Lösungen
Lösungen
Lösungen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Autor / der Autorin des Werks der Vorrang gegenüber dem Regisseur einer Realisierung<br />
auf der Bühne, da die vom Textproduzenten intendierten Ideen im Mittelpunkt des Interesses<br />
standen, und nicht die Interpretation eines womöglich an sich schon längst hinreichend<br />
bekannten Textes.<br />
Aufgabe 6.4 Überprüfen Sie anhand einer beliebigen Ausgabe, welche Informationen der<br />
Nebentext in D’Annunzios La città morta bereithält.<br />
Gestützt auf die von Egidio Bianchetti 1968 für das Mailänder Verlagshaus Mondadori<br />
besorgte Ausgabe Tragedie, sogni e misteri, Bd. 1 lässt sich Folgendes festhalten: Der Untertitel<br />
weist das Drama als “Tragedia” aus. Das Personenverzeichnis ist ausgesprochen<br />
kurz und deutet damit bereits darauf hin, dass der dramatische Konflikt auf der Ebene der<br />
Beziehungen zwischen diesen Figuren angesiedelt ist. Als allgemeiner Handlungsort wird<br />
vorab Mykene genannt, es folgen zu Beginn von Akten oder einzelnen Szenen teils sehr<br />
ausführliche Beschreibungen der genauen Kulissen mitsamt der Bühnendekoration. Auch<br />
im Hinblick auf das schauspielerische Agieren werden exakte Vorgaben gemacht.<br />
Aufgabe 6.5 Welche Ausdrucksmittel verwendet der Textauszug zur Kennzeichnung von<br />
Ciniros Verzweiflung?<br />
Besonders auffällig sind die zahlreichen Ausrufe, etwa als einfache exclamatio (“Ah!”),<br />
oder als doppelte Anrufung des Verstorbenen (unterstrichen durch eine Anapher: “Oh<br />
sventurato, oh misero Peréo!”) oder gar der Götter (“Oh cielo!”). Der Verlust wird durch<br />
Hyperbeln hervorgehoben (“Troppo verace amante”, “furie attroci” – letztere zugleich ein<br />
Beispiel für die Personifikation von Leiden als ‘Furien’). Das hypothetische Satzgefüge (si<br />
[…]) wird durch drei rhetorische Fragen ergänzt, wodurch die nicht zu behebende Endgültigkeit<br />
des beklagten Schicksals betont wird. In einem Vergleich wird der Verlust Peréos<br />
auf die eigene Lage Ciniros bezogen (“men di lui”), der seine unglückliche Tochter nun<br />
ebenfalls nahe dem Tode wähnt, was die anaphorische Reihung der rhetorischen Fragen “è<br />
vita quella […]?” unterstreicht.<br />
Aufgabe 6.6 Welchen Vorteil könnte es aus Sicht des Autors/der Autorin haben, in einem<br />
Drama historische Persönlichkeiten als Figur auftreten zu lassen?<br />
Die Lebensumstände einer historisch verbürgten Persönlichkeit sind dem Publikum in der<br />
Regel bekannt und garantieren somit zunächst einmal ein gewisses Vorverständnis für die<br />
Handlung des Bühnenstücks sowie für seine mutmaßliche Aussage (zu literarischen Stoffen<br />
vgl. Einheit 11.1.1). Darüber hinaus verleiht der Rückgriff auf verbürgte Biographien dem<br />
Theaterspiel eine zusätzliche Glaubhaftigkeit, da die Handlung, soweit sie sich an den groben<br />
historischen Fakten orientiert, nicht als schiere Fiktion abgetan werden kann. Interessant<br />
sind daher in diesem Zusammenhang besonders die Wahl der Stoffvorlage wie auch<br />
ihre individuelle Interpretation, ihre Abwandlung und Erweiterung durch die Autorin oder<br />
den Autor.<br />
19