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März <strong>2010</strong><br />

pwc:<br />

steuern+recht<br />

Nachrichten für Experten<br />

Titel<br />

Aufstellung einer Steuerbilanz und integrierte Steuerbuchführung nach dem<br />

Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz


Inhalt<br />

Steuern aktuell 4<br />

Titel 6<br />

Aufstellung einer Steuerbilanz und integrierte Steuerbuchführung<br />

nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz . . . . . . . . . 6<br />

Steuern A bis Z 11<br />

Hinzurechnung einer Teilwertabschreibung bei der<br />

Ermittlung des Gewerbeertrags einer Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />

Einkommensteuergesetz: kein grundsätzliches Aufteilungs-<br />

und Abzugsverbot in Paragraf 12 Nummer 1 Satz 2 . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

Zugelassener Wirtschafts beteiligter (Teil 6): der Status als<br />

Baustein eines umfass<strong>end</strong>en Risikomanagements . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

Präzisierung der Voraussetzungen einer wirtschaftlichen<br />

und organisatorischen Eingliederung bei umsatzsteuerlicher<br />

Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen nach dem<br />

8. Dezember 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

Keine Anrechnung abkommenswidrig erhobener Schweizer<br />

Quellensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

Zur Verw<strong>end</strong>ungsfestschreibung des steuerlichen<br />

Einlagekontos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

Das aktuelle Buch: Verluste im Steuerrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

Recht aktuell 26<br />

Bundesministerium reagiert auf Kritik zur Datenerhebung für<br />

elektronischen Entgeltnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

Internationale Wirtschaftsstreitigkeiten: Verhandlungen vor<br />

deutschen Gerichten künftig in Englisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

Neues Informationsportal für Dienstleistungen in anderen<br />

europäischen Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

Hauptinsolvenzverfahren in einem Mitgliedstaat schränkt<br />

Vollstreckungsmöglichkeiten ein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

Unzureich<strong>end</strong>e Deutschkenntnisse können eine ordentliche<br />

Kündigung rechtfertigen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

Deutsche Kündigungsfristen enthalten gemeinschaftsrechtswidrige<br />

Altersdiskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

Gesellschaften mit beschränkter Haftung:<br />

gesteigerte Bedeutung der Gesellschafterliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

Die einvernehmliche Aufhebung von Arbeitsverhältnissen . . . . . . 30<br />

Neues Recht für Vereine: Überblick der Rechtsänderungen . . . . 33<br />

<strong>PwC</strong>-Studie: „Krise. Risiko. Management. Welche<br />

Konsequenzen ziehen deutsche Unternehmen aus der<br />

Wirtschaftskrise?“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />

Länder 35<br />

Ticker 38<br />

Impressum 39<br />

2 pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong>


pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong><br />

Prof. Dr. Dieter Endres,<br />

Leiter Steuern und Mitglied<br />

des Vorstands<br />

„Herr der Zahlen bleiben“<br />

Einmal im Jahr müssen Unternehmen sprichwörtlich Farbe<br />

bekennen und über die Bilanz tiefe Einblicke in ihre wirtschaftliche<br />

Situation gewähren. Die Regeln dafür hat das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz<br />

(BilMoG) erst im Mai 2009 in großem<br />

Umfang reformiert. Die größte Umbildung der deutschen Rechnungslegung<br />

betrifft dabei nicht nur die Handelsbilanz. Sie wirkt<br />

sich auch sehr stark auf die Steuerbilanz aus. Denn das BilMoG<br />

lässt den Unternehmen mit der Abschaffung der umgekehrten<br />

Maßgeblichkeit per se mehr Freiräume. Der Steuerpflichtige<br />

muss sich bei der Aufstellung seiner Steuerbilanz nun nicht mehr<br />

generell an die Vorgaben der Handelsbilanz halten. Er hat vielmehr<br />

verschiedene Wahlrechte in der Steuerbilanz, die er nutzen<br />

kann, ohne darauf achten zu müssen, was er in der Handels bilanz<br />

gemacht hat. Gerade die – neben wenigen Annäherungen –<br />

gänzlich neu geschaffenen oder wenigstens verstärkten Unterschiede<br />

zwischen Handels- und Steuerbilanz machen die<br />

Abwicklung zwangsläufig aber auch komplexer und erhöhen die<br />

Kosten für die Unternehmen. Die Lösung für dieses mittelschwere<br />

Dilemma heißt: integrierte Steuerbuchführung. Wie die<br />

gestiegenen Anforderungen an die steuerliche Buchführung im<br />

Einzelnen und die Aufstellung der Steuerbilanz in Unternehmen<br />

als Prozess effizient umgesetzt werden können, erläutern Ihnen<br />

die <strong>PwC</strong>-Autoren Heiko Schäfer, Jens Briese, Matthias Walz,<br />

Nico Flemming und Kai Vogeler in der Titelgeschichte „Aufstellung<br />

einer Steuerbilanz und integrierte Steuerbuchführung nach<br />

dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz“ auf den Seiten 6 bis 10.<br />

Qualifizierte Mitarbeiter zu finden, zu halten und zu motivieren,<br />

steht beim derzeit starken Wettbewerb um Talente ganz oben auf<br />

der Ag<strong>end</strong>a der Personalverantwortlichen. Mittel hierfür bieten vor<br />

allem die Vergütung und weitere geldwerte Vorteile wie etwa Beteiligungen<br />

am Erfolg und Kapital des Unternehmens für das Personal.<br />

Vom Kollegen zum Miteigentümer – eine Entwicklung, die auch<br />

der Gesetzgeber erkannt hat. Unlängst hat sich auch das Bundes -<br />

finanzministerium wieder mit der Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen<br />

beschäftigt. – Wann eine Beteiligung steuerbegünstigt ist,<br />

zeigt anschaulich der Beitrag „Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen<br />

nach dem 8. Dezember 2009“ der <strong>PwC</strong>-Autoren Rosemarie<br />

Portner und Christian Röpke auf den Seiten 20 bis 22.<br />

Editorial<br />

Währ<strong>end</strong> die einen Talente anwerben und Mitarbeiter binden,<br />

denken andere Unternehmen über Möglichkeiten nach, ihre Kosten<br />

zu senken – speziell in konjunkturell schwierigen Zeiten. Ein<br />

dabei oft beschrittener Weg ist der Abbau personeller Überkapazitäten.<br />

Damit eventuell erforderliche Kündigungen nicht vor dem<br />

Arbeitsgericht <strong>end</strong>en, bemühen sich viele Arbeitgeber um eine<br />

einvernehmliche Kündigung. Welche Möglichkeiten es gibt, einen<br />

Aufhebungsvertrag zu gestalten, und welchen rechtlichen Rahmen<br />

der Gesetzgeber geschaffen hat, das verraten Ihnen die<br />

Experten der PricewaterhouseCoopers Legal AG Rechtsanwaltsgesellschaft<br />

Dr. Andreas Eckhardt und Daniela Sonntag in ihrem<br />

Beitrag „Die einvernehmliche Aufhebung von Arbeitsverhältnissen“<br />

auf den Seiten 30 bis 33.<br />

Kosten sparen auf hohem Niveau können eventuell ausländische<br />

Unternehmen, die sich in der Schweiz niederlassen wollen, indem<br />

sie vorab klären, ob sie lieber eine Tochtergesellschaft gründen<br />

oder lediglich eine Zweigniederlassung betreiben wollen. Als<br />

Schweizer Tochtergesellschaft wird die Gesellschaft mit beschränkter<br />

Haftung immer noch deutlich seltener gewählt als die<br />

Aktiengesellschaft. Durch die Anpassung des Schweizer Rechts<br />

zum 1. Januar 2008 ist sie jedoch in die Nähe der Aktiengesellschaft<br />

gerückt und so für ausländische Investoren wesentlich<br />

attraktiver geworden. Gestützt auf Erfahrungen aus der Praxis<br />

skizziert der Beitrag „Gesellschaftsgründung in der Schweiz:<br />

Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Aktiengesellschaft?“<br />

der Schweizer <strong>PwC</strong>-Kollegen Bianca Patkòs und Reto L. Schmid<br />

auf den Seiten 35 bis 36 die Vor- und Nachteile der Gründung<br />

einer Schweizer Tochtergesellschaft aus rechtlicher Sicht.<br />

Mit einer Serie von Beiträgen informierte Sie Ihr Fachmagazin<br />

pwc: steuern+recht über den Status des Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten.<br />

In dieser sechsten und letzten Folge geht<br />

unser Gastautor Ulrich Lison von der AEB GmbH der Frage nach,<br />

welche Bedeutung dem neuen Status für die Sicherheit in der<br />

logistischen Wertschöpfungskette beikommt. Im Mittelpunkt des<br />

Beitrags auf den Seiten 14 bis 18 stehen dabei weniger formalrechtliche<br />

als vielmehr prozessorientierte Fragen.<br />

Vie Vergnügen und neue Einsichten bei der Lektüre wüncht Ihnen<br />

Ihr Professor Dr. Dieter Endres<br />

Leiter Steuern und Mitglied des Vorstands<br />

3


Steuern aktuell<br />

Steuerwirksame Abfindung<br />

Arbeitgeber und Arbeitnehmer können den Zeitpunkt des Zuflusses<br />

einer Abfindung oder eines Teilbetrags einer solchen beim<br />

Arbeitnehmer steuerwirksam gestalten, indem sie die Fälligkeit<br />

der Abfindung vor ihrem Eintritt auf einen späteren Zeitpunkt verschieben.<br />

In dem Fall, den der Bundesfinanzhof (BFH) entschied,<br />

war der Zeitpunkt der Fälligkeit einer (Teil-)Abfindungsleistung für<br />

das Ausscheiden des Arbeitnehmers zunächst in einer Betriebsvereinbarung<br />

auf einen Tag im November des Streitjahrs 2000<br />

festgelegt worden. Die Vertragsparteien verschoben dann aber<br />

noch vor dem ursprünglichen Fälligkeitszeitpunkt den Eintritt der<br />

Fälligkeit einvernehmlich auf den Januar des Folgejahrs 2001,<br />

was im Interesse einer für den Arbeitnehmer günstigeren steuerlichen<br />

Gestaltung lag. Die Abfindung wurde entsprech<strong>end</strong> auch<br />

erst im Folgejahr ausgezahlt. Weil die Besteuerung vom Zufluss<br />

der Abfindung abhängt, war die Abfindung nach der Beurteilung<br />

des BFH deshalb auch erst im Jahr 2001 zu versteuern. – Richterliche<br />

Begründung: Grundsätzlich können Gläubiger und<br />

Schuldner einer Geldforderung im Rahmen der zivilrechtlichen<br />

Gestaltung des Erfüllungszeitpunkts auch die steuerrechtliche<br />

Zuordnung der Erfüllung zu einem Veranlagungszeitraum gestalten.<br />

Der Senat führte aus: Ist es den Beteiligten etwa möglich,<br />

von vornherein die Zahlung einer Abfindung für die Auflösung<br />

eines Dienstverhältnisses auf einen anderen Zeitpunkt als den<br />

der Auflösung des Dienstverhältnisses zu terminieren, der für sie<br />

steuerlich günstiger scheint, so kann es ihnen auch nicht<br />

verwehrt sein, die vorherige Vereinbarung – jedenfalls vor der<br />

ursprünglich vereinbarten Fälligkeit – im Einvernehmen und<br />

beiderseitigem Interesse wieder zu ändern. Rechtsmissbrauch<br />

komme in derartigen Fällen regelmäßig nicht in Betracht.<br />

Gemischt veranlasste Reisen<br />

– Rechtsprechung geändert<br />

Der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Beschluss<br />

vom 21. September 2009 (GrS 1/06) seine Rechtsprechung zur<br />

Beurteilung gemischt (beruflich und privat) veranlasster Aufw<strong>end</strong>ungen<br />

geändert. Danach werden Aufw<strong>end</strong>ungen für gemischt<br />

veranlasste Reisen in größerem Umfang als bisher zum Abzug<br />

als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zugelassen. –<br />

Hintergrund: Aufw<strong>end</strong>ungen für die Hin- und Rückreise bei Reisen,<br />

deren Anlass teils beruflicher, teils privater Natur ist, können<br />

grundsätzlich aufgeteilt werden in abziehbare Werbungskosten<br />

oder Betriebsausgaben und nicht abziehbare Aufw<strong>end</strong>ungen für<br />

die private Lebensführung. Dafür müssen die beruflich veran -<br />

lassten Zeitanteile feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung<br />

sein. Das unterschiedliche Gewicht der verschiedenen<br />

Veranlassungsbeiträge kann es dabei jedoch im Einzelfall erforderlich<br />

machen, einen anderen Aufteilungsmaßstab heranzuziehen<br />

oder ganz von einer Aufteilung abzusehen. Ein Abzug der<br />

Aufw<strong>end</strong>ungen kommt nach Auffassung des BFH nur dann insgesamt<br />

nicht in Betracht, wenn die – für sich gesehen jeweils<br />

nicht unbedeut<strong>end</strong>en – beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge<br />

(etwa bei einer beruflich-privaten Doppelmotivation für<br />

eine Reise) so ineinandergreifen, dass eine Trennung nicht möglich<br />

ist, wenn es also an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung<br />

fehlt.<br />

Damit hat der Große Senat die bisherige Rechtsprechung auf -<br />

gegeben, die der Vorschrift des § 12 Nr. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz<br />

ein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot für<br />

gemischt veranlasste Aufw<strong>end</strong>ungen entnommen hatte.<br />

Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht<br />

Die im deutschen Außensteuergesetz vorausgesetzte Typisierung<br />

eines Gestaltungsmissbrauchs widerspricht nach Auffassung des<br />

Bundesfinanzhofs (BFH) den Anforderungen der gemeinschaftsrechtlich<br />

verbürgten Niederlassungsfreiheit. Mit der Entscheidung<br />

schloss sich der Senat den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs<br />

(EuGH) vom 6. Dezember 2007 (C-298/05; Columbus Container<br />

Services) und 12. September 2006 (C-196/04; Cadbury<br />

Schweppes) an. Die Typisierung darf nach der Auslegung des<br />

BFH nicht ohne Weiteres dazu führen, dass ausländische Bezieher<br />

von Einkünften die in Doppelbesteuerungsabkommen gewährte<br />

Freistellung nicht in Anspruch nehmen können. Stein des<br />

Anstoßes: Niedrig besteuerte Einkünfte an einer ausländischen<br />

Kapitalgesellschaft, die als Zwischengesellschaft keine oder nur<br />

„passive“ eigene Aktivitäten entwickelt, werden den Einkünften<br />

der inländischen Gesellschafter hinzugerechnet. Wird, wie im<br />

Streitfall, der inländische Steuerpflichtige nicht durch eine Kapitalgesellschaft<br />

tätig, sondern durch eine Betriebsstätte, wird ihm<br />

der Vorteil der Steuerfreistellung nach dem Doppelbesteuerungsabkommen<br />

versagt. Die Folge: Er muss die Betriebsstätteneinkünfte<br />

unter Anrechnung der im Ausland darauf gezahlten Steuer<br />

in Deutschland versteuern. Der BFH bezog sich in seiner Urteilsbegründung<br />

ausdrücklich auf das vorangegangene EuGH-Urteil<br />

im Falle Cadbury Schweppes: Danach ist im Lichte der Niederlassungsfreiheit<br />

von der Anw<strong>end</strong>ung einer Missbrauchsregel<br />

abzusehen, wenn die beherrschte Gesellschaft ungeachtet des<br />

Vorhandenseins von Motiven steuerlicher Art definitiv im anderen<br />

Staat angesiedelt ist und dort wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeiten<br />

nachgeht. Die im Außensteuergesetz vorausgesetzte<br />

Typisierung eines gestaltungsmissbräuchlichen Verhaltens widerspricht<br />

den Anforderungen der gemeinschaftsrechtlich verbürgten<br />

Niederlassungsfreiheit, weil sie dem Steuerpflichtigen die<br />

Möglichkeit eines Gegenbeweises im Einzelfall vorenthält. Der<br />

Steuerpflichtige muss beweisen dürfen, dass kein Gestaltungsmissbrauch<br />

vorliegt („Motivtest“).<br />

Bank muss Steuererstattung<br />

nicht zurückzahlen<br />

Der Bundesfinanzhof hat einem Kreditinstitut Recht gegeben,<br />

das sich geweigert hatte, dem Finanzamt einen Betrag zurückzu-<br />

4 pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong>


zahlen, der als Steuererstattung auf ein von der Bank schon gekündigtes<br />

Konto eines Kunden überwiesen worden war. Die Bank<br />

hatte den Betrag zunächst auf diesem Konto verbucht, dann auf<br />

einem internen Verrechnungskonto hinterlegt und ihn später auf<br />

entsprech<strong>end</strong>e Anforderung an den Insolvenzverwalter ihres<br />

früheren Kunden ausgezahlt. Das Gericht stellte klar: Die Bank,<br />

die zivilrechtlich auch nach Kündigung eines Girokontos berechtigt<br />

ist, eingeh<strong>end</strong>e Zahlungen für ihren früheren Kunden entgegenzunehmen,<br />

fungiert jedenfalls dann als bloße Zahlstelle<br />

zwischen dem Finanzamt und ihrem Kunden, wenn sie den Betrag<br />

pflichtgemäß für den Kunden verbucht respektive an diesen<br />

auszahlt. Da folglich nicht sie selbst die Empfängerin der Leistung<br />

ist, kann die Behörde von ihr auch keine Rückzahlung des<br />

überwiesenen Betrags verlangen, urteilte der Senat.<br />

Besteuerung von Flugbenzin<br />

Mit Beschluss vom 1. Dezember 2009 hat der Bundesfinanzhof<br />

dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mehrere<br />

Fragen vorgelegt, welche die Besteuerung von Luftfahrtbetriebsstoffen<br />

(Flugbenzin und Kerosin) betreffen. Anlass der Vorlage:<br />

Nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2003/96/EG haben die Mitgliedstaaten<br />

Lieferungen von Energieerzeugnissen, die als Kraftstoff<br />

für die Luftfahrt verw<strong>end</strong>et werden, mit Ausnahme der<br />

privaten, nicht gewerblichen Luftfahrt von der Energiesteuer zu<br />

befreien. Von einer privaten, nicht gewerblichen Luftfahrt ist nach<br />

der gemeinschaftsrechtlichen Definition dann auszugehen, wenn<br />

das Flugzeug zu anderen als kommerziellen Zwecken genutzt<br />

wird. Von der Entscheidung des Luxemburger Gerichts hängt es<br />

somit ab, ob Deutschland aufgrund des gelt<strong>end</strong>en Gemeinschaftsrechts<br />

verpflichtet ist, alle in der Luftfahrt eingesetzten<br />

Kraftstoffe von der Mineralölsteuer zu befreien, wenn der Einsatz<br />

von Flugzeugen kommerziellen Zwecken dient. Nach gegenwärtiger<br />

deutscher Besteuerungspraxis wird die Steuerbefreiung<br />

grundsätzlich nur Luftfahrtunternehmen mit einer entsprech<strong>end</strong>en<br />

luftverkehrsrechtlichen Betriebsgenehmigung gewährt.<br />

Verweigert wird sie dagegen sonstigen Unternehmen, die beispielsweise<br />

mit der Herstellung oder dem Vertrieb von Produkten<br />

befasst sind.<br />

Kundenstamm und<br />

Know-how<br />

Werden „Kundenstamm und Know-how im Hinblick auf die Lieferanten“<br />

vom Einzelunternehmen an eine neu gegründete, die<br />

Geschäfte fortführ<strong>end</strong>e GmbH verpachtet, kann das nach Ansicht<br />

der obersten Finanzrichter steuerlich anzuerkennen sein.<br />

Voraussetzung hierfür: Es handelt sich beim Kundenstamm und<br />

Know-how nicht um den Geschäftswert, sondern um ein oder<br />

mehrere immaterielle Wirtschaftsgüter des Einzelunternehmens,<br />

die sich je für sich übertragen lassen. Der Geschäftswert ist<br />

indes Ausdruck der Gewinnchancen eines Unternehmens, soweit<br />

pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong><br />

Steuern aktuell<br />

diese nicht auf einzelnen Wirtschaftsgütern oder der Person des<br />

Unternehmens beruhen.<br />

Steuerbarkeit von Transferzahlungen<br />

Die Grundsätze eines Urteils des Bundesfinanzhofs vom 27. Mai<br />

2009 (I R 86/07), nach dem Einnahmen eines ausländischen<br />

Sportvereins aus einer Transfervereinbarung mit einem inländischen<br />

Verein in der Form der sogenannten Spielerleihe keine –<br />

die beschränkte Steuerpflicht auslös<strong>end</strong>en – Einnahmen aus Vermietung<br />

und Verpachtung sind, müssen nach einem aktuellen<br />

Schreiben des Bundesfinanzministeriums bis auf Weiteres über<br />

den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht allgemein angewandt<br />

werden. In vergleichbaren Fällen kann jedoch mit Blick auf eine<br />

mögliche gesetzliche Neuregelung, die eventuell auch die Vergangenheit<br />

einbeziehen kann, das Verfahren auf Antrag ruhen.<br />

Amtliche Begründung: Es erscheine nicht ausgeschlossen, dass<br />

der Gesetzgeber an die Stelle der formalen Sichtweise des<br />

Bundesfinanzhofs die wirtschaftliche Wertung der Spielerleihe<br />

und des Spielertransfers als Rechteüberlassung oder -veräußerung<br />

setze.<br />

Datenspeicherung nicht<br />

verfassungsgemäß<br />

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat entschieden,<br />

dass die gesetzlichen Regelungen über die Vorratsdatenspeicherung<br />

mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sind. Zwar sei<br />

eine Speicherungspflicht in dem vorgesehenen Umfang nicht von<br />

vornherein schlechthin verfassungswidrig. Es fehle aber an einer<br />

dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprech<strong>end</strong>en Gestaltung.<br />

Festgehalten wurde bisher, wer wann wo mit wem telefonierte.<br />

Der Erste Senat sieht darin „einen besonders schweren Eingriff<br />

mit einer Streubreite, wie sie die Rechtsordnung bisher nicht<br />

kennt“. Aus den Daten ließen sich Rückschlüsse bis in die Intimsphäre<br />

ziehen und detaillierte Aussagen zu politischen<br />

Zugehörigkeiten ablesen. Allein ihre Existenz könne „ein diffus<br />

bedrohliches Gefühl des Beobachtetseins hervorrufen“ und<br />

damit die „unbefangene Wahrnehmung der Grundrechte in vielen<br />

Bereichen beeinträchtigen“. Kurzum: Die angegriffenen Vorschriften<br />

würden weder eine hinreich<strong>end</strong>e Datensicherheit noch eine<br />

hinreich<strong>end</strong>e Begrenzung der Verw<strong>end</strong>ungszwecke der Daten<br />

gewährleisten, so das höchste Gericht weiter in seiner Urteilsbegründung.<br />

Die unmittelbaren Folgen des Urteils: Die gespeicherten<br />

Vorratsdaten müssen gelöscht werden – und zwar sofort.<br />

5


Titel<br />

Aufstellung einer Steuerbilanz und<br />

nach dem Bilanzrechtsmodernisie<br />

Das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts hat die Regeln<br />

für die Erstellung der Handels- und der Steuerbilanz beträchtlich<br />

verändert. Nachdem Sie sich in der letzten Ausgabe Ihres<br />

pwc: steuern+recht über die neuen Anforderungen bei der<br />

Handels bilanz informieren konnten, beleuchtet der aktuelle<br />

Beitrag, was sich bei der Steuerbilanz geändert hat.<br />

Wie Sie in der Ausgabe Januar/Februar <strong>2010</strong> ab Seite 6 schon<br />

lesen konnten, verändert das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz<br />

(BilMoG) nicht nur die Handelsbilanz. Es wirkt sich auch auf die<br />

Steuerbilanz aus. Denn durch neue Bilanzierungsregeln, die Einschränkung<br />

des Maßgeblichkeitsgrundsatzes und den neu eingefügten<br />

steuerlichen Wahlrechtsvorbehalt des § 5 Abs. 1 Satz 1<br />

2. Halbsatz Einkommensteuergesetz (EStG) wird es von nun an<br />

sehr wichtig, eine umfass<strong>end</strong>e steuerliche Buchführung zu erstellen.<br />

Eine Steuerbilanz aufzustellen ist – wie Sie sicher wissen –<br />

ein wesentlicher Schritt, um im Rahmen der Steuererklärung den<br />

steuerlichen Gewinn zu ermitteln. Zugleich ist die Steuerbilanz<br />

notw<strong>end</strong>ige Voraussetzung für die Ermittlung latenter Steuern<br />

nach dem neuen bilanzorientierten Konzept des BilMoG. Sie<br />

muss daher zeitgleich mit der Handelsbilanz aufgestellt werden.<br />

Es stellt sich nun die Frage, wie sich die gestiegenen Anforderungen<br />

an die steuerliche Buchführung und die Aufstellung der<br />

Steuerbilanz in Unternehmen prozessual effizient umsetzen<br />

lassen. Antworten geben Ihnen die folg<strong>end</strong>en Abschnitte.<br />

Gesetzliche Grundlagen<br />

• §§ 140 und 141 Abgabenordnung<br />

Das EStG enthält keine Vorschriften, wer zur Erstellung einer<br />

Steuerbilanz verpflichtet ist, sondern verweist in § 5 Abs. 1 Satz<br />

1 nur auf Gewerbetreib<strong>end</strong>e, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften<br />

Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse erstellen müssen.<br />

Die steuerrechtlichen Buchführungs- und Bilanzierungspflichten<br />

definieren die §§ 140 und 141 Abgabenordnung (AO).<br />

Nach § 140 AO sind außersteuerliche Regelungen über die Führung<br />

von Büchern und Aufzeichnungen auch für die Besteuerung<br />

zu erfüllen, wenn sie für diesen Zweck ebenso von Bedeutung<br />

sind. Damit sind die handelsrechtlichen Buchführungspflichten<br />

nach § 238 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) auch für die Besteuerung<br />

zu beachten. Allerdings verpflichten die außersteuerrechtlichen<br />

Regelungen nicht dazu, eine Steuerbilanz aufzustellen.<br />

§ 141 AO fordert eine eigenständige steuerliche Buchführungspflicht<br />

von bestimmten Gewerbetreib<strong>end</strong>en sowie Land- und<br />

Forstwirten und verweist in der Frage der Gestaltung der Buchführung<br />

ebenfalls auf § 238 ff. HGB. § 141 AO kommt zur Anw<strong>end</strong>ung,<br />

wenn der Steuerpflichtige nicht schon nach § 140 AO<br />

zur Buchführung verpflichtet ist. Handelsrechtlich führte das<br />

BilMoG in Anlehnung an § 141 AO eine Befreiungsvorschrift für<br />

bestimmte Einzelkaufleute im § 241a HGB neu ein. Allerdings<br />

sind – darauf sollten Sie achten – beide Vorschriften nicht vollständig<br />

deckungsgleich. Eine handelsrechtliche Befreiung nach<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … welche gesetzlichen Grundlagen bei der Erststellung<br />

einer Steuerbilanz zu beachten sind.<br />

• … welche Wahlrechte Sie haben.<br />

• … wie die geänderten Anforderungen der Steuerbilanz in<br />

Prozessen umgesetzt werden können.<br />

§ 241 a HGB bei gleichzeitiger steuerlicher Buchführungspflicht<br />

lässt sich daher nicht ausschließen.<br />

• § 60 Abs. 2 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung<br />

Nach § 60 Abs. 1 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung<br />

(EStDV) ist der Steuererklärung eine Bilanz beizufügen. Sie ist<br />

nach handelsrechtlichen Vorschriften aufzustellen. Entsprechen<br />

einzelne Wertansätze in der Handelsbilanz nicht den steuerlichen<br />

Vorschriften, sind Anmerkungen oder Zusätze zur Anpassung an<br />

die steuerlichen Vorschriften vorzunehmen (§ 60 Abs. 2 Satz 1<br />

EStDV). In der Praxis wird deshalb bisher oft eine Gegenüberstellung<br />

der Handels- und Steuerbilanzwerte beigefügt, um die Vermögensunterschiede<br />

darzustellen. Mit einem Vergleich der Vermögensunterschiede<br />

des lauf<strong>end</strong>en und des vorangegangenen<br />

Wirtschaftsjahrs werden außerdem die Ergebnisunterschiede je<br />

Bilanzposten ermittelt. Der resultier<strong>end</strong>e Gewinnunterschied wird<br />

dann in der Steuererklärung als Überleitungsbetrag vom Handelsbilanz-<br />

zum Steuerbilanzergebnis eingetragen.<br />

Alternativ zu dieser Überleitungsrechnung kann der Steuerpflichtige<br />

aber auch eine eigenständige Steuerbilanz erstellen und der<br />

Steuererklärung beifügen (§ 60 Abs. 2 Satz 2 EStDV).<br />

Nicht verändert hat das BilMoG die Regelungen des § 60 Abs. 2<br />

EStDV. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat im Entwurf eines<br />

Schreibens zur Maßgeblichkeit vom 12. Oktober 2009 (BMF-Entwurf)<br />

in Teilziffer 1 zudem bestätigt: Es besteht keine Verpflichtung<br />

zur Aufstellung einer Steuerbilanz. Daher kann der Steuerpflichtige<br />

weiterhin eine Überleitung von der Handels- zur Steuerbilanz<br />

außerhalb der Buchführung vornehmen. Allerdings dürfte<br />

bei den zunehm<strong>end</strong>en Abweichungen zwischen Handels- und<br />

Steuer bilanz durch das BilMoG eine Überleitung wesentlich<br />

unübersichtlicher und – durch die manuelle Führung – auch fehleranfällig<br />

werden.<br />

• § 5 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG<br />

§ 5 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG sind durch das BilMoG geändert<br />

beziehungsweise neu in das EStG aufgenommen worden. Über<br />

Einzelheiten zu der Verzeichnispflicht informierte Sie schon der<br />

Beitrag in der Ausgabe Januar/Februar <strong>2010</strong>. Dort können Sie<br />

alles Wichtige zum Thema nachlesen.<br />

Voraussetzung für die Ausübung steuerlicher Wahlrechte ist nach<br />

dem Gesetz, dass die betroffenen Wirtschaftsgüter in ein besonderes,<br />

lauf<strong>end</strong> zu führ<strong>end</strong>es Verzeichnis aufgenommen werden.<br />

6 pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong>


integrierte Steuerbuchführung<br />

rungsgesetz<br />

Das Verzeichnis ergänzt § 60 Abs. 2 EStDV, denn es müssen über<br />

die reine Überleitungsrechnung durch Bilanzpostenvergleich hinaus<br />

weitergeh<strong>end</strong>e Informationen in diesem Verzeichnis enthalten<br />

sein.<br />

Grundsätzlich ist dieses besondere Verzeichnis auch zu erstellen,<br />

wenn eine Steuerbilanz angefertigt wird. Nach Einschätzung der<br />

Autoren können Steuerpflichtige auf ein besonderes Verzeichnis<br />

verzichten, wenn sämtliche Angaben, die in das besondere Verzeichnis<br />

aufgenommen werden, auch aus einer steuerlichen<br />

Buchführung ersichtlich sind, etwa indem sie einen separaten<br />

steuerlichen Bewertungsbereich für das Anlagevermögen aufbauen.<br />

Steuerbürokratieabbaugesetz<br />

Durch das Gesetz tur Modernisierung und Entbürokratisierung<br />

des Steuerverfahrens (Steuerbürokratieabbaugesetz) wurde § 5 b<br />

EStG in das Gesetz eingefügt. Nach den Anw<strong>end</strong>ungsvorschriften<br />

gilt dieser erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.<br />

Dezember <strong>2010</strong> beginnen. Nach § 5 b EStG sind zukünftig die<br />

Bilanz und die Gewinn-und-Verlust-Rechnung (GuV) nach amtlich<br />

vorgeschriebenem Datensatz bei den Finanzbehörden einzureichen.<br />

Wird keine Steuerbilanz erstellt, sind auch die Anpassungsbeträge<br />

per amtlich vorgeschriebenen Datensatz elektronisch per<br />

Datenfernübertragung zu übermitteln.<br />

Die elektronische Datenübertragung wird im Format eXtensible<br />

Business Reporting Language vorgenommen. Dieser Standard<br />

wird schon heute – wie Sie sicher wissen – verw<strong>end</strong>et bei der<br />

elektronischen Übermittlung der Jahresabschlüsse an den<br />

elektronischen Bundesanzeiger.<br />

Einzelheiten zu der konkreten Gestaltung der Daten und die Ausweispflichten<br />

werden momentan noch von einer Arbeitsgruppe<br />

unter Federführung des BMF erarbeitet und getestet. Sobald sie<br />

bekannt sind, wird pwc: steuern+recht Sie zeitnah darüber informieren.<br />

Systematisierung der Abweichungen zwischen Handels- und<br />

Steuerbilanz<br />

Die Abweichungen zwischen der Handels- und Steuerbilanz, die<br />

durch das BilMoG geschaffen wurden, lassen sich auf verschiedene<br />

Arten zuordnen: Zum einen gibt es zwing<strong>end</strong>e Abweichungen,<br />

da das Handelsrecht eine andere Bewertung als das Steuerrecht<br />

vorschreibt. Das ist zum Beispiel der Fall bei der Bewertung<br />

langfristiger Rückstellungen, da sowohl die Bemessungsgrundlage<br />

als auch die Abzinsung unterschiedlich geregelt sind.<br />

Daneben gibt es aber auch Abweichungen aufgrund steuerlicher<br />

Wahlrechte. Hier hat sich eine Unterteilung eingebürgert zwischen<br />

solchen, die mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer<br />

Buchführung (GoB) konform gehen (GoB-konforme Wahlrechte),<br />

und solchen, die das nicht tun (GoB-inkonforme Wahlrechte).<br />

pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong><br />

Titel<br />

GoB-inkonform sind steuerliche Wahlrechte, wenn die GoB kein<br />

gleichlaut<strong>end</strong>es Wahlrecht gestatten. Hierbei handelt es sich im<br />

Wesentlichen um die steuerlichen Wahlrechte, die bisher Gegenstand<br />

der umgekehrten Maßgeblichkeit waren. GoB-konforme<br />

Wahlrechte – also handels- und steuerrechtlich gleichlaut<strong>end</strong>e –<br />

dürfen seit der Änderung von § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG durch das<br />

BilMoG jeweils unterschiedlich ausgeübt werden.<br />

Mit Blick auf die Konsequenzen der beschriebenen gesetzlichen<br />

Änderungen für die steuerliche Buchführung und die Aufstellung<br />

einer Steuerbilanz bietet sich eine Unterscheidung an zwischen<br />

Einmal- sowie Dauer- und Massensachverhalten. Denn im<br />

Kontext einer integrierten Steuerbuchführung liegt die Heraus -<br />

forderung nicht nur in der reinen Kontierung und Erfassung der<br />

Buchungen. Vielmehr ist bereits bei der Ermittlung und Bewertung<br />

der einzelnen Bilanzposten anzusetzen.<br />

Einmalsachverhalte<br />

Unter Einmalsachverhalten sind Sachverhalte zu verstehen, die<br />

zu einem (!) Zeitpunkt für einen (!) Vorfall ermittelt werden. Der<br />

Bilanzwert des Vorjahrs beeinflusst dabei den Bilanzwert des<br />

lauf<strong>end</strong>en Jahres nicht.<br />

Die häufigsten Einmalsachverhalte mit unterschiedlichen Wert -<br />

ansätzen in Handels- und Steuerbilanz dürften Rückstellungen<br />

betreffen. Ihre Bewertung erfolgt handelsrechtlich unter Berücksichtigung<br />

künftiger Preis- und Kostensteigerungen, währ<strong>end</strong><br />

steuerlich die Verhältnisse zum Bilanzstichtag gelten. Auf die<br />

unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen werden dann die verschiedenen<br />

handels- und steuerrechtlichen Abzinsungsfaktoren<br />

angewandt.<br />

Die Bewertung einer Rückstellung muss daher schon aufgrund<br />

der Änderungen des handelsrechtlichen Abzinsungsfaktors<br />

grundsätzlich zu jedem Bilanzstichtag neu erfolgen. Es gibt keine<br />

Fortschreibung des Bilanzwerts der Vorperiode in einem schematischen<br />

Verfahren.<br />

Dauer- und Massentransaktionen<br />

Dauertransaktionen sind Sachverhalte, die das Ergebnis mehrerer<br />

Perioden beeinflussen. In den meisten Fällen ist das beim Anlagevermögen<br />

der Fall.<br />

Entscheidet sich ein Unternehmen, bewegliche Wirtschaftsgüter<br />

degressiv abzuschreiben, ergibt sich über mehrere Perioden eine<br />

vorbestimmte systematische Abweichung zu der handelsrechtlichen<br />

Bilanzierung, wenn der zutreff<strong>end</strong>e Entwertungsverlauf in<br />

der Handelsbilanz durch die lineare Abschreibung abgebildet<br />

wird. Gleiches gilt, wenn das Unternehmen stille Reserven nach<br />

§ 6 b EStG überträgt. Handelsrechtlich darf eine Übertragung<br />

von stillen Reserven wegen der Abschaffung der umgekehrten<br />

Maßgeblichkeit nicht mehr vorgenommen werden, sodass in diesem<br />

Fall die handelsrechtlichen Anschaffungskosten von den<br />

7


Titel<br />

steuerrechtlichen Anschaffungskosten nach Berücksichtigung<br />

von § 6 b EStG abweichen. Daraus ergibt sich über die Folge -<br />

perioden jeweils eine Abweichung zwischen den handels- und<br />

steuerrechtlichen Abschreibungsbeträgen.<br />

Besonders wenn es viele Abweichungen durch steuerrechtliche<br />

Wahlrechtsausübung gibt, empfiehlt es sich, einen eigenen<br />

Bewertungsbereich für das steuerliche Anlagevermögen aufzubauen<br />

und die handels- und steuerrechtliche Abschreibung jeweils<br />

automatisch zu ermitteln. Das gewährleistet sowohl die<br />

Genauigkeit der Ermittlung als auch die Vollständigkeit der Abweichungen.<br />

Dabei sind Steuerpflichtige gut beraten, die möglichen<br />

steuerlichen Abschreibungen mit einer je eigenen Kennziffer<br />

zu belegen. Ein getrennter Bewertungsbereich für das<br />

steuerliche Anlagevermögen erfüllt nach Einschätzung der Verfasser<br />

auch die Voraussetzung, die an das besondere, lauf<strong>end</strong>e<br />

Verzeichnis zu stellen sind: Denn aus diesem Anlagevermögen<br />

gehen dann der Tag der Anschaffung oder Herstellung, die Anschaffungskosten<br />

und die Art der steuerlichen Abschreibung<br />

hervor wie auch die Höhe der Abschreibung. Wenn aus der steuerlichen<br />

Buchhaltung ein Report auf Basis der einzelnen steuerlichen<br />

Abschreibungskennziffern erstellt werden kann, sichert<br />

das auch die ständige Reproduzierbarkeit des lauf<strong>end</strong>en Verzeichnisses<br />

für das Anlagevermögen und zusätzlich die Vollständigkeit<br />

der Erfassung der in Anspruch genommenen steuerlichen<br />

Wahlrechte für Zwecke des Verzeichnisses.<br />

Massentransaktionen liegen vor, wenn zu einem Bilanzstichtag<br />

eine Vielzahl von Einzelsachverhalten umzubewerten ist. Auch<br />

hier lässt sich unterscheiden zwischen zwing<strong>end</strong>en und wahlweisen<br />

Abweichungen.<br />

Zwing<strong>end</strong>e Abweichungen liegen etwa bei der Bewertung kurzfristiger<br />

Fremdwährungsforderungen oder -verbindlichkeiten vor.<br />

Handelsrechtlich sind diese nach § 256 a HGB mit dem Devisenkassakurs<br />

am Bilanzstichtag umzurechnen. Die Umrechnung ist<br />

damit nicht mehr auf die historischen Anschaffungskosten<br />

begrenzt, sodass es handelsrechtlich zu einer vorgezogenen<br />

Gewinnrealisierung kommt. Steuerrechtlich ist die Anschaffungskostenrestriktion<br />

des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu beachten. Da in<br />

diesen Fällen die handelsrechtliche Umrechnung in der Regel<br />

automatisiert durch Einpflegen der Devisenkassakurse zum<br />

Bilanzstichtag erfolgt, empfiehlt es sich, eine eigene steuerliche<br />

Bewertungsroutine ebenfalls einzupflegen, die gewährleistet,<br />

dass die Bewertung der kurzfristigen Fremdwährungsposten für<br />

Zwecke der Steuerbilanz nicht über die historischen Anschaffungskosten<br />

hinausgeht. Gerade bei umfangreichen Fremdwährungsgeschäften<br />

und schwank<strong>end</strong>en Wechselkursen kann sich<br />

ein erheblicher Ergebniseffekt ergeben, weshalb sicherzustellen<br />

ist, dass es nicht zu einem unnötigen, vorzeitigen Mittelabfluss<br />

durch Steuerzahlungen für das Unternehmen kommt.<br />

Auch im Bereich des Treuhandvermögens, das insolvenzgeschützt<br />

der Absicherung von Altersversorgungsverpflichtungen<br />

dient, kommt es zu zwing<strong>end</strong>en Abweichungen zwischen Handels-<br />

und Steuerrecht. Handelsrechtlich ist dieses Treuhandoder<br />

Planvermögen mit dem beizuleg<strong>end</strong>en Zeitwert anzusetzen<br />

(§ 253 Abs. 1 Satz 4 in Verbindung mit § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB).<br />

Steuerrechtlich bleibt es auch in diesem Fall bei der Bewertung<br />

mit den Anschaffungskosten. Zudem ist in dem Treuhandvermögen<br />

zwischen Eigenkapitalpapieren, die unter § 8 b Körperschaftsteuergesetz<br />

fallen, und sonstigen Papieren zu differenzieren,<br />

um die richtigen Konsequenzen für die Berechnung der<br />

latenten Steuern zu ziehen.<br />

Wahlweise Abweichungen zwischen dem Handels- und Steuerrecht<br />

können sich bei den Massentransaktionen bei unterschiedlichen<br />

Verbrauchsfolgeverfahren in Handels- und Steuerbilanz<br />

ergeben. Wird handelsrechtlich das Verbrauchsfolgeverfahren<br />

des gewogenen Durchschnitts verw<strong>end</strong>et, steuerrechtlich aber<br />

das Last-in-first-out-Verfahren, ergeben sich hier Abweichungen,<br />

deren Vollständigkeit und Genauigkeit ebenfalls nur durch eine<br />

automatische Ermittlung innerhalb eines eigenen steuerlichen<br />

Bewertungsbereichs gewährleistet werden kann. Die Wahl unterschiedlicher<br />

Verbrauchsfolgeverfahren ist nach Teilziffer 10 des<br />

BMF-Entwurfs ausdrücklich zulässig.<br />

Schließlich können auch langfristige Rückstellungen für Massentransaktionen<br />

gebildet werden, beispielsweise Garantierückstellungen<br />

für eine Laufzeit von vier Jahren. Voraussetzung ist allerdings:<br />

Diese Rückstellungen werden auch handelsrechtlich aus<br />

dem Buchführungssystem gewonnen. In diesem Fall können<br />

dann die steuerlichen Parameter ebenfalls im Buchführungssystem<br />

hinterlegt werden, sodass die abweich<strong>end</strong>e Bewertung automatisch<br />

erfolgt.<br />

Integrierte Steuerbuchführung<br />

Um der gestiegenen Komplexität der steuerlichen Gewinnermittlung<br />

zu begegnen und die zusätzlichen Nachweispflichten zu<br />

erfüllen, empfiehlt sich eine systemtechnische Lösung. Sie ermöglicht<br />

eine parallele Steuerbuchhaltung inklusive der Ermittlung<br />

der durch Dauer- und Massentransaktionen beeinflussten<br />

Bilanzposten und erstellt die Steuerbilanz automatisiert. Das<br />

lässt sich effizient gewährleisten mit einer (teilweisen) Integration<br />

der Steuer buchführung in die handelsrechtlichen Buchführungssysteme.<br />

Die Idee einer integrierten Steuerbuchführung ist dabei<br />

nicht neu: Viele Unternehmen, die Abschlüsse sowohl nach<br />

nationalen als auch nach internationalen Rechnungslegungsvorschriften<br />

aufstellen, lösen diese Herausforderung schon längst<br />

durch integrierte Buchführungen.<br />

Anforderungen an die steuerliche Buchführung<br />

Die integrierte Steuerbuchführung hat den Grundsätzen ordnungsgemäßer<br />

Buchführung zu entsprechen sowie den Grundsätzen<br />

ordnungsmäßiger, auf elektronische Datenverarbeitung<br />

gestützter Buchführungssysteme.<br />

Zu den wesentlichen Kriterien gehören dabei die Beachtung der<br />

Vollständigkeit, Richtigkeit, Zeitnähe, Ordnung und Unveränderlichkeit<br />

(§ 239 HGB). Diese Kriterien dienen im Wesentlichen<br />

auch dazu, die Nachprüfbarkeit der Buchführung zu gewährleisten.<br />

Zusätzlich sind auch noch die Kriterien der Klarheit und<br />

Übersichtlichkeit zu beachten.<br />

Methoden der integrierten Steuerbuchführung<br />

Um die Erstellung der Steuerbilanz parallel zur Handelsbilanz<br />

möglichst effizient zu gestalten, ist es ratsam, ausgewählte<br />

Bereiche in einer eigens dafür einzuricht<strong>end</strong>en systemgestützten<br />

8 pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong>


Buchhaltungssoftware abzubilden. Das betrifft im Besonderen<br />

die Bereiche, in denen Dauer- und Massentransaktionen auftreten.<br />

Die Werte nach Steuer- und Handelsrecht parallel fortzuschreiben<br />

ist grundsätzlich unabhängig von dem gewählten<br />

Buchführungssystem im Haupt- oder Nebenbuch möglich. Besondere<br />

Bedeutung kommt dabei der Bewertung des Anlagevermögens<br />

inklusive der Erstellung eines lauf<strong>end</strong>en Verzeichnisses<br />

zu sowie – je nach Erfordernissen des Unternehmens – auch der<br />

Bewertung von Vorräten und Fremdwährungen. Ziel dabei ist, die<br />

Steuer- und Handelsbilanz parallel (sprich: gleichzeitig) in der<br />

Buchführung zu erstellen und auswerten zu können. Je nach<br />

Buchführungssystem können dazu verschiedene Konzepte zur<br />

technischen Umsetzung benutzt werden. Die Umsetzung in der<br />

Nebenbuchhaltung hängt stark von dem verw<strong>end</strong>eten Buchführungssystem<br />

ab und soll deshalb hier nicht näher erläutert<br />

werden. Die Umsetzung im Hauptbuch ist konzeptionell – unabhängig<br />

vom IT-System – durch zwei Methoden möglich: die<br />

Buchungskreis- oder die Kontenplanmethode. Mit „Buchungskreis“<br />

ist die Abbildung in einer legalen Einheit gemeint, auf<br />

deren Ebene eine Bilanz und GuV erstellt wird.<br />

• Buchungskreismethode<br />

Bei der Buchungskreismethode wird zusätzlich zum bereits besteh<strong>end</strong>en<br />

Buchungskreis für die handelsrechtliche Buchführung<br />

ein zweiter Buchungskreis für die steuerliche Buchführung ein -<br />

gerichtet. Alle Geschäftsvorfälle, also alle Buchungen, werden<br />

unabhängig voneinander separat in beiden Buchungskreisen<br />

erfasst, wobei die Werte in dem einen Buchungskreis den<br />

steuerlichen Wertansatz und die Buchungen in dem anderen<br />

Buchungskreis den handelsrechtlichen Wertansatz abbilden.<br />

Auch Berichterstattung, Bilanz, GuV, lauf<strong>end</strong>es Verzeichnis und<br />

Anlage-, Eigenkapital sowie Rückstellungsspiegel werden<br />

unabhängig voneinander für steuerliche und handelsrechtliche<br />

Zwecke angefertigt.<br />

Vorteil der Buchungskreismethode ist die systemseitig sichergestellte,<br />

klare Trennung von Steuer- und Handelsbilanz. Von Nachteil<br />

allerdings sind der beträchtliche Administrationsaufwand für<br />

einen zweiten Buchungskreis und die Erhöhung des Datenvolumens.<br />

• Kontenplanmethode<br />

Bei dieser Methode wird der schon besteh<strong>end</strong>e Kontenplan für<br />

handelsrechtliche Zwecke erweitert um Konten für steuerliche<br />

Zwecke. Das geschieht im besteh<strong>end</strong>en Buchungskreis. Der<br />

erweiterte Kontenplan enthält drei wesentliche Kontenklassen:<br />

Die erste Kontenklasse bilden die sogenannten gemeinsamen<br />

Konten, auf denen alle Buchungen erfasst werden, die nach<br />

Steuer- und Handelsrecht keine Unterschiede aufweisen. Die<br />

zweite Kontenklasse umfasst alle Konten, auf die rein steuerliche<br />

Wertansätze gebucht werden, wie etwa im Bereich des Anlagevermögens,<br />

der Vorräte oder Fremdwährungen. Die dritte Kontenklasse<br />

ist eine Dopplung der zweiten Kontenklasse, um<br />

Buchungen mit rein handelsrechtlichen Wertansätzen zu erfassen.<br />

Um jeweils eine Bilanz und eine GuV nach Steuer- respektive<br />

Handelsrecht zu erhalten, muss das Berichtswesen im<br />

Buchführungssystem entsprech<strong>end</strong> angepasst werden, sodass<br />

entweder Kontenklasse 1 (gemeinsame Konten) plus Kontenklasse<br />

2 (steuerliche Konten) die Steuerbilanz und GuV ergeben,<br />

pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong><br />

Titel<br />

oder Kontenklasse 1 (gemeinsame Konten) plus Kontenklasse 3<br />

(handelsrechtliche Konten) die Handelsbilanz und GuV.<br />

Vorteile der Kontenplanmethode sind vor allem die in der Regel<br />

technisch einfachere Realisierung im Buchführungssystem sowie<br />

der geringe Pflegeaufwand im lauf<strong>end</strong>en Betrieb. Nachteilig ist<br />

dagegen eine zunehm<strong>end</strong>e Komplexität des Kontenplans sowie<br />

die Erstellung mehrerer Bilanz- und GuV-Berichtsstrukturen.<br />

Die Buchungskreis- beziehungsweise Kontenplanmethode ergänz<strong>end</strong><br />

kann die integrierte Steuerbuchführung entweder Brutto<br />

oder Netto geführt werden.<br />

• Bruttomethode<br />

Bruttomethode bedeutet: In der Steuerbuchführung werden die<br />

vollen Buchungsbeträge erfasst. Ist etwa die Abschreibung auf<br />

eine Anlage steuerlich mit 120 Euro zu erfassen, handelsrechtlich<br />

aber bereits mit 100 Euro gebucht worden, so wird unabhängig<br />

von der handelsrechtlichen Buchung die steuerliche Abschreibung<br />

mit 120 Euro gebucht.<br />

• Nettomethode<br />

Im Gegensatz dazu steht die Nettomethode. Im genannten<br />

Beispiel wird die steuerliche Abschreibung nur in Höhe des<br />

Differenzbetrags gebucht, sprich: mit 20 Euro.<br />

Bitte beachten Sie: Je nachdem, ob Sie die Brutto- oder Nettomethode<br />

verw<strong>end</strong>en wollen, müssen Sie Ihr Berichtswesen entsprech<strong>end</strong><br />

anpassen. Bei der Nettomethode sind für die Ausgabe<br />

der Steuerbilanz dann alle drei Kontenklassen erforderlich.<br />

Vorteile der integrierten Steuerbuchführung<br />

Die Vorteile einer IT-gestützten integrierten Steuerbuchführung<br />

liegen in der Schonung der unternehmensinternen Ressourcen<br />

bei der Erstellung des Jahresabschlusses, da sich manuelle<br />

Wert ermittlungen vermeiden lassen und die Möglichkeit besteht,<br />

sich voll auf steuerliche Gestaltungsüberlegungen zu konzentrieren.<br />

Darüber hinaus kann die Ermittlung der tatsächlichen und<br />

latenten Steuern im Jahresabschluss schneller erfolgen. Eine<br />

Steuerbilanz ist grundsätzlich jederzeit verfügbar, zum Beispiel<br />

für eine unterjährige Planung steuerlicher Belastungen. Die<br />

systemseitige Fortschreibung stellt darüber hinaus die aktuellen<br />

steuerlichen Anpassungsbuchungen ohne Zuhilfenahme externer<br />

Tools sicher. Eine integrierte Steuerbuchführung ermöglicht eine<br />

automatische Übergabe der Steuerbilanz an Tax Tools und bietet<br />

eine notw<strong>end</strong>ige Vorbereitung zur automatisierten elektronischen<br />

Übermittlung von (Steuer-)Bilanzen an die Finanzbehörden, die in<br />

Zukunft generell verlangt wird.<br />

Verw<strong>end</strong>ung der Steuerbilanz zur Berechnung latenter Steuern<br />

Eine integrierte Steuerbuchführung stellt nicht nur die Genauigkeit<br />

und Vollständigkeit der Steuerbilanz sicher. Sie gewährleistet<br />

auch, dass die Steuerbilanz im Zuge der Jahresabschlusserstellung<br />

aufgestellt wird. Das ist notw<strong>end</strong>ig für die Berechnung der<br />

latenten Steuern. Denn nach dem Konzept zur Berechnung latenter<br />

Steuern nach dem BilMoG sind die Wertansätze in der Handelsbilanz<br />

mit ihren Wertansätzen in der Steuerbilanz zu vergleichen.<br />

Für einen Überhang an passiven latenten Steuern besteht<br />

dabei eine Ansatzpflicht, währ<strong>end</strong> für einen Überhang von akti-<br />

9


Titel<br />

ven latenten Steuern ein Ansatzwahlrecht besteht. Viele der im<br />

Rahmen dieses Beitrags angesprochenen Wahlrechte führen<br />

dazu, dass der Wertansatz in der Steuerbilanz niedriger ist als<br />

der Wertansatz in der Handelsbilanz. Daraus entstehen in der<br />

Folge passive latente Steuern.<br />

Durch die Verw<strong>end</strong>ung einer integrierten Steuerbuchführung wird<br />

der notw<strong>end</strong>ige Bilanzenvergleich deutlich erleichtert, da dann<br />

sowohl die Handels- als auch die Steuerbilanz in vorhandene<br />

oder neu zu entwickelnde Tools eingelesen werden können. Solche<br />

Tools können beispielsweise auf Excel basieren oder auch<br />

webbasierte Lösungen sein, etwa das GlobalTaxCenter.<br />

Haben Sie Fragen oder sind Sie an Details interessiert? – Dann<br />

rufen Sie bitte Ihre Ansprechpartner an oder mailen ihnen einfach.<br />

Ihre Ansprechpartner<br />

Heiko Schäfer<br />

Tel.: 069 9585-6227<br />

heiko.schaefer@de.pwc.com<br />

Jens Briese<br />

Tel.: 040 6378-1466<br />

jens.briese@de.pwc.com<br />

Matthias Walz<br />

Tel.: 0711 25034-3203<br />

matthias.walz@de.pwc.com<br />

Nico Flemming<br />

Tel.: 040 6378-1845<br />

nico.flemming@de.pwc.com<br />

Kai Vogeler<br />

Tel.: 040 6378-1835<br />

kai.vogeler@de.pwc.com<br />

10 pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong>


Hinzurechnung einer<br />

Teilwertabschreibung bei<br />

der Ermittlung des Gewerbeertrags<br />

einer Organschaft<br />

In seinem Urteil vom 5. November 2009 befasste sich der<br />

Bundesfinanzhof mit folg<strong>end</strong>er Frage: Ist bei Bestehen einer<br />

gewerbesteuerlichen Organschaft eine Teilwertabschreibung des<br />

Organträgers auf Darlehensforderungen gegen eine Organgesellschaft<br />

beim organschaftlichen Gewerbeertrag zu neutralisieren?<br />

– Zu welchem Ergebnis das Gericht kam und wie es dabei<br />

argumentierte, skizziert für Sie der folg<strong>end</strong>e Artikel.<br />

Sachverhalt<br />

Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin und frühere persönlich<br />

haft<strong>end</strong>e Gesellschafterin einer Kommanditgesellschaft (KG). Die<br />

KG wiederum war Alleingesellschafterin einer Gesellschaft mit<br />

beschränkter Haftung (GmbH). Zwischen der KG und der GmbH<br />

bestand in den Jahren 1998 bis 2001 eine gewerbesteuerliche<br />

Organschaft. Da eine Ergebnisabführung zwischen ihnen nicht<br />

vereinbart war, entfiel die gewerbesteuerliche Organschaft ab<br />

dem 1. Januar 2002. Denn ab diesem Zeitpunkt setzt auch die<br />

gewerbesteuerliche Organschaft einen wirksamen Ergebnisabführungsvertrag<br />

voraus.<br />

Seit ihrem Bestehen erwirtschaftete die GmbH Verluste, weshalb<br />

die Handelsbilanz zum 31. Dezember 2000 einen nicht durch Eigenkapital<br />

gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 1.553.925,04 DM<br />

auswies. Im Streitjahr (2000) betrug der Verlust 1.815.683,53 DM.<br />

Um die verlustbring<strong>end</strong>e lauf<strong>end</strong>e Produktentwicklung und die<br />

Geschäftstätigkeit der GmbH zu finanzieren, stellte die KG neben<br />

dem Stammkapital in Höhe von 500.000 DM der GmbH auch<br />

Fremdkapital zur Verfügung. Ende 2000 betrugen die Darlehen<br />

insgesamt 1.498.252,28 DM. Im Streitjahr erfolgte auf Ebene der<br />

KG steuerwirksam eine Teilwertabschreibung auf die vergebenen<br />

Darlehen. In ihrer Gewerbesteuererklärung berücksichtigte die<br />

KG gleichwohl die von der Organgesellschaft im Jahr 2000<br />

erlittenen Verluste. Folglich bezog die KG in ihre Gewerbesteuer -<br />

erklärung für das Streitjahr beim Gewerbeertrag sowohl die<br />

Verluste der GmbH ein als auch die Teilwertabschreibung.<br />

Erklärungsgemäß setzte das Finanzamt (FA) den Gewerbesteuermessbetrag<br />

unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.<br />

Bei der Betriebsprüfung vertrat die Finanzverwaltung jedoch die<br />

Ansicht, die Teilwertabschreibung auf das Darlehen sei dem<br />

organschaftlichen Gewerbeertrag wieder hinzuzurechnen, da<br />

ansonsten die Verluste der GmbH doppelt berücksichtigt würden.<br />

Das FA änderte den Gewerbesteuermessbetrag dementsprech<strong>end</strong>.<br />

Dagegen richtete sich die Klage der GmbH, die das Finanzgericht<br />

(FG) Hamburg jedoch abwies. Die Klägerin begründete ihre<br />

Klage unter anderem damit, der Gewerbeertrag der Organschaft<br />

sei mit Blick auf die Teilwertabschreibung schon deswegen nicht<br />

zu korrigieren, weil sich die bisherigen Verluste der Organgesellschaft<br />

– entgegen der Ansicht des FA – nicht doppelt ausgewirkt<br />

pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong><br />

Steuern A bis Z<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … wie der Bundesfinanzhof die Grundsätze der<br />

gewerbesteuerlichen Organschaft definiert.<br />

• … weshalb das Gericht die von der Klägerin vorgenommene<br />

erfolgswirksame Teilwertabschreibung auf die<br />

Darlehensforderungen ablehnt.<br />

• … wieso der Bundesfinanzhof in diesem Zusammenhang<br />

die Bedeutung des objektiven Nettoprinzips hervorhebt.<br />

hätten. Die Darlehen seien vielmehr wegen negativer Zukunftsaussichten<br />

abgeschrieben worden: Der Wert der Darlehensforderungen<br />

werde schließlich durch die zukünftige Ertragsentwicklung<br />

bestimmt. Die Teilwertabschreibung sei daher nicht auf<br />

schon erlittene Verluste zurückzuführen. Auch könnten die nach<br />

Be<strong>end</strong>igung der Organschaft mit Ablauf des Jahres 2001 erwarteten<br />

Verluste der Organgesellschaft sich aufgrund des vorlieg<strong>end</strong>en<br />

Wegfalls der gewerbesteuerlichen Organschaft nicht mehr<br />

doppelt auswirken und damit keinen Teilwertabschreibungen<br />

mehr entgegenstehen.<br />

In der anschließ<strong>end</strong>en Revision rügte die Klägerin die Verletzung<br />

materiellen Rechts. Die Revision bezieht sich auf die Neutralisierung<br />

der Teilwertabschreibung auf die Darlehensforderung bei<br />

der Ermittlung des Organschaftsgewerbeertrags.<br />

Entscheidung<br />

Der Vierte Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) bestätigte das<br />

Urteil des FG Hamburg, nach dem auch eine Teilwertschreibung<br />

auf eine Darlehensforderung dem Gewerbeertrag der Organschaft<br />

hinzuzurechnen ist, soweit er auf dem erlittenen Verlust<br />

der Organgesellschaft beruht.<br />

Der BFH erläutert in den Entscheidungsgründen zunächst die<br />

Grundsätze der gewerbesteuerlichen Organschaft: Nach § 2<br />

Abs. 2 Satz 2 Gewerbesteuergesetz 1999 gälten Kapitalgesellschaften,<br />

die – wie im Streitfall die GmbH – derart in ein anderes<br />

inländisches gewerbliches Unternehmen eingegliedert seien, als<br />

Betriebsstätten des anderen Unternehmens (gewerbesteuerrechtliche<br />

Organschaft). Dennoch bildeten die eingegliederten<br />

Kapitalgesellschaften (die Organgesellschaften) und das andere<br />

Unternehmen (der Organträger) kein einheitliches Unternehmen.<br />

Sie blieben im Sinne der gebrochenen oder eingeschränkten Einheitstheorie<br />

vielmehr selbstständige Gewerbebetriebe, die einzeln<br />

für sich bilanzierten und deren Gewerbeerträge getrennt zu<br />

ermitteln seien. Die Besonderheit der Organschaft sei jedoch,<br />

dass die persönliche Gewerbesteuerpflicht der Organgesellschaft<br />

für die Dauer der Organschaft dem Organträger zugerechnet<br />

werde. Deshalb sei der einheitliche Gewerbesteuermessbetrag<br />

für die zum Organkreis gehör<strong>end</strong>en Gewerbebetriebe – also die<br />

Gewerbebetriebe des Organträgers und der Organgesellschaft(en)<br />

– allein gegenüber dem Organträger festzusetzen. Allerdings sei<br />

bei der Festsetzung des maßgeb<strong>end</strong>en Gewerbeertrags des<br />

Organkreises zu berücksichtigen, dass durch die Zusammenrechnung<br />

der selbstständig ermittelten Gewerbeerträge keine<br />

steuerlichen Doppelbelastungen oder ungerechtfertigten steuerlichen<br />

Entlastungen entstünden. Die notw<strong>end</strong>igen Korrekturen<br />

seien entweder bereits bei den selbstständig ermittelten Gewer-<br />

11


Steuern A bis Z<br />

No trade tax write-off of loan to loss-making Organschaft<br />

subsidiary<br />

The Supreme Tax Court has refused a company a trade tax<br />

write-off for an irrecoverable loan made to a loss-making<br />

Organschaft subsidiary, because to do so would effectively<br />

double the loss relief.<br />

Companies within an Organschaft calculate their own profits<br />

and losses separately and then pool the results. They do not,<br />

however, eliminate intercompany profits on transfers between<br />

Organschaft members. As against this, the Trade Tax Act<br />

requires treatment of an Organschaft subsidiary as a branch<br />

of the parent, and the Supreme Tax Court has taken this<br />

requirement to mean that intercompany transactions should<br />

be eliminated as necessary to avoid a double charge or<br />

failure to charge altogether. In the case decided, the issue<br />

turned on the deduction by the parent of its write-off of a<br />

loan to an Organschaft subsidiary to finance losses. Since<br />

the losses fell to the parent through the pooling of results,<br />

allowing it the loan write-off would effectively lead to a<br />

double deduction, at least to the extent the loss of assets<br />

caused by the loss was the reason for the subsidiary’s<br />

inability to repay the debt. This link was to be assumed to the<br />

extent the write-down did not exceed the loss.<br />

Any income resulting from a possible waiver of the loans in<br />

subsequent years should be eliminated at that later time<br />

bearing credit to the fact, that the loan write-off was already<br />

disallowed in the past. (AM)<br />

beerträgen der zum Organkreis gehör<strong>end</strong>en Betriebe vorzunehmen<br />

oder anschließ<strong>end</strong>, indem sie der Summe der getrennt ermittelten<br />

Gewerbeerträge hinzugerechnet respektive von ihnen<br />

abgezogen würden. Das ergebe sich aus der Betriebsstättenfiktion<br />

des § 2 Abs. 2 Satz 2 Gewerbesteuergesetz und gelte nach<br />

der ständigen Rechtsprechung des BFH auch für Ertragsminderungen<br />

infolge von Teilwertabschreibungen auf Darlehen an<br />

Organgesellschaften. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags des<br />

Organkreises seien diese Ertragsminderungen durch entsprech<strong>end</strong>e<br />

Hinzurechnungen zu korrigieren, wenn die Teilwertabschreibungen<br />

in ihrer Höhe den erlittenen Verlusten der Organgesellschaften<br />

entsprächen. Denn bei Teilwertabschreibungen<br />

auf diese Forderungen würde es bei besteh<strong>end</strong>er gewerbesteuerrechtlicher<br />

Organschaft zu einer doppelten Entlastung des<br />

Organträgers im Erhebungszeitraum kommen, und zwar durch<br />

die Zusammenfassung des eigenen, durch die verlustbedingten<br />

Teilwertabschreibungen geminderten Gewerbeertrags und des<br />

negativen Gewerbeertrags der Organgesellschaft. Um eine derartige<br />

Doppelerfassung zu vermeiden, sei die Teilwertabschreibung<br />

auf Ebene des Organträges zu korrigieren – sprich: zum Gewerbeertrag<br />

der Organschaft hinzuzurechnen –, soweit die Teilwertabschreibung<br />

zumindest auch durch erlittene Verluste der Organgesellschaft<br />

bedingt sei, die im Rahmen der gewerbesteuerlichen<br />

Einkommenszurechnung berücksichtigt würden. Im vorlieg<strong>end</strong>en<br />

Streitfall beruht nach der Auffassung des BFH die Teilwertabschreibung<br />

der Forderung auf den bereits in der Bilanz der<br />

Organgesellschaft ausgewiesenen Verlusten, da die Teilwertab-<br />

schreibung wertmäßig den erlittenen Verlust nicht überstieg.<br />

Deshalb lehnt der BFH die von der Klägerin vorgenommene erfolgswirksame<br />

Teilwertabschreibung auf die Darlehensforderungen<br />

ab. Die Richter führten ergänz<strong>end</strong> aus: Zwar würden die Darlehensverbindlichkeiten<br />

bei der Organgesellschaft weiterhin passiviert<br />

werden. Diese Bilanzierung nach dem Imparitätsprinzip sei<br />

jedoch gerade die Ursache dafür, dass sich die Verluste – ohne<br />

Korrekturen – im Streitjahr doppelt auswirken würden. Somit sei<br />

auch ohne Bedeutung, dass der Ertrag und der Aufwand aus<br />

dem Ausfall einer Forderung aufgrund bilanzieller Vorschriften bei<br />

unterschiedlichen Rechtsträgern zu erfassen sind.<br />

Besonders bemerkenswert sind die Ausführungen des BFH zu<br />

den Folgewirkungen der Hinzurechnung der Teilwertabschreibung<br />

zum Gewerbeertrag der Organschaft: Der BFH betont hierbei<br />

die Bedeutung des objektiven Nettoprinzips. Nach diesem<br />

Prinzip dürfe gleichsam keine Doppelbenachteiligung des Organträgers<br />

entstehen. Die Hinzurechnung der Teilwertabschreibung<br />

auf die Darlehen darf demnach nicht dazu führen, dass in zukünftigen<br />

Erhebungszeiträumen Gewinne aufgrund von bilanziellen<br />

Veränderungen bei der Organträgerin (speziell durch Wertauf -<br />

holung hinsichtlich dieser Darlehen) oder der Organgesellschaft<br />

(etwa bei Darlehensverzicht) den Gewerbeertrag erhöhen, währ<strong>end</strong><br />

die Teilwertabschreibung auf die Darlehen unberücksichtigt<br />

geblieben ist. Das gilt währ<strong>end</strong> der Organschaft und nach deren<br />

Be<strong>end</strong>igung gleichermaßen.<br />

Haben Sie Fragen oder sind Sie an Details interessiert? – Dann<br />

rufen Sie bitte Ihren Ansprechpartner an oder s<strong>end</strong>en Sie ihm<br />

einfach eine E-Mail.<br />

Ihr Ansprechpartner<br />

Dr. Michael Scheel<br />

Tel.: 069 9585-3911<br />

michael.scheel@de.pwc.com<br />

Fundstellen<br />

BFH, Beschluss vom 5. November 2009 (IV R 57/06)<br />

Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 25. August 2006 (5-K-9/06)<br />

12 pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong>


Einkommensteuergesetz:<br />

kein grundsätzliches Aufteilungs-<br />

und Abzugsverbot in<br />

Paragraf 12 Nummer 1 Satz 2<br />

Paragraf 12 Nummer 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz bestimmt:<br />

Der Steuerpflichtige darf Aufw<strong>end</strong>ungen der (privaten)<br />

Lebensführung weder bei der Ermittlung der einzelnen Einkunftsarten<br />

noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen, auch<br />

wenn diese Aufw<strong>end</strong>ungen der Förderung seiner Tätigkeit oder<br />

seinem Beruf dienen. In der Vergangenheit wurde diese Vorschrift<br />

regelmäßig herangezogen, um bei gemischten Aufw<strong>end</strong>ungen<br />

ein konstitutives Aufteilungs- und Abzugsverbot zu begründen. –<br />

Warum der Bundesfinanzhof diese Praxis unlängst einschränkte,<br />

erfahren Sie im folg<strong>end</strong>en Beitrag.<br />

Ein konstitutives Aufteilungs- und Abzugsverbot bei gemischten<br />

Aufw<strong>end</strong>ungen bedeutet: Bei Aufw<strong>end</strong>ungen, bei denen sowohl<br />

die berufliche Veranlassung als auch die Interessen der privaten<br />

Lebensführung ins Gewicht fallen und eine leichte und einwandfreie<br />

Aufteilung nicht möglich ist, wurde der Abzug bisher im<br />

Ganzen versagt.<br />

Allerdings war die gängige Rechtsprechung zu dem Thema in der<br />

Vergangenheit nicht unumstritten. Die überwieg<strong>end</strong>e Auffassung<br />

in der Literatur lehnte die eben dargestellte Deutung des § 12<br />

Nr. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) ab. Auch zeigte sich<br />

immer wieder: Viele Gerichte ließen durchaus Ausnahmen von<br />

diesem Aufteilungs- und Abzugsverbot zu (darunter Aufteilung<br />

der Telefongrundgebühr sowie der Kosten für die Reinigung von<br />

Berufskleidung), was zu einer kasuistischen und unübersichtlichen<br />

Rechtsprechung führte.<br />

Mit Beschluss vom 21. September 2009 (GrS-1/06) hat der<br />

Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) nun eine grundleg<strong>end</strong>e<br />

Kehrtw<strong>end</strong>e vollzogen: Der Senat geht nunmehr davon aus, dem<br />

§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG sei das erwähnte Aufteilungs- und Abzugsverbot<br />

nicht zu entnehmen. Geboten sei vielmehr eine<br />

Aufteilung und Berücksichtigung der beruflich veranlassten Aufw<strong>end</strong>ungen<br />

für Zwecke des Steuerrechts, gegebenenfalls im<br />

Wege der Schätzung („Aufteilungsgebot“).<br />

Dieses Gebot folge unter anderem dem Leistungsfähigkeitsrespektive<br />

dem sogenannten Nettoprinzip. Das objektive Nettoprinzip<br />

legt fest, dass die Ausgaben des Steuerpflichtigen, die<br />

aufgew<strong>end</strong>et wurden, um Einnahmen zu erzielen, von der Steuer<br />

e:pwc<br />

Aktuelles aus Steuern & Recht<br />

pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong><br />

Steuern A bis Z<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … welche Auffassung Finanzverwaltung und Recht -<br />

sprechung zum Abzug gemischter Aufw<strong>end</strong>ungen bislang<br />

hatten.<br />

• … inwiefern der Bundesfinanzhof von der gängigen<br />

Rechtsprechung abweicht.<br />

• … warum das Urteil nicht in allen Fällen gelten muss.<br />

abgesetzt werden dürfen. Denn nur das verbleib<strong>end</strong>e Nettoeinkommen<br />

steht – nach Abzug der erwerbsbedingten Kosten – zur<br />

Befriedigung privater Bedürfnisse zur Verfügung und ist der<br />

Steuer zu unterwerfen.<br />

Beachten Sie aber bitte: Dem Beschluss des Senats lag ein<br />

vergleichsweise einfacher Sachverhalt zugrunde. Der Steuerpflichtige<br />

hatte eine siebentägige Reise nach Las Vegas unternommen,<br />

von denen unstreitig vier Tage beruflich veranlasst<br />

waren. Unter dem Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des<br />

BFH wollte die Finanzverwaltung lediglich die Tagungsgebühren<br />

als Werbungskosten anerkennen und den Abzug der weiteren<br />

gemischten Aufw<strong>end</strong>ungen (Flug- und Hotelkosten) vollständig<br />

versagen. Das zuständige Finanzgericht gab hingegen der Klage<br />

des Steuerpflichtigen teilweise statt und entschied, unter anderem<br />

die Flugkosten seien zu vier Siebteln als Werbungskosten<br />

anzuerkennen.<br />

Diesen Streitfall nutzte der Große Senat, um festzustellen: In<br />

diesem konkreten Fall ist die Aufteilung in beruflich und privat<br />

anhand der Zeitanteile geboten, wenn die beruflich veranlassten<br />

Zeitanteile feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung<br />

sind. Der Große Senat vertrat hier konsequent eine veranlassungsbezogene<br />

Sicht der einzelnen Aufw<strong>end</strong>ungen einer Reise.<br />

Das unterschiedliche Gewicht der verschiedenen Veranlassungsbeiträge<br />

könne es im Einzelfall jedoch erfordern, einen anderen<br />

(als den Zeitanteil) Aufteilungsmaßstab heranzuziehen oder gar<br />

ganz von einer Aufteilung abzusehen.<br />

Dem BFH ist dabei bewusst, dass an der Grenzlinie zwischen<br />

Berufs- und Privatsphäre ein Anreiz für den Steuerpflichtigen<br />

besteht, Privataufw<strong>end</strong>ungen als beruflich veranlasst darzustellen,<br />

um so den Abzug der Aufw<strong>end</strong>ungen zu erreichen. Diesem<br />

können aber sowohl Finanzverwaltung als auch Finanzgerichte<br />

begegnen durch besonderes Augenmerk und Würdigung der<br />

Nachweise, die der Steuerpflichtige unter Umständen vorlegen<br />

muss, um seinen Sachvortrag zu stützen. Denn die Darlegungsund<br />

Nachweispflicht liegt beim Steuerpflichtigen und Zweifel an<br />

der beruflichen Veranlassung gehen zu seinen Lasten.<br />

Weitere interessante Beiträge finden Sie in<br />

der neuen Ausgabe von e:pwc Aktuelles<br />

aus Steuern & Recht.<br />

Bestellung<br />

E-Mail: manfred.haas@de.pwc.com<br />

13


Steuern A bis Z<br />

Beachten Sie abschließ<strong>end</strong> außerdem: Unverzichtbare Aufw<strong>end</strong>ungen<br />

für die Lebensführung, die durch die Vorschriften zur<br />

Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums pauschal<br />

abgegolten oder als Sonderausgaben oder außergewöhnliche<br />

Belastungen abziehbar sind (Repräsentationsaufw<strong>end</strong>ungen),<br />

sind von der geänderten Rechtsprechung nicht betroffen. Auch<br />

in Zukunft werden also Aufw<strong>end</strong>ungen für eine Brille oder eine<br />

Armbanduhr nicht (als Werbungskosten) abziehbar sein.<br />

Sehr wohl aber wird der Steuerpflichtige sich in Zukunft darauf<br />

berufen können, das Regel-Ausnahme-Prinzip habe sich dahingeh<strong>end</strong><br />

verschoben, dass bei gemischten Aufw<strong>end</strong>ungen grundsätzlich<br />

von einer Aufteilungsmöglichkeit in beruflich oder privat<br />

auszugehen sei. In vielen Fällen werden Steuerpflichtige von der<br />

neuen Rechtsprechung deshalb profitieren können.<br />

Haben Sie Fragen oder sind Sie an Details interessiert? – Dann<br />

rufen Sie bitte Ihre Ansprechpartner an oder mailen ihnen einfach.<br />

Ihre Ansprechpartner<br />

Barbara Weber<br />

Tel.: 069 9585-5047<br />

barbara.weber@de.pwc.com<br />

Dr. Ingo Nordmeyer<br />

Tel.: 069 9585-5042<br />

ingo.nordmeyer@de.pwc.com<br />

European Customs & Trade<br />

Communique<br />

Zugelassener Wirtschafts -<br />

beteiligter (Teil 6): der Status<br />

als Baustein eines umfass<strong>end</strong>en<br />

Risikomanagements<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … welche Maßnahmen Unternehmen ergreifen können, um<br />

ihr Transaktionsrisiko zu vermindern.<br />

• … welche Hürden sie dabei nehmen müssen.<br />

• … welche Rolle der AEO-Status beim Management von<br />

Transaktionsrisiken spielt.<br />

Mit einer Serie von Beiträgen informierte Sie Ihr Fachmagazin<br />

pwc: steuern+recht über den Status des Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten.<br />

In dieser sechsten und letzten Folge geht<br />

unser Gastautor Ulrich Lison der Frage nach: Welche Bedeutung<br />

hat neue Status für die Sicherheit in der logistischen Wertschöpfungskette?<br />

Dabei rückt er weniger formalrechtliche Fragestellungen<br />

in den Mittelpunkt als vielmehr prozessorientierte.<br />

Der Zugelassene Wirtschaftsbeteiligte<br />

Seit der Einführung des Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten<br />

(Authorized Economic Operator, AEO) richtet sich das primäre<br />

Augenmerk der Behörden in der Europäischen Union (EU) auf<br />

das handelnde Unternehmen, nicht mehr auf die einzelne Transaktion.<br />

Partner einer Lieferkette sollen sich als zuverlässige<br />

Akteure zertifizieren lassen, um in den Genuss von Erleichterungen<br />

bei der Zollabwicklung zu kommen. Das gemeinsame Ziel<br />

aller beteiligten Staaten: den globalen Warenverkehr vor Terror -<br />

attacken zu schützen.<br />

Seit dem 1. Januar 2008 können Unternehmen in der Gemeinschaft<br />

den Status des AEO beantragen. Im Kern geht es darum,<br />

mit den Zollbehörden ein partnerschaftliches Verhältnis anzustreben.<br />

Der Grundgedanke entspringt dem in weiten Teilen vergleichbaren<br />

Konzept der USA, der Customs-Trade Partnership<br />

Against Terrorism (C-TPAT). Die weltweite Klammer bildet dabei<br />

das Framework of Standards to Secure and Facilitate Global<br />

Trade (SAFE) der Weltzollorganisation (WZO). Mit dem Rahmenwerk<br />

hat die WZO einen internationalen Standard geschaffen, um<br />

den globalen Handel zu vereinheitlichen und abzusichern. Weltweit<br />

gültige Richtlinien sollen den Zollverwaltungen helfen, ein<br />

effektives Risikomanagement aufzubauen und durchzuführen. Im<br />

Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie sich güter- und finanzwirt-<br />

Beiträge zum Themenbereich Zoll finden<br />

Sie in der neuen Ausgabe von European<br />

Customs & Trade Communique.<br />

Bestellung<br />

E-Mail: ilse.juhre@de.pwc.com<br />

14 pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong>


schaftliche Transaktionen im weltweiten Handel sicherer gestalten<br />

lassen. Der Begriff der „Sicherheit“ zielt hierbei nicht nur auf<br />

die Gefahren des weltweiten Terrorismus ab. Vielmehr werden<br />

damit auch weiterreich<strong>end</strong>e Ziele wie Gesundheitsschutz oder<br />

das Eindämmen von Schmuggel und Produktpiraterie verfolgt.<br />

Welchen Status nimmt nun der AEO innerhalb dieses global<br />

angestrebten Risikomanagements ein? – Um diese Frage zu<br />

beantworten, sollen die Grundzüge einer umfass<strong>end</strong>en Risiko -<br />

analyse betrachtet werden. Worin genau bestehen diese Risiken<br />

und inwiefern kann der neu geschaffene Status AEO dazu beitragen,<br />

dieses Risiko zu verringern? – Wie Sie Ihre Transaktions -<br />

risiken senken können und welche Rolle dabei der AEO<br />

einnehmen kann, erfahren Sie in den folg<strong>end</strong>en Abschnitten.<br />

Abbildung von Transaktionen auf IT-Basis: Transparenz verringert<br />

Transaktionsrisiko<br />

Transaktionen in Unternehmen auf IT-Basis abzubilden senkt für<br />

sich schon das Transaktionsrisiko. Denn um eine Transaktion auf<br />

ihr Risiko hin beurteilen zu können, ist es notw<strong>end</strong>ig, sie transparent<br />

zu machen. Das setzt zwing<strong>end</strong> eine IT-gestützte Abwicklung<br />

voraus. Nur so kann die Transaktion von den<br />

Wirtschaftsbeteiligten und den Zollbehörden einer effizienten<br />

Risikobeurteilung unterzogen werden. Um das sicherzustellen,<br />

sind Systeme, Prozesse und Abläufe zu beschreiben.<br />

Die IT-gestützte Abbildung der Zollprozesse ist innerhalb der<br />

Gemeinschaft mittlerweile weit fortgeschritten. Nahezu alle zollrelevanten<br />

Transaktionen müssen elektronisch gemeldet werden.<br />

Gegenüber den Zollbehörden hat der AEO die Einhaltung der<br />

Vorschrift nachzuweisen. Den letzten großen Baustein stellte die<br />

Abgabe der elektronischen Ausfuhranmeldung dar, die seit dem<br />

1. Juli 2009 innerhalb der Gemeinschaft obligatorisch ist. Das<br />

Jahr <strong>2010</strong> steht nun ganz im Zeichen der elektronischen Über -<br />

wachung des Verbrauchsteuerverfahrens Excise Movement and<br />

Control System (EMCS), einem EDV-System, das am 1. April<br />

<strong>2010</strong> in Betrieb genommen wird. Nach einer Umstellungsphase,<br />

die am 1. Januar 2011 <strong>end</strong>et, sind alles Transaktionen von verbrauchsteuerpflichtigen<br />

Waren innerhalb der EU mit diesem System<br />

zu melden. Das EMCS ersetzt die bisherigen papierhaften<br />

Meldeverfahren vollständig.<br />

Zwischenfazit<br />

Eine der großen Herausforderungen für Unternehmen ist die<br />

Integration der an der Außenwirtschaft orientierten Prozesse<br />

in die logistischen Abläufe, um zu verhindern, dass der logistische<br />

Warenfluss gehemmt wird oder gar zum Stillstand<br />

kommt, ob bei der Ein- oder der Ausfuhr.<br />

Vorausanmeldung führt zu einem geringeren Transaktionsrisiko<br />

Wird eine Transaktion IT-gestützt abgebildet, stellt sich als<br />

Nächstes die Frage nach dem Zeitpunkt der Interaktion mit den<br />

Zollbehörden. Neben der eigenen Risikobeurteilung, die der AEO<br />

mittels seiner IT-Systeme sicherstellen muss, ist es auch die Aufgabe<br />

der Zollbehörden, das Risiko einer Transaktion zu beurteilen.<br />

War es in der „papiergestützten Vergangenheit“ so, dass in<br />

den meisten Fällen erst die Warenbewegung erfolgte und dann<br />

pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong><br />

Steuern A bis Z<br />

die Mitteilung an den Zoll, so fällt das mit der IT-gestützten<br />

Abwicklung nun in der Regel zusammen. – Sprich: Sobald die<br />

Waren den Zollbehörden zugestellt werden, erhalten sie auch die<br />

Meldung. Diese Praxis aber wird sich in den nächsten Jahren ändern,<br />

was sich unter dem Stichwort „Vorausanmeldungen“ subsumieren<br />

lässt. Demnach wird es zum 1. Januar 2011 erst eine<br />

elektronische Meldung an die Zollbehörden geben, die dann die<br />

Transaktion einer Risikobeurteilung unterziehen. Der physische<br />

Warenfluss erfolgt dann quasi nachgelagert. Der Wechsel wird in<br />

den nächsten Jahren sicherlich erhebliche Anpassungen der logistischen<br />

Prozesse bei den Unternehmen erforderlich machen<br />

sowie zu einer weltweiten Vernetzung der IT-Systeme der unterschiedlichen<br />

Akteure führen. Für einen reibungslosen Ablauf werden<br />

Ein- und Ausführer sowie die jeweils involvierten<br />

Dienstleister in einem höheren Maße ihre Systeme respektive<br />

Prozesse koppeln müssen. Das AEO-Zertifikat ist dabei eine Art<br />

Gütesiegel bei der Auswahl geeigneter Partner.<br />

Fazit 1<br />

In Zukunft müssen die Daten schon bereitgestellt werden,<br />

bevor die Ware fließen kann. Ein erfolgreiches Agieren von<br />

Unternehmen hängt dabei wesentlich von der Einbindung<br />

der Geschäftspartner ab. Auf der Eingangsseite bedeutet<br />

das, von den Lieferanten zu verlangen, die geplanten<br />

Transaktionen (Warenbewegungen) im Vorfeld elektronisch<br />

zu planen.<br />

Beurteilung von Transaktionsrisiken durch die Zollbehörden<br />

Werden nun die güterwirtschaftlichen Transaktionen vorab<br />

elektronisch gemeldet, überprüfen die Zollbehörden diese Informationen<br />

maschinell. Hierbei werden, vereinfacht formuliert, zwei<br />

Analysen vorgenommen:<br />

• Bei der warenbezogenen Analyse stehen die Ware (Identifizierung<br />

anhand des Harmonized-System-Codes und der Warenbeschreibung),<br />

deren Ursprung und der jeweilige Lieferant im<br />

Mittelpunkt der Risikobeurteilung.<br />

• Bei der adressbezogenen Analyse vergleichen die Zollbehörden<br />

die in der Transaktion vorhandenen Adressen (etwa der<br />

Empfänger der Waren) mit den Listen verdächtiger Personen<br />

und Organisationen. Diese Listen speisen sich nicht nur aus<br />

den bekannten „Terrorlisten“, sondern auch aus geheimdienstlichen<br />

Erkenntnissen und sind somit Bestandteil der – hoheitlichen<br />

– Risikobeurteilung.<br />

Erfüllt eine Transaktion ein Risikoprofil, so hemmt das jegliche<br />

zolltechnische Behandlung und damit auch unmittelbar den<br />

logistischen Warenfluss. Da die elektronische Nachricht dem<br />

physischen Warenfluss vorausgeht, besteht zwar ein gewisser<br />

Puffer, um bei einem etwaigen Risikotreffer eine zeitnahe Klärung<br />

herbeizuführen, ohne dass der Warenfluss gehemmt wird. Aber<br />

der Zeitraum dürfte in der Praxis wohl eher kurz sein.<br />

15


Steuern A bis Z<br />

Fazit 2<br />

Wenn möglich, sollten Unternehmen selbst vorab eine<br />

adäquate Risikobeurteilung der Transaktion vornehmen. Der<br />

Abgleich der Adressen ihrer Geschäftspartner mit Listen Verdächtiger<br />

(Compliance Screening) ist schließlich heute schon<br />

Pflicht. Empfehlenswert ist aber auch eine warenbezogene<br />

Analyse, idealerweise über das (außenwirtschafts-)rechtliche<br />

Maß hinaus. Im Zuge der AEO-Zertifizierung ist der Nachweis<br />

einer entsprech<strong>end</strong>en internen Organisation sogar ein<br />

Muss!<br />

Die Bedeutung des AEO zur Reduzierung des Transaktionsrisikos<br />

Das geschilderte Prozedere orientiert sich bislang nur wenig an<br />

den Fragen: Wer führt eine entsprech<strong>end</strong>e Transaktion durch<br />

oder organisiert sie? Wer ist im weitesten Sinne daran beteiligt? –<br />

Stattdessen wird die einzelne Transaktion jeweils ganz allgemein<br />

beurteilt. Für eine effiziente Risikobeurteilung ist es aber von<br />

Bedeutung, welche Unternehmen die jeweilige Transaktion<br />

durchführen oder an dieser beteiligt sind. Wer tritt als Akteur auf,<br />

wenn beispielsweise Drittlands<strong>end</strong>ungen in das Zollgebiet der<br />

Gemeinschaft eingeführt werden? Mögliche Kandidaten: Ausführer<br />

im Drittland, Reeder, Hafenbetreiber, Spediteure, Frachtführer,<br />

Einführer und, und, und. Der Grundgedanke ist offensichtlich:<br />

Sind die Beteiligten dieser Prozesskette zuverlässige Unternehmen,<br />

dann ist die Wahrscheinlichkeit etwaiger Unregelmäßigkeiten<br />

geringer als bei unzuverlässigen Unternehmen.<br />

Wie können Unternehmen die Zuverlässigkeit gewährleisten und<br />

sie den Zollbehörden auch nachweisen? – Richtig: Indem sie den<br />

Status des AEO anstreben. Hierbei müssen sie ausführlich aufzeigen,<br />

dass sie ein sicheres Unternehmen sind. Mit der Beantwortung<br />

der rund 100 Fragen sollen die Unternehmen eine Art<br />

Selbstvalidierung rund um die Themenkomplexe Zollvorschriften<br />

und Sicherheit vornehmen.<br />

Die Fragen beziehen sich auf alle betrieblichen Prozesse: vom<br />

Wareneingang über die Fertigung und Lagerung bis hin zum<br />

Warenausgang und Transport. Das Unternehmen muss detailliert<br />

aufstellen, welche Anstrengungen es unternimmt, um seine<br />

Waren vor Missbrauch und Manipulation zu schützen. Wer AEO<br />

werden will, muss glaubhaft machen, dass seine Waren niemals<br />

unbeaufsichtigt sind oder in Gefahr, zu Terrorzwecken genutzt<br />

oder manipuliert zu werden. – Welche Aspekte sind beim<br />

Antrags verfahren aber zentral?<br />

Zum einen geht es um den Werksschutz und die physische Sicherheit<br />

der Liefervorgänge. Eine Rolle hierbei spielen Kriterien<br />

wie Zäune, Beleuchtung, Zugangskontrollen, Sicherheit der<br />

Transportbehälter und der Verladebereiche.<br />

Auch die IT-Systeme stehen auf dem Prüfstand. Sind alle Daten<br />

vor Eingriffen von außen geschützt? Ist nachvollziehbar, ob alle<br />

Zollformalitäten jederzeit vorschriftsmäßig abgewickelt werden?<br />

Das setzt voraus, dass Warenein- und -abgänge nachprüfbar<br />

sind, die Daten archiviert werden und mit den zollrechtlichen Vorgängen<br />

verknüpft sind.<br />

Die dokumentierte Selbstvalidierung als wesentlicher Bestandteil<br />

der AEO-Zertifizierung ermöglicht es dem Zoll, Unternehmen in<br />

ihrer Gesamtheit vorab zu überprüfen. Der einmal erlangte Status<br />

dient dazu, zu signalisieren: „Dieses Unternehmen ist vertrauenswürdig<br />

und tut alles, um Gefahren von der Lieferkette abzuw<strong>end</strong>en.“<br />

Alle Partner einer Lieferkette sollen sich derart qualifizieren<br />

können, also Hersteller, Importeure, Frachtführer, Spediteure,<br />

Hafenbetreiber, Reeder, Zollagenten und Ausführer. Das folgt aus<br />

der Überlegung, nach der das Risiko von Warenbewegungen<br />

umso geringer wird, je mehr zuverlässige Unternehmer an der<br />

Prozesskette beteiligt sind.<br />

Fazit 3<br />

Durch die Änderungen im Zollrecht, die in den letzten Monaten<br />

erfolgt sind, wertet die Verwaltung den Status des AEO<br />

auf. De facto ist er heute schon als eine Art Eintrittskarte in<br />

die Welt der Zollvereinfachungen anzusehen. Das wird er<br />

sicherlich noch wesentlich mehr sein, sobald die Regelungen<br />

des Modernisierten Zollkodexes anw<strong>end</strong>bar werden, da<br />

auch diese Neuerungen die Bedeutung des AEO stärken.<br />

Die zukünftige Entwicklung des AEO<br />

Mit dem AEO-Zertifikat „belohnt“ wird, wer alle (!) folg<strong>end</strong>en<br />

Kriterien erfüllt:<br />

• Er beschäftigt geschulte Mitarbeiter.<br />

• Er schützt Produktions- und Lagerhallen ausreich<strong>end</strong> vor<br />

unbefugtem Zutritt.<br />

• Er arbeitet nur mit zuverlässigen Geschäftspartnern zusammen.<br />

• Er setzt IT-Systeme ein, die den Warenfluss und Geschäfts -<br />

vorgänge dokumentieren.<br />

• Er sichert alle wichtigen Daten.<br />

Wie sich der AEO weiterhin entwickelt, wird sicherlich davon<br />

abhängen, wie er international anerkannt wird. Beobachter gehen<br />

davon aus: Er wird sich nächsten Jahren international durchsetzen.<br />

Dann wird es im Sinne einer sicheren Lieferkette (Secure<br />

Supply Chain) erforderlich sein, dass alle Prozessbeteiligten<br />

einen AEO-Status (oder einen vergleichbaren Status) haben.<br />

Absehbar ist, dass die Zollbehörden – gerade im internationalen<br />

Umfeld – solchen Transaktionen oder Warenbewegungen den<br />

Vorzug (im Sinne von Vorrang) geben werden, die „zu hundert<br />

Prozent sicher“ sind – sprich: solchen, bei denen alle Beteiligten<br />

einen entsprech<strong>end</strong>en Status haben.<br />

Und eine weitere Entwicklung ist bereits heute erkennbar: Hatten<br />

sich die Betriebsprüfer in der Vergangenheit sehr stark auf die<br />

Vollständigkeits- und Einzelbelegprüfung konzentriert, so wird<br />

sich das in den nächsten Jahren wandeln zu einer prozessrespektive<br />

systemorientierten Prüfung im Sinne eines Customs<br />

Audits. Prüfer werden somit verstärkt die Prozesse und Systeme<br />

in den Unternehmen durchleuchten. Verfügt das Unternehmen<br />

über ein entsprech<strong>end</strong> leistungsfähiges Customs-Risk-Management-System,<br />

dann ist auch die Wahrscheinlichkeit groß, dass<br />

die operativen Vorgänge vollständig, korrekt und sicher ausgeführt<br />

werden. Konkret bedeutet das: Unternehmen müssen in der<br />

Lage sein, ihre Systeme rund um Außenwirtschaft, Logistik und<br />

16 pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong><br />

­


Finanzen verstärkt miteinander zu verknüpfen. Damit ist der<br />

Prüfer in der Lage, einen Vorgang von der zollrechtlichen Wiege<br />

bis zur kaufmännischen Bahre lückenlos nachzuvollziehen.<br />

Zudem sollte eine gemeinsame Datenbasis vorhanden sein, um<br />

zentral wichtige Risikoparameter und die Veränderungen zu<br />

dokumentieren. Dabei sollte beispielsweise ersichtlich sein:<br />

• Wurde eine Ware falsch tarifiert?<br />

• Kam es im Zuge der Abgabenerhebung es zu Abrechnungs -<br />

fehlern oder nicht?<br />

• Welche Schulungsmaßnahmen im Bereich Außenwirtschaft<br />

wurden umgesetzt?<br />

• Haben die gegenüber dem Zoll dargelegten Prozesse im<br />

Rahmen der AEO-Beantragung noch Gültigkeit (Monitoring)?<br />

Diese und weitere Parameter sollen dem Wirtschaftbeteiligten<br />

und den Zollbehörden ein umfass<strong>end</strong>es Bild über das Risikoprofil<br />

des Unternehmens ermöglichen. Dass es dazu entsprech<strong>end</strong><br />

leistungsfähiger, stark vernetzter Systeme bedarf, ist offensichtlich.<br />

Ausblick<br />

Dieser Beitrag sowie die vorangegangenen Teile der Serie haben<br />

deutlich gezeigt: Der Status des AEO ist überaus attraktiv. Zwar<br />

ist er mit großen Anforderungen verknüpft und sie nachzuweisen<br />

erfordert einen beträchtlichen Aufwand. Seine Vorteile aber lohnen<br />

das allemal. Der AEO wird, so zeichnet es sich heute schon<br />

ab, zu einem international anerkannten Standard. Wer ihn erreicht,<br />

weist sich als zuverlässiger Teilnehmer des Wirtschaftskreislaufs<br />

aus, dem andere getrost vertrauen dürfen. Dass dies<br />

ein Wettbewerbsvorteil ist, liegt auf der Hand. Mehr noch: Vermutlich<br />

werden sich Unternehmen, die den AOE selbst nicht vor-<br />

Steuern A bis Z<br />

Authorized Economic Operator – Part 6: The AEO and risk management<br />

The Framework of Standards to Secure and Facilitate Global Trade (SAFE) sets the general conditions to secure global trade on a<br />

uniform and internationally accepted basis. It should help customs to establish and maintain an effective risk management system<br />

with the prime objective to secure transactions worldwide. This should be done not only with regard to terrorist attacks but also by<br />

involving health protection or restrain contraband or any kind of counterfeiting.<br />

A pillar of such measures would be a screening of transactions by using competent information technology: In order to evaluate<br />

potential risks it is necessary to make the transaction transparent for a critical review. An IT-based handling is therefore essential.<br />

Presently, nearly all transactions relevant for customs need to be reported electronically. Since April 1, <strong>2010</strong> Excise Movement and<br />

Control System (EMCS) will replace the presently used reporting systems. The AEO must evaluate possible risks based on the<br />

IT-systems available to him and communicate the results to Customs which finally evaluates the transactions referred to it. In the<br />

future, data will be available already before goods are actually moved.<br />

If possible, the companies should make an adequate risk assessment prior to the transaction and match addresses of their<br />

business partners with the list of potential suspects. In the course of the AEO-certification process evidence must be produced<br />

that an adequate internal organization to that effect exists.<br />

In view of the changes in customs regulations over the past months, the status of an AEO towards the administration has been<br />

enhanced. This is also true in light of the upcoming modernized customs code, which will furthermore emphasize the importance<br />

of the AEO.<br />

As he gradually establishes himself on international grounds, the reputation of the AEO will grow significantly. Customs will prefer<br />

those kinds of transactions or movements of goods which are save and ideally where all parties involved have adequate status.<br />

A common data base should document and connect all relevant risk parameters and changes and an efficient customs-riskmanagement-system<br />

must secure that the operational processing is handled thoroughly and safely.<br />

An AEO employs qualified staff, he sufficiently secures his facilities and the goods stored. He only deals with reliable partners,<br />

uses IT-systems to document flow of goods and business transactions and he secures all important data.<br />

In the <strong>end</strong>, an AEO-certificate will be issued only if all of those criteria can be met. (AM)<br />

pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong><br />

weisen können, in ein ungünstiges Licht rücken. Bitte betrachten<br />

Sie den AEO auch als ein zentrales Element eines umfass<strong>end</strong>en<br />

Risikomanagements. Denn die Anforderungen, welche die Behörden<br />

an einen AEO stellen, umfassen ein hohes Maß an Transparenz<br />

mit Blick auf Risiken beim Warenfluss, was dem eigenen<br />

internen Risikomanagement nur förderlich sein kann. Und noch<br />

etwas: Das Risiko eines Vertrauensschadens lässt sich durch<br />

den AEO ausschließen.<br />

­<br />

Nützliche Informationen finden Sie unter folg<strong>end</strong>en Links:<br />

• Liste der zertifizierten Unternehmen:<br />

http://ec.europa.eu/taxation_customs/dds/cgi-bin/<br />

aeoaeoquery?Lang=DE<br />

• Allgemeine Fragen zum AEO:<br />

http://www.zoll.de/faq/faq_aeo/allgemein_aeo/<br />

index.html#aeo_allgemein11<br />

• Zollrechtliche Grundlagen des AEO:<br />

http://www.zoll.de/b0_zoll_und_steuern/a0_zoelle/<br />

a1_grundlage_zollrecht/g0_zugelassener_wirtschaftsbeteiligter/index.html<br />

• Leitlinien der Kommission: http://www.zoll.de/<br />

e0_downloads/f0_dont_show/leitlinien_zug_wirtschaft.pdf<br />

Der Autor, Dr. Ulrich Lison, ist Portfoliomanager der AEB GmbH,<br />

einem Unternehmen, das sich auf die Entwicklung von Anw<strong>end</strong>ungssoftware<br />

für Außenwirtschaft und Transport- und Versandlogistik<br />

spezialisiert hat.<br />

Dort ist er zuständig für die Bereiche Außenwirtschaft, ATLAS,<br />

EMCS, internationale Zollverfahren und AEO. Seit 2007 ist er<br />

17


Steuern A bis Z<br />

Prokurist und Gesellschafter des Stuttgarter Softwareunter -<br />

nehmens. Außerdem ist er seit 2003 Fachkoordinator IT<br />

der Außenwirtschaftsrunde e. V. – Sie erreichen ihn unter<br />

Tel.: 0711 72842-137 und der E-Mail-Adresse: ulrich.lison@aeb.de.<br />

Dr. Ulrich Lison<br />

Ihr Ansprechpartner bei<br />

PricewaterhouseCoopers<br />

zum Thema AEO<br />

Jochen Schmidt<br />

Tel.: 040 6878-1390<br />

jochen.schmidt@de.pwc.com<br />

Präzisierung der Voraussetzungen<br />

einer wirtschaftlichen<br />

und organisatorischen Eingliederung<br />

bei umsatzsteuerlicher<br />

Organschaft<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … unter welchen Voraussetzungen Leistungen des Organträgers<br />

an die Organgesellschaft eine wirtschaftliche<br />

Eingliederung begründen.<br />

• … wie der Bundesfinanzhof die Voraussetzungen der<br />

organisatorischen Eingliederung präzisiert.<br />

• … warum Unternehmen die weitere Rechtsprechung genau<br />

verfolgen sollten.<br />

Die Frage nach der wirtschaftlichen und organisatorischen<br />

Eingliederung einer Organgesellschaft in das Unternehmen des<br />

Organträgers und deren umsatzsteuerliche Behandlung beschäftigen<br />

Unternehmen, Finanzverwaltung und Gerichte immer wieder.<br />

Mit seinem Urteil vom 20. August 2009 gab der Bundes finanzhof<br />

Antworten auf umstrittene Fragen. – Welche Gründe er in seiner<br />

Entscheidung anführte und welche Konsequenzen sich daraus<br />

ergeben, erläutern Ihnen Elmar Jaster und Petra Ferdinand.<br />

In seinem Urteil vom 20. August 2009 hat der Bundesfinanzhof<br />

(BFH) entschieden: Eine wirtschaftliche Eingliederung im Sinne<br />

des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) erfordert eine<br />

Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen des Organträgers<br />

und der Organgesellschaft oder verschiedener Organgesellschaften.<br />

Stellt der Organträger für eine von der Organgesellschaft<br />

bezogene Leistung unentgeltlich Material bei, reicht<br />

das zur Begründung der wirtschaftlichen Eingliederung nicht aus.<br />

Auch zur organisatorischen Eingliederung im Sinne von § 2 Abs.<br />

2 Nr. 2 UStG hat sich der BFH geäußert. Eine solche kann sich<br />

auch daraus ergeben, dass die Geschäftsführer der Organgesellschaft<br />

leit<strong>end</strong>e Mitarbeiter des Organträgers sind.<br />

Vor welchem Hintergrund die Entscheidungen fielen und wie der<br />

BFH seine Auffassung begründete, lesen Sie in den folg<strong>end</strong>en<br />

Absätzen.<br />

Sachverhalt<br />

Die Klägerin ist eine GmbH, an der die Flussgenossenschaft<br />

(FlussG), eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, mit 51 und<br />

die R-GmbH mit 49 Prozent beteiligt sind. Als Pächterin betreibt<br />

die Klägerin eine Trocknungsanlage, um Brennstoffe aus kohlehaltigen<br />

Klärschlämmen eines Flusses herzustellen. Die Schlämme<br />

erhält sie unentgeltlich von ihrer Mehrheitsgesellschafterin. Bei<br />

den Geschäftsführern der Klägerin handelt es sich um leit<strong>end</strong>e<br />

Mitarbeiter der FlussG.<br />

Die Trocknungsanlage pachtet die Klägerin von der T-GmbH,<br />

welche die Anlage auf einem von der FlussG angemieteten<br />

Grundstück errichtete. Die FlussG ist an der T-GmbH zu 80 Prozent<br />

beteiligt und führt den Betrieb der T-GmbH.<br />

Klägerin und FlussG trafen folg<strong>end</strong>e Vereinbarung: Ließen sich<br />

die Selbstkosten der Klägerin durch die Brennstoffherstellung<br />

nicht decken, würde die FlussG die Verluste durch Betriebskostenzuschüsse<br />

ausgleichen, die in Form „verlorener Zuschüsse“<br />

zu gewähren sein sollten. Außerdem übernahm die Klägerin in<br />

dieser Vereinbarung die Verpflichtung, in Ausübung der Abwasserbeseitigungspflicht<br />

der FlussG tätig zu werden. Im Streitjahr<br />

1986 zahlte die FlussG der Klägerin aufgrund dieser Vereinbarung<br />

zum Verlustausgleich vier Millionen DM. Darüber hinaus<br />

erbrachte die FlussG gegenüber der Klägerin entgeltliche administrative<br />

und kaufmännische Leistungen in den Bereichen Buchhaltung,<br />

Personalwesen, Lohn- und Gehaltsabrechnung sowie<br />

Steuerberatung und stellte Personal zur Verfügung. Das Entgelt<br />

belief sich auf rund 127.000 DM. Das Finanzamt (FA) unterwarf<br />

die gezahlten vier Millionen DM der Umsatzsteuer. Der anschließ<strong>end</strong>e<br />

Einspruch hatte keinen Erfolg. Daraufhin klagte die GmbH<br />

vor dem Finanzgericht (FG).<br />

Der Klage gab das FG insoweit statt, als es zwischen der Klägerin<br />

und der FlussG eine Organschaft im Sinne des § 2 Abs. 2<br />

Nr. 2 UStG feststellte. Deshalb unterhalte die FlussG neben ihrem<br />

hoheitlichen einen unternehmerischen Bereich, in dem sie über<br />

die Entwässerung der Schlämme auf einen Wasseranteil von 40<br />

Prozent hinaus eine Aufkohlung der Schlämme vornehme und<br />

diese anschließ<strong>end</strong> an die Klägerin abgebe. Insoweit sei sie wirtschaftlich<br />

tätig gewesen. Die Entsorgungsleistungen der Klägerin<br />

habe sie in diesem unternehmerischen Bereich empfangen.<br />

18 pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong>


Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision vor dem<br />

BFH.<br />

Entscheidungsgründe<br />

Die Revision des FA wies das Gericht als unbegründet zurück.<br />

Begründung: Die Klägerin habe an die FlussG mit der Entsorgung<br />

der Klärschlämme steuerbare Leistungen gegen Entgelt im<br />

Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG erbracht. Die Richter führten<br />

weiterhin aus: Nach ständiger Rechtsprechung würden Leistungen<br />

gegen Entgelt erbracht, wenn zwischen dem Leist<strong>end</strong>en und<br />

dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, das<br />

zwischen der Leistung und einem erhaltenen Gegenwert einen<br />

unmittelbaren Zusammenhang begründet, sodass die Vergütung<br />

den Gegenwert für die Leistung bildet.<br />

Die Abnahme der Klärschlämme und die Aufbereitung zu Brennstoff<br />

seitens der Klägerin sei als eine sonstige Leistung im Sinne<br />

des § 3 Abs. 9 UStG gegenüber der FlussG zu werten. Eine Gesellschaft<br />

erbringe gegenüber ihrem Gesellschafter nämlich dann<br />

eine Leistung, wenn diese dem Individualinteresse eines einzelnen<br />

Gesellschafters diene. Im vorlieg<strong>end</strong>en Fall sei das gegeben.<br />

Die Abnahme der Schlämme durch die Klägerin stelle ein „unerlässliches<br />

Glied der Entsorgungskette für Flussschlamm“ dar und<br />

liege somit im überwieg<strong>end</strong>en Interesse der FlussG.<br />

Auch sei diese Leistung entgeltlich erbracht worden, da die<br />

FlussG verlorene Zuschüsse zum Verlustausgleich an die Klägerin<br />

zahlte, was einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen<br />

Zahlung und Leistung begründet habe. Ob eine umsatzsteuer -<br />

liche Organschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 2 UStG vorlag,<br />

klärte des BFH dagegen nicht abschließ<strong>end</strong>. Eine umsatzsteuer -<br />

liche Organschaft liegt dann vor, wenn eine juristische Person<br />

nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell,<br />

wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen eines<br />

anderen Unternehmers eingegliedert ist.<br />

Zwar war die FlussG Unternehmerin im Sinne des § 2 Abs. 3<br />

Satz 1 UStG in Verbindung mit §§ 1 Abs. 1 Nr. 6 sowie 4 Abs. 1<br />

und 5 Körperschaftsteuergesetz, da sie im Rahmen eines Betriebs<br />

gewerblicher Art tätig war – sprich: einer Einrichtung, die<br />

einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von<br />

Einnahmen und nicht überwieg<strong>end</strong> der Ausübung öffentlicher<br />

Gewalt (Hoheitsbetrieb) dient. Sie erbrachte Leistungen gegen<br />

Entgelt in den Bereichen Buchhaltung, Personalwesen, Lohnund<br />

Gehaltsabrechnung, Steuerberatung sowie durch Gestellung<br />

von Personal.<br />

Auch war die Klägerin finanziell und organisatorisch in die FlussG<br />

eingegliedert. Die FlussG war Mehrheitsgesellschafterin der Klägerin<br />

und bei den Geschäftsführern der Klägerin handelte es sich<br />

um leit<strong>end</strong>e Angestellte der FlussG. Über leit<strong>end</strong>e Mitarbeiter hat<br />

der Organträger dieselben Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsführung<br />

der Organgesellschaft wie bei einer personellen<br />

Verflechtung der Geschäftsführungen.<br />

Bezüglich der wirtschaftlichen Eingliederung fehlte es allerdings<br />

an hinreich<strong>end</strong>en Feststellungen des FG, sodass der BFH das<br />

Vorliegen der wirtschaftlichen Eingliederung offenließ.<br />

pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong><br />

Steuern A bis Z<br />

Der Senat erläutert das in folg<strong>end</strong>er Weise: Eine wirtschaftliche<br />

Eingliederung liege nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn<br />

die Organgesellschaft im Gefüge des übergeordneten Organträgers<br />

als dessen Bestandteil erscheint. Dabei könne eine Tätigkeit<br />

der Obergesellschaft schon ausreichen, die das Unternehmen<br />

der Untergesellschaft fördert. Entscheid<strong>end</strong> seien Art und Umfang<br />

der Verflechtungen zwischen den Unternehmensbereichen<br />

von Organträger und Organgesellschaft. Daher liege keine wirtschaftliche<br />

Eingliederung vor, wenn den entgeltlichen Leistungen<br />

des Gesellschafters für die Unternehmenstätigkeit der Untergesellschaft<br />

nur unwesentliche Bedeutung zukomme, das heißt,<br />

wenn zum Beispiel der Gesellschafter für die Gesellschaft lediglich<br />

Verwaltungsaufgaben in den Bereichen Buchführung und<br />

lauf<strong>end</strong>e Personalverwaltung übernimmt. Aus den von der<br />

FlussG an die Klägerin erbrachten Leistungen in den Bereichen<br />

Buchhaltung, Personalwesen, Lohn- und Gehaltsabrechnung<br />

und Steuerberatung sowie die Gestellung von Personal könne<br />

keine wirtschaftliche Eingliederung begründet werden, da diese<br />

zwar den Betrieb der Klägerin förderten, allerdings nur geringes<br />

wirtschaftliches Gewicht hätten.<br />

Auch aus der unentgeltlichen Abgabe der Klärschlämme an die<br />

Klägerin als Leistungsbeistellung der FlussG folge keine wirtschaftliche<br />

Eingliederung, da diese keine unternehmerische<br />

Tätigkeit der FlussG begründete.<br />

Eine wirtschaftliche Eingliederung kann sich aber möglicherweise<br />

daraus ergeben, dass die T-GmbH als Organgesellschaft der<br />

FlussG angesehen werden kann, da in diesem Fall die Verpachtung<br />

der Trocknungsanlage durch die T-GmbH an die Klägerin<br />

der FlussG als wirtschaftliche Tätigkeit zuzurechnen wäre. Eine<br />

wirtschaftliche Eingliederung muss – wie Sie gesehen haben –<br />

nicht auf einer unmittelbaren Beziehung zum Organträger beruhen,<br />

sondern kann sich auch aus der Verflechtung zwischen zwei<br />

Organgesellschaften ergeben.<br />

Sollte das FG eine wirtschaftliche Eingliederung über die<br />

T-GmbH und damit eine umsatzsteuerliche Organschaft bejahen,<br />

ist es schließlich für das Vorliegen einer nicht steuerbaren Innenleistung<br />

der Klägerin an die FlussG unerheblich, ob die FlussG<br />

die Leistungen für ihren unternehmerischen oder ihren nicht<br />

unternehmerischen Bereich verw<strong>end</strong>et.<br />

Bewertung des Urteils und Ausblick<br />

Das Urteil hat entscheid<strong>end</strong>e Bedeutung für die Frage, ob die<br />

Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Eingliederung bei der<br />

umsatzsteuerlichen Organschaft vorliegen oder nicht. Wird die<br />

wirtschaftliche Eingliederung über Leistungen des Organträgers<br />

an die Organgesellschaft begründet, sollten die Unternehmen die<br />

Verflechtung zu ihren Organgesellschaften speziell daraufhin<br />

überprüfen, ob den erbrachten Leistungen des Organträgers wesentliche<br />

Bedeutung für das Unternehmen der Organgesellschaft<br />

zukommt. Hierbei legt der BFH sowohl eine qualitative als auch<br />

eine quantitative Betrachtung der Bedeutung der erbrachten<br />

Leistung für das Unternehmen der Organgesellschaft an.<br />

Währ<strong>end</strong> das oberste Gericht des Bundes in seinem Urteil vom<br />

3. April 2008 (V R 76/05) die erforderliche Gestaltung der organisatorischen<br />

Eingliederung im Einzelnen noch offenließ, erklärt der<br />

19


Steuern A bis Z<br />

Economic integration requirements for a VAT group<br />

(Organschaft)<br />

A VAT Organschaft is dep<strong>end</strong>ent on the three tests of<br />

common shareholdings (financial integration), common<br />

management (organizational integration) and common business<br />

(economic integration). The business of the subsidiary<br />

has to be integrated into that of the parent for the common<br />

business test to be met. The business connections from two<br />

mutually supportive and complementary businesses can fulfil<br />

the requirement as long as they are stronger than “only<br />

negligible”. The case dealt with by the Supreme Tax Court<br />

involved a subsidiary which operated a drying facility for fuel<br />

derived from sewage sludge. The subsidiary rented the<br />

facility from its sister company. The sludge was received at<br />

no charge from its parent, which was a public corporation.<br />

The parent also held the majority of shares in the sister company.<br />

Furthermore it provided certain administrative services<br />

in the area of accounting, human resource management, tax<br />

accountancy, staff exchange and payroll accounting to its<br />

subsidiary. The Court held that those facts were not sufficient<br />

and could not be viewed as being important enough to<br />

validate a common business and thus an Organschaft<br />

between the parent and its subsidiary. Economic integration<br />

generally is where the business of the subsidiary supports, or<br />

complements, that of the parent. The Court indicated, however,<br />

that an economic integration could nevertheless exist, if<br />

the sister company itself were to be viewed as an Organschaft<br />

subsidiary of the parent. In this case, the lease of the<br />

drying facility by the sister company could be attributed<br />

economically to the parent. Within an Organschaft all<br />

companies are treated as one business. Therefore, a VAT<br />

group based on common business may as well be assumed<br />

in case of a qualifying relationship between two subsidiaries<br />

of the same parent. The Court has remitted the case back to<br />

the lower court for additional fact finding on that and other<br />

specific issues. It also indicated that it would be acceptable<br />

for the organizational integration, if the general managers<br />

of the subsidiary work in executive positions at the parent<br />

company. (AM)<br />

Senat bereits im vorlieg<strong>end</strong>en Urteil, eine organisatorische<br />

Eingliederung könne sich auch daraus ergeben, dass die<br />

Geschäftsführer der Organgesellschaft leit<strong>end</strong>e Mitarbeiter des<br />

Organträgers seien. Denn dies gewährleiste den gleichen Einfluss<br />

auf die Geschäftsführung der Organgesellschaften, wie es<br />

bei einer personellen Verflechtung über die Geschäftsführung<br />

von Organträger und Organgesellschaft der Fall sei.<br />

Von besonderer Bedeutung ist der Hinweis des BFH, das FG<br />

habe nach Zurückverweisung der Sache unter Umständen auch<br />

darüber entscheiden müssen, welche Bedeutung einer Geschäftsführungsordnung<br />

für das Vorliegen einer organisatorischen<br />

Eingliederung zukomme und welche Anforderungen die<br />

Geschäftsführerordnung erfüllen müsse. Aus diesem Grunde<br />

sollten Unternehmer auch den dritten Rechtszug dieses Verfahrens<br />

mit Blick auf die Präzisierung der Voraussetzungen der<br />

umsatzsteuerlichen Organschaft mit besonderem Interesse<br />

verfolgen. Über den weiteren Gang der Dinge wird Sie<br />

pwc: steuern+recht lauf<strong>end</strong> informieren.<br />

Haben Sie Fragen oder sind Sie an Details interessiert? – Dann<br />

rufen Sie bitte Ihre Ansprechpartner an oder mailen ihnen einfach.<br />

Ihre Ansprechpartner<br />

Elmar Jaster<br />

Tel.: 0221 2084-203<br />

elmar.jaster@de.pwc.com<br />

Petra Ferdinand<br />

Tel.: 0221 2084-205<br />

petra.ferdinand@de.pwc.com<br />

Fundstellen<br />

BFH, Urteil vom 3. April 2008 (V R 76/05)<br />

BFH, Urteil vom 20. August 2009 (V R 30/06)<br />

Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen<br />

nach dem<br />

8. Dezember 2009<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … welche Passagen im neuen Gesetz das Bundesfinanz -<br />

ministerium nun geklärt hat.<br />

• … wann eine Beteiligung steuerbegünstigt ist.<br />

• … warum für die Bewertung der Beteiligung ausschließlich<br />

der gemeine Wert maßgeblich ist, wie er sich nach dem<br />

Bewertungsgesetz ermittelt.<br />

Das Bundesfinanzministerium hat sich im Dezember mit der<br />

Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen beschäftigt. Das<br />

Schreiben soll Zweifelsfragen klären, die sich bei der Anw<strong>end</strong>ung<br />

des neuen Paragrafen im Einkommensteuergesetz stellen. – Der<br />

aktuelle Beitrag informiert Sie über die Eckpunkte der Verlaut -<br />

barung.<br />

20 pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong>


Grundlage des Schreibens aus dem Bundesfinanzministerium<br />

(BMF) ist der § 3 Nr. 39 Einkommensteuergesetz (EStG), der ab<br />

1. Januar 2009 anzuw<strong>end</strong>en ist und der den bisherigen § 19 a<br />

EStG ablöst.<br />

Persönlicher Anw<strong>end</strong>ungsbereich: „alle Arbeitnehmer, die in<br />

einem gegenwärtigen Dienstverhältnis stehen“<br />

Nach § 3 Nr. 39 EStG müssen die Mitarbeiterbeteiligung – mindestens<br />

– allen Arbeitnehmern offenstehen, deren Dienstverhältnis<br />

zum Unternehmen des Arbeitgebers ein Jahr oder länger<br />

andauert. Dieser Satz birgt zwei potenzielle Probleme: zum einen<br />

das Tatbestandsmerkmal „alle Arbeitnehmer“, zum anderen das<br />

Tatbestandsmerkmal „gegenwärtiges Dienstverhältnis“.<br />

• „alle Arbeitnehmer“<br />

Das Kriterium „alle Arbeitnehmer“ erweist sich in der Praxis als<br />

problematisch, weil ein Unternehmen gute Gründe haben mag,<br />

die Möglichkeit der Beteiligung am Kapital des Unternehmens<br />

auf bestimmte Gruppen der Belegschaft zu beschränken.<br />

In dieser Frage schafft das BMF-Schreiben nun Klarheit. Beispielhaft<br />

einbezogen werden müssen geringfügig Beschäftigte,<br />

Teilzeitkräfte und Auszubild<strong>end</strong>e. Leiharbeitnehmer kann das<br />

Entleiherunternehmen dagegen von der Beteiligung ausschließen.<br />

Nach dem BMF-Schreiben ausgeschlossen werden können<br />

auch: entsandte Arbeitnehmer und Organe von Kapitalgesellschaften,<br />

mithin Vorstände und Geschäftsführer, Mandatsträger,<br />

gekündigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmer, die zwischen dem<br />

Zeitpunkt des Angebots und dem Zeitpunkt der Überlassung der<br />

Beteiligung aus sonstigen Gründen aus dem Unternehmen ausscheiden.<br />

Das BMF-Schreiben lässt den Ausschluss der genannten Personengruppen<br />

aus Gründen der Vereinfachung im Rahmen einer<br />

Nichtbeanstandung zu. Das bedeutet nach dem Verständnis der<br />

Autoren: Das BMF-Schreiben bietet für den Ausschluss anderer<br />

Personengruppen keine Grundlage. Das trifft beispielsweise auf<br />

andere als die im BMF-Schreiben aufgeführten befristeten<br />

Dienstverhältnisse zu, in denen die Arbeitnehmer bei Beschlussfassung<br />

über die Beteiligung bereits ein Jahr im Unternehmen<br />

beschäftigt waren, deren Dienstverhältnis aber unmittelbar nach<br />

Überlassung der Aktien <strong>end</strong>et. Logisch schwer zu erklären ist,<br />

warum dabei ein Unterschied zu einem Organ einer Kapitalgesellschaft<br />

mit einem in der Regel auf fünf Jahre befristeten<br />

Dienstverhältnis bestehen soll.<br />

• „gegenwärtiges Dienstverhältnis“<br />

Das Tatbestandsmerkmal „gegenwärtiges Dienstverhältnis“ umfasst<br />

nach dem BMF-Schreiben auch ein ruh<strong>end</strong>es Dienstverhältnis<br />

sowie ein Dienstverhältnis währ<strong>end</strong> der Freistellungsphase<br />

einer Altersteilzeitvereinbarung. Gleiches muss aus der Sicht der<br />

Autoren für eine Freistellungsphase gelten, die ein Arbeitnehmer<br />

mit seinem Arbeitgeber im Rahmen eines Zeitwertkontos auf vertraglicher<br />

Grundlage vereinbart, beispielsweise ein Sabbatical.<br />

In der Frage, wie eine solche Beteiligung zu gestalten wäre, darf<br />

im Gegensatz zur zuvor genannten Frage nach dem Ob zwischen<br />

verschiedenen Arbeitnehmergruppen unterschieden werden. Ob<br />

pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong><br />

Steuern A bis Z<br />

und inwiefern eine solche Annahme arbeitsrechtlich zulässig ist,<br />

bleibt einer arbeitsrechtlichen Prüfung vorbehalten.<br />

Bitte beachten Sie in diesem Zusammenhang: Das Gesetz zur<br />

Umsetzung steuerrechtlicher Vorgaben der Europäischen Union<br />

(EU) sieht bereits eine Änderung des § 3 Nr. 39 EStG vor, die<br />

rückwirk<strong>end</strong> ab 2. April 2009 gelten soll. Danach soll es für die<br />

Gewährung der Steuerbegünstigung des § 3 Nr. 39 EStG nicht<br />

mehr erforderlich sein, dass die Beteiligung vom Arbeitgeber<br />

zusätzlich zum ohnedies geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird.<br />

Die Steuerbegünstigung wird auch dann gewährt, wenn Arbeitnehmer<br />

Anteile an ihrem Unternehmen durch Entgeltumwandlung<br />

erwerben.<br />

Sachlicher Anw<strong>end</strong>ungsbereich des § 3 Nr. 39:<br />

„Vermögensbeteiligung“<br />

Das BMF führt in diesem Zusammenhang aus: Aktienoptionen<br />

sind keine Vermögensbeteiligung im Sinne des § 3 Nr. 39 EStG.<br />

Das entspricht der bisherigen Auffassung. In der Praxis dürften<br />

sich daraus kaum nachteilige Folgen ergeben, weil die Gewährung<br />

von Aktienoptionen nur in Ausnahmefällen bereits einen<br />

Zufluss von Arbeitslohn auslöst.<br />

Im Übrigen stellt der Entwurf klar: Geldleistungen des Arbeitgebers<br />

zum Erwerb einer Vermögensbeteiligung sind nach § 3 Nr.<br />

39 EStG nicht begünstigt. Diese Regelung entspricht der bisherigen<br />

Auffassung zur Anw<strong>end</strong>ung des früheren § 19 a EStG. Im<br />

Gegensatz zum Wortlaut des früheren § 19 a EStG lässt sich das<br />

aus dem Wortlaut des § 3 Nr. 39 EStG jedoch nicht zwing<strong>end</strong><br />

entnehmen.<br />

Inländische und ausländische Investmentanteile sind ebenfalls<br />

aus dem Anw<strong>end</strong>ungsbereich des § 3 Nr. 39 EStG ausgeschlossen.<br />

Es sei denn, es handelt sich um Anteile an einem Sondervermögen<br />

zur Beteiligung der Mitarbeiter im Sinne des § 90 l<br />

Investmentgesetz.<br />

Eine Beteiligung ist auch dann steuerbegünstigt, wenn sie mittelbar<br />

über eine Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts (Gesamthandsgemeinschaft) gehalten wird.<br />

Allerdings gilt das nur, wenn die Beteiligung den Arbeitnehmern<br />

wirtschaftlich zuzurechnen ist. Nach den Ausführungen des BMF<br />

ist eine Beteiligung, die ein französischer Fonds Commun de<br />

Placement d’Entreprise erwirbt, von der Begünstigung ausgeschlossen,<br />

die Arbeitnehmer nach Auffassung des BMF erst bei<br />

Auflösung des Programms zufließen.<br />

Bewertung der Vermögensbeteiligung<br />

Für die Bewertung der Beteiligung ist nach Auffassung des BMF<br />

ausschließlich der gemeine Wert maßgeblich, wie er sich nach<br />

dem Bewertungsgesetz ermittelt. Nicht anzusetzen ist dabei § 8<br />

Abs. 2 EStG. Damit weicht das BMF von der Rechtsprechung ab.<br />

Nach dem Bewertungsgesetz werden Aktien, die an einer Börse<br />

gehandelt werden, mit dem niedrigsten am Stichtag notierten<br />

Kurs angesetzt. Stichtag ist der Tag, an dem die Beteiligung<br />

überlassen wird. Die Regelung, nach der unter bestimmten<br />

Voraussetzungen auf den Tag der Beschlussfassung über die<br />

21


Steuern A bis Z<br />

Gewährung der Vermögensbeteiligung abgestellt werden konnte,<br />

gilt nicht mehr. Ebenso wenig ist der Zeitpunkt maßgeblich, zu<br />

dem das obligatorische Rechtsgeschäft geschlossen wird.<br />

Am Tag der Überlassung ist der Sachbezug in Form eines verbilligten<br />

oder unentgeltlichen Erwerbs einer Beteiligung zugeflossen<br />

und damit zu versteuern.<br />

Mit seinem Urteil vom 20. November 2008 (VI R 25/05) entschied<br />

der Bundesfinanzhof (BFH): Der Zeitpunkt der Überlassung ist<br />

der Tag der Erfüllung des Anspruchs des Arbeitnehmers auf Verschaffung<br />

der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Aktien.<br />

Das ist in der Regel der Zeitpunkt der Einbuchung der Aktien in<br />

das Depot des Arbeitnehmers. Das BMF-Schreiben schließt sich<br />

nun der Auffassung des BFH an. Aus Vereinfachungsgründen ermittelt<br />

werden darf der Wert der Vermögensbeteiligung beim einzelnen<br />

Arbeitnehmer am Tag der Ausbuchung respektive am<br />

Vortag der Ausbuchung beim Überlass<strong>end</strong>en oder dessen Erfüllungsgehilfen.<br />

Damit soll es de facto möglich sein, zwischen dem<br />

Tag der Einbuchung und dem Tag beziehungsweise dem Vortag<br />

der Ausbuchung zu wählen, je nachdem, an welchem der Tage<br />

der Kurs der Aktien und damit auch der vom Arbeitnehmer zu<br />

versteuernde Sachbezug niedriger ist.<br />

Bei allen begünstigten Arbeitnehmern kann auch der durchschnittliche<br />

Wert der Beteiligung angesetzt werden, wenn das<br />

Zeitfenster der Überlassung nicht mehr als einen Monat beträgt.<br />

In diesem Zusammenhang bestätigt das BMF-Schreiben unter<br />

Bezug auf die Rechtsprechung die bisherige Auffassung, nach<br />

der Veräußerungssperren – anders als in zahlreichen anderen<br />

Staaten – nicht wertmindernd zu berücksichtigen sind.<br />

Sie haben Fragen? Rufen Sie bitte Ihre Ansprechpartner an oder<br />

schicken Ihnen einfach eine E-Mail.<br />

Ihre Ansprechpartner<br />

Rosemarie Portner<br />

Tel.: 0211 981-7220<br />

rosemarie.portner@de.pwc.com<br />

Christian Röpke<br />

Tel.: 040 6378-1492<br />

christian.roepke@de.pwc.com<br />

Keine Anrechnung abkommenswidrig<br />

erhobener<br />

Schweizer Quellensteuer<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … wie sich das geänderte Doppelbesteuerungsabkommen<br />

Deutschland-Schweiz auf die Anrechnung Schweizer<br />

Quellensteuer auswirkt.<br />

• … wann im Ausland gezahlte Steuern im Inland als<br />

Betriebsausgaben oder Werbungskosten berücksichtigt<br />

werden dürfen.<br />

• … warum es ohne sorgfältige Prüfung zu einer faktischen<br />

Doppelbesteuerung kommen kann.<br />

Quellensteuer, welche die Schweiz auf Einkünfte aus nicht<br />

selbstständiger Arbeit eines in Deutschland einkommensteuerpflichtigen<br />

Grenzgängers erhoben hat, lässt sich nicht auf die<br />

deutsche Einkommensteuer anrechnen, wenn die Erhebung<br />

gegen das Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-<br />

Schweiz verstieß. – Das entschied der Bundesfinanzhof mit<br />

seinem Urteil vom 1. Juli 2009.<br />

Sachverhalt<br />

Der Kläger wohnte im Grenzgebiet zur Schweiz und war als<br />

Grenzgänger in der Schweiz nicht selbstständig tätig. In den<br />

Streitjahren 1984 bis 1986 erklärte er gegenüber dem deutschen<br />

Finanzamt, er habe sich jeweils an mehr als 60 Werktagen außerhalb<br />

der Grenzzone aufgehalten und unterliege deshalb nicht der<br />

deutschen Besteuerung als Grenzgänger. Das Finanzamt folgte<br />

zunächst seiner Auffassung und unterwarf nur den Anteil der<br />

Einnahmen des Klägers aus nicht selbstständiger Arbeit im Inland<br />

der Besteuerung, der rechnerisch auf die Arbeitsausübung<br />

in Deutschland entfiel.<br />

Bei einer Prüfung der Steuerfahndung stellte sich jedoch heraus,<br />

dass die Angaben des Klägers unrichtig waren und der Kläger an<br />

weit weniger als 45 Tagen pro Jahr außerhalb der Grenzzone<br />

tätig gewesen war. – Zum Hintergrund sollten Sie wissen: Durch<br />

das Änderungsprotokoll vom 21. Dezember 1992 kam es zu zwei<br />

Änderungen: Erstens wurde die Grenzgängerregelung in Art. 15 a<br />

des Abkommens zur Doppelbesteuerung zwischen Deutschland<br />

und der Schweiz (DBA) neu gefasst und zweitens ist die bis<br />

dahin gelt<strong>end</strong>e „30-Kilometer-Grenzzone“ entfallen. Seither<br />

hängt der Grenzgängerstatus allein von der regelmäßigen Rückkehr<br />

an den Wohnsitz im anderen Staat ab: die „60-Tage-Regelung“.<br />

(Eine ausführliche Darstellung der Neuregelung finden<br />

Sie im Beitrag „Grenzgänger zwischen Deutschland und der<br />

Schweiz“ in der Ausgabe Juni/Juli 2008 Ihres Fachmagazins<br />

pwc: steuern+recht, ab Seite 16.) Das Finanzamt unterwarf daraufhin<br />

seine gesamten Arbeitseinkünfte der Besteuerung in<br />

Deutschland.<br />

Da eine Rückerstattung der in der Schweiz abgeführten Quellensteuer<br />

wegen Verjährung nicht mehr möglich war, beantragte der<br />

Kläger daraufhin eine Anrechnung bei der deutschen Einkommensteuerfestsetzung.<br />

22 pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong>


Entscheidung des Bundesfinanzhofs<br />

Das Gericht entschied: Nach dem DBA Schweiz ist die schweizerische<br />

Quellensteuer nur anrechenbar, wenn sie in Übereinstimmung<br />

mit dem Abkommen erhoben wird.<br />

Das war nach Ansicht der Richter jedoch nicht der Fall: Da nach<br />

ihrer Rechtsauffassung der Kläger unstreitig als Grenzgänger einzustufen<br />

war, unterlagen die Einkünfte nach dem DBA Schweiz in<br />

vollem Umfang der Besteuerung in Deutschland als Ansässigkeitsstaat.<br />

Die in der Schweiz erhobene Quellensteuer ist somit<br />

nicht in Übereinstimmung mit dem Abkommen erhoben worden<br />

und kann daher nicht nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA Schweiz angerechnet<br />

werden.<br />

Der Bundesfinanzhof versagte im Urteilsfall auch eine Anrechnung<br />

nach § 34 c Abs. 6 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG)<br />

alte Fassung, da die verbleib<strong>end</strong>e Doppelbesteuerung nicht<br />

durch das DBA verursacht worden sei. Nach dieser Norm war,<br />

wie Sie vielleicht wissen, eine Anrechnung vorgeschrieben, wenn<br />

eine Doppelbesteuerung nach den Vorschriften des Abkommens<br />

nicht beseitigt wird. Da die Doppelbesteuerung jedoch nicht<br />

durch die Abkommensvorschriften, sondern durch die im Urteilsfall<br />

versäumten Fristen verursacht worden sei, schied eine<br />

Anrechnung <strong>end</strong>gültig aus, urteilte der Senat. – So weit der<br />

besprochene Fall. In welchen Fällen eine Anrechnung dagegen<br />

möglich ist, erfahren Sie in den folg<strong>end</strong>en Abschnitten.<br />

Möglichkeiten, ausländische Steuer auf die deutsche<br />

Einkommensteuer anzurechnen<br />

Nach Auffassung des Senats ist bei unbeschränkt Steuerpflichtigen,<br />

die mit ausländischen Einkünften in dem Staat, aus dem die<br />

Einkünfte stammen, zu einer der deutschen Einkommensteuer<br />

entsprech<strong>end</strong>en Steuer herangezogen werden, nach § 34 c Abs.<br />

1 Satz 1 EStG die festgesetzte ausländische Steuer auf die deutsche<br />

Einkommensteuer anzurechnen, die auf die Einkünfte aus<br />

diesem Staat entfällt.<br />

Alternativ besteht auch die Möglichkeit, die im Ausland gezahlten<br />

Steuern im Inland bei der Ermittlung der Einkünfte als Betriebsausgaben<br />

oder Werbungskosten zu berücksichtigen (§ 34 c Abs.<br />

3 EStG).<br />

Nach § 34 c Abs. 6 EStG entfällt diese Möglichkeit der Anrechnung<br />

jedoch, wenn die Einkünfte aus einem Staat stammen, mit<br />

dem ein DBA besteht. Eine Anrechnung kommt in diesen Fällen<br />

nur in Betracht, wenn ein Abkommen die Anrechnung einer ausländischen<br />

Steuer ausdrücklich vorsieht.<br />

Hintergrund dieser Einschränkung ist, dass die speziellen Regelungen<br />

in einem besteh<strong>end</strong>en DBA stets Vorrang vor den nationalen<br />

Vorschriften haben sollen.<br />

Anrechnung Schweizer Quellensteuer<br />

Die Schweiz ist nach § 15 a DBA Schweiz berechtigt, von den<br />

Vergütungen eines in der Schweiz tätigen Grenzgängers 4,5 Prozent<br />

Quellensteuer einzubehalten. – Vorausgesetzt: Die Ansässigkeit<br />

in Deutschland wird durch eine amtliche Bescheinigung<br />

des in Deutschland zuständigen Finanzamts nachgewiesen.<br />

pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong><br />

Steuern A bis Z<br />

In Deutschland wird diese Quellensteuer nach § 36 EStG unter<br />

Ausschluss von § 34 c EStG auf die deutsche Einkommensteuer<br />

angerechnet und auch bei der Festsetzung von Einkommensteuervorauszahlungen<br />

berücksichtigt (Art. 15 a Abs. 3 Buchstabe a<br />

DBA Schweiz).<br />

Die Schweizer Quellensteuer wird somit wie die deutsche Lohnsteuer<br />

eines in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmers ohne<br />

Höchstbetragsrechnung auf die Einkommensteuer angerechnet.<br />

Fazit<br />

Aus dem Gesagten ergibt sich: Die steuerliche Situation von<br />

Grenzgängern sollte sehr genau geprüft werden. Stellt sich<br />

nämlich im Nachhinein heraus, dass die bisherige Qualifikation<br />

nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, kann es unter<br />

Umständen zu einer faktischen Doppelbesteuerung kommen,<br />

wenn einbehaltene Quellensteuern nicht angerechnet werden<br />

können.<br />

Sie möchten mehr über das Thema erfahren oder beraten werden?<br />

– Bitte rufen Sie Ihren Ansprechpartner an oder mailen Sie<br />

ihm einfach.<br />

Ihr Ansprechpartner<br />

Thomas Soehner<br />

Tel.: 0761 28297-342<br />

thomas.soehner@de.pwc.com<br />

Fundstelle<br />

Bundesfinanzhof, Urteil vom 1. Juli 2009 (I R 113/08)<br />

Zur Verw<strong>end</strong>ungsfestschreibung<br />

des steuerlichen<br />

Einlagekontos<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … inwiefern die Einführung des Gesetzes über steuerliche<br />

Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen<br />

Gesellschaft die Rechtslage verändert hat.<br />

• … wie der Bundesfinanzhof den offenen Meinungsstreit<br />

entschieden hat.<br />

• … was unter der „fiktiven Nullbescheinigung“ zu verstehen<br />

ist.<br />

23


Steuern A bis Z<br />

Der folg<strong>end</strong>e Beitrag analysiert die Frage, welche Folgen sich ergeben<br />

können, wenn Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto<br />

in Abweichung von einer Bescheinigung verw<strong>end</strong>et werden, speziell<br />

wenn die Verw<strong>end</strong>ung des steuerlichen Einlagekontos nicht<br />

bescheinigt oder in der Bescheinigung nicht erwähnt wurde. Im<br />

Lichte der aktuellen Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung<br />

differenzieren die Autoren zwischen der Rechtslage vor und nach<br />

Inkrafttreten des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen<br />

zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung<br />

weiterer steuerrechtlicher Vorschriften vom 7. Dezember 2006.<br />

Im Zusammenhang mit der Verw<strong>end</strong>ungsfestschreibung des<br />

steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Körperschaftsteuergesetz<br />

(KStG) sind drei Fälle zu unterscheiden:<br />

• Die Verw<strong>end</strong>ung des steuerlichen Einlagekontos wurde zu<br />

hoch bescheinigt.<br />

• Die Verw<strong>end</strong>ung des steuerlichen Einlagekontos wurde zu<br />

niedrig bescheinigt.<br />

• Die Verw<strong>end</strong>ung des steuerlichen Einlagekontos wurde nicht<br />

bescheinigt oder in der Bescheinigung nicht erwähnt.<br />

Der aktuelle Beitrag konzentriert sich auf den dritten Fall.<br />

Steuerliches Einlagekonto<br />

Konto, auf dem eine Kapitalgesellschaft Einlagen ihrer<br />

Anteilseigner ausweist, die nicht ins Stammkapital geleistet<br />

worden sind. Sinn des steuerlichen Einlagekontos ist es,<br />

festzustellen, ob Ausschüttungen einer Kapitalgesellschaft<br />

an ihre Anteilseigner aus Gewinnen oder aus Einlagen der<br />

Anteilseigner stammen. Die Höhe des steuerlichen Einlagekontos<br />

wird am Ende des Wirtschaftsjahrs gesondert<br />

fest gestellt. – Ist ein entsprech<strong>end</strong>er Bescheid erst einmal<br />

bestandskräftig, kann er nicht mehr geändert werden.<br />

Rechtslage vor der Einführung des Gesetzes über steuerliche<br />

Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft<br />

Nach § 27 Abs. 1 Satz 5 KStG in der Fassung der Bekanntmachung<br />

vom 15. Oktober 2002 (BGBl. I 2002, 4144) bleibt für<br />

Leistungen einer Kapitalgesellschaft, für die eine Minderung des<br />

steuerlichen Einlagekontos bescheinigt worden ist, die Verw<strong>end</strong>ung<br />

des steuerlichen Einlagekontos, die der Bescheinigung<br />

zugrunde gelegt wurde, unverändert. Im Ergebnis führt das dann<br />

dazu, dass eine ursprünglich nicht bescheinigte steuerfreie Ein -<br />

lagenrückgewähr etwa für spätere – im Rahmen einer Betriebsprüfung<br />

festgestellte verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) –<br />

nicht möglich ist. Spiegelt die erteilte Bescheinigung die tatsächlichen<br />

Verhältnisse nicht wider, haftet die ausschütt<strong>end</strong>e Kapitalgesellschaft<br />

für etwaig verkürzte Steuern.<br />

Aufgrund der weitreich<strong>end</strong>en Folgen der Verw<strong>end</strong>ungsfestschreibung<br />

war umstritten, ob die Ausstellung einer Steuerbescheinigung<br />

für Zwecke einer steuerfreien Einlagenrückgewähr auch<br />

dann nicht mehr möglich ist, wenn eine Bescheinigung über die<br />

Verw<strong>end</strong>ung des steuerlichen Einlagekontos ursprünglich nicht<br />

erteilt beziehungsweise die Verw<strong>end</strong>ung nicht erwähnt wurde.<br />

Mit dem Argument, eine Berichtigung der Bescheinigungen sei –<br />

besonders bei Publikumskapitalgesellschaften, die ihre Anteils -<br />

eigner häufig nicht namentlich kennen – nahezu unmöglich,<br />

wurde folg<strong>end</strong>e Auffassung vertreten: Nach Sinn und Zweck der<br />

gesetzlichen Regelungen des § 27 KStG tritt eine Bindungswirkung<br />

auch dann ein, wenn eine Bescheinigung nicht ausgestellt<br />

oder die Verw<strong>end</strong>ung in der Bescheinigung nicht erwähnt wird<br />

(vergleichen Sie dazu auch Dötsch/Jost/Pung/Witt, „Die Körperschaftsteuer“,<br />

2009, § 27 KStG, Teilziffer 192). Dem hielten<br />

andere entgegen, das Gesetz regele ein Änderungsverbot nicht<br />

ausdrücklich.<br />

Mit Urteil vom 10. Juni 2009 (IR 10/09) dürfte der Bundesfinanzhof<br />

(BFH) den genannten Meinungsstreit nun wie folgt entschieden<br />

haben:<br />

Eine Verw<strong>end</strong>ungsfestschreibung tritt nach dem Wortlaut des<br />

§ 27 Abs. 1 Satz 5 KStG nur dann ein, wenn die Verw<strong>end</strong>ung<br />

entweder zu hoch oder zu niedrig bescheinigt wurde. Eine Festschreibung<br />

der Verw<strong>end</strong>ungsreihenfolge tritt demgegenüber<br />

nach Auffassung des BFH dann nicht ein, wenn der Anteilseigner<br />

überhaupt keine Bescheinigung im Sinne des § 27 Abs. 3 KStG<br />

erhalten hat oder die Verw<strong>end</strong>ung in der Bescheinigung nicht<br />

erwähnt wurde.<br />

Hierfür spricht – so der BFH – der Umkehrschluss aus der Neu -<br />

regelung des § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG in der Fassung des Gesetzes<br />

über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der<br />

Europäischen Gesellschaft (SEStEG). Nach § 27 gilt nun für<br />

Leistungen einer Kapitalgesellschaft, für die bis zum Tag der<br />

Bekanntgabe der erstmaligen gesonderten Feststellung des<br />

Bestands des steuerlichen Einlagekontos bis zum Schluss des<br />

Wirtschaftsjahrs der Leistung eine Bescheinigung über die Verw<strong>end</strong>ung<br />

nicht erteilt worden ist, die Verw<strong>end</strong>ung des steuerlichen<br />

Einlagekontos als mit null Euro bescheinigt.<br />

Das Urteil des BFH hat entscheid<strong>end</strong>e Bedeutung für Betriebsprüfungen<br />

von Wirtschaftsjahren bis einschließlich Veranlagungszeitrum<br />

2005: Eine erstmalige (!) Ausstellung der Bescheinigung<br />

über die Verw<strong>end</strong>ung des steuerlichen Einlagekontos sollte auch<br />

noch nach Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos<br />

möglich sein.<br />

Rechtslage nach dem neuen Gesetz<br />

Durch das SEStEG wurde die Haftungsregelung für Fälle einer<br />

unzutreff<strong>end</strong>en Bescheinigung der Verw<strong>end</strong>ung des steuerlichen<br />

Einlagekontos neu gefasst (§ 27 Abs. 5 KStG):<br />

Ist für eine Leistung bis zum Tag der Bekanntgabe der Feststellung<br />

des Bestands des steuerlichen Einlagekontos zum Schluss<br />

des Wirtschaftsjahrs der Leistung eine Bescheinigung von der<br />

Körperschaft nicht erteilt worden, gilt die Verw<strong>end</strong>ung als mit null<br />

Euro bescheinigt. Nach dem Wortlaut der neuen Regelung scheidet<br />

eine erstmalige Ausstellung einer Bescheinigung zugunsten<br />

einer steuerfreien Einlagenrückgewähr für spätere – etwa im<br />

Rahmen einer Betriebsprüfung festgestellte – vGA nunmehr auch<br />

dann aus, wenn eine Bescheinigung über die Verw<strong>end</strong>ung des<br />

steuerlichen Einlagekontos bisher nicht (rechtzeitig) vorliegt. – Ob<br />

das für Fälle von Änderungen aufgrund einer späteren Betriebsprüfung<br />

uneingeschränkt gilt, wird bezweifelt.<br />

24 pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong>


Kritiker der neu eingeführten „fiktiven Nullbescheinigung“ weisen<br />

darauf hin, dass die Neuregelung der Bindungswirkung im<br />

Zusammenhang mit Feststellungen aus der Betriebsprüfung zu<br />

sachlich unbilligen Ergebnissen führe (vgl. : Dötsch/Jost/Pung/<br />

Witt, „Die Körperschaftsteuer“, 2009, § 27 KStG, Teilziffer 214).<br />

In diesem Zusammenhang äußerte nunmehr die Oberfinanzdirektion<br />

Münster in ihrer Verfügung vom 27. November 2009 (2836 –<br />

7 – St 13 – 33) erstmals: Aufgrund der gesetzlich geregelten<br />

Fiktion kann es auch für nachträgliche – im Rahmen einer<br />

Betriebsprüfung festgestellte – vGA wegen der Verw<strong>end</strong>ungsfestschreibung<br />

zu keiner erstmaligen Ausstellung einer Bescheinigung<br />

und mithin zu keiner Verw<strong>end</strong>ung des steuerlichen<br />

Einlagekontos mehr kommen. Das gelte auch dann, wenn die<br />

Kapitalgesellschaft in ausreich<strong>end</strong>em Umfang über Einlage -<br />

kontobestände verfüge.<br />

Fazit<br />

Wird im Rahmen einer Betriebsprüfung eine vGA festgestellt, so<br />

gilt für Wirtschaftsjahre bis einschließlich 2005: Ist eine Verw<strong>end</strong>ung<br />

des steuerlichen Einlagekontos bisher nicht (ausdrücklich)<br />

bescheinigt worden, ist eine steuerfreie Einlagenrückgewähr<br />

durch erstmalige Erteilung einer entsprech<strong>end</strong>en Bescheinigung<br />

möglich. Ab dem Veranlagungszeitraum 2006 hingegen gilt eine<br />

Nichtbescheinigung als Nullbescheinigung mit haftungsrechtlichen<br />

Folgen. Welcher Spielraum für anderslaut<strong>end</strong>e Meinungen<br />

noch verbleibt, wird abzuwarten sein.<br />

Sie haben Fragen oder sind an Details interessiert? – Rufen Sie<br />

bitte Ihre Ansprechpartner an oder schicken ihnen einfach eine<br />

E-Mail.<br />

pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong><br />

Ihre Ansprechpartner<br />

Stefanie Pongs<br />

Tel.: 069 9585-6187<br />

stefanie.pongs@de.pwc.com<br />

Dr. Ingo Nordmeyer<br />

Tel.: 069 9585-5042<br />

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Verluste im Steuerrecht<br />

Die vielfältigen und widersprüchlichen Bestimmungen zur<br />

Beschränkung der steuerlichen Verlustnutzung erweisen sich<br />

gerade in der Wirtschaftskrise als wirtschaftlich und rechtlich<br />

unzulänglich. Die Publikation „Verluste im Steuerrecht“ enthält<br />

eine kritische Bestandsaufnahme der Vorschriften und – auch vor<br />

dem Hintergrund von im Ausland gefundenen Lösungen – Anregungen<br />

für Reformen. In dem vorlieg<strong>end</strong>en Werk werden die<br />

verstreuten Regelungen erstmals in einer Gesamtschau kommentiert<br />

und kritisch gewürdigt. Die festgestellten Defizite maßgeblicher<br />

Vorschriften bei der praktischen Anw<strong>end</strong>ung wie in der<br />

theoretischen Grundlegung indizieren erheblichen Reformbedarf<br />

wie auch ein Vergleich wichtiger Parameter der Verlustnutzung in<br />

38 Staaten. Vor diesem Hintergrund und unter Beachtung fiskalischer<br />

Zwänge werden Anregungen für eine Reform der steuerlichen<br />

Verlustnutzung gegeben, die praktischen Erfordernissen<br />

ebenso wie betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Anforderungen<br />

Rechnung zu tragen versucht. Die Autoren sind Partner und<br />

Mitarbeiter von PricewaterhouseCoopers.<br />

Herausgeber<br />

PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />

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Steuern A bis Z<br />

25


Recht aktuell<br />

Bundesministerium reagiert<br />

auf Kritik zur Datenerhebung<br />

für elektronischen Entgeltnachweis<br />

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird Nachbesserungen<br />

am ELENA-Verfahren vornehmen, dem Verfahren zur Datenerhebung<br />

für den elektronischen Entgeltnachweis. Sie wissen:<br />

Mit dem ELENA-Verfahrensgesetz vom 28. März 2009 beschloss<br />

der Gesetzgeber ein Verfahren, das Anträge auf bestimmte<br />

Sozial leistungen künftig wesentlich vereinfachen und beschleunigen<br />

soll. Bisher mussten sich Arbeitnehmer, wenn sie Sozialleistungen<br />

wie Wohngeld oder Elterngeld beantragen wollten, eine<br />

Bescheinigung über ihr Einkommen vom Arbeitgeber in Papierform<br />

ausstellen lassen und an die Behörde weiterleiten, die für<br />

die beantragte Leistung zuständig war. Mitarbeiter der Behörde<br />

übernahmen die Daten dann von Hand in ihre jeweiligen internen<br />

Datenverarbeitungssysteme. Diese Vorgehensweise führte in der<br />

Praxis oft zu Verzögerungen und auch Fehlern. Im Rahmen des<br />

ELENA-Verfahrens melden die Arbeitgeber nun seit dem 1. Januar<br />

<strong>2010</strong> die Entgeltdaten ihrer Arbeitnehmer monatlich an eine<br />

zentrale Speicherstelle (ZSS). Ab dem 1. Januar 2012 können die<br />

jeweils zuständigen Behörden diese Daten dann – im Zusam -<br />

menwirken mit dem antragstell<strong>end</strong>en Arbeitnehmer – aus der<br />

ZSS abrufen. Das geht schneller als das bisherige Verfahren und<br />

vermeidet Fehler bei der manuellen Übertragung der Daten.<br />

Außerdem muss der Arbeitgeber keine Bescheinigungen in<br />

Papierform mehr ausstellen und erfährt nicht einmal mehr, wenn<br />

der Arbeitnehmer eine Sozialleistung beantragt.<br />

Dagegen haben Datenschützer das Verfahren in den vergangenen<br />

Wochen stark kritisiert. Nach ihrer Auffassung ist die millionenfache<br />

Sammlung von Arbeitnehmerdaten bei der zentralen<br />

Speicherstelle eine unzulässige Datenspeicherung auf Vorrat, da<br />

nicht abzusehen sei, ob die Daten überhaupt jemals benötigt<br />

würden. Es entstände ein immenser zentraler Datenspeicher, der<br />

sich nur mit großem Aufwand gegen Datenmissbrauch sichern<br />

ließe. Auch dass Streikzeiten der Arbeitnehmer in der Datenbank<br />

erfasst wurden, erregte dem Unmut der Datenschützer. In Reaktion<br />

auf diese Kritik teilte das Bundesministerium für Arbeit und<br />

Soziales am 5. Januar <strong>2010</strong> mit, Streikzeiten sollen künftig als<br />

solche nicht mehr erfasst werden. Außerdem soll der ELENA-<br />

Beirat, dem neben Arbeitgebern auch Datenschützer und Gewerkschaftsvertreter<br />

angehören, im Januar <strong>2010</strong> noch einmal alle<br />

zu erheb<strong>end</strong>en Daten auf ihre Notw<strong>end</strong>igkeit hin überprüfen. Die<br />

Bundesarbeitsministerin stellte darüber hinaus in Aussicht, Arbeitnehmervertretern<br />

ein Anhörungsrecht bei allen Entscheidungen<br />

über den Inhalt der zu erheb<strong>end</strong>en Daten einzuräumen, was<br />

noch im lauf<strong>end</strong>en Jahr gesetzlich geregelt werden soll. In seiner<br />

Reaktion auf die Kritik betonte das Ministerium auch noch einmal,<br />

die empfangenen Daten würden zweimal verschlüsselt, und<br />

zwar sowohl bei der Übertragung durch den Arbeitgeber als auch<br />

bei der Speicherung. Bei einem Abruf der Daten gelte das „Doppelschlüsselprinzip“.<br />

Ein Abruf sei danach nur dann möglich,<br />

wenn der antragstell<strong>end</strong>e Arbeitnehmer und der Mitarbeiter einer<br />

Behörde, der den Antrag bearbeitet, zusammenwirkten. Dabei<br />

müsse sowohl der Antragsteller als auch der Mitarbeiter der<br />

Behörde eine persönliche elektronische Signaturkarte einsetzen.<br />

Fehle eine dieser Karten, so sei ein Abruf der Daten nicht möglich.<br />

Speicherung und Abruf der Daten erfüllten somit höchste<br />

Sicherheitsstandards, versicherte das Ministerium.<br />

Internationale Wirtschaftsstreitigkeiten:<br />

Verhandlungen<br />

vor deutschen Gerichten<br />

künftig in Englisch<br />

Verfahren zu internationalen Wirtschaftsstreitigkeiten sollen künftig<br />

vor deutschen Gerichten vollständig in englischer Sprache<br />

geführt werden können. – Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den<br />

die nordrhein-westfälische Landesregierung und der Hamburger<br />

Senat gemeinsam beim Bundesrat einbringen wollen. Zuständig<br />

für solche Verfahren sollen Kammern für internationale Handelssachen<br />

sein, die bei ausgewählten Landgerichten eingerichtet<br />

werden. Bis derartige Kammern bundesweit eingeführt sind,<br />

dürfte jedoch noch einige Zeit vergehen, da das Gesetzgebungsverfahren<br />

erst ganz am Anfang steht.<br />

Seit dem 1. Januar <strong>2010</strong> ist es – unabhängig vom eben erwähnten<br />

Gesetzesvorschlag – im Oberlandesgerichtsbezirk Köln im<br />

Rahmen eines Modelprojekts möglich, Zivilprozesse vor Gericht<br />

in englischer Sprache zu verhandeln. – Vorausgesetzt: Sowohl<br />

Kläger als Beklagter sind der englischen Sprache mächtig, wünschen<br />

übereinstimm<strong>end</strong> die Verhandlung auf Englisch, verzichten<br />

dabei auf Dolmetscher und der Prozess weist einen internationalen<br />

Bezug auf. Die Landgerichte Köln, Bonn und Aachen sowie<br />

das Oberlandesgericht Köln haben in ihren aktuellen Geschäftsverteilungsplänen<br />

Kammern, beispielsweise einen Senat, eingerichtet,<br />

die für entsprech<strong>end</strong>e Prozesse zuständig sind. Allerdings<br />

kann nur die mündliche Verhandlung auf Englisch geführt<br />

werden. Schriftsätze der Parteien und Schreiben des Gerichts<br />

müssen nach gelt<strong>end</strong>em Recht nach wie vor auf Deutsch verfasst<br />

werden.<br />

Neues Informationsportal für<br />

Dienstleistungen in anderen<br />

europäischen Staaten<br />

Das Gesetz zur Umsetzung der europäischen Dienstleistungsrichtlinie<br />

im deutschen Gewerberecht und in weiteren Vorschriften<br />

ist seit dem 28. Dezember 2009 in weiten Teilen in Kraft.<br />

Künftig wird es dadurch für Unternehmer und Verbraucher einfacher<br />

und sicherer sein, grenzüberschreit<strong>end</strong>e Dienstleistungen im<br />

euro päischen Binnenmarkt in Anspruch zu nehmen. Das durch<br />

das Gesetz unter anderem neu errichtete Portal 21 informiert<br />

26 pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong>


über rechtliche Rahmenbedingungen für Dienstleistungen in<br />

anderen europäischen Mitgliedstaaten. Das Portal 21, das nach<br />

dem entsprech<strong>end</strong>en Artikel 21 der Richtlinie 2006/123/EG des<br />

Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember<br />

2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (kurz: Dienstleistungsrichtlinie)<br />

benannt ist, informiert über wichtige Gebiete wie<br />

das Zivil- und das Insolvenzrecht sowie den gewerblichen<br />

Rechtsschutz im europäischen Ausland. Spezielle Fragen des<br />

Verbraucherschutzes werden in einer gesonderten Rubrik berücksichtigt.<br />

Hierzu zählen vor allem auch Fragen aus dem Bereich<br />

Fernabsatz- und Internetrecht. Im Zusammenhang mit der<br />

Aufnahme und Ausübung von Dienstleistungen weist das Portal<br />

21 auf nationale Besonderheiten des ausländischen Rechts hin.<br />

Indem es Artikel 6 der Dienstleistungsrichtlinie umsetzt, enthält<br />

es außerdem eine Auflistung sogenannter einheitlicher Ansprechpartner,<br />

über die Dienstleister alle Verfahren und Formalitäten im<br />

Zusammenhang mit der Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit in<br />

dem jeweiligen Mitgliedstaat abwickeln können. Auf dem Portal<br />

21 befinden sich darüber hinaus Kontaktinformationen zu deutschen<br />

Verbänden und Vereinigungen, ausgewählten Institutionen<br />

der Europäischen Union (EU) und kompetenten Ansprechpartnern<br />

in anderen EU-Mitgliedstaaten, darunter Verbänden, Handelsregistern<br />

und Ministerien.<br />

Hauptinsolvenzverfahren in<br />

einem Mitgliedstaat schränkt<br />

Vollstreckungsmöglichkeiten<br />

ein<br />

Nach der Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens in einem<br />

Mitgliedstaat der Europäischen Union sind die Behörden jedes<br />

anderen Mitgliedstaats verpflichtet, alle Entscheidungen im Zusam<br />

menhang mit diesem Verfahren anzuerkennen und zu vollstrecken.<br />

Das hat der Europäischen Gerichtshof (EuGH) in<br />

seinem Urteil vom 21. Januar <strong>2010</strong> entschieden (C-444/07; MG<br />

Probud Gdynia sp. zo.o).<br />

Im entschiedenen Fall war im Jahr 2005 in Polen über ein polnisches<br />

Unternehmen das Insolvenzverfahren eröffnet worden. In<br />

einem davon unabhängigen Gerichtsverfahren in Deutschland<br />

ordnete das Amtsgericht Saarbrücken den dinglichen Arrest über<br />

das Bankguthaben der deutschen Zweigniederlassung des<br />

Unternehmens sowie die Pfändung verschiedener Forderungen<br />

an, die deutsche Vertragspartner gegen die Zweigniederlassung<br />

gelt<strong>end</strong> gemacht hatten.<br />

Nach dem Urteil des EuGH ist es deutschen Behörden nicht<br />

möglich, Vollstreckungsmaßnahmen in die Vermögenswerte des<br />

Schuldners anzuordnen, die sich im eigenen Land befinden,<br />

wenn das Recht des Staates, in dem das Verfahren eröffnet<br />

wurde, das nicht erlaubt. Die Richter erläuterten: Das polnische<br />

Gesetz über die Insolvenz und Sanierung lasse nicht zu, dass<br />

nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner<br />

Vollstreckungsverfahren in Bezug auf die Vermögenswerte<br />

pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong><br />

Recht aktuell<br />

eingeleitet werden, die zur Insolvenzmasse gehören. Das gelte<br />

auch für Vermögensgegenstände, die sich in einem anderen<br />

Mitgliedstaat befinden.<br />

Unzureich<strong>end</strong>e Deutschkenntnisse<br />

können eine<br />

ordentliche Kündigung rechtfertigen<br />

In seinem Urteil vom 28. Januar <strong>2010</strong> (2 AZR 764/08) hat das<br />

Bundesarbeitsgericht entschieden: Der Arbeitgeber kann von<br />

seinem Arbeitnehmer schriftliche Kenntnisse der deutschen<br />

Sprache verlangen, soweit diese für dessen Tätigkeit erforderlich<br />

ist. Stellt der Arbeitgeber fest, dass der Arbeitnehmer Prüfungsanweisungen<br />

nicht lesen kann, so darf er den Arbeitnehmer auffordern,<br />

Maßnahmen zur Verbesserung seiner Deutschkenntnisse<br />

zu ergreifen. Kommt der Arbeitnehmer dieser Aufforderung nicht<br />

nach, kann das eine ordentliche Kündigung rechtfertigen.<br />

Die Richter führten aus: Eine solche Kündigung verstoße nicht<br />

gegen das Verbot der mittelbaren Diskriminierung wegen der<br />

ethnischen Herkunft, das in § 3 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz<br />

geregelt ist. Das von dem Arbeitgeber in dem<br />

Fall verfolgte Ziel der Qualitätssicherung sei legitim und nicht diskriminier<strong>end</strong><br />

gewesen. Der Arbeitgeber habe dem Arbeitnehmer<br />

im entschiedenen Fall zudem ausreich<strong>end</strong> Gelegenheit zum notw<strong>end</strong>igen<br />

Spracherwerb gegeben.<br />

Deutsche Kündigungsfristen<br />

enthalten gemeinschaftsrechtswidrigeAltersdiskriminierung<br />

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshof vom 19. Januar<br />

<strong>2010</strong> (C-555/07) verstößt die deutsche Regelung des § 622 Abs.<br />

2 Satz 2 Bundesgesetzbuch (BGB), nach der vor Voll<strong>end</strong>ung des<br />

25. Lebensjahrs lieg<strong>end</strong>e Beschäftigungszeiten des Arbeitnehmers<br />

bei der Berechnung der Kündigungsfrist nicht berücksichtigt<br />

werden, gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. – Genauer:<br />

gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters,<br />

wie es in der Richtlinie des Rates 2000/78/EG vom 27. November<br />

2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung<br />

der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf<br />

konkretisiert wurde. Das Gericht führte aus: Die deutschen Kündigungsregeln<br />

des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB enthalten eine Ungleichbehandlung,<br />

die auf dem Kriterium des Alters beruhe. Die<br />

Regelung sieht eine weniger günstige Behandlung von Arbeitnehmern<br />

vor, die ihre Beschäftigung bei dem Arbeitgeber vor Vollen-<br />

27


Recht aktuell<br />

dung des 25. Lebensjahrs aufgenommen haben. Sie behandelt<br />

Personen, welche die gleiche Betriebszugehörigkeitsdauer aufweisen,<br />

unterschiedlich, je nachdem in welchem Alter sie in den<br />

Betrieb eingetreten sind. Diese Ungleichbehandlung sei nicht<br />

gerechtfertigt. Zwar gehöre das Ziel des § 622 Abs. 2 Satz 2<br />

BGB, dem Arbeitgeber durch die bevorzugte Entlassung jüngerer<br />

und deswegen meist flexiblerer Arbeitnehmer eine größere personalwirtschaftliche<br />

Flexibilität zu verschaffen, zur Beschäftigungs-<br />

und Arbeitspolitik und sei daher grundsätzlich legitim.<br />

§ 622 Abs. 2 Satz 2 BGB sei aber weder geeignet noch angemessen,<br />

um dieses Ziel zu erreichen. Die Regelung gelte für alle<br />

Arbeitnehmer, die vor Voll<strong>end</strong>ung des 25. Lebensjahrs in den<br />

Betrieb eingetreten seien, unabhängig davon, wie alt sie zum<br />

Zeitpunkt ihrer Entlassung seien. Es würden somit nicht nur jüngere,<br />

flexible Arbeitnehmer von ihr betroffen, sondern durchaus<br />

auch ältere. Das führe zu einem Verstoß des § 622 Abs. 2 Satz 2<br />

BGB gegen die Richtlinie 2000/78/EG. Die Regelung sei deshalb<br />

unwirksam.<br />

Sie haben Fragen? – Die Experten von PricewaterhouseCoopers<br />

Legal helfen Ihnen gerne weiter. Sie erreichen sie telefonisch<br />

oder per E-Mail.<br />

Ihre Ansprechpartner<br />

Annekatren Werthmann-Feldhues<br />

Tel.: 040 6378-1484<br />

annekatren.werthmannfeldhues@de.pwc.com<br />

Arne Vogel<br />

Tel.: 040 6378-1233<br />

arne.vogel@de.pwc.com<br />

Gesellschaften mit<br />

beschränkter Haftung:<br />

gesteigerte Bedeutung der<br />

Gesellschafterliste<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … inwiefern die Gesellschafterliste eine erhebliche<br />

Aufwertung erfahren hat.<br />

• … warum diese Änderungen besonders für die Haftung der<br />

Geschäftsführer von Bedeutung sind.<br />

• … welche Auswirkungen die Neuregelungen auf die<br />

Zulässigkeit von Auslandsbeurkundungen haben.<br />

Das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung<br />

von Missbräuchen, das am 1. November 2008 in Kraft<br />

trat, hat Neuerungen für die Gesellschafterliste mit sich gebracht,<br />

die sich erheblich auf die Praxis auswirken. Auch mehr als ein<br />

Jahr nachdem die neuen Regelungen gültig wurden, gibt es noch<br />

erheblichen Aufklärungsbedarf. – Der folg<strong>end</strong>e Beitrag gibt Ihnen<br />

einen Überblick über wichtige Änderungen, die im Umgang mit<br />

neu zu erstell<strong>end</strong>en Gesellschafterlisten zu beachten sind.<br />

Motivation des Gesetzgebers für die Änderungen<br />

Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes betreff<strong>end</strong> die Gesellschaften<br />

mit beschränkter Haftung (GmbHG) in der seit dem<br />

1. November 2008 gelt<strong>end</strong>en Fassung haben die Geschäftsführer<br />

– oder der mit der Sache betraute Notar – nach jeder Änderung<br />

der Beteiligungsverhältnisse an einer GmbH eine aktualisierte<br />

Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen. Mit der<br />

Änderung des § 40 GmbHG durch das Gesetz zur Modernisierung<br />

des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen<br />

(MoMiG) wollte der Gesetzgeber dem Bedürfnis nach mehr<br />

Transparenz über die Anteilseignerstrukturen einer GmbH nachkommen.<br />

Untermauert wird diese Absicht durch den neu geschaffenen<br />

§ 16 GmbHG. Er wertet die Gesellschafterliste zu<br />

einem Rechtsscheinträger auf. Rechtlich ermöglicht das einen<br />

gutgläubigen Erwerb von Geschäftsanteilen durch einen Nichtberechtigten.<br />

Durch das Zusammenspiel von §§ 16 und 40 GmbHG<br />

sollen nach dem Willen des Gesetzgebers die Interessen der Gesellschaft,<br />

aber auch die ihrer Gläubiger sowie die der Erwerber<br />

von Geschäftsanteilen gestärkt werden, was die Rechtssicherheit<br />

im Rechtsverkehr verbessern soll.<br />

Grundzüge der Neuregelung und des Haftungsrisikos für die<br />

Geschäftsführer<br />

Die Pflicht, eine aktuelle Gesellschafterliste einzureichen, liegt<br />

nach § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG primär aufseiten des Geschäftsführers<br />

(Primärpflicht). Für die Gesellschafterliste gilt<br />

weiterhin die Schriftform. Der Pflicht des Geschäftsführers, die<br />

Gesellschafterliste aktuell zu halten, kommt vor dem Hintergrund<br />

des § 16 GmbHG eine besondere Bedeutung zu. Denn § 16 Abs.<br />

3 GmbHG ermöglicht es Nichtberechtigten – Sie haben es eben<br />

gelesen –, Geschäftsanteile gutgläubig zu erwerben. Ein solcher<br />

Erwerb ist nur möglich, wenn die Gesellschafterliste unrichtig ist.<br />

28 pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong>


Im Klartext: Der Veräußerer ist als Inhaber des Geschäftsanteils<br />

in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste<br />

zwar eingetragen, tatsächlich aber nicht Inhaber des Geschäftsanteils.<br />

Als weitere Voraussetzung nennt der Gesetzgeber: Der<br />

Erwerber ist gutgläubig und der im Handelsregister eingereichten<br />

Liste ist kein Widerspruch zugeordnet. Außerdem muss die Liste<br />

zum Zeitpunkt des Erwerbs im Hinblick auf den Geschäftsanteil<br />

entweder mindestens drei Jahre unrichtig oder die Unrichtigkeit<br />

muss dem Berechtigten zuzurechnen sein. Reicht der Geschäftsführer<br />

bei Veränderungen der Anteilsstrukturen nicht unverzüglich<br />

eine korrigierte Liste ein und wird dadurch ein gutgläubiger Erwerb<br />

erst möglich, so haftet er für den dadurch entstandenen<br />

Schaden. Den Geschäftsführer von dieser Verpflichtung durch<br />

vertragliche Absprachen zu entbinden ist nicht möglich.<br />

Die Gesellschafterliste kann nicht in Papierform beim Register -<br />

gericht vorgelegt werden. Nach § 12 Abs. 2 Handelsgesetzbuch<br />

können Dokumente beim Handelsregister nur noch elektronisch<br />

eingereicht werden. Diese Vorschrift gilt auch für die Einreichung<br />

der Liste durch den Geschäftsführer. Die Vorlage erfolgt dabei<br />

über das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach<br />

(EGVP). Das hierzu erforderliche Programm steht im Internet<br />

(www.egvp.de) kostenlos zum Download bereit. Möchte oder<br />

kann der Geschäftsführer aus technischen Gründen keinen<br />

elektronischen Datenverkehr mit dem Handelsregister haben,<br />

steht ihm die Möglichkeit offen, einen Notar mit der Einreichung<br />

der Liste zu beauftragen. Hierfür darf der Notar Gebühren erheben.<br />

Die Primärpflicht des Geschäftsführers, die Gesellschafterliste<br />

einzureichen, entfällt in der Regel dann, wenn ein Notar an den<br />

Veränderungen bei den Personen der Gesellschafter oder des<br />

Umfangs ihrer Beteiligung mitgewirkt hat. In diesem Fall ist der<br />

Notar anstelle des Geschäftsführers dazu verpflichtet, die geänderte<br />

Liste zu unterschreiben und zum Handelsregister einzureichen<br />

(§ 40 Abs. 2 Satz 1 GmbHG). In einem solchen Fall kann<br />

dem Geschäftsführer das Verschulden des Notars grundsätzlich<br />

nicht zugerechnet werden. Im Rahmen seiner allgemeinen Sorgfaltspflichten<br />

nach § 43 GmbHG hat der Geschäftsführer aber<br />

weiterhin die Pflicht, die durch den Notar geänderte Liste auf<br />

Fehler durchzusehen. Im eigenen Interesse sollte der Geschäftsführer<br />

einer GmbH deshalb Richtigkeit und Aktualität der beim<br />

Handelsregister hinterlegten Gesellschafterliste in regelmäßigen<br />

Abständen überprüfen.<br />

Auslandsbeurkundungen: weiterhin zulässig?<br />

Gegenwärtig taucht immer wieder die Frage auf, wie sich das<br />

MoMiG auf die Zulässigkeit von Auslandsbeurkundungen im<br />

Zusammenhang mit der Veräußerung von Geschäftsanteilen auswirkt.<br />

Speziell die Auslandsbeurkundung in der Schweiz ist und<br />

bleibt aufgrund der damit in der Regel verbundenen Kostenersparnis<br />

ein zentrales Thema. Ob eine Beurkundung durch einen<br />

ausländischen Notar weiterhin möglich ist, hängt maßgeblich ab<br />

von der Auslegung des neuen § 40 Abs. 2 GmbHG. Ungeklärt ist<br />

insbesondere, ob ein ausländischer Notar Adressat dieser Vorschrift<br />

sein kann und – falls nicht – ob er sie freiwillig anw<strong>end</strong>en<br />

darf.<br />

Das Landgericht Frankfurt hat kürzlich in einem Obiter Dictum –<br />

eine beiläufige Bemerkung also, die das Urteil nicht begründete,<br />

pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong><br />

Recht aktuell<br />

aber fiel, weil sich die Gelegenheit bot – die Ansicht vertreten,<br />

§ 40 Abs. 2 GmbHG neue Fassung stehe einer Auslandsbeurkundung<br />

„wahrscheinlich“ entgegen, weil der ausländische Notar<br />

der darin normierten Pflicht wegen Fehlens von Amtsbefugnissen<br />

in Deutschland nicht nachkommen könne.<br />

Die nach Beobachtung der Autoren herrsch<strong>end</strong>e Meinung in der<br />

Literatur, die dem Vernehmen nach auch das Bundesjustizministerium<br />

teilt, argumentiert abweich<strong>end</strong> vom Obiter Dictum aus<br />

Frankfurt wie folgt: Auch wenn die Frage der Anw<strong>end</strong>barkeit des<br />

§ 40 Abs. 2 GmbHG neue Fassung auf ausländische Notare<br />

bislang noch nicht höchst- oder obergerichtlich geklärt sei, so<br />

könne wohl trotzdem – unter der bislang schon gelt<strong>end</strong>en Voraussetzung<br />

der Gleichwertigkeit von Urkundsperson und Urkundsverfahren<br />

– von einer weiterhin zulässigen Beurkundung<br />

durch bestimmte ausländische Notare ausgegangen werden. Die<br />

Gleichwertigkeit der durch einen Schweizer Notar mit Amtssitz in<br />

Basel-Stadt, Zürich-Altstadt oder Zug vorgenommenen Beurkundung<br />

zu der in § 15 Abs. 3 GmbHG geforderten sei vor Einführung<br />

des MoMiG von der Rechtsprechung allgemein anerkannt<br />

worden. Es seien keine Gründe ersichtlich, dass sich daran durch<br />

die gesetzliche Neuregelung etwas geändert habe. § 40 Abs. 2<br />

GmbHG neue Fassung stellt nach dieser Meinung keine Formvorschrift<br />

zur Geschäftsanteilsabtretung dar, sondern lediglich<br />

deren Folge. Die Nichtanw<strong>end</strong>barkeit des § 40 Abs. 2 GmbH auf<br />

ausländische Notare habe lediglich zur Folge, dass die Pflicht zur<br />

Einreichung der Gesellschafterliste beim Geschäftsführer verbleibt.<br />

Eine mögliche Formunwirksamkeit der Geschäftsanteilsabtretung<br />

gehe damit nicht einher. – Welche Rechtsauffassung<br />

sich in der Praxis durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Ihr Fachmagazin<br />

pwc: steuern+recht wird Sie auf dem Lauf<strong>end</strong>en halten.<br />

Die Autoren können aus ihrer Praxis bestätigen, dass die Registergerichte<br />

neue Gesellschafterlisten akzeptieren, die von den<br />

Geschäftsführern unterschrieben worden und auf eine Beurkundung<br />

von Geschäftsanteilsabtretungen im Ausland zurückzuführen<br />

sind. Andere Praktiker berichten davon, dass auch von<br />

ausländischen Notaren gefertigte Gesellschafterlisten von den<br />

Registergerichten anerkannt werden.<br />

Möchten Sie mehr Informationen zum Thema? Bitte rufen Sie<br />

Ihre Ansprechpartner an oder mailen Sie ihnen einfach.<br />

Ihre Ansprechpartner bei der PricewaterhouseCoopers Legal AG<br />

Dirk Krome Daniela Schmitt<br />

Tel.: 0711 25034-1530 Tel.: 089 5790-6229<br />

dirk.krome@de.pwc.com daniela.schmitt@de.pwc.com<br />

29


Recht aktuell<br />

Die einvernehmliche<br />

Aufhebung von Arbeitsverhältnissen<br />

In konjunkturell schwierigen Zeiten denken viele Unternehmen<br />

über Möglichkeiten nach, ihre Kosten zu senken. Ein oft beschrittener<br />

Weg ist der Abbau personeller Überkapazitäten. Damit<br />

eventuell erforderliche Kündigungen nicht vor dem Arbeitsgericht<br />

<strong>end</strong>en, bemühen sich viele Arbeitgeber um eine einvernehmliche<br />

Kündigung. Welche Möglichkeiten es gibt, einen Aufhebungsvertrag<br />

zu gestalten, und welchen rechtlichen Rahmen der Gesetzgeber<br />

geschaffen hat, das verraten Ihnen die Experten von<br />

PricewaterhouseCoopers Legal AG Rechtsanwaltsgesellschaft.<br />

Einvernehmliche Kündigung statt Rechtsstreit<br />

Wie Sie vielleicht aus eigener Erfahrung wissen, zwingen die<br />

aktuellen konjunkturellen Entwicklungen viele Unternehmen<br />

dazu, personelle Kapazitäten nachhaltig anzupassen. Einem<br />

Arbeitnehmer zu kündigen ist jedoch ein Prozess, der beide<br />

Seiten nicht nur vor erhebliche rechtliche Hürden stellt, sondern<br />

häufig auch zeitintensiv und schwer zu kommunizieren ist.<br />

So <strong>end</strong>en viele Kündigungen vor einem Arbeitsgericht, wo in<br />

der Regel viele Monate bis zu einer <strong>end</strong>gültigen Entscheidung<br />

vergehen.<br />

Nahelieg<strong>end</strong>er ist es deshalb, ein Arbeitsverhältnis einvernehmlich<br />

– bestenfalls durch einen Aufhebungsvertrag – zu be<strong>end</strong>en.<br />

Der Aufhebungsvertrag erlaubt dem Arbeitgeber eine kurzfristige<br />

Be<strong>end</strong>igung des Arbeitsverhältnisses ohne die engen Begrenzungen,<br />

die das Kündigungsschutzrecht mit sich bringt. Dem<br />

Arbeitnehmer bietet er die Möglichkeit, die Be<strong>end</strong>igungsfristen<br />

variabel zu gestalten und über eine mögliche Abfindung zu verhandeln.<br />

Welche Fallstricke und Gestaltungsmöglichkeiten es hierbei zu<br />

beachten gilt, lesen Sie in den folg<strong>end</strong>en Abschnitten.<br />

Inhalte eines Aufhebungsvertrags<br />

Welchen Inhalt ein Aufhebungsvertrag haben sollte, hängt ab von<br />

den konkreten Umständen des Einzelfalls. Ein rechtliches „Muss“<br />

eines jeden Aufhebungsvertrags ist lediglich der Satz, das Arbeitsverhältnis<br />

werde (einvernehmlich) zu einem bestimmten<br />

Be<strong>end</strong>igungszeitpunkt be<strong>end</strong>et. Es empfiehlt sich dring<strong>end</strong> der<br />

Zusatz: Die Aufhebung erfolgt „aufgrund arbeitgeberseitiger<br />

Veranlassung zur Vermeidung einer ansonsten unvermeintlichen<br />

betriebsbedingten Kündigung“.<br />

Darüber hinaus ist es sinnvoll, auch folg<strong>end</strong>e Sachverhalte zu<br />

regeln:<br />

• die Abfindung<br />

• die Freistellung des Arbeitnehmers<br />

• Urlaub und Arbeitszeitguthaben<br />

• variable Vergütung, Altersversorgung, Dienstwagen, Arbeit -<br />

geberdarlehen und Ähnliches mehr<br />

• Outplacement<br />

• nachvertragliche Wettbewerbsverbote<br />

• Zeugnis<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … was ein Aufhebungsvertrag regeln sollte.<br />

• … welche juristischen Fallstricke Sie beachten sollten.<br />

• … wie die Verhängung einer Sperrfrist beim Bezug von<br />

Arbeitslosengeld vermieden werden kann.<br />

• Verschwiegenheits- respektive Rückgabeklausel<br />

• Aufklärung des Arbeitnehmers<br />

• Abgeltungsklausel<br />

• Abfindung<br />

Der für den Arbeitnehmer wichtigste Punkt bei den Regelungen<br />

im Vertrag wird regelmäßig die Zahlung einer bestimmten Abfindung<br />

sein. Als Verhandlungsmaßstab bietet sich dabei die<br />

Schwelle des § 1 a Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) an,<br />

wonach eine Abfindung ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Jahr<br />

der Beschäftigung betragen sollte. Für den Erfolg einer Abfindungsverhandlung<br />

ist es entscheid<strong>end</strong>, schon zu Beginn der Verhandlung<br />

eine gemeinsame Sprachregelung zu finden, die dann<br />

auch im Vertrag festgehalten werden sollte. Für einen Arbeitnehmer<br />

ist in erster Linie wichtig, welcher Betrag der zugesagten<br />

Abfindung auf seinem Konto ankommen wird. Sich auf Brutto -<br />

beträge zu einigen, um nicht die Steuerlast des Arbeitnehmers zu<br />

übernehmen, ist hingegen für den Arbeitgeber wichtig. Die<br />

Einigung auf Bruttozahlungen ist übrigens die Regel – Nettozahlungen<br />

dagegen die Ausnahme.<br />

• Freistellung<br />

Mit Abschluss des Aufhebungsvertrags kann ein Arbeitgeber regelmäßig<br />

ein Interesse haben, den Arbeitnehmer bis zum Ablauf<br />

der Kündigungsfrist freizustellen. Spricht der Arbeitgeber die<br />

Freistellung einseitig aus, kann er wählen, ob die Freistellung<br />

widerruflich oder unwiderruflich erfolgen soll. Ist die Freistellung<br />

Bestandteil des Aufhebungsvertrags, hat dieser die Art der<br />

Freistellung zu regeln. Die Art der Freistellung hat Auswirkungen<br />

auf verschiedene Aspekte, darunter:<br />

• die Anrechnung von Urlaubs- und Freizeitausgleichsansprüchen<br />

• die Fortgeltung des vertraglichen Wettbewerbsverbots<br />

• die Anrechnung anderweitigen Erwerbs (§ 615 Satz 2 Bundesgesetzbuch,<br />

BGB)<br />

Welche Rechtsfolgen die vereinbarte Freistellungsart hat, sollten<br />

die Parteien des Arbeitsvertrags daher genau überprüfen (lassen)<br />

und im Zweifel offene Punkte ausdrücklich regeln.<br />

Ein Bereich, der im Zusammenhang mit einer (einvernehmlichen)<br />

unwiderruflichen Freistellung in der Vergangenheit oft zu Problemen<br />

führte, hat sich durch Entscheidungen des Bundessozialgerichts<br />

vom 24. September 2008 erledigt. – Zum Hintergrund: Die<br />

Sozialversicherungsträger waren lange der Auffassung, mit einer<br />

unwiderruflichen Freistellung <strong>end</strong>e das (beitragsrechtliche) Beschäftigungsverhältnis,<br />

obwohl das Arbeitsverhältnis noch nicht<br />

be<strong>end</strong>et war. Die unangenehme Folge: Der Arbeitnehmer war mit<br />

seiner Freistellung nicht mehr pflichtversichert und der Schutz<br />

der gesetzlichen Sozialversicherung war ihm entzogen. In der<br />

Praxis wurden deshalb komplizierte Freistellungsregelungen vereinbart,<br />

um diese Folgen abzufedern. Das Bundessozialgericht<br />

30 pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong>


(BSG) hat der Verwirrung nun ein Ende gesetzt und klargestellt:<br />

Auch bei einer unwiderruflichen Freistellung (einvernehmlich oder<br />

einseitig) besteht das (beitragsrechtliche) Beschäftigungsverhältnis<br />

fort und der Arbeitnehmer genießt den vollen Versicherungsschutz!<br />

Wirksamkeit<br />

Die Aufhebung des Arbeitsvertrags bedarf nach § 623 BGB<br />

zwing<strong>end</strong> der Schriftform – sprich: Die Vertragsurkunde muss<br />

von beiden Vertragsparteien unterzeichnet werden. Unwirksam<br />

ist somit ein mündlich oder konkludent geschlossener Aufhebungsvertrag<br />

– wie auch ein Vertragsschluss über elektronische<br />

Medien (etwa per E-Mail).<br />

Sofern in Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen nicht abweich<strong>end</strong>e<br />

Bestimmungen getroffen wurden, gibt es darüber hinaus<br />

keine zwing<strong>end</strong>en rechtlichen Einschränkungen. Speziell die<br />

Einhaltung einer Kündigungsfrist oder die Darlegung eines wichtigen<br />

Kündigungsgrunds sind nicht erforderlich. Entbehrlich ist<br />

auch die Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Betriebsverfassungsgesetz.<br />

Zudem entfallen die Anforderungen des besonderen<br />

Kündigungsschutzes, zum Beispiel für schwerbehinderte<br />

Arbeitnehmer, Arbeitnehmer in Elternzeit oder Mutterschutz.<br />

Wie jeder zivilrechtliche Vertrag ist auch ein Aufhebungsvertrag<br />

nach den §§ 119 ff. BGB anfechtbar. Eine Möglichkeit, den Vertrag<br />

anzufechten, besteht für den Arbeitnehmer etwa dann, wenn<br />

der Arbeitgeber besteh<strong>end</strong>en Aufklärungspflichten nicht nach -<br />

gekommen ist. Derartige Hinweis- und Informationspflichten<br />

können ihn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts<br />

besonders dann treffen, wenn der Aufhebungsvertrag<br />

auf seine Initiative hin und in seinem Interesse zustande kommt.<br />

Hier kann es unter Umständen notw<strong>end</strong>ig werden, den Arbeitnehmer<br />

auf mögliche schädliche Wirkungen eines Aufhebungsvertrags<br />

hinzuweisen, wenn der Beschäftigte erkennbaren<br />

Informationsbedarf hat. In der Regel muss sich allerdings der<br />

Arbeitnehmer vor Abschluss eines Aufhebungsvertrags selbst<br />

einen Überblick über die Folgen der Be<strong>end</strong>igung des Arbeitsverhältnisses<br />

verschaffen. Unzulässig ist in jedem Fall, Fragen eines<br />

Arbeitnehmers, die in diese Richtung gehen, falsch oder „ins<br />

Blaue hinein“ zu beantworten. Außerdem kann auch die Drohung<br />

mit einer unzulässigen Kündigung ein Anfechtungsrecht des<br />

Arbeitnehmers begründen.<br />

Ein Recht zum Widerruf besteht nicht, wenn es nicht gesondert<br />

in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen reguliert oder im<br />

Aufhebungsvertrag selbst vereinbart wurde.<br />

Steuer- und sozialrechtliche Nachteile für den Arbeitnehmer<br />

vermeiden<br />

Dass selbst bei guten Rahmenbedingungen Arbeitnehmer vom<br />

Abschluss eines Aufhebungsvertrags häufig Abstand nehmen,<br />

hat meist steuer- oder sozialversicherungsrechtliche Gründe. Vor<br />

allem droh<strong>end</strong>e Sperrzeiten beim Bezug von Arbeitslosengeld,<br />

aber auch die durch eine Abfindung verursachte erhöhte Einkommensteuerbelastung<br />

halten einen Arbeitnehmer – wie die Praxis<br />

immer wieder zeigt – vom Abschluss eines an sich attraktiven<br />

Aufhebungsvertrags ab.<br />

pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong><br />

Recht aktuell<br />

Sozialversicherungsrechtliche Aspekte<br />

• Sozialversicherungsfreiheit<br />

Abfindungen, die aufgrund der einvernehmlichen Be<strong>end</strong>igung<br />

des Arbeitsverhältnisses gewährt werden, sind sozialversicherungsfrei.<br />

Denn dabei handelt sich nicht um Arbeitsentgelt im<br />

sozialversicherungsrechtlichen Sinne. Arbeitgeber und Arbeitnehmer<br />

können hierdurch Sozialversicherungsbeiträge sparen. Die<br />

Arbeitsagenturen achten allerdings darauf, dass keine Arbeitsentgelte<br />

als Abfindung deklariert werden, um Beiträge zu sparen,<br />

und prüfen das nach.<br />

• Sperrzeiten<br />

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) III ruht<br />

der Anspruch eines Arbeitnehmers auf den Bezug von Arbeitslosengeld<br />

für zwölf Wochen, wenn er das Beschäftigungsverhältnis<br />

gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeits -<br />

losigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe). Nach<br />

ständiger Rechtsprechung erfüllt der Abschluss eines Aufhebungsvertrags<br />

diese Voraussetzung regelmäßig. Auch der Abschluss<br />

eines sogenannten Abwicklungsvertrags im Nachgang<br />

zu einer betriebsbedingten Kündigung erfüllt diese Voraussetzungen,<br />

sofern die Kündigung nur Mittel zum Zweck war.<br />

Zum Ruhen des Anspruchs tritt eine Verkürzung der Bezugsdauer<br />

des Arbeitslosengelds. Nach § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III<br />

verkürzt sich die Bezugsdauer mindestens um ein Viertel der<br />

Anspruchsdauer.<br />

Nach dem Gesetz treten eine Sperrzeit und die damit verbundene<br />

Verkürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengelds nur<br />

dann nicht ein, wenn ein wichtiger Grund zur Lösung des Arbeitsverhältnisses<br />

vorliegt. Im Laufe der Zeit haben BSG und<br />

Bundesagentur für Arbeit bestimmte Fallgruppen entwickelt, bei<br />

denen das Vorliegen eines wichtigen Grundes regelmäßig anzunehmen<br />

ist, die der folg<strong>end</strong>e Abschnitt Ihnen vorstellt.<br />

Drohung mit objektiv rechtmäßiger Kündigung<br />

Aufgrund einer Entscheidung des BSG hat die Bundesagentur in<br />

ihrer Durchführungsanweisung festgeschrieben, dass ein wichtiger<br />

Grund unterstellt werden kann, wenn<br />

• der Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung konkret in<br />

Aussicht gestellt hat,<br />

• die Kündigungsfrist eingehalten worden wäre,<br />

• der Arbeitnehmer nicht unkündbar war und<br />

• in Anlehnung an § 1 a KSchG eine Abfindung zwischen 0,25<br />

und 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr gezahlt<br />

wird.<br />

Liegen diese Voraussetzungen allesamt vor, gewähren die Arbeitsagenturen<br />

einen ungekürzten Arbeitslosengeldanspruch<br />

trotz Aufhebungsvertrag, ohne die Rechtmäßigkeit der in Aussicht<br />

gestellten Kündigung zu prüfen. Sie prüfen allerdings, ob<br />

anstelle einer höheren Abfindung die Dauer der Kündigungsfrist<br />

verlängert wurde oder zusätzliche Bonuszahlungen geflossen<br />

sind. Deshalb ist hier allergrößte Vorsicht angebracht.<br />

Auch eine höhere oder niedrigere Abfindung kann im Einzelfall<br />

unschädlich sein. Allerdings nur, wäre die betriebsbedingte Kündigung<br />

tatsächlich rechtmäßig gewesen und der Arbeitnehmer<br />

31


Recht aktuell<br />

sich durch den Aufhebungsvertrag nur eine Abfindung sichern<br />

möchte. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, prüfen sowohl<br />

Gerichte als auch die Arbeitsagenturen streng nach, sodass hier<br />

das Vorliegen der Kündigungsvoraussetzungen, speziell auch die<br />

Durchführung einer Sozialauswahl, schlüssig dargestellt werden<br />

muss. Vor allem darf die Kündigung nicht offenkundig rechtswidrig<br />

sein. Mit anderen Worten: Es darf beispielsweise nicht die<br />

vorherige Anhörung des Betriebsrats unterlassen werden.<br />

Arbeitsgerichtlicher Vergleich<br />

In der Praxis hat sich folg<strong>end</strong>es Vorgehen herausgebildet: Arbeitgeber<br />

und Arbeitnehmer einigen sich auf den Inhalt eines Aufhebungsvertrags,<br />

der jedoch nicht zur Unterzeichnung kommt. Der<br />

Arbeitgeber kündigt den Arbeitnehmer pro forma. Der legt dann<br />

fristgemäß Kündigungsschutzklage ein. Ohne dass der Gütetermin<br />

vor dem Arbeitsgericht wahrgenommen werden muss, bitten<br />

die Parteien das Arbeitsgericht auf schriftlichem Wege, den zuvor<br />

ausgehandelten Aufhebungsvertrag als Vergleich zu schließen.<br />

Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt des<br />

vorgeschlagenen Vergleichs durch Beschluss fest. Zwei Vorteile<br />

dieses Vorgehens liegen auf der Hand:<br />

• Die Parteien sparen sich den Gang zum Gericht.<br />

• Das Gericht beschließt den Vergleich mit dem Inhalt, wie ihn<br />

die Parteien vorgeschlagen haben.<br />

Ein noch größerer Vorteil aber besteht darin, dass bei einem<br />

arbeitsgerichtlichen Vergleich in der Regel von der Existenz eines<br />

wichtigen Grundes im Sinne von § 144 SGB III auszugehen ist.<br />

Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn der arbeitsgerichtliche<br />

Vergleich eine Abfindungszahlung vorsieht, welche die oben<br />

genannte Regelabfindung deutlich überschreitet.<br />

Beachten Sie aber bitte: Das BSG privilegiert den arbeitsgerichtlichen<br />

Vergleich nur, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen,<br />

dass der abgeschlossene Vergleich lediglich ein zuvor abgesprochenes<br />

Vorgehen festhält und damit eine Manipulation zulasten<br />

der Versichertengemeinschaft vorliegt. Das Gericht in Kassel hat<br />

entsprech<strong>end</strong>e Gesetzesumgehungen bereits bejaht, wenn die<br />

ausgesprochene Kündigung offenkundig rechtswidrig ist (etwa<br />

wegen unterlassener Anhörung des Betriebsrats) oder wenn aufgrund<br />

des Gesamtgeschehens genüg<strong>end</strong> Indizien vorliegen, die<br />

Empfehlungen für den Aufhebungsvertrag<br />

Der Aufhebungsvertrag sollte eine Klausel enthalten – darauf<br />

ist seitens des Arbeitgebers unbedingt zu achten –, wonach<br />

der Arbeitnehmer vor Abschluss des Aufhebungsvertrags<br />

hinreich<strong>end</strong> Gelegenheit hatte, sich über etwaige sozial -<br />

versicherungsrecht liche Nachteile sowie über die steuerlichen<br />

Auswirkungen des Aufhebungsvertrags zu informieren.<br />

Außerdem muss er den Arbeitnehmer darauf hinweisen,<br />

dass der sich zusätzlich bei Fragen zum Bezug von Arbeitslosengeld<br />

an die zuständige Arbeitsagentur und für Fragen<br />

zu steuerlichen Auswirkungen an sein Wohnsitzfinanzamt<br />

w<strong>end</strong>en kann. Auch auf den Umstand, dass sich der Arbeitnehmer<br />

nach Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags bei<br />

der zuständigen Arbeitsagentur unverzüglich arbeitsuch<strong>end</strong><br />

zu melden hat, sollte der Arbeitgeber ihn aufmerksam<br />

machen.<br />

auf ein abgestimmtes Vorgehen zur Vermeidung einer Sperrzeit<br />

hindeuten.<br />

Arbeitsgerichtlicher Vergleich – was Sie beachten sollten<br />

Wollen die Arbeitsvertragsparteien einen arbeitsgerichtlichen<br />

Vergleich schließen, um eine Sperrzeit sicher auszuschließen,<br />

sollten sie sicherheitshalber Folg<strong>end</strong>es beachten:<br />

• Schließen Sie den Vergleich nicht im schriftlichen Verfahren,<br />

sondern in der mündlichen Verhandlung vor dem<br />

Arbeitsgericht.<br />

• Der Inhalt des Vergleichs sollte Ergebnis der Verhandlung<br />

vor dem Arbeitsgericht sein. Legen Sie dem Gericht daher<br />

keinen ausgearbeiteten Vergleichsvorschlag vor.<br />

• Die ausgesprochene Kündigung darf nicht offensichtlich<br />

rechtswidrig sein. Speziell der Betriebsrat sollte zuvor<br />

angehört worden sein.<br />

Steuerrechtliche Aspekte<br />

Gezahlte Abfindungen sind nach der „Fünftelregel“ nach § 34<br />

Abs. 1 Einkommensteuergesetz zu versteuern. Um die Steuerprogression<br />

abzumildern, wird dabei – einfach gesprochen –<br />

zunächst die Abfindung gefünftelt, dann die fällige Steuer<br />

berechnet und dieser Betrag dann verfünffacht. Zu einem steuerlichen<br />

Vorteil führt das nur dann, wenn wenige sonstige Einkünfte<br />

vorliegen. Anderenfalls kann eine Abfindung trotzdem zu einer<br />

unerwünschten Steuerprogression führen.<br />

Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich – wenn möglich –, die<br />

Zahlung der Abfindung auf das nachfolg<strong>end</strong>e Kal<strong>end</strong>erjahr zu<br />

verschieben, in dem der Arbeitnehmer – etwa wegen Arbeits -<br />

losigkeit – weniger sonstige Einkünfte hat.<br />

Die Zulässigkeit einer solchen Gestaltung hat der Bundesfinanzhof<br />

jüngst in einer Entscheidung vom 11. November 2009 bestätigt.<br />

Im entschiedenen Fall war eine Abfindung für das<br />

Ausscheiden des Arbeitnehmers zunächst im November des<br />

Streitjahrs 2000 fällig. Um den mit der Fünftelregel einhergeh<strong>end</strong>en<br />

Steuervorteil zu nutzen, verschoben die Vertragsparteien den<br />

Fälligkeitszeitpunkt für einen Teil der Abfindung einvernehmlich<br />

auf Januar 2001. Da die Steuer sich nach dem Zuflusszeitpunkt<br />

richtet, musste der aufgeschobene Abfindungsteil laut Bundes -<br />

finanzhof erst im Jahr 2001 versteuert werden.<br />

Fazit und Beratungshinweis<br />

Wie Sie gesehen haben, bietet die einvernehmliche Be<strong>end</strong>igung<br />

von Arbeitsverhältnissen viele Fallstricke und Gestaltungsmöglichkeiten,<br />

die es zu kennen und zu beachten gilt. Durch eine<br />

gute Gestaltung lässt sich so eine attraktive Vereinbarung aushandeln,<br />

die den Arbeitsvertragsparteien auch steuer- und sozialversicherungsrechtliche<br />

Vorteile bringen kann.<br />

Wenn Sie Fragen zu einer optimalen Gestaltung einer einvernehmlichen<br />

Be<strong>end</strong>igung von Arbeitsverhältnissen haben oder<br />

beraten werden möchten, rufen Sie bitte Ihre Ansprechpartner<br />

bei der PricewaterhouseCoopers Legal an oder mailen ihnen<br />

einfach.<br />

32 pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong>


Ihre Ansprechpartner<br />

Dr. Andreas Eckhardt Daniela Sonntag<br />

Tel.: 040 6378-1302 Tel.: 040 6378-1302<br />

andreas.eckhardt@de.pwc.com daniela.sonntag@de.pwc.com<br />

Dr. Andreas Eckhardt ist Rechtsanwalt der<br />

PricewaterhouseCoopers Legal AG Rechtsanwaltsgesellschaft<br />

am Hamburger Standort; Daniela Sonntag ist Rechtsrefer<strong>end</strong>arin<br />

der Praxisgruppe Arbeitsrecht am Hamburger Standort.<br />

Neues Recht für Vereine:<br />

Überblick der Rechtsänderungen<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … was Vereine bei Anmeldung und Abmeldung beachten<br />

sollten.<br />

• … nach welchen neuen Vorgaben Vereine ab sofort ihre<br />

Beschlüsse fassen müssen.<br />

• … welche Regeln für die Vertretung eines Vereins künftig<br />

gelten.<br />

Am 24. September 2009 verabschiedete der Bundestag das Gesetz<br />

zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereins -<br />

register und anderer vereinsrechtlicher Änderungen. Hinter dem<br />

wenig aussagekräftigen Titel verbergen sich einige wesentliche<br />

Änderungen für die Körperschaft und deren praktische Handhabung.<br />

Stellvertret<strong>end</strong> seien hier drei genannt: Der Verein erlangt<br />

prozessual die schon lange ersehnte Rechts- beziehungsweise<br />

Parteifähigkeit. Die elektronische Anmeldung zum Vereinsregister<br />

wurde erleichtert und die Beschlussfassungen und Vertretungs -<br />

regelungen der Praxis angepasst. – Der Beitrag verschafft Ihnen<br />

einen Überblick über die Regelungen, die ab dem 1. Oktober<br />

2009 gelten, und beleuchtet Hintergründe und Konsequenzen für<br />

die Praxis.<br />

Prozessuale Neuregelungen<br />

Durch eine Änderung des § 50 Absatz 2 Zivilprozessordnung ist<br />

dem Verein nun auch gesetzlich die aktive Parteifähigkeit eingeräumt.<br />

In der Vergangenheit konnte der nicht rechtsfähige Verein<br />

verklagt werden, aber nicht selbst klagen. Dies hatte in der Vereinspraxis<br />

zu rechtlich nicht unproblematischen Konstruktionen<br />

pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong><br />

Recht aktuell<br />

geführt, um die Ansprüche des nicht rechtfähigen Vereins doch<br />

gelt<strong>end</strong> machen zu können (Soergel/Hadding, „Bundesgesetzbuch“,<br />

13. Auflage 2000, § 54 Rn. 33). Hatte der Bundesgerichtshof<br />

bereits den organisierten Gewerkschaften die aktive Partei -<br />

fähigkeit zugesprochen, wird diese Rechtsprechung durch die<br />

Ergänzung im Gesetz nun auch auf andere Vereine konsequent<br />

umgesetzt. Nach § 23 Bundesgesetzbuch (BGB) in der neuen<br />

Fassung sind ausländische Vereine, sofern sie nach ihrem Heimatland<br />

rechtsfähig sind, auch nach dem deutschen Recht<br />

rechtsfähig und damit parteifähig; und über den Verweis des § 86<br />

BGB gilt das jetzt nach neuem Recht auch für Stiftungen.<br />

Erleichterung der elektronischen Anmeldung zum Vereinsregister<br />

Bei den Eintragungen zum elektronischen Vereinsregister sind<br />

sowohl die Anmeldung als auch die Löschung erheblich vereinfacht<br />

worden.<br />

• Anmeldungen<br />

Für eine elektronische Übermittlung der Anmeldung zum Vereins -<br />

register muss ein Verein nun die Satzung nicht mehr in Urschrift<br />

vorlegen. Vorzulegen ist allerdings nach wie vor eine Abschrift –<br />

also eine wortgetreue Kopie des Schriftstücks. Diese Abschrift<br />

muss so beschaffen sein, dass alle Voraussetzungen für die Eintragung,<br />

die sich auf die Satzung beziehen, auch gerichtlich zu<br />

überprüfen sind. Vor allem müssen die Anforderungen des § 59<br />

Abs. 3 BGB erfüllt werden. Aus der Abschrift muss sich unter<br />

anderem ergeben, wann die Satzung errichtet wurde und von<br />

wem sie unterzeichnet worden ist. Eine notarielle Abschrift ist<br />

hierfür allerdings nicht erforderlich.<br />

Ebenso wie bei der Anmeldung des Vereins wird auch bei Anmeldungen<br />

von Satzungsänderungen auf die Vorlage der Urschrift<br />

verzichtet, um auch in diesen Fällen die elektronische Anmeldung<br />

zu ermöglichen. Damit dem Registergericht immer auch der<br />

vollständige aktuelle Wortlaut der Satzung vorliegt, soll bei der<br />

Anmeldung von Satzungsänderungen zusätzlich zu der Abschrift<br />

des Änderungsbeschlusses künftig auch immer der vollständige<br />

Wortlaut der geänderten Satzung eingereicht werden.<br />

Auch Bescheinigungen über Vereinsmitglieder können jetzt in nur<br />

schriftlicher Form statt in vom Vorstand vollzogener (unterschriebener)<br />

Form zum elektronischen Vereinsregister eingereicht werden.<br />

• Löschungen<br />

Nach der Ergänzung des § 76 Absatz 1 BGB muss im Falle einer<br />

Liquidation des Vereins auch das Löschen des Vereins infolge<br />

der Be<strong>end</strong>igung der Liquidation in das Vereinsregister eingetragen<br />

werden. Die Be<strong>end</strong>igung der Liquidation ist für den Rechtsverkehr<br />

von großer Bedeutung. Ist die Löschung eingetragen, ist<br />

das Rechtssubjekt des Vereins erloschen. Nach § 76 BGB ist das<br />

Anmelden der Be<strong>end</strong>igung der Liquidation für die Liquidatoren<br />

jetzt verpflicht<strong>end</strong>.<br />

Nach der Neuregelung ist der Beschluss auch bei Abweisung<br />

des Insolvenzantrags mangels Masse zum Schutz des Rechtsverkehrs<br />

in das Vereinsregister einzutragen.<br />

33


Recht aktuell<br />

Beschlussregelungen<br />

Die alte Fassung war nicht eindeutig formuliert. Die ständige<br />

Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hielt aber die Mehrheit<br />

der Stimmen der anwes<strong>end</strong>en Mitglieder für eine gültige Beschlussfassung<br />

für erforderlich. Nach der Neufassung des § 32<br />

BGB ist für die Beschlussfassung von nun an die Mehrheit der<br />

abgegebenen Stimmen und nicht die Mehrheit der anwes<strong>end</strong>en<br />

Mitglieder maßgeb<strong>end</strong>. Ziel ist es, die Stimmenenthaltungen<br />

nicht als Nein-Stimmen zu werten. Damit werden fortan ungültige<br />

sowie Stimmenenthaltungen nicht mehr gewertet. Die exakten<br />

Formulierungen bringen daher mehr Rechtssicherheit.<br />

Vertretungsverhältnisse<br />

Auch die Rechtsunsicherheit in den Vertretungsregelungen des<br />

Vereins ist durch die Neuregelungen der §§ 26, 28 BGB in der<br />

neuen Fassung beseitigt worden. In der alten Fassung war umstritten,<br />

ob die Mehrheitsvertretung der gesetzliche Regelfall ist<br />

oder nur alle Vorstandsmitglieder gemeinsam den Verein vertreten<br />

können. Die Neuregelungen sind durch die Trennung der<br />

Beschlussregeln von den Vertretungsregeln transparenter und<br />

schaffen eine klare gesetzliche Grundregel, von der durch Satzung<br />

nach wie vor abgewichen werden kann. § 26 Abs. 2 BGB<br />

in der neuen Fassung regelt zunächst die Vertretung über Mehrheitsverhältnisse.<br />

Auch die Vertretung bei der Anmeldung zum<br />

Vereinsregister ist mit der Neufassung des § 77 Satz 1 BGB neu<br />

geregelt. Ab sofort wird der Vorstand bei den Anmeldungen als<br />

vertretungsberechtigtes Organ für den Verein tätig. Welche Vorstandsmitglieder<br />

im Einzelnen für den Vorstand auftreten, bestimmen<br />

die getroffen Vertretungsregeln in der Satzung. Nach<br />

§ 26 Abs. 2 BGB kann dies auch durch Gesamtvertretung nach<br />

dem Gesetz erfolgen.<br />

Fazit<br />

Aufgrund der zahlreichen kleinen Änderungen in den ohnehin nur<br />

wenigen Vorschriften des Vereinsrechts hat der Gesetzgeber auf<br />

die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und auf die Praxisbedürfnisse<br />

Rücksicht genommen. Die neuen Regeln werden das<br />

rechtliche Vereinsleben nicht revolutionieren, aber sicher ein<br />

wenig erleichtern.<br />

Sie haben Fragen oder möchten beraten werden? – Dann rufen<br />

Sie bitte Ihre Ansprechpartner an oder schicken ihnen einfach<br />

eine E-Mail. Beide sind Rechtsanwälte der <strong>PwC</strong> Legal AG in Siegen.<br />

Ihre Ansprechpartner<br />

Wolf Henning Zint<br />

Tel.: 0271 33582-62<br />

wolf.henning.zint@de.pwc.com<br />

Frank Andreas Tepper<br />

Tel.: 0271 33582-32<br />

frank.andreas.tepper@de.pwc.com<br />

„Krise. Risiko. Management.<br />

Welche Konsequenzen ziehen<br />

deutsche Unternehmen<br />

aus der Wirtschaftskrise?“<br />

(Studie)<br />

Die Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2008 und 2009 hat<br />

das Risikomanagement der Unternehmen weltweit auf den Prüfstand<br />

gestellt. In diesem sich ständig verändernden Marktumfeld<br />

muss sich das Risikomanagement entsprech<strong>end</strong> dynamisch und<br />

flexibel entwickeln, um zukünftige Herausforderungen zu meistern.<br />

Um die Situation deutscher Unternehmen besser zu verstehen,<br />

hat ein Marktforschungsinstitut im Auftrag von<br />

PricewaterhouseCoopers (<strong>PwC</strong>) Personen befragt, die sich mit<br />

Risikomanagement befassen. Das Ziel der Studie ist es, die aktuellen<br />

Diskussionen rund um das Thema auf eine fundierte Datenbasis<br />

zu stellen.<br />

Die aktuelle Studie analysiert, wie deutsche Unternehmen die<br />

Performance ihrer Risikostrategien und -instrumente währ<strong>end</strong><br />

der Krise bewerten, welche Optimierungspotenziale sie erkannt<br />

und umgesetzt haben und an welchen Stellen weiterer Handlungsbedarf<br />

besteht. Befragt wurden gut 500 Unternehmen<br />

unterschiedlicher Größe aus den Bereichen Finanzdienstleistungen,<br />

Energie, Automotive, Chemie und Pharma sowie weiterer<br />

Branchen.<br />

Die wichtigsten Ergebnisse und weitere Informationen zur <strong>PwC</strong>-<br />

Studie finden Sie im <strong>PwC</strong>-Portal unter www.pwc.de.<br />

34 pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong>


Länderreport<br />

Gesellschaftsgründung in der<br />

Schweiz: Gesellschaft mit<br />

beschränkter Haftung oder<br />

Aktiengesellschaft?<br />

Ausländische Unternehmen, die sich in der Schweiz niederlassen<br />

wollen, fragen sich meist, ob sie eine Tochtergesellschaft gründen<br />

oder lediglich eine Zweigniederlassung betreiben sollen. Als<br />

Schweizer Tochtergesellschaft wird die Gesellschaft mit beschränkter<br />

Haftung gegenüber der Aktiengesellschaft noch<br />

immer seltener gewählt. Durch die Anpassung des Schweizer<br />

Rechts zum 1. Januar 2008 ist sie jedoch in die Nähe der Aktiengesellschaft<br />

gerückt und so für ausländische Investoren wesentlich<br />

attraktiver geworden. Gestützt auf Erfahrungen aus der<br />

Praxis skizziert der aktuelle Beitrag die Vor- und Nachteile der<br />

Gründung einer Schweizer Tochtergesellschaft in der Rechtsform<br />

einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Vergleich zur<br />

Aktiengesellschaft oder einer Zweigniederlassung aus rechtlicher<br />

Sicht.<br />

Errichtung einer Zweigniederlassung oder Gründung einer<br />

Tochtergesellschaft?<br />

Jede Unternehmung mit Sitz im Ausland kann grundsätzlich eine<br />

Zweigniederlassung in der Schweiz betreiben. Sie ist dann jedoch<br />

verpflichtet, diese im Handelsregister eintragen zu lassen.<br />

Damit eine Zweigniederlassung eingetragen wird, müssen mehrere<br />

Kriterien erfüllt sein: Es muss ein nach kaufmännischer Art<br />

geführter Betrieb sein, der dauernd eine eigene Geschäftstätigkeit<br />

ausübt und dabei wirtschaftlich eine gewisse äußere und innere<br />

Selbstständigkeit besitzt. Eigene Büroräumlichkeiten und eigenes<br />

Personal, das im Namen des Schweizer Geschäftsbetriebs<br />

handelt, deuten regelmäßig auf das Vorliegen einer Zweigniederlassung<br />

hin. Davon abzugrenzen und nicht als Zweigniederlassung<br />

eintragungsfähig sind ähnliche Organisationstypen wie Verkaufsstellen,<br />

Warenlager oder Fabrikationsanlagen.<br />

Mit der Eröffnung einer Zweigniederlassung sind Kosten in Höhe<br />

von circa 1.000 Euro sowie administrativer Aufwand verbunden.<br />

So müssen ein für die Zweigniederlassung bevollmächtigter<br />

Vertreter mit Wohnsitz in der Schweiz eingesetzt und verschiedene<br />

beglaubigte Belege beigebracht werden. Die Vorteile einer<br />

Zweig niederlassung liegen zwar auf der Hand: Verzicht auf<br />

Stammkapital oder die relativ einfache Errichtung. Dennoch<br />

EU kompakt<br />

Aktuelles aus Mittel- und Osteuropa<br />

pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong><br />

Länder<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … warum die Gründung einer Schweizer GmbH gerade für<br />

kleine und mittelständische Unternehmen interessant ist.<br />

• … welche Kosten die Gründung einer GmbH verursacht<br />

und wie lange sie dauert.<br />

• … warum aus rechtlicher Sicht vom Kauf einer Vorratsgesellschaft<br />

abzuraten ist.<br />

sollte ein Unternehmen beim Gang in die Schweiz auf jeden Fall<br />

auch die Gründung einer Tochtergesellschaft ernsthaft in Erwägung<br />

ziehen.<br />

Mit der Gründung einer Tochtergesellschaft ist eine Kapitaleinlage<br />

von mindestens 20.000 (Gesellschaft mit beschränkter Haftung,<br />

GmbH) beziehungsweise 100.000 (Aktiengesellschaft, AG)<br />

Schweizer Franken (CHF) aufzubringen. Gesellschaftsformen wie<br />

die deutsche Unternehmergesellschaft oder die englische Private<br />

Limited Company, welche sich beide durch ein sehr geringes<br />

Stammkapital auszeichnen, sind in der Schweiz nicht vorgesehen.<br />

Das Eintragungsverfahren einer Tochtergesellschaft ist zwar<br />

etwas umfangreicher und die Kosten höher als bei einer Zweig -<br />

niederlassung. Dafür bieten die AG und die GmbH jedoch einen<br />

wesentlichen Vorteil: Die Haftung aus der Geschäftstätigkeit ist<br />

grundsätzlich auf die Tochtergesellschaft und deren Stammoder<br />

Aktienkapital beschränkt. Darüber hinaus erlaubt das flexible<br />

GmbH-Recht den Gründern, in den Statuten die für ihre<br />

Bedürfnisse pass<strong>end</strong>en gesellschaftsrechtlichen Strukturen zu<br />

wählen.<br />

Wesensmerkmale der Gesellschaft mit beschränkter Haftung<br />

Mit der Änderung des Gesetzes zum 1. Januar 2008 hat der<br />

Gesetzgeber die GmbH einer Kapitalgesellschaft angeglichen.<br />

Gleichzeitig blieben die bisherigen Vorzüge der persönlichen<br />

Gestaltung der GmbH erhalten. Dadurch wurden verschiedene<br />

Schwachstellen behoben mit der Absicht, die Risikobereitschaft<br />

von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) zu fördern.<br />

So beschränkt sich die Haftung des Gesellschafters nur auf<br />

seine Einlage, die er voll einbezahlen musste. Ebenfalls ist die<br />

Begrenzung der Kapitaleinlage auf maximal 2.000.000 CHF weggefallen.<br />

Im Gegenzug zur kapitalbezogenen Angleichung an die<br />

AG wurden die strengen Sach- und Sachübernahmebestimmungen<br />

der AG bei Gründung und Kapitalerhöhung eingeführt.<br />

Das gesetzliche Grundmodell der GmbH ist auf Unternehmen mit<br />

einer kleinen Anzahl von Gesellschaftern oder mit einem engen<br />

Weitere interessante Beiträge finden Sie<br />

in der neuen Ausgabe von EU kompakt.<br />

Bestellung<br />

E-Mail: celina.maciejewski@de.pwc.com<br />

35


Länder<br />

Personenbezug, etwa Familienunternehmen, zugeschnitten. Die<br />

GmbH ist die Gesellschaftsform des typischen KMU, eignet sich<br />

aber auch für Tochtergesellschaften in einem Konzern. Demgegenüber<br />

lässt sich – aufgrund der fehl<strong>end</strong>en Kapitalmarkfähigkeit<br />

der Stammanteile – die GmbH nicht als Publikumsgesellschaft<br />

gestalten. Strebt eine GmbH den Schritt auf den öffentlichen<br />

Kapitalmarkt an, ermöglicht das Fusionsgesetz für diese Fälle<br />

eine reibungslose Umwandlung einer GmbH in eine AG.<br />

Die vielen dispositiven Regelungen im GmbH-Recht machen es<br />

möglich, viele individuelle Bestimmungen einzuführen:<br />

• Nachschuss- und Nebenleistungspflichten in den Statuten<br />

• Normen zur Treuepflicht und zu Konkurrenzverboten<br />

• die Ausgabe im Stimmrecht privilegierter Stammanteile<br />

• Stimmrechtsbeschränkungen<br />

• ein Vetorecht<br />

• eine strenge Vinkulierung (Gesellschafterversammlung muss<br />

Übertragung genehmigen)<br />

• das Erfordernis, bestimmte Entscheidungen der Geschäfts -<br />

führer durch die Gesellschafterversammlung genehmigen zu<br />

lassen<br />

• Austrittsrechte<br />

• Ausschlussmöglichkeiten<br />

In einer Konzernstruktur hat die Personenbezogenheit der GmbH<br />

den Vorteil gegenüber der AG, dass damit Interessenskonflikte<br />

zwischen Mutter- und der GmbH-Tochtergesellschaft vermieden<br />

werden können. Die kollisionsfreie Konzernleitung kann mit statutarisch<br />

festgehaltenen Genehmigungsvorbehalten für die Gesellschafter<br />

bei wichtigen Geschäften sichergestellt werden.<br />

Dank diesen Gestaltungsmöglichkeiten, der Kapitalstruktur und<br />

einem verhältnismäßig niedrigen Startkapital von 20.000 CHF ist<br />

die GmbH gerade auch für Tochtergesellschaften geeignet.<br />

Gründungsverfahren: Dauer und Kosten<br />

Die GmbH kann sowohl von einer natürlichen als auch von einer<br />

juristischen Person mittels einer öffentlichen Urkunde, ausgestellt<br />

von einem Notar (je nach Kanton unterschiedliche Zuständigkeiten),<br />

errichtet werden. Einpersonengesellschaften sind zulässig,<br />

wobei der Gründer nicht Schweizer Bürger sein beziehungsweise<br />

keinen Sitz in der Schweiz haben muss. Für die Gründung einer<br />

GmbH bedarf es, wie Sie bereits gelesen haben, eines minimalen<br />

und nach oben unlimitierten Stammkapitals von 20.000 CHF. Bei<br />

einer Sacheinlagegründung sind besondere Vorschriften einzuhalten<br />

(darunter die Prüfungsbestätigung eines zugelassenen<br />

Wirtschaftsprüfers). Zu beachten gilt wie bei der Zweigniederlassung:<br />

Sowohl bei der GmbH als auch bei der AG muss eine<br />

zeichnungsberechtigte Person (Geschäftsführer, Direktor) zwing<strong>end</strong><br />

ihren Wohnsitz in der Schweiz haben. Allenfalls muss diese<br />

Voraussetzung durch einen treuhänderisch beauftragten Geschäftsführer<br />

erfüllt werden. Die neu errichtete GmbH wird<br />

schließlich in das Handelsregister des Orts eingetragen, an dem<br />

sie ihren Sitz hat.<br />

Die Gründung einer GmbH ohne besondere Umstände und geringem<br />

Koordinationsaufwand kann innerhalb weniger Tage erfolgen<br />

und beim Handelsregister angemeldet werden. Die Kosten<br />

der Gründung, also inklusive Beratungshonorar, Ausarbeitung<br />

der Statuten und weiteren Gründungsunterlagen sowie Beurkundungs-<br />

und Eintragungsgebühren, beträgt je nach Komplexität<br />

zwischen 2.500 und 4.000 Euro.<br />

Kauf einer Vorratsgesellschaft?<br />

Häufig wird die Ansicht vertreten, der Kauf einer Vorratsgesellschaft<br />

sei günstiger und gehe schneller vonstatten als die Gründung<br />

einer eigenen Tochtergesellschaft. Diese Vorgehensweise<br />

ist aber mit erheblichen rechtlichen Risiken verbunden, da die<br />

Schweizer Rechtsprechung die Rechtsgeschäfte einer Vorratsgesellschaft<br />

als rechtlich nichtig qualifiziert. Die Handelsregisterämter<br />

sind deshalb verpflichtet, das handelsregisterliche Bestehen<br />

und den Handel mit Vorratsgesellschaften nach Möglichkeit zu<br />

unterbinden. Neben der rechtlichen Unsicherheit beim Kauf einer<br />

Vorratsgesellschaft sollte auch berücksichtigt werden: Mit der<br />

Übernahme einer Vorratsgesellschaft sind statutarische Anpassungen<br />

erforderlich. Diese Änderungen benötigen ebenso viel<br />

Zeit und Aufwand wie die Errichtung einer neuen Gesellschaft.<br />

Deshalb empfiehlt es sich, auf diese unsichere Abkürzung zu verzichten<br />

und stattdessen eine GmbH oder AG neu zu gründen.<br />

Fazit<br />

Steht eine ausländische Gesellschaft vor der Entscheidung, ihre<br />

Schweizer Niederlassung als rechtlich selbstständige Tochtergesellschaft<br />

oder als Zweigniederlassung zu gestalten, sind die Vorund<br />

Nachteile in Sachen Haftung, Kapital- und Verwaltungsaufwand<br />

sowie Wahrnehmung des Geschäftsumfelds gegeneinander<br />

abzuwägen. Gerade die flexible GmbH kann in dieser Interessenabwägung<br />

eine geeignete Lösung sein. Dank des neuen<br />

GmbH-Rechts können ausländische Unternehmen innerhalb kürzester<br />

Zeit eine ihren Bedürfnissen angepasste GmbH mit relativ<br />

geringem Kapital-, Gebühren- und Beratungsaufwand in der<br />

Schweiz errichten.<br />

Sie haben Fragen oder möchten bei Ihren Planungen beraten<br />

werden? – Bitte rufen Sie Ihre Ansprechpartner an oder schicken<br />

ihnen einfach eine E-Mail.<br />

Reto L. Schmid<br />

Tel.: +41 58 792-7495<br />

reto.l.schmid@ch.pwc.com<br />

Ihre Ansprechpartner vor Ort<br />

Bianca Patkòs<br />

Tel.: +41 58 792-4221<br />

bianca.x.patkos@ch.pwc.com<br />

36 pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong>


Die Schweiz schafft mit einer hohen Produktivität, unternehmensfreundlichen Behörden,<br />

effizientem Kapitalmarkt, hoher Lebensqualität, sehr guter Infrastruktur und einer maßvollen<br />

Steuerbelastung einen deutlichen Anreiz für Investitionen und Unternehmensansiedlungen<br />

im Herzen Europas.<br />

Investitionen, Kooperationen und der Ausbau der unternehmerischen Tätigkeit in der<br />

Schweiz sollten ebenso wie der private Umzug in die Schweiz gut geplant werden. Nur<br />

so können steuerliche Fallstricke vermieden werden.<br />

Auf der Tagung geben Ihnen die Experten von PricewaterhouseCoopers einen fundierten<br />

Überblick über die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen in der<br />

Schweiz. Sie erläutern die beim Wegzug aus Deutschland auftret<strong>end</strong>en Risiken und zeigen<br />

anhand ihrer Erfahrung Wege auf, diese zu minimieren.<br />

Zielgruppe<br />

Die Veranstaltung richtet sich vor allem an Unternehmer, Eigentümer, Gesellschafter und<br />

die Verantwortlichen für Steuern und Finanzen von Firmen, die in der Schweiz unternehmerisch<br />

tätig werden oder dort investieren möchten.<br />

Teilnahmegebühr<br />

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist für Sie kostenfrei.<br />

Anmeldung<br />

Bitte melden Sie sich unter www.pwc.de/de/mittelstand bis spätestens sieben Tage vor<br />

dem Veranstaltungstermin an. Nach Eingang Ihrer Anmeldung erhalten Sie eine Bestätigung<br />

mit weiteren Informationen.<br />

Alle Termine auf einen Blick<br />

14. April <strong>2010</strong> Mannheim 22. April <strong>2010</strong> Köln<br />

15. April <strong>2010</strong> Bremen 28. April <strong>2010</strong> München<br />

21. April <strong>2010</strong> Düsseldorf 29. April <strong>2010</strong> Kassel<br />

Lassen Sie sich von schweizerischen und deutschen Steuerexperten neueste Entwicklungen<br />

und Lösungsmöglichkeiten aufzeigen.<br />

Prof. Dr. Norbert Winkeljohann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater<br />

Mitglied des Vorstands<br />

Leiter des Geschäftsbereichs Familienunternehmen und Mittelstand<br />

pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong><br />

Rumänien<br />

Änderung der Steuergesetzgebung<br />

Am 13. Oktober 2009 veröffentlichte die<br />

Regierung das Notgesetz 109/2009 (Gov -<br />

ernment Emergency Ordinance). In der<br />

Folge ändern sich die Gewinn-, Einkommen-<br />

und Umsatzsteuer sowie die Verbrauchsteuern.<br />

Die Änderungen treten ab<br />

1. Januar <strong>2010</strong> in Kraft.<br />

Änderungen in der Besteuerung von<br />

Divid<strong>end</strong>en<br />

Künftig nicht mehr als steuerbare Divid<strong>end</strong>en<br />

werden behandelt:<br />

• der Kauf von Anteilen des eigenen<br />

Unternehmens ohne Veränderung der<br />

prozentualen Beteiligung der Anteils -<br />

eigner<br />

• die Zahlung eines Agios an die Anteils -<br />

eigner, wenn das im Verhältnis zu den<br />

gehaltenen Anteilen geschieht<br />

• jede Summe, die von den Unternehmen<br />

an ihre Anteilseigner für Güter und<br />

Dienstleistungen über dem Marktpreis<br />

gezahlt wird (vorausgesetzt, diese<br />

Summe unterliegt auf Ebene des An -<br />

teils eigners der Besteuerung)<br />

Sofern Divid<strong>end</strong>en zum Ende des Geschäftsjahrs<br />

zwar ausgewiesen, aber<br />

noch nicht gezahlt wurden, wird die Zahlungsfrist<br />

der Divid<strong>end</strong>ensteuer verlängert<br />

und muss bis 25. Januar des folg<strong>end</strong>en<br />

Jahres gezahlt werden (statt bisher bis<br />

31. Dezember im Jahr des Ausweises).<br />

Diese neue Frist gilt ebenfalls für Divid<strong>end</strong>en,<br />

die an Nichtansässige gezahlt werden.<br />

Umsatzsteuer für eine im Land ansässige<br />

Person<br />

Für Umsatzsteuerzwecke wird eine<br />

Person dann als in Rumänien ansässig<br />

betrachtet, wenn sie in Rumänien ihr<br />

Stammhaus hat oder über eine feste<br />

Niederlassung in Rumänien verfügt.<br />

Ein Unternehmer mit Stammhaus im<br />

Ausland hat eine feste Niederlassung in<br />

Rumänien, wenn diese über eine hinreich<strong>end</strong>e<br />

Personalausstattung und technische<br />

Ressourcen verfügt, um regelmäßig<br />

steuerbare Lieferungen und sonstige Leistungen<br />

zu erbringen.<br />

Ihr Ansprechpartner vor Ort<br />

Alex Massaci<br />

Tel.: +40 21 202-8658<br />

Länder<br />

37


Ticker<br />

Der Nachrichtenkanal: das Business-<br />

Portal von <strong>PwC</strong><br />

Unter www.pwc.de gibt Ihnen der Internetauftritt von <strong>PwC</strong> nützliche Hinweise zu<br />

wichtigen Themen an die Hand.<br />

Aktuell und schnell: Der Navigationspunkt „Nachrichten“ versorgt interessierte Nutzer<br />

mit wertvollen Informationen aus dem Bereich Steuern und Recht.<br />

e:pwc<br />

German Tax & Legal News<br />

BFH – kurz und<br />

knapp<br />

Verlängerte Abgabefrist<br />

Beantragt ein Arbeitnehmer eine Veranlagung<br />

zur Einkommensteuer für Zeiträume<br />

vor 2005 erst nach dem 28. Dezember<br />

2007, kann das Finanzamt die Durchführung<br />

der Veranlagung nicht ohne Weiteres<br />

mit dem Hinweis auf die bislang gelt<strong>end</strong>e<br />

zweijährige Ausschlussfrist ablehnen. –<br />

Bisher konnte die sogenannte Antragsveranlagung<br />

nur innerhalb von zwei Jahren<br />

nach Ablauf des betreff<strong>end</strong>en Veranlagungszeitraums<br />

gestellt werden.<br />

Urteil vom 12. November 2009 (VI R 1/09)<br />

Zwischengewinn steuerpflichtig<br />

Der beim Verkauf von Fondsanteilen<br />

erzielte Zwischengewinn gehört zu den<br />

Kapitaleinkünften. Die Besteuerung richtet<br />

sich für 1998 nach der Spezialregelung des<br />

Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften.<br />

Ein Rückgriff auf die einkommensteuerrechtlichen<br />

Regelungen für Finanzinnovationen<br />

kommt nach Ansicht der Richter<br />

insoweit nicht in Betracht.<br />

Urteil vom 24. November 2009<br />

(VIII R 30/06)<br />

Bestandskräftige Änderung<br />

Den bestandskräftigen Gewerbesteuermessbescheid<br />

zu ändern ist nach § 35 b<br />

Gewerbesteuergesetz 1999 in Organschaftsfällen<br />

auch bei einer Gewinnänderung<br />

auf der Ebene der Organgesellschaft<br />

möglich.<br />

Urteil vom 21. Oktober 2009 (I R 29/09)<br />

Sonderregelung für Reisebüros<br />

Der Bundesfinanzhof hat dem Gerichtshof<br />

der Europäischen Gemeinschaften folg<strong>end</strong>e<br />

Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:<br />

Gilt die „Sonderregelung für Reisebüros“<br />

in Art. 26 der Mehrwertsteuerrichtlinie<br />

77/388/EWG auch für den Verkauf von<br />

Opernkarten durch ein Reisebüro ohne zusätzlich<br />

erbrachte Leistungen?<br />

Beschluss vom 10. Dezember 2009<br />

(XI R 39/08)<br />

Beiträge in Englisch finden Sie in der<br />

neuen Ausgabe von e:pwc German Tax &<br />

Legal News.<br />

Bestellung<br />

E-Mail: manfred.haas@de.pwc.com<br />

38 pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong>


Herausgeber<br />

PricewaterhouseCoopers AG<br />

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />

Olof-Palme-Straße 35<br />

60439 Frankfurt am Main<br />

www.pwc.de<br />

V. i. S. d. P.<br />

Gabriele Stein (GS)<br />

Fax: 069 9585-944904<br />

E-Mail: gabriele.stein@de.pwc.com<br />

Redaktion<br />

Gabriele Stein (verantwortlich)<br />

Fax: 069 9585-944904<br />

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Andrew Miles (AM)<br />

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Daniel John<br />

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Gestaltung, Satz<br />

H. J. and fri<strong>end</strong>s Werbeagentur GmbH, Frankfurt am Main<br />

Korrektorat<br />

Werkstatt für moderne Sprache, Frankfurt am Main<br />

Druck<br />

Kohlhammer und Wallishauser GmbH, Hechingen<br />

Die Beiträge sind als Hinweise für unsere Mandanten bestimmt.<br />

Für die Lösung einschlägiger Probleme greifen Sie bitte auf die<br />

angegebenen Quellen oder die Unterstützung unserer für Sie<br />

tätigen Büros zurück. Teile dieser Veröffentlichung dürfen nur<br />

nach vorheriger schriftlicher Genehmigung durch den Herausgeber<br />

nachgedruckt oder vervielfältigt werden. Meinungsbeiträge<br />

geben die Auffassung der einzelnen Autoren wieder.<br />

Beiträge ohne Ansprechpartner hat die Tax-Redaktion verfasst.<br />

© März <strong>2010</strong><br />

PricewaterhouseCoopers bezeichnet die<br />

PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />

und die anderen selbstständigen und rechtlich unabhängigen<br />

Mitgliedsfirmen der PricewaterhouseCoopers International<br />

Limited.<br />

pwc: steuern+recht März <strong>2010</strong><br />

Impressum<br />

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