03.08.2013 Aufrufe

Download als PDF - Grüne Fraktion im Stadtrat Saarbrücken

Download als PDF - Grüne Fraktion im Stadtrat Saarbrücken

Download als PDF - Grüne Fraktion im Stadtrat Saarbrücken

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

grün: konkret.<br />

Politik mit Biss <strong>im</strong> Saarbrücker <strong>Stadtrat</strong><br />

konkret: Kulturhauptstadt ohne Kulturdezernent ++ Max-Ophüls-Festival 2007 ++<br />

Land spart Hauptstadt kaputt ++ schwarz-gelbe Halbzeitbilanz ++ Nahversorgung in<br />

Alt-<strong>Saarbrücken</strong> sichern ++ Kommunaler Kl<strong>im</strong>aschutz ++ Winterberg-Klinikum nicht<br />

privatisieren ++ Debatte um den Flughafen Enshe<strong>im</strong> ++ Lohngerechtigkeit für Frauen<br />

und Männer ++ Dudoplatz nicht an Q-Park verpachten ++ Sportoffensive an Schulen<br />

Nr. 1/ 2007


Impressum<br />

Herausgeber: Bündnis 90/Die <strong>Grüne</strong>n<br />

<strong>Stadtrat</strong>sfraktion <strong>Saarbrücken</strong><br />

Rathaus-Carrée<br />

66104 <strong>Saarbrücken</strong><br />

Tel.: 0681/905-1207; Fax: 0681/905-1603<br />

E-Mail: fraktion.diegruenen@saarbruecken.de<br />

Internet: www.gruene-fraktion-sb.de<br />

Redaktion (Text und Bild): Tina Schöpfer,<br />

<strong>Fraktion</strong>sgeschäftsführerin<br />

V.i.S.d.P.: <strong>Stadtrat</strong>sfraktion Bündnis 90/Die <strong>Grüne</strong>n<br />

<strong>Saarbrücken</strong>, <strong>Fraktion</strong>svorsitzender Thomas Brück<br />

Druck: Jahndruck GmbH, Neunkirchen<br />

Auflage: 6000 Exemplare<br />

Erscheinungsdatum: März 2007<br />

Titelbild: Tina Schöpfer<br />

2<br />

EDITORIAL<br />

INHALT<br />

EDITORIAL<br />

Aus der grünen Redaktion ............................ 2<br />

Der grüne Standpunkt .................................. 2<br />

AKTUELL & BRISANT<br />

Das Land darf seine Hauptstadt<br />

nicht kaputt sparen ........................................ 3<br />

Kommunaler Kl<strong>im</strong>aschutz in <strong>Saarbrücken</strong> .... 4<br />

Aktionsprogramm für mehr Radverkehr ...... 5<br />

Schwarz-gelbe Halbzeitbilanz ....................... 6<br />

Dudoplatz nicht an Q-Park verpachten .........7<br />

Genossenschaften statt Wohnungsverkauf ...7<br />

KULTUR & WIRTSCHAFT<br />

Max-Ophüls-Festival 2007 .............................. 8<br />

Kulturhauptstadt ohne Kulturdezernent ... 10<br />

Neues kommunales Rechnungswesen ........ 10<br />

Nahversorgung in Alt-<strong>Saarbrücken</strong><br />

sichern ............................................................11<br />

UMWELT & VERKEHR<br />

CDU und FDP wollen nicht nach<br />

Neuscheidt fahren ........................................ 12<br />

Auf dem Weg zur Müllverwiegung ............. 12<br />

Opt<strong>im</strong>ierung, die Zweite .............................. 13<br />

Die Debatte um den Flughafen Enshe<strong>im</strong> .... 14<br />

<strong>Grüne</strong>r Stadtentwicklungspreis ................... 14<br />

Eschberger BürgerInnen retten<br />

ihre Bäume .................................................... 15<br />

SOZIALPOLITIK<br />

Straßenprostitution am Drogenhilfe-<br />

zentrum wird verlagert ................................ 16<br />

FRAUEN & MÄNNER<br />

100 Prozent Lohngerechtigkeit jetzt! ..........17<br />

GESUNDHEITSPOLITIK<br />

Diskussion um Privatisierung schadet<br />

dem Winterberg-Klinikum ........................... 18<br />

GASTKOMMENAR<br />

Gemeinwesenarbeit in <strong>Saarbrücken</strong> ........... 20<br />

GRÜNE ANDERSWO<br />

Gastbeitrag aus dem Stadtverband:<br />

Tägliches Schulessen ..................................... 22<br />

Gastbeitrag aus dem Landtag:<br />

Nichtraucherschutzgesetz wird<br />

debattiert ...................................................... 22<br />

Sportoffensive an Schulen<br />

und Kindergärten ......................................... 23<br />

DIE LETZTE SEITE<br />

Glosse: F<strong>als</strong>che Fuffziger .............................. 24<br />

<strong>Grüne</strong>s Hearing „Stadtwerke der Zukunft“ 24<br />

„Bonsai Lidl“ rüstet auf ................................. 24<br />

grün: konkret. 1 / 2007<br />

Aus der grünen Redaktion<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

turbulent und ereignisreich waren die ersten Wochen und Monate<br />

des Kulturhauptstadtjahres 2007. Es ist zurzeit noch ein Kulturhauptstadtjahr ohne<br />

Kulturdezernent oder Kulturdezernentin. Wir hätten gern eine kompetente und über<br />

die Parteigrenzen hinweg akzeptierte Persönlichkeit für dieses wichtige Amt. Deshalb<br />

haben wir uns auf die Suche begeben.<br />

Ein kulturelles Highlight stand <strong>im</strong> Januar auf dem Programm. Das 28. Max-Ophüls-<br />

Festival konnte sich erneut über einen Besucherrekord freuen. Und das obwohl am<br />

Festivaldonnerstag viele wegen einer Sturmwarnung dahe<strong>im</strong> geblieben waren. Das<br />

zeigt, wie beliebt das Festival bei den SaarländerInnen und weit über die Grenzen<br />

hinaus ist. Um das Festival das ganze Jahr über in der Stadt präsent zu halten und<br />

NachwuchsfilmerInnen zu unterstützen, setzen wir uns für das von Festivalleiterin<br />

Birgit Johnson vorgeschlagene Filminstitut ein.<br />

Mit Geschwindigkeiten von bis zu 202 Stundenkilometern ist an eben jenem Festivaldonnerstag<br />

der Sturm „Kyrill“ über Deutschland hinweggefegt. ExpertInnen sagen<br />

voraus, dass uns weitere schwerwiegende Folgen des Kl<strong>im</strong>awandels bevor stehen.<br />

Umso dringender ist daher die Bemühung aller, Kl<strong>im</strong>abelastungen effektiv zu verringern.<br />

Dazu muss auch die Stadt ihren Beitrag leisten.<br />

Bei der Liniennetzopt<strong>im</strong>ierung haben wir viele Steine ins Rollen gebracht und zahlreiche<br />

Veränderungen bewirkt. Auch die Situation rund um das Drogenhilfezentrum hat<br />

sich entschärft. Die Straßenprostitution wurde verlagert, um die Prostiuierten besser<br />

zu schützen und die AnwohnerInnen rund um das DHZ zu entlasten. Dies haben wir<br />

<strong>im</strong>mer wieder gefordert. Auf unsere Unterstützung können auch die Saarbrücker<br />

Gemeinwesenprojekte zählen. Was es dort Neues gibt, erfahren Sie <strong>im</strong> Gastkommentar<br />

von Armin Kuphal.<br />

Weitere Themen sind u.a. der nicht genehmigte Haushalt 2007, die Zukunft des Winterberg-Klinikums,<br />

die schwarz-gelbe Halbzeitbilanz und der Frauentag.<br />

Ich wünsche Ihnen viel Spaß be<strong>im</strong> Lesen!<br />

„Eine ausführliche<br />

Bestandsaufnahme<br />

der Stadtwerke ist<br />

dringend nötig.“<br />

THOMAS BRÜCK<br />

FRAKTIONSVORSITZENDER<br />

Aus grüner Sicht sind die Kommunen<br />

die Ke<strong>im</strong>zelle der Demokratie. So ist für<br />

uns eine moderne Gesellschaft ohne<br />

eine demokratisch-partizipativ verfasste,<br />

mit echten Kompetenzen ausgestattete<br />

lokale Ebene unabdingbar.<br />

In einem langen Prozess der politischen<br />

Wesensfindung haben die Städte und<br />

Gemeinden <strong>im</strong> Land eine <strong>im</strong>mer höhere<br />

Bedeutung gewonnen. Diese drohen sie<br />

jetzt zu verlieren. Finanzknappheit heißt<br />

die Kurzformel. Dazu gesellt sich die Illusion<br />

der Privatisierung öffentlicher Aufgaben.<br />

Eine Auseinandersetzung um die<br />

Aufgabenstellung ist unausweichlich und<br />

sie wird auch in <strong>Saarbrücken</strong> zu führen<br />

Tina Schöpfer, <strong>Fraktion</strong>sgeschäftsführerin<br />

DER GRÜNE STANDPUNKT<br />

sein. Sie wird uns v.a. auch <strong>im</strong> stadteigenen<br />

Mischkonzern VVS/SWS („Stadtwerke“)<br />

treffen. Hier wird die Energiefrage<br />

zur zentralen Herausforderung. Mit<br />

einem „Lobbyismus auf Gegenseitigkeit“,<br />

wie seit Jahren eingeschliffen, egal ob<br />

SPD oder CDU die Mehrheit hatten, ist es<br />

endgültig vorbei.<br />

Es muss zuerst eine ausführliche Bestandsaufnahme<br />

der Stadtwerke stattfinden.<br />

Hierbei kommt der Frage, wie sich die<br />

Stadt künftig die kommunalen Aufgaben<br />

vorstellt, die zentrale Bedeutung zu.<br />

Es geht um die kommunale Daseinsvorsorge.<br />

Wir stehen dabei für eine öffentlich kontrollierte<br />

Unternehmensstruktur, bei der<br />

Allgemeinwohl vor Kommerz geht. Auch<br />

Gewohnheiten (siehe oben) sind zu verändern.<br />

Die Unternehmenskultur <strong>im</strong> Konzern<br />

muss sich ebenfalls ändern. Sie wird<br />

und muss auch die Betriebsräte erfassen.<br />

Wenn einige von ihnen, wie jetzt zu


eobachten, Abschied nehmen vom<br />

konsensualen bundesrepublikanischen<br />

Gesellschafts- und Sozialmodell und<br />

sich aus der allgemeinen, kommunalen<br />

Verantwortung verabschieden möchten,<br />

hin zum rein betriebswirtschaftlich ausgerichteten<br />

Agieren, ist es an der Zeit<br />

gegenzusteuern.<br />

Die Auswirkungen dieses gefährlichen<br />

Strebens der Betriebsräte, auch nach<br />

massiver Einflussnahme auf die politisch<br />

Verantwortlichen <strong>im</strong> Aufsichtsrat, und<br />

das sich verselbstständigende Agieren<br />

<strong>im</strong> „closed shop“ VVS/SWS, sind in ihren<br />

Auswirkungen auf die politische Kultur<br />

in der Stadt noch nicht abzusehen. Alle<br />

Beteiligten sollten sich aber über die<br />

Tragweite dieser Entwicklung <strong>im</strong> Klaren<br />

sein.<br />

Vom Glück zum Unglück ist es nur eine<br />

Spanne – umgekehrt aber hat man ein<br />

ganzes Stück Weges.<br />

AKTUELL & BRISANT<br />

Haushalt 2007<br />

Das Land darf seine Hauptstadt<br />

nicht kaputt sparen<br />

„Die CDU plant<br />

offenbar das Klinikum<br />

durch die Hintertür zu<br />

privatisieren.“<br />

CLAUDIA WILLGER-LAMBERT<br />

FRAKTIONSVORSITZENDE<br />

Es kam so wie von uns befürchtet:<br />

Die Innenministerin hat den<br />

Haushalt für <strong>Saarbrücken</strong> nicht<br />

genehmigt und besteht weiterhin<br />

darauf, dass die Stadt 10<br />

Millionen Euro einspart. Damit<br />

ist nur eine vorläufige Haushaltsführung<br />

möglich. Alle diejenigen,<br />

die <strong>im</strong> Rahmen von freiwilligen<br />

Aufgaben Projekte oder Veranstaltungen<br />

durchführen wollen,<br />

haben keine Finanzsicherheit.<br />

Der nicht genehmigte Haushalt stellt insbesondere<br />

für Vereine und Kulturschaffende<br />

ein großes Problem dar. Da es sich<br />

hierbei nicht um finanzkräftige Organi-<br />

sationen handelt, sie aber mit vielen kleineren<br />

Projekten und Aktivitäten viel zum<br />

städtischen Leben beitragen, ist dies für<br />

alle Betroffenen ein Hammerschlag.<br />

Treffen wollte die Innenministerin eigentlich<br />

die Oberbürgermeisterin. Offensichtlich<br />

kann es die Landesregierung <strong>im</strong>mer<br />

noch nicht verkraften, dass sich jemand<br />

mit einem SPD-Parteibuch bei den Direktwahlen<br />

durchgesetzt hat. Dies ist <strong>im</strong>mer<br />

wieder deutlich spürbar. Von Seiten der<br />

Landesregierung wird allzu leicht vergessen,<br />

dass die CDU-FDP-Koalition diesen<br />

Haushalt beschlossen hat. Für uns ist dies<br />

ein Zeichen dafür, dass die Landesregierung<br />

die <strong>Stadtrat</strong>smehrheit nicht ernst<br />

n<strong>im</strong>mt, genauso wenig wie die Dezernenten,<br />

die von dieser <strong>Stadtrat</strong>smehrheit<br />

nach dem normalen politischen Einmaleins<br />

eigentlich gestützt werden müssten.<br />

Land greift Stadt in die Tasche<br />

Jenseits dieser politischen Rechenspiele<br />

ist es geradezu katastrophal, wie wenig<br />

sich die CDU-FDP-Koalition für die Landeshauptstadt<br />

einsetzt. So wird es völlig<br />

kritiklos hingenommen, dass die Landesregierung<br />

massiv zu der schlechten<br />

Finanzsituation der Stadt <strong>Saarbrücken</strong><br />

beigetragen hat. Seit Jahren baut die Landesregierung<br />

ihre eigene Verschuldung<br />

zu Lasten der Kommunen ab und eröffnet<br />

durch diese Sparpolitik den saarländischen<br />

Städten und Gemeinden keine<br />

Perspektive. Hinzu kommt, dass Finanzmittel<br />

des Bundes, die den saarländischen<br />

Städten und Gemeinden zugute<br />

kommen sollen, dort nicht in voller Höhe<br />

ankommen.<br />

Vor dem Hintergrund der drastischen<br />

Einsparbemühungen der letzten Jahre in<br />

der Stadt <strong>Saarbrücken</strong> und der Mittelkürzung<br />

durch die Landesregierung muss<br />

es auch be<strong>im</strong> Innenministerium bekannt<br />

sein, dass weitere Einsparmöglichkeiten<br />

nur begrenzt möglich sind. Dabei ist es<br />

umso dramatischer, dass es sich schließlich<br />

auch um die Landeshauptstadt handelt,<br />

die mit vielfältigen zusätzlichen Aufgaben<br />

die Attraktivität, Vielfalt und Wirt-<br />

schaftskraft für die gesamte Region zu<br />

gewährleisten hat. Aber auch die besondere<br />

Situation von <strong>Saarbrücken</strong> ist nicht<br />

dazu geeignet, dass sich CDU und FDP<br />

in besonderer Weise für die Stadt einsetzen<br />

und ihren Einfluss geltend machen.<br />

Vielmehr versuchen sie sich hinter der<br />

Oberbürgermeisterin zu verstecken, um<br />

möglichst nichts zu sagen. So kann aber<br />

auf keinen Fall politische Verantwortung<br />

gelebt werden: Wenn man schon<br />

die politische Mehrheit für sich reklamiert,<br />

wie dies die Koalition ja tut, dann<br />

ist nicht nur Blockadehaltung gefragt,<br />

sondern ganz besonders das Aufzeigen<br />

von Perspektiven. Hiervor drückt sich die<br />

CDU-FDP-Koalition.<br />

Privatisierung durch die<br />

Hintertür<br />

Best<strong>im</strong>mte Diskussionen wie die Privatisierung<br />

des Klinikums sollen dann hinten<br />

herum in die Wege geleitet werden. So<br />

sehen wir hier auch ein abgekartetes<br />

Spiel zwischen der CDU in der Stadt und<br />

der CDU <strong>im</strong> Land: Das Innenministerium<br />

schlägt vor, einen unabhängigen Gutachter<br />

einzusetzen, um u.a. Privatisierungslösungen<br />

zu überprüfen. Wir befürchten,<br />

dass sich hiermit politisch Verantwortliche<br />

weiter vor ihrer Verantwortung drücken.<br />

Objektive Sachzwänge, die dann<br />

von vermeintlich unabhängigen Dritten<br />

dargestellt werden, sollen dann<br />

Betroffene mundtot machen. Bedauerlicherweise<br />

haben wir in den letzten<br />

Jahren keine guten Erfahrungen mit<br />

den so genannten objektiven Gutachtern<br />

gemacht, sondern vielmehr <strong>im</strong>mer<br />

wieder festgestellt, dass sich Gutachter<br />

gerne an dem orientieren, was von ihren<br />

Auftraggebern <strong>als</strong> Ergebnis gewünscht<br />

wird.<br />

Weitere Haushalts- und Spardebatten<br />

stehen uns bevor und<br />

wir werden alles daran<br />

setzen, dass die<br />

Stadt von der CDU-<br />

FDP-Koalition<br />

nicht<br />

kaputt<br />

regiert<br />

wird.<br />

grün: konkret. 1 / 2007 3


AKTUELL & BRISANT<br />

4<br />

Kommunaler Kl<strong>im</strong>aschutz in <strong>Saarbrücken</strong><br />

Ökologisch denken und<br />

ökonomisch handeln<br />

„Energie sparen nutzt<br />

der Umwelt und dem<br />

städtischen Haushalt.“<br />

GUIDO VOGEL<br />

UMWELTPOLITISCHER SPRECHER<br />

Kl<strong>im</strong>aschutz ist wichtig für <strong>Saarbrücken</strong>.<br />

Möchten wir ein kleines<br />

Stück von der ökologischen<br />

Gesamtverantwortung tragen, die<br />

Wirtschaft nachhaltig fördern<br />

und neue Arbeitsplätze schaffen,<br />

möchten wir den Haushalt darüber<br />

hinaus entlasten, führt kein Weg<br />

an diesem Thema vorbei. Ökonomischer<br />

Sachverstand und ökologischer<br />

Anspruch sind auch in der<br />

Landeshauptstadt kein Widerspruch.<br />

Die Stadt kann mittelfristig strukturelle<br />

Einsparungen erzielen, wenn sie kurzfristig<br />

in Energieeinsparmaßnahmen investiert.<br />

Das erreicht man durch Effizienzsteigerung,<br />

z.B. durch die Anschaffung neuer<br />

Kühlschränke, aber auch durch Dämmmaßnahmen<br />

und Fensteraustausch an<br />

städtischen Gebäuden. Jeder Cent, der<br />

heute in Energieeinsparung fließt, wird<br />

zukünftig in Form von niedrigeren Energiekosten<br />

eingespart. Fossile Energieträger<br />

wie Kohle und Gas sind finanzpolitische<br />

Tretmienen, von denen man nicht<br />

weiß, wann sie losgehen. Eine kleine nervöse<br />

Zuckung <strong>im</strong> Nahen Osten oder in<br />

Russland und der Saarbrücker Finanzdezernent<br />

kann seine Finanzplanung vergessen,<br />

weil ihm die Energiekosten aus<br />

dem Ruder laufen. Die Preiserhöhungen<br />

der letzten drei Jahre von 30 bis 65 Prozent<br />

für Gas und Öl sind erste Anzeichen<br />

für eine <strong>im</strong>mer unsicherere Planung der<br />

Energiekosten fossiler Art.<br />

Keine Öko-Kuschelecke, sondern<br />

wirtschaftspolitisches Thema<br />

Wenn die CDU von einer Existenzgründerinitiative<br />

in der Stadt redet, dann sehen<br />

wir die vor allem <strong>im</strong> Bereich der Energie-<br />

grün: konkret. 1 / 2007<br />

einsparung, der regenerativen Energien<br />

und der NawaRos (Nachwachsende Energien).<br />

Neuste Studien gehen davon aus,<br />

dass schon in zehn Jahren dieser Bereich<br />

den traditionellen Maschinenbau und<br />

die Autoindustrie überholen wird. Schon<br />

heute sind in Deutschland über 200.000<br />

Jobs durch den „neuen Energiemarkt“<br />

entstanden. Auch <strong>Saarbrücken</strong> muss von<br />

diesem Gründerboom profitieren. Über<br />

eine Clusterbildung an der Hochschule<br />

für Technik und Wirtschaft und/oder der<br />

Universität können junge innovative<br />

Unternehmen nach <strong>Saarbrücken</strong> geholt<br />

werden, die hochwertige Arbeitsplätze<br />

für die Zukunft garantieren. Städte wie<br />

Freiburg machen es vor: Der Sprung zur<br />

„Solarcity“ ist machbar.<br />

Hausmeister schulen und<br />

Dächer verpachten<br />

Aber auch <strong>im</strong> „klein-klein“ des täglichen<br />

politischen Geschäftes ist Veränderung<br />

möglich. Es ist bekannt, dass bis zu 20<br />

Prozent der Energiekosten durch ausgebildetes<br />

„Gebäudebetreuungspersonal“<br />

eingespart werden können. Ein energetisch<br />

geschulter Hausmeister<br />

erkennt durch „qualifiziertes Hinschauen“<br />

viele Energiefresser frühzeitig<br />

und schaltet sie ab oder stellt<br />

sie neu ein. Wir werden mit einem<br />

Antrag <strong>im</strong> Werksausschuss des<br />

Gebäudemanagements mit dafür<br />

Sorge tragen, dass Schulungsangebote<br />

für diese Zielgruppe vorgehalten<br />

werden.<br />

Wir vermuten, dass sich viele städtische<br />

Dächer für die Installation<br />

von Photovoltaikanlagen eignen.<br />

Vereine wie die Bürgerkraftwerke<br />

e.V. sorgen dafür, dass die Erträge,<br />

die dort erwirtschaftet werden,<br />

nicht irgendwohin fließen, sondern<br />

in der Region verbleiben.<br />

Autobahnbrücke in<br />

Güdingen mit<br />

Lärmschutzwand<br />

und Photovoltaik-Anlage.<br />

FOTO: GRÜNE<br />

Setzt sich die Stadt dafür ein, dass erstens<br />

alle kommunalen Dachflächen auf<br />

den Einsatz von Photovoltaik überprüft<br />

werden und vergibt sie diese zweitens<br />

bevorzugt an Saarbrücker BürgerInnen,<br />

werden kl<strong>im</strong>aschutzpolitische Ziele<br />

erreicht und gleichzeitig die regionale<br />

Wertschöpfungskette gestärkt. Den entsprechenden<br />

Antrag werden wir in den<br />

<strong>Stadtrat</strong> einbringen.<br />

Stadtwerke modernisieren<br />

– Kl<strong>im</strong>aschutz in Verwaltung<br />

verankern<br />

Moderne Stadtwerke widmen sich der<br />

Fragestellung, wie sie mit dazu beitragen<br />

können, die regenerativen Energien<br />

zu fördern, um sich damit strategische<br />

Vorteile zu verschaffen. Ohne Scheuklappen<br />

erkennen sie diesen Bereich <strong>als</strong><br />

den Wachstumsbereich der Zukunft und<br />

investieren entsprechend. Die Saarbrücker<br />

Stadtwerke waren hier einmal Vorreiter.<br />

Getreu dem Motto, dass ein Passiv-<br />

Haus noch keine Energiewende macht,<br />

fordern wir die Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft<br />

<strong>Saarbrücken</strong> auf, die<br />

alte Spur wieder aufzunehmen und in<br />

eine nachhaltige Energiepolitik zu investieren.<br />

Als Koordinationsstelle für alle Einspar-<br />

und Ausbaubemühungen <strong>im</strong> Energiebereich<br />

muss die Stabsstelle für wirtschaft-


liches Energiemanagement (WEM) in der<br />

Saarbrücker Stadtverwaltung erhalten<br />

bleiben. Diese Stelle sorgt z.B. dafür, dass<br />

<strong>Saarbrücken</strong> in der Solar-Bundesliga<br />

ganz vorne mitspielt. Wichtige Impulse<br />

<strong>im</strong> Bereich Energieeinsparung und regenerative<br />

Energien hätte es ohne diese<br />

Stelle nie gegeben.<br />

Integrative Stadtentwicklung<br />

Kl<strong>im</strong>aschutz wird durch die „Stadt der<br />

kurzen Wege“ erreicht. Das bedeutet,<br />

dass die nötige Infrastruktur da sein<br />

muss, damit die BürgerInnen die Möglichkeit<br />

haben, ihre täglichen Erledigungen<br />

zu Fuß, mit dem Rad, mit dem Bus<br />

oder der Straßenbahn zu tätigen. Stadtteile<br />

wie z.B. das Ostviertel ermöglichen<br />

es den BürgerInnen, größtenteils auf das<br />

Auto zu verzichten und ihre täglichen<br />

Erledigungen größtenteils <strong>im</strong> Kiez zu<br />

tätigen. Hilfreich wäre in diesem Zusammenhang<br />

ein Quartiersbus. Darüber<br />

hinaus ist ein Einzelhandelskonzept notwendig,<br />

das dafür sorgt, dass jeder Stadtteil<br />

seinen Lebensmittelmarkt er- bzw.<br />

behält. Moderne Stadtentwicklung muss<br />

darüber hinaus hochwertigen Stadtinnenraum<br />

über ein Baulückenmanagement<br />

interessierten Investoren anbieten.<br />

Wir setzen uns schon seit Jahren für<br />

diese Maßnahmen ein und hoffen, dass<br />

das Stadtplanungsamt unsere Impulse<br />

aufn<strong>im</strong>mt. Kurze Wege vermeiden unnötige<br />

Verkehrsbewegungen und Co2-<br />

Belastung in der Stadt und tragen damit<br />

zu einer besseren Lebensqualität bei!<br />

Verkehrsverschiebung und<br />

Vernetzung<br />

Klar ist, effizienter Kl<strong>im</strong>aschutz geschieht<br />

durch Reduzierung des motorisierten<br />

Individualverkehrs. Durch Umsteigen<br />

vom Auto auf die Stadtbahn werden<br />

<strong>im</strong> Jahr Tonnen an Co2 eingespart. Wir<br />

werden in den nächsten Monaten ein<br />

entsprechendes Konzept ausarbeiten<br />

und in die Diskussion einspeisen. Darüber<br />

hinaus muss natürlich die Saarbahn<br />

<strong>als</strong> Vorzeigeprojekt in <strong>Saarbrücken</strong> ausgebaut<br />

werden. Wir sehen die haushaltspolitische<br />

Notlage, wir sehen aber <strong>im</strong><br />

Gegensatz zur CDU-FDP-Koalition auch,<br />

dass es Streckenabschnitte gibt, die mit<br />

wirtschaftlichem Sachverstand kostengünstig<br />

verwirklicht werden können.<br />

Radeln in <strong>Saarbrücken</strong> muss attraktiver und sicherer werden<br />

Aktionsprogramm<br />

für mehr Radverkehr<br />

Der Radverkehr kommt in <strong>Saarbrücken</strong><br />

<strong>im</strong>mer noch allzu oft unter die<br />

Räder. Das hat eine Podiumsdiskussion<br />

des Allgemeinen Deutschen<br />

Fahrradclubs (ADFC) <strong>im</strong> Februar<br />

erneut verdeutlicht. <strong>Saarbrücken</strong><br />

braucht dringend ein Aktionsprogramm<br />

für mehr Radverkehr. Wir<br />

werden mit den entsprechenden<br />

Anträgen durchstarten.<br />

In <strong>Saarbrücken</strong> besteht ein Bedarf nach<br />

einer vernetzten, langfristig angelegten<br />

Verkehrspolitik, die insbesondere den<br />

RadfahrerInnen genug Platz lässt und<br />

deren Sicherheitsbedürfnis subjektiv<br />

wie objektiv erhöht. Das ist das Ergebnis<br />

einer Podiumsdiskussion des ADFC,<br />

an der alle <strong>im</strong> <strong>Stadtrat</strong> vertretenen <strong>Fraktion</strong>en<br />

teilgenommen haben. Der ADFC<br />

möchte die Radfahrerquote auf 10 Prozent<br />

des Gesamtverkehrs erhöhen. Damit<br />

haben sich nach eigenem Bekunden alle<br />

<strong>Fraktion</strong>en einverstanden erklärt. Deshalb<br />

ist es nun an der Zeit, dieses Ziel mit<br />

einem Aktionsprogramm anzugehen.<br />

Mehr übers radeln reden<br />

Die Kommunikation des Themas Rad<br />

fahren in der Stadt ist dringend verbesserungswürdig.<br />

Es kann nicht sein, dass<br />

sich auf der Homepage der Stadt kein<br />

Hinweis auf ein Verkehrsmittel befindet,<br />

welches den Co2-Ausstoß vermindert,<br />

den Lärm reduziert und<br />

die Feinstaubbelastung<br />

verringert. Gerade wenn<br />

man von den Vorzügen der<br />

Stadtmitte am Fluss redet,<br />

kann man auf der anderen Seite die RadfahrerInnen<br />

in der Öffentlichkeitsarbeit<br />

nicht unter den Teppich kehren.<br />

Wir möchten, dass die Verwaltung eine<br />

Prioritätenliste an Verbesserungsvorschlägen<br />

für den Radverkehr vorlegt,<br />

um das Rad fahren in der Stadt attraktiver<br />

zu machen. Dazu gehört z.B. die Aufwertung<br />

des Lützelbachtunnels <strong>im</strong> Zuge<br />

des Eurobahnhof-Umbaus. Besonders<br />

für Frauen und Kinder muss diese für den<br />

„Das Veloroutennetz<br />

muss wieder auf die<br />

politische Agenda.“<br />

AKTUELL & BRISANT<br />

FOTO: IRIS MAURER<br />

Radverkehr äußerst wichtige Strecke, die<br />

den Rodenhof mit der Innenstadt verbindet,<br />

heller und sicherer gestaltet werden.<br />

Veloroutennetz umsetzen<br />

Außerdem setzen wir uns dafür ein, dass<br />

das Veloroutennetz endlich wieder in<br />

die verkehrspolitische Diskussion aufgenommen<br />

wird. Dieses Konzept wurde<br />

2003 vom Verkehrsausschuss verabschiedet.<br />

Es wäre für die FahrradfahrerInnen<br />

ein wichtiges Signal,<br />

wenn sich insbesondere<br />

CDU und FDP an die<br />

alten Beschlüsse halten<br />

würden, zumal das Veloroutennetz<br />

in Bürgerbeteiligung erarbeitet<br />

wurde. Das Argument, dass für die<br />

anstehenden Investitionen <strong>im</strong> Bereich<br />

des Radverkehrs kein Geld vorhanden ist,<br />

erübrigt sich, wenn man sich die Maßnahmen<br />

für den Autoverkehr an Ostspangenkreisel<br />

und Ludwigskreisel anschaut.<br />

Letztendlich geht es <strong>im</strong>mer um die Frage,<br />

ob das Rad fahren politisch gewollt ist.<br />

GUIDO VOGEL<br />

VERKEHRSPOLITISCHER SPRECHER<br />

grün: konkret. 1 / 2007 5


AKTUELL & BRISANT<br />

6<br />

Personalverschleiß und politische Fehlentscheidungen<br />

Schwarz-gelbe Halbzeitbilanz<br />

„Noch ist nicht klar,<br />

ob die CDU-FDP-<br />

Koalition gemeinsam<br />

bis zum Ende der<br />

Spielzeit 2009 aushält.”<br />

THOMAS BRÜCK<br />

FRAKTIONSVORSITZENDER<br />

Im Abseits: Um in der gern zitierten<br />

Fußballsprache zu bleiben, wäre<br />

dies wohl die treffendste Bezeichnung<br />

des Zustandes der Saarbrücker<br />

Koalitionswirklichkeit. Sei es, dass<br />

Finanzdezernent Frank Oran (CDU)<br />

von seiner Parteifreundin Frau<br />

Innenministerin Annegret Kramp-<br />

Karrenbauer abgewatscht wurde<br />

-der Haushalt 2007 wurde von ihr<br />

nicht genehmigt-, sei es die vom<br />

FDP-Partner zu verantwortende<br />

Konzeptlosigkeit in der Kulturpolitik.<br />

Halbzeit bei CDU und FDP.<br />

Seit 2004 amtiert die CDU-FDP-Koalition<br />

<strong>im</strong> Saarbrücker <strong>Stadtrat</strong>. Mit einer<br />

St<strong>im</strong>me Mehrheit. Nicht eben eine satte<br />

Mehrheit, aber gerade knappe Mehrheiten<br />

disziplinieren und lassen manchen<br />

parteiinternen Quertreiber verstummen.<br />

Meistens. Nicht so bei der gehe<strong>im</strong>en<br />

Abst<strong>im</strong>mung zur Abberufung des ungeliebten<br />

Zoodirektors Dr. Vaclav Ceska <strong>im</strong><br />

Dezember 2005. Hier war die Einst<strong>im</strong>me-<br />

Mehrheit kurzfristig dahin und der Direktor<br />

außen vor.<br />

Schwarz-rot statt schwarz-gelb?<br />

Zwei personelle Verschleißungen gab es<br />

<strong>im</strong> letzten Jahr. Erst schmiss der glücklose<br />

Kulturdezernent Walter Schwarz-<br />

Paqué (FDP) die Brocken hin, dann mit<br />

Martin Karren ein entnervter <strong>Fraktion</strong>svorsitzender<br />

(CDU). Letzterer sah sich<br />

<strong>als</strong> unumstößlicher Garant der schwarzgelben<br />

Ehe. Andere in seiner <strong>Fraktion</strong><br />

sahen das anders. Wollten sie doch nach<br />

Schwarz-Paqués Kulturabgang schwarzgelb<br />

gleich mitentsorgen. Hinter vorgehaltener<br />

Hand spekulierten CDU-Granden<br />

über eine Berliner Lösung: schwarz-<br />

rote Albaner Koalition.<br />

Ein Ausstieg aus schwarz-gelb war allerdings<br />

mit Martin Karren nicht zu machen.<br />

grün: konkret. 1 / 2007<br />

Es drohte eine gegenseitige Blockade<br />

der Uneinigkeit. Nur durch eine kräftige<br />

Durchwirbelung des gesamten Personaltableaus<br />

der CDU-<strong>Fraktion</strong> konnte<br />

die Koalition gerettet werden. Fragt sich<br />

nur wie lange noch? Im Juni soll der neue<br />

Kulturdezernent gewählt werden. Auf<br />

Vorschlag der FDP. Schaun mer mal!<br />

Sicherheit und Privatisierung<br />

Ach ja, da gab’s ja noch was: Kommunalpolitik.<br />

Fast keine Woche, fast keine Sitzung,<br />

ohne diese Themen: Parken und<br />

Sauberkeit. Bei manch einem Beitrag<br />

glaubt man sich in die Bronx der 1960er<br />

Jahre zurück versetzt. Die Stadt versinke<br />

in Müll, Kr<strong>im</strong>inalität und Schmutz. Mal<br />

davon abgesehen, dass „Sauberkeit“ wie<br />

von CDU und FDP verstanden, eine sehr<br />

einseitige Reduzierung auf Kaugummi<br />

und gelben Sack vorn<strong>im</strong>mt, hört man<br />

erstaunlich wenig aus der Koalition, wenn<br />

es um Ozonwerte, Rußpartikel oder Co2-<br />

Verschmutzung geht. Als seien die Kl<strong>im</strong>akiller<br />

nicht das viel größere Problem.<br />

Das hat System. Einmal lenkt das kurzsichtige<br />

Agieren der Koalition von der<br />

eigentlichen Verschmutzung der Umwelt<br />

ab und andererseits wird der öffentliche<br />

und staatliche Sektor kontinuierlich<br />

schlecht geredet. So soll der Boden<br />

bereitet werden für private, angeblich<br />

billigere und besserere Lösungen. Delegit<strong>im</strong>ation<br />

der gemeinwesensichernden<br />

Daseinsvorsorge ist das Ziel dieser konservativen<br />

und neoliberalen Politik.<br />

Freies Parken und Sauberkeit sind nicht<br />

die einzigen Themen, die in diesem<br />

Zusammenhang zu erwähnen sind: die<br />

<strong>im</strong>mer wieder vorgebrachte Privatisierung<br />

des Klinikums Winterberg und der<br />

Ausverkauf der städtischen Immobiliengesellschaft<br />

lassen nichts Gutes erahnen<br />

für die zweite Halbzeit.<br />

Schwarz-gelbe Stiftungsträume<br />

Nun kommt die CDU-FDP-Koalition auch<br />

noch mit einer weiteren angeblichen<br />

Kernkompetenz zu Wort: Wirtschafts-<br />

und Finanzpolitik. Und das obwohl sie<br />

keinen genehmigungsfähigen Haushalt<br />

2007 zustande gebracht hat und jetzt<br />

ein Gutachter den städtischen Finanzde-<br />

zernenten „beraten“ soll: das ist für uns<br />

nicht gerade der Beweis für schlagkräftige<br />

Finanzpolitik.<br />

Das Ganze noch zu toppen war dann<br />

doch dem ehemaligen <strong>Fraktion</strong>svorsitzenden<br />

der CDU, Martin Karren, vorbehalten.<br />

Brachte er doch vor Jahresfrist<br />

die Gründung einer Stiftung „zur Vorhaltung<br />

städtischer Gebäude“(!) zur Beratung.<br />

Volumen 2 Millionen Euro. Davon<br />

eine Million fremdfinanziert. Aufgenommen<br />

am Kapitalmarkt zu ortsüblicher<br />

Verzinsung von 4,5 Prozent. Der erwartete<br />

Ertrag per anno beläuft sich auf ca.<br />

3 Prozent. Man muss kein Kaufmann sein,<br />

um zu verstehen, dass hier wirtschaftlicher<br />

Dilettantismus die Feder geführt<br />

hat. Zudem fallen die der Stiftung übertragenen<br />

Gebäude wie z.B. das Bürgerhaus<br />

Rockershausen bei Wegfall des Stiftungszwecks<br />

oder bei Liquidation nicht<br />

mehr zurück in den allgemeinen Immobilienbesitz<br />

der Stadt. Eine riesige Geldverschwendung.<br />

Hellseherische Fähigkeiten<br />

ersetzen finanzpolitischen<br />

Sachverstand<br />

Oder nehmen wir die jährlichen Gewinnausschüttungen<br />

der Sparkasse an den<br />

städtischen Haushalt. Um Finanzlücken<br />

zu decken oder eben solch kostspieligen<br />

Amüsements wie oben zu finanzieren,<br />

erklären die Wirtschaftsfachleute der<br />

Koalition schon mal <strong>im</strong> Herbst des Vorjahres,<br />

um wie viel höher die Gewinnausschüttung<br />

<strong>im</strong> kommenden Jahr ausfallen<br />

werde. Wahre Hellseher. Seriöse Wirtschafts-<br />

und Finanzpolitik sieht anders<br />

aus.<br />

Man muss zum Leidwesen unserer Stadt<br />

feststellen: diese Koalition kann’s nicht.<br />

Mit Sprechblasen und Halbwahrheiten<br />

sind nun mal die Probleme einer Großstadt<br />

nicht zu beheben. Ob die Koalition<br />

bis zum Ende der Spielzeit durchhält,<br />

ist noch nicht ausgemacht. Aber bei der<br />

Kommunalwahl 2009 gilt: Abpfiff! Misses<br />

next Match.<br />

Kernsatz:


Randbezirke sind nicht mit der Innenstadt vergleichbar<br />

Dudoplatz nicht an Q-Park verpachten<br />

„Mit einer Vermietung<br />

an Q-Park würden die<br />

Parkgebühren auf dem<br />

Dudoplatz um 150<br />

Prozent steigen.“<br />

KARIN BURKART<br />

STADTVERORDNETE<br />

Die Stadt möchte sechs Parkplätze<br />

an die Firma Q-Park verpachten.<br />

Einer davon ist der Dudoplatz. Der<br />

Bezirksrat hat jedoch einst<strong>im</strong>mig<br />

beschlossen, diesen Platz aus dem<br />

Paket der Parkflächenvermietung<br />

herauszunehmen. Eine gute Idee,<br />

denn die Dudweiler Situation ist<br />

nicht mit der Innenstadt vergleichbar.<br />

Die Stadtverwaltung muss auf die<br />

Bedürfnisse der einzelnen Stadtteile<br />

besser eingehen. Aktuelles Beispiel ist<br />

der Dudoplatz in Dudweiler, der zusammen<br />

mit fünf weiteren Parkplätzen an<br />

die Firma Q-Park verpachtet werden soll.<br />

Dagegen wehren sich die BürgerInnen,<br />

denn mit einer Verpachtung an Q-Park<br />

würden die Parkgebühren auf den 165<br />

Stellplätzen um 150 Prozent steigen. Q-<br />

Park will auf dem Dudoplatz zunächst<br />

50 Cent pro halbe Stunde verlangen,<br />

das sind 30 Cent mehr <strong>als</strong> die Stadt zurzeit<br />

verlangt. Die Stadt könnte auf dem<br />

Dudoplatz mehr <strong>als</strong> bisher einnehmen,<br />

wäre sie der Forderung der Bezirksverwaltung<br />

nachgekommen, einen ständig<br />

vor Ort tätigen Hilfspolizisten zur<br />

Verkehrsüberwachung einzusetzen. Wir<br />

halten es für kontraproduktiv, wenn die<br />

Stadt den Einfluss auf die Parkgebühren<br />

auf dem einzigen Parkplatz in Dudweiler,<br />

der auch <strong>als</strong> Platz für Großveranstaltungen<br />

dient, aus der Hand gibt. Seit<br />

Jahren bemüht man sich in Dudweiler<br />

um europäische Finanzmittel aus dem<br />

so genannten EU-Programm URBAN<br />

II, das darauf abzielt, die Entwicklung<br />

und Umsetzung innovativer Entwicklungsmodelle<br />

für eine wirtschaftliche<br />

und soziale Wiederbelebung der städtischen<br />

Krisengebiete zu fördern. Es gibt<br />

viele Initiativen wie z.B. den Verkehrsverein<br />

und die Initiative „Pro Dorf“, die<br />

FOTO: IRIS MAURER<br />

Dudweiler BürgerInnen kämpfen<br />

gemeinsam dafür, dass der Dudoplatz<br />

nicht an Q-Park verpachtet wird.<br />

sich dafür einsetzen, die Dorfmitte von<br />

Dudweiler attraktiver zu gestalten. Die<br />

Eigentümer der Dudo-Galerie bemühen<br />

sich um eine Belebung derselben.<br />

Die Initiative Skala tut sich auf dem Kultursektor<br />

hervor.<br />

Sorgen der Gewerbetreibenden<br />

und BürgerInnen ernst nehmen<br />

Wir nehmen die Bedenken der Gewerbetreibenden<br />

ernst. Mit der Vermietung<br />

an Q-Park würde es zu einer negativen<br />

Beeinflussung der Parksituation in den<br />

umliegenden Straßen kommen. Auch<br />

die soziale Komponente spielt eine wichtige<br />

Rolle. „Ins Dorf“ geht man zum Einkauf,<br />

aber auch zur Kontaktpflege. Die<br />

BürgerInnen treffen sich auf dem Markt,<br />

man geht ins Stehcafe und tauscht sich<br />

aus. Das könnte künftig nicht nur Zeit<br />

beanspruchen, sondern auch einiges an<br />

Geld kosten.<br />

Für uns stellt sich außerdem die Frage,<br />

ob eine vertragliche Bindung der Stadt<br />

an die Firma Q-Park bis 2048 (!), die jeglichen<br />

Wettbewerb verhindert, mit dem<br />

europäischen Recht vereinbar ist.<br />

AKTUELL & BRISANT<br />

Städtische Wohnungen<br />

Genossenschaften<br />

statt Verkauf<br />

CDU und FDP wollen wie Finanzdezernent<br />

Frank Oran (CDU) die städtischen<br />

Wohnungen verkaufen. Wir lehnen<br />

dies ab, da Menschen benachteiligt<br />

würden, die aufgrund ihrer finanziellen<br />

Situation auf günstigen Wohnraum<br />

angewiesen sind. Viel besser<br />

wäre es, mittelfristig Wohnungsgenossenschaften<br />

zu gründen. Die MieterInnen<br />

könnten Geschäftsanteile erwerben<br />

und sollten Mietsicherheit und<br />

Dauerwohnrecht bis zum Lebensende<br />

haben. Auch die praxisorientierte<br />

Umsetzung ökologischer Neuerungen<br />

wie z.B. der Bau einer Photovoltaik-<br />

Anlage auf dem Dach wäre dadurch<br />

leichter durchführbar. Alle InhaberInnen<br />

von Genossenschaftsanteilen<br />

sind finanziell am Wohnhaus beteiligt.<br />

Die Steigerung der Wohnzufriedenheit<br />

führt letztlich zu einer Steigerung<br />

der Wirtschaftlichkeit. Wir machen uns<br />

weiterhin für dieses Modell stark.<br />

THOMAS BRÜCK<br />

FRAKTIONSVORSITZENDER<br />

grün: konkret. 1 / 2007 7


KULTUR & WIRTSCHAFT<br />

8<br />

Max-Ophüls-Festival 2007<br />

Kissenschlachten und<br />

Multi-Kulti-He<strong>im</strong>atgefühle<br />

„Ein Filminstitut würde<br />

das Ophüls-Festival das<br />

ganze Jahr über präsent<br />

halten.“<br />

TINA SCHÖPFER<br />

FRAKTIONSGESCHÄFTSFÜHRERIN<br />

Genau 32.396 BesucherInnen hatte<br />

das Max-Ophüls-Festival in diesem<br />

Jahr. Das waren 233 mehr <strong>als</strong> in<br />

2006. Und das trotz der Orkanwarnung<br />

am Festivaldonnerstag, die<br />

zu deutlichen Besuchereinbußen<br />

führte. Dies zeigt, wie beliebt<br />

das Nachwuchsfilmfestival bei<br />

den SaarländerInnen und weit<br />

über die Grenzen hinaus ist. Ein<br />

Filminstitut, das über das ganze<br />

Jahr hinweg an das Festival erinnert<br />

und junge FilmemacherInnen<br />

unterstützt, wäre eine gute Sache.<br />

Es ist Freitagabend. „Kyrill“ hat das Saarland<br />

glücklicherweise weitgehend verschont<br />

und <strong>im</strong> Filmhaus drängen sich<br />

zahlreiche Festivalfans in einer langen<br />

Schlange dicht an dicht vor der Kinokasse.<br />

Gezeigt wird „Reine Geschmacksache“<br />

von Ingo Rasper, eine Komödie über<br />

ein schwules Coming-out <strong>im</strong> deutschen<br />

Provinzalltag, die später nicht ganz unerwartet<br />

den Publikumspreis erhalten wird.<br />

Obwohl der Film bereits vor Festivalbeginn<br />

ausverkauft war, versuchen viele<br />

noch eine Karte zu ergattern. Wie so<br />

oft werden auch diesmal noch ein paar<br />

FOTO: MAX-OPHÜLS-FESTIVAL<br />

grün: konkret. 1 / 2007<br />

Plätze frei, weil einige Leute ihre Karten<br />

zurückgeben oder verfallen lassen. Am<br />

Ende sind allerdings nur noch Stehplatzkarten<br />

zu haben. Die berechtigen<br />

dazu, auf der Treppe oder in den engen<br />

Gängen des Kinosa<strong>als</strong> auf dem Boden<br />

Platz zu nehmen. Nicht gerade bequem,<br />

aber für die besondere Festivalatmosphäre<br />

n<strong>im</strong>mt man das gerne in Kauf.<br />

Multikulturalität <strong>als</strong> Trend<br />

Besonders gefragt waren be<strong>im</strong> Publikum<br />

auch in diesem Jahr die Wettbewerbsfilme.<br />

Die 16 Langfilme und 16<br />

Kurzfilme waren fast alle ausverkauft.<br />

Gleich drei Preise gingen an die Dokumentarfilme,<br />

die wieder mit den Spielfilmen<br />

konkurrierten. Der Max-Ophüls-<br />

Preis ging an die koreanische Regisseurin<br />

Sung-Hyung Cho für ihren Film „Full<br />

Metal Village“. „Das ebenso humorvolle,<br />

vielschichtige wie präzise Porträt des verschlafenen<br />

Dorfes Wacken, das einmal<br />

<strong>im</strong> Jahr zum Headquarter der Heavymet<strong>als</strong>zene<br />

wird, ist nicht nur ein sehr unterhaltsamer<br />

Dokumentarfilm, sondern<br />

ein faszinierendes Bild deutscher Identität“,<br />

so die Begründung der Jury. Auch<br />

der Dokumentarfilmpreis ging an einen<br />

Regisseur mit Migrationshintergrund. In<br />

seinem Film „Exile Family Movie“ erzählt<br />

der <strong>im</strong> Iran geborene und in Österreich<br />

lebende Regisseur Arash T. Riahi seine<br />

Familiengeschichte. Damit hat das Festival<br />

gezeigt, wie vielfältig und bunt Beiträge<br />

zum Thema „He<strong>im</strong>at“ sein können<br />

und dass sich die Multikulturalität unter<br />

den Filmschaffenden <strong>als</strong> Trend erweist.<br />

Kurzfilme zur Eröffnung<br />

Mit einigen neuen Ideen wartete das<br />

Ophüls-Team um Festivalleiterin Birgit<br />

Johnson dieses Jahr auf. So wurde das<br />

Festival nicht wie sonst mit einem Spielfilm<br />

eröffnet, sondern mit vier Kurzfilmen<br />

Heavy Metal meets Wackener<br />

Dorfbevölkerung. Filmausschnitt aus<br />

dem Gewinnerfilm „Full Metal Village“.<br />

zum Thema „He<strong>im</strong>at – <strong>im</strong> Fokus der anderen“,<br />

die vom Festival selbst anlässlich des<br />

Themenschwerpunktes „He<strong>im</strong>at“ produziert<br />

wurden. Junge Regisseurinnen und<br />

Regisseure filmten dafür <strong>im</strong> letzten Jahr<br />

in <strong>Saarbrücken</strong>, dem Saarland und der<br />

grenznahen Umgebung. Herausgekommen<br />

sind zwei sehenswerte Dokumentationen<br />

über die Mitglieder der saarländischen<br />

Olympiamannschaft, die 1952<br />

an den Olympischen Spielen in Helsinki<br />

teilnahm und das Leben der BewohnerInnen<br />

des lothringischen Grenzdorfs<br />

Cottendorff. Weniger Applaus erhielten<br />

die beiden fiktiven Beiträge. In „Außergewöhnlich“<br />

geht es um einen jungen<br />

Immigranten, der sich möglichst spektakulär<br />

das Leben möchte und am Ende<br />

versucht, das Ludwigsparkstadion in<br />

Brand zu setzen, um dem 1. FCS eine<br />

neue Spielstätte zu ermöglichen. Viel<br />

geworben hat das Festival <strong>im</strong> Vorfeld<br />

für „Sarrelibre“ von Arne Ahrens. Ausgerechnet<br />

dieser Beitrag über saarländische<br />

Separatisten wirkte unfertig und<br />

enttäuschte aufgrund seiner wenig überzeugenden<br />

Handlung. Ingesamt kam die<br />

Idee mit den Kurzfilmen be<strong>im</strong> Publikum<br />

gut an, denn be<strong>im</strong> anschließenden Empfang<br />

gab es dadurch einige interessante<br />

Diskussionen.<br />

Spritzige Preisverleihung <strong>im</strong><br />

Staatstheater<br />

Witzig, schlagfertig und charmant führte<br />

die Berliner Moderatorin Nora Tschirner<br />

durch die Preisverleihung <strong>im</strong> Staatstheater,<br />

die in diesem Jahr anders <strong>als</strong> sonst<br />

bereits am Samstagabend stattfand.<br />

Sie kommentierte z.B. die rhetorische<br />

Frage des Geschäftsführers der Saarland<br />

Medien GmbH, Dr. Gerd Bauer, was wohl<br />

ein Film ohne Musik sei, trocken mit „ein<br />

Stummfilm“. Das international besetzte<br />

Ensemble „Mi Loco Tango“ sorgte mit italienischer<br />

Filmmusik für hochkarätigen<br />

Musikgenuss. „Voll krass berührt“ war<br />

Robert Ohde, Akteur in „Preußisch Gangstar“,<br />

<strong>als</strong> er erfuhr, dass der Film den Preis


FOTO: GRÜNE<br />

für die beste Filmmusik bekam. Ähnlich<br />

wie einst Roberto Benigni bei der Oskar-<br />

Verleihung sprang er von seinem Sitz<br />

hoch, um vorne auf der Bühne mehrm<strong>als</strong><br />

auf und ab zu hüpfen und in Tränen aufgelöst<br />

eine Dankesrede zu halten, die<br />

PreisträgerInnen 2007<br />

Max-Ophüls-Preis: „Full Metal Village“;<br />

Regie: Sung-Hyung Cho<br />

Kurzfilmpreis: „Fair Trade“; Regie:<br />

Michael Dreher<br />

Beste Nachwuchsdarstellerin:<br />

Gabriela Hegedüs für ihre Rolle in<br />

„Fallen“ von Barbara Albert<br />

Bester Nachwuchsdarsteller:<br />

Florian Bartholomäi für seine Rolle<br />

in „Reine Geschmacksache“<br />

von Ingo Rasper<br />

Preis des Ministerpräsidenten:<br />

„Karger“; Regie: Elke Hauck<br />

Dokumentarfilmpreis: „Exile Family<br />

Movie“; Regie: Arash T. Riahi<br />

Publikumspreis: „Reine Geschmacksache“;<br />

Regie: Ingo Rasper<br />

Preis der Schülerjury:<br />

„Große Lügen“; Regie: Jany Tempel<br />

Förderpreis der DEFA-Stiftung:<br />

„Die Gedanken sind frei“;<br />

Regie: Saara Aila Waasner<br />

Filmmusikpreis der Saarland<br />

Medien GmbH:<br />

„Preußisch Gangstar“; Regie: Bartosz<br />

Werner und Irma-Kinga Stelmach;<br />

Musik: Benjamin Krbetschek, Mr.<br />

Mighty und Micpropaganda<br />

SR/ZDF-Drehbuchpreis:<br />

„Reine Geschmacksache“;<br />

Buch: Tom Streuber, Ingo Rasper<br />

Interfilmpreis: „Exile Family Movie“;<br />

Regie: Arash T. Riahi<br />

aufgrund des voll krassen Slangs allerdings<br />

kaum zu verstehen war. Glücklich<br />

wirkten auch die anderen FilmemacherInnen<br />

und SchauspielerInnen, die<br />

einen oder gleich mehrere der begehrten<br />

Preise abräumen konnten. So z.B. die<br />

Schauspielerin Gabriela Hegedüs, die zu<br />

Recht den Preis für die beste Darstellerin<br />

für ihre eindringlich gespielte Rolle der<br />

Freigängerin Nicole in dem Film „Fallen“<br />

von Barbara Albert erhielt.<br />

Wenig Mühe hatte man sich allerdings<br />

bei der Auswahl der Filmausschnitte<br />

gemacht. Erhielt ein Film mehrere Preise<br />

wie z.B. „Reine Geschmacksache“ oder<br />

„Exile Family Movie“ wurde dem Publikum<br />

<strong>im</strong>mer wieder derselbe Filmausschnitt<br />

präsentiert und <strong>im</strong> Falle von<br />

„Reine Geschmacksache“ auch noch eine<br />

<strong>im</strong> Vergleich zum ganzen Film recht langweilige<br />

Sequenz.<br />

Schade, dass bei der Preisverleihung<br />

einige Plätze leer geblieben sind. Schuld<br />

daran waren einige geladene Gäste, die<br />

der Veranstaltung fern blieben, aber ihre<br />

Karten nicht zurückgaben. Kein guter Stil,<br />

der be<strong>im</strong> Publikum zu Recht für Unmut<br />

sorgte. Im nächsten Jahr soll es deshalb<br />

auch die Eintrittskarten für die geladenen<br />

Gäste ausschließlich an der Abendkasse<br />

geben. Nachbessern möchte das<br />

Ophüls-Team auch be<strong>im</strong> Ticketverkauf.<br />

So sollen Tickets <strong>im</strong> nächsten Jahr auch<br />

online erhältlich sein.<br />

Kissenschlacht in der Garage<br />

Mächtig rund ging es bei der Filmparty in<br />

der Garage, bei der Festivalfans zusammen<br />

mit den PreisträgerInnen bis in die<br />

frühen Morgenstunden feierten und<br />

tanzten. Ein gelungener Musikmix sorgte<br />

für eine ausgelassene St<strong>im</strong>mung. So ausgelassen,<br />

dass bei einer kollektiven Kis-<br />

KULTUR & WIRTSCHAFT<br />

Gelungene Eröffnungsfeier<br />

<strong>im</strong> Cinestar: Moderator<br />

Oliver Hottong <strong>im</strong> Gespräch<br />

mit der Jury.<br />

senschlacht einige Kissen Federn lassen<br />

mussten und die Tanzfläche hinterher so<br />

weiß war wie der Feldberg nach einem<br />

plötzlichen Wintereinbruch <strong>im</strong> Schwarzwald.<br />

Damit die Party nächstes Jahr schon<br />

früher steigen kann, überlegt das Ophüls-<br />

Team die Preisverleihung vorzuverlegen.<br />

Damit käme man allerdings in Konkurrenz<br />

mit der 20 Uhr-Schiene der Festival-<br />

Filme. Gut angenommen wurde laut Veranstalter<br />

der „Kinosonntag“, an dem alle<br />

Wettbewerbsfilme und die Publikumslieblinge<br />

noch einmal gezeigt wurden.<br />

Filminstitut nutzt <strong>Saarbrücken</strong><br />

Nun heißt es wieder ein Jahr warten bis<br />

zum Festival 2008. Mit einem Filminstitut<br />

wie es die Festivalleiterin Birgit Johnson<br />

vorgeschlagen hat, könnte man das Festival<br />

auch in dieser Zeit in <strong>Saarbrücken</strong><br />

präsent halten und die Landeshauptstadt<br />

noch stärker zu einem Zentrum<br />

des deutschprachigen Nachwuchsfilms<br />

machen. Das Filminstitut soll jungen FilmemacherInnen<br />

durch ein Stipendium<br />

die Finanzierung ihres zweiten Films<br />

ermöglichen, der danach be<strong>im</strong> Festival<br />

laufen soll. Es sieht mehrere Trainingseinheiten<br />

für die jungen FilmemacherInnen<br />

vor, in denen sie ihre Filmideen mit Hilfe<br />

von anerkannten FilmemacherInnen,<br />

DramaturgInnen, DrehbuchautorInnen,<br />

ProduzentInnen und RedakteurInnen<br />

weiterentwickeln können. Schade, dass<br />

CDU und FDP das Filminstitut <strong>im</strong> November<br />

letzten Jahres abgelehnt haben. Vielleicht<br />

überlegen sie es sich ja nach dem<br />

Erfolg des Festiv<strong>als</strong> in diesem Jahr nochmal<br />

anders. In der Saarbrücker Zeitung<br />

hat sich der Geschäftsführer des Deutschen<br />

Hotel- und Gaststättenverbandes<br />

<strong>im</strong> Saarland, Frank C. Horath, dafür ausgesprochen,<br />

<strong>Saarbrücken</strong> <strong>als</strong> Filmstadt<br />

weiter zu etablieren, da das Festival nicht<br />

nur Kunden bringe, sondern auch dazu<br />

beitrage, <strong>Saarbrücken</strong> bundesweit in ein<br />

gutes Licht zu rücken (SZ, 30.01.2007, S.<br />

C 1). In der Pflicht ist aus unserer Sicht<br />

damit auch das Land, denn das Max-<br />

Ophüls-Festival hat eine große Bedeutung<br />

weit über <strong>Saarbrücken</strong> hinaus.<br />

grün: konkret. 1 / 2007 9


KULTUR & WIRTSCHAFT<br />

10<br />

Auf der Suche nach einer kompetenten Persönlichkeit<br />

Kulturhauptstadt ohne<br />

Kulturdezernent<br />

„Wie ist denn Fahlheit? Außer fahl?<br />

Na ja. Egal. Ein andermal!“ *<br />

Die Saarbrücker Kulturpolitik kommt<br />

nicht voran. War die FDP mit ihrem Kulturdezernenten<br />

Walter Schwarz-Paqué<br />

in froher Hoffnung gestartet, ist heute<br />

Ernüchterung eingekehrt. Nie richtig<br />

vom Koalitionspartner ernst genommen<br />

und ohne stabilen Rückhalt in der eigenen<br />

<strong>Fraktion</strong> musste der Mann scheitern.<br />

Es ist alles dazu gesagt.<br />

Jetzt gilt es nach vorn zu schauen und da<br />

kann man be<strong>im</strong> Betrachten der Koalition<br />

ins Grübeln kommen. Schl<strong>im</strong>m genug,<br />

dass <strong>Saarbrücken</strong> <strong>im</strong> Kulturhauptstadtjahr<br />

ohne Dezernent dasteht, ein unverzeihlicher<br />

Fauxpas der FDP, nun wird sich<br />

die Partei auch in der Personalfrage nicht<br />

einig. Da mischen Altvordere, wie der<br />

ehemalige Vorsitzende Werner Klumpp,<br />

von hinten mit. Ein Schullehrer soll’s richten.<br />

Aus der Provinz in die Hauptstadt.<br />

Bei allem Respekt vor der pädagogischen<br />

Leistung des Herrn Wagner, in der Saarbrücker<br />

Kulturpolitik braucht es vor allem<br />

einen, der die großstädtische Befindlichkeit<br />

kennt und der mit der Kulturverwaltung<br />

umzugehen weiß. Als zweiten Versuch<br />

brachte der FDP-Landesvorsitzende<br />

Christoph Hartmann den Eventmanager<br />

Joach<strong>im</strong> Arnold auf’s Tablett. Dass<br />

der gerade mit seiner „Musik&Theater“ -<br />

Gesellschaft das E-Werk in den Sand<br />

setzte und somit nicht gerade einen überzeugenden<br />

Ausweis seiner Managerqualitäten<br />

vorführte, qualifiziert ihn sicherlich<br />

nicht für höhere Weihen. Abgehakt.<br />

„Außersaarländische“ Lösung <strong>als</strong><br />

letzter Rettungsanker<br />

Und nun? Jetzt spricht sich die FDP-<strong>Fraktion</strong>svorsitzende<br />

Karin Nehl für eine<br />

„außersaarländische Lösung“ aus. Der<br />

letzte Rettungsanker. Und das ist peinlich.<br />

Nicht, dass man jemanden von<br />

außerhalb will, nein schon viele sehr<br />

gute Personen kamen von außen nach<br />

<strong>Saarbrücken</strong>. Von Peinlichkeit rührt, dass<br />

diese Person sozusagen <strong>als</strong> letztes Auf-<br />

grün: konkret. 1 / 2007<br />

gebot, <strong>als</strong> lediglich zweite Wahl gesehen<br />

wird. Hatte doch die FDP-<strong>Fraktion</strong> massiv<br />

einem Vorschlag aus den eigenen (saarländischen)<br />

Reihen monatelang das Wort<br />

geredet. Eine zweitbeste Lösung ist allerdings<br />

nicht geeignet, einen/e Kandidaten/in<br />

mit Profil zu finden.<br />

Wir haben mit dem ehemaligen Intendanten<br />

des saarländischen Staatstheaters<br />

Kurt Josef Schildknecht eine Person<br />

benannt, die die besten Voraussetzungen<br />

zur Ausfüllung des Amtes <strong>als</strong> Kulturdezernent<br />

mitbringt. Die jetzt eingehenden<br />

Bewerbungen zur Dezernatsbesetzung<br />

werden sich auch an den Qualitäten<br />

dieser Person messen lassen müssen.<br />

* Robert Gernhard, „Das Scheitern einer Ballade“<br />

THOMAS BRÜCK<br />

FRAKTIONSVORSITZENDER<br />

Neues kommunales Rechnungswesen<br />

Nie mehr „Linke Tasche<br />

„Die doppelte<br />

Buchführung zwingt<br />

zu Transparenz und<br />

Ehrlichkeit.“<br />

MARCUS BITTERLICH<br />

FINANZPOLITISCHER SPRECHER<br />

Mit dem mitternächtlichen Glockenschlag<br />

am 31.12.2007 endet in <strong>Saarbrücken</strong><br />

eine lange Tradition. Mehr<br />

<strong>als</strong> 250 Jahre nach Ihrer Erfindung<br />

hat die Kameralistik <strong>als</strong> Methode<br />

staatlicher Buchhaltung ausgedient.<br />

Schon vor ein paar Jahren hatte die Landesregierung<br />

ein Gesetz entworfen, das<br />

alle Kommunen <strong>im</strong> Saarland darauf verpflichtete,<br />

spätestens ab Januar 2009<br />

auf das in der Privatwirtschaft übliche<br />

System der doppelten Buchführung,<br />

auch <strong>als</strong> „Doppik“ bezeichnet, umzusteigen.<br />

Der mit diesem Wechsel des Aufzeichnungverfahrens<br />

verbundene Kul-<br />

FOTO: GRÜNE<br />

turschock könnte größer kaum sein.<br />

War es in der Vergangenheit üblich, <strong>im</strong><br />

Rahmen von Investitions- und Konsumptionsentscheidungen<br />

allein die jahresbezogenen<br />

Geldströme zu betrachten, wird<br />

die Perspektive nun deutlich ausgeweitet.<br />

Wie von jedem ordentlichen Kaufmann,<br />

so fordert künftig die gesetzliche<br />

Norm auch von Städten und Gemeinden<br />

die Berücksichtigung der Erträge wie<br />

auch des Werteverzehrs. Jedem dürfte<br />

klar sein, dass beispielsweise der Zufluss<br />

durch die Aufnahme eines Kredits zwar<br />

vordergründig Handlungsspielraum<br />

eröffnet, andererseits durch die Rückzahlungs-<br />

und Verzinsungspflichten erhebliche<br />

Lasten zukünftig geschultert werden<br />

müssen.<br />

Haushaltswahrheit und<br />

Haushaltsklarheit umsetzen<br />

Was außerdem völlig außer Acht bleibt,<br />

wenn schlicht Ein- und Auszahlungen<br />

zusammengefasst werden, ist die ganze


Konflikt provoziert statt bürgerfreundlich gehandelt<br />

Nahversorgung in<br />

Alt-<strong>Saarbrücken</strong> sichern<br />

In Alt-<strong>Saarbrücken</strong> gibt es Bewegung<br />

in der Nahversorgung:<br />

Während die Lidl-Filiale in der<br />

François-Straße geschlossen<br />

bleibt, erwägt die Reha-Gesellschaft,<br />

einen Lebensmittelladen<br />

mit Vollsort<strong>im</strong>ent <strong>im</strong> Lokal des<br />

ehemaligen Plus-Marktes in der<br />

Deutschherrnstraße zu eröffnen.<br />

Alle, die in ihrer Mobilität eingeschränkt<br />

sind, ältere Menschen, aber auch Familien<br />

mit Kindern ohne Auto, befinden<br />

sich in Alt-<strong>Saarbrücken</strong> in einer schwierigen<br />

Situation. Vor Ort haben sie seit etwa<br />

einem halben Jahr durch den Wegfall<br />

des Lidl-Marktes weniger Möglichkeiten<br />

einzukaufen. Darauf haben die BürgerInnen<br />

in den letzten Wochen und Mona-<br />

- Rechte Tasche“<br />

Palette von vermögenswirksamen Veränderungen.<br />

In den städtischen Haushaltsplänen<br />

spiegelten sich bislang<br />

weder die horrenden Pensionslasten,<br />

noch Kreditrisiken der Tochtergesellschaften,<br />

geschweige denn die Verluste<br />

einer unter Wert veräußerten Beteiligung.<br />

Der kaum zu überschätzende Vorteil<br />

der Einführung einer nach Handelsrecht<br />

organisierten Buchführung liegt<br />

<strong>als</strong>o <strong>im</strong> Wesentlichen in der deutlich verbesserten<br />

Transparenz des Zahlenwerks.<br />

Der leider in der Geschichte so oft verletzte<br />

Grundsatz der Haushaltswahrheit<br />

und Haushaltsklarheit kann genau<br />

genommen erst jetzt wirksam befolgt<br />

werden. Erstm<strong>als</strong> tragen auch leicht verständliche<br />

Kennzahlen zur Analyse bei.<br />

Hinzu kommt noch eine Reihe weiterer<br />

Effekte. Die in Zukunft zu erstellenden<br />

Jahresabschlüsse erzwingen zum<br />

Beispiel zum Einstand eine umfassende<br />

Bewertung des städtischen Vermögens.<br />

An kaum einer anderen Stelle wird sich<br />

ten <strong>im</strong>mer wieder aufmerksam gemacht.<br />

Bei der Stadtverwaltung haben sie offensichtlich<br />

wenig Gehör<br />

gefunden. Deshalb ist<br />

es wichtig, dass sich<br />

das Stadtteilforum Alt-<br />

<strong>Saarbrücken</strong> weiterhin<br />

für die Nahversorgung<br />

stark macht.<br />

Wir haben uns <strong>im</strong> letzten<br />

Jahr gegen den<br />

Bebauungsplan ausgesprochen<br />

aus Sorge,<br />

Leerstand - Graffiti<br />

- Verwahrlosung:<br />

Der Abstieg eines<br />

ehemaligen<br />

Verbrauchermarktes.<br />

FOTO: IRIS MAURER<br />

dabei so deutlich zeigen, was tatsächlich<br />

von der neuen Systematik zu halten ist.<br />

So besteht die Gefahr, dass die Bewertung<br />

zu hoch oder zu niedrig ausfällt.<br />

Während eine zu hohe Bewertung die<br />

zukünftigen Abschreibungen unverantwortlich<br />

und unnötig in die Höhe treibt,<br />

untergräbt auch eine Unterbewertung<br />

das Budgetrecht der Legislative, indem<br />

„stille Reserven“, d.h. nur den Verwaltungsfachleuten<br />

bekannte Vermögenswerte,<br />

gebildet werden. Eine Forderung,<br />

die deshalb nahe liegen sollte, ist, die so<br />

genannte „Eröffnungsbilanz“ von einem<br />

unabhängigen Wirtschaftsprüfer testieren<br />

zu lassen. Das mag Geld kosten, ist<br />

aber ein unverzichtbarer Beitrag, wenn<br />

<strong>Stadtrat</strong> und Verwaltung gemeinsam<br />

ihren Aufgaben gerecht werden sollen.<br />

Denn, das ist kaum abzustreiten, wenn<br />

man den vorliegenden Zahlen nicht<br />

trauen kann, ist eine vertrauensvolle<br />

Auseinandersetzung über eben diese<br />

Zahlen unmöglich.<br />

KULTUR & WIRTSCHAFT<br />

dass keine Lösung für den Einzelhandel<br />

gefunden wird. Es ist durchaus nachvollziehbar,<br />

dass die Verwaltung aufgrund<br />

des Städtebaulichen Entwicklungskonzeptes<br />

und des gültigen Bebauungsplanes<br />

auf das hochwertige Wohnen in<br />

der Innenstadt setzt, nicht nachvollziehbar<br />

ist es aber, dass sie die Interessen<br />

von Discountern und BürgerInnen per<br />

Bebauungsplan nicht moderiert hat. Die<br />

Probleme mit dem Lärmschutz waren so<br />

voraussehbar. Unter diesen Voraussetzungen<br />

war absehbar, dass Lidl abspringen<br />

wird. Wir vermuten, dass genau dies<br />

so geplant war. Bürgernahes und -freundliches<br />

Handeln sieht anders aus.<br />

Konzept für wohnortnahe<br />

Versorgung muss auf den Tisch<br />

Wichtig ist es nun, die Situation in Alt-<br />

<strong>Saarbrücken</strong> nüchtern zu betrachten<br />

und die Frage zu klären, welchen Grad<br />

an Versorgung es gibt und welche weiteren<br />

Entwicklungen zu erwarten sind. Insbesondere<br />

ist zu überprüfen, welche Verschiebungen<br />

sich durch den neuen Vollversorger<br />

auf der Folsterhöhe ergeben.<br />

Es ist des Weiteren die Frage zu beantworten,<br />

wie sich der geplante „CAP - der<br />

Lebensmittelpunkt“ der Reha-Gesellschaft<br />

in die vorhandene Struktur fügt.<br />

Dabei ist es ganz wichtig, den Dialog mit<br />

den BürgerInnen zu suchen. Gerade BürgerInnen,<br />

die direkt in der Stadt leben,<br />

können auch erwarten, dass genügend<br />

Einkaufsmöglichkeiten fußläufig erreichbar<br />

sind. GUIDO VOGEL<br />

BAUPOLITISCHER SPRECHER<br />

grün: konkret. 1 / 2007 11


UMWELT & VERKEHR<br />

12<br />

Eingleisige Saarbahn ist ökonomisch und ökologisch sinnvoll<br />

CDU & FDP wollen nicht<br />

nach Neuscheidt fahren<br />

Damit möglichst viele BürgerInnen<br />

die Möglichkeit haben, vom<br />

Auto auf die Schiene umzusteigen,<br />

fordern wir den Ausbau der Saarbahn<br />

nach Neuscheidt. Unsere Idee,<br />

die Strecke aus wirtschaftlichen<br />

Überlegungen heraus eingleisig<br />

zu befahren, lehnen CDU und FDP<br />

ab. Sie fahren damit einen verkehrspolitischen<br />

Schlingerkurs.<br />

Vor etwa einem Jahr hat die CDU noch<br />

bekundet, dass sie den Ausbau der Saarbahnstrecke<br />

nach Neuscheidt will, wenn<br />

er wirtschaftlich für die Saarbahn/Stadtbahn<br />

GmbH tragbar ist. Nun hat sie sich<br />

<strong>im</strong> <strong>Stadtrat</strong> gemeinsam mit ihrem Koalitionspartner<br />

FDP gegen unseren Antrag<br />

für eine Wirtschaftlichkeitsprüfung des<br />

eingleisigen Ausbaus ausgesprochen.<br />

Diese Verkehrspolitik ist höchst unglaubwürdig.<br />

In Sonntagsreden fordern CDU<br />

grün: konkret. 1 / 2007<br />

und FDP den Saarbahn-Weiterbau, <strong>im</strong><br />

Alltag bremsen sie ihn aus.<br />

Auch die SPD ist aufgefordert, ihre<br />

Unentschiedenheit in Sachen Saarbahn<br />

aufzugeben und deutlich zu bekunden,<br />

wie sich die Straßenbahn in <strong>Saarbrücken</strong><br />

weiterentwickeln soll.<br />

Darüber hinaus ist es unbedingt notwendig,<br />

dass die Saarbahn/Stadtbahn eine<br />

klare Linie vorgibt, wie es mit der Linie 2<br />

der Tram von Völklingen nach St. Ingbert<br />

weitergeht. Nur die Gesamtbetrachtung<br />

mit dem Teilabschnitt vom Römerkastell<br />

nach Neuscheidt kann letztendlich die<br />

Frage beantworten, wo sinnvollerweise<br />

eine S-Bahn der Deutschen Bahn und wo<br />

die Saarbahn ihre Einsatzberechtigung<br />

hat.<br />

Im <strong>Stadtrat</strong> wurde nun vereinbart, dass<br />

<strong>im</strong> Aufsichtsrat weiter über dieses Thema<br />

diskutiert wird. Wir sind gespannt, ob die<br />

CDU-FDP-Koalition weiter an ihrer ableh-<br />

Platzhalter<br />

für Foto<br />

„Wir bringen<br />

Sie weiter“<br />

Identsystem: Schritt in die richtige Richtung<br />

Auf dem Weg zur Müllverwiegung<br />

Lange hat sich die CDU-FDP-<br />

Koalition schwer getan, auf ein<br />

verursachergerechtes Abfallentsorgungssystem<br />

einzuschwenken.<br />

Nachdem saarländische Gemeinden<br />

wie Lebach, Eppelborn und<br />

zuletzt auch St.Wendel ein solches<br />

mit der Müllverwiegung eingeführt<br />

haben, wurde der Druck<br />

<strong>im</strong>mer größer. Nun ist es nicht<br />

das Wiegesystem geworden, sondern<br />

das so genannte Identsystem:<br />

Die CDU-FDP-Koalition ist<br />

<strong>als</strong>o gesprungen, leider zu kurz.<br />

Das so genannte Identsystem bedeutet,<br />

dass der Müll nach seinem Volumen<br />

berechnet und den BürgerInnen in Rechnung<br />

gestellt wird. Im Gegensatz dazu<br />

wird be<strong>im</strong> Verwiegesystem das Gewicht<br />

des Mülls ermittelt und von den Bürge-<br />

rInnen bezahlt. Beide Systeme belohnen<br />

<strong>als</strong>o das Müllvermeiden beziehungsweise<br />

die Müllverwertung.<br />

Verwiegen ist einfacher<br />

Die Probleme bei beiden Systemen sind<br />

aber auch ähnlich: Sie können dazu<br />

führen, dass vermehrt wilder Müll abgelagert<br />

wird. Um dies zu vermeiden, muss<br />

ein flächendeckendes Verwertungssystem<br />

ausgebaut werden. Das geht zum<br />

Beispiel über einen zweiten Wertstoffhof<br />

oder eine stärkere Papierverwertung. Ein<br />

weiteres Problem tritt bei Mehrfamilienhäusern<br />

auf: hier muss für die gerechte<br />

Gebührenzuweisung in neue Systeme<br />

investiert werden. Das bedeutet, dass<br />

beide Systeme keine Selbstläufer sind.<br />

Sie müssen mit begleitenden Maßnahmen<br />

unterstützt werden und die BürgerInnen<br />

sind auf Informationen angewie-<br />

FOTO: GRÜNE<br />

nenden Haltung festhält und damit<br />

den Menschen in Schafbrücke, Scheidt<br />

und Bischmishe<strong>im</strong> ein modernes und<br />

umweltbewusstes Verkehrsmittel verweigert.<br />

Wir gehen davon aus, dass die<br />

Eingleisigkeit <strong>im</strong> Wechselbetrieb mit Brebach<br />

technisch und fahrorganisatorisch<br />

machbar ist und gegenüber der Zweigleisigkeit<br />

das jährliche Defizit um über<br />

50 Prozent verringern würde. Aus unserer<br />

Sicht ist der eingleisige Ausbau nicht<br />

nur ökologisch, sondern auch ökonomisch<br />

sinnvoll.<br />

GUIDO VOGEL<br />

VERKEHRSPOLITISCHER SPRECHER<br />

sen. Gerade weil die Probleme bei beiden<br />

Systemen ähnlich sind, ist es für uns<br />

nicht nachvollziehbar, warum CDU und<br />

FDP nicht konsequenterweise ganz auf<br />

die Müllverwiegung setzen. Diese bringt<br />

nämlich ein noch größeres Einsparvolumen<br />

der Restmüllmengen. Nicht zu vergessen,<br />

dass sich die Tourenplanung speziell<br />

in der Innenstadt erheblich unkomplizierter<br />

gestaltet.<br />

Keine abfalltechnische<br />

Sackgasse<br />

Doch die Hoffnung bleibt: Die Identsystemtechnik<br />

kann <strong>als</strong> Plattform für die<br />

Müllverwiegung genutzt werden und<br />

damit auch in Zukunft in diese Richtung<br />

weiterentwickelt werden. Mit dem Identsystem<br />

betritt man <strong>als</strong>o keine abfalltechnische<br />

Sackgasse. Wir werden uns daher<br />

der geplanten Einführung des Ident


Saarbahn/Stadtbahn stellen überarbeitetes Liniennetz vor<br />

Opt<strong>im</strong>ierung, die Zweite<br />

„In der Opt<strong>im</strong>ierung der<br />

Opt<strong>im</strong>ierung fehlt nicht<br />

nur ein Nachtbussystem.“<br />

GUIDO VOGEL<br />

VERKEHRSPOLITISCHER SPRECHER<br />

Was die sprachliche Steigerung<br />

von Opt<strong>im</strong>ierung ist, wird letztlich<br />

unbeantwortet bleiben. Die<br />

fachliche Opt<strong>im</strong>ierung der Opt<strong>im</strong>ierung<br />

hat aber die Saarbahn<br />

mit ihrer Liniennetzüberarbeitung<br />

vorgenommen. Mit frühzeitiger<br />

Bürgerbeteiligung wäre diese<br />

„Ehrenrunde“ unnötig gewesen<br />

und das Unternehmen hätte sich<br />

viel Ärger und Geld gespart. Zwar<br />

wurde mit der Quasiwiederaufnahme<br />

der Linie 47 auf den<br />

Eschberg einer der schl<strong>im</strong>msten<br />

Fehler behoben, dafür steht jetzt<br />

aber mit dem Stadtteil St. Arnual<br />

gleich der nächste Verlierer fest.<br />

systems nicht verweigern. Im Gegensatz<br />

zur CDU –und zeitweise auch der<br />

SPD– werden wir nicht populistisch<br />

das Scheitern des Systems heraufbeschwören,<br />

wie vor vier Jahren bei der<br />

geplanten Einführung des Müllverwiegesystems<br />

geschehen. Großes Argument<br />

war dam<strong>als</strong> übrigens die Vermüllung<br />

der Landschaft!<br />

Wir werden die Umsetzung gewissenhaft<br />

begleiten und uns mit dafür<br />

einsetzen, dass die aufkommenden<br />

Schwierigkeiten rechtzeitig erkannt<br />

und frühstmöglich korrigiert werden.<br />

Denn das grundsätzlich richtige Anliegen<br />

des Müllvermeidens und der Müllverwertung<br />

soll nicht kleinkariertem<br />

Parteigezänk geopfert werden.<br />

GUIDO VOGEL<br />

UMWELTPOLITISCHER SPRECHER<br />

Wir erinnern uns: Im November 2006 trat<br />

der neue Fahrplan der Saarbahn GmbH<br />

mit opt<strong>im</strong>ierter Linienführung in Kraft.<br />

Doch wie von uns befürchtet, waren<br />

viele Kundinnen und Kunden damit<br />

überhaupt nicht zufrieden. Im August<br />

erschien in der Saarbrücker Zeitung<br />

ein Artikel, welcher <strong>im</strong> Wesentlichen<br />

unsere Kritik an der „Opt<strong>im</strong>ierung“ darstellte.<br />

Unsere Stellungnahme war von<br />

dem unabhängigen Verkehrsexperten<br />

Markus Philipp durch ein Gutachten vertieft<br />

und akzentuiert worden. Über 1000<br />

Beschwerden prasselten in der Folge auf<br />

das Unternehmen nieder, das nach den<br />

ersten Versuchen, die Probleme auszusitzen,<br />

schließlich eine Nachbesserung<br />

versprach. Viele unserer Änderungsvorschläge<br />

wurden daraufhin aufgenommen,<br />

so dass wir produktiv auf das Verfahren<br />

einwirken konnten.<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

mangelhaft<br />

Anfang dieses Jahres hatte die Saarbahn<br />

GmbH dann die Verbesserungsvorschläge<br />

der BürgerInnen gesammelt und<br />

zu einem Gesamtpapier zusammengefasst.<br />

Eigentlich eine gute Gelegenheit,<br />

um damit eine offensive Pressearbeit zu<br />

betreiben.<br />

Weit gefehlt: Die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit<br />

ließ auch diese Gelegenheit<br />

nicht aus, um kräftig in das zugegebener<br />

Weise weit weg stehende Fettnäpfchen<br />

zu treten und die eigene Arbeit<br />

quasi zu sabotieren.<br />

Man wisse nichts von vorliegenden Verbesserungsvorschlägen<br />

-sie hingen ja<br />

auch nur zwei Wochen am schwarzen<br />

Brett der Saarbahn- eine Stellungnahme,<br />

die für uns nicht nachvollziehbar war.<br />

Opt<strong>im</strong>ierung der Opt<strong>im</strong>ierung<br />

Markus Philipp hat für uns daraufhin auch<br />

diese neuen Pläne – die Opt<strong>im</strong>ierung der<br />

Opt<strong>im</strong>ierung untersucht. Die Bewertung<br />

fiel ambivalent aus. Zum einen, weil wiederum<br />

versäumt wurde, die BürgerInnen<br />

nicht nur vor fertige Ergebnisse zu stellen,<br />

sondern auch zu beteiligen, zum<br />

anderen, weil Verbesserungen der ersten<br />

Opt<strong>im</strong>ierung zurückgenommen wurden.<br />

UMWELT & VERKEHR<br />

FOTO: GRÜNE<br />

Die Dienstfahrt wird mit neuer<br />

Nummer wieder aufgenommen:<br />

Statt der Linie 47 fährt nun<br />

die Linie 107 auf den Eschberg.<br />

Hier sei vor allem St. Arnual genannt: die<br />

dichte Anbindung auch und vor allem<br />

über die Stadtautobahn stellte bei der<br />

ersten Opt<strong>im</strong>ierung eine Aufwertung<br />

für den Saarbrücker Stadtteil dar. Nun<br />

wurde in der „opt<strong>im</strong>ierten Opt<strong>im</strong>ierung“<br />

die schnelle Verbindung über die Stadtautobahn<br />

gestrichen. Diese Verbindung<br />

über die Autobahn hätte nicht nur eine<br />

kleine Fahrzeitersparnis dargestellt, sondern<br />

auch neue Perspektiven für den<br />

ÖPNV und seine NutzerInnen eröffnet,<br />

auch psychologisch. Die Autobahn, die<br />

bisher fast nur den Autos vorbehalten<br />

war, ist auch für Linienbusse nutzbar!<br />

Das Gutachten geht aber über die reine<br />

Kritik hinaus und nennt konkrete Gestaltungsoptionen.<br />

So schlägt Philipp für<br />

das Ostviertel einen Ringverkehr u.a.<br />

durch die Halbergstraße und die Egon-<br />

Reinert-Straße vor. Dieser „Quartiersbus“<br />

wäre eine echte Aufwertung für das<br />

Viertel, ohne dass die Verbindung nach<br />

St. Arnual geschwächt würde. Nach wie<br />

vor vermissen wir ein Nachtbusangebot.<br />

Hier bleibt vor allem für junge NachtschwärmerInnen<br />

nur das eigene Auto -<br />

mit den bekannten Problemen.<br />

Das Gutachten steht zum <strong>Download</strong> auf<br />

unserer Homepage und kann auch <strong>im</strong><br />

<strong>Fraktion</strong>sbüro bestellt werden.<br />

grün: konkret. 1 / 2007 13


UMWELT & VERKEHR<br />

FOTO: GRÜNE<br />

14<br />

Die Debatte um den Flughafen Enshe<strong>im</strong><br />

Von Mücken und Elefanten<br />

Fast 70 Jahre währt nun der<br />

Versuch, in <strong>Saarbrücken</strong> einen<br />

auskömmlichen Flugverkehr zu<br />

etablieren. Das dies bislang nicht<br />

geschehen ist, lässt sich an unterschiedlichen<br />

Fakten ablesen.<br />

Da wären zunächst schlichte Zahlen:<br />

mit gerade einmal 460.000 Fluggästen<br />

<strong>im</strong> vergangenen Jahr erreichte das Enshe<strong>im</strong>er<br />

Flugplätzchen die D<strong>im</strong>ensionen<br />

eines kleineren Regionalbahnhofs.<br />

Ungefähr 1.260 Fluggäste pro Tag - das<br />

entspricht dem, was laut „Pro Bahn“ die<br />

Deutsche Bahn AG täglich an Fahrgästen<br />

zwischen den Metropolen Speyer<br />

und Germershe<strong>im</strong> transportiert. Wobei<br />

erwähnt werden muss, dass beispielsweise<br />

zwischen Trier und Perl täglich<br />

mehr <strong>als</strong> doppelt so viele BahnfahrerInnen<br />

unterwegs sind. Auch der Branchenvergleich<br />

ergibt für den internationalen<br />

Verkehrsflughafen <strong>Saarbrücken</strong> keine<br />

günstigere Perspektive: Der Flughafen<br />

Weeze-Laarbruch in der Nähe des nordrhein-westfälischen<br />

Städtchens Kleve<br />

Das „<strong>Grüne</strong> Fernrohr“ ist unser Preis für<br />

integrative Stadtentwicklung, den wir<br />

grün: konkret. 1 / 2007<br />

kommt auf knapp 600.000 Fluggäste <strong>im</strong><br />

Jahr, „richtige“ Konkurrenz, soll heißen<br />

mit <strong>Saarbrücken</strong> vergleichbare Städte<br />

wie Münster haben ein Aufkommen<br />

von rund 1,6 Millionen. Diese Vergleiche<br />

zeigen überdeutlich, dass der Flugverkehr<br />

in <strong>Saarbrücken</strong> offenbar trotz massiver<br />

Subventionierung durch Bund (Steuerfreiheit<br />

für Kerosin) und Land (8 Millionen<br />

Zuschuss <strong>im</strong> Jahr 2007) nicht akzeptiert,<br />

geschweige denn rentabel ist.<br />

Stärker auf die Schiene setzen<br />

Doch anstelle einer ängstlichen Fokussierung<br />

auf „die Arbeitsplätze“, die angeblich<br />

am Flughafen Enshe<strong>im</strong> „hängen“ - Heiko<br />

Maas (SPD) schwadroniert in diesem<br />

Zusammenhang gegenüber dem Saarländischen<br />

Rundfunk von 1.000 Jobs -<br />

wäre es sinnvoller, sich über Alternativen<br />

Gedanken zu machen. Denn die Folgen<br />

der Päppelung eines wettbewerbsunfähigen<br />

und zudem hochgradig kl<strong>im</strong>aschädlichen<br />

Verkehrsträgers versperrt<br />

vielen die Sicht auf das, was tatsächlich<br />

zur Wahl steht. Die saarländische Landes-<br />

<strong>Grüne</strong>r Stadtentwicklungspreis<br />

Grenzenlose Geographen schauen in<br />

gemeinsam mit dem grünen Kreisverband<br />

<strong>Saarbrücken</strong> Stadt in diesem Jahr<br />

Verleihung des<br />

<strong>Grüne</strong>n Fernrohrs<br />

anlässlich unseres<br />

Neujahrsempfangs<br />

an „Geographie<br />

ohne Grenzen“.<br />

Von links: Die beiden<br />

Vorsitzenden der<br />

grünen <strong>Stadtrat</strong>s-<br />

fraktion Claudia<br />

Willger-Lambert<br />

und Thomas Brück,<br />

Elke Ludewig und<br />

Markus Philipp von<br />

Geographie ohne<br />

Grenzen sowie unser<br />

<strong>Fraktion</strong>smitglied<br />

Guido Vogel.<br />

FOTO: IRIS MAURER<br />

hauptstadt wird mit dem ICE 3 ab Mitte<br />

des Jahres innerhalb von 110 Minuten<br />

von Frankfurt oder Paris aus zu erreichen<br />

sein. Wer nach München mit der Bahn<br />

fährt, ist jetzt schon effektiv (einschließlich<br />

An- und Abreise vom und zum Flughafen)<br />

schneller <strong>als</strong> mit dem Flugzeug.<br />

Nicht einmal das Ausdünnen der Fernverbindungen<br />

durch die Deutsche Bahn<br />

hat die Fahrgäste offensichtlich davon<br />

abbringen können, auch längere Strecken<br />

eben nicht „<strong>im</strong> Fluge“ sondern schnell,<br />

günstig und komfortabel zurückzulegen.<br />

Als Fazit bietet sich an, die Verhältnisse<br />

gerade zu rücken. Der Flugverkehr ist<br />

für das Saarland und die Mobilität seiner<br />

EinwohnerInnen nüchtern betrachtet<br />

anlässlich unseres Neujahrsempfangs<br />

zum ersten Mal verliehen haben. Mit dem<br />

Preis wollen wir Vereine und Organisationen<br />

auszeichnen, die sich für die integrative<br />

Entwicklung <strong>Saarbrücken</strong>s einsetzen.<br />

Der Preis geht an Initiativen, die nicht in<br />

ihrem fachspezifischen Metier stecken<br />

bleiben, sondern die verschiedenen<br />

Fachlichkeiten zusammenführen.<br />

In diesem Jahr haben wir den gemeinnützigen<br />

Verein „Geographie ohne Grenzen“<br />

ausgezeichnet. „Geographie ohne<br />

Grenzen“ leistet seit fast 10 Jahren einen<br />

wichtigen Beitrag zum nachhaltigen<br />

Regionaltourismus und zur Umweltbildung<br />

in <strong>Saarbrücken</strong>. Durch seine thematischen<br />

Führungen und Stadtteilrundgänge,<br />

die öffentlich und buchbar angeboten<br />

werden, hat er in den vergangenen<br />

Jahren Tausende von Menschen erreicht.


unbedeutend, unattraktiv - und zu teuer.<br />

Anstelle sinnfreier Punktverbindungen<br />

über wenige hundert Kilometer braucht<br />

die Region um <strong>Saarbrücken</strong> eine intelligent<br />

vernetzte differenzierte Struktur<br />

aus öffentlichem Personenverkehr sowie<br />

individuell organisiertem idealerweise<br />

unmotorisiertem Individualverkehr. Zum<br />

unausweichlichen wöchentlichen Transatlantikflug<br />

kann man dann <strong>im</strong>mer noch<br />

den TGV nach Frankfurt nehmen. Wer<br />

in der Region mobil sein will, der dürfte<br />

sich eher für eine Bahnverbindung nach<br />

Luxemburg interessieren.<br />

MARCUS BITTERLICH<br />

FINANZPOLITISCHER SPRECHER<br />

die Ferne<br />

Wir sichern dem Verein, der ehrenamtlich<br />

arbeitet, dessen Geschäftsstelle<br />

aber seit sechs Jahren teils hauptamtlich<br />

geleitet wird, unsere Unterstützung<br />

zu und appellieren an alle politisch Verantwortlichen<br />

dies ebenfalls zu tun. Die<br />

Geschäftsstelle von „Geographie ohne<br />

Grenzen“ wurde bis Anfang 2006 staatlich<br />

gefördert über ABM und SAM-Maßnahmen.<br />

Inzwischen stehen dem Verein<br />

keine Fördermittel mehr zur Verfügung.<br />

Wir sind der Meinung, dass <strong>Saarbrücken</strong><br />

weiterhin solch interessante und<br />

Rundgänge und Exkursionen braucht.<br />

Deshalb wollen wir durch den Preis auf<br />

die wertvolle Arbeit des Vereins hinweisen<br />

und für Unterstützung werben.<br />

THOMAS BRÜCK<br />

FRAKTIONSVORSITZENDER<br />

Die <strong>Grüne</strong>n vor Ort<br />

Eschberger<br />

BürgerInnen<br />

retten ihre<br />

Bäume<br />

Der SaarForst-Landesbetrieb<br />

wollte auf dem Eschberg zwischen<br />

Abenteuerspielplatz und Mecklenburgring<br />

rund 200 Bäume fällen.<br />

Begründung: Die Verkehrssicherungspflicht<br />

<strong>im</strong> Wald. Um an die<br />

kranken Bäume, die durch abfallende<br />

Äste eine Gefahr für die Menschen<br />

darstellen, heranzukommen,<br />

sollten aber auch gesunde Bäume<br />

der Säge zum Opfer fallen. Gegen<br />

diesen Kahlschlag haben die EschbergerInnen<br />

protestiert – mit Erfolg.<br />

Auf Drängen eines Bürgers, der sich über<br />

gefährliche Äste beschwerte, hat sich der<br />

SaarForst Ende des letzten Jahres auf<br />

den Eschberg begeben, um Ordnung zu<br />

schaffen. Eigentlich sollte alles glatt über<br />

die Bühne gehen: 200 Bäume waren<br />

markiert und für das Fällen vorgesehen.<br />

Schützenhilfe kam vom zuständigen<br />

Ministerium, die Bevölkerung war informiert<br />

und allen sollte klar werden, dass<br />

kleine Probleme nach großen Lösungen<br />

schreien. Doch dann kam alles ganz<br />

anderes: Mobilisiert vom Eschberger<br />

Bürger Otto Müller haben sich die EschbergerInnen<br />

organisiert und gewehrt.<br />

Was anfänglich ziemlich aussichtslos<br />

schien, hat dann auch mit unserer Unterstützung<br />

in der Presse und Kompetenz<br />

vor Ort eine so nicht erwartete Wende<br />

genommen.<br />

Kompromiss be<strong>im</strong> Ortstermin<br />

am Waldrand<br />

Die Bürgerinitiative zur Rettung des<br />

stadtnahen Waldes, der BUND sowie die<br />

Saarbrücker Zeitung haben <strong>im</strong> Januar<br />

zum Ortstermin geladen und weit über<br />

50 BürgerInnen waren da. Unterstützung<br />

erhielten die EschbergerInnen unter<br />

anderem von unserem umweltpolitischen<br />

Sprecher auf Landesebene, Klaus<br />

Borger. Vom SaarForst waren Revierleiter<br />

UMWELT & VERKEHR<br />

FOTO: GRÜNE<br />

Bodo Marschall sowie der Chef Michael<br />

Klein höchstpersönlich erschienen. Was<br />

anfänglich be<strong>im</strong> Vororttermin in der<br />

Nähe des Abenteuerspielplatzes noch<br />

<strong>als</strong> Schaulaufen des SaarForstes anfing,<br />

wurde mehr und mehr zum Schaustück<br />

für gelebten BügerInnenprotest und Mitbest<strong>im</strong>mung.<br />

Die anwesenden EschbergerInnen forderten<br />

mit Nachdruck, die Einschlagzahl<br />

von ca. 200 Bäumen erheblich zu reduzieren.<br />

Schnell wurde <strong>im</strong> Gespräch klar,<br />

dass es zum radikalen Einschlag Alternativen<br />

gibt – wenn man sie will.<br />

Klaus Borger legte dar, dass der SaarForst<br />

auch dann der Verkehrssicherungspflicht<br />

genügt, wenn er gezielte Fällungen vorn<strong>im</strong>mt<br />

und mit Hilfe von Baumsteigern<br />

die verbleibenden Äste entfernt. Die<br />

Rechtsprechung sei hier lange nicht so<br />

rigide, wie vom SaarForst befürchtet.<br />

Deutlich wurde auch, dass Waldpflege<br />

ein permanenter Prozess ist und am<br />

Eschberg die letzten Jahre einiges versäumt<br />

wurde.<br />

Vielleicht hatten die Vertreter des Saar-<br />

Forstes nicht damit gerechnet, dass die<br />

berechtigte Bürgermeinung mit solch<br />

fundierter Fachmeinung untermauert<br />

war. Für sie gab es am Ende der Bürgerversammlung<br />

nur noch die Möglichkeit,<br />

der Forderung der EschbergerInnen<br />

nachzukommen: Die zu fällenden Bäume<br />

werden unter der Beteiligung der BürgerInnen<br />

neu ausgewählt mit dem Ziel der<br />

Einschlagreduzierung.<br />

Der Abend am Eschberg war für mich ein<br />

Signal, dass BürgerInnen viel bewirken<br />

können, wenn sie sich trauen, organisieren<br />

und fachkompetent verstärken.<br />

GUIDO VOGEL<br />

UMWELTPOLITISCHER SPRECHER<br />

grün: konkret. 1 / 2007 15


16<br />

SOZIALPOLITIK<br />

Mit Maßnahmenkatalog und Prävention die Drogenhilfe opt<strong>im</strong>ieren<br />

Straßenprostitution am Drogenhilfezentrum<br />

wird verlagert<br />

Vor genau einem Jahr haben wir<br />

an dieser Stelle („grün: konkret“<br />

1/2006) über die Problematik des<br />

Drogenhilfezentrums (DHZ) berichtet.<br />

Erfreulicherweise gibt es nun<br />

ein Konzept zur Entlastung der<br />

AnwohnerInnen und zur Opt<strong>im</strong>ierung<br />

der Drogenhilfe. Wichtig<br />

bleibt nach wie vor die Prävention.<br />

Im Herbst letzten Jahres wurde einst<strong>im</strong>mig<br />

ein Maßnahmenkatalog verabschiedet,<br />

um die Situation der AnwohnerInnen<br />

in der Umgebung des DHZ zu entlasten<br />

und die Drogenhilfe zu verbessern.<br />

Wir haben einen solchen Maßnahmenkatalog<br />

<strong>im</strong>mer wieder gefordert und freuen<br />

uns, dass sich die Finanzierungsträger<br />

Stadt, Stadtverband und Land an einen<br />

Tisch gesetzt haben und zusammen mit<br />

der Polizei richtige Lösungsansätze auf-<br />

gezeigt haben. Dazu gehört unter anderem<br />

die Verlagerung der Straßenprostitution<br />

auf ein gesichertes Terrain, die<br />

wir <strong>im</strong>mer wieder gefordert haben, um<br />

die Prostituierten vor gewalttätigen Freiern<br />

zu schützen und die AnwohnerInnen<br />

rund um das DHZ vom Freiersuchverkehr<br />

zu entlasten.<br />

Weitere wichtige Punkte des Konzeptes<br />

<strong>im</strong> DHZ sind:<br />

• Geänderte Nutzungsbedingungen<br />

grün: konkret. 1 / 2007<br />

• Opt<strong>im</strong>iertes Qualitätsmanagement<br />

• Verstärkte Reinigung <strong>im</strong> Umfeld<br />

• Ausschluss von Nicht-SaarländerInnen<br />

aus der Nutzung<br />

• Auflösung wilder Druckplätze durch<br />

grünpflegerische und bauliche Maßnahmen<br />

• Dezentralisierung der Drogenhilfe<br />

• Verstärkte Präsenz der Polizei<br />

Bei den genannten Maßnahmen handelt<br />

es sich um einen Mix aus sozialarbeiteri-<br />

schen, baulich-technischen<br />

und repressiven Instrumenten.<br />

Erste sichtbare Maßnahmen<br />

sind die Errichtung eines Zaunes<br />

gegenüber dem DHZ und die Verlagerung<br />

des Straßenstriches.<br />

Es bleibt abzuwarten, ob unsere Kolleginnen<br />

und Kollegen aus Rheinland-Pfalz<br />

auch weiterhin leugnen, ein Drogenproblem<br />

zu haben und daher keine Veranlassung<br />

sehen,<br />

aktiv bei<br />

der Bewäl-<br />

tigung desselben<br />

zu<br />

FOTO: HONK<br />

werden.<br />

Mit Spannung erwarten wir nun eine<br />

erste Auswertung der Erfahrungen mit<br />

der neuen Situation.<br />

Auf Prävention setzen<br />

Die Straßenprostitution<br />

wurde auf<br />

das ehemalige<br />

Hela-<br />

Gelände<br />

verlegt.<br />

Von besonderer Bedeutung ist be<strong>im</strong><br />

Thema Drogen die Prävention. Die „Aktionsgemeinschaft<br />

Drogenberatung e.V.“<br />

(AGD) ist hierfür eine wichtige Anlaufstelle.<br />

Sie ist Trägerin von vier ambulanten<br />

Suchthilfeeinrichtungen <strong>im</strong> Stadt-<br />

verband <strong>Saarbrücken</strong> und betreut<br />

junge Erwachsene und deren Angehörige<br />

bzw. Bezugspersonen. Zu diesem<br />

Zweck betreibt sie zwei Beratungsstellen<br />

in <strong>Saarbrücken</strong> und Völklingen. Außerdem<br />

verfügt sie über eine Fachstelle für<br />

Suchtprävention und leistet zudem aufsuchende<br />

Drogenberatung in der Justizvollzugsanstalt.<br />

Die Aktionsgemeinschaft Drogenberatung<br />

hat festgestellt, dass der Einstieg<br />

der Jugendlichen in<br />

den Drogenkonsum<br />

<strong>im</strong>mer früher stattfindet<br />

und der Cannabiskonsum <strong>im</strong>mer<br />

problematischer wird. Damit verbunden<br />

ist eine Häufung von Doppeldiagnosen<br />

<strong>im</strong> Bereich drogeninduzierter Psychosen.<br />

Es ist zu beobachten, dass an Stelle des<br />

alterstypischen Probierverhaltens bei<br />

jungen Menschen intensiver Substanzgebrauch<br />

zun<strong>im</strong>mt, der darauf abzielt,<br />

den größtmöglichen Substanzwirkeffekt<br />

zu erreichen. Erschwerend kommt hinzu,<br />

dass auf Grund selektiver Züchtungen<br />

der Gehalt an dem berauschenden Wirkstoff<br />

THC erheblich angestiegen ist.<br />

Körperliche, seelische und soziale Entwicklungsverzögerungen<br />

bzw. -störungen<br />

können hier <strong>als</strong> -oftm<strong>als</strong> lebenslange-<br />

Folge auftreten. Dies bedeutet, dass es<br />

höchste Zeit wird, dass auch sozialpolitisch<br />

die Rolle und Bedeutung der Frühintervention<br />

erkannt wird.<br />

Diesem Aspekt sollte eine ebenso große<br />

Relevanz zugesprochen werden wie<br />

dem Aspekt der Rehabilitation bzw. dem<br />

der Überlebenshilfe. Besonders besorgniserregend<br />

ist der Umstand, dass <strong>im</strong>mer<br />

mehr Kinder und Jugendliche sehr früh<br />

beginnen, Erfahrungen mit Suchtmitteln<br />

zu sammeln. Bei den von der Aktionsgemeinschaft<br />

Drogenberatung beratenen<br />

Personen hatten bereits vor Vollendung<br />

des 15. Lebensjahres 64,5 Prozent Erfahrungen<br />

mit Alkohol, 41,2 Prozent mit<br />

Cannabis, 57,1 Prozent Erfahrungen mit<br />

Halluzinogenen, 63,6 Prozent mit Tabak,<br />

14,3 Prozent mit Crack und <strong>im</strong>merhin<br />

schon 6,0 Prozent mit Heroin.<br />

„Gute Drogenhilfe muss bei<br />

der Prävention ansetzen.“


Erfolgreiche Therapie<br />

Diesen Horrorzahlen stehen jedoch auch<br />

positive Ergebnisse der Aktionsgemeinschaft<br />

Drogenberatung entgegen:<br />

Bei planmäßiger Beendigung der Beratungs-<br />

und Therapiemaßnahmen hatten<br />

<strong>im</strong>merhin 66,7 Prozent der Betreuten<br />

eine Suchmittelabstinenz erreicht. Eine<br />

Besserung des früheren Konsummusters<br />

war in 27,9 Prozent der Fälle eingetreten,<br />

bei 5,4 Prozent der Betreuten gab<br />

es keine Veränderung, verschlechtert hat<br />

sich der Zustand bei keinem.<br />

Dies belegt, dass die Drogenberatung<br />

ein fundamentales und elementares Versorgungsangebot<br />

für junge Erwachsene<br />

und Jugendliche in kritischen Schwellensituationen<br />

und alterstypischen Entwicklungskonflikten<br />

darstellt. Die Beratung<br />

ist damit ein unverzichtbares Grundelement<br />

der sozialen Infrastruktur in<br />

<strong>Saarbrücken</strong>. Auch wenn sie fiskalisch<br />

unter dem Titel der freiwilligen sozialen<br />

Leistungen subsumiert werden, leisten<br />

die Beratungsstellen durch ihre Frühintervention<br />

wie auch durch die Präventionskräfte<br />

einen wesentlichen Beitrag<br />

zur Entwicklungsförderung junger Menschen.<br />

Damit erweist sich das Angebot<br />

der Aktionsgemeinschaft Drogenberatung<br />

<strong>als</strong> eine sinnvolle, effektive und vor<br />

allen Dingen auch ökonomische Investition,<br />

weil das dafür eingesetzte Geld vielfache<br />

Folgekosten einspart.<br />

KARIN BURKART<br />

GESUNDHEITSPOLITISCHE SPRECHERIN<br />

Frauentag 2007<br />

FRAUEN & MÄNNER<br />

100 Prozent Lohngerechtigkeit<br />

jetzt!<br />

Frauen verdienen in Deutschland<br />

<strong>im</strong>mer noch 26 Prozent weniger <strong>als</strong><br />

Männer - auch bei gleichwertiger<br />

Arbeit. Das ist ungerecht, diskr<strong>im</strong>iniert<br />

Frauen und schadet der Volkswirtschaft.<br />

Wir haben das Thema<br />

Lohngerechtigkeit deshalb am Frauentag<br />

in den Mittelpunkt gestellt.<br />

Während Eva Hermann weiter von einer<br />

antifeministischen Rückkehr in die Steinzeit<br />

träumt, scheinen Frauenfragen aufgrund<br />

des demografischen Wandels<br />

plötzlich wieder interessant zu werden.<br />

Das ehem<strong>als</strong> „schrödersche Gedöns“<br />

entwickelt sich zum<br />

sexy Politikfeld und<br />

auch der Frauentag<br />

ist wieder hip. Geht<br />

es in der aktuellen Debatte aber wirklich<br />

um mehr Gerechtigkeit und die Verbesserung<br />

der weiblichen (und männlichen)<br />

Lebensumstände? Auffällig ist,<br />

dass erstaunlich wenig über Lohngerechtigkeit<br />

geredet wird. Und dabei ist es<br />

höchste Zeit, hier endlich zu handeln.<br />

Krasse Einkommensunterschiede<br />

„Die Männerdominanz<br />

in der Wirtschaft<br />

hemmt die Innovation.“<br />

In W<strong>im</strong>bledon erhalten die Frauen in<br />

diesem Jahr erstm<strong>als</strong> die gleichen Preisgelder<br />

wie die Männer. Damit haben<br />

die Tennisspielerinnen, die auch bei<br />

den anderen Grand-Slam-Turnieren<br />

den gleichen Lohn für gleiche Arbeit<br />

bekommen, nicht nur den Fußballerinnen,<br />

sondern den meisten berufstätigen<br />

Frauen in Deutschland etwas<br />

voraus. Der Einkommensunterschied<br />

zwischen Frauen und Männern steigt<br />

in Deutschland wieder an und jede<br />

dritte Vollzeitbeschäftigte arbeitet<br />

zu Niedriglöhnen. Durchschnittlich<br />

erhalten Frauen 26 Prozent weniger<br />

Einkommen <strong>als</strong> Männer – auch bei<br />

gleichwertiger Arbeit. Damit liegt<br />

Deutschland auf dem letzten Platz in<br />

Europa – nirgendwo sonst sind die<br />

Lohnunterschiede größer. Bereits<br />

vor 50 Jahren haben die Gründungs-<br />

staaten der Europäischen Union in den<br />

Römischen Verträgen das Ziel der Lohngleichheit<br />

festgeschrieben. Bisher ist dies<br />

in keinem Land der EU erreicht. Während<br />

andere europäische Länder wie Frankreich<br />

und Spanien jedoch damit begonnen<br />

haben, mit gesetzlichen Maßnahmen<br />

gegen die indirekte Diskr<strong>im</strong>inierung<br />

von Frauen in der Arbeitswelt per<br />

Gesetz vorzugehen, legt die Bundesregierung<br />

die Hände in den Schoß.<br />

Frauen in Führungspositionen<br />

Die Gehaltsunterschiede sind interessanterweise<br />

umso größer, je höher die Posi-<br />

tionen sind – wobei Deutschland<br />

auch be<strong>im</strong> Anteil weiblicher<br />

Führungskräfte großen<br />

Nachholbedarf hat. Die Vorstände<br />

der Dax30-Unternehmen sind zurzeit<br />

ausschließlich von Männern besetzt.<br />

Damit liegen wir <strong>im</strong> internationalen Ranking<br />

hinter Saudi-Arabien. In Unternehmen<br />

mit über 500 MitarbeiterInnen liegt<br />

der Anteil der weiblichen Führungskräfte<br />

bei gerade vier Prozent. Das ist nicht<br />

nur ungerecht, sondern auch volkswirtschaftlich<br />

unsinnig. Denn es ist erwiesen,<br />

dass die Männerdominanz in den<br />

Führungsetagen hinderlich für die Entwicklung<br />

der Unternehmen ist. Die Wirtschaft<br />

kann mit gemischten Teams innovativer<br />

sein und <strong>im</strong> internationalen Wettbewerb<br />

besser bestehen. Wirtschaft und<br />

Gesellschaft können es sich nicht länger<br />

leisten, auf das Potenzial der hoch qualifizierten<br />

Frauen zu verzichten. Deshalb<br />

brauchen wir klare gesetzliche Vorgaben<br />

auch für die Privatwirtschaft. Unternehmen,<br />

die die Gleichstellung aktiv fördern,<br />

müssen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge<br />

bevorzugt behandelt werden.<br />

Die Frage der Lohngerechtigkeit kann<br />

nicht allein auf nationaler Ebene geklärt<br />

werden, sondern muss europaweit thematisiert<br />

werden. Dafür bietet sich die<br />

deutsche EU-Ratspräsidentschaft <strong>im</strong> Jahr<br />

der Chancengleichheit geradezu an.<br />

TINA SCHÖPFER<br />

FRAKTIONSGESCHÄFTSFÜHRERIN<br />

grün: konkret. 1 / 2007 17


GESUNDHEITSPOLITIK<br />

18<br />

Diskussion um Privatisierung schadet dem Winterberg-Klinikum<br />

Gesundheit ist keine Ware<br />

„Das Winterberg-<br />

Klinikum ist gut<br />

aufgestellt und braucht<br />

keine Privatisierung.“<br />

KARIN BURKART<br />

GESUNDHEITSPOLITISCHE SPRECHERIN<br />

Die von der CDU-FDP-Koalition<br />

angefachte Diskussion um eine<br />

Privatisierung des Winterberg-Klinikums<br />

ist sowohl für das Klinikum<br />

selbst <strong>als</strong> auch für die Gesundheitsvorsorge<br />

in der Landeshauptstadt<br />

brandgefährlich. Welche negativen<br />

Folgen Privatisierungen von<br />

Kliniken haben, zeigen nationale<br />

und internationale Beispiele.<br />

Das deutsche Gesundheitswesen durchlebt<br />

einen aufwändigen Wandlungsprozess.<br />

Dies bedeutet Anpassung an technische<br />

und wissenschaftliche Neuerungen.<br />

Krankheit soll vorgebeugt, Gesundheit<br />

erhalten oder wiederhergestellt<br />

werden. Die Qualität des Systems soll<br />

stetig weiter gesteigert werden. Gleichzeitig<br />

besteht eine zunehmende Orientierung<br />

an Kosteneinsparungen<br />

und/oder Leistungsreduzierung.<br />

grün: konkret. 1 / 2007<br />

Bezeichnenderweise wird jedoch zuerst<br />

an diesen Punkt gedacht, wenn über<br />

Gesundheit diskutiert wird. Gesundheit<br />

wird damit zu einem Kostenfaktor. Und<br />

dies mit dem Wissen, dass in den Industriestaaten<br />

die Menschen <strong>im</strong>mer älter<br />

werden und in der Folge für die Erhaltung<br />

bzw. Wiedererlangung der Gesundheit<br />

ständig steigende Kosten zu erwarten<br />

sind.<br />

Privatisierung <strong>als</strong> Antwort<br />

auf umkämpften<br />

Gesundheitsmarkt“<br />

Die finanzielle Situation vieler Krankenhäuser<br />

ist dramatisch. Nach über zehnjähriger<br />

Budgetierung stehen die Häuser<br />

mit dem Rücken an der Wand. Hinzu<br />

kommt, dass sie sich zunehmend verschulden<br />

müssen, weil der Staat <strong>im</strong>mer<br />

weniger Geld zuschießt. Nach einer<br />

Umfrage schreiben ca. 80 Prozent der Kliniken<br />

<strong>im</strong> von der gesetzlichen Krankenversicherung<br />

finanzierten Budget rote<br />

Zahlen. Bereits jedes vierte Krankenhaus<br />

ist gezwungen, das Weihnachtsgeld zu<br />

streichen.<br />

Um in diesem national und international<br />

heiß umkämpften „Gesundheitsmarkt“<br />

mithalten zu können, werden<br />

verschiedene Überlegungen angestellt:<br />

eine davon heißt Privatisierung; bietet<br />

sie doch enorme Ein-<br />

sparmöglichkeiten – vor allem <strong>im</strong> Personalbereich.<br />

Personalabbau in großem<br />

Maßstab und Kollektivverträge, die in<br />

jeder Hinsicht deutlich schlechter sind<br />

<strong>als</strong> die vorhandenen, drohen.<br />

Privatisierung <strong>im</strong> Bereich der Versorgungsstrukturen<br />

bedeutet, dass Einrichtungen<br />

der medizinischen Versorgung<br />

von der öffentlichen in private Trägerschaften<br />

übergehen. Diese Entwicklung<br />

betrifft das Gesundheitswesen sektorenübergreifend,<br />

wirkt sich jedoch <strong>im</strong><br />

Moment <strong>im</strong> Krankenhausbereich besonders<br />

auffällig aus. Über die Trägerschaften<br />

bzw. Eigentumsverteilungen der einzelnen<br />

Krankenhäuser geben die verfügbaren<br />

Statistiken zuverlässig Auskunft<br />

und damit kann ein allgemeiner<br />

Trend zur Privatisierung durchaus<br />

belegt werden. Die tatsächlichen Auswirkungen<br />

auf die Arbeitsbedingungen<br />

in privatisierten Einrichtungen lassen<br />

sich nur schwer abschätzen. Eine Empirie<br />

der Krankenhausprivatisierung kann<br />

bisher nur fallstudienartig orientiert sein.<br />

Dafür dienen die bisherigen Beispiele,<br />

die zumindest sehr schnell zum Widerstand<br />

der Beschäftigten und damit zu<br />

einer öffentlichen Thematisierung führten.<br />

Die Pri- vatisierung<br />

der Ham- burger<br />

Landes-<br />

FOTO: BECKER & BREDEL


etriebskrankenhäuser ist hier beispielgebend.<br />

Das zurzeit größte deutsche Klinikunternehmen<br />

„Asklepios“ hält 49,9<br />

Prozent des Landesbetriebes und wird<br />

ab 2007 74,9 Prozent der Anteile übernehmen.<br />

Der Hamburger Landesbetrieb<br />

hat bereits die bestehende Tarifbindung<br />

aufgelöst. Zudem entpuppt sich der Verkauf<br />

bereits jetzt für die Stadt <strong>als</strong> ein Fass<br />

ohne Boden.<br />

Privatisierung stellt<br />

Arbeitsplätze in Frage<br />

Wie bei der geplanten Privatisierung der<br />

Uni-Klinik Giessen/Marburg wird eine<br />

Reduzierung der Gehälter, der Abbau<br />

von Stellen, eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit,<br />

die Streichung von Schicht-<br />

und Überstundenzulagen, eine grundsätzliche<br />

Befristung von Arbeitsverträgen<br />

sowie die Verkürzung von Kündigungsfristen<br />

angestrebt. Die Loslösung<br />

aus einer tarifrechtlichen Bindung ist<br />

indes kein alleiniges Merkmal privatisierter<br />

Einrichtungen.<br />

Die Privatisierung <strong>als</strong> neoliberaler Ansatz<br />

bietet einen Blick auf US-amerikanische<br />

Verhältnisse geradezu an. Die USA<br />

wenden heute rund 15 Prozent ihres<br />

Bruttoinlandproduktes für Gesundheitsaufgaben<br />

auf. Sie sind damit Spitzenreiter<br />

<strong>im</strong> Vergleich aller OECD-Länder. Gleichzeitig<br />

ist der Wirkungsgrad ihres weitgehend<br />

marktregulierten, <strong>als</strong>o privatisierten<br />

Systems der gesundheitlichen Sicherung<br />

einer der ineffektivsten. Rund 45<br />

Millionen aller AmerikanerInnen waren<br />

<strong>im</strong> Jahr 2005 nicht krankenversichert und<br />

die durchschnittliche Säuglingssterblichkeit<br />

befindet sich auf dem Niveau eines<br />

Entwicklungslandes. Die Neoliberalisierung<br />

von Gesundheit droht Solidaritätsstrukturen<br />

zu zersetzen, die sehr wohl<br />

<strong>als</strong> Qualitätsmerkmal einer Gesellschaft<br />

und ihres Systems der sozialen Sicherung<br />

anzusehen sind. Auf solche Gefahren<br />

muss dringend hingewiesen werden.<br />

Zusammenfassend bleibt<br />

festzustellen:<br />

Privatisierung führt in der Regel zu<br />

• Gewinnabschöpfung durch Investoren.<br />

Ein privater Träger will und muss<br />

Gewinne erwirtschaften.<br />

• Qualitätsverlust der Patientenversorgung.<br />

Die Sterblichkeit in gewinnori-<br />

entierten Kliniken ohne Gemeinwohlverpflichtungen<br />

stieg einer Studie aus<br />

dem Jahr 2.002 mit mehr <strong>als</strong> 38 Millionen<br />

Amerikanern zufolge um 2 Prozent.<br />

• Abbau der Arbeitsplätze und Lohndumping<br />

mit unterbezahltem,<br />

schlecht ausgebildetem Personal. Mit<br />

der Drohung, ohne Investitionen und<br />

ohne deutliche Absenkung der Personalkosten<br />

stehe die Existenz des Krankhauses<br />

und damit der Arbeitsplätze auf<br />

dem Spiel, werden die Belegschaften<br />

einzelner Krankenhäuser in einen Verdrängungswettbewerb<br />

geschickt.<br />

• Gefährdung der Grundversorgung<br />

und Einschränkung des medizinischen<br />

Spektrums. Großes Einsparpotenzial<br />

bietet die Reduzierung der<br />

fachabteilungsindividuellen Verweildauer<br />

der Patientinnen und Patienten<br />

in Verbindung mit einem verbesserten<br />

Auslastungsgrad der Betten. Befindet<br />

sich das zu erwerbende Krankenhaus<br />

in der Nähe einer oder mehrerer<br />

Kliniken, welche bereits dem Erwerber<br />

gehören, so besteht die Möglichkeit<br />

der Reduzierung von mehrfach vorgehaltenen<br />

Fachabteilungen. Der Ver-<br />

kauf zieht mittelfristig die Gefährdung<br />

des Standortes nach sich, da formal<br />

eine Versorgung der Bevölkerung<br />

erreichbar wäre. Eine Monopolstellung<br />

ist die Folge.<br />

• Wegfall der öffentlichen Kontrolle.<br />

Oberstes Ziel der potenziellen strategischen<br />

Partner ist eine hohe Eigenkapitalrendite,<br />

die über alle anderen Ziele<br />

gestellt wird. Eine Kontrolle ist durch<br />

keinerlei Maßnahmen und Verträge zu<br />

sichern.<br />

• Benachteiligung regionaler Handwerksbetriebe<br />

und Zulieferer. Bei den<br />

Sachkosten ergeben sich Einsparpotenziale<br />

durch die Ausnutzung erzielbarer<br />

Größenvorteile. Der Erwerber erlangt<br />

eine stärkere Position gegenüber von<br />

Lieferanten. (Quelle: Unternehmensbewertung<br />

von Krankenhäusern, Trutz-<br />

Fries, Arbeitsbericht Nr. 3).<br />

• Insolvenz und Schließung, falls der<br />

erwartete Profit ausbleibt. Die Krankenhäuser<br />

fallen dann entsprechend<br />

dem gesetzlichen Versorgungsauftrag<br />

–mit allen Problemen– auf die öffentliche<br />

Hand zurück.<br />

GESUNDHEITSPOLITIK<br />

Die öffentliche Hand kann gute<br />

Alternativen dagegen setzen:<br />

• Sie muss keine Steuern zahlen und<br />

damit keine Gewinne abführen. Diese<br />

bleiben erhalten oder können an den<br />

Träger ausgeschüttet werden.<br />

• Auch kommunale Krankenhäuser können<br />

kostendeckend, wettbewerbsfähig<br />

und wirtschaftlich zugleich arbeiten<br />

und daneben ihrem sozialpolitischen<br />

Anspruch gerecht werden.<br />

• Kliniken können Patientenzahlen steigern<br />

- z.B. durch Einbeziehung der niedergelassenen<br />

Ärztinnen und Ärzte, Einführung<br />

neuer Spezialgebiete, durch<br />

BelegärztInnen, Tagesklinik und Pflege.<br />

• Gleichberechtigte Kooperation mit<br />

Krankenhäusern der Region.<br />

• Effektives Management und transparente<br />

Entscheidungsstrukturen können<br />

auch ohne private Trägerschaft<br />

weiterentwickelt werden.<br />

Winterberg meistert<br />

Herausforderungen auch ohne<br />

Privatisierung<br />

Das Winterberg-Klinikum hat in den letzten<br />

Jahren unter großen Kraftanstrengungen<br />

aller MitarbeiterInnen erhebliche<br />

Strukturverbesserungen umgesetzt.<br />

Die Landeshauptstadt muss weder Defizite<br />

zu Lasten des Haushaltes ausgleichen<br />

noch in größerem Umfang Investitionen<br />

tätigen.<br />

Mit der von CDU und FDP gewünschten<br />

Privatisierung würden aus Steuermitteln<br />

finanzierte Gebäude verscherbelt und die<br />

Stadt würde sich zu Lasten der Beschäftigen<br />

und der Patientenversorgung aus<br />

der Verantwortung stehlen. Es stellt sich<br />

die Frage, ob die Situation des Klinikums<br />

von der CDU-FDP-Koalition bewusst<br />

schlecht geredet wird, um in der Öffentlichkeit<br />

politisch motivierte Entscheidungen<br />

besser verkaufen zu können. Für<br />

eine Privatisierung des Klinikums gibt es<br />

aus unserer Sicht keinerlei Anlass. Das Klinikum<br />

ist hervorragend positioniert und<br />

kann die Herausforderungen der Zukunft<br />

gewiss auch ohne Privatisierung bewältigen.<br />

Das Klinikum hat der medizinischen<br />

Versorgung der Bevölkerung und nicht<br />

dem Profit von Investoren zu dienen.<br />

Mit Spannung erwarten wir die Ergebnisse<br />

des von der CDU-FDP-Koalition<br />

geforderten Beraters.<br />

grün: konkret. 1 / 2007 19


20<br />

GASTKOMMENTAR<br />

Gemeinwesenarbeit in <strong>Saarbrücken</strong><br />

Besser mit dem<br />

sozialen Kapital<br />

der Stadt arbeiten,<br />

statt es zu gefährden!<br />

VON ARMIN KUPHAL,<br />

GEMEINWESENARBEIT<br />

WACKENBERG<br />

Es gibt wahrscheinlich<br />

keine Stadt in<br />

Deutschland, die so<br />

lange und so konsequent<br />

auf Gemeinwesenarbeit setzt<br />

wie die Landeshauptstadt <strong>Saarbrücken</strong><br />

– und das aus guten Gründen:<br />

Weil es keine bessere Methode<br />

gibt, an Menschen heranzukommen<br />

und mit ihnen zusammen in<br />

einem überschaubaren Raume die<br />

Lebensverhältnisse zu verbessern.<br />

Gemeinwesenarbeit stellt viele<br />

sehr unbürokratische Hilfen und<br />

sie hält Stadtteile entgegen vieler<br />

Widrigkeiten zusammen. Deswegen<br />

wäre die politische Mehrheit <strong>im</strong><br />

Saarbrücker <strong>Stadtrat</strong> gut beraten,<br />

wenn sie mit dem sozialen Kapital<br />

der Gemeinwesenarbeit arbeiten<br />

und es mehren würde, statt es<br />

durch Kürzungen zu gefährden.<br />

In der Stadt <strong>Saarbrücken</strong> begann die<br />

Gemeinwesenarbeit, üblicherweise <strong>als</strong><br />

„GWA“ abgekürzt, mit der Gründung der<br />

PÄDSAK (Pädagogisch-Soziale Aktionsgemeinschaft<br />

e.V.) <strong>im</strong> Frühjahr 1971. In<br />

der Folgezeit kamen weitere sechs Projekte<br />

mit unterschiedlichen Trägern<br />

hinzu – mit einer jeweils eigenen Entstehungsgeschichte<br />

und je nach Ort etwas<br />

unterschiedlicher Ausgestaltung. Auf der<br />

Folsterhöhe entstand das „Kontaktzentrum“<br />

der Caritas, <strong>im</strong> unteren M<strong>als</strong>tatt das<br />

„Stadtteilbüro“ (Diakonisches Werk), <strong>im</strong><br />

oberen M<strong>als</strong>tatt die „Zukunftsarbeit Molschd“<br />

(mit gleichnamigen Träger ZAM),<br />

in Alt-<strong>Saarbrücken</strong> das „Stadtteilbüro“<br />

(Paritätische Gesellschaft für Gemeinwesenarbeit),<br />

in Burbach die „Gemeinwe-<br />

grün: konkret. 1 / 2007<br />

senarbeit Burbach“ (in gemeinsamer Trägerschaft<br />

von Caritas und Diakonischem<br />

Werk) und in Brebach das „BürgerInnenzentrum“<br />

(Diakonisches Werk).<br />

BürgerInnen vor Ort<br />

unbürokratisch helfen<br />

Als „Grundausstattung“ eines Gemeinwesenprojektes<br />

gilt in <strong>Saarbrücken</strong>: eine<br />

Sozialberatungsstelle, eine Stelle für die<br />

Arbeit mit Kindern und eine Stelle für die<br />

Arbeit mit Erwachsenen. In jedem Projekt<br />

wird eine Stadtteilzeitung herausgegeben.<br />

Insbesondere in den<br />

Stadtteilblättern wird der<br />

Arbeitsansatz der Gemeinwesenarbeit<br />

sichtbar: die<br />

Stadtteile und ihre Menschen<br />

in Wert zu setzen, die Probleme zu<br />

benennen, aber die Betroffenen nicht zu<br />

beschämen und zu denunzieren.<br />

Zu der regulären Ausstattung kommen<br />

regelmäßig weitere aus Drittmitteln bzw.<br />

aus zusätzlichen Verträgen finanzierte<br />

Aktivitäten – wie zum Beispiel die Trägerschaft<br />

von Schülerhilfen, die Unterhaltung<br />

der „Kultur- und Lesetreffs“ und<br />

die Einrichtung von Beschäftigungsprojekten.<br />

Die Bezeichnung „Projekte“ ist<br />

aus der Anfangszeit erhalten geblieben<br />

– längst handelt es sich um beständige<br />

Dienste und Einrichtungen.<br />

Gemeinwesenarbeit in Gefahr<br />

Über zwanzig Jahre wurde die Gemeinwesenarbeit<br />

<strong>als</strong> so genannte freiwillige<br />

Leistung der Landeshauptstadt <strong>Saarbrücken</strong><br />

finanziert – mit den entsprechenden<br />

Unsicherheiten bei der Aufstellung<br />

des Haushaltes. Seit 1994 hat die Landeshauptstadt<br />

<strong>Saarbrücken</strong> Leistungsverträge<br />

mit den Trägern. Geschlossen<br />

wurden sie mit der Zust<strong>im</strong>mung aller<br />

<strong>Fraktion</strong>en <strong>im</strong> <strong>Stadtrat</strong>. Als „unverzicht-<br />

„Die Gemeinwesenarbeit<br />

darf nicht kaputt<br />

gekürzt werden!“<br />

barer Bestandteil der sozialen Infrastruktur<br />

<strong>Saarbrücken</strong>s“ werden die Projekte<br />

<strong>im</strong>mer wieder herausgestellt und weit<br />

über die Grenzen der Stadt hinaus wird<br />

die Saarbrücker Gemeinwesenarbeit <strong>als</strong><br />

vorbildlich bewertet. Aber: Kaum dass<br />

sie die Mehrheit <strong>im</strong> <strong>Stadtrat</strong> hatten, setzten<br />

CDU und FDP durch, dass die Stadt<br />

die jeweils auf fünf Jahre abgeschlossenen<br />

Verträge fristgemäß zum Ende 2008<br />

kündigt – und so haben die Träger seit<br />

Dezember 2005 die Kündigung auf dem<br />

Tisch.<br />

Diese Kündigung ist mit sehr viel Kritik<br />

bedacht worden, von politischer wie von<br />

fachlicher Seite. Denn man setzt ein so<br />

erfolgreiches Programm wie die Gemeinwesenarbeit<br />

nicht aufs Spiel. „Aber wir<br />

wollen doch die Gemeinwesenarbeit in<br />

<strong>Saarbrücken</strong> keineswegs platt machen“,<br />

heißt es dazu stereotyp bei CDU und<br />

FDP, man müsse nur sparen. Und dann<br />

kommen mal wieder die 20 Prozent<br />

ins Spiel, um welche die Mittel für die<br />

Gemeinwesenarbeit gekürzt werden<br />

sollen. Als könne man aus<br />

ohnehin nicht üppig finanzierter<br />

Ausstattung einfach<br />

mal ein Fünftel der Mittel<br />

kürzen.<br />

Mit Blick auf ihre Finanzen haben die<br />

Gemeinwesenträger schon mehrfach<br />

eine Rückfrage gestellt, die freilich nicht<br />

beantwortet wurde: „Wo sollen wir denn<br />

noch sparen?“ – fragen sie und verweisen<br />

darauf, dass die Sachmittel, die sie<br />

von der Stadt für ihre Leistungen erhalten,<br />

auf den Ansätzen von 1997 (!) beruhen<br />

und von Anbeginn an nicht erhöht<br />

Die sieben Gemeinwesenprojekte<br />

in <strong>Saarbrücken</strong><br />

Gemeinwesenarbeit Wackenberg<br />

PÄDSAK e. V.<br />

Rubensstraße 64; 66119 <strong>Saarbrücken</strong><br />

Tel. 0681/85909-0<br />

paedsak@quarternet.de<br />

Kontaktzentrum Folsterhöhe<br />

Hirtenwies 11; 66117 <strong>Saarbrücken</strong><br />

Tel. 0681/56429<br />

caritasfolsterhoehe@quarternet.de<br />

Stadtteilbüro M<strong>als</strong>tatt<br />

Breite Straße 63; 66115 <strong>Saarbrücken</strong><br />

Tel. 0681/94735-0<br />

sbm@quarternet.de


FOTO: WACKENBERGER ECHO<br />

Eine der Aufgaben der Gemeinwesenarbeit:<br />

Kinder und ihre Eltern <strong>im</strong> Stadtteil stark machen!<br />

wurden. Zum Ende der Vertragslaufzeit<br />

hat man dann 11 Jahre ohne Anpassung<br />

des Budgets hinter sich, was bei den seither<br />

stattgefundenen Preissteigerungen<br />

faktisch eine erhebliche Kürzung des<br />

Budgets ist.<br />

CDU-FDP-Koalition verschweigt,<br />

was sie will<br />

Und man wolle mit den Trägern über den<br />

Inhalt der Verträge sprechen, heißt es bei<br />

CDU und FDP. Natürlich - wer bezahlt, der<br />

bestellt auch. Doch was will die <strong>Stadtrat</strong>smehrheit<br />

in Sachen Gemeinwesenarbeit<br />

eigentlich? Sehr viel gesprochen<br />

wurde trotz nachdrücklicher Bitten seitens<br />

der Träger in der Zwischenzeit nicht.<br />

Inhaltliche Positionen der beiden Mehrheitsfraktionen<br />

waren nicht zu erkennen.<br />

Außer dass die Gemeinwesenarbeit<br />

vielleicht auch noch die Aufgaben<br />

einer städtischen Altenhilfe mit übernehmen<br />

könnte. Ähnliches war auch<br />

Stadtteilbüro Alt-<strong>Saarbrücken</strong><br />

Gersweiler Straße 7; 66117 <strong>Saarbrücken</strong><br />

Tel. 0681/51252<br />

GWA-Altsaarbruecken@quarternet.de<br />

Zukunftsarbeit Molschd - ZAM e.V.<br />

Alte Lebacher Str. 14; 66113 <strong>Saarbrücken</strong><br />

Tel. 0681/761 56-0<br />

ZAMGWA@quarternet.de<br />

Gemeinwesenarbeit Burbach<br />

Bergstraße 6; 66115 <strong>Saarbrücken</strong><br />

Tel. 0681/76195-0<br />

gwaburbach@quarternet.de<br />

BürgerInnenZentrum Brebach<br />

Saarbrücker Str. 62; 66130 <strong>Saarbrücken</strong><br />

Tel. 0681/87764<br />

bzb@quarternet.de<br />

schon von der SPD und der Oberbürgermeisterin<br />

zu hören gewesen. Es gibt<br />

keine formulierten Vorstellungen – allenfalls<br />

vage Andeutungen. „Was soll denn<br />

die Gemeinwesenarbeit noch alles übernehmen?“,<br />

wird von Seite der Gemeinwesenarbeit<br />

mal vorsichtig zurück gefragt.<br />

Man kann doch nicht ernsthaft ein ohnehin<br />

schon mit Aufgaben überladenes<br />

Programm <strong>im</strong>mer weiter befrachten.<br />

Es scheint, <strong>als</strong> wolle man einfach auch<br />

die missliche Lage ausnutzen, dass die<br />

Träger mit ihren gekündigten Verträgen<br />

am kurzen Ende sitzen.<br />

Während die Gemeinwesenarbeit <strong>im</strong>mer<br />

wieder nach ihren Zielen und Konzepten<br />

befragt wird, halten sich die Mehrheitsfraktionen<br />

mit ihren Aussagen darüber,<br />

wie künftig die kommunale Sozialpolitik<br />

aussehen und welche Rolle darin die<br />

Gemeinwesenarbeit spielen soll, bemerkenswert<br />

zurück. Man muss ihnen vielleicht<br />

zugute halten, dass durch die drohenden<br />

Veränderungen be<strong>im</strong> Stadtverband<br />

die städtische Sozialpolitik – sofern<br />

es denn noch eine solche noch gibt – in<br />

der Tat vor vielen Unwägbarkeiten steht.<br />

Prävention spart Kosten<br />

Eines ist nur sicher: die sozialen Probleme<br />

verschwinden nicht – und eine<br />

bessere Methode, ihnen unmittelbar vor<br />

Ort und unter Beteiligung der Bevölkerung<br />

zu begegnen <strong>als</strong> die Gemeinwesenarbeit,<br />

gibt es nicht. Und wer sich<br />

von der Arithmetik der Haushaltsstellen<br />

löst und die Gesamtlage in den Blick<br />

n<strong>im</strong>mt, kommt schnell zu dem Schluss:<br />

Was man hier an sozialen Investitionen<br />

kürzen würde, kommt an anderer Stelle<br />

GASTKOMMENTAR<br />

<strong>als</strong> vermehrte Kosten wieder zurück.<br />

Vor allem in Zusammenhang mit den<br />

beiden -nicht zufällig bei der Saarbrücker<br />

Gemeinwesenarbeit angesiedelten-<br />

Kinderarmutsprojekten konnte gezeigt<br />

werden, wie zukunftsfähig frühe präventive<br />

Ansätze unmittelbar in der Lebenswelt<br />

der Betroffenen sind.<br />

Die Stadtverwaltung sammelt derweil<br />

fleißig Daten über die Gemeinwesenarbeit,<br />

stellt sie in den Ausschüssen vor und<br />

spricht sich auch fachlich sehr klar für die<br />

Gemeinwesenarbeit aus. Das schadet<br />

gewiss nicht, doch die eigentliche Entscheidung,<br />

ob man ein Programm mit<br />

angemessener Finanzierung will oder<br />

nicht, ist eine politische Entscheidung.<br />

Auch CDU und FDP sollten die<br />

GWA unterstützen<br />

Fachlich orientierte Vertreter aus CDU<br />

und insbesondere solche, die sich die<br />

Mühe gemacht haben, sich vor Ort<br />

kundig zu machen, signalisieren inzwischen,<br />

dass die CDU in Sachen Gemeinwesenarbeit<br />

vielleicht noch einiges hinzulernen<br />

müsse. Das lässt hoffen, dass<br />

am Ende mit Sachverstand entschieden<br />

wird. Es wäre schön, wenn die Voten für<br />

die Gemeinwesenarbeit so klar wären<br />

wie die der vormaligen Mehrheit und<br />

jetzigen Opposition von SPD und Bündnis<br />

90/Die <strong>Grüne</strong>n. Gewisse Zweifel muss<br />

man an den Verlautbarungen der mitregierenden<br />

FDP haben – dort wird mitunter<br />

vorne anders <strong>als</strong> hinten gesprochen.<br />

Auf der Seite der Gemeinwesenarbeit<br />

definiert man die gegenwärtige Situation<br />

<strong>als</strong> „vor einem allmählich gebotenen<br />

Einstieg in Vertragsverhandlungen“.<br />

Akuter Zeitdruck besteht gewiss noch<br />

nicht, aber bei den Trägern sieht man<br />

sehr wohl, dass der Ablauf von Zeit sehr<br />

bald zu ihren Lasten geht – mit bangen<br />

Augen auf dem Kalender verhandelt es<br />

sich nicht sonderlich gut.<br />

In den Stadtteilen hat sich noch nicht<br />

herumgesprochen, dass je nach politischer<br />

Entscheidung die Gemeinwesenarbeit<br />

bedroht sein könnte. Wenn man<br />

weiß, wie stark die Projekte inzwischen<br />

in den Stadtteilen verwurzelt sind, kann<br />

man erahnen, dass die dortige Bevölkerung<br />

auch ein wichtiges Wort mitzureden<br />

hätte, wie es mit „ihren Gemeinwesenprojekten“<br />

weitergeht.<br />

grün: konkret. 1 / 2007 21


22<br />

GRÜNE ANDERSWO<br />

<strong>Grüne</strong>r Gastbeitrag aus dem Stadtverband<br />

Unser tägliches<br />

Schulessen gib’ uns heute<br />

„Schulessen für Kinder<br />

sollte unabhängig vom<br />

Einkommen der Eltern<br />

gewährt werden.“<br />

GERTRUD SCHMIDT<br />

STELLVERTRETENDE FRAKTIONSVORSITZENDE<br />

DER GRÜNEN IM STADTVERBANDSTAG<br />

Mussten früher Kinder den<br />

lieben Gott be<strong>im</strong> Schulgebet<br />

eher symbolisch um das täglich<br />

Brot bitten, so hatten bis vor<br />

kurzem manche saarländischen<br />

Kinder ganz reale Gründe, um<br />

das tägliche Mittagessen zu betteln.<br />

Nicht be<strong>im</strong> lieben Gott, sondern<br />

bei der Landesregierung.<br />

Mit 2,50 Euro sind Kinder in der Regel<br />

dabei, wenn es beispielsweise in den<br />

Ganztagschulen <strong>im</strong> Stadtverband <strong>Saarbrücken</strong><br />

mittags etwas zu essen gibt. Falls<br />

ihre Eltern sich das leisten können oder<br />

wollen. Dass das eine zunehmende Zahl<br />

nicht mehr kann, hat für sehr unschöne<br />

und beschämende Streitereien <strong>im</strong> Land<br />

gesorgt.<br />

Sind auch in Beschlüssen der Kultusministerkonferenz<br />

hehre Sätze über Essensangebote<br />

<strong>als</strong> „Mindeststandards für Ganztagsschulen“<br />

und „gesundheitsfördernde<br />

Lebensstile“ nachzulesen, die „Effekte auf<br />

die Lernleistungen“ haben sollen – für<br />

einen Teil unserer Kinder sieht die Realität<br />

anders aus. Stammen sie aus einer<br />

sozi<strong>als</strong>chwachen oder finanziell nicht<br />

leistungsfähigen Familie, sind ihre Eltern<br />

auf Sozialhilfe angewiesen, dann reicht<br />

der vom Staat ausgewiesene Regelsatz<br />

von ca. 1 Euro für ein Mittagessen nicht<br />

aus. Ergebnis: Viele Kinder gehen leer aus,<br />

oder verzichten, wie SozialarbeiterInnen<br />

und PsychologInnen vermuten, aus<br />

Scham auf die Teilnahme am Essen.<br />

CDU-Landesregierung fand<br />

lange keine Lösung<br />

Als wäre das nicht schon skandalös<br />

genug, hat vor allen Dingen die christ-<br />

grün: konkret. 1 / 2007<br />

demokratische<br />

FOTO: GRÜNE<br />

Landesregierung<br />

dafür gesorgt, dass ein langes Gezerre<br />

um die Übernahme der Kosten entstanden<br />

ist. Andere reagierten schneller: Der<br />

Stadtverband <strong>Saarbrücken</strong> <strong>als</strong> Schulträger<br />

hatte bei seinen Haushaltsberatungen<br />

<strong>im</strong> Dezember 2006 <strong>im</strong>merhin die<br />

Summe von 50.000 Euro eingestellt, um<br />

zumindest den betroffenen Kindern in<br />

seinen „Schools-In“ Projekten die Essensfinanzierung<br />

zu gewährleisten. Zu einer<br />

schnellen Gesamtlösung aber zeigte<br />

sich die Landesregierung weder willens<br />

noch in der Lage. Nicht nur fehlendes<br />

Problembewusstsein, sondern wohl<br />

auch fehlendes Gespür sorgten dafür,<br />

dass weder Schulträger noch Regierung<br />

zu einer schnellen Lösung übereinkamen.<br />

Nach Ansicht des saarländischen<br />

Bildungsministers sollte nämlich eine<br />

gesetzliche Regelung auf Bundesebene<br />

die Finanzierungslücke schließen, was<br />

einer mittelfristigen Vertagung des Problems<br />

gleichgekommen wäre. Denn es<br />

war klar: Bis die Bundesregierung beispielsweise<br />

die Hartz IV-Bezüge entsprechend<br />

angehoben hätte, würden<br />

Monate ins Land gehen.<br />

<strong>Grüne</strong>r Antrag erfolgreich<br />

Insbesondere die Landesregierung<br />

sollte durch unsere Initiative <strong>im</strong> Stadtverbandstag<br />

daher quasi zum Jagen<br />

getragen werden. In einem Antrag für<br />

den Stadtverbandsausschuss haben wir<br />

den Stadtverband <strong>als</strong> Schulträger aufgefordert,<br />

mit dem Land in Verhandlungen<br />

zu treten, um für betroffene<br />

Kinder zumindest den Differenzbetrag<br />

zwischen dem nach Arbeitslosengeld<br />

II oder Sozialhilfe vorgesehenen Regelsatz<br />

für ein Mittagessen und dem von<br />

den Schulen verlangten Essenspreis zu<br />

übernehmen. Sämtliche <strong>im</strong> Stadtverbandstag<br />

vertretenen <strong>Fraktion</strong>en sind<br />

unserem Antrag gefolgt. In der Zwischenzeit<br />

hat sich die Landesregierung<br />

tatsächlich dem Druck von allen Seiten<br />

gebeugt und eine Übergangsfinanzie-<br />

rung auf den Weg gebracht. Der eigentliche<br />

Skandal jedoch bleibt. Schulessen<br />

für Kinder sollte unabhängig vom Einkommen<br />

der Eltern gewährt werden. Wir<br />

sind ein reiches Land und bezeichnen<br />

uns gerne <strong>als</strong> kinderfreundlich. Gleichzeitig<br />

braucht die Politik Monate, um zu<br />

gewährleisten, dass Kinder unabhängig<br />

von Herkunft und sozialem Status satt zu<br />

essen haben.<br />

Die Argumentation mancher CDU-Politiker,<br />

dass hier vor allem die betroffenen<br />

Eltern gefordert seien, lassen wir nicht<br />

gelten. Das ist realitätsfremd und birgt<br />

<strong>im</strong> Kern nichts anderes <strong>als</strong> die alte konservative<br />

These, dass Armut meist selbstverschuldet<br />

sei. Der insbesondere von<br />

uns gemachte Druck zeigt nun tatsächlich<br />

Wirkung. Zwischenzeitlich kam sogar<br />

Ministerpräsident Peter Müller ins Grübeln.<br />

Nach mehreren Monaten Bedenkzeit<br />

wurde jetzt vor kurzem die Essensfrage<br />

geregelt.<br />

Nichtraucherschu<br />

wird <strong>im</strong> Landtag<br />

In der nächsten Plenarsitzung werden<br />

wir einen Gesetzesentwurf zum Nichtraucherschutz<br />

in den Landtag einbringen.<br />

Wir wollen damit endlich Klarheit<br />

schaffen soweit es <strong>im</strong> Zuständigkeitsbereich<br />

der Saarländischen Landesregierung<br />

möglich ist. Kern des Gesetzesentwurfes<br />

ist der Erlass eines generellen<br />

Rauchverbotes für öffentliche Gebäude,<br />

Arbeitsstätten, gastronomische Betriebe,<br />

öffentliche Verkehrsmittel, Sportstätten,<br />

Spielplätze und andere Orte des öffentlichen<br />

Lebens. Die letzten Jahre haben<br />

nachdrücklich bewiesen, dass freiwillige<br />

Selbstverpflichtungen nicht den<br />

gewünschten Erfolg gebracht haben.<br />

Alle Vorschläge, die jetzt <strong>im</strong>mer wieder


Bewegungs- Spiel- und Sporterziehung <strong>im</strong> Saarland ausweiten<br />

Sportoffensive an Schulen<br />

und Kindergärten<br />

„Für Sportunterricht<br />

muss mehr Zeit zur<br />

Verfügung stehen.“<br />

CLAUDIA WILLGER-LAMBERT<br />

LANDTAGSABGEORDNETE<br />

Wir wissen es seit langem und<br />

bekommen es durch die unterschiedlichen<br />

Studien in <strong>im</strong>mer<br />

gravierender Weise bestätigt:<br />

Bewegungsmangel, f<strong>als</strong>ches Ernährungsverhalten,<br />

Lernstress und die<br />

Dominanz neuer Medien <strong>im</strong> Alltag<br />

prägen heutzutage zunehmend<br />

die gesundheitliche Situation<br />

von Kindern und Jugendlichen.<br />

Schon bei 8 bis 18-Jährigen führt diese<br />

Entwicklung nach wissenschaftlichen<br />

Studien zu gravierenden Folgeerkrankungen<br />

wie Übergewicht, Muskelschwäche<br />

und Haltungsfehlern, Herz-Kreislauf-<br />

Erkrankungen und Diabetes Typ 2, Bluthochdruck<br />

und emotionalen, sozialen<br />

Problemen. Gleichzeitig ist die sportli-<br />

tzgesetz<br />

debattiert<br />

von den unterschiedlichsten Seiten eingebracht<br />

werden, wie Nichtraucherschutz<br />

auf freiwilliger Basis geregelt<br />

werden könnte, sehen wir nur <strong>als</strong> weitere<br />

Versuche an, einen effektiven Nichtraucherschutz<br />

zu verhindern, um der<br />

Tabaklobby auch weiterhin ihr einträgliches<br />

Geschäft zu sichern. Am Beispiel<br />

anderer Länder in Europa, die ein Rauchverbot<br />

schnell und stringent durchgezogen<br />

haben, kann man sich ein Beispiel<br />

nehmen. Die Debatte in Deutschland<br />

seit vielen Jahren ist nach unserer Auffassung<br />

ein Armutszeugnis.<br />

CLAUDIA WILLGER-LAMBERT<br />

LANDTAGSABGEORDNETE<br />

che Leistungsfähigkeit von Kindern und<br />

Jugendlichen in den letzten Jahren um<br />

10 bis 15 Prozent zurückgegangen. Heranwachsende<br />

leiden verstärkt unter Störungen<br />

der Grob- und Feinmotorik sowie<br />

der Koordinationsfähigkeit.<br />

Sportoffensive an Schulen und<br />

Kindergärten<br />

Vor diesem Hintergrund haben wir <strong>im</strong><br />

Landtag eine Sportoffensive an saarländischen<br />

Kindergärten und Schulen gefordert.<br />

Bewegung, Spiel und Sport sollen<br />

wesentlich verstärkt auf dem Stundenplan<br />

stehen und Bestandteil des frühkindlichen<br />

und schulischen Bildungs-<br />

und Erziehungsauftrages werden. Über<br />

die Kindertageseinrichtungen und die<br />

Schulen können alle Kinder und Jugendliche<br />

erreicht werden und es besteht die<br />

große Chance, bereits zu einem frühen<br />

Zeitpunkt die Einstellung zu Bewegung<br />

und Sport und die Verantwortung für die<br />

eigene Gesundheit zu prägen. Wichtig ist<br />

uns dabei, dass zum einen auf jeden Fall<br />

mehr Zeit für Sportunterricht zur Verfügung<br />

steht durch die Wiedereinführung<br />

der dritten Sportstunde für alle weiterführenden<br />

Schulen und die Erteilung<br />

von vier Wochenstunden Sport an den<br />

Grundschulen. Zum anderen muss aber<br />

auch die Qualität des Sportunterrichtes<br />

und damit seine Attraktivität erheblich<br />

verbessert werden. Besondere Bedeutung<br />

haben hierbei auch die Vereine. Die<br />

unterschiedlichen Angebote der Kindertageseinrichtungen<br />

und Schulen sowie<br />

der Sportvereine sind nach unseren Vorstellungen<br />

miteinander zu vernetzen<br />

und könnten auf jeden Fall zur Stärkung<br />

aller beitragen. Wichtig ist auch, dass<br />

der Zugang zu Sporteinrichtungen für<br />

alle Kinder und Jugendliche unabhängig<br />

vom Einkommen der Eltern gewährleistet<br />

ist. Dabei haben nach unserer Vorstellung<br />

aber auch Projekte, die sich mit<br />

Naturerfahrung und Naturpädagogik<br />

beschäftigen, einen besonderen Stellenwert.<br />

Wie wir beispielsweise be<strong>im</strong> Besuch<br />

des Projektes „Maltiz“, Naturerfahrung<br />

GRÜNE ANDERSWO<br />

FOTO: GRÜNE<br />

und Waldpädagogik e.V., in Völklingen<br />

sehr eindrucksvoll erleben konnten, sind<br />

gerade solche Projekte in ganz hervorragender<br />

Weise geeignet, Spannungen<br />

abzubauen, das Selbstbewusstsein und<br />

gleichzeitig das Verantwortungsgefühl<br />

für die Gruppe zu stärken sowie nachhaltig<br />

die unterschiedlichsten Bewegungs-<br />

und Entwicklungsdefizite abzubauen.<br />

CDU ist gegen mehr Sport<br />

Leider konnte sich die CDU-Landtagsfraktion<br />

unserem Antrag und unserer Initiative<br />

nicht anschließen: Sie sich hat vielmehr<br />

-wie auch in vielen anderen Bereichen-<br />

darauf zurückgezogen, dass die<br />

Landesregierung bereits genug unternehme<br />

und den Saarländischen Landtag<br />

dazu aufgerufen, dies erfreut zur Kenntnis<br />

zu nehmen. Damit hat sich die CDU<br />

aber auch gegen Forderungen des Landesportverbandes<br />

und des Landesverbandes<br />

der SportlehrerInnen gewandt<br />

und ganz besonders natürlich gegen die<br />

saarländischen Kinder und Jugendlichen.<br />

FOTO: IRIS MAURER<br />

grün: konkret. 1 / 2007 23


Glosse:<br />

F<strong>als</strong>che<br />

Fuffziger<br />

„Die Rechtschreibung<br />

wird zur<br />

Saarschreibung.“<br />

MARCUS BITTERLICH<br />

FINANZPOLITISCHER SPRECHER<br />

Der PISA-Schock hat offenbar bislang<br />

ungeahnte Spätwirkungen. Auch die<br />

Öffentlichkeitsabteilung der Landesregierung,<br />

<strong>im</strong> Verbund mit den angeheuerten<br />

Kreativkräften, nähert sich<br />

dem mathematischen Ausbildungsstand<br />

der saarländischen SchulabgängerInnen<br />

an. Wahrscheinlich, um<br />

die Kluft zu „denen da unten“ nicht zu<br />

groß werden zu lassen, wurde flugs das<br />

Alter des „Saargebiets“, das ja seit 1947<br />

<strong>als</strong> Saarland existiert, öffentlichkeitswirksam<br />

um zehn Jahre fehlberechnet:<br />

Nicht 50, wie plakatiert, sondern<br />

60 Jahre werden „wir“ in diesem Jahr.<br />

Da wird die Unterschichtendebatte<br />

zur Appeasementpolitik. Nicht mehr<br />

lange, so ist zu befürchten, werden<br />

wir warten müssen, bis die neu-reformierte<br />

Rechtschreibung <strong>im</strong> Saarland -<br />

föderal subsidiär und kulturell eigenständig<br />

- zugunsten einer „Saarschreibung“<br />

dem Wertstoffkreislauf zugeführt<br />

wird. Dann wird insbesondere<br />

die gelebte Orthographie der Saarbrücker<br />

Zeitung endlich ihren angemessenen<br />

Status <strong>als</strong> dogmatisch-unfehlbares<br />

Zentralorgan institutionalisieren<br />

können, der „Duden“ wird abgelöst<br />

vom „Herbst“. Welche lebensweltlichangepassten<br />

Verbesserungen zudem<br />

die Ass<strong>im</strong>ilierung der Schriftsprache<br />

an die agile Verbal-Grammatik des<br />

Saarvolks zeitigen wird, kann schon<br />

jetzt täglich auf „Saar TV“ inspiziert<br />

werden. Bald werden wir <strong>als</strong>o unsere<br />

sprachlichen Eigenheiten völlig legit<strong>im</strong><br />

kultivieren - oder besser: „kulturen“?<br />

- dürfen, ohne den Zwang, dabei<br />

auf so etwas wie standardsprachliche<br />

Konventionen zu achten.<br />

Die letzte Seite<br />

„Bonsai Lidl“ rüstet auf<br />

In unserem letzten „grün: konkret“ haben<br />

wir über die spärliche Außenbepflanzung<br />

des Lidl-Marktes in der Halbergstraße<br />

berichtet. Erfreulicherweise hat<br />

der Discounter inzwischen gehandelt<br />

und die „Bonsai-Bäumchen“ gegen größere<br />

Bäume getauscht. Die Bepflanzung<br />

auf dem Parkplatz hätte nicht gleichzeitig<br />

mit der Neueröffnung des Marktes<br />

durchgeführt werden können, da diese<br />

nicht während der Pflanzzeit erfolgt sei,<br />

so die Antwort von Lidl auf unsere Nach-<br />

<strong>Grüne</strong>s Hearing:<br />

Zukunft der Stadtwerke -<br />

Stadtwerke der Zukunft<br />

Kommunale Stadtwerke<br />

<strong>als</strong> Motor für Energiesparen<br />

und erneuerbare Energien<br />

Dienstag, 8. Mai 2007<br />

um 19.00 Uhr<br />

Rathausfestsaal <strong>Saarbrücken</strong><br />

Referent: Johannes van Bergen<br />

Geschäftsführer der Stadtwerke<br />

Schwäbisch Hall<br />

Anschließend Podiums-<br />

diskussion mit ExpertInnen<br />

aus dem Energie-Bereich<br />

grün: konkret. 1 / 2007<br />

frage. Aufgrund der sehr warmen und trockenen<br />

Witterung <strong>im</strong> September letzten<br />

Jahres sei deshalb zunächst eine provisorische<br />

Bepflanzung mit Sträuchern vorgenommen<br />

worden. Inzwischen sei die<br />

endgültige Bepflanzung mit Bäumen, die<br />

einen Stammumfang von 14 bis 16 Zent<strong>im</strong>etern<br />

haben, erfolgt.<br />

THOMAS BRÜCK<br />

FRAKTIONSVORSITZENDER<br />

Lidl-Markt in der Halbergstraße<br />

geht in die gärtnerische Offensive.<br />

FOTO: GRÜNE

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!