Hohenasperg - Haus der Geschichte Baden-Württemberg
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ARBEITSBLATT VORBEREITUNG<br />
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Erst seit den 1980er Jahren ist mit dem Täter-Opfer-Ausgleich ein neuer Aspekt des<br />
Strafens hinzugekommen. Die bisher dargestellten Straftheorien haben das Tatopfer<br />
bei ihrer Betrachtung weitgehend ausgeklammert. Das primäre Anliegen, das des Opfers<br />
an Wie<strong>der</strong>gutmachung, wurde bei <strong>der</strong> Konzentration auf Gerechtigkeitsausgleich<br />
und Bestrafung bzw. Behandlung des Täters verdrängt. Das Opfer musste erst wie<strong>der</strong><br />
„neu entdeckt“ werden. Die grundsätzliche Akzeptanz in <strong>der</strong> Bevölkerung für diese<br />
Sanktionsform ist außerordentlich hoch. Die Opfer von Straftaten verfolgen mit ihrer<br />
Anzeige bei <strong>der</strong> Polizei in <strong>der</strong> Regel primär das Ziel <strong>der</strong> Schadenswie<strong>der</strong>gutmachung<br />
beziehungsweise sie wollen, dass das Geschehen sich nicht wie<strong>der</strong>holt. […] Strafrecht<br />
hat hiernach – für bestimmte Kriminalitätsbereiche – die Funktion, den Strafverzicht<br />
zu ermöglichen und damit den Rechtsfrieden ohne Strafe wie<strong>der</strong>herzustellen.<br />
Damit ist in vielen Fällen dem Opfer am meisten gedient.<br />
Durch die Konfrontation mit dem Opfer wird dem Täter sein Unrecht unmittelbar<br />
vor Augen geführt. Zum einen begünstigt die Wie<strong>der</strong>gutmachung seine Resozialisierung;<br />
zum an<strong>der</strong>en wird die Allgemeinheit durch den Ausgleich zufriedengestellt.<br />
Der Täter-Opfer-Ausgleich sollte Vorrang haben vor einer <strong>der</strong> Staatskasse zufließenden<br />
Geldstrafe. Bei schwerwiegenden Straftaten, insbeson<strong>der</strong>e bei Wie<strong>der</strong>holungstätern,<br />
sowie in den Fällen, in denen <strong>der</strong> Täter nicht zu einem Ausgleich bereit ist,<br />
muss allerdings auf die Schutzfunktion <strong>der</strong> Strafe, von einer Wie<strong>der</strong>holung <strong>der</strong> Tat<br />
abzuhalten, zurückgegriffen werden.<br />
(aus: Heribert Ostendorf, Vom Sinn und Zweck des Strafens, in: Kriminalität und Strafrecht (Informationen<br />
zur politische Bildung 306), Bonn 2010, S.19-23, Auszüge)<br />
1. Untersuchen Sie den Text daraufhin, wie es gerechtfertigt wird, dass <strong>der</strong> Staat Strafen<br />
für Straftäter verhängt.<br />
2. Vergleichen Sie die dargestellten Straftheorien und nehmen Sie Stellung, welche<br />
<strong>der</strong> Straftheorien Sie am ehesten überzeugt.<br />
3. Die Ausstellung auf dem <strong>Hohenasperg</strong> nimmt den Umgang mit Straftätern historisch<br />
in den Blick. Stellen Sie Vermutungen an, welche Bereiche <strong>der</strong> Straftheorie<br />
Gegenstand des historischen Wandels sein könnten.