugleich Mehrheitsgesellschafterin<br />
der Besitzpersonengesellschaft ist, die für die Betriebsaufspaltung<br />
erforderliche personelle Verflechtung vor? – Mit dieser<br />
Frage befassten sich zuerst der Bundesfinanzhof und in<br />
der Folge die <strong>PwC</strong>-Autoren Dr. Michael Scheel und Matthias<br />
Reitzenstein. In ihrem Beitrag „Betriebsaufspaltung: eingetragene<br />
Genossenschaft und Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ ab<br />
Seite 10 schildern Ihnen die Autoren, wie das Gericht aktuell<br />
entschied und ob die Grundsätze der Betriebsaufspaltung<br />
damit auch dann gelten, wenn die Gesellschafter des Besitzunternehmens<br />
ohnehin gewerbliche Einkünfte erzielen.<br />
Eine anregende und eine Nutzen bringende Lektüre und einen<br />
guten Start ins neue Jahr wünscht Ihnen<br />
Ihr<br />
Prof. Dr. Dieter Endres<br />
Leiter Steuern und Mitglied des Vorstands<br />
steuern+recht Dezember 2011/Januar <strong>2012</strong> 3
Steuern aktuell<br />
Keine Anwendung der Ein-Prozent-<br />
Regelung bei Fahrten zwischen<br />
Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte<br />
Die Anwendung der Ein-Prozent-Regelung setzt voraus, dass<br />
der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter tatsächlich einen Dienstwagen<br />
zur privaten Nutzung überlassen hat. Nach Ansicht des<br />
Bundesfinanzhofs (BFH) rechtfertigt sich der Ansatz eines<br />
lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteils nur, wenn der Arbeitgeber<br />
dem Arbeitnehmer ausdrücklich erlaubt, den Dienstwagen<br />
privat zu nutzen. Allein die Gestattung der Nutzung<br />
eines betrieblichen Fahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung<br />
und Arbeitsstätte begründe aber noch keine Überlassung zur<br />
privaten Nutzung. Hintergrund: Überlässt der Arbeitgeber dem<br />
Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt einen Dienstwagen<br />
auch zur privaten Nutzung, führt das nach ständiger Rechtsprechung<br />
des BFH zu einem steuerbaren Nutzungsvorteil des<br />
Arbeitnehmers, der als Arbeitslohn zu erfassen ist. Der Vorteil<br />
ist entweder anhand des Fahrtenbuchs zu bewerten oder, wird<br />
ein Fahrtenbuch nicht geführt, nach der Ein-Prozent-Regelung.<br />
Im Streitfall standen dem Kläger, der in einem Autohaus als<br />
Verkäufer tätig ist, Firmenwagen für Probe- und Vorführfahrten<br />
zur Verfügung. Darüber hinaus durfte er diese Autos auch<br />
für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzen.<br />
Ein Fahrtenbuch führte der Kläger nicht. Das Finanzamt ging<br />
deshalb davon aus, die Ein-Prozent-Regelung sei anzuwenden.<br />
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Anders beurteilte<br />
der BFH den Fall und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung<br />
an das Finanzgericht zurück. Richterliche Begründung:<br />
Die Nutzung eines Fahrzeugs für die Fahrten zwischen<br />
Wohnung und Arbeitsstätte sei keine private Nutzung, denn<br />
der Gesetzgeber habe diese Fahrten steuerlich der Erwerbssphäre<br />
zugeordnet. Das Finanzgericht müsse deshalb prüfen,<br />
ob die Fahrzeuge dem Kläger darüber hinaus auch zu privaten<br />
Zwecken überlassen waren.<br />
Teilwertabschreibung auf Aktien<br />
und Investmentanteile<br />
Der Bundesfinanzhof (BFH) präzisierte in zwei Urteilen seine<br />
Rechtsprechung zur Teilwertabschreibung bei börsennotierten<br />
Aktien und stellte erneut klar: Von einer voraussichtlich<br />
dauernden Wertminderung ist dann auszugehen, wenn der<br />
Börsenkurswert zum Bilanzstichtag unter denjenigen zum<br />
Zeitpunkt des Aktienerwerbs gesunken ist. Bilanzierte Wirtschaftsgüter<br />
lassen sich danach nur im Fall einer voraussichtlich<br />
dauernden Wertminderung zulasten des Gewinns auf<br />
ihren niedrigeren Teilwert abschreiben. Von einer voraussichtlich<br />
dauernden Wertminderung ist bei an der Börse gehandelten<br />
Aktien typisierend bereits dann auszugehen, wenn der Kurs<br />
4 <strong>PwC</strong><br />
am Bilanzstichtag unter den Kurs zum Zeitpunkt des Aktienerwerbs<br />
gesunken ist und die Kursdifferenz eine Bagatellgrenze<br />
von fünf Prozent überschreitet. Auf die Kursentwicklung nach<br />
dem Bilanzstichtag kommt es grundsätzlich nicht an (I R<br />
89/10). Ebenso gilt dies für Teilwertabschreibungen auf<br />
Investmentanteile (I R 7/11), wenn das Vermögen des Investmentfonds<br />
überwiegend in an Börsen gehandelten Aktien<br />
angelegt ist (Aktienfonds).<br />
Von dem maßgeblichen Börsenkurs zum Bilanzstichtag ist nur<br />
ausnahmsweise abzurücken, nämlich wenn in Fällen eines<br />
sogenannten Insiderhandels oder aufgrund äußerst geringer<br />
Handelsumsätze konkrete und objektiv nachprüfbare Anhaltspunkte<br />
dafür vorliegen, dass der Börsenkurs nicht den tatsächlichen<br />
Anteilswert wiedergibt. Der BFH weicht mit diesen<br />
Entscheidungen von der Verwaltungspraxis ab, nach der nur<br />
dann von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung<br />
auszugehen ist, wenn der Börsenkurs der Aktien oder der<br />
Rücknahmepreis der Fondsanteile zum jeweiligen Bilanzstichtag<br />
um mehr als 40 Prozent oder an zwei aufeinanderfolgenden<br />
Bilanzstichtagen um jeweils mehr als 25 Prozent unter die<br />
Anschaffungskosten gesunken ist.<br />
Regelmäßige Arbeitsstätte bei<br />
mehreren Tätigkeitsstätten<br />
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat im Juni 2011 seine Rechtsprechung<br />
zur regelmäßigen Arbeitsstätte geändert – ein<br />
Arbeitnehmer kann ab sofort nicht mehr als eine regelmäßige<br />
Arbeitsstätte innehaben – und damit das steuerliche Reisekostenrecht<br />
vereinfacht. Die Finanzverwaltung wendet die Grundsätze<br />
der Urteile in allen noch offenen Fällen an. Das Gericht<br />
begründete seine geänderte Auffassung damit, der ortsgebundene<br />
Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers<br />
könne nur an einem Ort liegen, auch wenn der Arbeitnehmer<br />
fortdauernd und immer wieder verschiedene Betriebsstätten<br />
seines Arbeitgebers aufsuche.<br />
Danach ist die regelmäßige Arbeitsstätte in dem Betrieb, den<br />
der Arbeitnehmer mit einer gewissen Nachhaltigkeit immer<br />
wieder aufsucht. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, welcher<br />
Tätigkeitsstätte der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugeordnet<br />
worden ist, welche Tätigkeit er an den verschiedenen Arbeitsstätten<br />
im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat und<br />
welches konkrete Gewicht dieser Tätigkeit zukommt.<br />
Die Grundsätze des BFH-Urteils gelten laut Bundesfinanzministerium<br />
für alle noch offenen Fälle. In seinem Schreiben<br />
vom 15. Dezember 2011 konkretisiert die Verwaltung den<br />
Begriff der Nachhaltigkeit im Sinne einer sogenannten Prognoseentscheidung.<br />
Von einer regelmäßigen Arbeitsstätte ist<br />
also auszugehen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der
arbeitsvertraglichen Festlegungen einer betrieblichen Einrichtung<br />
des Arbeitgebers dauerhaft zugeordnet ist oder in einer<br />
betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers tätig werden soll.<br />
Diese Tätigkeit kann folgende drei Zeiträume umfassen:<br />
• arbeitstäglich<br />
• je Arbeitswoche einen vollen Arbeitstag<br />
• mindestens 20 Prozent der vereinbarten regelmäßigen<br />
Arbeitszeit<br />
Abweichungen von diesen Grundsätzen müssen anhand des<br />
inhaltlichen Schwerpunkts der beruflichen Tätigkeit nachgewiesen<br />
und glaubhaft gemacht werden.<br />
Kein uneingeschränkter Steuerabzug<br />
bei Pauschalhonorar<br />
Ein einheitliches Pauschalhonorar für mehrere von einem ausländischen<br />
Vergütungsgläubiger zu erbringende Leistungen<br />
kann zu unterschiedlichen Einkünften führen und ist daher für<br />
Zwecke des Steuerabzugs nach § 50 a Absatz 4 Einkommensteuergesetz<br />
aufzuteilen, sofern nicht einer der Leistungen eine<br />
untergeordnete Bedeutung zukommt. Das bedeutet: Unterliegen<br />
Einkünfte im Inland dem Steuerabzug für beschränkt<br />
Steuerpflichtige, ist der Vergütungsschuldner verpflichtet, den<br />
Steuerabzug für Rechnung des ausländischen Vergütungsgläubigers<br />
vorzunehmen und die einbehaltene Steuer abzuführen.<br />
Wird diese Verpflichtung nicht oder nur teilweise erfüllt,<br />
haftet der Vergütungsschuldner unmittelbar dafür. Der Bundesfinanzhof<br />
(BFH) hat anlässlich der Aussetzung der Vollziehung<br />
eines Haftungsbescheids dargelegt, in welchem Umfang<br />
dies erfolgen kann.<br />
Eine deutsche Gesellschaft hatte mit einem in der Schweiz<br />
wohnenden Künstler Verträge über die Erbringung verschiedener<br />
Leistungen abgeschlossen: Darin eingeschlossen war, bei<br />
allen öffentlichen Auftritten, soweit möglich, das Logo der<br />
Gesellschaft zu tragen. Zudem verpflichtete sich der Künstler,<br />
für Werbe-, Verkaufsförderungs- und Öffentlichkeitsmaßnahmen<br />
oder innerbetriebliche Veranstaltungen oder für die<br />
Erstellung von Werbemitteln zur Verfügung zu stehen. Darüber<br />
hinaus räumte er der Gesellschaft das Recht ein, seinen<br />
Namen, sein Bild beziehungsweise seinen Namenszug oder<br />
seine Unterschrift für die Konzeption und Gestaltung neuer<br />
Produkte und Vertriebsunterlagen zu nutzen. Für diese Leistungen<br />
wurde ein jährliches Pauschalhonorar vereinbart.<br />
Nach Auffassung des BFH führten die erwähnten Pauschalvergütungen<br />
für die Werbedienstleistungen und die Rechteeinräumung<br />
zu unterschiedlichen Einkünften im Sinne der<br />
beschränkten Steuerpflicht. Denn auch wenn die Vertragsparteien<br />
von einem einheitlichen Vertragswerk ausgingen,<br />
zwingt das nicht zu einer einheitlichen Qualifizierung der auf<br />
Steuern aktuell<br />
der Grundlage des Vertrags erzielten Einkünfte. Der BFH hielt<br />
die Einzelleistungen nicht für untrennbar miteinander verknüpft.<br />
Selbst wenn, worauf die deutsche Gesellschaft hingewiesen<br />
hatte, die Rechteüberlassung und die aktiven<br />
Werbetätigkeiten einheitlich der Verwertung des positiven<br />
Images des Künstlers dienten, folgt daraus keine Untrennbarkeit<br />
von Werbedienstleistung und Rechteüberlassung.<br />
Die Einnahmen für das Tragen des Logos der deutschen Gesellschaft<br />
oder vergleichbare Verpflichtungen sind Einkünfte aus<br />
Gewerbebetrieb. Diese Einkünfte erfüllen aber keinen die Haftung<br />
auslösenden Steuerabzugstatbestand. Gleiches gilt für die<br />
Verpflichtung zur persönlichen Präsenz des Künstlers bei Maßnahmen<br />
der Gesellschaft für Werbung, Verkaufsförderung und<br />
Öffentlichkeitsarbeit, innerbetrieblichen Veranstaltungen oder<br />
der Erstellung von Werbemitteln. Geht es dagegen um Einkünfte<br />
aus der Einräumung von Namensrechten, Bildrechten oder Ähnlichem<br />
sowie etwaige markenrechtliche Nutzungsrechte zur<br />
Herstellung von Produkten, Vertriebsunterlagen und Werbung,<br />
greift der Steuerabzug. Diese Verpflichtung zum Steuerabzug<br />
kann dann mit Haftungsbescheid geltend gemacht werden.<br />
Bundesfinanzhof erleichtert Nachweis<br />
von Krankheitskosten<br />
Unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung hat der<br />
Bundesfinanzhof (BFH) den Nachweis von Krankheitskosten<br />
als außergewöhnliche Belastung erleichtert. Dazu ist jetzt<br />
nicht mehr ein vor Beginn der Behandlung eingeholtes amtsoder<br />
vertrauensärztliches Gutachten notwendig. Der geeignete<br />
Nachweis kann auch noch später geführt werden. Für die mitunter<br />
schwierige Trennung von echten Krankheitskosten einerseits<br />
und lediglich gesundheitsfördernden Vorbeuge- oder<br />
Folgekosten andererseits forderte der BFH früher regelmäßig<br />
die Vorlage eines zeitlich vor der Leistung von Aufwendungen<br />
erstellten amts- oder vertrauensärztlichen Gutachtens beziehungsweise<br />
eines Attests eines anderen öffentlich-rechtlichen<br />
Trägers, aus dem sich die Krankheit und die medizinische Indikation<br />
der Behandlung zweifelsfrei ergibt. Auch bei Aufwendungen<br />
für Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht eindeutig nur<br />
der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können<br />
und deren medizinische Indikation deshalb schwer zu beurteilen<br />
ist – wie regelmäßig bei Kurmaßnahmen –, verlangte der<br />
BFH diesen Nachweis. Unter Änderung seiner bisherigen<br />
Rechtsprechung hatte das Gericht mit den Urteilen vom<br />
11. November 2010 (VI R 17/09 und VI R 16/09) diese Auffassung<br />
revidiert und entschieden: Um den Nachweis zu<br />
erbringen, muss nicht mehr zwingend ein vor Beginn der<br />
Behandlung eingeholtes amts- oder vertrauensärztliches<br />
Gutachten oder Attest eines öffentlich-rechtlichen Trägers<br />
vorgelegt werden. Das kann vielmehr auch noch später und<br />
durch andere geeignete Beweismittel nachgeholt werden.<br />
steuern+recht Dezember 2011/Januar <strong>2012</strong> 5
Titel<br />
Alle Jahre wieder: Verfassungsstreit um das<br />
Von Heiligabend des Jahres 2008 datiert das Gesetz<br />
zur Reform der Erbschaftsteuer, das seit dem 1. Januar<br />
2009 das deutsche Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht<br />
neu regelt. Es scheint aber ein Gesetz mit<br />
begrenzter Haltbarkeit zu sein. Denn drei Jahre später<br />
stellt sich dem Bundesfinanzhof die Frage, ob das<br />
Gesetz der Verfassung entspricht, da der Gesetzgeber<br />
möglicherweise doch nicht alle Vorgaben der Entscheidung<br />
des Bundesverfassungsgerichts von November<br />
2006 umgesetzt hat. – Warum der Zweite Senat des<br />
Bundesfinanzhofs auch bei der gesetzlichen Neufassung<br />
verfassungsrechtliche Bedenken hat, lesen Sie im<br />
aktuellen Beitrag.<br />
Die Vorgeschichte<br />
Vor rund zehn Jahren legte der Bundesfinanzhof (BFH) dem<br />
Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vor: Verstößt das<br />
Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz in der ab 1996 geltenden<br />
Fassung gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes und<br />
ist somit verfassungswidrig? – Hintergrund der Anfrage: In der<br />
seinerzeitigen Gesetzesfassung waren Verfahren zur Ermittlung<br />
der steuerlichen Bemessungsgrundlagen bei Betriebsvermögen,<br />
nicht börsennotierten Anteilen an Kapitalgesellschaften<br />
sowie bei Grundbesitz vorgesehen, die in aller Regel zu<br />
unter dem Verkehrswert liegenden Steuerwerten führten,<br />
wogegen andere Vermögensarten, etwa Kapitalvermögen, mit<br />
dem Verkehrswert angesetzt wurden. Ende des Jahres 2006<br />
erging dann die lang ersehnte Entscheidung des BVerfG: Sie<br />
erklärte die Regelung für unvereinbar mit dem Grundgesetz,<br />
weil die Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage bei den<br />
unterschiedlichen Vermögensarten bei Anwendung eines<br />
einheitlichen Steuertarifs gleichheitswidrig ausgestaltet sei.<br />
Damit die Steuerpflichtigen gleichmäßig belastet würden, so<br />
das BVerfG, müssten für die Vermögensgegenstände, die der<br />
Erbschaftsteuer unterliegen, Bemessungsgrundlagen gefunden<br />
werden, die deren Werte in ihrer Relation realitätsgerecht<br />
abbildeten. Für die Erbschaft- und Schenkungsteuer bedeute<br />
das: Das Gesetz habe sich bei Bewertungsfragen einheitlich am<br />
gemeinen Wert als dem maßgeblichen Bewertungsziel zu ori-<br />
6 <strong>PwC</strong><br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … weshalb das Erbschaftsteuergesetz zum<br />
1. Januar 2009 reformiert wurde.<br />
• … warum der Bundesfinanzhof auch mit der<br />
reformierten Version nicht einverstanden ist.<br />
• … mit welchen möglichen weiteren Entwicklungen<br />
zu rechnen ist.<br />
entieren. Lägen ausreichende Gemeinwohlgründe vor, könne<br />
der Gesetzgeber – in einem zweiten Schritt – mittels „Verschonungsregelungen“<br />
den Erwerb einzelner Vermögensgegenstände<br />
begünstigen. Dabei müssten die mit Lenkungszielen<br />
sachlich zu begründenden Begünstigungswirkungen jedoch<br />
zielgenau definiert werden und innerhalb des Begünstigungskreises<br />
möglichst gleichmäßig eintreten können.<br />
Die Reform zum 1. Januar 2009<br />
Zwar stellte das BVerfG mit seiner Entscheidung aus dem Jahre<br />
2006 die Verfassungswidrigkeit des seinerzeit geltenden Erbschaftsteuerrechts<br />
fest, jedoch sollte es bis zur gesetzlichen<br />
Neuregelung weiterhin angewandt werden. Als Frist zur Neuregelung<br />
setzte der Gesetzgeber den 31. Dezember 2008. Kurz<br />
vor Ablauf des „Ultimatums“ wurde am 24. Dezember 2008<br />
dann das Gesetz zur Reform der Erbschaftsteuer unterzeichnet.<br />
Mit diesem Gesetz beseitigte der Gesetzgeber die beanstandeten<br />
Bewertungsunterschiede weitestgehend, indem er<br />
sich einheitlich am gemeinen Wert als dem maßgeblichen<br />
Bewertungsziel orientierte. Diesen Aspekt griff der BFH jüngst<br />
auch gar nicht an. Sein am 16. November 2011 veröffentlichter<br />
Beschluss vom 5. Oktober 2011 greift vielmehr den zweiten<br />
Aspekt auf, den das BVerfG ansprach: die Begünstigung des<br />
Erwerbs von „Betriebsvermögen“.<br />
Bundesfinanzhof: Beschluss vom<br />
5. Oktober 2011<br />
Der Zweite Senat des BFH nahm am 5. Oktober einen Streitfall<br />
zum Anlass, Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der erbschaftsteuerlichen<br />
Verschonung von unternehmerischem Vermögen<br />
(§ 19 Absatz 1 in Verbindung mit §§ 13 a und 13 b<br />
Erbschaftsteuergesetz, ErbStG) auszusprechen und aus diesem<br />
Grunde das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zum Verfahrensbeitritt<br />
aufzufordern. Bei diesem Streitfall hatte der<br />
Kläger von seinem 2009 verstorbenen Onkel Kapitalvermögen<br />
in Höhe von 51.266 Euro geerbt.<br />
Zwar geht es dem Kläger in dem zu entscheidenden Fall letztlich<br />
nur darum, dass die erst durch das Gesetz zur Beschleunigung<br />
des Wirtschaftswachstums vom 22. Dezember 2009 mit<br />
Wirkung zum 1. Januar 2010 eingeführte Reduzierung der<br />
Steuersätze in der Steuerklasse II rückwirkend auch auf Erbund<br />
Schenkungsfälle des Jahres 2009 anzuwenden sei. Der<br />
erkennende Senat will sich ausweislich seines Beschlusses<br />
darüber hinaus jedoch auch mit folgender Frage befassen: Sind<br />
die §§ 19 Absatz 1 in Verbindung mit 13 a und 13 b ErbStG
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht<br />
möglicherweise verfassungswidrig, weil es die §§ 13 a und 13<br />
b ErbStG zulassen, Vermögen jeder Art und in jeder Höhe –<br />
ohne dass es auf eine Gemeinwohlverpflichtung oder -bindung<br />
desselben ankommt – durch Erbschaft oder Schenkung ohne<br />
Steuerbelastung zu erwerben, wenn Erblasser oder Schenker<br />
hierzu eine geeignete Gestaltung gewählt hat? Der Zweite<br />
Senat macht in seinem Beschluss seine Bedenken daran fest,<br />
dass nach Auffassung des BVerfG eine Gewährung von Steuerentlastungen<br />
oder gar -befreiungen nur bei Vorliegen gewichtiger<br />
Gründe des Gemeinwohls dem Gleichheitssatz des<br />
Grundgesetzes entspricht – wobei es eine besondere Gemeinwohlbindung<br />
bei unternehmerischem Vermögen grundsätzlich<br />
bejaht. Die derzeit geltenden Regelungen der §§ 13 a und 13 b<br />
ErbStG zur Verschonung unternehmerischen Vermögens<br />
würden jedoch, so der BFH, Gestaltungen zulassen, durch die<br />
Steuerpflichtige – entgegen der gesetzlichen Intention – Verschonungen<br />
für nahezu jedes beliebige Vermögen in Anspruch<br />
nehmen könnten, auch wenn es gar keiner besonderen<br />
Gemeinwohlbindung unterläge.<br />
Eine vom BFH in diesem Zusammenhang kritisierte Gestaltungsmöglichkeit<br />
ist die steuerbegünstigte Übertragung von<br />
Kapitalvermögen mittels einer sogenannten Cash-GmbH. Bei<br />
einer Cash-GmbH profitiert ein Steuerpflichtiger von der Tatsache,<br />
dass Steuervergünstigungen grundsätzlich auch für den<br />
Übergang von Vermögen gewerblich geprägter Personen- oder<br />
Kapitalgesellschaften zu gewähren sind. Bei entsprechender<br />
Gestaltung lässt sich bei der Übertragung auch die Vollverschonung<br />
beantragen, sodass gar keine Steuer fällig wird. Da etwa<br />
Festgeldkonten oder Spareinlagen nach Auffassung der Finanzverwaltung<br />
kein Verwaltungsvermögen sind, ist auch das Einhalten<br />
der sogenannten Verwaltungsvermögensquote in diesen<br />
Fällen unproblematisch.<br />
Zusätzlich weist der BFH in seinem Beschluss auf Gestaltungen<br />
hin, die verhindern sollen, dass die für die Gewährung der<br />
Steuervergünstigungen erforderliche Aufrechterhaltung der<br />
Lohnsumme des übertragenen Betriebs zum Zuge kommt –<br />
zum Beispiel durch Nutzung einer Regelung, nach der auf<br />
einen Betrieb mit nicht mehr als 20 Beschäftigten die Entwicklung<br />
der Lohnsumme für die Begünstigung keine Rolle spielt.<br />
Im Ergebnis – so der BFH – habe sich die verfassungsrechtliche<br />
Problematik, die Belastung mit Erbschaft- oder Schenkungsteuer<br />
auf Vermögen, das nicht der besonderen Gemeinwohlbindung<br />
unterliegt, durch Schaffung gewillkürten Betriebsvermögens<br />
und weitere Gestaltungen zu vermindern, gegenüber<br />
der alten Rechtslage sogar verschärft. Statt der bis 2008<br />
geltenden 65-prozentigen Freistellung des begünstigten<br />
Betriebsvermögens werde dieses nunmehr zu 85 oder sogar<br />
100 Prozent verschont.<br />
Titel<br />
Der BFH hat das BMF nun zum Verfahrensbeitritt aufgefordert.<br />
Er bat das Ministerium um Mitteilung, ob – und wenn ja, welche<br />
– praktischen Erfahrungen mit den vom Senat angesprochenen<br />
Gestaltungsmöglichkeiten vorlägen. Überdies kündigte<br />
der Senat an, bei Annahme eines Verstoßes gegen das Grundgesetz<br />
werde er das Verfahren aussetzen und eine Entscheidung<br />
des BVerfG einholen.<br />
Der weitere Fortgang des Verfahrens<br />
Angesichts der auf diversen Veranstaltungen durch Richter des<br />
BFH geäußerten erheblichen Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit<br />
des neuen ErbStG – zuletzt auch durch den neuen<br />
Präsidenten Rudolf Mellinghoff – sind die Ausführungen des<br />
Zweitens Senats im Ergebnis keine Überraschung.<br />
Überraschend ist jedoch der Anlass: Der BFH wählt schließlich<br />
einen Fall, in dem es gar nicht um die Übertragung von Betriebsvermögen<br />
oder um eine der von ihm dargestellten Gestaltungen<br />
zur Erlangung einer Verschonung durch Umwandlung<br />
von Privat- in Betriebsvermögen geht, sondern einen Erbfall, in<br />
dem über die Höhe des Steuersatzes gestritten wird. Jedoch<br />
schlägt der Senat über die Tarifvorschrift des § 19 Absatz 1<br />
ErbStG mühelos die Brücke zu den Verschonungsregelungen<br />
der §§ 13 a und 13 b ErbStG. Das lässt zum einen vermuten,<br />
dass der erkennende Senat eine Versagung der Verschonung in<br />
den von ihm dargestellten Gestaltungen über § 42 Abgabenordnung<br />
(rechtsmissbräuchliche Gestaltung) als eher unmöglich<br />
ansieht. Zum anderen scheint er den ersten Fall, in dem er<br />
einen Anknüpfungspunkt hatte, zum Anlass genommen zu<br />
haben, die allseits erwarteten Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit<br />
zu formulieren. – Das wiederum lässt den Schluss zu:<br />
Eine Vorlage des BFH an das BVerfG ist ziemlich wahrscheinlich.<br />
Die Entscheidungsmöglichkeiten des<br />
Bundesverfassungsgerichts<br />
Drei Entscheidungen des BVerfG sind in dem Fall möglich:<br />
• Es befindet das ErbStG als verfassungsgemäß.<br />
• Es erklärt das Gesetz – wie schon 2006 – als mit dem Grundgesetz<br />
unvereinbar und gibt dem Gesetzgeber eine erneute<br />
Frist, um die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes herzustellen.<br />
• Es erklärt die beanstandeten Vorschriften des Gesetzes für<br />
nichtig – und kippt damit das ErbStG als Ganzes, und zwar<br />
rückwirkend auf den 1. Januar 2009.<br />
steuern+recht Dezember 2011/Januar <strong>2012</strong> 7
Titel<br />
Im Gespräch mit Lothar Siemers, Rechtsanwalt und Steuerberater,<br />
Partner und Leiter des Servicebereichs Private Client Solutions bei <strong>PwC</strong><br />
Herr Siemers, sicherlich wird<br />
einige Zeit verstreichen, bis die<br />
endgültige Entscheidung des BFH<br />
vorliegt und erst recht ein mögliches<br />
Urteil des BVerfG – beim<br />
letzten Mal hat es schließlich mehr<br />
als fünf Jahre gedauert. Deshalb<br />
stellt sich die Frage: Wie sollten<br />
Betroffene in der Schwebezeit verfahren?<br />
– Was raten Sie Ihren<br />
Lothar Siemers<br />
Mandanten bei Erbfällen und<br />
Schenkungen seit dem 1. Januar<br />
2009?<br />
Lothar Siemers: Unsere Mandanten sollten noch nicht<br />
bestandskräftige Erbschaft- und Schenkungsteuerbescheide<br />
verfahrensrechtlich offenhalten, etwa mittels eines Einspruchs<br />
gegen den Bescheid oder durch einen entsprechenden<br />
Änderungsantrag bei Bescheiden, die unter dem<br />
Vorbehalt der Nachprüfung stehen. Gleichzeitig sollten<br />
sie das Ruhen des Verfahrens bis zu einer gerichtlichen<br />
Entscheidung beantragen. Mit Blick auf das Nachversteuerungsrisiko<br />
im Falle einer Verletzung der Lohnsummenklausel<br />
oder der Behaltensfrist gilt das auch für Bescheide,<br />
in denen die Verschonung betrieblichen Vermögens zu<br />
85 oder gar zu 100 Prozent gewährt wurde.<br />
Und was sollten Steuerpflichtige unternehmen, wenn die<br />
Bescheide bereits bestandskräftig sind?<br />
Lothar Siemers: Bei bestandskräftigen Bescheiden eröffnet<br />
sich eine Möglichkeit der Anfechtung nur dann, wenn<br />
der Bescheid wegen Verletzung der Voraussetzungen der<br />
Vorschriften zur Begünstigung betrieblichen Vermögens<br />
(Behaltensfrist, Lohnsummenklausel) später einmal geändert<br />
wird. Gegen diesen Änderungsbescheid lässt sich dann<br />
wieder Einspruch einlegen.<br />
Dass das BVerfG bei der verfassungsrechtlichen Prüfung von<br />
Steuergesetzen ein komplettes Gesetz für nichtig erklärt, geschieht<br />
sehr selten. Allerdings ist so etwas schon vorgekommen.<br />
Eher wahrscheinlich ist die zweite Variante: Dann muss<br />
der Gesetzgeber entscheiden, ob er erneut einen Versuch wagt,<br />
das Gesetz zu „reparieren“, oder die Erbschaft- und Schenkungsteuer<br />
– wie bereits die Vermögensteuer zum 31. Dezember<br />
1996 – sang- und klanglos auslaufen lässt. Da die Frage der<br />
Erhebung von Erbschaft- und Schenkungsteuer – trotz fiskalisch<br />
eher geringer Relevanz – in der deutschen Bevölkerung<br />
erhebliche Emotionen weckt, ist Letzteres recht unwahrscheinlich.<br />
Selbstverständlich ist es auch nicht auszuschließen, dass<br />
8 <strong>PwC</strong><br />
Worauf muss jemand achten, der jetzt Schenkungen vornimmt?<br />
Lothar Siemers: Für noch anstehende Schenkungen ist<br />
durch entsprechende vertragliche Klauseln sicherzustellen,<br />
dass die Schenkung gegebenenfalls rückabgewickelt werden<br />
kann, zum Beispiel wenn für die Schenkung – wider<br />
Erwarten – die Begünstigungen der §§ 13 a und 13 b<br />
ErbStG versagt werden und wegfallen, aber auch wenn die<br />
Erbschaft- und Schenkungsteuer später wegfällt.<br />
In seinem Beschluss hat der BFH ja einige seines Erachtens<br />
nicht mit dem Sinn und Zwecks des Gesetzes zu vereinbarende<br />
Gestaltungen aufgezeigt. Hat der Beschluss Konsequenzen<br />
für solche Gestaltungen?<br />
Lothar Siemers: Die seitens des BFH angesprochenen<br />
Gestaltungen zur Erlangung der Verschonung nach den<br />
§§ 13 a und 13 b ErbStG sind – in den Grenzen des § 42 der<br />
Abgabenordnung – meines Erachtens in geeigneten Fällen<br />
weiterhin möglich. Die Ausführungen des BFH müssen<br />
wohl so verstanden werden, dass er keine Möglichkeit sieht,<br />
den Verschonungsabschlag bei diesen Konstellationen zu<br />
versagen.<br />
Sollten Betroffene nun schnell handeln?<br />
Lothar Siemers: Da der Gesetzgeber in Reaktion auf den<br />
Beschluss des BFH oder im Falle eines Regierungswechsels<br />
selbst die Initiative ergreifen könnte, sollte bei Schenkungen<br />
oder in Fällen vorweggenommener Erbfolge, die sowieso<br />
bereits anstehen, nicht zu lange mit der Umsetzung<br />
gewartet werden. Es ist nicht davon auszugehen, dass neue<br />
Regelungen im ErbStG günstiger für die Steuerpflichtigen<br />
ausfallen werden. Da sich jedoch auch die komplette Abschaffung<br />
der Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht gänzlich<br />
ausschließen lässt, sollten die Verträge – wie bereits<br />
angesprochen – die entsprechenden Widerrufsklauseln enthalten.<br />
der Gesetzgeber initiativ tätig wird und von sich aus das<br />
ErbStG ändert.<br />
Blick über die Grenze: Österreich<br />
Der österreichische Verfassungsgerichtshof entschied am<br />
7. März 2007: Die Regelungen im österreichischen Erbschaftsteuerrecht,<br />
durch die Erwerbe von Todes wegen der Erbschaftsteuer<br />
unterworfen werden, sind aufzuheben. Wie in<br />
Deutschland war der Streit seinerzeit an einer Bewertungsfrage<br />
entbrannt. So wurde für Grundvermögen als Bemessungsgrundlage<br />
der dreifache Einheitswert herangezogen,
wobei die letzte Feststellung Anfang der 70er-Jahre stattgefunden<br />
hatte, sodass die Wertentwicklung von Grundstücken<br />
aktuell nicht angemessen widergespiegelt wurde. Mit Ablauf<br />
des 31. Juli 2007 trat diese Vorschrift außer Kraft. Der österreichische<br />
Gesetzgeber hat keine gesetzliche Neuregelung innerhalb<br />
dieser Frist vorgelegt, weshalb die Erbschaftsteuer in<br />
Österreich ausgelaufen ist.<br />
Blick über die Grenze: Schweiz<br />
Derzeit befreien die kantonalen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetze<br />
Schenkungen und Erbschaften weitgehend von<br />
der Besteuerung. Nach einer im August 2011 lancierten eidgenössischen<br />
Verfassungsinitiative sollen diese kantonalen<br />
Gesetze durch eine neue 20-prozentige Erbschaft- und Schenkungsteuer<br />
auf Bundesebene ersetzt werden. Diese Steuer soll<br />
auf sämtliche Schenkungen und Nachlässe von Personen mit<br />
Wohnsitz in der Schweiz sowie in der Schweiz eröffnete Nachlässe<br />
erhoben werden. Ausnahmen sind geplant für:<br />
• Schenkungen und Nachlässe an Ehegatten und registrierte<br />
Partner<br />
• Schenkungen und Nachlässe, die insgesamt zwei Millionen<br />
Schweizer Franken nicht überschreiten<br />
• Schenkungen und Nachlässe an steuerbefreite juristische<br />
Personen<br />
• jährliche Schenkungen von maximal 20.000 Schweizer Franken<br />
pro beschenkte Person<br />
Außerdem sollen für die Übertragung von Unternehmen und<br />
landwirtschaftlichen Betrieben ein reduzierter Steuersatz<br />
sowie zusätzliche Freibeträge angewandt werden.<br />
Titel<br />
Wird diese Initiative vom Volk und der Mehrheit der Kantone<br />
angenommen, sollen unabhängig vom Inkrafttreten – was<br />
wohl erst zum 1. Januar 2015 oder sogar 1. Januar 2016 sein<br />
dürfte – schon Schenkungen ab dem 1. Januar <strong>2012</strong> dem steuerbaren<br />
Nachlass hinzugerechnet werden.<br />
Sie haben Fragen oder möchten beraten werden? Bitte rufen Sie<br />
Ihre Ansprechpartner an oder schicken ihnen einfach eine E-Mail.<br />
Lothar Siemers<br />
Tel.: +49 211 981-2757<br />
lothar.siemers@de.pwc.com<br />
Sabine Gregier<br />
Tel.: +49 211 981-7394<br />
sabine.gregier@de.pwc.com<br />
Tax changes for <strong>2012</strong><br />
The act transposing the EU mutual assistance directive on tax collection introduces a number of routine statutory changes<br />
and thus serves as an annual tax act.<br />
The requirement to transpose the EU Council directive on mutual assistance in the recovery of tax and duty claims has<br />
given the government the opportunity of enacting a number of other changes, mostly of a technical, or routine, nature.<br />
The most important are:<br />
• Income flowing to individuals changing their private retirement pension insurance arrangements has been declared<br />
tax-free as far as it is manifested in the transfer of assets from one insurer to another.<br />
• The application of the provision to curb the misuse of double tax treaties (“treaty shopping”) by denying treaty (or EU<br />
directive) relief to foreign companies held by shareholders who would not have been entitled to relief had they received<br />
the income from Germany directly has been revised. Henceforth, a foreign company loses its relief entitlement to the<br />
extent it is disqualified by its shareholders and in so far as its gross earnings do not stem from its own active business<br />
activity, and, either with respect to the “passive” earnings there is no business or other good reason for its interposition,<br />
or it lacks suitable premises and equipment for its business activities.<br />
• The corporate recovery exemption from the loss relief curtailment provisions on change of shareholders has been<br />
suspended following the European Commission’s decision that the exemption constitutes state aid. This suspension has<br />
now been given a statutory basis. It will last until either the ECJ quashes the Commission’s decision, or the Commission<br />
withdraws it of its own accord. Once the suspension is lifted, the exemption will apply to all open cases.<br />
• The VAT Act has been amended in respect of trade fair or exhibition services provided in Germany in respect of events to<br />
be held in non-member states of the EU/EEA. Performance is now deemed to be in the country where the event is held.<br />
• The withholding tax provisions on employee wages have been refined and extended in respect of the tax authority<br />
digitization of the system. (Source: Tax & Legal News; http://tax-news.pwc.de/german-tax-and-legal-news/)<br />
steuern+recht Dezember 2011/Januar <strong>2012</strong> 9
Steuern A bis Z<br />
Betriebsaufspaltung: eingetragene<br />
Genossenschaft und Gesellschaft<br />
bürgerlichen Rechts<br />
In seinem Urteil vom 8. September 2011 beantwortete<br />
der Bundesfinanzhof folgende Fragen: Unter welchen<br />
Voraussetzungen liegt im Falle einer eingetragenen<br />
Genossenschaft, die Rechtsträgerin des Betriebsunternehmens<br />
und zugleich Mehrheitsgesellschafterin der<br />
Besitzpersonengesellschaft ist, die für die Betriebsaufspaltung<br />
erforderliche personelle Verflechtung vor?<br />
Gelten Grundsätze der Betriebsaufspaltung auch<br />
dann, wenn die Gesellschafter des Besitzunternehmens<br />
ohnehin gewerbliche Einkünfte erzielen? – Wie<br />
das Gericht entschied und wie es seine Entscheidung<br />
begründete, fasst der folgende Beitrag für Sie zusammen.<br />
Sachverhalt<br />
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin<br />
einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Im<br />
Dezember 1996 wurde diese GbR von einer eingetragenen<br />
Genossenschaft (eG) und der X-GmbH gegründet. Die eG war<br />
zu 99 Prozent und die X-GmbH zu einem Prozent am Kapital<br />
der GbR beteiligt. Außerdem war die eG alleinige Gesellschafterin<br />
der X-GmbH.<br />
Im Dezember 1996 verkaufte die eG der GbR ein Grundstück,<br />
auf dem sich das Gebäude der Hauptstelle der eG befand. Anschließend<br />
vermietete die GbR das Grundstück mit Wirkung<br />
zum 1. Januar 1997 an die eG. Die alleinige Geschäftsführungs-<br />
und Vertretungsbefugnis lag nach dem Gesellschaftsvertrag<br />
der GbR bei der X-GmbH. Für den Abschluss und die<br />
Beendigung von Mietverträgen über das Grundstück und die<br />
Teile des Grundstücks war jedoch eine gemeinsame Geschäftsführungs-<br />
und Vertretungsbefugnis seitens der X-GmbH und<br />
der eG vereinbart. Diesbezüglich wurde im Gesellschaftervertrag<br />
eine Beschlussfassung mit einfacher Stimmenmehrheit<br />
festgeschrieben.<br />
Für die Streitjahre 1996 und 1997 erklärte die GbR Einkünfte<br />
aus Vermietung und Verpachtung aus der Überlassung des<br />
10 <strong>PwC</strong><br />
Wichtige Änderungen<br />
in Recht und Gesetz<br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … wann die Vermietung von Wirtschaftsgütern an<br />
ein anderes Unternehmen zu einer Tätigkeit wird,<br />
die über eine reine Vermögensverwaltung hinausgeht.<br />
• … unter welchen Umständen eine personelle<br />
Verflechtung vorliegt.<br />
• … wie der Bundesfinanzhof die Einkünfte bei<br />
Personengesellschaften qualifiziert.<br />
Grundstücks an die eG. Der Beklagte und Revisionsbeklagte<br />
(das Finanzamt) stellte jedoch für die Streitjahre 1996 und<br />
1997 für die GbR Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest. Das<br />
Finanzamt war letztlich der Ansicht, eine Betriebsaufspaltung<br />
liege vor.<br />
Auch das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) bestätigte<br />
die Auffassung des Finanzamts: Nach der Auffassung des FG<br />
handelt es sich bei der vorliegenden Konstellation um einen<br />
Sonderfall der Betriebsaufspaltung, bei der – abweichend von<br />
der typischen Betriebsaufspaltung – das Besitzunternehmen<br />
(GbR) vom Betriebsunternehmen (eG) beherrscht wird.<br />
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen<br />
Rechts. Die Klägerin führt aus: Auf Ebene der GbR sei keine<br />
Umqualifikation der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung<br />
in gewerbliche Einkünfte nötig, da ihre Gesellschafter<br />
(die eG und die X-GmbH) bereits kraft Rechtsform gewerbliche<br />
Einkünfte erzielten. In vorliegenden Fall seien vielmehr die für<br />
die Zebragesellschaft entwickelten Grundsätze anzuwenden,<br />
das heißt: Die GbR vermittelt ihren Gesellschaftern Einkünfte<br />
aus Vermietung und Verpachtung, die dann auf Ebene der<br />
Gesellschafter erst in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert<br />
werden.<br />
Entscheidung<br />
steuern+recht aktuell<br />
Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Revision als unbegründet<br />
zurück. Das FG hat nach seiner Ansicht zu Recht entschieden,<br />
die GbR habe in den Streitjahren wegen einer Betriebsaufspaltung<br />
zur eG gewerbliche Einkünfte erzielt.<br />
Weitere interessante Beiträge finden<br />
Sie in der neuen Ausgabe von<br />
steuern+recht aktuell.<br />
Bestellung<br />
E-Mail: manfred.haas@de.pwc.com
Die Vermietung von Wirtschaftsgütern an ein anderes Unternehmen<br />
wird nach ständiger Rechtsprechung des BFH dann zu<br />
einer über eine reine Vermögensverwaltung hinausgehenden<br />
gewerblichen Tätigkeit, wenn das vermietende Besitzunternehmen<br />
mit dem mietenden Betriebsunternehmen sachlich und<br />
personell verflochten ist. Eine sachliche Verflechtung liegt vor,<br />
wenn ein Unternehmen eine wesentliche Betriebsgrundlage an<br />
ein gewerbliches Unternehmen überlässt. Der Streitfall unterscheidet<br />
sich von der typischen Betriebsaufspaltung insoweit,<br />
als das Besitzunternehmen in der Form einer GbR gegründet<br />
wurde, die eG als Betriebsgesellschaft selbst die Mehrheit der<br />
Anteile an dem Besitzunternehmen hält und die Gesellschafter<br />
der GbR darüber hinaus nicht an der eG beteiligt waren.<br />
Das Vorliegen der sachlichen Verflechtung war im Streitfall<br />
unstrittig, weil das von der GbR (Besitzunternehmen) vermietete<br />
Grundstück zweifelsfrei zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen<br />
der eG (Rechtsträgerin des Betriebsunternehmens)<br />
gehört.<br />
Umstritten dagegen war das Vorliegen der personellen Verflechtung.<br />
Eine personelle Verflechtung liegt nach der höchstrichterlichen<br />
Finanzrechtsprechung dann vor, wenn eine<br />
Person oder eine Personengruppe beide Unternehmen in der<br />
Weise beherrscht, dass sie in der Lage ist, in beiden Unternehmen<br />
einen einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillen<br />
durchzusetzen. Mithin war strittig, ob die eG auch die GbR beherrschen<br />
kann. Zur personellen Verflechtung führte der BFH<br />
aus: Die Beteiligung am Besitzunternehmen über die hundertprozentige<br />
Tochterkapitalgesellschaft – im Streitfall die X-<br />
GmbH – könne keine personelle Verflechtung zwischen Besitzund<br />
Betriebsunternehmen begründen. Die Kapitalgesellschaft<br />
entfalte insoweit Abschirmwirkung und führe daher zu einem<br />
Durchgriffsverbot auf die an ihr beteiligten Personen. Die X-<br />
GmbH werde somit zum sogenannten Nur-Besitzgesellschafter.<br />
Allerdings könne die eG als Rechtsträgerin des Betriebsunternehmens<br />
und zugleich als Mehrheitsgesellschafterin der<br />
Besitzpersonengesellschaft ihren geschäftlichen Betätigungswillen<br />
in beiden Unternehmen einheitlich durchsetzen, da<br />
nach dem Gesellschaftsvertrag der GbR (als Besitzpersonengesellschaft)<br />
für den Abschluss und die Beendigung der Mietverträge<br />
die Gesellschafter nur gemeinsam geschäftsführungsund<br />
vertretungsbefugt sind und die Beschlussfassung mit einfacher<br />
Stimmenmehrheit nach Anteilen am Kapital erfolgt. –<br />
Anders ausgedrückt: Als Rechtsträgerin des Betriebsunternehmens<br />
trifft die eG alle geschäftlichen Entscheidungen für das<br />
Betriebsunternehmen. Als Mehrheitsgesellschafterin kann die<br />
eG zugleich in der GbR als Besitzpersonengesellschaft mit ihrer<br />
Stimmrechtsmacht die Beschlüsse herbeiführen, um den Abschluss<br />
der Miet- oder Pachtverträge mit ihr als Rechtsträgerin<br />
des Betriebsunternehmens zu bewirken oder deren einseitige<br />
Beendigung durch Kündigung seitens der Besitzpersonengesellschaft<br />
gegen ihren Willen zu verhindern.<br />
Steuern A bis Z<br />
Der BFH betont zudem für den vorliegenden Sachverhalt: Für<br />
das Vorliegen einer personellen Verflechtung sei es unschädlich,<br />
wenn sich die gemeinsame Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis<br />
nur auf Abschluss und Beendigung der<br />
Verträge zur Überlassung der Nutzung bezieht und der Nur-<br />
Besitzgesellschafter – hier die X-GmbH – bei der laufenden<br />
Verwaltung allein geschäftsführungs- und vertretungsbefugt<br />
ist. Der Grundsatz, nach dem die an beiden Unternehmen beteiligte<br />
Person ihren geschäftlichen Betätigungswillen in der<br />
Besitzpersonengesellschaft auch im Hinblick auf die laufende<br />
Verwaltung der Nutzungsüberlassung durchsetzen können<br />
muss, sei gewahrt, da der Mehrheitsgesellschafter der Besitzpersonengesellschaft<br />
personenidentisch mit dem Rechtsträger<br />
des Betriebsunternehmens ist. Denn die eG könne dann in<br />
ihrer Eigenschaft als Rechtsträger des Betriebsunternehmens<br />
verhindern, dass der Nur-Besitzgesellschafter innerhalb der<br />
laufenden Verwaltung der Nutzungsüberlassung nachteilige<br />
Vertragsänderungen vornimmt.<br />
Besonders wichtig ist zudem die vom BFH vorgetragene Argumentation<br />
in Bezug auf die Einkünftequalifikation bei Personengesellschaften:<br />
Danach wird die Art der Einkünfte der<br />
Gesellschafter einer Personengesellschaft regelmäßig durch<br />
die Tätigkeit der Gesellschaft selbst bestimmt. Die personelle<br />
und sachliche Verflechtung zwischen Betriebs- und Besitzunternehmen<br />
führen nun dazu, dass sich die Vermietungs- und<br />
Verpachtungstätigkeit der Besitzgesellschaft als Teilnahme am<br />
allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Mit anderen<br />
Worten: Die Vermietung von Wirtschaftsgütern an ein anderes<br />
(verflochtenes) Unternehmen wird dann zu einer gewerblichen<br />
Tätigkeit. Mit Sicht auf den vorliegenden Streitfall führt<br />
der BFH aus: Die eG habe die Möglichkeit, das Vermögen und<br />
die Ertragskraft beider Unternehmen zu koordinieren und so<br />
zu instrumentalisieren, dass sie zur Verwirklichung eines einheitlichen<br />
Zwecks eingesetzt werden. Nach den Ausführungen<br />
des BFH ist das der eigentliche Rechtfertigungsgrund für die<br />
Umqualifizierung der vermögensverwaltenden Betätigung des<br />
Besitzunternehmens in eine gewerbliche Tätigkeit.<br />
Nach dieser Definition ist die GbR als Besitzunternehmen nach<br />
dem Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung gewerblich tätig,<br />
erzielt mithin gewerbliche Einkünfte und ist somit ein eigenständiges<br />
Gewerbesteuersubjekt. Das gilt unabhängig davon,<br />
ob die an der Besitzpersonengesellschaft beteiligten Personen<br />
bereits kraft ihrer Rechtsform gewerbliche Einkünfte erzielen,<br />
denn die Wirkungen einer Betriebsaufspaltung gehen über die<br />
bloße Umqualifizierung der Einkünfte hinaus.<br />
Haben Sie Fragen oder sind Sie an Details interessiert? – Dann<br />
rufen Sie bitte Ihre Ansprechpartner an oder senden ihnen einfach<br />
eine E-Mail.<br />
steuern+recht Dezember 2011/Januar <strong>2012</strong> 11
Steuern A bis Z<br />
12 <strong>PwC</strong><br />
Dr. Michael Scheel<br />
Tel.: +49 69 9585-3911<br />
michael.scheel@de.pwc.com<br />
Matthias Reitzenstein<br />
Tel.: +49 69 9585-2037<br />
matthias.reitzenstein@de.pwc.com<br />
Fundstellen<br />
• BFH, Beschluss vom 8. September 2011 (IV R 44/07)<br />
• FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Juni 2007 (15 K<br />
3201/04 B)<br />
Umsatzsteuer: Geschäftsveräußerung<br />
im Ganzen trotz fehlender Veräußerung<br />
des Geschäftsgrundstücks<br />
Am 10. November 2011 entschied der Europäische<br />
Gerichtshofs in Sachen Christel Schriever. Es ging im<br />
Wesentlichen um folgende Frage: Kann eine nicht steuerbare<br />
Geschäftsveräußerung im Ganzen hinsichtlich<br />
eines Einzelhandelsbetriebs vorliegen, wenn das<br />
Ladenlokal lediglich vermietet wird? – Was das hohe<br />
Gericht mit welcher Begründung entschied, fasst der<br />
Beitrag für Sie zusammen.<br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … ob bei fehlender Veräußerung des Geschäftsgrundstücks<br />
eine Geschäftsveräußerung im<br />
Ganzen gegeben sein kann.<br />
• … welche Voraussetzungen bei Vermietung der<br />
Geschäftsräume erfüllt sein müssen, damit eine<br />
Geschäftsveräußerung im Ganzen bejaht werden<br />
kann.<br />
• … welche Zweifelsfragen die Entscheidung des<br />
Europäischen Gerichtshofs aufwirft.<br />
Sachverhalt<br />
Die Inhaberin eines Sportartikelgeschäfts hatte ihren Warenbestand<br />
und die Ladeneinrichtung an eine GmbH veräußert.<br />
Parallel dazu vermietete sie die Geschäftsräume, die ihr gehörten,<br />
ebenfalls an die GmbH. In dem auf unbestimmte Zeit<br />
geschlossenen Mietvertrag war ein jederzeitiges Kündigungsrecht<br />
beiderseits mit Frist von drei Monaten vereinbart. Nach<br />
Ansicht des Finanzamts lagen die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung<br />
im Ganzen nicht vor, weil das Grundstück<br />
als wesentliche Geschäftsgrundlage nicht an die GmbH mit<br />
veräußert worden war: Eine dauerhafte Fortführung des<br />
Unternehmens sei bei einem Mietvertrag mit gesetzlicher<br />
Kündigungsfrist nicht gewährleistet, da der Betrieb eines Einzelhandelsgeschäfts<br />
ohne Ladenlokal nicht möglich sei. Der<br />
Bundesfinanzhof (BFH) hatte im Verlauf des Revisionsverfahrens<br />
bereits darauf hingewiesen, eine Geschäftsveräußerung<br />
könne auch dann vorliegen, wenn einzelne wesentliche Betriebsgrundlagen<br />
nicht mit übereignet worden seien, wenn sie<br />
aber dem Unternehmer langfristig (mithin mindestens zehn<br />
Jahre) zur Nutzung überlassen worden seien. Der BFH erachtete<br />
hier eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof<br />
(EuGH) für notwendig, da der Mietvertrag im zu entscheidenden<br />
Fall von jeder Partei kurzfristig kündbar war.<br />
Frage<br />
In dem Verfahren hatte der EuGH zu entscheiden, ob eine<br />
nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegen<br />
kann, wenn Warenbestand und Geschäftsausstattung eines<br />
Einzelhandelsgeschäfts übereignet werden, das Ladenlokal<br />
aber lediglich vermietet wird. Zudem war fraglich, ob es auf<br />
die Dauer des geschlossenen Mietvertrags oder der vereinbarten<br />
Kündigungsfrist bei der Entscheidung ankommt.<br />
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs<br />
Nach der Entscheidung des EuGH kann auch in einer Konstellation<br />
wie der genannten die Übertragung eines Gesamtvermögens<br />
vorliegen. Entscheidend sei immer, ob es dem Erwerber<br />
möglich sei, die selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit fortzuführen.<br />
Die kurzfristige Kündigungsmöglichkeit allein sei insoweit<br />
noch kein Hindernis. Stattdessen müssten die Umstände<br />
des Einzelfalls berücksichtigt werden. Besonders sei auch die<br />
Intention des Erwerbers entscheidend. Wolle der Erwerber<br />
eine Tätigkeit unmittelbar abwickeln, sei eine kurzfristige Kündigungsfrist<br />
hingegen ein Hindernis. Wurde die Tätigkeit fast<br />
zwei Jahre faktisch durchgeführt – so wie im vorliegenden<br />
Fall –, könne von einer sofortigen Abwicklung keine Rede sein,<br />
weshalb die Tatsache, dass ein Geschäftslokal „nur“ vermietet<br />
wurde, nicht gegen das Vorliegen einer Übertragung eines<br />
Gesamt- oder Teilvermögens spreche.
Schlussfolgerung<br />
Der EuGH bestätigt hier die Auffassung des BFH, nach der es<br />
für die Übertragung eines Gesamtvermögens nicht zwingend<br />
notwendig ist, die Geschäftsräume mit zu veräußern. Eine Vermietung<br />
kann insoweit ausreichend sein. Erkennt der BFH eine<br />
langfristige Nutzungsüberlassung eines Betriebsgrundstücks<br />
bei einer Mietdauer von zehn Jahren an, geht der EuGH sogar<br />
noch weiter. Er schließt die Möglichkeit der dauerhaften Fortführung<br />
eines Unternehmens auch bei einer kurzfristigen Kündigungsmöglichkeit<br />
nicht aus, macht dies aber vom Einzelfall<br />
abhängig. Vor allem stellt er hier auf die Fortführungsabsicht<br />
des Erwerbers ab. Ab wann man genau von einer solchen<br />
Absicht ausgehen kann, definiert er jedoch nicht. Nach den<br />
Gegebenheiten des vorliegenden Falls kann man aber wohl<br />
davon ausgehen, dass man eine Fortführungsabsicht bei einer<br />
tatsächlichen Fortführung des Geschäfts von mindestens zwei<br />
Jahren annehmen kann. Gleichwohl wirft das EuGH-Urteil<br />
neue Fragen auf: Denn Fragen werden sich vor allem dort ergeben,<br />
wo die Grenze von zwei Jahren Mietdauer unterschritten<br />
wird. Zudem wird es im Vorfeld für den Veräußerer kaum<br />
absehbar sein, wie lang der Erwerber tatsächlich das Geschäft<br />
fortführt.<br />
Ihre Fragen beantworten Ihre Ansprechpartnerinnen gerne. Rufen<br />
Sie sie bitte an oder schicken ihnen einfach eine E-Mail.<br />
Mónica Azcárate<br />
Tel.: +49 69 9585-6111<br />
monica.azcarate@de.pwc.com<br />
Kathrin Barb<br />
Tel.: +49 211 981-4141<br />
kathrin.barb@de.pwc.com<br />
Fundstelle<br />
EuGH, Urteil vom 10. November 2011 (C-444/10; Schriever)<br />
Steuern A bis Z<br />
Agreement with Switzerland on taxpayer<br />
identification<br />
Agreement has been reached with the Swiss finance<br />
ministry that a taxpayer on whom information is sought<br />
may be identified other than by name and address.<br />
The provisions in the double tax treaty with Switzerland<br />
on the supply of information on specific taxpayers<br />
provide for identification of the taxpayer concerned<br />
“typically by name, date of birth, address, account<br />
number or similar identifying information”. The German<br />
and Swiss finance ministries have now agreed that a<br />
taxpayer on whom information is sought can be identified<br />
by reference to other factors than his or her name<br />
and address; thus Swiss banks will no longer be able to<br />
protect their German customers from information<br />
requests by accepting a false address for their customer<br />
records. (Source: Tax & Legal News; http://tax-news.<br />
pwc.de/german-tax-and-legal-news/)<br />
Gewerblichkeit eines gewerblich<br />
geprägten Private- Equity-Fonds aus<br />
England: Folgen für die Besteuerung<br />
deutscher Investoren<br />
Mit Urteil vom 24. August 2011 wurde dem Bundes -<br />
finanzhof die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob<br />
Einkünfte deutscher institutioneller Anleger aus<br />
einem gewerblich geprägten englischen Private-Equity-<br />
Fonds der deutschen Besteuerung zu unterwerfen<br />
sind, wenn diese Einkünfte in England nicht besteuert<br />
werden. – Wie das Gericht entschied, erfahren Sie im<br />
aktuellen Beitrag.<br />
Sachverhalt<br />
Dem Entscheidungsfall lagen Einkünfte deutscher Finanzdienstleistungsunternehmen<br />
aus einer Beteiligung an einem<br />
englischen Private-Equity-Fonds zugrunde, dessen persönlich<br />
haftender Gesellschafter und zugleich Geschäftsführer eine<br />
Kapitalgesellschaft war. Eine gewerbliche Prägung lag somit<br />
vor.<br />
Das deutsche Finanzamt ging jedoch davon aus, dass der Fonds<br />
vermögensverwaltend tätig und somit kein Unternehmen im<br />
Sinne des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) zwischen<br />
Deutschland und Großbritannien war. Unternehmen im Sinne<br />
des DBA sind nur gewerbliche Unternehmen, die durch eine in<br />
Deutschland oder Großbritannien ansässige Person betrieben<br />
werden (Artikel II DBA Deutschland-Großbritannien, soge-<br />
steuern+recht Dezember 2011/Januar <strong>2012</strong> 13
Steuern A bis Z<br />
nannte Abkommensberechtigung). Eine gewerbliche Prägung<br />
alleine qualifiziert nicht als Unternehmen im Sinne des DBA.<br />
Durch diese Annahme des deutschen Finanzamts einer vermögensverwaltenden<br />
Tätigkeit des Fonds wird das Besteuerungsrecht<br />
an den Einkünften der deutschen Anleger dem deutschen<br />
Fiskus zugewiesen. Dies wurde durch das deutsche Finanzamt<br />
umgesetzt, also besteuert.<br />
Der Fonds wurde jedoch in England über eine Managementgesellschaft<br />
selbst gewerblich tätig und vermittelte insgesamt<br />
unter anderem aufgrund ihres eigenen Handelns den Eindruck<br />
eines Gewerbebetriebs. Dadurch fällt der Fonds unter den Unternehmensbegriff<br />
des DBA (Artikel III) und das Besteuerungsrecht<br />
wird nicht mehr Deutschland, sondern Großbritannien<br />
zugewiesen. In Großbritannien unterliegt dieser Fonds nach<br />
nationalem Recht mit sämtlichen Einkünften jedoch nicht der<br />
Besteuerung. Durch die Freistellung in Großbritannien wird<br />
das Besteuerungsrecht dieser Einkünfte auch nicht durch das<br />
DBA nach Deutschland zurückverwiesen.<br />
Um solche „unversteuerten“ (weißen) Einkünfte zu vermeiden,<br />
nahm der deutsche Gesetzgeber § 50 d Absatz 9 Satz 1 Nummer<br />
1 Einkommensteuergesetz (EStG) in das Gesetz auf.<br />
Demzufolge sind Einkünfte von in Deutschland unbeschränkt<br />
Steuerpflichtigen bei der deutschen Steuer heranzuziehen,<br />
wenn sie unter anderem von einem anderen Staat nicht oder<br />
nur zu einem geringeren Steuersatz besteuert werden (sogenannte<br />
Rückfallklausel).<br />
Das Urteil<br />
Der Bundesfinanzhof (BFH) stellt mit Urteil vom 24. August<br />
2011 klar: Die genannte Rechtsfolge („Besteuerung in<br />
Deutschland“) tritt nur bei einem sogenannten negativen Qualifikationskonflikt<br />
auf, nämlich wenn die Vertragsstaaten des<br />
jeweiligen DBA von unterschiedlichen Sachverhalten ausgehen<br />
(Subsumtionskonflikt), Abkommensbestimmungen durch die<br />
Vertragsstaaten unterschiedlich ausgelegt werden (Auslegungskonflikt)<br />
oder Abkommensbegriffe nach nationalem<br />
(Steuer-)Recht unterschiedlich ausgelegt werden (Konflikt<br />
infolge innerstaatlichen Rechts).<br />
14 <strong>PwC</strong><br />
European Customs & Trade<br />
Communiqué<br />
Im vorliegenden Fall sah der BFH keinen negativen Qualifikationskonflikt<br />
zwischen Großbritannien und Deutschland. Vielmehr<br />
liege in der Nichtbesteuerung eine rein „einseitig<br />
nationale Maßnahme mit Subventionscharakter“ durch Großbritannien<br />
vor. Der Anwendungsbereich des § 50 d Absatz 9<br />
Satz 1 Nummer 1 EStG ist insoweit nicht gegeben und die<br />
Einkünfte der deutschen Anleger bleiben auch in Deutschland<br />
steuerfrei.<br />
Hinweis für die Praxis<br />
Das Urteil könnte insoweit für Fondsinvestoren die grundsätzliche<br />
Frage aufwerfen, nach welchen Kriterien zukünftig die<br />
Abgrenzung von gewerblichen Einkünften und der Vermögensverwaltung<br />
erfolgt. Die deutsche Auslegungspraxis erfolgt<br />
derzeit nach Auffassung des BFH zum Vorteil der Vermögensverwaltung.<br />
Durch eine Änderung der Abgrenzungspraxis<br />
könnten zukünftig solche Einkünfte deutscher Anleger besteuert<br />
werden, die momentan noch aufgrund der Einordnung zur<br />
Vermögensverwaltung in Deutschland steuerfrei sind. Ob und<br />
welche Konsequenzen sich für die Besteuerung deutscher<br />
Fondsinvestoren aus dieser Entscheidung ergeben, bleibt abzuwarten.<br />
Ihr steuern+recht wird Sie über die Entwicklung auf<br />
dem Laufenden halten.<br />
Sie sind an Details interessiert? Rufen Sie bitte Ihre Ansprechpartnerin<br />
an oder schicken ihr einfach eine E-Mail.<br />
Esther Schieferstein<br />
Tel.: +49 69 9585-5498<br />
esther.schieferstein@de.pwc.com<br />
Fundstelle:<br />
BFH, Urteil vom 24. August 2011 (I R 46/10)<br />
Beiträge zum Themenbereich Zoll<br />
finden Sie in der neuen Ausgabe von<br />
European Customs & Trade Communique.<br />
Bestellung<br />
E-Mail: ilse.juhre@de.pwc.com
Bilanzierung von Darlehen mit<br />
fallenden Zinsen<br />
Ist ein Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden, wenn<br />
ein Unternehmen ein Darlehen aufnimmt, dessen<br />
Zinssatz über die Laufzeit kontinuierlich abnimmt<br />
(ein sogenanntes Step-down-Darlehen). – Diese Frage<br />
musste der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung<br />
vom 27. Juli 2011 klären. Das Gericht nutzte die Gelegenheit,<br />
seine Rechtsprechung zur Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten<br />
zu bestätigen.<br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … unter welchen Voraussetzungen ein fallender<br />
Zins über die Laufzeit eines Darlehens ausgeglichen<br />
wird.<br />
• … wie sich eine Vorfälligkeitsentschädigung von<br />
erhöhten Anfangszinsen abgrenzt.<br />
Sachverhalt<br />
Die K – ein Kreditinstitut – nahm bei der B – einer Bank – ein<br />
Darlehen auf über 25 Millionen Euro mit einer Laufzeit von<br />
zehn Jahren. Die Darlehenssumme war am Ende der Zehn-<br />
Jahres-Frist in einem Betrag zurückzuzahlen. Der Zins betrug<br />
zunächst 7,5 Prozent und fiel dann periodenweise auf drei.<br />
K setzte die tatsächlich gezahlten Zinsen jährlich als Betriebsausgaben<br />
ab. Nach Auffassung des Finanzamts hingegen war<br />
für die Überlassung der Darlehensvaluta ein einheitlicher Zins<br />
vereinbart worden, der dem Durchschnittszins entsprach.<br />
Dementsprechend bildete es einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten<br />
in Höhe der Differenz zwischen dem gezahlten<br />
und dem Betrag, der einem durchschnittlichen Zinssatz entsprochen<br />
hätte. Weil die tatsächliche Zinszahlung den Durchschnittszins<br />
unterschritt, war nach dieser Lesart zunächst kein<br />
Ausgabenabzug in Höhe dieses Abgrenzungspostens möglich.<br />
Er wäre erst dann berücksichtigt worden, wenn der Rechnungsabgrenzungsposten<br />
aufgelöst worden wäre. – Wie in vielen<br />
Fällen wäre es dadurch nur zu einer Periodenverschiebung<br />
bei der Berücksichtigung von Ausgaben gekommen.<br />
Entscheidung<br />
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich – anders als das Finanzgericht<br />
– der Auffassung des Finanzamts angeschlossen. Entscheidend<br />
dafür waren die Umstände des Falls. Wichtig sind<br />
jedoch seine allgemeinen Ausführungen über die Bildung von<br />
Ausgleichsposten in diesen wie in ähnlichen Situationen, etwa<br />
fallende Leasingraten.<br />
Steuern A bis Z<br />
Ausgangspunkt ist § 5 Absatz 5 Einkommensteuergesetz, der<br />
recht schlicht anordnet, dass ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten<br />
zu bilden ist für …<br />
„… Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Aufwand<br />
für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen“.<br />
In dieser Formulierung verbergen sich bekanntlich zwei<br />
Voraussetzungen: Erstens muss sich die (im zu bilanzierenden<br />
Jahr getätigte) Ausgabe einem späteren Jahr periodengerecht<br />
zuordnen lassen, also ein Aufwand sein; und zweitens muss<br />
der Aufwand zeitbezogen sein. Um diese beiden Elemente<br />
kreisen immer wieder Debatten zum aktiven Rechnungsabgrenzungsposten.<br />
Der Zeitbezug liegt bei Zinszahlungen auf der Hand, weil das<br />
zugrunde liegende Darlehen eine zeitliche Komponente enthält.<br />
Somit geht es nur noch um die Frage, ob die (erhöhten)<br />
Zinsen in den Anfangsjahren vorweggenommene Zinszahlungen<br />
für die späteren Jahre sind. Leider spricht das Urteil hier<br />
von „Zeitraumbezogenheit“, wodurch die beiden Voraussetzungen<br />
miteinander vermischt werden. Richtig ist dann aber:<br />
Der BFH stellt darauf ab, ob die erfolgte Zahlung eine Vorleistung<br />
ist für eine Gegenleistung, die erst nach dem Abschlussstichtag<br />
erbracht wird. Das hatte der BFH im Zusammenhang<br />
mit degressiven Leasingraten in seinem Urteil vom 12. August<br />
1982 (IV R 184/79; BStBl. II 1982, 696) entschieden. Zugleich<br />
hatte er als entscheidend darauf abgestellt, ob bei einer vorzeitigen<br />
Beendigung des Vertragsverhältnisses die bereits<br />
vereinnahmten, erhöhten Beträge – gegebenenfalls anteilig –<br />
zurückzuerstatten sind.<br />
Diese Argumentation überzeugt. Vereinnahmt jemand Gelder<br />
für eine Leistung und muss sie dann zurückzahlen, wenn er die<br />
Leistung nicht erbringt, ist der wirtschaftliche Zusammenhang<br />
zwischen Zahlung und Leistung offensichtlich gegeben. Darf<br />
hingegen der zur Leistung Verpflichtete die erhaltenen Zahlungen<br />
behalten, wenn er seine künftigen Leistungen – etwa nach<br />
einer Kündigung – nicht erbringt, so spricht das in erheblichem<br />
Maße gegen einen Vorleistungscharakter der Zahlung. Da<br />
jedoch Sondersituationen denkbar sind, bezeichnet der BFH<br />
diesen Umstand als ein „gewichtiges Indiz“. Ähnlich argumentiert<br />
das Gericht in der Entscheidung vom 22. Juni 2011<br />
(I R 7/10) im Zusammenhang mit einer Bearbeitungsgebühr.<br />
Schon im Urteil von 1982 – bestätigt und verstärkt in den<br />
neueren Urteilen – bietet das Gericht eine Lösung für die in der<br />
Praxis häufigen Fälle an, in denen keine entsprechende Regelung<br />
enthalten ist. Die Parteien haben einen langfristigen Vertrag<br />
zu festen Bedingungen geschlossen, ohne die Folgen einer<br />
Kündigung zu regeln. Da Kündigungen aus wichtigem Grund<br />
aber möglich sind, stellt sich dann die Frage: Sind bereits erbrachte<br />
Leistungen zurückzuzahlen? Da es an einer entsprechenden<br />
vertraglichen Regelung fehlt, lässt sich die Frage nur<br />
anhand der besonderen Situation des Einzelfalls beantworten.<br />
steuern+recht Dezember 2011/Januar <strong>2012</strong> 15
Steuern A bis Z<br />
Hierbei stellt sich dann im Zivil- wie auch im Steuerrecht die<br />
Frage, welche Beziehung von Leistung und Gegenleistung<br />
besteht. Der Ansatz des BFH versagt im Grunde in einer solchen<br />
Situation; denn ob die „Vorleistung“ behalten werden<br />
darf oder nicht, ist gerade nicht geregelt. Da der Rechnungsabgrenzungsposten<br />
von Beginn an zu bilden ist, fällt es schwer,<br />
darauf abzustellen, was geschehen würde, käme es zu einer<br />
außerordentlichen Beendigung des Vertragsverhältnisses.<br />
Angesicht dieser unsicheren Situation „behilft“ sich der BFH<br />
schon seit 1982 mit einer eher wenig hilfreichen Erwägung: Es<br />
soll dann darauf ankommen, ob die Parteien der Möglichkeit<br />
einer außerordentlichen Kündigung und einer danach erfolgenden<br />
Rückzahlung mehr als eine „rein theoretische Bedeutung<br />
beigemessen“ haben. Haben die Parteien darin mehr als<br />
eine theoretische Möglichkeit gesehen, so hätten sie eine Vereinbarung<br />
für diesen Fall aufgenommen. Fehlt eine solche,<br />
dann haben die Parteien vermutlich nicht an diesen Fall gedacht,<br />
er war für sie dann rein theoretisch. Das Gericht zögert<br />
jedoch, sich zu der einfachen Lösung zu bekennen, nach der es<br />
auf die vertragliche Regelung ankommt und beim Fehlen einer<br />
solchen immer ein Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden ist.<br />
Diese Zögern hat folgenden Grund: Das Gericht hat den Fall im<br />
Blick, dass fallende Zinsen wegen prognostizierten Absinkens<br />
der Marktzinsen vereinbart wurden. Dann wären die erhöhten<br />
Zinsen eben keine Vorleistung. Im Streitfall blieb das offen, da<br />
das Step-down-Darlehen im Zusammenhang mit einem Ausgleich<br />
für ein Zuwachssparen stand. In der Praxis wird es<br />
daher auf die Darlegungen der Parteien und vorhandener<br />
Dokumentationen ankommen.<br />
Erfreulich ist vor allem: Der BFH hat den Versuch des Finanzamts<br />
zurückgewiesen, die Probleme über eine Anwendung der<br />
Missbrauchsklausel zu lösen. Ebenso stellt eine etwa zu zahlende<br />
Vorfälligkeitsentschädigung in der Sicht des BFH keine<br />
Rückzahlungsverpflichtung dar, sondern ist vielmehr eine Entschädigung<br />
für künftig entfallende Zinseinnahmen.<br />
Schlussfolgerungen<br />
Bei Beachtung der Grundsätze des Urteils können die Parteien<br />
durch entsprechende Vertragsgestaltung die Bildung eines aktiven<br />
Rechnungsabgrenzungspostens erreichen oder verhindern.<br />
Das ist aber nicht beliebig möglich, sondern zieht<br />
erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen nach sich. Deshalb<br />
sollte eine solche Vorgehensweise ausdrücklich vereinbart<br />
sein, um unerwünschte Folgen zu vermeiden.<br />
Nicht angesprochen wird im Urteil, was aufseiten der Bank geschieht,<br />
welche die Zinsen einnimmt: Darf sie einen passiven<br />
Rechnungsabgrenzungsposten bilden? Prozessual besteht jedenfalls<br />
keine gegenseitige Abhängigkeit. Ob sich daraus in<br />
diesen und vergleichbaren Fällen Gestaltungsspielräume ergeben,<br />
lässt sich nicht allgemein beurteilen. Die zu beachtenden<br />
16 <strong>PwC</strong><br />
Gesichtspunkte sind aber nach dieser Entscheidung als gesicherte<br />
Rechtsprechung zu bezeichnen.<br />
Fundstelle<br />
BFH, Urteil vom 27. Juli 2011 (I R 77/10)<br />
Autor<br />
Prof. Dr. Jörg Manfred Mössner<br />
ist emeritierter Professor für öffentliches<br />
Recht, Steuerrecht und Rechtsinformatik<br />
an der Universität Osnabrück<br />
und Mitglied des Wissenschaftlichen<br />
Beirats von <strong>PwC</strong>.<br />
Umsatzsteuer: Ort von Dienstleistungen<br />
in Verbindung mit Messeständen<br />
Am 27. Oktober 2011 erging die Entscheidung des Europäischen<br />
Gerichtshofs in Sachen Inter-Mark Group. In<br />
seinem Urteil bezieht das Gericht Stellung zu der Frage:<br />
Wie sind die Gestaltung und der Aufbau eines zur Miete<br />
überlassenen Messestands umsatzsteuerlich zu qualifizieren<br />
und wo liegt der Leistungsort für diese Dienstleistung?<br />
– Alles Wichtige zu den Hintergründen und Folgen<br />
dieser Entscheidung lesen Sie im folgenden Beitrag.<br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … ob der Aufbau und die Vermietung eines Messestands<br />
als grundstücksbezogene Leistung gelten<br />
können.<br />
• … ob die Auffassung der deutschen Finanzverwaltung<br />
zu grundstücksbezogenen Leistungen mit den<br />
Aussagen des Europäischen Gerichtshofs vereinbar<br />
ist.<br />
• … welche Folgen und Neuerungen sich im Bereich<br />
des Messebaus aus diesem Urteil ergeben.<br />
Sachverhalt<br />
Die Klägerin – die polnische Firma Inter-Mark – vermietete vorübergehend<br />
Messestände an Aussteller, die ihre Erzeugnisse<br />
und Dienstleistungen auf Messeveranstaltungen vorstellten.<br />
Auf Wunsch entwarf sie auch das Design, beförderte die<br />
Stände zum Messeort und baute sie dort auf. Bei Vertragsende<br />
mussten die Stände an Inter-Mark zurückgegeben werden. Die<br />
Messestandfläche selbst wurde nicht von Inter-Mark an die<br />
jeweiligen Kunden vermietet.
Frage<br />
In seiner Entscheidung hatte der Europäische Gerichtshof<br />
(EuGH) zu entscheiden, wie Leistungen in Zusammenhang mit<br />
dem Aufbau, der Planung und der Vermietung von Messeständen<br />
umsatzsteuerlich zu qualifizieren sind und wie ihr Leistungsort<br />
zu bestimmen ist.<br />
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs<br />
Der EuGH hat entschieden: Eine Dienstleistung, die darin<br />
besteht, einen Messe- oder Ausstellungsstand zu entwerfen,<br />
vorübergehend bereitzustellen und gegebenenfalls zu beför-<br />
Steuern A bis Z<br />
dern und aufzustellen, kann in bestimmter Prüfungsreihenfolge<br />
wie folgt eingestuft werden:<br />
• als Dienstleistung auf dem Gebiet der Werbung, wenn der<br />
betreffende Stand für Werbezwecke entworfen oder verwendet<br />
wird<br />
• als kulturelle oder ähnliche Leistung, wenn der betreffende<br />
Stand für eine bestimmte Messe oder Ausstellung zu einem<br />
Thema aus dem Bereich der Kultur – wie der Künste, des<br />
Sports und so weiter – oder einem ähnlichen Gebiet entworfen<br />
und bereitgestellt wird oder wenn der Stand einem Modell<br />
entspricht, dessen Form, Größe, materielle<br />
Beschaffenheit oder Aussehen vom Veranstalter einer solchen<br />
Messe oder Ausstellung festgelegt wurde<br />
• als Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, wenn<br />
die vorgenannten Varianten auf den Fall nicht zutreffen und<br />
Dutch exit tax excessively burdensome<br />
The ECJ has held the Dutch exit tax on the transfer of a company’s place of management to another member state to be<br />
excessively burdensome. It would be sufficient to allow establishment of the tax due on the unrealized gains at the time of<br />
departure, but to defer collection until the gains are realized.<br />
A UK-owned finance company was established as a B.V. in the Netherlands. Sometime later, its management was replaced<br />
with staff from the UK parent and it closed its offices in Holland. It thus became tax resident in the UK by virtue of its place<br />
of management and the office closure meant that there was no longer even a Dutch permanent establishment. However, it<br />
retained its corporate identity as a B.V. The Dutch tax office assessed it to corporation tax on its results for its final year of<br />
Dutch residence together with its unrealized capital gains at the time of its departure. The company protested on the<br />
grounds that there would have been no tax on the unrealized gain, had it moved within Holland and that the gain now<br />
never would be realized, it being mostly an exchange gain (in euro) on a pound sterling loan to an associated company.<br />
The ECJ has now held the assessment to be fundamentally acceptable. A tax charge on exit is, of course, a restriction on a<br />
company’s freedom of establishment is, however, in principle justified by the need to protect the allocation of taxing rights<br />
between member states. A company deploys its assets to make profits and the right to tax any increase in value falls to the<br />
state of residence when the increase occurs. Events thereafter are a matter for the new state of residence (contrary to the<br />
advocate general’s view that future losses on realization should also be taken into account, if they effectively reversed the<br />
unrealized gain on change of corporate residence). Thus it is also of no moment that with the move to the UK there can be<br />
no possibility of actually realizing the gain established (in euro) when the company’s Dutch residence ceased. There could<br />
be no gain or loss on exchange in the UK in respect of a sterling loan. On the other hand, the exchange rate was not the only<br />
factor affecting the value of a loan. Should a bad debt risk arise, it would be a matter for the state of residence at the time it<br />
arose.<br />
Whilst it was reasonable to establish the tax due on the hidden reserves at the time of the change of residence, it was not<br />
reasonable to demand immediate payment. The gain had not been realized and had not produced funds to pay the tax. The<br />
actual liability should be deferred until the gain or gains had been realized. Objections to the effect that this would be too<br />
complicated administratively for a company with many individual assets were met with the response that it was up to the<br />
company to decide. If it were too complicated administratively, the company would be able to avoid the problem by immediately<br />
paying the tax. If, on the other hand, it saw the additional administrative load as bearable, the same must also apply<br />
to the tax office responsible for overseeing compliance. At this point, the ECJ interrupted its own argument with a reference<br />
to the help available under the Mutual Assistance Directive. Finally, the court answered a mention of tax avoidance with<br />
the remark that “the mere fact that a company transfers its place of management cannot set up a general presumption of<br />
tax evasion”.<br />
The ECJ case reference is C-371/10 National Grid Indus, judgment of November 29, 2011.<br />
(Source: Tax & Legal News; http://tax-news.pwc.de/german-tax-and-legal-news/)<br />
steuern+recht Dezember 2011/Januar <strong>2012</strong> 17
Steuern A bis Z<br />
damit die vorübergehende Bereitstellung des Messestands<br />
selbst das bestimmende Element der Dienstleistung ist<br />
Entsprechend dieser Einstufungen müsse sodann der Leistungsort<br />
bestimmt werden.<br />
Der EuGH stellt klar: Die gegenständlichen Leistungen könnten<br />
je nach Ausgestaltung des Sachverhalts im Einzelfall umsatzsteuerlich<br />
unterschiedlich eingeordnet werden: Zum einen<br />
könne es sich um Leistungen auf dem Gebiet der Werbung handeln,<br />
wenn der Messestand zur Übermittlung einer Botschaft<br />
verwendet werde, mit der das Publikum zwecks Erhöhung des<br />
Absatzes über die Existenz und die Eigenschaften des vom Aussteller<br />
angebotenen Erzeugnisses oder der von ihm angebotenen<br />
Dienstleistung unterrichtet werden solle. Eine Leistung auf<br />
dem Gebiet der Werbung könne auch dann vorliegen, wenn<br />
der Messestand untrennbar zu einer Werbekampagne gehöre<br />
und zur Übermittlung der Werbebotschaft beitrage. Das soll<br />
unter anderem dann der Fall sein, wenn der Stand Träger für<br />
die Übermittlung einer Botschaft ist, mit der das Publikum<br />
über die Existenz und die Eigenschaften der Erzeugnisse oder<br />
Dienstleistungen unterrichtet werden soll, oder absatzfördernden<br />
Veranstaltungen dient. Damit legt der EuGH den Begriff<br />
der „Werbeleistung“ sehr weit aus.<br />
Erfüllt der Messestand hingegen diese Voraussetzungen nicht,<br />
könnten nach Auffassung des EuGH auch kulturelle oder ähnliche<br />
Dienstleistungen vorliegen, wozu die Tätigkeiten eines<br />
Veranstalters von Messen und Ausstellung gehören. Dazu<br />
müsste der betreffende Stand für eine bestimmte Messe oder<br />
Ausstellung zu einem Thema aus dem Bereich der Kultur, der<br />
Künste, des Sports, der Wissenschaften, des Unterrichts, der<br />
Unterhaltung oder einem ähnlichen Gebiet entworfen und<br />
bereitgestellt werden oder der Stand müsste einem Modell entsprechen,<br />
dessen Form, Größe, materielle Beschaffenheit oder<br />
Aussehen vom Veranstalter einer solchen Messe oder Ausstellung<br />
festgelegt wurde. Sobald der Stand für verschiedene<br />
Messen nutzbar sei, könne eine Einstufung als kulturelle oder<br />
ähnliche Leistung nicht mehr erfolgen.<br />
Liege weder eine Dienstleistung auf dem Gebiet der Werbung<br />
noch eine kulturelle oder ähnliche Leistung vor, sei bei der<br />
Vermietung eines Messestands die Vermietung der materiellen<br />
Bestandteile des Messestands das bestimmende Element.<br />
Daher handele es sich in diesem Fall um eine Vermietung<br />
beweglicher körperlicher Gegenstände.<br />
In diesem Zusammenhang führt der EuGH aus, die in Rede<br />
stehenden Dienstleistungen könnten nicht als Dienstleistungen<br />
im Zusammenhang mit einem Grundstück angesehen werden.<br />
Zur Begründung führt der EuGH aus, dafür sei ein ausreichend<br />
direkter Zusammenhang mit einem Grundstück notwendig,<br />
der hier nicht vorliege. Die bloße Tatsache, dass ein Messestand<br />
– wie im vorliegenden Verfahren – punktuell und befristet<br />
auf einem Grundstück oder innerhalb einer Immobilie<br />
18 <strong>PwC</strong><br />
errichtet werde, sei nicht ausreichend, um einen Grundstücksbezug<br />
zu bejahen.<br />
Schlussfolgerung und Beratungshinweis<br />
Besondere Bedeutung entfaltet das Urteil insoweit, als der<br />
EuGH ausführt, die beschriebenen Dienstleistungen (Entwurf,<br />
vorübergehende Bereitstellung, Beförderung und Aufbau von<br />
Ausstellungsständen, damit also auch die Vermietung) hätten<br />
keinen Grundstücksbezug. Dies steht der bisherigen Auffassung<br />
der Finanzverwaltung entgegen, nach der zum Beispiel<br />
die Planung und der Aufbau von Messeständen als grundstücksbezogen<br />
eingestuft werden.<br />
Das Urteil des EuGH erging zur Rechtslage vor dem 1. Januar<br />
2010. Ab diesem Zeitpunkt gilt für Leistungen, die an Unternehmer<br />
erbracht werden, grundsätzlich das sogenannte Empfängerortprinzip.<br />
Das bedeutet: Leistungen sind in der Regel<br />
dort steuerbar, wo der empfangende Unternehmer seinen Sitz<br />
hat. Zudem werden seit dem 1. Januar 2011 Leistungen im<br />
Zusammenhang mit Messen nur dann am Ort der Veranstaltung<br />
erbracht, wenn es sich um die Einräumung der entsprechenden<br />
Eintrittsberechtigung handelt. Handelt es sich um<br />
Veranstaltungsleistungen im Zusammenhang mit Messen, gilt<br />
folgende Ausnahme: Die Leistung ist als im Drittlandsgebiet<br />
ausgeführt zu behandeln, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet<br />
wird. Aus diesen Gründen hat die vom EuGH vorgegebene<br />
Prüfungsreihenfolge der Dienstleistungen im Zusammenhang<br />
mit der Bereitstellung eines Messestands dort<br />
Relevanz, wo eine Messe im Drittland stattfindet oder der<br />
Leistungsempfänger kein Unternehmer ist.<br />
Da nach der EuGH-Rechtsprechung nun für viele Leistungen<br />
von Messebauern (wie etwa die Vermietung von Messeständen)<br />
das Empfängerortprinzip gilt, wird es in vielen Fällen zur<br />
Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens und somit bei den<br />
Kunden der Messebauer zu einer Verbesserung des Cashflows<br />
führen. Gleichzeitig müssen deutsche Messebauer gegebenenfalls<br />
Rechnungen ohne Umsatzsteuer ausstellen, wenn sie ihre<br />
Leistungen an im Ausland ansässige Messeaussteller erbringen.<br />
Wie die Finanzverwaltung auf dieses Urteil reagiert, bleibt abzuwarten.<br />
Das Urteil ändert nichts an der steuerlichen Behandlung der<br />
Leistungen der Messeveranstalter, soweit es hierbei um die Vermietung<br />
einer Standfläche geht. Bei der Überlassung von<br />
Standflächen auf Messen und Ausstellungen an die Aussteller<br />
handelt es sich um sonstige Leistungen im Zusammenhang mit<br />
einem Grundstück, die dort als ausgeführt gelten, wo die<br />
Standflächen liegen. In diesen Fällen ist der nötige Zusammenhang<br />
zu dem Grundstück stets gegeben.<br />
Ihre Fragen beantworten Ihre Ansprechpartnerinnen gern. Rufen<br />
Sie sie bitte an oder schicken ihnen einfach eine E-Mail.
Kathrin Barb<br />
Tel.: +49 211 981-4141<br />
kathrin.barb@de.pwc.com<br />
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Tel.: +49 211 981-1904<br />
aleksandra.kostecka@de.pwc.com<br />
Fundstelle<br />
EuGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 (C-530/09; Inter-Mark)<br />
Steuerschuld bei Nichterscheinen<br />
auf Flugreisen<br />
Erbringt der Unternehmer die vereinbarte Leistung<br />
nicht, weil der Leistungsempfänger sie nicht in Anspruch<br />
nimmt, behält aber das schon vereinnahmte<br />
Entgelt für diese Leistung ein, so kann das Unternehmen<br />
gleichwohl Umsatzsteuer auf diesen Betrag<br />
schulden. – So entschied der Bundesfinanzhof. Alles<br />
Wichtige lesen Sie im folgenden Beitrag.<br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … warum auch in Fällen, in denen eine Leistung<br />
unterbleibt, die Bemessungsgrundlage erst dann<br />
gemindert werden kann, wenn das schon vereinnahmte<br />
Entgelt zurückgezahlt wird.<br />
• … wie der Bundesfinanzhof diese Fälle von<br />
pauschaliertem Schadenersatz abgrenzt.<br />
Sachverhalt<br />
Eine Fluglinie vertrieb Flugtickets zu Sonderkonditionen.<br />
Diese Konditionen schlossen nicht nur Rücktritt und Umbuchungen<br />
aus. Sie sahen auch vor, dass die Flugreservierung bis<br />
30 Minuten vor Abflug gültig war. Danach konnte die Fluglinie<br />
den Sitzplatz anderweitig vergeben. Eine Rückzahlung des bereits<br />
entrichteten Flugpreises war ausgeschlossen. Die Fluglinie<br />
behandelte den nicht zurückgewährten Flugpreis als nicht<br />
steuerbaren Schadenersatz. – Das Finanzamt allerdings vertrat<br />
eine andere Auffassung.<br />
Steuern A bis Z<br />
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs<br />
Dem Bundesfinanzhof (BFH) genügte es, dass eine zu versteuernde<br />
Anzahlung vorgelegen hatte. Zwar könne das im Voraus<br />
entrichtete Entgelt vermindert werden, wenn die Leistung<br />
schließlich nicht erbracht werde, doch setze das voraus, dass<br />
das Entgelt zurückbezahlt werde. Das war im Streitfall aber<br />
ausdrücklich ausgeschlossen.<br />
Der BFH möchte die Fälle, bei denen Fluggäste nicht erschienen<br />
(„no-show“), anders behandelt wissen als die Fälle der<br />
Angeldzahlung im Sinne der Entscheidung C-277/05 des Europäischen<br />
Gerichtshofs (EuGH; Société Thermale). Im Falle, der<br />
diesem Urteil zugrunde lag, behielt der Hotelier die Anzahlung<br />
(das Angeld) ein, wenn der Gast von seinem Rücktrittsrecht<br />
Gebrauch machte. Ein solches Angeld habe keinen direkten<br />
Bezug zu einer Dienstleistung, sondern sei eine pauschalierte<br />
Entschädigung zum Ausgleich des Schadens, der infolge des<br />
Vertragsrücktritts des Gasts entstehe.<br />
Der BFH räumt allerdings ein, dass sich der Besteuerungsverzicht<br />
nach § 26 Absatz 3 Umsatzsteuergesetz auch auf Entgelt<br />
erstreckt, das vor der Leistungserbringung eingenommen wird.<br />
Beratungshinweis<br />
Der BFH wendet konsequent die Prinzipien an, die er seit der<br />
Änderung der Rechtsprechung im Jahr 2008 (V R 56/06) vertritt:<br />
Hat der Leistungsempfänger das Entgelt schon ganz oder<br />
teilweise entrichtet, kann die Bemessungsgrundlage für die<br />
Umsatzsteuer nur gemindert werden, soweit (und sobald) eine<br />
Rückzahlung erfolgt. Das Bundesministerium der Finanzen ist<br />
dem BFH in dieser Frage inzwischen gefolgt.<br />
In der Frage der Abgrenzung zum Angeld scheint es dem BFH<br />
darauf anzukommen, ob ein Rücktrittsrecht ausgeübt wird<br />
oder nicht. Ein solches Recht war im Falle der „no-show“-Entgelte<br />
aber ausdrücklich ausgeschlossen worden.<br />
Sie haben Fragen oder möchten beraten werden? – Rufen Sie bitte<br />
Ihre Ansprechpartner an oder schicken ihnen einfach eine E-Mail.<br />
Mónica Azcárate<br />
Tel.: +49 69 9585-6111<br />
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steuern+recht Dezember 2011/Januar <strong>2012</strong> 19
Steuern A bis Z<br />
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Martin Diemer<br />
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Fundstellen<br />
• BFH, Urteil vom 15. September 2011 (V R 36/09)<br />
• EuGH, Urteil vom 18. Juli 2007 (C-277/05; Société<br />
Thermale)<br />
• BMF, Schreiben vom 9. Dezember 2011<br />
Umsatzsteuer: Beschränkung des<br />
Vorsteuerabzugs bei teilweiser unternehmerischer<br />
Nutzung<br />
Der Bundesfinanzhof befasste sich in zwei Urteilen<br />
mit der Beschränkung des Vorsteuerabzugs bei unternehmerischer<br />
Nutzung von Grundstücken. Zu welchen<br />
Schlüssen er gelangte und was sich daraus für die<br />
Praxis ergibt, lesen Sie im folgenden Beitrag.<br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … bis wann die Entscheidung, ob ein Gegenstand<br />
dem Unternehmen ganz oder teilweise zugeordnet<br />
werden soll, spätestens zu erfolgen hat.<br />
• … was bei Grundstücken dabei besonders zu<br />
beachten ist.<br />
• … was im Falle einer Bruchteilgemeinschaft gilt,<br />
wenn einer der Gemeinschafter einen Teil des<br />
Grundstücks für eigene unternehmerische Zwecke<br />
nutzen möchte.<br />
Sachverhalt<br />
In einem der beiden Urteile (V R 42/09) stritten sich die Parteien<br />
um den Vorsteuerabzug aus einem gemischt genutzten<br />
Gebäude. Die Vorsteuern wurden erst in der Umsatzsteuerjahreserklärung<br />
geltend gemacht, die am 20. Dezember des<br />
Folgejahrs der Anschaffung beim Finanzamt eintraf. Weitere<br />
Vorsteuern machte der Kläger in der darauffolgenden Jahreserklärung<br />
geltend, die er wiederum erst im Oktober des Folgejahrs<br />
einreichte. Das Finanzamt war der Auffassung, die Zuordnungsentscheidung<br />
sei damit nicht mehr „zeitnah“ erfolgt.<br />
Im anderen Urteil (V R 41/09) hatte die Klägerin zusammen<br />
mit ihrem unternehmerisch tätigen Ehemann ein gemischt<br />
genutztes Gebäude auf einem ihr und ihrem Ehemann jeweils<br />
zur Hälfte gehörenden Grundstück errichtet. Von der Nutz-<br />
Hotel voucher subject to VAT as prepayment<br />
The Supreme Tax Court has held that the sale of a hotel voucher is subject to VAT as a prepayment on a domestic supply.<br />
This is adjusted later if the voucher is used to book foreign accommodation.<br />
A ticket agency ran a hotel voucher scheme entitling voucher holders to a three-night stay at a hotel to be chosen from a<br />
catalogue of some 2,500 houses at home and abroad. The guest surrendered his voucher on booking. The hotel did not<br />
charge for accommodation, but did require a minimum consumption in the hotel restaurant. This amount was charged to<br />
the guest, regardless of whether he ate there or not. The agency sold each voucher for €49.90 and retained this amount as<br />
its own reward for running the scheme. It claimed that the amount was not a charge for a taxable service, as the service<br />
had not yet been, and quite likely never would be, performed. Vouchers lapsed after a year and only about 14% were<br />
actually redeemed. The tax office argued that the sale of each voucher was a sundry supply to be taxed at the standard rate.<br />
The Supreme Tax Court has held that the sale of each voucher is to be regarded as a payment in advance of the anticipated<br />
service of the accommodation agent. It is therefore taxable at the standard rate on services to be taxed at the standard rate<br />
(hotel accommodation in Germany) and is to be exempted in respect of accommodation provided abroad. Given that the<br />
use of the voucher is unknown at the time of sale, the sale is to be taxed at the standard rate. This is subsequently to be<br />
reversed under the provisions for bad debts, returned goods and retrospective changes in the VAT status of a transaction,<br />
should the voucher be redeemed abroad. If the voucher is not redeemed at all, the taxation becomes absolute, the service<br />
of offering accommodation having been performed in Germany, the country of the agency. Voucher redemption is through<br />
the agency which therefore has the necessary information to make the adjustments as and when required.<br />
Supreme Tax Court judgment of September 8, 2011 published on January 11, <strong>2012</strong>.<br />
(Source: Tax & Legal News; http://tax-news.pwc.de/german-tax-and-legal-news/)
fläche entfielen 41,5 Prozent auf ein vom Ehemann unternehmerisch<br />
genutztes Büro, den Rest nutzten die Eheleute zu eigenen<br />
Wohnzwecken. Ihren halben Miteigentumsanteil am Büro<br />
vermietete die Klägerin an ihren Ehemann. Aus den Baukosten,<br />
die auf sie entfielen, machte sie erfolglos den Vorsteuerabzug<br />
geltend.<br />
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs<br />
Im Urteil V R 42/09 führt der Bundesfinanzhof (BFH) aus: Der<br />
Unternehmer habe die Entscheidung, ob er das Grundstück<br />
ganz oder teilweise dem Unternehmensvermögen zuordne,<br />
schon bei Anschaffung oder Herstellung zu treffen. Spätestens<br />
und mit endgültiger Wirkung könne sie in einer zeitnah erstellten<br />
Jahreserklärung erfolgen. Eigentlich müsse das unverzüglich<br />
nach Jahresende erfolgen, aber der BFH hält es aus praktischen<br />
Gründen für zulässig, auf die allgemeine Frist für Jahressteuererklärungen<br />
zurückzugreifen (das ist jeweils der 31. Mai<br />
des Folgejahrs). Fristverlängerungen beträfen nur Steuererklärungen<br />
und keine Ausübung von Wahlrechten.<br />
Im anderen Urteil entschied der BFH: Bei der Tätigkeit der Klägerin<br />
in der von den Eheleuten gewählten Gestaltung handelt<br />
es sich umsatzsteuerrechtlich nicht um eine Vermietung. Dem<br />
Ehemann war der unternehmerisch genutzte Teil des Grundstücks<br />
nämlich direkt geliefert worden, die Ehefrau hatte umsatzsteuerlich<br />
also nie die Verfügungsmacht über diesen Teil<br />
der Wohnung erhalten. Wenn dem „Mieter“ aber das Recht auf<br />
Inbesitznahme nicht mehr eingeräumt werden könne, liege<br />
keine Miete vor. Darum war bei der Klägerin keine wirtschaftliche<br />
Tätigkeit gegeben, die einen Vorsteuerabzug zugelassen<br />
hätte.<br />
Beratungshinweis<br />
Die beiden Urteile zeigen, dass die teilweise unternehmerische<br />
Nutzung von Gegenständen – speziell von Grundstücken –<br />
umsatzsteuerlich ein besonders heikles Gebiet sind. Wird eine<br />
falsche Gestaltung gewählt oder nimmt sich der Unternehmer<br />
zu viel Zeit, um das Zuordnungswahlrecht auszuüben, kann<br />
der Totalverlust des Vorsteuerabzugs aus der Lieferung des<br />
Grundstücks die Folge sein – und zwar nicht nur mit Blick auf<br />
die Steuer auf die Grundstückslieferung selbst, sondern unter<br />
anderem auch auf die Steuer für damit verbundene Aufwendungen<br />
wie etwa Notarkosten. Weitere Risiken ergeben sich<br />
etwa aus dem § 15 Absatz 1 b Umsatzsteuergesetz, der seit<br />
dem 1. Januar 2011 gilt und vor allem bei im Jahr 2011 erworbenen<br />
Grundstücken weitere Anforderungen an die Zuordnungsentscheidung<br />
stellen kann.<br />
Die Entscheidung zur Zuordnung will gut überlegt sein – soweit<br />
nämlich das Grundstück im Privatvermögen verbleibt, ist<br />
auch eine spätere Einlage des Grundstücks (oder eine Erhö-<br />
Steuern A bis Z<br />
hung des dem Unternehmensvermögen zugeordneten Teils) in<br />
das Unternehmensvermögen endgültig nicht mehr möglich.<br />
Die Grundsätze der beiden Urteile – speziell das Urteil V R<br />
42/09 – sind grundsätzlich auch auf andere Investitionsgüter<br />
als Grundstücke anwendbar.<br />
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Mónica Azcárate<br />
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Martin Diemer<br />
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Fundstelle<br />
BFH, Urteile vom 7. Juli 2011 (V R 41/09 und V R 42/09)<br />
No deduction for court costs as private expenses<br />
The finance ministry has decreed that a Supreme Tax<br />
Court ruling allowing a taxpayer a deduction for the<br />
costs of pursuing a civil claim for damages should not be<br />
followed as a precedent for other cases.<br />
Traditionally, the Supreme Tax Court has long taken the<br />
view that the court and other legal costs of pursuing or<br />
defending civil law claims did not generally qualify as tax<br />
deductible special expenses. Deductible special expenses<br />
are those necessarily incurred in fulfilment of an obligation<br />
or duty which the taxpayer is unable to avoid on<br />
legal, existential or moral grounds. Fighting a legal<br />
action before the civil courts is only unavoidable if the<br />
taxpayer would otherwise lose his or her basis for ensuring<br />
access to life’s necessities. In May 2011, the Supreme<br />
Tax Court took a different view and allowed a deduction<br />
for court and other legal costs, provided the taxpayer<br />
could show sufficient likelihood of legal success and<br />
provided his action did not seem to be merely spiteful.<br />
The finance ministry has now issued a decree instructing<br />
tax offices not to follow this latest ruling as a precedent in<br />
other cases. Its main argument is that to do so would be<br />
impossible, as the tax office has no means of reliably prejudging<br />
the outcome of a case or of establishing the<br />
motives of the parties. The decree also hints at a “possible<br />
change in the statute” to re-establish the previous position<br />
in retrospect. (Source: Tax & Legal News; http://taxnews.pwc.de/german-tax-and-legal-news/)<br />
steuern+recht Dezember 2011/Januar <strong>2012</strong> 21
Steuern A bis Z<br />
Neuer Erlass zur Umwandlungssteuer<br />
veröffentlicht<br />
Die Finanzverwaltung hat nach langer Bedenkzeit<br />
nun endlich den Anwendungserlass zum Umwandlungssteuergesetz<br />
veröffentlicht, und zwar in der<br />
Fassung des Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen<br />
zur Einführung der Europäischen Gesellschaft<br />
und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften.<br />
Fünf Jahre nach dessen Verkündung nimmt<br />
die Finanzverwaltung auf 172 Seiten erstmals auch zu<br />
den Regelungen grenzüberschreitender Sachverhalte<br />
Stellung. – Eine umfassende Darstellung des Erlasses<br />
und eine Stellungnahme zu den Auffassungen der<br />
Finanzverwaltung ist an dieser Stelle aufgrund des<br />
Umfangs nicht möglich. Der folgende Beitrag beschränkt<br />
sich daher auf wesentliche Teilaspekte. –<br />
Den kompletten Erlass können Sie auf der Website des<br />
Bundesfinanzministeriums einsehen.<br />
Verschmelzung auf eine Personengesellschaft<br />
oder natürliche Person<br />
• Wertansätze in der steuerlichen Schlussbilanz der<br />
Überträgerin<br />
Die übertragende Gesellschaft kann bei Vorliegen der Voraussetzungen<br />
des § 3 Absatz 2 Satz 1 Umwandlungssteuergesetz<br />
(UmwStG) abweichend vom gemeinen Wert die Buchwerte<br />
oder Zwischenwerte ansetzen. Auf den steuerlichen Übertragungsstichtag<br />
ist eine eigenständige steuerliche Schlussbilanz<br />
aufzustellen und einzureichen, die von der Gewinnermittlung<br />
nach §§ 4 Absatz 1 und 5 Absatz 1 Einkommensteuergesetz<br />
22 <strong>PwC</strong><br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … worin sich die jetzt veröffentlichen Auffassungen<br />
wesentlich von den bisherigen unterscheiden.<br />
• … was die Finanzverwaltung zu den grenzüberschreitenden<br />
Vorgängen ausführt.<br />
• … wie der Erlass die Behandlung der organschaftlichen<br />
Ausgleichsposten regelt.<br />
Alle Abschnitte des Beitrags im Überblick<br />
(EStG) zu unterscheiden ist. Bei Buchwertfortführung kann<br />
die laufende Steuerbilanz gleichzeitig als Schlussbilanz verwendet<br />
werden, wenn eine ausdrückliche Erklärung abgegeben<br />
wird, dass diese Steuerbilanz gleichzeitig Schlussbilanz<br />
sein soll. Lediglich wenn die Schlussbilanz für inländische<br />
Besteuerungszwecke nicht erforderlich ist, wird auf deren Vorlage<br />
verzichtet. Die steuerlichen Ansatzverbote des § 5 EStG<br />
gelten nicht für die Schlussbilanz. Bei Ansatz oberhalb des<br />
Buchwerts sind zum Beispiel auch selbst erstellte immaterielle<br />
Wirtschaftsgüter oder Drohverlustrückstellungen anzusetzen.<br />
In der Folgebilanz des übernehmenden Rechtsträgers sollen<br />
dann wieder die allgemeinen Grundsätze gelten. Mit anderen<br />
Worten: Entgegen § 5 EStG angesetzte Bilanzposten sind ertragswirksam<br />
aufzulösen. Ein originärer Firmenwert der übertragenden<br />
Körperschaft gilt hingegen als angeschafft und ist<br />
daher nicht gewinnmindernd aufzulösen. Im Erlass findet sich<br />
keine Erklärung, ob und warum Letzteres nur für einen originären<br />
Firmenwert, nicht jedoch für selbst erstellte immaterielle<br />
Wirtschaftsgüter oder Rückstellungen für drohende<br />
Verluste gelten soll.<br />
Nach den neuen Spielregeln hat die Bewertung mit dem gemeinen<br />
Wert nicht bezogen auf das Einzelwirtschaftsgut, sondern<br />
auf die Sachgesamtheit zu erfolgen. Eine Aufstockung<br />
kommt also nur dann in Betracht, wenn der „gemeine Wert der<br />
Sachgesamtheit“ den Buchwert übersteigt. Liegt der Buchwert<br />
über dem gemeinen Wert der Sachgesamtheit, soll eine Buchwertfortführung<br />
ausgeschlossen sein. Der gemeine Wert der<br />
Sachgesamtheit ist im Übrigen die Bewertungsobergrenze.<br />
Zur Berücksichtigung stiller Lasten findet sich lediglich zu Pensionsrückstellungen<br />
eine Aussage: Nach den Randnummern<br />
03.08 und 03.24 soll ein tatsächlich höherer Wert einer Pensionsverpflichtung<br />
den gemeinen Wert des Unternehmens nicht<br />
mindern. Das Wahlrecht auf Buchwertfortführung oder auf<br />
Ansatz von Zwischenwerten ist einheitlich auszuüben. Dem<br />
steht nicht entgegen, dass für einzelne Wirtschaftsgüter aufgrund<br />
des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts<br />
der gemeine Wert anzusetzen ist. Keine Aussage<br />
enthält der Erlass zur Frage, ob bei einer umwandlungsbedingten<br />
Verstrickung die gemeinen Werte im Umwandlungszeitpunkt<br />
anzusetzen sind. Die Beurteilung, ob ein Ausschluss<br />
oder eine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts<br />
• Verschmelzung auf eine Personengesellschaft oder natürliche Person .......................................................................... 22<br />
• Verschmelzung einer Körperschaft auf eine andere ...................................................................................................... 24<br />
• Aufspaltung und Abspaltung auf andere Körperschaften ............................................................................................. 24<br />
• Einbringung von Unternehmensanteilen in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft und Anteilstausch................ 26<br />
• Auswirkungen der Umwandlung auf die Organschaft ................................................................................................... 28
vorliegt, hat nach Maßgabe der tatsächlichen Verhältnisse zum<br />
steuerlichen Übertragungsstichtag zu erfolgen. Nach dem<br />
Erlass soll sich allein durch eine grenzüberschreitende Umwandlung<br />
nicht die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zu einer<br />
in- oder ausländischen Betriebsstätte ändern. Wird zum Beispiel<br />
ein Wirtschaftsgut erst nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag<br />
ins Ausland verbracht, liegt ein Ausschluss oder<br />
eine Beschränkung des Besteuerungsrechts am steuerlichen<br />
Übertragungsstichtag noch nicht vor. Ein Ansatz zu Buchwerten<br />
in der steuerlichen Schlussbilanz des übertragenden<br />
Rechtsträgers ist also möglich. Für die Frage, ob eine Änderung<br />
der Zuordnung vorliegt, sollen die Grundsätze des Betriebsstättenerlasses<br />
angewandt werden. Fraglich ist daher, ob allein<br />
die Zentralfunktion des Stammhauses zu einer veränderten<br />
Zuordnung und damit zu einem Ausschluss des deutschen<br />
Besteuerungsrechts zum steuerlichen Übertragungsstichtag<br />
führen kann. Bei Wahl des Zwischenwertansatzes ist im Antrag<br />
anzugeben, in welcher Höhe oder zu welchem Prozentsatz<br />
stille Reserven aufgedeckt werden sollen. Eine Aufstockung<br />
nach der (modifizierten) Stufentheorie ist hierbei nicht vorgesehen.<br />
Nicht bilanzierte immaterielle Wirtschaftsgüter oder<br />
ein originärer Geschäfts- oder Firmenwert sind anteilig anzusetzen<br />
und die übrigen Wirtschaftsgüter sind aufzustocken. Bei<br />
Änderung der Werte aufgrund einer späteren Betriebsprüfung<br />
sollen aber die gewählten Wertansätze unverändert bleiben,<br />
sofern sie oberhalb des Buchwerts, aber unterhalb des gemeinen<br />
Werts liegen.<br />
• Auswirkungen auf Gesellschafter und übernehmenden<br />
Rechtsträger: Einlagefiktion und Übernahmegewinn<br />
Zur Ermittlung des Übernahmegewinns gelten Anteile an der<br />
übertragenden Gesellschaft zum steuerlichen Übertragungsstichtag<br />
in das Betriebsvermögen der übernehmenden Gesellschaft<br />
als eingelegt, wenn es sich bei den Anteilen um Betriebsvermögen<br />
oder um solche im Sinne des § 17 EStG handelt (§ 5<br />
Absätze 2 und 3 UmwStG). Die Einlagefiktion gilt unabhängig<br />
davon, ob ein deutsches Besteuerungsrecht hinsichtlich des<br />
Gewinns aus der Veräußerung der Anteile besteht. Allerdings<br />
sind ausländische Gesellschafter in die gesonderte und einheitliche<br />
Feststellung des Einbringungsgewinns nur insoweit einzubeziehen,<br />
als hinsichtlich des Veräußerungsgewinns der<br />
Anteile an der übertragenden Körperschaft ein deutsches<br />
Besteuerungsrecht bestehen würde. Für Anteile im Privatvermögen,<br />
die nicht unter § 17 EStG fallen, wird ein Übernahmegewinn<br />
nicht ermittelt. Die Finanzverwaltung stellt damit<br />
übereinstimmend mit dem eindeutigen Gesetzeswortlaut klar:<br />
Für diese Anteile erfolgt keine Besteuerung eines Übernahmegewinns,<br />
obwohl bei Veräußerung der Beteiligung ein Gewinn<br />
der Besteuerung unterlegen hätte.<br />
Soweit das deutsche Besteuerungsrecht anteilseignerbezogen<br />
wegfällt (zum Beispiel bei Beteiligung ausländischer Anteilseigner<br />
und Vorliegen einer ausländischen Anrechnungsbetriebsstätte)<br />
und insoweit zwingend die gemeinen Werte anzu-<br />
Steuern A bis Z<br />
setzen sind, soll die Aufstockung anteilseignerbezogen erfolgen<br />
und der Aufstockungsbetrag ausschließlich dem ausländischen<br />
Gesellschafter zugewiesen werden. Das geschieht vor<br />
folgendem Hintergrund: Wird die Aufstockung nur dem ausländischen<br />
Anteilseigner zugerechnet, steht die Wertaufstockung<br />
den inländischen Anteilseignern nicht für<br />
Abschreibungen zur Verfügung. Dies müsste bei konsequenter<br />
Umsetzung auch auf die anteilseignerbezogene Ermittlung des<br />
Übernahmegewinns und – entgegen dem Gesetzeswortlaut –<br />
die Ermittlung der fiktiven Dividenden im Sinne des § 7<br />
UmwStG durchschlagen. Der Anwendungserlass zum Umwandlungssteuergesetz<br />
(UmwStE) enthält dazu keine Aussage.<br />
• Fiktive Dividende<br />
Nach § 7 UmwStG gelten die offenen Rücklagen der übertragenden<br />
Gesellschaft den Anteilseignern am steuerlichen Übertragungsstichtag<br />
als Dividenden zugeflossen. Die Vorschrift<br />
findet unabhängig davon Anwendung, ob für den Gesellschafter<br />
ein Übernahmeergebnis zu ermitteln ist. Ist für den Anteilseigner<br />
ein Übernahmeergebnis zu ermitteln, will die Finanzverwaltung<br />
die fiktiven Dividenden im Rahmen der gesonderten<br />
und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der Personengesellschaft<br />
erfassen. Auf die Bezüge nach § 7 UmwStG finden<br />
§ 3 Nummer 40 d EStG beziehungsweise § 8 b Körperschaftsteuergesetz<br />
(KStG) Anwendung; einbehaltene Kapitalertragsteuer<br />
wird im Rahmen der Veranlagung angerechnet. Keine<br />
Aussage macht der Anwendungserlass dazu, wie eine abkommensrechtliche<br />
Beschränkung der Höhe des Besteuerungsrechts<br />
umzusetzen ist und welche Auswirkungen sich diesbezüglich<br />
auf die Gewerbesteuer ergeben. Besteht abkommensrechtlich<br />
kein deutsches Besteuerungsrecht für Dividenden,<br />
scheint die Finanzverwaltung wohl davon auszugehen,<br />
dass die fiktive Dividende nicht im Rahmen der gesonderten<br />
und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der Personengesellschaft<br />
erfasst wird. Die dennoch zu erhebende Kapitalertragsteuer<br />
wäre vorbehaltlich des § 50 d Absatz 3 EStG zu<br />
erstatten. Bitte beachten Sie: Die Befreiung von der Quellensteuer<br />
nach der Mutter-Tochter-Richtlinie findet auf die fiktive<br />
Dividende keine Anwendung.<br />
Soweit die fiktiven Dividenden im Rahmen der einheitlichen<br />
und gesonderten Feststellung der Einkünfte der Personengesellschaft<br />
zu erfassen sind und nicht auf Anteilen im Sinne des<br />
§ 17 EStG beruhen, die als eingelegt gelten, unterliegen sie<br />
nach den allgemeinen Regeln auch der Gewerbesteuer. Für die<br />
Frage, ob das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg angewandt<br />
wird, sind die Verhältnisse bei der übernehmenden Gesellschaft<br />
maßgebend. Die Besitzzeit des Anteilseigners wird nicht<br />
angerechnet. In Fällen der Verschmelzung zur Aufnahme auf<br />
eine Personengesellschaft würde das Schachtelprivileg damit<br />
nicht angewandt und die fiktive Dividende in vollem Umfang<br />
der Gewerbesteuer unterliegen.<br />
steuern+recht Dezember 2011/Januar <strong>2012</strong> 23
Steuern A bis Z<br />
Verschmelzung einer Körperschaft auf<br />
eine andere<br />
• Steuerliche Schlussbilanz<br />
Die Ausführungen zu § 3 UmwStG „Wertansätze in der steuerlichen<br />
Schlussbilanz der Übertragerin“ gelten entsprechend.<br />
• Verschmelzung auf eine Organgesellschaft<br />
Nach § 11 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 UmwStG müssen die<br />
übergehenden Wirtschaftsgüter für die Buchwertfortführung<br />
bei der übernehmenden Körperschaft der Besteuerung mit<br />
Körperschaftsteuer unterliegen. Die Finanzverwaltung sieht<br />
diese Voraussetzung bei der Verschmelzung auf eine Organgesellschaft<br />
nicht als erfüllt an, soweit der Organträger einkommensteuerpflichtig<br />
ist. Das weicht von der bisherigen<br />
Auffassung der Finanzverwaltung ab. In Fällen eines einkommensteuerpflichtigen<br />
Organträgers wird der Buchwertansatz<br />
nur aus Billigkeitsgründen unter der weiteren Voraussetzung<br />
zugelassen, dass sich in einer übereinstimmenden Erklärung<br />
sowohl die übertragende als auch die übernehmende Körperschaft<br />
und die Anteilseigner beider Gesellschaften damit<br />
einverstanden erklären, dass die aus der Verschmelzung<br />
resultierenden Mehrabführungen als Gewinnausschüttungen<br />
zu behandeln sind.<br />
• Downstream Merger<br />
Das UmwStG in der Fassung des Gesetzes über steuerliche<br />
Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft<br />
und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften<br />
(SEStEG) nimmt die Abwärtsverschmelzung ausdrücklich<br />
in den sachlichen Anwendungsbereich der §§ 11 ff. UmwStG<br />
2006 auf. Bei der Verschmelzung einer Mutter- auf deren Tochtergesellschaft<br />
(Downstream Merger) findet hinsichtlich der<br />
Anteile der übertragenden Muttergesellschaft an der übernehmenden<br />
Tochtergesellschaft aufgrund der Verschmelzung kein<br />
Durchgangserwerb statt. Die Anteile gehen vielmehr unmittelbar<br />
auf die Anteilseigner der übertragenden Gesellschaft über.<br />
Dennoch geht die Finanzverwaltung davon aus, dass die<br />
Anteile an der Tochtergesellschaft zu den übergehenden Wirtschaftsgütern<br />
gehören sollen: Nach Meinung der Finanzverwaltung<br />
ist auch in Bezug auf diese Anteile zu prüfen, ob das<br />
Besteuerungsrecht an den Anteilen nicht beschränkt oder ausgeschlossen<br />
wird. Diese Prüfung ist aber nicht aus Sicht der<br />
übernehmenden Körperschaft vorzunehmen. Abzustellen sein<br />
soll stattdessen auf den Anteilseigner der Muttergesellschaft,<br />
der die Anteile an der Tochtergesellschaft übernimmt. Bei<br />
ausländischen Anteilseignern dürfte diese Voraussetzung nur<br />
erfüllt werden, wenn ein deutsches Besteuerungsrecht hinsichtlich<br />
der betreffenden Anteile nicht durch ein Doppelbesteuerungsabkommen<br />
ausgeschlossen ist. Anderenfalls ist für<br />
die Anteile an der übernehmenden Gesellschaft der Buchwertansatz<br />
unzulässig.<br />
24 <strong>PwC</strong><br />
• Auswirkungen bei der übernehmenden Körperschaft<br />
Ein Übernahmeergebnis soll in allen Fällen der Aufwärts-,<br />
Abwärts- und Seitwärtsverschmelzung ermittelt werden, unabhängig<br />
davon, ob eine Beteiligung an der übertragenden Körperschaft<br />
besteht. Als Folge sind die Kosten des Vermögensübergangs,<br />
die den steuerfreien Übernahmegewinn mindern,<br />
auch im Fall einer Abwärts- oder Seitwärtsverschmelzung<br />
nicht abzugsfähig.<br />
Der Erlass weist darauf hin, dass auf Ebene der Organgesellschaft<br />
§ 15 Satz 1 Nummer 2 KStG zu beachten ist (keine<br />
Anwendung des § 8 b KStG bei der Organgesellschaft), dass<br />
aber auf Ebene des Organträgers § 8 b KStG beziehungsweise<br />
§ 3 Nummer 40 und § 3 c EStG anzuwenden sind. Letzteres ist<br />
nach dem Gesetzeswortlaut zweifelhaft, da ein eventuell<br />
entstehender Übernahmegewinn auf Ebene der Organgesellschaft<br />
außer Ansatz bleibt.<br />
Aufspaltung und Abspaltung auf andere<br />
Körperschaften<br />
Die steuerneutrale Spaltung von Körperschaften setzt voraus,<br />
dass auf die Übernehmerinnen Teilbetriebe übertragen werden<br />
und bei Abspaltung ein Teilbetrieb bei der übertragenden<br />
Körperschaft verbleibt.<br />
• Teilbetrieb<br />
Der Erlass bezieht sich auf die Definition der Fusionsrichtlinie<br />
(RL 2009/133/EG). Unter einem Teilbetrieb ist demnach die<br />
Gesamtheit der in einem Unternehmensteil einer Gesellschaft<br />
vorhandenen aktiven und passiven Wirtschaftsgüter zu verstehen,<br />
die in organisatorischer Hinsicht einen selbstständigen<br />
Betrieb darstellen, das heißt eine aus eigenen Mitteln funktionsfähige<br />
Einheit. Zu einem Teilbetrieb gehören alle funktional<br />
wesentlichen Betriebsgrundlagen sowie die diesem Teilbetrieb<br />
nach wirtschaftlichen Zusammenhängen zuordenbaren Wirtschaftsgüter.<br />
Wann wirtschaftliche Zusammenhänge vorliegen,<br />
definiert der Erlass nicht. Aufgrund der Abkehr vom bisherigen<br />
Rechtsverständnis (Wirtschaftsgüter, die nicht funktional<br />
wesentlich sind, können den Teilbetrieben frei zugeordnet werden)<br />
werden die Möglichkeiten, die Werte von Teilbetrieben<br />
durch die gezielte Zuordnung von Wirtschaftsgütern zu beeinflussen,<br />
erheblich eingeschränkt. Frei zuordenbar soll lediglich<br />
Betriebsvermögen sein, das weder zu den funktional wesentlichen<br />
Betriebsgrundlagen noch zu den nach wirtschaftlichem<br />
Zusammenhang zuordenbaren Wirtschaftsgütern gehört.<br />
Um beurteilen zu können, ob ein Teilbetrieb vorliegt, ist auf<br />
den steuerlichen Übertragungsstichtag abzustellen. Ein Teilbetrieb<br />
im Aufbau stellt entgegen der bisherigen Auffassung<br />
keinen Teilbetrieb dar. Allerdings ist es hinsichtlich der frei<br />
zuordenbaren Wirtschaftsgüter ausreichend, wenn diese den<br />
Teilbetrieben bis zum Zeitpunkt des Spaltungsbeschlusses<br />
zugeordnet werden. Bisher war es ausreichend, wenn ein Teil-
etrieb zum Zeitpunkt des Spaltungsbeschlusses vorhanden<br />
war. Grundstücke, die funktional wesentlich für mehrere Teilbetriebe<br />
sind, müssen bis zum Spaltungsbeschluss zivilrechtlich<br />
real geteilt werden; aus Billigkeitsgründen ist eine ideelle<br />
Teilung ausreichend, wenn eine reale Teilung nicht zumutbar<br />
ist. Nach § 15 Absatz 1 Satz 3 UmwStG sind Mitunternehmeranteile<br />
und hundertprozentige Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft<br />
(fiktive) Teilbetriebe. Das neue Regelwerk schränkt<br />
diese gesetzliche Fiktion dahin gehend ein, dass eine hundertprozentige<br />
Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft keinen<br />
eigenen Teilbetrieb darstellen soll, wenn die Beteiligung einem<br />
Teilbetrieb als funktional wesentliche Betriebsgrundlage zuzurechnen<br />
ist.<br />
• Umfang der zu übertragenden Wirtschaftsgüter<br />
Neben den funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen sollen<br />
auch die nach wirtschaftlichen Zusammenhängen zuordenbaren<br />
Wirtschaftsgüter eines Teilbetriebs zu übertragen sein.<br />
Dabei ist eine bloße Nutzungsüberlassung nicht ausreichend.<br />
Ob dieses Verständnis der Fusionsrichtlinie zu entnehmen ist,<br />
erscheint fraglich, denn nach der Fusionsrichtlinie muss lediglich<br />
eine funktionsfähige Einheit übertragen werden.<br />
• Doppeltes Ausschließlichkeitsgebot<br />
Um § 11 UmwStG in Anspruch nehmen zu können, muss bei<br />
Abspaltungen zudem auch bei der übertragenden Körperschaft<br />
Steuern A bis Z<br />
ein Teilbetrieb verbleiben. Über den Gesetzeswortlaut hinaus<br />
scheint die Finanzverwaltung davon auszugehen, dass sämtliches<br />
zurückbleibendes Vermögen zu einem Teilbetrieb gehören<br />
muss. Das Ausschließlichkeitsgebot soll nach Auffassung<br />
der Finanzverwaltung nicht erfüllt sein, wenn neben einem<br />
fiktiven Teilbetrieb (Mitunternehmeranteil oder hundertprozentige<br />
Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft) ein Wirtschaftsgut<br />
zurückbleibt, das nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen<br />
Zusammenhang mit dem Mitunternehmeranteil<br />
respektive der Beteiligung steht.<br />
• Missbrauchsvermeidungsvorschriften<br />
Nach § 15 Absatz 2 Satz 1 UmwStG ist eine steuerneutrale<br />
Spaltung ausgeschlossen, wenn ein fiktiver Teilbetrieb (Mitunternehmeranteil<br />
oder hundertprozentige Beteiligung an<br />
einer Kapitalgesellschaft) innerhalb von drei Jahren vor dem<br />
steuerlichen Übertragungsstichtag durch Übertragung von<br />
Wirtschaftsgütern, die kein Teilbetrieb sind, erworben oder<br />
aufgestockt wurde. Entgegen dem Gesetzeswortlaut soll dieses<br />
Erfordernis nicht nur für das abgespaltene, sondern auch für<br />
das zurückbleibende Vermögen gelten. Des Weiteren soll auch<br />
die nicht gewinnrealisierende Überführung von Wirtschaftsgütern<br />
als schädlich angesehen werden, obwohl das Gesetz auf<br />
die Übertragung von Wirtschaftsgütern abstellt – diese Unterscheidung<br />
kann in Fällen des § 6 Absatz 5 EStG relevant sein.<br />
Während im früheren UmwStE die verdeckte Einlage in das<br />
Finance ministry refuses foreign parent of Organschaft<br />
The finance ministry has decreed that a Supreme Tax Court judgment accepting a British company as the parent of a trade<br />
tax Organschaft is not to be followed as a precedent.<br />
In February 2011, the Supreme Tax Court held that a British parent company could lead a trade tax Organschaft, provided<br />
that it fulfilled the then qualifying conditions of financial control, common management and integrated business objectives.<br />
The requirement in the Corporation Tax Act that an Organschaft parent be a domestic entity was a discrimination<br />
prohibited by the UK/German double tax treaty. The German subsidiary’s trading income was thus to be added to that of<br />
the UK, with the total being split over the local elements of the combined entity. The court accepted that this result could<br />
well lead to the loss of trading income to German taxation – the foreign parent would have to file a German trade tax return<br />
in its own name – but felt that it could not override the discrimination prohibition of the treaty.<br />
The finance ministry has now issued a decree instructing tax offices not to follow this judgment except in the three cases<br />
decided. They should therefore continue to apply the old view of the law in all cases still open to the effect that a trade tax<br />
Organschaft should always be centred on a domestic parent. It argues that the court’s interpretation of the treaty discrimination<br />
prohibition is contradicted by the official commentary of 2010 on the OECD Model Treaty, but does not, perhaps<br />
wisely, attempt to explain the relevance of a 2010 commentary to a 1964 treaty.<br />
This case could be seen as a fundamental blow to the trade tax system. However, its long-term effects are likely to be minimal.<br />
On the one hand the trade tax Organschaft has been equated with that for corporation tax since 2002 – including the<br />
requirement for a formal five-year profit pooling agreement – and on the other, a new, modern treaty took effect for 2011.<br />
The case can thus be seen as obsolete as a guide to the future, though undoubtedly provides ammunition for those still in<br />
dispute with the tax authorities over the past.<br />
The Supreme Tax Court’s case reference is I R 55/10, judgment of February 9, 2011 and the ministry’s decree is dated<br />
December 27, 2011. (Source: Tax & Legal News; http://tax-news.pwc.de/german-tax-and-legal-news/)<br />
steuern+recht Dezember 2011/Januar <strong>2012</strong> 25
Steuern A bis Z<br />
Vermögen einer Kapitalgesellschaft als unschädlich angesehen<br />
wurde, fehlt eine entsprechende Regelung im aktuellen Erlass.<br />
Eine steuerneutrale Spaltung ist nicht möglich, wenn durch die<br />
Abspaltung die Veräußerung an außenstehende Personen vollzogen<br />
wird oder die Voraussetzungen für eine Veräußerung<br />
geschaffen werden. Der Erlass definiert als schädliche Veräußerung<br />
jede Übertragung gegen Entgelt und zählt hierzu auch<br />
Umwandlungen und Einbringungen – ohne hierbei nach den<br />
Einzelheiten des zugrunde liegenden Vorgangs zu differenzieren.<br />
Die Veräußerungssperre des § 15 Absatz 2 Satz 4 UmwStG<br />
ist als unwiderlegbare gesetzliche Vermutung für das Vorliegen<br />
eines Missbrauchs ausgestaltet. Die Möglichkeit eines Gegenbeweises<br />
eröffnet der Erlass nicht.<br />
• Abspaltung auf unterjährigen Übertragungsstichtag<br />
Ein laufender unterjähriger Verlust soll in Abspaltungsfällen<br />
anteilig entfallen.<br />
Einbringung von Unternehmensteilen in<br />
eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft<br />
und Anteilstausch<br />
• Gewährung neuer Anteile<br />
§§ 20 ff. UmwStG wird nur dann angewandt, wenn der Einbringende<br />
als Gegenleistung neue Anteile an der Gesellschaft<br />
erhält. Eine Verschmelzung ohne Kapitalerhöhung fällt daher<br />
nicht in den Anwendungsbereich.<br />
• Person des Einbringenden<br />
Einbringender kann entsprechend der bisherigen Auffassung<br />
der Finanzverwaltung eine natürliche oder juristische Person<br />
sein. Bisher galten stets die Mitunternehmer einer Personengesellschaft<br />
als Einbringende, selbst dann, wenn die gewährten<br />
Anteile dem Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft<br />
zuzurechnen waren. Nach den neuen Regeln ist nun danach zu<br />
differenzieren, ob die Personengesellschaft oder ihre Mitunternehmer<br />
die gewährten Anteile erhalten. Von der Person des<br />
Einbringenden hängen einerseits die Prüfung der Voraussetzungen<br />
des § 20 Absatz 1 UmwStG und andererseits die Ausübung<br />
des Bewertungswahlrechts ab. Sind Einbringende die<br />
einzelnen Mitunternehmer, ist für jeden Gesellschafter die Einbringung<br />
seines Mitunternehmeranteils gesondert zu prüfen.<br />
Bringt zum Beispiel ein Mitunternehmer funktional wesentliche<br />
Betriebsgrundlagen des Sonderbetriebsvermögens nicht<br />
mit ein, schließt das nur für diesen Mitunternehmer die Anwendung<br />
des § 20 UmwStG aus. Das Bewertungswahlrecht<br />
kann hier für jeden einbringenden Mitunternehmer gesondert<br />
ausgeübt werden. Ist Einbringender hingegen die Personengesellschaft<br />
und nicht die einzelnen Mitunternehmer, hätte die<br />
unterbliebene Einbringung der funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen<br />
des Sonderbetriebsvermögens durch einen<br />
Mitunternehmer zur Folge, dass § 20 UmwStG für alle Mitun-<br />
26 <strong>PwC</strong><br />
ternehmer der Personengesellschaft nicht angewandt wird. Da<br />
nur ein Einbringender vorliegt, kann das Bewertungswahlrecht<br />
in diesem Fall nicht mitunternehmerbezogen ausgeübt werden.<br />
Die Frage nach der Person des Einbringenden kann<br />
darüber hinaus auch Bedeutung für die Veräußerung der<br />
sperrfristbehafteten Anteile haben.<br />
• Steuerbegünstigte Einbringungsgegenstände<br />
§ 20 UmwStG begünstigt die Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben<br />
und Mitunternehmeranteilen. Die steuerbegünstigte<br />
Einbringung eines Betriebs setzt voraus, dass alle funktional<br />
wesentlichen Betriebsgrundlagen eingebracht werden. Dies<br />
gilt nach wie vor auch für etwaiges Sonderbetriebsvermögen.<br />
Eine bloße Nutzungsüberlassung ist nicht ausreichend. Für den<br />
Begriff des Teilbetriebs gelten die Regeln zur Spaltung von<br />
Kapitalgesellschaften entsprechend. Danach richtet sich<br />
die Teilbetriebseigenschaft nach dem Teilbetriebsbegriff der<br />
Fusionsrichtlinie, wobei die Voraussetzungen eines Teilbetriebs<br />
nun bereits zum steuerlichen Übertragungsstichtag und nicht<br />
erst beim Abschluss des Einbringungsvertrags vorliegen müssen.<br />
Durch den vollumfänglichen Verweis auf die für Spaltungen<br />
von Kapitalgesellschaften aufgestellten Grundsätze zur<br />
Übertragung eines Teilbetriebs ist zu befürchten, dass die<br />
Finanzverwaltung entgegen bisheriger Praxis und entgegen der<br />
Einbringung eines Betriebs neben der Übertragung aller funktional<br />
wesentlichen Betriebsgrundlagen auch die Übertragung<br />
der diesem Teilbetrieb nach wirtschaftlichen Zusammenhängen<br />
zuordenbaren Wirtschaftsgüter zur Voraussetzung für die<br />
Steuerneutralität macht.<br />
Bei der Einbringung eines Betriebs oder Teilbetriebs sind auch<br />
die dazugehörenden Anteile an Kapitalgesellschaften mit einzubringen,<br />
sofern diese funktional wesentliche Betriebsgrundlagen<br />
des Betriebs oder Teilbetriebs sind oder die Anteile zu<br />
den nach wirtschaftlichen Zusammenhängen zuordenbaren<br />
Wirtschaftsgütern des Teilbetriebs gehören. Eine zwingende<br />
Einbringung von Mitunternehmeranteilen, denen funktional<br />
wesentliche Betriebsgrundlagen des Betriebs oder Teilbetriebs<br />
zuzurechnen sind, ist nach dem endgültigen Umwandlungssteuererlass<br />
im Unterschied zu den vorausgegangenen Erlassentwürfen<br />
nicht mehr vorgesehen.<br />
Gehören zum Betriebsvermögen des eingebrachten Betriebs<br />
oder Teilbetriebs Anteile an der übernehmenden Kapitalgesellschaft,<br />
können diese nach wie vor zurückbehalten werden.<br />
Hierfür ist nun jedoch ein unwiderruflicher Antrag des Einbringenden<br />
erforderlich. Die Anteile gelten dann als im Rahmen<br />
der Sacheinlage erworben und unterliegen damit den<br />
Restriktionen des § 22 Absatz 1 UmwStG.<br />
• Bewertungswahlrecht der übernehmenden Gesellschaft<br />
Der Wertansatz des eingebrachten Betriebsvermögens bei der<br />
übernehmenden Gesellschaft gilt für den Einbringenden als<br />
Veräußerungspreis und als Anschaffungskosten der erhaltenen
Anteile. Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Bewertungswahlrechts<br />
der übernehmenden Gesellschaft ist, dass das<br />
eingebrachte Vermögen bei der übernehmenden Gesellschaft<br />
der Körperschaftsteuer unterliegt und das deutsche Besteuerungsrecht<br />
an den im Einbringungsgegenstand gegebenenfalls<br />
vorhandenen stillen Reserven sichergestellt ist. Für den Wertansatz<br />
des eingebrachten Vermögens gelten die Regeln zur Verschmelzung<br />
von Körperschaften auf Personengesellschaften<br />
entsprechend.<br />
Unterliegt das Einkommen bei Einbringung in eine Organgesellschaft<br />
beim Organträger der Einkommensteuer, soll<br />
analog zur Verschmelzung eine Buchtwertfortführung nur aus<br />
Billigkeitsgründen möglich sein. Das Bewertungswahlrecht ist<br />
spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen<br />
Schlussbilanz unwiderruflich auszuüben, in der das übernommene<br />
Betriebsvermögen erstmals angesetzt wird. Während<br />
nachträglich aufgrund einer durchgeführten Betriebsprüfung<br />
veränderte Wertansätze grundsätzlich im Rahmen der allgemeinen<br />
Vorschriften zu berichtigen sind, bleiben die gewählten<br />
Wertansätze unverändert, sofern diese bei Zwischenwertansatz<br />
oberhalb des Buchwerts, aber unterhalb des gemeinen<br />
Werts liegen.<br />
• Übergangsregelung für einbringungsgeborene<br />
Anteile<br />
Bei der Sacheinlage einbringungsgeborener Anteile zu Zwischenwerten<br />
oder zum gemeinen Wert innerhalb von sieben<br />
Jahren nach der ursprünglichen Einbringung sind bei Ermittlung<br />
des Einbringungsgewinns weiterhin die hierfür ursprünglich<br />
anwendbaren Vorschriften zur Ausnahme von der (teilweisen)<br />
Steuerbefreiung für Veräußerungsgewinne einschlägig.<br />
Bei einer steuerbegünstigten Einbringung der einbringungsgeborenen<br />
Anteile unter dem gemeinen Wert gelten die neu<br />
erhaltenen Anteile an der übernehmenden Kapitalgesellschaft<br />
ebenfalls als einbringungsgeborene Anteile; hierdurch wird<br />
keine neue Siebenjahresfrist in Gang gesetzt. Nach Ablauf der<br />
ursprünglichen Siebenjahresfrist für die einbringungsgeborenen<br />
Anteile ist darüber hinaus neben § 21 UmwStG in der alten<br />
Fassung in Bezug auf die einbringungsgeborenen Anteile die<br />
Sperrfrist nach § 22 Absatz 1 beziehungsweise Absatz 2<br />
UmwStG zu beachten.<br />
• Bewertung der Anteile beim Anteilstausch<br />
§ 21 UmwStG regelt die Einbringung von Anteilen an in- oder<br />
ausländischen Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften<br />
gegen Gewährung von neuen Anteilen an der übernehmenden<br />
Kapitalgesellschaft/Genossenschaft, sofern die eingebrachten<br />
Anteile im Betriebsvermögen gehalten werden oder es sich um<br />
Anteile im Sinne des §§ 17 EStG oder einbringungsgeborene<br />
Anteile handelt. Werden die Anteile im Rahmen einer Sacheinlage<br />
eingebracht, gehen die Regelungen des § 20 UmwStG<br />
denen des § 21 UmwStG vor, wobei sich die Rechtsfolgen für<br />
den Einbringenden nach den Vorschriften über den Anteilstausch<br />
bestimmen. Der Wertansatz der übernehmenden<br />
Steuern A bis Z<br />
Gesellschaft gilt beim Einbringenden als Veräußerungspreis<br />
der eingebrachten Anteile und als Anschaffungskosten der<br />
erhaltenen Anteile. Bezüglich der Ausübung des Bewertungswahlrechts<br />
bei einem qualifizierten Anteilstausch sind die<br />
Grundsätze für die Sacheinlage entsprechend anzuwenden.<br />
Der Wert der Anteile ist, sofern sich dieser nicht aus zeitnah<br />
erfolgten Verkäufen ableiten lässt, nach dem (vereinfachten)<br />
Ertragswertverfahren zu ermitteln. Wird bei grenzüberschreitenden<br />
Einbringungen infolge des Anteilstauschs das deutsche<br />
Besteuerungsrecht hinsichtlich Gewinnen aus der Veräußerung<br />
der eingebrachten oder erhaltenen Anteile ausgeschlossen<br />
oder beschränkt, gilt für den Einbringenden unabhängig<br />
vom Wertansatz bei der übernehmenden Gesellschaft der gemeine<br />
Wert der eingebrachten Anteile als Veräußerungspreis<br />
und als Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile. Als Ausnahme<br />
hiervon kann der Einbringende die erhaltenen Anteile<br />
auf Antrag unabhängig von einem eventuell höheren Wertansatz<br />
der eingebrachten Anteile bei der übernehmenden Gesellschaft<br />
mit dem Buchwert ansetzen, sofern ein unbeschränktes<br />
Besteuerungsrecht Deutschlands für Gewinne aus der Veräußerung<br />
der erhaltenen Anteile besteht oder der Gewinn aus<br />
dem Anteilstausch aufgrund Artikel 8 der Fusionsrichtlinie<br />
nicht besteuert werden darf. Die doppelte Buchwertverknüpfung<br />
für grenzüberschreitende Vorgänge wird aufgegeben.<br />
• Besteuerung des Anteilseigners<br />
Durch die Möglichkeit der steuerneutralen Einbringung in eine<br />
Kapitalgesellschaft kann es im Hinblick auf die (teilweise)<br />
Steuerbefreiung von Veräußerungsgewinnen aus Anteilen an<br />
Kapitalgesellschaften zu einer sogenannten Statusverbesserung<br />
kommen. Der Gesetzgeber hat das zum Zweck der Missbrauchsbekämpfung<br />
ursprünglich eingeführte Konzept<br />
einbringungsgeborener Anteile mit dem SEStEG aufgegeben<br />
und durch ein System der Nachversteuerung von Einbringungsvorgängen<br />
bei steuerschädlichen Anteilsübertragungen<br />
innerhalb eines siebenjährigen Nachbetrachtungszeitraums in<br />
§ 22 UmwStG ersetzt.<br />
Dafür müssen, sofern eine Sacheinlage oder ein Anteilstausch<br />
zu einem Wert unter dem gemeinen Wert erfolgt ist, bestimmte<br />
Veräußerungsverbote und weitere gesetzliche Ersatzrealisationstatbestände<br />
beachtet werden. Soweit innerhalb der siebenjährigen<br />
Sperrfrist nach der Einbringung sperrfristbehaftete<br />
Anteile veräußert werden, wird die steuerbegünstigte Übertragung<br />
des Einbringungsgegenstands rückwirkend zeitanteilig<br />
versagt und der Einbringungsgewinn nachträglich der Besteuerung<br />
unterworfen (zeitanteilige Abschmelzung). Eine generelle<br />
Ausnahme von der möglichen Nachversteuerung besteht<br />
bei Einbringungen im Wege des Anteilstauschs, wenn der Einbringende<br />
die eingebrachten Anteile nach § 8 b Absatz 2 KStG<br />
hätte steuerfrei veräußern können und sich insoweit durch den<br />
Anteilstausch keine Statusverbesserung ergeben hat.<br />
Ist der Einbringende eine Personengesellschaft, löst nach Auffassung<br />
der Finanzverwaltung nicht nur die Veräußerung der<br />
steuern+recht Dezember 2011/Januar <strong>2012</strong> 27
Steuern A bis Z<br />
gewährten Anteile durch die Personengesellschaft, sondern<br />
auch die Veräußerung der Mitunternehmeranteile an der einbringenden<br />
Gesellschaft eine nachträgliche Besteuerung aus.<br />
Der Begriff der schädlichen Veräußerung ist gesetzlich nicht<br />
definiert, nach Auffassung der Finanzverwaltung jedoch im<br />
Fall jedweder Übertragungen gegen Entgelt gegeben. Danach<br />
sind besonders auch Umwandlungen und Einbringungen innerhalb<br />
der Sperrfrist grundsätzlich schädlich, es sei denn, der<br />
Einbringende weist nach, dass die sperrfristbehafteten Anteile<br />
im Wege der Sacheinlage oder des Anteilstauschs zum Buchwert<br />
übertragen wurden. Zudem kann aus Billigkeitsgründen<br />
unter bestimmten Voraussetzungen bei sonstigen Umwandlungen<br />
auf Kapitalgesellschaften zum Buchwert unter Ausgabe<br />
neuer Anteile von der Besteuerung des Einbringungsgewinns<br />
abgesehen werden. Umwandlungen auf Personengesellschaften<br />
sind jedoch nicht begünstigt, da es laut Finanzverwaltung<br />
eine Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers ist, auch bei<br />
Einbringungen in Personengesellschaften zum Buchwert von<br />
einer Veräußerung der Anteile auszugehen.<br />
Um die Besteuerung eines nachträglichen Einbringungsgewinns<br />
in den Fällen einer schädlichen Veräußerung oder der<br />
Erfüllung eines Ersatzrealisationstatbestands sicherzustellen,<br />
ist der Einbringende zur Abgabe eines jährlichen Nachweises<br />
(Nachweisfrist 31. Mai) darüber verpflichtet, wem die sperrfristbehafteten<br />
Anteile am Jahrestag der erfolgten Einbringung<br />
zuzurechnen sind. Wird kein Nachweis erbracht, gelten die<br />
sperrfristbehafteten Anteile als veräußert. Die Frist ist nicht<br />
verlängerbar. Allerdings kann der Nachweis auch nach Ablauf<br />
der Frist noch erfolgen, solange eine Änderung der betroffenen<br />
Steuerbescheide verfahrensrechtlich noch möglich ist.<br />
• Auswirkungen bei der übernehmenden Gesellschaft<br />
Im Fall der Besteuerung nach § 22 Absatz 1 beziehungsweise<br />
Absatz 2 UmwStG kann die übernehmende Gesellschaft auf<br />
Antrag eine Aufstockung der Buchwerte der eingebrachten<br />
Wirtschaftsgüter in Höhe des nachträglichen Einbringungsgewinns<br />
vornehmen, um eine Doppelbesteuerung der ursprünglich<br />
übertragenen stillen Reserven zu verhindern. Die<br />
Buchwertaufstockung ist einheitlich quotal nach dem Verhältnis<br />
der zum Einbringungszeitpunkt vorhandenen stillen Reserven<br />
und stillen Lasten vorzunehmen. Die Bescheinigung über<br />
den zu versteuernden Einbringungsgewinn nach § 22 Absatz 5<br />
UmwStG hat dabei den Charakter eines Grundlagenbescheids<br />
mit Bedeutung für den Ansatz des Erhöhungsbetrags nach § 23<br />
Absatz 2 Satz 1 UmwStG. Bedeutung hat dies vor allem für die<br />
Anfechtung des Grundlagenbescheids und für etwaige Änderungsmöglichkeiten<br />
des Steuerbescheids der Übernehmerin.<br />
28 <strong>PwC</strong><br />
Auswirkungen der Umwandlung auf die<br />
Organschaft<br />
• Finanzielle Eingliederung<br />
Wird der Organträger umgewandelt, ist eine zum bisherigen<br />
Organträger bestehende finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft<br />
dem übernehmenden Rechtsträger nach Ansicht<br />
der Finanzverwaltung nicht nur bei der Verschmelzung oder<br />
einem Formwechsel des Organträgers zuzurechnen, sondern<br />
auch bei einer Auf- oder Abspaltung mit Wirkung ab dem steuerlichen<br />
Übertragungsstichtag. Danach sollen die Voraussetzungen<br />
für die Organschaft erfüllt sein, wenn die Beteiligung<br />
an der Organgesellschaft dem übernehmenden Rechtsträger<br />
nach der Rückwirkungsfiktion zum Beginn des Wirtschaftsjahrs<br />
der Organgesellschaft zuzurechnen ist. Auch die erstmalige<br />
Begründung eines Organschaftsverhältnisses mit dem<br />
übernehmenden Rechtsträger ist unter der genannten Voraussetzung<br />
möglich. Eine finanzielle Eingliederung in den übernehmenden<br />
Rechtsträger dürfte jedoch nach der Rechtsprechung<br />
des Bundesfinanzhofs (BFH) auch dann vorliegen, wenn<br />
das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft schon vor dem<br />
steuerlichen Übertragungsstichtag beginnt, sofern zu diesem<br />
Zeitpunkt eine finanzielle Eingliederung in den übertragenden<br />
Rechtsträger besteht, da die Übernehmerin eine bestehende<br />
finanzielle Eingliederung fortführt. Auf die Rückwirkung<br />
kommt es nicht an. Wird ein Betrieb oder Teilbetrieb in eine<br />
Tochterkapitalgesellschaft ausgegliedert, sind die als Gegenleistung<br />
erhaltenen Anteile dem Einbringenden bereits mit<br />
Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags rückwirkend<br />
zuzurechnen. Ein Organschaftsverhältnis mit dem Einbringenden<br />
kann daher ab dem Wirtschaftsjahr der Tochtergesellschaft,<br />
das nach dem Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags<br />
beginnt, begründet werden. Damit hat die Finanzverwaltung<br />
ihre bisherige Auffassung geändert und die Rechtsprechung<br />
des BFH übernommen. Wird hingegen eine Mehrheitsbeteiligung<br />
im Rahmen eines Anteilstauschs nach § 21<br />
UmwStG übertragen, soll eine Organschaft zwischen der eingebrachten<br />
und der übernehmenden Gesellschaft frühestens<br />
ab dem Wirtschaftsjahr der eingebrachten Gesellschaft, das<br />
nach dem Zeitpunkt der Einbringung beginnt, möglich sein.<br />
Dies wird mit der fehlenden Rückbeziehungsmöglichkeit bei<br />
einem Anteilstausch begründet. Entgegen dieser Ansicht<br />
kommt es nach Meinung der obersten Finanzrichter indes auf<br />
die Rückwirkung nicht an, da die übernehmende Gesellschaft<br />
eine zum Einbringenden bestehende finanzielle Eingliederung<br />
im Rahmen der steuerlichen Rechtsnachfolge lediglich fortführt.<br />
In dem vorliegenden Erlass nimmt die Finanzverwaltung erstmals<br />
zur finanziellen Eingliederung bei der Anwachsung einer<br />
Organträger-Personengesellschaft auf ihren letzten verbleibenden<br />
Gesellschafter Stellung. Ist die Anwachsung Folge einer<br />
übertragenden Umwandlung mit steuerlicher Rückwirkung<br />
(zum Beispiel Verschmelzung der Gesellschafter), ist dem ver-
leibenden Gesellschafter die Beteiligung mit steuerlicher<br />
Rückwirkung zuzurechnen. Bei allen übrigen Anwachsungsvorgängen<br />
stellt die Finanzverwaltung auf den Übergang des<br />
wirtschaftlichen Eigentums ab. Im Hinblick auf die bei der<br />
Anwachsung eintretende Rechtsnachfolge ist diese Differenzierung<br />
jedoch fraglich.<br />
• Organschaftliche Ausgleichsposten<br />
An verschiedenen Stellen wurden Regelungen zur Behandlung<br />
der organschaftlichen Ausgleichsposten in den Erlass aufgenommen.<br />
Danach sind die Posten bei der Umwandlung des Organträgers<br />
grundsätzlich aufzulösen. Das gilt hingegen nicht,<br />
wenn die Organschaft vom übernehmenden Rechtsträger fortgeführt<br />
wird und die Umwandlung zu Buchwerten erfolgt.<br />
Wird ein Zwischenwert gewählt, soll eine anteilige Auflösung<br />
erfolgen. Es ist fraglich, ob die Ausgleichsposten nicht grundsätzlich<br />
fortzuführen sind. Das Abstellen auf die Fortführung<br />
der Organschaft vermag aus rechtlicher Sicht ebenfalls nicht<br />
zu überzeugen.<br />
Wird die Organgesellschaft verschmolzen, aufgespalten oder<br />
in eine Personengesellschaft umgewandelt, soll stets eine Auflösung<br />
in voller Höhe erfolgen. Bei einer Abspaltung zum<br />
Buchwert sind die Ausgleichsposten fortzuführen, während sie<br />
beim Ansatz der gemeinen Werte in der Übertragungsbilanz<br />
nach Maßgabe des Wertverhältnisses in § 15 Absatz 3 UmwStG<br />
anteilig aufgelöst werden sollen. Beim Zwischenwertansatz hat<br />
insoweit eine teilweise Auflösung zu erfolgen. Nach Auffassung<br />
der Verwaltung liegt grundsätzlich eine (anteilige) Veräußerung<br />
der Anteile an der Organgesellschaft vor, wonach die Ausgleichsposten<br />
folglich aufzulösen sind. Mit Ausnahme der<br />
Fälle, in denen Organträger und Organgesellschaft aufeinander<br />
verschmolzen werden oder die Organgesellschaft in eine<br />
Personengesellschaft umgewandelt wird, ist es mit Blick auf<br />
den Sinn und Zweck der organschaftlichen Ausgleichsposten –<br />
nämlich eine Doppelbesteuerung des Organeinkommens zu<br />
vermeiden – jedoch fraglich, ob die Posten nicht fortzuführen<br />
sind.<br />
• Mehrabführungen<br />
Die Finanzverwaltung äußert sich erstmals zu Mehrabführungen<br />
als Folge von Umwandlungsvorgängen. So wird im Erlass<br />
klarstellt, dass Mehrabführungen, die ihre Ursache in organschaftlicher<br />
Zeit haben, vorliegen, wenn das von der Organgesellschaft<br />
in eine andere Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft<br />
eingebrachte Vermögen dort in der Steuerbilanz mit<br />
dem Buchwert, die im Gegenzug gewährten Anteile in der<br />
Handelsbilanz der Organgesellschaft hingegen mit dem Verkehrswert<br />
angesetzt werden. Setzt die Organgesellschaft Vermögen,<br />
das auf sie im Rahmen einer Umwandlung oder Einbringung<br />
übergeht, in ihrer Handelsbilanz mit Verkehrswerten,<br />
in ihrer Steuerbilanz jedoch mit den Buchwerten an, soll es<br />
sich bei einer daraus resultierenden Mehrabführung um eine<br />
vororganschaftliche handeln. Voraussetzung für eine Mehrabführung<br />
ist ein Gewinnunterschied zwischen Handels- und<br />
Steuern A bis Z<br />
Steuerbilanz. Zu diesem kann es bei einer Aufwärtsverschmelzung<br />
kommen, im Fall einer Seitwärtsverschmelzung oder<br />
Einbringung hingegen höchstens dann, wenn auf die Ausgabe<br />
neuer Anteile verzichtet wird, da der Vermögenszugang im<br />
Zuge einer Nennkapitalerhöhung erfolgsneutral zu erfassen<br />
ist. Mit Blick auf den Wortlaut von § 14 Absatz 4 KStG ist die<br />
Verwaltungsauffassung fragwürdig. Denn Ursache der Mehrabführung<br />
ist die Umwandlung, die ohne Zweifel während der<br />
Organschaft stattfindet. So entsteht zum Beispiel der Vermögensunterschied<br />
infolge der unterschiedlichen Ausübung des<br />
Ansatzwahlrechts bei einer Aufwärtsverschmelzung in der<br />
Organschaft und wird im Normalfall während dieser Zeit auch<br />
wieder aufgelöst. Daher dürfte ein klassischer Fall einer organschaftlichen<br />
Mehrabführung vorliegen.<br />
Eine vororganschaftliche Mehr- oder Minderabführung soll<br />
auch vorliegen, wenn beim übertragenden Rechtsträger Vermögensunterschiede<br />
zwischen Handels- und Steuerbilanz<br />
bestehen und diese bei der übernehmenden Organgesellschaft<br />
zu einer Abweichung zwischen dem handelsrechtlichen und<br />
dem steuerrechtlichen Übernahmeergebnis führen. Da die<br />
Mehr- beziehungsweise Minderabführung infolge der Differenz<br />
beim Übernahmeergebnis der Organgesellschaft jedoch auch<br />
in diesem Fall ihre Ursache nicht in vororganschaftlicher Zeit<br />
hat, ist die Verwaltungsmeinung abzulehnen.<br />
Sie haben Fragen oder sind an Details interessiert? – Bitte rufen<br />
Sie Ihre Ansprechpartner an oder schreiben ihnen einfach eine<br />
E-Mail.<br />
Stephan Buchholz<br />
Tel.: +49 40 6378-8403<br />
stephan.buchholz@de.pwc.com<br />
Dr. Michael Haug<br />
Tel.: +49 40 6378-1905<br />
michael.haug@de.pwc.com<br />
steuern+recht Dezember 2011/Januar <strong>2012</strong> 29
Steuern A bis Z<br />
30 <strong>PwC</strong><br />
Christine Hoffmann<br />
Tel.: +49 40 6378-1039<br />
christine.hoffmann@de.pwc.com<br />
Kerstin Holst<br />
Tel.: +49 40 6378-2138<br />
kerstin.holst@de.pwc.com<br />
Dr. Dirk Nitzschke<br />
Tel.: +49 40 6378-8419<br />
dirk.nitzschke@de.pwc.com<br />
Besteuerung von Erstattungszinsen<br />
nach Paragraf 233 a Abgabenordnung:<br />
aktuelle Reaktionen<br />
Der Artikel „Besteuerung von Erstattungszinsen nach<br />
§ 233 a Abgabenordnung“ in der Ausgabe März 2011<br />
Ihres steuern+recht stellte Ihnen die im § 20 Absatz 1<br />
Nummer 7 Satz 3 Einkommensteuergesetz verankerte<br />
Reaktion des Gesetzgebers auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs<br />
vor. Außerdem wies er auf Unklarheiten hin,<br />
die zu diesem Zeitpunkt schon bestanden. Der aktuelle<br />
Beitrag erläutert Ihnen – nach einer kurzen Zusammenfassung<br />
der gesetzlichen Regelung – die (aktuell)<br />
jüngste Reaktion: den Beschluss des Finanzgerichts<br />
Münster.<br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … weshalb das Finanzgericht Münster die „rückwirkende<br />
Klarstellung“ aufgegriffen hat, nach der<br />
Erstattungszinsen nach wie vor besteuert werden.<br />
• … warum die entsprechende Regelung des § 52 a<br />
Einkommensteuergesetz nach Auffassung des Gerichts<br />
gegen das Rückwirkungsverbot verstoßen<br />
könnte.<br />
• … welche Voraussetzungen der Gesetzgeber nach<br />
Auffassung des Gerichts schaffen sollte, damit<br />
der gewollte Systemwechsel in der Besteuerung<br />
erreicht wird.<br />
Besteuerung von Erstattungszinsen nach<br />
Paragraf 233 a Abgabenordnung<br />
Im Urteil vom 15. Juni 2010 hatte sich der Bundesfinanzhof<br />
(BFH) gegen die Besteuerung von Erstattungszinsen nach<br />
§ 233 a Abgabenordnung (AO) ausgesprochen. – Vorausgesetzt:<br />
Die Zinsen resultieren aus der Erstattung von nicht<br />
abziehbaren Steuern nach § 12 Nummer 3 Einkommensteuergesetz<br />
(EStG), wie die Einkommensteuer. Da Nachzahlungszinsen<br />
auf nicht abziehbare Steuern bei der Ermittlung der<br />
steuerlichen Bemessungsgrundlage nicht berücksichtigt werden,<br />
wurde die Entscheidung des BFH als mehr als schlüssig<br />
angesehen.<br />
Als Reaktion auf diese Rechtsprechung könnte man die gesetzliche<br />
Regelung (§ 20 Absatz 1 Nummer 7 Satz 3 EStG) ansehen,<br />
die Gegenstand des Jahressteuergesetzes 2010 war<br />
beziehungsweise ist. Sie besagt: Es bleibt rückwirkend bei der<br />
bisherigen Würdigung von Erstattungszinsen und diese unterliegen<br />
nach wie vor der Besteuerung.<br />
Die bereits im oben genannten Artikel angesprochene Fragwürdigkeit<br />
der rückwirkenden Klarstellung (die gesetzliche „Neu“-<br />
Regelung ist auf alle offenen Fälle anzuwenden) griff nun<br />
unter anderem der Beschluss des Finanzgerichts (FG) Münster<br />
auf.<br />
Beschluss des Finanzgerichts Münster<br />
Das FG Münster hat in seinem Beschluss vom 27. Oktober 2011<br />
(2 V 913/11 E) ernstliche Zweifel an der oben dargestellten<br />
(rückwirkend anzuwendenden) Besteuerung von Erstattungszinsen<br />
nach AO geäußert, indem es der vom Steuerpflichtigen<br />
beantragten Aussetzung der Vollziehung stattgab.<br />
Dem Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Einkommensteuer<br />
des Antragstellers für das Jahr 2008 wurde mit<br />
Bescheid vom 14. Februar 2011 festgesetzt. Im Dezember 2008<br />
erhaltene Erstattungszinsen für die Jahre 2001, 2002 und
2003 in Höhe von 2.212 Euro wurden hierbei vom zuständigen<br />
Finanzamt – der gesetzlichen Regelung des § 20 Absatz 1 Nummer<br />
7 Satz 3 EStG entsprechend – als (positive) Einnahmen<br />
aus Kapitalvermögen berücksichtigt.<br />
Als Reaktion hierauf legte der Steuerpflichtige Einspruch<br />
gegen den Anfang 2011 erlassenen Bescheid ein und beantragte<br />
– um die aus der Berücksichtigung der Erstattungszinsen<br />
resultierende Zahlungsverpflichtung auszuhebeln – die<br />
Aussetzung der Vollziehung, wobei er sich auf das oben genannte<br />
Urteil des BFH aus dem Jahr 2010 berief. Ergänzend<br />
führte der Antragsteller (unter Anführung einer Vielzahl von<br />
Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts) aus, das Ende<br />
2010 erlassene Jahressteuergesetz 2010 und die darin enthaltene<br />
steuerliche Rückwirkung – verankert im § 52 a Absatz 8<br />
Satz 2 EStG – stünden nicht im Einklang mit dem Grundgesetz.<br />
Der Einspruch wurde – neben dem Antrag auf Aussetzung der<br />
Vollziehung – von der zuständigen Behörde mit Bescheid vom<br />
22. Februar 2011 als unbegründet zurückgewiesen beziehungsweise<br />
abgelehnt, und zwar unter Verweis auf § 20 Absatz<br />
1 Nummer 7 Satz 3 sowie § 52 a Absatz 8 Satz 2 EStG.<br />
Der Steuerpflichtige machte von seinen rechtlichen Möglichkeiten<br />
Gebrauch und beantragte beim FG Münster die<br />
(Teil-)Aussetzung der Vollziehung bei besagtem Einkommensteuerbescheid.<br />
Das FG Münster bestätigte die Ausführungen des Steuerpflichtigen<br />
und gab der beantragten Aussetzung der Vollziehung<br />
statt – begründet durch ernste Zweifel an der Rechtmäßigkeit<br />
des zugrunde liegenden Einkommensteuerbescheids.<br />
Im Rahmen der sogenannten summarischen Prüfung, die im<br />
Aussetzungsverfahren anzuwenden ist, stellte das Finanzgericht<br />
infrage, ob die Regelung des § 52 a Absatz 8 Satz 2 EStG<br />
der Verfassung entspreche. Im erwähnten Sachverhalt sei der<br />
neu gefasste § 20 Absatz 1 Nummer 7 Satz 3 auf das Veranlagungsjahr<br />
2008 angewandt worden. Es handele sich demzufolge<br />
um die „echte Rückwirkung“ (Rückwirkung von<br />
Rechtsfolgen auf zum Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses abgeschlossene<br />
Veranlagungszeiträume), die nur unter bestimmten<br />
Voraussetzungen zulässig sei. Folglich sei nicht auszuschließen,<br />
dass die entsprechende Regelung des § 52 a EStG gegen<br />
das aus dem Rechtsstaatsprinzip – verankert in Artikel 20<br />
Grundgesetz – folgende Rückwirkungsverbot verstoße.<br />
Daneben führte das FG aus, der Gesetzgeber habe auf eine umfassende<br />
steuerliche Neuregelung der Besteuerung von Erstattungs-<br />
und Nachzahlungszinsen verzichtet. Er hätte ein<br />
„wirklich neues Regelwerk“ mit einem Mindestmaß von Ansätzen<br />
neuer Prinzipien- oder Systemorientierung schaffen müssen,<br />
um die Besteuerung der Erstattungszinsen gesetzlich zu<br />
verankern, anstatt den § 20 entsprechend zu ergänzen. Der Gesetzgeber<br />
hebe mit dem Jahressteuergesetz 2010 die vorher<br />
Steuern A bis Z<br />
möglicherweise geltende Gleichbehandlung von Nachzahlungs-<br />
und Erstattungszinsen durch die gesetzliche Verankerung<br />
der Erstattungszinsenbesteuerung auf. Zweifelsohne sei<br />
er zu einem grundlegenden Systemwechsel berechtigt, was<br />
aber die Schaffung eines neuen Regelwerks voraussetze. Die<br />
bloße Ergänzung des § 20 Absatz 1 Nummer 7 um den entsprechenden<br />
Satz 3 sei gegebenenfalls als unzureichend anzusehen.<br />
Vielmehr bedürfe es wohl einer systematischen Klarstellung,<br />
Ergänzung oder Änderung weiterer Vorschriften wie<br />
§§ 9, 10 oder 12 EStG. Besonders das Zusammenspiel mit § 12<br />
Nummer 3 EStG sei klärungsbedürftig, da dieser Paragraf – der<br />
als vorrangig vor dem § 20 EStG anzusehen sei – die Zuordnung<br />
von nicht abziehbaren Steuern sowie damit im Zusammenhang<br />
stehenden steuerlichen Nebenleistungen zum nicht<br />
steuerbaren Bereich des Steuerpflichtigen regele (was die<br />
Nichtabziehbarkeit der Steuern beziehungsweise steuerlichen<br />
Nebenleistungen nach sich zieht).<br />
Zukünftige Entwicklungen<br />
Die Begründungen des Beschlusses des FG Münster stellen die<br />
Rechtmäßigkeit der §§ 20 Absatz 1 Nummer 7 Satz 3 und 52 a<br />
Absatz 8 Satz 2 infrage. Die Beschwerde (Voraussetzung, den<br />
Sachverhalt vor dem BFH zu klären) wurde zugelassen. Die<br />
weiteren Entwicklungen bleiben abzuwarten. Ihre Fachnachrichten<br />
steuern+recht werden Sie laufend informieren.<br />
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Barbara Weber<br />
Tel.: +49 69 9585-5047<br />
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Fundstellen<br />
• FG Münster, Beschluss vom 27. Oktober 2011 (2 V 913/11 E)<br />
• BFH, Urteil vom 15. Juni 2010 (VIII R 33/07)<br />
steuern+recht Dezember 2011/Januar <strong>2012</strong> 31
Steuern A bis Z<br />
Rückwirkende Absenkung der<br />
Beteiligungsgrenze<br />
Das Bundesfinanzministerium befasst sich erneut mit<br />
den Auswirkungen eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts<br />
aus dem Jahr 2010 zur Herabsenkung<br />
der Wesentlichkeitsgrenze bei Veräußerungen<br />
von Anteilen an Kapitalgesellschaften. Dieses Mal im<br />
Zentrum: Einlagen und Einbringungen.<br />
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte mit Beschluss<br />
vom 7. Juli 2010 entschieden, dass die in der Fassung des<br />
Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (StEntlG<br />
1999/2000/2002) bestehende Veräußerungsgewinnbesteuerung<br />
nicht verfassungskonform ist, soweit in einem Veräußerungsgewinn<br />
Wertsteigerungen steuerlich erfasst werden, die<br />
bis zur Verkündung des Gesetzes am 31. März 1999 entstanden<br />
sind und die entweder – bei einer Veräußerung bis zu<br />
diesem Zeitpunkt – nach der zuvor geltenden Rechtslage steuerfrei<br />
realisiert worden sind oder – bei einer Veräußerung nach<br />
Verkündung des Gesetzes – sowohl zum Zeitpunkt der Verkündung<br />
als auch zum Zeitpunkt der Veräußerung nach der zuvor<br />
geltenden Rechtslage steuerfrei hätten realisiert werden können.<br />
Das BVerfG begründete seine Entscheidung damit, dass<br />
insoweit bereits eine konkrete Vermögensposition entstanden<br />
sei, die durch die rückwirkende Absenkung der Beteiligungsgrenze<br />
nachträglich entwertet werde.<br />
Auch Einlagen und bestimmte Umwandlungsfälle<br />
von der Entscheidung betroffen<br />
Zur Anwendung der Grundsätze dieser Entscheidung auf die<br />
entsprechenden Veräußerungsfälle hatte die Finanzverwaltung<br />
bereits mit dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums<br />
(BMF) vom 20. Dezember 2010 Stellung genommen. In einem<br />
neuerlichen Schreiben zu diesem Themenkomplex weist das<br />
BMF jetzt darauf hin, dass die Grundsätze der erwähnten<br />
Entscheidung auch auf entsprechende Fälle von Einlagen<br />
sowie auf bestimmte Umwandlungen (Einbringungsgewinn II<br />
aufgrund der späteren Veräußerung der im Rahmen einer<br />
Betriebseinbringung mit eingebrachten Anteile durch die<br />
aufnehmende Kapitalgesellschaft) anzuwenden sind, und<br />
konkretisiert auch hier verschiedene Fallkonstruktionen:<br />
• Veräußerung von Beteiligungen nach dem 31. März 1999<br />
ohne zwischenzeitliche Teilwertabschreibung<br />
• Ermittlung des steuerbaren Gewinns<br />
• Vereinfachungsregelung zur Ermittlung des steuerbaren Gewinnanteils<br />
sowie abweichende Aufteilungsszenarien zugunsten<br />
und zuungunsten des Steuerpflichtigen<br />
• Veräußerung im Rahmen einer Betriebsveräußerung<br />
Soweit Anteile an Kapitalgesellschaften mit Verlust veräußert<br />
werden (bezogen auf die gesamte Besitzzeit), findet der Beschluss<br />
des BVerfG keine Anwendung. Bei der Ermittlung des<br />
32 <strong>PwC</strong><br />
Sale of shares as sale of business<br />
The finance ministry has issued a decree to the effect that<br />
the sale of shares in a company can be non-VAT-able as<br />
the sale of a business, if the subsidiary meets the economic<br />
integration qualification for joining a VAT group<br />
with the acquirer.<br />
The sale of a self-contained business unit from one business<br />
to another is not turnover within the meaning of the<br />
VAT Act. In January 2011, the Supreme Tax Court held<br />
that this could also apply to the sale of the shares in a<br />
VAT group subsidiary. The condition was that either the<br />
entire share capital was sold, or that a majority holding<br />
was sold and the acquirer purchased with the intention<br />
of bringing the new subsidiary into a VAT group. The<br />
consequence of a non-VAT-able sale outside the scope f<br />
the VAT Act as opposed to a VAT-free sale of shares under<br />
the act was the deduction of the input tax on the (in this<br />
case, legal and consultancy) costs associated with the<br />
sale.<br />
The finance ministry has now amended its VAT implementation<br />
decree to reflect this judgment. The sale of<br />
shares now ranks as the non-VAT-able sale of a business<br />
where the acquirer is able to assume the position of the<br />
seller as lead company in a VAT group comprizing the<br />
subsidiary acquired. This condition is deemed to be met<br />
if the newly acquired business is integrated into that of<br />
its new parent, that is, the subsidiary supports or complements<br />
the operation of the parent. It is not essential<br />
that the new subsidiary actually join the VAT group,<br />
provided it does not do so for other reasons. Transactions<br />
currently in process are protected by the provision that<br />
no exception will be taken to continued adherence to the<br />
old view of the law (a sale of shares is privileged for VAT<br />
if it is also privileged for income tax) up to the end of<br />
March <strong>2012</strong>. (Source: Tax & Legal News; http://taxnews.pwc.de/german-tax-and-legal-news/)<br />
Verlustes aus der Veräußerung sind daher die ursprünglichen<br />
Anschaffungskosten zu berücksichtigen. Der Verlust ist ohne<br />
zeitanteilige lineare Aufteilung und unter Beachtung der für<br />
das Teileinkünfteverfahren geltenden Regelungen zu berücksichtigen.<br />
Das Schreiben ist auf alle noch offenen Fälle anzuwenden.<br />
(MH)<br />
Fundstelle<br />
BMF, Schreiben vom 21. Dezember 2011 (IV C 6 – S2178/11/<br />
10001): Beschluss des BVerfG vom 7. Juli 2010 zu den Auswirkungen<br />
auf Einlagen nach § 6 Absatz 1 Nummer 5 Satz 1<br />
Buchstabe b EStG und Einbringungen nach § 22 Absatz 1 Satz<br />
5 in Verbindung mit Absatz 2 UmwStG
Recht aktuell<br />
Kein Rücktritt vom Aufhebungsvertrag<br />
nach Insolvenz des Arbeitgebers<br />
In einem Urteil vom 10. November 2011 (6 AZR 357/10) entschied<br />
das Bundesarbeitsgericht (BAG): Ein Arbeitnehmer<br />
kann während des Insolvenzverfahrens des Arbeitgebers selbst<br />
dann nicht von einem zuvor geschlossenen Aufhebungsvertrag<br />
zurücktreten, wenn der Arbeitgeber die vereinbarte Abfindung<br />
nicht zahlt. In dem entschiedenen Fall hatte ein Arbeitgeber<br />
mit einem Arbeitnehmer lange vor dem Antrag auf Eröffnung<br />
des Insolvenzverfahrens einen Aufhebungsvertrag zur Beendigung<br />
des Arbeitsverhältnisses geschlossen. Noch bevor der<br />
Arbeitgeber aber die vereinbarte Abfindung gezahlt hatte,<br />
beantragte er, das Insolvenzverfahren über sein Vermögen zu<br />
eröffnen. Das Insolvenzgericht ordnete an, dass der Arbeitgeber<br />
nur mit Zustimmung des Insolvenzverwalters über sein<br />
Vermögen verfügen dürfe. Nachdem der Arbeitgeber trotz<br />
einer anschließend vom Arbeitnehmer gesetzten Frist die<br />
Abfindung nicht zahlte, da der vorläufige Insolvenzverwalter<br />
seine Zustimmung dazu verweigerte, erklärte der Arbeitnehmer<br />
den Rücktritt von dem Aufhebungsvertrag. Später klagte<br />
er unter anderem auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis<br />
nicht durch den Aufhebungsvertrag beendet worden sei.<br />
Zu Unrecht, wie das BAG entschied. Das BAG ist der Auffassung,<br />
ein solcher Aufhebungsvertrag sei zwar als gegenseitiger<br />
Vertrag anzusehen. Die Zustimmung des Arbeitnehmers zum<br />
Arbeitsplatzverlust und die Zahlung der Abfindung durch den<br />
Arbeitgeber stünden in einem Gegenseitigkeitsverhältnis. Der<br />
Arbeitnehmer hätte somit grundsätzlich gemäß § 323 Absatz 1<br />
Bürgerliches Gesetzbuch von dem Vertrag zurücktreten können.<br />
Neben den weiteren Voraussetzungen, wie etwa dem<br />
Setzen einer angemessenen Zahlungsfrist, sei für das Rücktrittsrecht<br />
aber auch erforderlich, dass der Anspruch des Arbeitnehmers<br />
durchsetzbar sei. Hieran fehlt es nach Ansicht des<br />
BAG, wenn der Arbeitgeber nicht leisten muss oder darf. In<br />
dem zu beurteilenden Fall traf das nach Ansicht des Bundesgerichtshofs<br />
zu. Denn zum einen sei der Arbeitgeber aufgrund<br />
der Anordnung des Insolvenzgerichts nicht berechtigt gewesen,<br />
den von den Parteien vereinbarten Abfindungsbetrag ohne<br />
Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters an den<br />
Arbeitnehmer zu zahlen. Zum anderen wäre die Zahlung der<br />
Abfindung nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />
gemäß § 130 Absatz 1 Nummer 2 Insolvenzordnung<br />
(InsO) anfechtbar gewesen, da der Arbeitnehmer wusste, dass<br />
der Arbeitgeber den Eröffnungsantrag gestellt hatte. Der Arbeitnehmer<br />
wäre deshalb ohnehin gemäß § 143 Absatz 1 InsO<br />
verpflichtet gewesen, den Abfindungsbetrag zurückzuzahlen.<br />
Da der Anspruch aus diesen Gründen nicht durchsetzbar gewesen<br />
sei, habe der Arbeitnehmer nach dem Antrag auf Eröffnung<br />
des Insolvenzverfahrens nicht mehr von dem Aufhebungsvertrag<br />
zurücktreten können. Das Arbeitsverhältnis sei dementsprechend<br />
wirksam beendet gewesen. Wegen seines Anspruchs<br />
auf Zahlung der Abfindung ist der Arbeitnehmer deshalb wie<br />
alle anderen Insolvenzgläubiger zu behandeln.<br />
Gesetz zur Erleichterung von Unternehmenssanierungen<br />
Der Bundestag beschloss am 27. Oktober 2011 das Gesetz zur<br />
weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen<br />
(ESUG) und damit auch eine Reform des Insolvenzrechts. Wie<br />
schon in der Ausgabe April 2011 von steuern+recht auf Seite<br />
25 berichtet wurde, soll die Reform die Fortführung von sanierungsfähigen<br />
Unternehmen erleichtern und so dazu beitragen,<br />
Arbeitsplätze zu erhalten. Am Ziel der bestmöglichen Befriedigung<br />
der Gläubiger – das im deutschen Insolvenzrecht bisher<br />
im Vordergrund stand – soll laut der Begründung des Entwurfs<br />
aber festgehalten werden. Die Sanierung von Unternehmen<br />
soll unter anderem dadurch erleichtert werden, dass …<br />
• … die Gläubiger einen stärkeren Einfluss auf die Auswahl<br />
des Insolvenzverwalters erhalten.<br />
• … das Insolvenzplanverfahren ausgebaut und gestrafft wird.<br />
• … der Zugang zur Eigenverwaltung vereinfacht wird.<br />
• … die Zuständigkeit der Insolvenzgerichte konzentriert<br />
wird.<br />
Außerdem sollen Kapitalmaßnahmen im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens<br />
erleichtert werden, um die Möglichkeiten<br />
der Sanierung zu verbessern. Hier sieht der Entwurf speziell<br />
die Umwandlung von Forderungen in Gesellschaftsanteile vor,<br />
den sogenannten Debt Equity Swap.<br />
Nach Zustimmung des Bundesrats am 25. November 2011 und<br />
Unterzeichnung durch den Bundespräsident ist es am 13. Dezember<br />
2011 im Bundesgesetzblatt (BGBl. 2011, Teil 1, Nummer<br />
64, S. 2582) verkündet worden. Der Großteil der<br />
Regelungen tritt zum 1. März <strong>2012</strong> in Kraft.<br />
Gesetz für den Schutz vor überlangen<br />
Gerichtsverfahren<br />
Der Bundesrat stimmte am 14. November 2011 dem Gesetz<br />
über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und<br />
strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zu. Das Gesetz sieht eine<br />
Entschädigung vor, wenn Gerichtsverfahren übermäßig lange<br />
dauern. Die Bundesrepublik Deutschland reagiert damit auf<br />
die Kritik des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte<br />
(EGMR), der seit vielen Jahren regelmäßig den fehlenden<br />
Rechtsschutz gegen eine überlange Verfahrensdauer in<br />
Deutschland beanstandet. Ungefähr 80 Prozent aller Verurteilungen<br />
der Bundesrepublik vor dem EGMR erfolgen, weil<br />
Gerichtsverfahren in Deutschland zu lange dauern. Da eine<br />
Verbesserung des Rechtsschutzes in Deutschland nicht in Sicht<br />
war, hatte der EGMR der Bundesrepublik in einem sogenannten<br />
Piloturteil eine Frist bis Dezember 2011 gesetzt, um diesen<br />
Rechtsschutzmangel zu beheben. Dieser Verpflichtung ist die<br />
Bundesrepublik nunmehr nachgekommen.<br />
steuern+recht Dezember 2011/Januar <strong>2012</strong> 33
Recht aktuell<br />
Das Gesetz sieht eine Kombination aus einer Verzögerungsrüge<br />
und einem Entschädigungsanspruch vor. Überlange Verfahren<br />
sollen demnach durch eine zweistufige Lösung verhindert werden.<br />
In einer ersten Stufe muss der Betroffene die Verzögerung<br />
des Verfahrens dem Gericht gegenüber anzeigen und darauf<br />
hinweisen, dass das Gericht aus seiner Sicht zu langsam arbeitet.<br />
Der Richter hat so die Möglichkeit, der Verzögerung entgegenzuwirken.<br />
In einer zweiten Stufe kann der Betroffene die<br />
sogenannte Entschädigungsklage erheben, wenn sich das Verfahren<br />
trotz der erhobenen Rüge tatsächlich verzögert. Als<br />
Entschädigung für die immateriellen Nachteile, welche die<br />
Betroffenen durch die lange Verfahrensdauer erleiden, erhalten<br />
diese als Regelbetrag 1.200 Euro für jedes Jahr, soweit eine<br />
Wiedergutmachung auf andere Weise nicht ausreicht. Darüber<br />
hinaus ist auch eine Entschädigung für materielle Nachteile<br />
vorgesehen, etwa wenn die lange Verfahrensdauer zu einer<br />
Insolvenz einer der betroffenen Personen führt. Der Anspruch<br />
auf die Entschädigung besteht unabhängig von einem Verschulden<br />
des Gerichts.<br />
Nach Zustimmung durch den Bundesrat und Unterzeichnung<br />
durch den Bundespräsidenten ist es am 2. Dezember 2011 im<br />
Bundesgesetzblatt verkündet worden (BGBl. 2011, Teil 1 Nummer<br />
60, 2302) und am folgenden Tag in Kraft getreten.<br />
Vorschlag der Europäischen<br />
Kommission für ein gemeinsames<br />
europäisches Kaufrecht<br />
Mit dem Entwurf einer Verordnung des Parlaments der Europäischen<br />
Union (EU) und des Rates über ein Gemeinsames Europäisches<br />
Kaufrecht (KOM, 2011, 635 endgültig; 2011/0284,<br />
COD) vom 11. Oktober 2011 legte die Europäische Kommission<br />
einen Vorschlag für ein gemeinsames europäisches Kaufrecht<br />
vor.<br />
Im Grundsatz gilt im Moment in jedem europäischen Mitgliedstaat<br />
ein eigenes, nationales Kaufrecht. Im grenzüberschreitenden<br />
Handel müssen sich Unternehmer deshalb zunächst mit<br />
dem ausländischen Recht vertraut machen. Wollen sie in alle<br />
Mitgliedstaaten der EU liefern, müssen sie sich somit mit 27<br />
verschiedenen Rechtsordnungen auseinandersetzen. Bei Geschäften<br />
zwischen Unternehmen müssten Verhandlungen über<br />
das anzuwendende Recht geführt werden und bei Geschäften<br />
mit Verbrauchern müssten die Verträge an die jeweiligen verbraucherrechtlichen<br />
Anforderungen angepasst werden. All das<br />
erschwert nach Ansicht der EU-Kommission grenzüberschreitende<br />
Geschäfte und führt zu nicht unerheblichen Transaktionskosten,<br />
die gerade für kleinere und mittlere Unternehmen<br />
häufig nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zum Vertragswert<br />
stehen. Auf der anderen Seite könnten viele Verbraucher<br />
die Rechtslage im Ausland nicht einschätzen. Sie gingen<br />
34 <strong>PwC</strong><br />
deshalb häufig nicht auf Angebote ausländischer Unternehmen<br />
ein, auch wenn diese in Hinsicht auf Qualität oder Preis besser<br />
seien als inländische Angebote. Viele Unternehmen und auch<br />
Verbraucher nutzten nach Überzeugung der EU-Kommission<br />
aus diesen Gründen Gelegenheiten für grenzüberschreitende<br />
Geschäfte nicht, obwohl besonders das Internet das heutzutage<br />
ohne Weiteres möglich mache.<br />
Um diese bestehenden Hürden für den gemeinsamen Markt zu<br />
beseitigen, möchte die EU-Kommission mit dem gemeinsamen<br />
europäischen Kaufrecht ein eigenständiges, einheitliches, für<br />
beide Parteien gleichermaßen verständliches Vertragsrecht<br />
schaffen, das Unternehmen und Verbrauchern als zusätzliche,<br />
frei wählbare Alternative zu den nationalen Regelungen zur<br />
Verfügung steht.<br />
Das gemeinsame europäische Kaufrecht soll im Anwendungsbereich<br />
auf Kaufverträge und Verträge über die Bereitstellung<br />
digitaler Inhalte sowie damit im Zusammenhang stehende<br />
Dienstleistungen beschränkt sein. Es soll nur gelten, wenn die<br />
Parteien dies gemeinsam vereinbaren. Der Entwurf enthält insgesamt<br />
186, zum Teil sehr detaillierte Artikel speziell zu Abschluss<br />
und Beendigung von Verträgen, zu den Pflichten und<br />
Rechten des Verkäufers und des Käufers, wie etwa Lieferung,<br />
Zahlung, Erfüllung, Nacherfüllung, Widerruf, Schadenersatz<br />
und zum Gefahrübergang, zur Rückabwicklung von Verträgen<br />
und zur Verjährung. Stets unterscheidet der Entwurf dabei<br />
zwischen Verträgen zwischen Unternehmen und Verbrauchern<br />
und Verträgen, die ausschließlich zwischen Unternehmen geschlossen<br />
werden. Der Entwurf enthält außerdem im Anhang<br />
ein Muster für eine Widerrufsbelehrung, ein Standard-Widerrufsformular<br />
sowie ein Standard-Informationsblatt. Insgesamt<br />
ist das gemeinsame europäische Kaufrecht nach Ansicht der<br />
EU-Kommission so konzipiert, dass es Verbrauchern einen<br />
hohen Schutz bietet. Das werde das Vertrauen der Verbraucher<br />
stärken und sie ermutigen, in anderen EU-Staaten einzukaufen.<br />
Für Unternehmen werde der grenzübergreifende Handel<br />
erleichtert, weil sie die Möglichkeit hätten, unter Geltung identischer<br />
Regeln in alle Mitgliedstaaten zu liefern.<br />
Bevor der Vorschlag der Kommission in Kraft treten kann,<br />
müssen ihm noch die EU-Mitgliedstaaten und das Europäische<br />
Parlament zustimmen.<br />
Besetzung freier Arbeitsplätze mit<br />
schwerbehinderten Menschen<br />
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) befasste sich in einem Urteil<br />
vom 13. Oktober 2011 (8 AZR 608/10) mit der Prüfpflicht des<br />
Arbeitgebers aus § 81 Absatz 1 Sozialgesetzbuch IX (SGB IX)<br />
und dem Entschädigungsanspruch, der aus einer Verletzung<br />
dieser Prüfpflicht folgt. – Hintergrund: § 81 Absatz 1 SGB IX
verpflichtet Arbeitgeber zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit<br />
schwerbehinderten Menschen besetzt werden können. Damit<br />
auch arbeitslose oder Arbeit suchende schwerbehinderte<br />
Menschen angemessen berücksichtigt werden, muss der<br />
Arbeitgeber, frühzeitig Kontakt mit der Agentur für Arbeit aufnehmen.<br />
Verletzt ein Arbeitgeber diese Pflicht, besteht nach<br />
ständiger Rechtsprechung des BAG ein Indiz im Sinne des § 22<br />
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dafür, dass eine<br />
verbotene Benachteiligung des schwerbehinderten Bewerbers<br />
vorliegt. Kann der Arbeitgeber die Vermutung nicht widerlegen,<br />
hat der abgelehnte schwerbehinderte Bewerber einen<br />
Entschädigungsanspruch nach § 15 Absatz 2 AGG.<br />
Die Besonderheit der nun ergangenen Entscheidung des BAG<br />
liegt darin, dass die genannte Prüfpflicht nach Ansicht des BAG<br />
auch dann besteht, wenn der Bewerber seine Behinderung in<br />
dem Bewerbungsverfahren nicht offengelegt hat. Konsequenz<br />
der Entscheidung: Die Prüfpflicht des Arbeitgebers besteht<br />
immer und unabhängig davon, ob sich tatsächlich ein schwerbehinderter<br />
Mensch beworben oder seine Behinderung in dem<br />
Bewerbungsverfahren offengelegt hat. Die Entscheidung des<br />
BAG gilt für alle Arbeitgeber, ganz gleich, ob diese dem öffentlichen<br />
Bereich oder der Privatwirtschaft zuzuordnen sind.<br />
Für die Arbeitgeber wird es in Zukunft von großer Bedeutung<br />
sein, die Einhaltung der Prüfpflicht hinreichend zu dokumentieren.<br />
Nur auf diese Weise lassen sich drohende Entschädigungsansprüche<br />
seitens schwerbehinderter Bewerber<br />
vermeiden.<br />
Haben Sie Fragen? Dann rufen Sie bitte Ihren Ansprechpartner an<br />
oder schicken ihm einfach eine E-Mail.<br />
Dr. Arne Vogel<br />
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arne.vogel@de.pwc.com<br />
Ausländerrecht: Neues zur Blue<br />
Card<br />
Recht aktuell<br />
Mit der Blauen Karte EU soll im Laufe des Jahres<br />
<strong>2012</strong> ein neuer Aufenthaltstitel für Hochqualifizierte<br />
aus Nicht-EU-Staaten in Deutschland eingeführt<br />
werden.<br />
Eine entsprechende Gesetzesinitiative des Bundeskabinetts<br />
vom 7. Dezember 2011 geht auf unionrechtliche Vorgaben der<br />
RL 2009/50/EG (Hochqualifizierten-Richtlinie) zurück, deren<br />
Umsetzungsfrist bereits am 19. Juni 2011 abgelaufen ist. Der<br />
neue Aufenthaltstitel soll Drittstaatsangehörigen mit anerkannten<br />
beziehungsweise vergleichbaren ausländischen Hochschulabschlüssen<br />
die Ausübung einer qualifikationsentsprechenden<br />
Erwerbstätigkeit in Deutschland ermöglichen. Die<br />
Blaue Karte EU soll nur erteilt werden für Beschäftigungen mit<br />
einem Jahresgehalt, das dem 1,5-fachen des durchschnittlichen<br />
deutschen Bruttojahreslohns entspricht (44.000 Euro). In<br />
besonderen Mangelberufen kann auch das 1,2fache des Durchschnittsbruttojahresgehalts<br />
genügen (33.000 Euro). Von dieser<br />
Regelung dürften vor allem Ärzte und Ingenieure profitieren.<br />
Sowohl dem hoch qualifizierten Arbeitnehmer als auch seinen<br />
Familienangehörigen bietet die Blaue Karte EU Vorteile im<br />
Vergleich zu anderen Aufenthaltstiteln. Beispielsweise soll sie<br />
auch zum Aufenthalt in anderen EU-Mitgliedsstaaten berechtigen.<br />
Inhabern der Blauen Karte EU soll schon nach fünfjährigem<br />
Aufenthalt die Einbürgerung offenstehen. Nachziehenden<br />
Familienangehörigen wird der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt<br />
ohne vorherige Vorrangprüfung eröffnet. Ferner hat<br />
die Bundesregierung, über die reine Umsetzung der RL<br />
2009/50/EG hinaus, weitere Vergünstigungen für hoch qualifizierte<br />
Drittstaatsangehörige in Aussicht gestellt. Absolventen<br />
deutscher Hochschulen soll beispielsweise nach Abschluss<br />
ihres Studiums wie bisher für ein Jahr das Recht zustehen, sich<br />
zur Arbeitsplatzsuche in Deutschland aufzuhalten. Anders als<br />
bisher soll es ihnen in dieser Zeit jedoch ermöglicht werden,<br />
unbeschränkt zu arbeiten. Bis jetzt hat das Bundeskabinett<br />
seinen Gesetzentwurf für die Umsetzung der Blue Card noch<br />
nicht veröffentlicht. Nur Pressemitteilungen liegen vor. Jenseits<br />
der wenigen konkreten Vorgaben der RL 2009/50/EG gibt<br />
es daher noch keine gesicherten Informationen über den Inhalt<br />
der Gesetzesinitiative des Bundeskabinetts. In welcher Form<br />
der deutsche Gesetzgeber die RL 2009/50/EG umsetzen wird,<br />
bleibt abzuwarten. (Quelle: Human Resource News von <strong>PwC</strong>)<br />
Sie haben Fragen oder sind an Details interessiert? – Bitte rufen<br />
Sie Ihre Ansprechpartnerin an oder schreiben ihr einfach eine<br />
E-Mail<br />
Nanette Ott<br />
Tel.: +49 69 9585-6434<br />
nanette.ott@de.pwc.com<br />
steuern+recht Dezember 2011/Januar <strong>2012</strong> 35
Länder<br />
Länderreport<br />
Ungarn<br />
Neues Steuerabkommen zwischen<br />
Deutschland und Ungarn veröffentlicht<br />
Am 4. Juli 2011 wurde das am 28. Februar<br />
2011 in Budapest unterzeichnete<br />
Abkommen zwischen der Bundesrepublik<br />
Deutschland und der Republik<br />
Ungarn zur Vermeidung der Doppelbesteuerung<br />
und zur Verhinderung der<br />
Steuerumgehung auf dem Gebiet der<br />
Steuern vom Einkommen und Vermögen<br />
durch das Gesetz LXXXIV aus 2011 ratifiziert.<br />
Das Abkommen ersetzt damit die<br />
Verordnung 27 aus dem Jahr 1979. Es<br />
tritt am 30. Tag nach dem Tag des Austausches<br />
der Ratifikationsurkunden mit<br />
beidseitiger Wirkung in Kraft und wird<br />
auf steuerliche Sachverhalte ab dem<br />
1. Januar <strong>2012</strong> Anwendung finden.<br />
Wesentliche Elemente des mit der Bundesrepublik<br />
Deutschland abgeschlossenen<br />
Abkommens wurden geändert, um<br />
Übereinstimmung mit dem Musterabkommen<br />
der Organisation für wirtschaftliche<br />
Zusammenarbeit und<br />
Entwicklung zu erreichen. Unter anderem<br />
folgende Änderungen wurden eingeführt:<br />
• Die Regeln für Verrechnungspreise<br />
wurden abgemildert: Sollte die Steuerbehörde<br />
eines Vertragsstaats anwendbare<br />
Steuern deswegen erhöhen, weil<br />
sie die Verrechnungspreise, die zwischen<br />
in Ungarn und in Deutschland<br />
ansässigen verbundenen Unternehmen<br />
vereinbart wurden, für nicht markt -<br />
üblich hält, ist die Steuerbehörde des<br />
anderen Vertragsstaats verpflichtet,<br />
36 <strong>PwC</strong><br />
Aktuelles aus<br />
Mittel- und Osteuropa<br />
die Steuern des betroffenen Unternehmens<br />
entsprechend anzupassen.<br />
• Bei Dividendenzahlungen findet der<br />
verminderte Steuersatz von fünf Prozent<br />
bereits dann Anwendung, wenn<br />
der Dividendenempfänger eine unmittelbare<br />
Beteiligung von mindestens<br />
zehn Prozent (anstatt der bisher vorgeschriebenen<br />
25 Prozent) hält. In sonstigen<br />
Fällen bleibt der reguläre<br />
Steuersatz von 15 Prozent erhalten.<br />
• Die Regeln zur Veräußerung von Anteilen<br />
an Gesellschaften mit unbeweglichem<br />
Vermögen werden strenger:<br />
Gemäß dem neuen Abkommen können<br />
die Gewinne aus der Veräußerung<br />
von Anteilen an einer Gesellschaft,<br />
deren Vermögen zu mehr als 50 Prozent<br />
– aus unbeweglichem Vermögen, oder<br />
– aus Anteilen an anderen Gesellschaften<br />
besteht, in denen das Vermögen<br />
zu mehr als 50 Prozent aus unbeweglichem<br />
Vermögen besteht,<br />
in dem Staat besteuert werden, in dem<br />
das unbewegliche Vermögen liegt.<br />
• Ebenfalls werden die Voraussetzungen<br />
höher, nach denen die Vergütung, die<br />
eine in einem Vertragsstaat ansässige<br />
Person für eine im anderen Vertragsstaat<br />
ausgeübte Arbeit bezieht, in Letzterem<br />
von der Steuer befreit werden<br />
kann. Eine der Bedingungen ist, dass<br />
sich der Arbeitnehmer in dem anderen<br />
Staat nicht länger als 183 Tage, gerechnet<br />
auf einen Zeitraum von zwölf<br />
Monaten, aufhält. Ferner findet die<br />
Steuerbefreiung keine Anwendung auf<br />
Entgelte, die im Rahmen gewerbsmäßiger<br />
Arbeitnehmerüberlassung gezahlt<br />
werden.<br />
EU kompakt<br />
Änderungen des Steuersystems für<br />
<strong>2012</strong><br />
Nachfolgend einige der von der Regierung<br />
vorgeschlagenen Steueränderungen<br />
für <strong>2012</strong>:<br />
Umsatzsteuer<br />
• Der allgemeine Umsatzsteuersatz wird<br />
auf 27 Prozent erhöht.<br />
• Umsatzsteuer für zum Zwecke steuerpflichtiger<br />
Tätigkeiten geleaste Fahrzeuge<br />
wird abzugsfähig.<br />
• Steuerpflichtige, die fortwährend<br />
Umsatzsteuererstattungen erhalten,<br />
können auch weiterhin beantragen,<br />
häufiger Umsatzsteuererklärungen<br />
abzugeben.<br />
• Die Regelungen für sogenannte Geschäfte<br />
innerhalb von Lieferketten<br />
werden geändert: Nur die an einem<br />
solchen Geschäft als mittleres Glied<br />
beteiligte Person kann durch Beweis<br />
ihrer Verkäufereigenschaft die Rechtsvermutung<br />
widerlegen, nach der sie<br />
als Käufer gilt.<br />
• Die Regelungen zur nachträglichen<br />
Änderung der Steuerbemessungsgrundlage<br />
werden modifiziert:<br />
– Die Steuerbemessungsgrundlage<br />
wird reduziert, falls die Parteien<br />
versehentlich höhere Beträge als vereinbart<br />
in Rechnung gestellt haben.<br />
Dasselbe gilt für den Fall einer<br />
Vorauszahlung, die aufgrund unvollständiger<br />
Lieferung teilweise zurückgezahlt<br />
wird.<br />
– Die Zahl der Fälle, in denen das<br />
Verfahren zur Selbstprüfung nicht<br />
notwendig ist, wird erhöht.<br />
• Die Regelungen zur Verjährungsfrist<br />
werden wieder auf die erstattungsfähige,<br />
vorgetragene Umsatzsteuer<br />
Weitere interessante Beiträge finden Sie<br />
in der neuen Ausgabe von EU kompakt.<br />
Bestellung<br />
E-Mail:<br />
celina.maciejewski@de.pwc.com
angewandt; ein Vortrag ist nur innerhalb<br />
der Verjährungsfrist möglich.<br />
• Die Information, ob ein Steuerpflichtiger<br />
das besondere Verfahren zur<br />
Besteuerung von Immobilienunternehmen<br />
gewählt hat, wird auf der offiziellen<br />
Homepage der ungarischen<br />
Steuerbehörde einsehbar.<br />
• Umsatzsteuer im Fall der Warenlagerung:<br />
Bestimmte Vorgänge bei der<br />
Lagerung von Waren werden umsatzsteuerlich<br />
anders beurteilt.<br />
• Erweiterung der Pflicht zur Erstellung<br />
von Rechnungen.<br />
• Anpassung der Regeln zur Erstellung<br />
von elektronischen Rechnungen.<br />
• Der zwischen verbundenen Unternehmen<br />
anwendbare Marktpreis wird<br />
bei der Verteilung der anwendbaren<br />
Umsatzsteuer mit berücksichtigt.<br />
Einkommensteuer – Vereinfachung<br />
des Systems<br />
• Steuerfreibeträge für Einkünfte aus<br />
nicht selbstständiger Arbeit werden<br />
abgeschafft. Dafür wird der Zuschlag<br />
von 27 Prozent der Steuerbemessungsgrundlage<br />
erst ab einem monatlichen<br />
Bruttoeinkommen von 202.000 Ungarischen<br />
Forint (etwa EUR 903) angewandt.<br />
• Das umfangreiche System der Freibeträge<br />
für Familien wird beibehalten.<br />
• Bestimmte Lohnnebenleistungen (zum<br />
Beispiel Verpflegungszuschüsse)<br />
bleiben mit Einschränkungen auch<br />
weiterhin steuerlich begünstigt.<br />
• Steuern auf an Arbeitnehmer generell<br />
oder aufgrund interner Richtlinien<br />
gewährte Zuschüsse sind durch den<br />
Arbeitgeber, statt wie bisher durch den<br />
Arbeitnehmer, zu tragen. Zusätzlich<br />
werden nunmehr Einkommensteuer<br />
und Sozialbeiträge auch auf Bewirtungsaufwendungen<br />
und Aufwendungen<br />
für geschäftlich veranlasste<br />
Geschenke erhoben.<br />
Änderung der Regelungen zur<br />
Sozialversicherung<br />
• Die Beiträge zur Krankenversicherung<br />
für Arbeitnehmer steigen um ein Prozent.<br />
• Nicht-EU-Ausländer unterliegen nach<br />
zwei Jahren der Sozialversicherungspflicht.<br />
Ein vorhersehbares und stabiles<br />
steuerliches Umfeld für Unternehmen<br />
• Verlustvorträge sind bis zur Grenze<br />
von 50 Prozent der Steuerbemessungsgrundlage<br />
abzugsfähig. Nicht verwendete<br />
Verlustvorträge gehen im Fall der<br />
Übernahme des Unternehmens unter.<br />
• Ab <strong>2012</strong> unterliegt der Verkauf von<br />
ausgewiesenem immateriellem Anlagevermögen<br />
nicht mehr der Körperschaftsteuer.<br />
Voraussetzung der<br />
Befreiung ist aber die Anmeldung der<br />
Veräußerung. Weiterveräußerungsvorgänge<br />
sind erst nach Ablauf eines Jahres<br />
seit dem Ersterwerb von der Steuer<br />
befreit.<br />
• Hat ein Unternehmen, das in Ungarn<br />
ansässig ist, eine Betriebsstätte in<br />
einem anderen Land, das ein DBA mit<br />
Ungarn abgeschlossen hat, und werden<br />
über die Betriebsstätte bestimmte<br />
Transaktionen mit einem<br />
Unternehmen in einem Drittland abgewickelt,<br />
so ist die Dokumentation von<br />
Verrechnungspreisen dann nicht erforderlich,<br />
wenn die tatsächliche Preisfestsetzung<br />
der Transaktion die<br />
ungarische Steuerbemessungsgrundlage<br />
nicht beeinflusst.<br />
• Ausländische Steuern, die der Körperschaftssteuer<br />
entsprechen, dürfen den<br />
steuerlichen Gewinn nicht mindern.<br />
• Erwirbt eine Gesellschaft Anteile von<br />
sich selbst (eigene Anteile), wird hiervon<br />
nur die Berechnung des Eigenkapitals<br />
beeinflusst. Auswirkungen auf<br />
den steuerlichen Gewinn hat dies<br />
nicht.<br />
• Veränderungen im Besitz von Gesellschaftsanteilen<br />
sind nur bei Erhöhung<br />
des gehaltenen Anteils anzumelden.<br />
• Die Regelungen zur Unterkapitalisierung<br />
werden erweitert, um auch zinsfreie<br />
Verbindlichkeiten mit einzubeziehen.<br />
• Der Bereich von Tätigkeiten, die dem<br />
Bereich der Forschung und Entwicklung<br />
(FuE) unterfallen, wird erweitert.<br />
Nunmehr sind auch Tätigkeiten, die<br />
nur zu einem Teil aus FuE bestehen<br />
Länder<br />
oder die im Rahmen einer Forschungsvereinbarung<br />
oder in Gemeinschaft<br />
mit anderen Unternehmen vorgenommen<br />
werden, steuerbegünstigt.<br />
Gabriella Erdös<br />
Tel.: +36 1 461-9130<br />
USA<br />
Ab Beginn des Veranlagungszeitraums<br />
2011 haben die USA eine Anzeigepflicht<br />
für ausländische Finanzanlagen eingeführt.<br />
Die sogenannte Form 8938 ist als<br />
Teil der individuellen US-Steuererklärung<br />
von allen unbeschränkt Steuerpflichtigen<br />
einzureichen, sobald der<br />
Wert der ausländischen Finanzanlagen<br />
entweder am Stichtag 31. Dezember des<br />
jeweiligen Steuerjahres 50.000 US-Dollar<br />
übersteigt oder unterjährig an mindestens<br />
einem Tag mehr als 100.000<br />
US-Dollar beträgt. Für verheiratete und<br />
natürliche Personen, die außerhalb der<br />
USA leben, gelten höhere Freibeträge.<br />
Die Anzeigepflicht erweitert die bereits<br />
bestehende Anzeigepflicht des Formulars<br />
TD F 90-22.1. Falls die Anzeigepflicht<br />
missachtet wird, kann eine Strafzahlung<br />
von bis zu 10.000 US-Dollar festgesetzt<br />
werden. (Quelle: Human Resource News<br />
von <strong>PwC</strong>)<br />
Brigitte Dusolt<br />
Tel.: +49 69 9585-6193<br />
brigitte.dusolt@de.pwc.com<br />
steuern+recht Dezember 2011/Januar <strong>2012</strong> 37
Ticker<br />
Steuern & Recht: die Seite für alle Steuerfragen<br />
In allen Phasen des wirtschaftlichen Handelns spielen Steuerfragen eine wichtige<br />
Rolle. Die Quellen des Steuerrechts sind mannigfaltig, international vor allem durch<br />
Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und im Inland durch Verfügungen<br />
der Finanzverwaltung sowie durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geprägt.<br />
Umfassend und aktuell stellt Ihnen <strong>PwC</strong> deshalb die erforderlichen Informationen<br />
online auf der neuen Steuern-&-Recht-Seite in deutscher und englischer<br />
Sprache zur Verfügung. Neben aktuellen Steuernachrichten, Newslettern und Publikationshinweisen<br />
erläutern die Steuerexperten von <strong>PwC</strong> Handlungsspielräume und<br />
Gestaltungsmöglichkeiten für Unternehmen.<br />
Ihr Link zur deutschen Seite<br />
http://tax-news.pwc.de/steuern-und-recht/<br />
Ihr Link zur englischen Seite<br />
http://tax-news.pwc.de/german-tax-and-legal-news/<br />
Statutes<br />
Cases<br />
Decrees<br />
38 <strong>PwC</strong><br />
Tax & Legal News<br />
BFH – kurz und knapp<br />
Erfolgreicher Rechtsbehelf<br />
Für fehlerhaft zu hoch ausgesetzte<br />
Beträge entstehen keine Aussetzungszinsen,<br />
wenn der Rechtsbehelf in der<br />
Hauptsache vollen Erfolg hatte.<br />
BFH, Urteil vom 31. August 2011<br />
(X R 49/09)<br />
Fingierte Ausgaben<br />
Eine Selbstanzeige führt nicht zum<br />
Erlöschen des Steueranspruchs, wenn zu<br />
Unrecht abgezogene Werbungskosten<br />
oder Betriebsausgaben in der Erklärung<br />
fälschlich als nicht erklärte „Betriebsund<br />
Zinseinnahmen“ dargestellt werden.<br />
BFH, Urteil vom 28. Juni 2011<br />
(VIII R 25/08)<br />
Verjährte Rückforderung<br />
Versehentlich zu viel angerechnete und<br />
an den Steuerpflichtigen erstattete Lohnsteuer<br />
kann von der Finanzverwaltung<br />
nicht mehr zurückgefordert werden,<br />
wenn seit dem Erlass des Einkommensteuerbescheids<br />
mehr als fünf Jahre verstrichen<br />
sind. Zu diesem Zeitpunkt<br />
entsteht der Rückforderungsanspruch,<br />
der in fünf Jahren verjährt.<br />
BFH, Urteil vom 25. Oktober 2011<br />
(VIII R 25/08)<br />
Vereinbarte Gesellschafterstellung<br />
Ausgaben zur Tilgung einer Bürgschaftsverpflichtung<br />
durch den Arbeitnehmer<br />
einer Gesellschaft führen auch dann zu<br />
Werbungskosten bei den Einkünften aus<br />
nicht selbstständiger Arbeit, wenn eine<br />
Gesellschafterstellung vereinbart ist.<br />
BFH, Urteil vom 16. November<br />
2011 (VI R 97/10)<br />
Beiträge in Englisch finden Sie in<br />
der neuen Ausgabe von Tax & Legal<br />
News.<br />
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Gabriele Stein<br />
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Die Beiträge sind als Hinweise für unsere Mandanten<br />
bestimmt. Für die Lösung einschlägiger Probleme greifen Sie<br />
bitte auf die angegebenen Quellen oder die Unterstützung<br />
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dürfen nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung<br />
durch den Herausgeber nachgedruckt oder vervielfältigt<br />
werden. Meinungsbeiträge geben die Auffassung der einzelnen<br />
Autoren wieder. Beiträge ohne Ansprechpartner hat die Tax-<br />
Redaktion verfasst.<br />
Über uns<br />
Unsere Mandanten stehen tagtäglich vor vielfältigen Aufgaben,<br />
möchten neue Ideen umsetzen und suchen Rat. Sie erwarten,<br />
dass wir sie ganzheitlich betreuen und praxisorientierte Lösungen<br />
mit größtmöglichem Nutzen entwickeln. Deshalb setzen<br />
wir für jeden Mandanten, ob Global Player, Familienunternehmen<br />
oder kommunaler Träger, unser gesamtes Potenzial ein:<br />
Erfahrung, Branchenkenntnis, Fachwissen, Qualitätsanspruch,<br />
Innovationskraft und die Ressourcen unseres Expertennetzwerks<br />
in über 158 Ländern. Besonders wichtig ist uns die vertrauensvolle<br />
Zusammenarbeit mit unseren Mandanten, denn je<br />
besser wir sie kennen und verstehen, umso gezielter können<br />
wir sie unterstützen.<br />
<strong>PwC</strong>. 8.900 engagierte Menschen an 28 Standorten.<br />
1,45 Milliarden Euro Gesamtleistung. Führende Wirtschaftsprüfungs-<br />
und Beratungsgesellschaft in Deutschland.<br />
Die PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
bekennt sich zu den <strong>PwC</strong>-Ethikgrundsätzen<br />
(zugänglich in deutscher Sprache über www.pwc.de/<br />
de/ethikcode) und zu den Zehn Prinzipien des UN Global<br />
Compact (zugänglich in deutscher und englischer Sprache<br />
über www.globalcompact.de).<br />
© Dezember 2011/Januar <strong>2012</strong><br />
PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.<br />
Alle Rechte vorbehalten.<br />
„<strong>PwC</strong>“ bezeichnet in diesem Dokument die Pricewaterhouse-<br />
Coopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft,<br />
die eine Mitgliedsgesellschaft der PricewaterhouseCoopers<br />
International Limited (<strong>PwC</strong>IL) ist. Jede der Mitgliedsgesellschaften<br />
der <strong>PwC</strong>IL ist eine rechtlich selbstständige Gesellschaft.<br />
steuern+recht Dezember 2011/Januar <strong>2012</strong> 39
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