MANDANTENBRIEF - Valuenet Recht & Steuern

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MANDANTENBRIEF Alle Steuerzahler: OKOTBER 2004 STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG Privatbelege: Besteht eine Aufbewahrungspflicht? (Val) Im Steuerrecht gilt der Grundsatz, dass nur solche Unterlagen und Belege aufzubewahren sind, die Bestandteile einer Buchführungs- oder Aufzeichnungspflicht sind (§ 147 AO). Für Unterlagen über Sachverhalte außerhalb dieses Bereichs (z.B. Werbungskosten bei Nichtgewinneinkünften, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen) besteht keine entsprechende gesetzliche Verpflichtung. Arbeitnehmer und Privatpersonen, die ihre Belege mit der Steuererklärung vorgelegt und vom Finanzamt wieder zurück erhalten haben, sind nicht verpflichtet, diese anschließend aufzubewahren. Dies hat jetzt die OFD München nochmals klargestellt (Verfügung vom 9.2.2004, DStR 2004 S. 687). Eine Aufbewahrung ist - so die OFD - auch dann nicht erforderlich, wenn die Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) ergeht und der Bürger von einer ausreichenden Erfüllung seiner Mitwirkungspflicht ausgehen konnte. Die eingereichten Belege aus dem Privatbereich sollen bereits bei der Veranlagung so eingehend geprüft und gewürdigt werden, dass später (z. B. bei der abschließenden Prüfung vor Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung) eine erneute Beleganforderung entbehrlich ist. Falls das Finanzamt bestimmte Unterlagen in einem späteren Stadium des Verfahrens nochmals benötigt (z.B. bei der abschließenden Überprüfung bzw. einer Betriebsprüfung), soll der Steuerbürger bei der Belegrückgabe ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass es im Hinblick auf die weiterhin bestehende Mitwirkungspflicht und Beweislast für ein späteres Verfahren in seinem Interesse ist, die Belege aufzubewahren. Allerdings kann das Finanzamt in diesem Fall die Belege auch entweder zurückzubehalten oder - wenn der Bürger die Belege erkennbar zurückerwartet - in Kopie zu den Akten zu nehmen. Alle Steuerzahler: Umsatzsteuer: Erstattung bei Totalschaden? (Val) Im Fall eines Totalschadens infolge Verkehrsunfalls erstatten die Versicherungsgesellschaften im Allgemeinen den von einem Sachverständigen ermittelten Nettowiederbeschaffungswert eines gleichwertigen Ersatzwagens. Ein geschädigter Bürger wollte nun von der Versicherungsgesellschaft auch die Umsatzsteuer erstattet haben und zog zur Klärung dieser Frage bis vor den Bundesgerichtshof (BGH). Vor dem BGH aber musste der Geschädigte eine Schlappe hinnehmen (Urteil vom 20.04.2004, Aktenzeichen: VI ZR 109/03): HAUPSTRASSE 295 – WEIL AM RHEIN TELEFON 07621 / 75050 – TELEFAX 07621 / 74007 OFFICE@STEUERBERATER-HAAG.DE – WWW.STEUERBERATER-HAAG.DE SEITE 1

<strong>MANDANTENBRIEF</strong><br />

Alle Steuerzahler:<br />

OKOTBER 2004<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

Privatbelege: Besteht eine Aufbewahrungspflicht?<br />

(Val) Im Steuerrecht gilt der Grundsatz, dass nur solche Unterlagen und Belege aufzubewahren sind, die<br />

Bestandteile einer Buchführungs- oder Aufzeichnungspflicht sind (§ 147 AO). Für Unterlagen über<br />

Sachverhalte außerhalb dieses Bereichs (z.B. Werbungskosten bei Nichtgewinneinkünften,<br />

Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen) besteht keine entsprechende gesetzliche<br />

Verpflichtung.<br />

Arbeitnehmer und Privatpersonen, die ihre Belege mit der Steuererklärung vorgelegt und vom Finanzamt<br />

wieder zurück erhalten haben, sind nicht verpflichtet, diese anschließend aufzubewahren. Dies hat jetzt<br />

die OFD München nochmals klargestellt (Verfügung vom 9.2.2004, DStR 2004 S. 687).<br />

Eine Aufbewahrung ist - so die OFD - auch dann nicht erforderlich, wenn die Steuerfestsetzung unter<br />

dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) ergeht und der Bürger von einer ausreichenden Erfüllung<br />

seiner Mitwirkungspflicht ausgehen konnte. Die eingereichten Belege aus dem Privatbereich sollen<br />

bereits bei der Veranlagung so eingehend geprüft und gewürdigt werden, dass später (z. B. bei der<br />

abschließenden Prüfung vor Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung) eine erneute Beleganforderung<br />

entbehrlich ist.<br />

Falls das Finanzamt bestimmte Unterlagen in einem späteren Stadium des Verfahrens nochmals benötigt<br />

(z.B. bei der abschließenden Überprüfung bzw. einer Betriebsprüfung), soll der Steuerbürger bei der<br />

Belegrückgabe ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass es im Hinblick auf die weiterhin<br />

bestehende Mitwirkungspflicht und Beweislast für ein späteres Verfahren in seinem Interesse ist, die<br />

Belege aufzubewahren. Allerdings kann das Finanzamt in diesem Fall die Belege auch entweder<br />

zurückzubehalten oder - wenn der Bürger die Belege erkennbar zurückerwartet - in Kopie zu den Akten<br />

zu nehmen.<br />

Alle Steuerzahler:<br />

Umsatzsteuer: Erstattung bei Totalschaden?<br />

(Val) Im Fall eines Totalschadens infolge Verkehrsunfalls erstatten die Versicherungsgesellschaften im<br />

Allgemeinen den von einem Sachverständigen ermittelten Nettowiederbeschaffungswert eines<br />

gleichwertigen Ersatzwagens. Ein geschädigter Bürger wollte nun von der Versicherungsgesellschaft<br />

auch die Umsatzsteuer erstattet haben und zog zur Klärung dieser Frage bis vor den Bundesgerichtshof<br />

(BGH).<br />

Vor dem BGH aber musste der Geschädigte eine Schlappe hinnehmen (Urteil vom 20.04.2004,<br />

Aktenzeichen: VI ZR 109/03):<br />

HAUPSTRASSE 295 – WEIL AM RHEIN<br />

TELEFON 07621 / 75050 – TELEFAX 07621 / 74007<br />

OFFICE@STEUERBERATER-HAAG.DE – WWW.STEUERBERATER-HAAG.DE<br />

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<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

In allen Fällen der Beschädigung einer Sache, die nach dem 31. Juli 2002 eingetreten sind, schließt der<br />

zur Schadensbeseitigung erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit die<br />

Ausgaben tatsächlich angefallen ist (§ 249 Absatz 2 Satz 2 BGB). Eine Ausnahme hiervon ergibt sich<br />

nicht aus § 251 BGB, der den Schadensersatz bei Zerstörung einer Sache regelt.<br />

Vor der Neufassung des § 249 BGB wurde § 251 BGB von der <strong>Recht</strong>sprechung nur in den seltenen<br />

Fällen herangezogen, in denen eine Sache zerstört und auch die Beschaffung einer gleichwertigen<br />

Ersatzsache nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich war.<br />

Nach Auffassung der Bundesrichter besteht ein Anspruch auf Erstattung nicht angefallener (fiktiver)<br />

Umsatzsteuer auch dann nicht, wenn an dem Unfallfahrzeug wirtschaftlicher Totalschaden entstanden ist.<br />

Auch nach neuem <strong>Recht</strong> bleibt es dabei, dass im Falle eines wirtschaftlichen Totalschadens an einem<br />

Kraftfahrzeug regelmäßig keine Zerstörung der Sache vorliegt, die nach § 251 BGB zu beurteilen wäre.<br />

Denn der Geschädigte kann Restitution seines Schadens meist durch den Erwerb eines (gleichwertigen)<br />

Ersatzfahrzeuges erlangen.<br />

Alle Steuerzahler:<br />

Duale Ausbildung: Rückzahlung der Vergütung<br />

(Val) Derzeit werden verstärkt duale Studiengänge angeboten, die den Auszubildenden neben dem<br />

Studium an einer Hochschule gleichzeitig während der vorlesungsfreien Zeit zur Absolvierung von<br />

berufspraktischen Tätigkeiten in einem Unternehmen oder bei einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber<br />

verpflichten. Der Studierende hat an bestimmten Studienveranstaltungen teilzunehmen und die<br />

Praxiszeiten weisungsgebunden abzuleisten.<br />

Für die Zeit der Ausbildung erhält der Studierende ein Entgelt, das im Einzelnen unterschiedlich<br />

bezeichnet wird, beispielsweise als Ausbildungshilfe, Ausbildungsdarlehen oder Studienbeihilfe. Die<br />

Entgeltzahlung besteht aus einem Grundbetrag und einem weiteren variablen Teilbetrag, der<br />

Aufwendungen im Zusammenhang mit der Ausbildung ersetzt.<br />

Weiterhin enthalten diese Ausbildungsverträge eine Regelung über Rückzahlungsvereinbarungen.<br />

Danach werden zum Beispiel Rückzahlungen fällig, wenn der Studierende nach erfolgreichem Abschluss<br />

der Ausbildung das Beschäftigungsangebot des leistenden Unternehmens beziehungsweise des<br />

leistenden öffentlich-rechtlichen Arbeitgebers ausschlägt oder innerhalb einer gesetzten Frist nach Antritt<br />

eines Beschäftigungsverhältnisses das Unternehmen oder den öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber verlässt.<br />

Zu steuerlichen Fragen bei diesen dualen Studiengängen hat sich aktuell das Bundesamt für Finanzen<br />

geäußert (BfF-Schreiben vom 28. Juli 2004, St I 4 - S 2471 - 325/04):<br />

- Bei diesem dualen Studiengang liegt ein Dienstverhältnis zwischen den Vertragspartnern des<br />

Ausbildungsvertrages vor.<br />

- Die Ausbildungsvergütung ist in Höhe des vereinbarten Grundbetrages als Arbeitslohn<br />

steuerpflichtig.<br />

- Der als Kostenersatz geleistete Teil der Vergütung kann als Reisekostenersatz steuerfrei sein (§<br />

3 Nr. 13, 16 EStG).<br />

- Der Reisekostenersatz zählt nicht zu den "Bezügen" des Kindes, ist jedoch von den geltend<br />

gemachten Werbungskosten abzusetzen, sofern die Aufwendungen den Arbeitnehmer-Pauschbetrag<br />

übersteigen.<br />

- Die eventuelle Rückzahlung von Teilen der Vergütung durch den Studierenden wirkt sich erst im<br />

Zeitpunkt ihres Abflusses aus, soweit er im Monat des Abflusses steuerrechtlich noch als Kind zu<br />

berücksichtigen ist.<br />

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<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

Spannend ist die Frage, welche Aufwendungen das Kind als Werbungskosten geltend machen kann.<br />

Hierzu prüft die Familienkasse, welcher Vertragspartner mit dem Studierenden den Vertrag über das<br />

Ausbildungsdienstverhältnis geschlossen hat. Wurde der Ausbildungsvertrag mit der Hochschule<br />

geschlossen, ist die Hochschule die regelmäßige Arbeitsstätte. Bei Vertrag mit einem Unternehmen gilt<br />

dieses als regelmäßige Arbeitsstätte.<br />

Das bedeutet:<br />

- Fahrten zur Hochschule beziehungsweise zum Unternehmen sind nur mit der<br />

Entfernungspauschale von 0,30 Euro absetzbar.<br />

- Ein auswärtiger Bildungsabschnitt außerhalb der Hochschule bzw. außerhalb des Unternehmens<br />

gilt als Dienstreise. In den ersten drei Monaten sind die Fahrten mit der Dienstreisepauschale von 0,30<br />

Euro je gefahrenen Kilometer absetzbar, und außerdem können Verpflegungspauschbeträge und<br />

Reisenebenkosten in den ersten drei Monaten abgesetzt werden.<br />

Alle Steuerzahler:<br />

Oldtimer: Einfuhr nur im Originalzustand vorteilhaft<br />

(Val) Wer einen Porsche als "Oldtimer im Originalzustand" einführt, bei dem sich später herausstellt, dass<br />

er vor der Einfuhr einen neuen Motor und eine neue Lackierung erhalten hat, muss die ersparten <strong>Steuern</strong><br />

und Einfuhrzölle nachzahlen. Ein entsprechendes Urteil hat das Finanzgerricht (FG) Rheinland-Pfalz<br />

gefällt.<br />

Im Streitfall hatte der Kläger im Jahre 1999 einen Porsche 356 A Speedster, Baujahr 1956, nach<br />

Deutschland eingeführt, den er für etwa 15.000 US-Dollar in den USA gekauft hatte. Zunächst wurde der<br />

PKW vom Zollamt als Sammlungsstück von geschichtlichem Wert unter Erhebung des ermäßigten<br />

Einfuhrumsatzsteuersatzes von 7 Prozent abgefertigt. Nach einer internen Überprüfung kam das<br />

zuständige Hauptzollamt (HZA) zu der Auffassung, dass eine begünstigte Einfuhr nicht gegeben sei und<br />

berechnete deswegen Einfuhrabgaben und Zölle nach.<br />

Das FG RheinlandPfalz billigte das Vorgehen, weil der Wagen sich nicht mehr im Originalzustand<br />

befunden habe. Der Originalmotor (60 PS) war gegen einen Motor mit 75 PS ausgetauscht und die<br />

Originallackierung (weiß) durch eine neue Lackierung in der Farbe rot ersetzt worden. Dass das<br />

Einfuhrverfahren bereits abgewickelt war, sei im konkreten Fall unerheblich.<br />

Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 22.01.2004, Aktenzeichen: 6 K 2542/00 Z<br />

Alle Steuerzahler:<br />

Pflegeversicherung: Bis zum Höchstbetrag absetzbar<br />

(Val) Hat ein Steuerpflichtiger, der nach dem 31.12.1957 geboren wurde, eine zusätzliche freiwillige<br />

Pflegeversicherung abgeschlossen, so kann er diese Beiträge bis zu einem Höchstbetrag von 184 Euro<br />

als Vorsorgeaufwendungen abziehen. Eine besondere Abzugsmöglichkeit für Beiträge zur gesetzlichen<br />

Pflegeversicherung besteht nicht. Diese Beiträge wurden bereits bei der Berechnung des allgemeinen<br />

Versorgungshöchstbetrags berücksichtigt.<br />

Leistungen aus einer Pflegeversicherung gehören zu den steuerfreien Einnahmen.<br />

Praxistipp:<br />

Zu beachten ist, dass beim Bezug von Pflegegeld der Anspruch auf den Pflegepauschbetrag verloren<br />

gehen kann. Denn nur, wenn das Pflegegeld ausschließlich für den Pflegebedürftigen verwendet wird,<br />

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<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

besteht ein Anspruch auf den Pflegepauschbetrag. Es sollte daher nachgewiesen werden, wofür das<br />

Pflegegeld verwendet worden ist.<br />

Angestellte:<br />

Ausbildungskosten: Rückwirkende Änderung<br />

(Val) Am 9.7.2004 hat der Bundesrat das "Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer<br />

Gesetze" verabschiedet, mit dem die steuerliche Abzugsfähigkeit von Ausbildungskosten rückwirkend ab<br />

dem 1.1.2004 neu geregelt wird.<br />

Zu den Ausbildungskosten, die als Sonderausgaben absetzbar sind, gehören jetzt nur Aufwendungen für<br />

die erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium. Immerhin wurde der abzugsfähige Höchstbetrag<br />

von bisher 920 Euro auf 4.000 Euro aufgestockt. Der Höchstbetrag umfasst auch die Kosten einer<br />

auswärtigen Unterbringung, sodass der bisherige Abzugsbetrag von 1.227 Euro entfällt. Bei<br />

zusammenveranlagten Eheleuten gilt der Höchstbetrag von 4.000 Euro für jeden Ehegatten.<br />

Falls die erstmalige Berufsausbildung oder das Erststudium im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses<br />

absolviert wird, sind die Aufwendungen wie bisher in voller Höhe als Werbungskosten absetzbar, weil die<br />

Ausbildungsvergütung steuerpflichtig ist.<br />

Mit der Neuregelung sind einige vorteilhafte BFH-Urteile überholt. Der Bundesfinanzhof hatte<br />

Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung und für ein berufsbegleitendes Erststudium in voller<br />

Höhe als Werbungskosten anerkannt.<br />

Angestellte:<br />

Minijob: Wechsel zur Lohnsteuerkarte<br />

(Val) Ein Wechsel von der Pauschalbesteuerung bei Minijobs zur Besteuerung auf Lohnsteuerkarte kann<br />

sich lohnen und ist auch rückwirkend noch möglich.<br />

Ein Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, bei 400-Euro-Kräften, für die er bisher die Steuer pauschal<br />

berechnet hat, bei diesem Verfahren für die Dauer des Arbeitsverhältnisses zu bleiben. Er hat das <strong>Recht</strong>,<br />

am Jahresende rückwirkend zum Jahresbeginn zur Besteuerung "auf Steuerkarte" zurückzukehren.<br />

Das kann sich etwa dann empfehlen, wenn der Mitarbeiter nach den Steuerklassen I bis IV besteuert<br />

wird, was keine Steuerzahlung auslösen würde (Urteil des Bundesfinanzhofes vom 26.11.2003,<br />

Aktenzeichen: VI R 10/99).<br />

Angestellte:<br />

Arbeitsgebiet: Verpflegung bei Springern<br />

(Val) Manche Personen sind als "Springer" ständig an unterschiedlichen Stellen tätig. Die Frage ist, ob<br />

sie eine Einsatzwechseltätigkeit ausüben und deshalb Verpflegungspauschbeträge als Werbungskosten<br />

absetzen können.<br />

Zunächst ist zu klären, ob es sich bei den verschiedenen Einsatzstellen um eine regelmäßige<br />

Arbeitsstätte handelt. Der Bundesfinanzhof hatte den Begriff des "weiträumigen Arbeitsgebiets" als<br />

regelmäßige Arbeitsstätte ursprünglich sehr weit gefasst und das gesamte Gebiet des Hamburger Hafens<br />

als einheitliche Arbeitsstätte gewertet (Urteil des Bundesfinanzhofes vom 02.11.1984, veröffentlicht in:<br />

BStBl. 1985 II, Seite 139). Er ist davon aber wieder abgerückt und hat ein weiträumiges Arbeitsgebiet nur<br />

dann als regelmäßige Arbeitsstätte beurteilt, wenn es sich dabei um ein zusammenhängendes Gelände<br />

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<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

des Arbeitgebers handelt oder wenn die Einsatzstellen in unmittelbarer Nähe zueinander liegen (Urteil<br />

des Bundesfinanzhofes vom 07.02.1997, BStBl. 1997 II, Seite 333).<br />

Jetzt hat aktuell das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg entschieden, dass der Einsatz einer<br />

Schreibkraft, die als sog. Springerin im ärztlichen Schreibdienst beschäftigt ist und in unterschiedlichen<br />

Bereichen und Abteilungen eines 50 Hektar großen Klinikareals tätig ist, keine Einsatzwechseltätigkeit<br />

darstellt (Urteil des FG Baden Württemberg vom 27.11.2003, veröffentlicht in: EFG 2004, Seite 876).<br />

Nach Auffassung der Finanzrichter handelt es sich bei dem Klinikareal um die regelmäßige Arbeitsstätte,<br />

sodass Verpflegungspauschbeträge nicht absetzbar sind. Andererseits haben die Richter zugunsten der<br />

Springerin entschieden, dass jede Tätigkeit außerhalb dieses Areals als Einsatzwechseltätigkeit gilt, auch<br />

wenn sich die Einsatzstellen in derselben Stadt und sogar in räumlicher Nähe zu diesem Areal befinden.<br />

Für diese Einsätze können die Fahrtkosten mit der Dienstreisepauschale angesetzt und<br />

Verpflegungspauschbeträge beansprucht werden.<br />

Angestellte:<br />

Abfindung: Vorteil auch bei Arbeitnehmerkündigung?<br />

(Val) Eine steuerliche Begünstigung einer Abfindung wird unter Umständen auch einem Arbeitnehmer<br />

zuteil, der selbst kündigt, entschied das Finanzgericht (FG) Münster.<br />

Ein Arbeitnehmer hat in seiner Firma mitbekommen, dass es betriebsbedingte Kündigungen geben wird,<br />

für die der Betriebsrat einen Rahmensozialplan beschlossen hat. Daraufhin hat der Arbeitnehmer unter<br />

der Voraussetzung gekündigt, dass er nach dem Rahmensozialplan abgefunden wird. Trotz der<br />

Kündigung durch den Arbeitnehmer hat das Finanzgericht Münster entschieden, die Abfindung steuerlich<br />

begünstigt zu behandeln, da der Arbeitnehmer mit einer Kündigung seitens des Arbeitgebers zu rechnen<br />

hatte.<br />

Urteil des FG Münster vom 04.03.2004, Aktenzeichen: 8 K 2801/01 E<br />

Angestellte:<br />

Arbeitszimmer: Zwei Nutzungen schaden nicht<br />

(Val) Nutzt ein Arbeitnehmer für seine gewerbliche Nebentätigkeit einen Raum in seinem Haus, so darf<br />

die dafür anzusetzende Pauschale von 1.250 Euro vom Finanzamt nicht um einen Anteil gekürzt werden,<br />

weil er gleichzeitig das häusliche Arbeitszimmer auch für seine unselbstständige Beschäftigung nutzt,<br />

aber im Betrieb seines Arbeitgebers für ihn ein Arbeitszimmer vorhanden ist.<br />

Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts (FG), Aktenzeichen: 1 K 341/01.<br />

Angestellte:<br />

Sammelbeförderung: Keine Entfernungspauschale<br />

(Val) Vor allem bei Einsatzwechseltätigkeit werden häufig die Fahrten zur Einsatzstelle vom Arbeitgeber<br />

mittels Sammeltransport durchgeführt. Die so genannte Sammelbeförderung ist für die beförderten<br />

Personen steuerfrei, "soweit die Sammelbeförderung für den betrieblichen Einsatz des Arbeitnehmers<br />

notwendig ist" (§ 3 Nr. 32 Einkommensteuergesetz, EStG).<br />

Ab 2004 gilt:<br />

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<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

Falls eine Sammelbeförderung genutzt wird, darf für diese Fahrten generell keine Entfernungspauschale<br />

mehr als Werbungskosten abgesetzt werden (§ 9 Absatz 1 Nr. 4 Satz 3 EStG 2004). Sofern für die<br />

Sammelbeförderung ein Obulus gezahlt werden muss, ist dieser Betrag als allgemeine Werbungskosten<br />

absetzbar.<br />

Bis 2003 gilt:<br />

Wer an einer Sammelbeförderung teilnimmt, kann die Entfernungspauschale als Werbungskosten<br />

absetzen, obwohl für die Fahrten zur Arbeit keine Kosten entstehen. Der Vorteil der steuerfreien<br />

Beförderung braucht nicht auf die Entfernungspauschale angerechnet werden.<br />

Fahren Sie mit Ihrem Pkw von der Wohnung zum Betrieb oder einem Treffpunkt, beispielsweise einem<br />

Parkplatz, und werden von dort mit einem Fahrzeug des Arbeitgebers (Sammeltransporter) zur<br />

Einsatzstelle weiter befördert, ist die Strecke zwischen Wohnung und Betrieb / Treffpunkt mit der<br />

Entfernungspauschale absetzbar - unabhängig von der Entfernung. Die Weiterfahrt zwischen Betrieb /<br />

Treffpunkt und Einsatzstelle soll nach Auffassung der Finanzverwaltung nach den Grundsätzen der<br />

Dienstreise beurteilt werden. Das bedeutet: Die Dienstreisepauschale von 0,30 Euro kann nur abgesetzt<br />

werden, wenn Kosten entstehen. Und genau dies ist bei Sammelbeförderung nicht der Fall. Also ist für<br />

die Weiterfahrt mittels Sammelbeförderung weder die Dienstreisepauschale noch die<br />

Entfernungspauschale absetzbar. Nur wenn der Einsatz an derselben Einsatzstelle mehr als drei Monate<br />

dauert, wird diese ab dem vierten Monat zur neuen regelmäßigen Arbeitsstätte, sodass dann die<br />

Entfernungspauschale anerkan! nt! wird. Die kostenlose Sammelbeförderung wird darauf nicht<br />

angerechnet (Oberfinanzdirektion Berlin vom 29.04.2003, St 174 - S 2351 - 4/02).<br />

Arbeit, Ausbildung & Soziales:<br />

Kündigung: Wie Auflösung nur schriftlich zulässig<br />

(Val) Nach § 623 BGB bedarf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Auflösungsvertrag oder<br />

durch Kündigung der Schriftform. Ein mündlich geschlossener Auflösungsvertrag ist danach ebenso<br />

unwirksam wie eine mündlich erklärte Kündigung. Dies bestätigte das Bundesarbeitsgericht in einem neu<br />

entschiedenen Fall.<br />

Es verstößt in aller Regel nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn sich derjenige, der in einem<br />

kontrovers geführten Gespräch eine Kündigung ausgesprochen oder sich mit der Auflösung des<br />

Arbeitsverhältnisses einverstanden erklärt hat, nachträglich darauf beruft, die Schriftform sei nicht<br />

eingehalten, sagt das Gericht.<br />

Der gesetzliche Formzwang soll die Parteien des Arbeitsvertrages vor Übereilung bei<br />

Beendigungserklärungen bewahren (Warnfunktion) und dient außerdem der <strong>Recht</strong>ssicherheit<br />

(Klarstellungs- und Beweisfunktion). Von ihm kann deshalb nur in seltenen Ausnahmefällen abgewichen<br />

werden.<br />

In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall hatte eine Angestellte im Baustoffhandel am<br />

Morgen des ersten Arbeitstages nach Rückkehr aus dem Urlaub mit der Geschäftsführerin eine streitbare<br />

Auseinandersetzung. Nach deren Ende verließ die Angestellte den Betrieb.<br />

Die beklagte Arbeitgeberin hat behauptet, die Angestellte habe, obwohl sie sich über die Folgen<br />

vollkommen im Klaren gewesen sei, in vollem Ernst mündlich gekündigt oder es sei doch - ebenfalls<br />

mündlich - ein Auflösungsvertrag geschlossen worden. Die Klägerin könne sich angesichts der<br />

Eindeutigkeit und Ernsthaftigkeit ihrer Erklärungen nach Treu und Glauben nicht auf die fehlende<br />

Schriftform berufen. Dem ist das Bundesarbeitsgericht, wie schon die Vorinstanzen, nicht gefolgt.<br />

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. September 2004 - 2 AZR 659/03 -<br />

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Arbeit, Ausbildung & Soziales:<br />

<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

Weihnachtsgeld: Nicht eigenmächtig einbehalten<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

Mainz (dpa) - Ein Arbeitgeber kann die Zahlung von Weihnachtsgeld, das er jahrelang ohne Vorbehalt<br />

gewährt hat, nicht eigenmächtig aussetzen. Das entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-<br />

Pfalz in Mainz in einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil. Vielmehr müsse er jedem einzelnen<br />

Arbeitnehmer bei der letzten Auszahlung des Weihnachtsgeldes erklären, dass er sich die Weiterzahlung<br />

für das kommende Jahr vorbehalte. Selbst ein Aushang am «Schwarzen Brett» sei nicht ausreichend,<br />

betonten die Richter.<br />

Arbeit, Ausbildung & Soziales:<br />

Auto: Risiken für Fahrer fremder Autos<br />

(dpa) - Für die Fahrer etwa von Firmen- oder Leihwagen<br />

bestehen erhebliche Haftungsrisiken, wenn die Haftpflichtversicherung ohne ihr Wissen gekündigt<br />

worden ist. Das ergibt sich aus einem am Mittwoch in Karlsruhe veröffentlichten Urteil des<br />

Bundesgerichtshofs (BGH). Demnach können sich Fahrer bei möglichen Regressansprüchen nach einem<br />

Unfall nicht darauf berufen, dass sie nicht über die Beendigung der Versicherung informiert waren.<br />

Der BGH wies damit die Klage eines Lastwagenfahrers ab, der einen tödlichen Unfall verursacht hatte<br />

und vom Sozialversicherungsträger - der Geld an die Hinterbliebenen gezahlt hatte - in Regress<br />

genommen wurde. Der Mann verklagte die Haftpflichtversicherung, um von den Ansprüchen freigestellt<br />

zu werden. Zwar hatte der Halter des Lasters die Haftpflicht schon vor dem Unfall gekündigt. Der Fahrer<br />

berief sich aber darauf, dass er davon nichts gewusst habe (Az.: IV ZR 127/03).<br />

Der BGH wies die Klage unter Hinweis auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers ab. Nach der<br />

Neufassung einer Vorschrift im Versicherungsvertragsgesetz gebe es keine Möglichkeit, den<br />

gutgläubigen Fahrer von solchen Ansprüchen freizustellen. Die Konsequenz dieser Regelung seien<br />

«erhebliche Haftungsrisiken» für die Fahrer fremder Fahrzeuge, etwa geliehene oder gemietete Autos<br />

sowie Wagen des Arbeitgebers.<br />

Arbeit, Ausbildung & Soziales:<br />

Erziehungsurlaub: Freiwillig Versicherte zahlen<br />

(Val) Freiwillig versicherte Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung müssen während des<br />

Erziehungsurlaubs (jetzt Elternzeit) - anders als Pflichtversicherte - Beiträge zahlen. Sie müssen auch<br />

dann den Mindestbeitrag entrichten, wenn sie während des Bezugs von Erziehungsgeld keine weiteren<br />

beitragspflichtigen Einnahmen haben. Dies hat jetzt aktuell das Bundessozialgericht entschieden (Urteil<br />

vom 26.5.2004, B 12 KR 27/02 R).<br />

Im Urteilsfall hatte eine Mutter im Erziehungsurlaub gegen die Entscheidung ihrer Krankenkasse geklagt,<br />

die sie zur Zahlung des gesetzlichen Mindestbeitrags für freiwillige Mitglieder verpflichtete. Die Kasse<br />

hatte einen solchen Mindestbeitrag in Höhe von 190,- DM gefordert, während weitere Einkünfte neben<br />

dem Bezug von Erziehungsgeld nicht vorlagen. Hingegen war die Versicherte der Ansicht, dass sie<br />

während der Zeit des Bezugs von Erziehungsgeld gemäß § 224 SGB V beitragsfrei versichert sein<br />

müsse.<br />

Das Bundessozialgericht hat die Klage zurückgewiesen. Als freiwillig versichertes Mitglied bestand für die<br />

Klägerin keine entsprechende Beitragsfreiheit.<br />

Bei pflichtversicherten Mitgliedern wird die Mitgliedschaft in der Gesetzlichen Krankenversicherung<br />

während der Elternzeit oder des Bezugs von Erziehungsgeld aufrecht erhalten (§ 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB<br />

V). Für die Zeit des Bezugs von Erziehungsgeld ist das Mitglied beitragsfrei versichert, jedoch bezieht<br />

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<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

sich die Beitragsfreiheit ausdrücklich nur auf Einkünfte aus dem Erziehungsgeld (§ 224 Abs. 1 SGB V).<br />

Soweit neben dem Erziehungsgeld andere Einkünfte vorliegen, besteht in Bezug auf diese weiterhin eine<br />

Beitragspflicht, die Bezüge aus dem Erziehungsgeld sind jedoch nicht beitragserhöhend anzurechnen.<br />

Tatsächlich beitragsfrei sind während des Erziehungsurlaubs daher nur diejenigen<br />

Versicherungspflichtigen, die neben dem Erziehungsgeld keine weiteren Einkünfte haben.<br />

Für freiwillig versicherte Mitglieder der GKV stellt sich dies etwas anders dar. Zwar besteht auch die<br />

Mitgliedschaft freiwillig Versicherter während der Elternzeit weiter, wenn diese nicht beendet wird,<br />

beispielsweise durch Austritt. Bei diesen erfolgt die Beitragsbemessung aber prinzipiell anhand ihrer<br />

gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Als beitragspflichtige Einnahme wird monatlich ein Drittel<br />

der Bezugsgröße angesetzt, was momentan einer monatlichen Beitragsbemessungsgrundlage von<br />

mindestens 805,- Euro entspricht, die mit dem ermäßigten Beitragssatz zu multiplizieren ist. Der sich so<br />

ergebende Mindestbeitrag ist immer zu entrichten, selbst dann, wenn das freiwillige Mitglied über<br />

keinerlei Einkünfte verfügt. Dies gilt insofern natürlich auch für die Zeit, in der die Einkünfte aus dem<br />

Erziehungsgeld bestehen.<br />

Arbeit, Ausbildung & Soziales:<br />

Teilzeit: Anspruch immer durchsetzbar?<br />

Berlin (dpa) - Juristisch gesehen ist die Sache ganz einfach: Ein Anspruch auf Teilzeitarbeit besteht nach<br />

sechsmonatiger Beschäftigung in jedem Betrieb mit mindestens 15 Arbeitnehmern. So lautet die<br />

Regelung nach Paragraf 8 des Teilzeitbefristungsgesetzes (TzBfG), das am 1. Januar 2001 in Kraft<br />

getreten ist. Mit ihr soll Arbeitnehmern ein gewünschter Wechsel von Vollzeit- auf Teilzeitarbeit erleichtert<br />

werden, so das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin. Anders als vorher ist die Möglichkeit, die<br />

Arbeitszeit zu verringern, damit einklagbar.<br />

Die Praxis ist allerdings oft komplizierter. Arbeitgeber können der Forderung nach Teilzeit «betriebliche<br />

Gründe» entgegen halten. Und was das genau ist, darüber lässt sich im Zweifelsfall streiten. Die meisten<br />

Arbeitnehmer lassen es deshalb gar nicht erst darauf ankommen.<br />

Seit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes ist die Zahl der Teilzeitbeschäftigten um fast 700 000 auf 7,2<br />

Millionen gestiegen, so das Statistische Bundesamt in Wiesbaden. Der Anteil der Teilzeit-Arbeitnehmer<br />

liegt damit bei 22,4 Prozent - ein Plus von 2,6 im Vergleich zum Jahr 2000.<br />

Nach wie vor ist Teilzeit weiblich: «Rund 80 Prozent der Teilzeitarbeitnehmer sind Frauen», sagt<br />

Susanne Wanger vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg. Insbesondere<br />

Frauen mit Kindern erscheint Teilzeitarbeit als überlegenswerte Alternative. Untersuchungen des IAB<br />

haben gezeigt, dass in der Regel das Modell bevorzugt wird, bei dem ein Partner voll, einer Teilzeit<br />

arbeitet. Die Variante «beide arbeiten Teilzeit» oder «beide arbeiten Vollzeit» findet jeweils nur eine<br />

Minderheit der Eltern wünschenswert.<br />

Der Antrag auf Teilzeitarbeit sollte nach Empfehlung des DGB an den für Personal zuständigen<br />

Mitarbeiter gestellt werden. Das muss nicht schriftlich passieren, ist aber zu empfehlen. Der Antrag muss<br />

in jedem Fall spätestens drei Monate vor dem geplanten Wechsel auf Teilzeit gestellt sein. Falls der<br />

Arbeitgeber ablehnen will, kann er höchstens bis einen Monat vor diesem Termin warten.<br />

Für die Ablehnung ist die Schriftform vorgeschrieben - Fax oder E-Mail sind nicht akzeptabel. Der<br />

Arbeitgeber kann sich zwar auf «betriebliche Gründe» berufen, bloße Unbequemlichkeiten durch die<br />

Beschäftigung von Teilzeitarbeitnehmern reichen allerdings nicht aus. Der Arbeitgeber muss dem DGB<br />

zufolge «rationale und nachvollziehbare Gründe darlegen, um dem Anspruch des Arbeitnehmers<br />

entgegentreten zu können».<br />

Er kann sich auch nicht einfach darauf berufen, für die durch die Verringerung der Arbeitszeit<br />

entstehende Lücke sei keine geeignete Arbeitskraft zu finden. «Er muss nachweisen können, dass er<br />

sich darum bemüht hat, auf dem Arbeitsmarkt aber tatsächlich nicht fündig geworden ist», sagt Corinna<br />

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<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

Bihn. «Das kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn eine Teilzeit-Stelle in der IT-Branche mit einem<br />

Spezialisten besetzt werden muss», erläutert die <strong>Recht</strong>sanwältin.<br />

Kein akzeptables Argument für Arbeitgeber sei der Hinweis auf die häufig höheren Kosten bei der<br />

Beschäftigung von Teilzeitkräften, sagt Corinna Bihn. Wenn es in dem Betrieb allerdings tatsächlich keine<br />

Teilzeitkräfte gibt und der Arbeitgeber sich darauf berufen kann, dass er aus arbeitsorganisatorischen<br />

Gründen ausschließlich mit Vollzeitkräften arbeitet, sieht die Sachlage für den Arbeitnehmer schon<br />

deutlich schlechter aus.<br />

Lehnt der Arbeitgeber den Antrag nicht ab, gilt die Arbeitszeitverringerung damit als im gewünschten<br />

Umfang vereinbart. «Das gilt auch dann, wenn der Antrag nur mündlich gestellt wurde», sagt Bihn. Für<br />

zehntausende von Arbeitnehmern in kleineren Betrieben gilt der <strong>Recht</strong>sanspruch auf Verringerung der<br />

Arbeitszeit dagegen ohnehin nicht: «Der DGB hat das bei der Einführung des Gesetzes ausdrücklich<br />

beklagt. Schließlich gibt es dort genauso Teilzeitkräfte», sagt Helga Nielebock. «Aber das war nicht<br />

durchzusetzen.»<br />

Arbeit, Ausbildung & Soziales:<br />

Privatrente: Auskunft - nicht mehr als nötig<br />

(Val) Gewinnrenten sind vertraglich nicht garantiert. Sie sind von den erwirtschafteten Überschüssen des<br />

Versicherungsunternehmens abhängig. Ein Versicherungsnehmer musste daher eine Rentenkürzung um<br />

800 Euro hinnehmen und wurde darüber hinaus auch mit seiner Klage auf Auskunft hinsichtlich der<br />

Rentenberechnung abgewiesen.<br />

Der Hamburger Kapitän bezog Rente aus einem Versicherungsvertrag, den der frühere Arbeitgeber, eine<br />

Reederei, 1999 für ihn abgeschlossen hatte.<br />

Die Rente setzt sich zusammen aus einer garantierten Grundrente von rund 3.000 Euro und einer<br />

sogenannten fallenden Gewinnrente. Diese nicht garantierte Rente ist abhängig von den erwirtschafteten<br />

Überschüssen des Versicherungsunternehmens. Sie betrug zu Beginn der Rentenzahlungen am<br />

01.01.2002 rund 2.000 Euro. Ab Januar 2003 verringerte sie sich jedoch um fast 800 Euro auf rund 1.200<br />

Euro. Die Versicherung erklärte ihrem Versicherungsnehmer die Reduzierung damit, dass die<br />

Gewinnrente von den erzielten Erträgen auf dem Kapitalmarkt abhängig sei und die Ertragslage sich<br />

verschlechtert habe.<br />

Mit dieser Erklärung und der Einkommenseinbuße ab 2003 wollte sich der Kapitän nicht zufrieden geben.<br />

Er klagte auf Auskunft über die Berechnung seiner Rente und Nachzahlung der Differenz zum<br />

ursprünglich festgesetzten Betrag.<br />

Das Landgericht München I hat die Klage abgewiesen.<br />

Der Kläger sei bei Vertragsabschluss und in den Mitteilungen zur Rentenhöhe ausdrücklich darauf<br />

hingewiesen worden, dass die Gewinnrente nicht garantiert werden könne, da sie von der jährlichen<br />

Gewinndeklaration abhängig sei. Auf eine versicherungsvertragliche Zusage einer bestimmten<br />

monatlichen Gewinnrente könne der Kläger sich daher nicht berufen.<br />

Nach Ansicht des Gerichts hat die Versicherung ihrer Auskunftspflicht Genüge getan. Zwar habe der<br />

Kläger Anspruch darauf zu erfahren, wie das für ihn einbezahlte Geld angelegt und verwaltet wird und<br />

warum er nur noch 61,51 Prozent der ursprünglich errechneten Gewinnrente ausbezahlt bekomme. Das<br />

Versicherungsunternehmen habe hierzu jedoch Auskunft erteilt. Es sei nicht verpflichtet, dem Kläger eine<br />

genaue finanzmathematische Berechnung zur Ermittlung der Überschussbeteiligung vorzulegen, da<br />

diese einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer ebenso wenig verständlich sein werde wie die<br />

Grundsätze der Bilanzierung nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz und dem Handelsgesetzbuch, die<br />

bei der Ermittlung der Überschussbeteiligung zu beachten seien. Die Übermittlung derartiger Unterlagen<br />

und Berechnungen führe zu einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand mit vergleichsweise<br />

geringem Informationswert für den Kläger.<br />

Urteil des Landgerichts München I vom 25.08.2004, Aktenzeichen: 26 O 1034/04 (nicht rechtskräftig).<br />

SEITE - 9 -


Arbeit, Ausbildung & Soziales:<br />

Zahnersatz: Zusatzversicherung nötig?<br />

<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

(Val) Die Gesundheitsreform wollte die Kassenpatienten in die Pflicht nehmen und den Zahnersatz ab<br />

2005 aus der gesetzlichen Krankenversicherung auszugliedern. Private Versicherung wäre erforderlich<br />

geworden. Jetzt haben aber Regierung und Opposition diese Pläne aufgegeben.<br />

Viele Menschen haben aber bereits Zusatzversicherungen abgeschlossen, weil sie die durch die<br />

Gesundheitsreform befürchteten Lücken schließen wollten. Für viele stellt sich nun die Frage, ob eine<br />

solche Versicherung tatsächlich nötig ist.<br />

Folgende Kosten werden weiterhin von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen:<br />

Zahnbehandlung: Hier erstatten die Kassen wie bisher 100 Prozent der Kosten für zahnerhaltende<br />

chirurgische Leistungen (z.B. Zahnziehen, Parodontosebehandlungen, Füllungen (Amalgam),<br />

Zahnsteinentfernung).<br />

Zahnersatz: Brücken, Kronen, Prothesen sowie kombinierter Zahnersatz werden je nach Bonus von der<br />

gesetzlichen Kasse noch mit 50 bis 65 Prozent der Kosten für Zahnarzt, Labor und Material bezuschusst,<br />

soweit es sich um Standardzahnersatz handelt. Eine Härtefallregelung gilt für BAföG-Empfänger,<br />

Arbeitslosen- und Sozialhilfe-Empfänger. Hier ist volle Kostenerstattung möglich. Die "gleitende<br />

Härtefallregelung" ermöglicht anderen Geringverdienern höhere Zuschüsse.<br />

"Aufwändig" ist der Zahnersatz, wenn er über den Standardzahnersatz hinausgeht. Entsprechende<br />

Leistungen werden dem Patienten nach der gesetzlich vorgeschriebenen Mehrkostenregelung gesondert<br />

in Rechnung gestellt. Hierzu erstellt der Zahnarzt einen Heil- und Kostenplan, eine Art<br />

Kostenvoranschlag, der gesetzlich vorgeschrieben ist. Einen erhöhten Gebührensatz darf ein Arzt nur<br />

abrechnen, wenn er dies vor der Behandlung mit dem Patienten vereinbart hat.<br />

Anders ist es bei Brücken, die mehr als vier fehlende Zähne je Kiefer oder mehr als drei Zähne je<br />

Seitenzahngebiet ersetzen. Hier zahlen die Kassen nicht. Gleiches gilt für Kombinationsmodelle mit mehr<br />

als zwei Verbindungselementen je Kiefer.Eine Ausnahme wird gemacht, wenn der Restzahnbestand<br />

höchstens drei Zähne je Kiefer beträgt. Auch Keramikverblendungen im hinteren Mundbereich sind nicht<br />

im Kassenkatalog aufgeführt.<br />

Bonus: Dafür müssen Patienten etwas tun: Nämlich einmal im Jahr zur Vorsorgeuntersuchung gehen.<br />

Versicherte von 6 bis 19 Jahren müssen öfter: Nämlich alle sechs Monate. Der Versicherte erhält einen<br />

Kassenbonus von zehn Prozentpunkten, wenn er in den letzten fünf Jahren vor Behandlungsbeginn alle<br />

Vorsorgeuntersuchen hat machen lassen (statt 50 Prozent übernimmt die Kasse dann 60 Prozent der<br />

Kosten). Weist der Patient sogar zehn Jahre lückenloser Vorsorge nach, übernimmt die Kasse sogar 65<br />

Prozent der Kosten. Bei einem aufwändigeren Zahnersatz als nötig, trägt der Patient die Mehrkosten<br />

selbst.<br />

Kinder: Behandlungen für Versicherte unter 18 Jahren werden mit 80 bis 90 Prozent bezuschusst.<br />

Befindet sich nur ein Kind in kieferorthopädischer Behandlung, übernimmt die Kasse 80 Prozent der<br />

Kosten, bei mehreren Kindern zahlt sie 90 Prozent. Der Rest wird allerdings nach erfolgreichem<br />

Abschluss der Behandlung von der Kasse erstattet, sobald ihr ein Nachweis in Form einer Bestätigung<br />

des Zahnarztes oder des Kieferorthopäden vorliegt.<br />

Zusatzversicherungen: Wer eine Zusatzversicherung abgeschlossen hat, sollte genau prüfen, welche<br />

Leistungen diese umfasst und ob diese alle benötigt werden und den Vertrag gegebenenfalls anpassen.<br />

Wer eine Zusatzversicherung für Zahnersatz allein wegen der geplanten Einschränkung durch die<br />

Gesundheitsreform abgeschlossen hat und sie nun kündigen will, hat kein automatisches<br />

Kündigungsrecht. Er müsste konkret nachweisen, dass der Vertrag nur zu diesem Zweck geschlossen<br />

wurde, was im Einzelfall nur schwer möglich sein wird. Es wird daher für ihn bei der regulären jährlichen<br />

Kündigungsfrist bleiben.<br />

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Bauen & Wohnen:<br />

<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

Mieterbund: BGH hebelt Mietrechtsreform aus<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

Karlsruhe (dpa) - Mit einem Urteil zur Einschränkung des Kündigungsrechts hat der Bundesgerichtshof<br />

(BGH) heftige Kritik auf sich gezogen. Der BGH in Karlsruhe entschied in einem am Donnerstag<br />

veröffentlichten Urteil, dass Mieter und Vermieter mit einem Formularmietvertrag das gesetzliche<br />

Kündigungsrecht für einen bestimmten Zeitraum ausschließen können. Der Mieterbund bewertete das als<br />

einen Rückfall hinter die Mietrechtsreform von 2001. Durch die Hintertür führe der BGH wieder die<br />

Möglichkeit einfacher Zeitmietverträge und überlanger Kündigungsfristen ein, kritisierte der Mieterbund-<br />

Direktor Franz-Georg Rips.<br />

Am 1. September 2001 hatte der Gesetzgeber eine mieterfreundliche Kündigungsfrist von drei Monaten<br />

eingeführt. Bereits im Dezember 2003 hatte der BGH entschieden, dass Mietverträge dennoch für einen<br />

bestimmten Zeitraum das gesetzliche Kündigungsrecht ausschließen dürfen. Im damaligen Fall ging es<br />

um entsprechende handschriftliche Vertragszusätze, im aktuellen Fall um einen Formularmietvertrag mit<br />

24-monatigem Kündigungsausschluss. Die Mieter zogen schon vor Ablauf dieser Frist aus. Der BGH gab<br />

der Klage des Vermieters <strong>Recht</strong>. (Urteil vom 30. Juni 2004 - Az: VIII ZR 379/03)<br />

Nach Überzeugung der Bundesrichter wollte der Gesetzgeber mit der Mietrechtsreform die<br />

Vertragsfreiheit zwischen Mietern und Vermietern stärken. Verboten sei demnach nur eine automatische<br />

Beendigung des Mietverhältnisses allein durch Zeitablauf, nicht aber eine längere Vertragsbindung von<br />

Mietern und Vermietern. Erlaubt seien aber unbefristete Mietverträge, die für einen bestimmten Zeitraum<br />

das <strong>Recht</strong> beider Seiten zur ordentlichen Kündigung ausschließen.<br />

Dagegen erklärte der Mieterbund: «Mit Hilfe des Bundesgerichtshofs können Vermieter jetzt die<br />

ungeliebten Neuregelungen der Mietrechtsreform im Ergebnis ausschließen. Statt kurzer<br />

Kündigungsfristen gibt es dann lange Kündigungsausschlüsse. Statt der erforderlichen Flexibilität und<br />

Mobilität für Mieter und Arbeitnehmer drohen jetzt langfristige Bindungen und Fesselungen an<br />

Mietverträge.»<br />

Bauen & Wohnen:<br />

Mindeststandard: Auch im unrenovierten Altbau<br />

(Val) Auch in einer unrenovierten Altbauwohnung können die Mieter einen gewissen Mindeststandard<br />

erwarten. Dazu gehört eine ausreichende Stromversorgung entschied der Bundesgerichtshof in<br />

Karlsruhe. Wenn das Parkett knarrt, müssen die Mieter es jedoch hinnehmen.<br />

Der BGH wies darauf hin, dass die Wohnung nicht als renoviert oder saniert angeboten worden sei.<br />

Daher hätten die Mieter damit rechnen müssen, dass ihre Ausstattung hinter dem aktuellen Stand<br />

zurückbleibe. Dennoch könnten die Mieter aber einen gewissen Mindeststandard erwarten, wie er in<br />

vergleichbaren Altbauwohnungen üblich sei.<br />

Für eine Stromversorgung nach aktuellem technischem Stand müsse der Vermieter danach nicht sorgen,<br />

wohl aber für eine Steckdose mit Sicherheitsschalter im Badezimmer. Die Stromversorgung muss auch<br />

ausreichen, um die üblichen Haushaltsgeräte zu betreiben. Neben dem Betrieb eines Großverbrauchers<br />

wie Spül- oder Waschmaschine müsse dabei auch der Betrieb weiterer kleinerer Geräte möglich sein,<br />

etwa eines Staubsaugers. Knarrendes Parkett dagegen gehöre zu den in Altbauwohnungen verbreiteten<br />

"Unzulänglichkeiten" und sei von den Mietern daher hinzunehmen.<br />

Bundesgerichtshof, VIII ZR 281/03<br />

SEITE - 11 -


Bauen & Wohnen:<br />

<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

Miete: Wann Mieter Nachfolger bestimmen können<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

(dpa) - In besonderen Situationen haben Mieter ein <strong>Recht</strong> darauf, einen Nachmieter zu stellen. Ein<br />

solcher Härtefall ist zum Beispiel gegeben, wenn Nachwuchs ansteht und die bisherige Wohnung zu klein<br />

ist, so der Deutsche Mieterbund (DMB) in Berlin.<br />

Auch wenn aus beruflichen Gründen ein Umzug in eine andere Stadt geboten ist, darf der Mieter einen so<br />

genannten Ersatzmieter bestimmen, um vor Ablauf der Kündigungsfrist aus dem Mietverhältnis<br />

auszuscheiden. Das Gleiche gilt, wenn der Mieter aus Gesundheits- oder Altersgründen zum Beispiel in<br />

ein Pflegeheim umziehen muss.<br />

In solchen Härtefällen, und auch bei zeitlich von vornherein befristeten Mietverhältnissen, reicht es, einen<br />

Interessenten für die Wohnung zu benennen. Der potenzielle Nachmieter muss objektiv in der Lage sein,<br />

die Miete zu bezahlen. Ob der Interessent dem Vermieter persönlich genehm ist oder nicht, spielt keine<br />

Rolle. Der Mietvertrag endet zu dem Zeitpunkt, zu dem der Interessent in die Wohnung einziehen würde.<br />

Das gilt unabhängig davon, ob tatsächlich ein Vertrag zu Stande kommt.<br />

Allerdings muss dem Vermieter eine gewisse Frist gewährt werden, um die Solvenz des Nachmieters<br />

prüfen zu können. Die <strong>Recht</strong>sprechung geht von acht bis zwölf Wochen aus. Deshalb lohnt es sich vor<br />

allem bei Kündigungsfristen von neun Monaten oder mehr, auf der Benennung eines Nachmieters zu<br />

beharren.<br />

Bauen & Wohnen:<br />

Streetball: Nachbarn müssen tolerant sein<br />

(dpa) - Mit der Klage gegen einen Streetballplatz in<br />

ihrer Nachbarschaft sind mehrere Kläger aus Kurtscheid (Kreis<br />

Neuwied) vor dem Verwaltungsgericht Koblenz gescheitert. Sie wollten verhindern, dass die Gemeinde<br />

auf einer Freizeitanlage mit Rasen, Tischtennisplatten, Kinderspielplatz und Bolzplatz auch einen<br />

Streetballplatz mit Basketballkorb und asphaltiertem Spielfeld einrichtet (1 K 1003/04.KO). Die Richter<br />

entschieden, dass die Bewohner durch das Spiel nicht in ihren <strong>Recht</strong>en beschnitten seien.<br />

Bauen & Wohnen:<br />

Fernsehen: Digital ist Mietersache<br />

(dpa) - Bei der Einführung des digitalen terrestrischen Fernsehens (DVB-T) müssen Mieter sich selbst<br />

eine so genannte Set-Top-Box kaufen. Darauf weist der Deutsche Mieterbund in Berlin unter Berufung<br />

auf ein Urteil des Landgerichts Berlin hin (Az.: 67 T 79/03). Betroffene Mieter können vom Vermieter<br />

weder die Ausstattung der Wohnung mit Decoder noch Kostenerstattung fordern.<br />

Dieses Gerät zu Preisen zwischen 120 und 200 Euro wird in den Regionen, die auf DVB-T umgestellt<br />

werden, nötig. Betroffen sind Haushalte, die ihr Programm ohne Kabel oder Satellit direkt über die<br />

klassische Fernsehantenne empfangen. Nach Ansicht des Gerichts ist der Wegfall der terrestrischen<br />

Ausstrahlung nicht vom Vermieter zu vertreten. Außerdem sei dieser auf Grund des Mietvertrages nicht<br />

zum Erhalt bestehender Empfangsmöglichkeiten verpflichtet, er sei dazu auch gar nicht in der Lage.<br />

Die Einführung des digitalen Fernsehens bedeutet nach Auffassung des Mieterbundes aber auch, dass<br />

Kabel und Satellit Konkurrenz bekommen. So können deutlich mehr Programme empfangen werden als<br />

mit der bisherigen terrestrischen Technik, und letztlich liegen die Kosten niedriger. Problematisch ist laut<br />

dem DMB aber, dass viele Mieter - unter Umständen über den Vermieter - langfristig an<br />

Kabelgesellschaften gebunden sind. Ob ein Kabelvertrag im Einzelfall gekündigt werden kann, sollte mit<br />

Hilfe des örtlichen Mietervereins geklärt werden.<br />

SEITE - 12 -


Ehe, Familie & Erben:<br />

Eigenheim: Nicht vor Vollstreckung sicher<br />

<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

(dpa) - Der Bundesgerichtshof (BGH) hat es Ehepaaren erschwert, ihr Eigenheim durch Übertragung auf<br />

den Partner vor den Gläubigern in Sicherheit zu bringen.<br />

Demnach darf der Gerichtsvollzieher auch ein Rückübereignungsrecht pfänden, mit dem sich<br />

beispielsweise der Mann den Zugriff auf die Immobilie sichern will, die er zuvor auf seine Frau<br />

überschrieben hat. Der Rückforderungsanspruch sei nicht stärker gegen eine Zwangsvollstreckung<br />

geschützt als das Eigentum selbst, befand der BGH. (Aktenzeichen: IX ZR 102/02 vom 20. Februar 2003)<br />

In dem Fall hatte ein Mann seiner Frau das gemeinsam bewohnte Eigenheim übereignet und sich in dem<br />

Vertrag das <strong>Recht</strong> vorbehalten, jederzeit und ohne Angabe von Gründen die Rückübertragung verlangen<br />

zu können. Ein Gläubiger, der wegen unbezahlten Forderungen von rund 35 000 Mark (17 900 Euro) die<br />

Zwangsvollstreckung betrieb, wollte mangels anderer Möglichkeiten auf das Haus zugreifen. Weil dies im<br />

Eigentum der Frau stand, ließ er das Rückübertragungsrecht pfänden. Nach den Worten des BGH ist die<br />

Pfändung wirksam, weil die Übereignung keine - gegen Zwangsvollstreckung geschützte - «ehebezogene<br />

Zuwendung» sei. Die eheinterne Verschiebung habe nichts mit der familiären Verbundenheit der Partner<br />

zu tun, weil der Rückübertragungsanspruch allein vom Belieben des Mannes abhänge.<br />

Ehe, Familie & Erben:<br />

Unterhalt: Mütter nichtehelicher Kinder benachteiligt<br />

(dpa) - In Deutschland herrscht nach Ansicht des Oberlandesgerichtes Hamm eine Ungleichbehandlung<br />

beim Unterhalt für Mütter ehelicher und nichtehelicher Kinder. Während verheiratete Mütter nach einer<br />

Trennung bis zu acht Jahren Unterhalt bekämen, seien es bei Müttern ohne Trauschein nur drei Jahre.<br />

Damit werde der im Grundgesetz verankerte Gedanke der Gleichbehandlung verletzt, heißt es in einem<br />

am Freitag veröffentlichten Beschluss der Hammer Richter vom 16. August (Az.: 5 UF 262/04). Der 5.<br />

Familiensenat verwies ein Unterhaltsverfahren zur Entscheidung an das Bundesverfassungsgericht in<br />

Karlsruhe.<br />

Verlässt ein verheirateter Vater seine Familie, muss er nicht nur für das Kind Unterhalt zahlen, sondern<br />

bis zu dessen achten Geburtstag auch für die Mutter. Tritt bei einem nicht verheirateten Paar die gleiche<br />

Situation ein, ist der Vater laut Gesetz schon am dritten Geburtstag des Kindes vom Unterhalt für die<br />

Mutter befreit.<br />

Ehe, Familie & Erben:<br />

Unterhalt: Verzicht kann sittenwidrig sein<br />

(dpa) - Ein völliger Unterhaltsverzicht ist grundsätzlich sittenwidrig und daher unwirksam. Das entschied<br />

das Saarländische Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken in einem Beschluss. Eine Ausnahme gelte<br />

nur, wenn der verzichtende Ehepartner auch nach der Scheidung wirtschaftlich und finanziell so gut<br />

gestellt sei, dass er nicht auf den Unterhalt angewiesen sei (Az.: 9 WF 35/04).<br />

Das Gericht hob mit seinem in der Zeitschrift «OLG-Report» veröffentlichten Beschluss eine<br />

Entscheidung des Amtsgerichts Saarlouis auf und verwies die Sache an die Vorinstanz zurück. Dem<br />

Amtsgericht hatte die Unterhaltsklage einer inzwischen geschiedenen Frau vorgelegen. Sie hatte für den<br />

<strong>Recht</strong>sstreit Prozesskostenhilfe beantragt, das Gericht deren Bewilligung aber verweigert. Die<br />

Begründung des Amtsgerichts: Die Frau habe in einem notariellen Vertrag auf nachehelichen Unterhalt<br />

verzichtet. Daher habe die Klage keine Erfolgsaussichten.<br />

SEITE - 13 -


<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

Das OLG sah die <strong>Recht</strong>slage anders. Das Amtsgericht hätte aufklären müssen, ob die Klägerin auf die<br />

Unterhaltszahlungen angewiesen und der Unterhaltsverzicht daher sittenwidrig sei. Dies müsse nun<br />

nachgeholt und erst dann dürfe über den Prozesskostenhilfeantrag abschließend entschieden werden.<br />

Ehe, Familie & Erben:<br />

Namensänderung: Verstorbener kann nicht zustimmen<br />

(dpa) - Ein Kind kann nach dem Tod seines Stiefvaters nicht mehr dessen Familiennamen erhalten. Das<br />

entschied das Pfälzische Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken in einem Beschluss. Die Begründung<br />

der Richter: Die Namensänderung könne nicht ohne Zustimmung des Stiefvaters erfolgen. Wenn dieser<br />

verstorben sei, könne diese «höchstpersönliche Erklärung» von niemandem ersetzt werden (Az.: 2 UF<br />

180/03).<br />

Das Gericht lehnte es mit seinem grundlegenden Beschluss ab, einem Jugendlichen den Familiennamen<br />

des verstorbenen Stiefvaters zu geben. Die Mutter des Jugendlichen hatte nach ihrer Wiederheirat den<br />

Namen des neuen Ehemannes angenommen, der Junge behielt den Familiennamen seines leiblichen<br />

Vaters. Nach dem Tod des Stiefvaters wollte die Mutter, dass ihr Sohn den gleichen Familiennamen<br />

tragen solle wie sie selbst.<br />

Das OLG winkte jedoch ab. Der Gesetzgeber habe ausdrücklich vorgesehen, dass der Stiefvater<br />

höchstpersönlich zustimmen müsse, wenn ein nicht leibliches Kind seinen Familiennamen erhalten solle.<br />

Da das Gesetz aber keine Regelung getroffen habe, wer nach dessen Tod diese Zustimmung erteilen<br />

könne, komme eine Namensänderung nicht mehr in Frage, entschieden die Richter in ihrem in der<br />

Zeitschrift «OLG-Report» veröffentlichten Beschluss.<br />

Ehe, Familie & Erben:<br />

Unterhalt: Auch trotz schulischem Versagen<br />

(dpa) - Schulversagen eines minderjährigen Kindes<br />

führt nicht ohne weiteres zum Verlust des Anspruchs auf so genannten Ausbildungsunterhalt. Das<br />

entschied das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz in einem am Freitag bekannt gewordenen Beschluss.<br />

Vielmehr sei mangelnde Leistungsbereitschaft bei Minderjährigen nicht von Bedeutung, wenn es sich um<br />

ein lediglich vorübergehendes leichtes Versagen handele (Az.: 13 WF 144/04).<br />

Familie und Kinder:<br />

Kindergeld: Auch bei Promotion<br />

(dpa) - Kindergeld erhalten Eltern auch dann, wenn Sohn oder Tochter promovieren. Das hat der<br />

Bundesfinanzhof (BFH) in München entschieden, wie das Institut für Wirtschaftspublizistik (IWW) in<br />

Würzburg mitteilt (Aktenzeichen: VIII R 30/03). Damit hat das Gericht klargestellt, dass ein Promotions-<br />

Arbeitsverhältnis als Berufsausbildung zu werten ist, was Voraussetzung für die Zahlung von Kindergeld<br />

ist.<br />

Dabei spielt es grundsätzlich keine Rolle, wie hoch die Vergütung für das Dienstverhältnis ist und ob die<br />

Promotion zwingende Voraussetzung für das Berufsziel des Kindes ist. Unerheblich ist auch, ob das<br />

Dienstverhältnis nur eine Teilzeit-Tätigkeit ist und ob dabei auch Aufgaben erledigt werden müssen, die<br />

nicht der Vorbereitung der Doktorarbeit dienen.<br />

Die Einkünfte des Kindes werden allerdings auf die «kindergeldschädliche» Einkommensgrenze von<br />

7.680 Euro im Jahr angerechnet. Haben Sohn oder Tochter ein zu hohes Einkommen, kann dies laut<br />

IWW dazu führen, dass die Eltern für die Promotionszeit kein Kindergeld erhalten.<br />

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Familie und Kinder:<br />

<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

Frischverheiratet: Besondere Veranlagung möglich<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

(Val) Auf Antrag können Ehepartner im ersten Jahr ihrer Ehe eine besondere Veranlaung beantragen. Mit<br />

der besonderen Veranlagung werden Ehepartner wie Ledige behandelt. Dies hat unter anderem zur<br />

Folge, dass der Splittingtarif nicht zur Anwendung kommt.<br />

Durch eine besondere Veranlagung können sich folgende Vergünstigungen ergeben:<br />

- War ein Partner vor der Ehe Alleinerziehender, würde mit einer gemeinsamen Veranlagung der<br />

Haushaltfreibetrag verloren gehen, denn nur Alleinerziehenden steht dieser zu. Für die Kalenderjahre<br />

2003 und 2004 beträgt der Haushaltfreibetrag 1.188 Euro. Im Rahmen einer besonderen Veranlagung<br />

bleibt dieser Betrag abzugsfähig.<br />

- Bei einer gemeinsamen Veranlagung würde die Freigrenze für die Gewährung der Eigenheimzulage<br />

überschritten. Beträgt jedoch das Einkommen eines Partners weniger als 81.807 Euro (Einkünfte des<br />

Vorjahres), so würde für ihn die Eigenheimzulage bei der besonderen Veranlagung (zumindest für ein<br />

Jahr) erhalten bleiben.<br />

Praxistipp:<br />

Die besondere Veranlagung lohnt sich nur, wenn beide Partner annähernd das gleich Einkommen<br />

beziehen. Denn der Splittingtarif führt insbesonders bei größeren Einkommensunterschieden zu<br />

Vorteilen. Diese verloren gegangenen Vorteile würden nicht in jedem Fall durch die Vergünstigungen<br />

einer besonderen Veranlagung ausgeglichen werde.<br />

Familie und Kinder:<br />

Freibetrag: Auslands-BAföG nur teilweise anrechenbar<br />

(Val) Ein Ausbildungsfreibetrag in Höhe von 924 Euro wird seit 2002 nur noch für volljährige und<br />

auswärts untergebrachte Kinder gewährt. Und dieser mickrige Betrag wird dann auch noch gekürzt, wenn<br />

das Kind eigene Einkünfte und Bezüge erzielt, die den Anrechnungsfreibetrag von 1 848 Euro<br />

überschreiten, oder Ausbildungshilfen als Zuschuss aus öffentlichen Mitteln erhält, die die<br />

Kostenpauschale von 180 Euro übersteigen.<br />

Eine Anrechnung öffentlicher Ausbildungshilfen auf den Ausbildungsfreibetrag darf das Finanzamt jedoch<br />

nicht vornehmen, wenn die Anrechnung mit dem besonderen Förderzweck unvereinbar ist: Dies ist<br />

beispielsweise der Fall bei Stipendien für ein Auslandsstudium aus dem Erasmus-/Sokrates-Programm<br />

der Europäischen Union (EU). Eine Anrechnung würde dem Förderzweck zuwider laufen. Das Programm<br />

will die Mobilität von Studenten innerhalb der EU fördern und ihnen einen Studienaufenthalt in einem<br />

anderen EU-Land ermöglichen. Damit sollen nicht die üblichen Unterhaltskosten, sondern nur die<br />

anfallenden Mehraufwendungen abgedeckt werden (Urteil des Bundesfinanzhofes vom 17.10.2001,<br />

veröffentlicht in: BStBl. 2002, Band II, Seite 793).<br />

Jetzt hat aktuell das Finanzgericht (FG) Sachsen-Anhalt zugunsten der Eltern entschieden, dass bei<br />

einem Studium im Ausland das gewährte Auslands-BAföG nicht mit dem vollen Zuschussbetrag<br />

angerechnet werden muss. Eine Anrechnung des Zuschussanteils kommt nur insoweit in Betracht, wie er<br />

anteilig auf den vom BAföG-Amt ermittelten Grundbedarf entfällt (Urteil des FG Sachsen-Anhalt vom<br />

29.10.2003, veröffentlicht in: EFG 2004, Seite 906).<br />

SEITE - 15 -


Familie und Kinder:<br />

<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

Ledige Väter: Unterhalt außergewöhnliche Belastung<br />

(Val) Aktuell veröffentlicht wurde ein Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH), das vor allem für ledige Väter<br />

interessant sein dürfte:<br />

Aufwendungen des Vaters in Erfüllung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs der nicht mit ihm<br />

verheirateten Mutter seines Kindes aus Anlass der Geburt können als außergewöhnliche Belastung nach<br />

§ 33a Absatz 1 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) berücksichtigt werden, sofern für die Mutter des<br />

Kindes kein Anspruch auf einen Kinderfreibetrag oder auf Kindergeld besteht.<br />

Urteil des BFH vom 19.05.2004, Aktenzeichen: III R 30/02.<br />

Familie und Kinder:<br />

Ferienjob: Lohnsteuer erstatten lassen<br />

(Val) Schüler und Studenten, die ihr Taschengeld mit einem Ferienjob aufbessern, können meist mit einer<br />

beachtlichen Steuererstattung rechnen. Wer einer befristeten Aushilfstätigkeit nachgeht, sollte sich daher<br />

dringend seine Lohnsteuerkarte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber<br />

zurückgeben lassen. Für die zunächst vom Arbeitgeber einbehaltene Lohnsteuer kann nach Ablauf des<br />

Jahres eine Erstattung beim Finanzamt beantragt werden.<br />

Der Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet, am Monatsende die Lohnsteuer auf der Grundlage eines<br />

hochgerechneten Jahresarbeitslohns zu ermitteln und an das Finanzamt abzuführen. Für diese<br />

Berechnung wird unterstellt, dass der Arbeitslohn das ganze Jahr bezogen wird. Da die Ferienarbeit aber<br />

nur wenige Wochen lang ausgeübt wird, liegen die Einkünfte meist unter den für das ganze Jahr<br />

geltenden Freibeträgen. Von den erzielten Einnahmen werden der Arbeitnehmer-Pauschbetrag in Höhe<br />

von 920 Euro, der Sonderausgaben-Pauschbetrag in Höhe von 36 Euro, die in Abhängigkeit von der<br />

Lohnhöhe berechnete Vorsorgepauschale sowie der Grundfreibetrag in Höhe von 7 664 Euro abgezogen.<br />

Aufgrund dieser hohen Freibeträge werden die einbehaltene Lohnsteuer, der Solidaritätszuschlag und die<br />

gegebenenfalls einbehaltene Kirchensteuer bis zu einem Jahresarbeitslohn von rund 10 700 Euro in<br />

vollem Umfang erstattet, sofern keine weiteren Einkünfte vorliegen.<br />

Familie und Kinder:<br />

Kindergeld: Geldgeschenk bleibt anrechnungsfrei<br />

(Val) Die jährlichen Einkünfte und Bezüge (Geld- und Sachleistungen) des Kindes dürfen den Betrag von<br />

7.188 Euro (im Jahr 2002/ 2003) oder 7.680 Euro (im Jahr 2004) nicht überschreiten. Ansonsten wird<br />

kein Kindergeld gezahlt.<br />

Eltern darf das Kindergeld für ihre volljährigen Kinder in der Ausbildung aber nicht entzogen werden,<br />

wenn ihr Nachwuchs Geldgeschenke erhält, das ausdrücklich "zur Kapitalanlage bestimmt" ist. Nur die<br />

aus einem solchen Vermögen resultierenden Einkünfte sind zu berücksichtigen, wenn festgestellt werden<br />

soll, ob der für das Kindergeld maßgebende Einkommensfreibetrag überschritten wird. (Urteil des<br />

Bundesfinanzhofs vom 28.01.2004, Aktenzeichen: VIII R 21/02).<br />

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Immobilienbesitzer:<br />

<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

Eigenheimzulage: Nicht bei mittelbarer Schenkung<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

(Val) Anschaffungs- oder Herstellungskosten für eine Wohnung hat auch derjenige, der die Wohnung mit<br />

Geld finanziert, das er geschenkt erhielt und darüber frei verfügen kann. Und deshalb besteht in diesem<br />

Fall Anspruch auf die Eigenheimzulage. Wird hingegen die Wohnung geschenkt, liegen keine<br />

Anschaffungskosten vor, sodass auch keine Eigenheimzulage gewährt wird.<br />

Eine mittelbare Grundstücksschenkung ist eine Geldschenkung unter der Auflage, damit eine genau<br />

bestimmte Eigentumswohnung zu erwerben oder herzustellen. Sie führt zu einem unentgeltlichen Erwerb.<br />

Daher hat der Beschenkte mangels Anschaffungs- oder Herstellungskosten keinen Anspruch auf die<br />

Eigenheimzulage.<br />

Voraussetzung für die mittelbare Grundstücksschenkung durch Hingabe eines Geldbetrages ist, dass im<br />

Voraus eine klare und eindeutige Schenkungsabrede getroffen wird, nach welcher ein ganz bestimmtes<br />

Grundstück und nicht etwa der Geldbetrag geschenkt wird. Das bringt bei der Schenkungsteuer einen<br />

erheblichen Vorteil: Die Schenkung wird dann lediglich mit dem Grundbesitzwert, d. h. mit ca. 50 % des<br />

Verkehrswertes, bewertet.<br />

Falls der so Beschenkte neben dem geschenkten Geldbetrag jedoch eigene Mittel beisteuert, liegt ein<br />

teilentgeltlicher Erwerb vor. In diesem Fall gilt der Eigenanteil als Bemessungsgrundlage für die<br />

Eigenheimzulage.<br />

STEUERTIPP: Bei einem teilentgeltlichen Erwerb kann die Eigenheimzulage bereits dann in voller Höhe<br />

beansprucht werden, wenn der Beschenkte aus eigenen Mitteln Anschaffungskosten in Höhe von 125<br />

000 EUR (ab 2004) bzw. 51 120 EUR (bis 2003) trägt. Denn dies ist der Höchstbetrag der förderfähigen<br />

Bemessungsgrundlage. Ein teilentgeltlicher Erwerb führt nicht dazu, dass der Zulagenhöchstbetrag<br />

anteilig gekürzt wird.<br />

Immobilienbesitzer:<br />

Nachbarrechte: Verzicht nicht steuerpflichtig<br />

(Val) Mit dem Verkauf von Grundstücken können auch andere als finanzielle Zwecke verfolgt werden.<br />

Das muss nicht steuerlich nachteilig sein:<br />

Veräußert ein Steuerpflichtiger sein Grundstück an seinen Nachbarn, der mit dem Eigentumserwerb<br />

zugleich erreichen möchte, dass der Steuerpflichtige seine öffentlich-rechtlichen Abwehrrechte gegen<br />

dessen Bauvorhaben nicht (mehr) geltend macht, so ist das Entgelt dem nicht nach § 22 Nr. 3 EStG<br />

steuerbaren Veräußerungsvorgang auch dann zuzuordnen, wenn sich der Steuerpflichtige im Kaufvertrag<br />

ausdrücklich zum Verzicht auf seine Nachbarrechte verpflichtet.<br />

Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 18.05.2004, Aktenzeichen: IX R 63/02 (veröffentlicht am<br />

25.8.04) .<br />

Immobilienbesitzer:<br />

Grundstücksbesetzung: Zwangsräumung absetzbar?<br />

(Val) In einem aktuell veröffentlichten Urteil hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit den Kosten für die<br />

Zwangsräumung besetzter Grundstücke befasst:<br />

Wird ein unbebautes, besetztes Grundstück zwangsweise geräumt, um es anschließend teilweise<br />

bebauen und teilweise als Freifläche vermieten zu können, sind die Aufwendungen für die<br />

Zwangsräumung, soweit sie die zu bebauende Fläche betreffen, Herstellungskosten der später<br />

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<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

errichteten Gebäude, und soweit sie die Freifläche betreffen, Anschaffungskosten des Grund und<br />

Bodens.<br />

Urteil des BFH vom 18.05.2004, Aktenzeichen: IX R 57/01 (veröffentlicht am 25.08.2004).<br />

Immobilienbesitzer:<br />

Steuerpflichtig: Grundüberlassung zu Bauzwecken<br />

(dpa) - Nimmt ein Bauherr während der Bauzeit<br />

ein Nachbargrundstück mit in Anspruch und zahlt dem Besitzer einen Ausgleich, muss dieser das Geld<br />

versteuern. Das geht aus einem Urteil des Bundesfinanzhofes in München hervor (Az.: IX R 43/03), auf<br />

das die Landesbausparkassen (LBS) in Berlin hinweisen. Schließlich handle es sich um Einnahmen aus<br />

Vermietung und Verpachtung.<br />

In dem Fall hatte eine Baufirma ein Mehrfamilienhaus errichtet und Aushub sowie Geräte auf dem<br />

Grundstück des Nachbarn deponiert. Dieser konnte seinen Grund und Boden nur eingeschränkt nutzen<br />

und erhielt als Gegenleistung 20 000 Euro. Während der Mann dieses Geld als «Entschädigung» ansah,<br />

stufte das Gericht die Summe als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung ein. Es komme nicht<br />

darauf an, ob die Parteien in ihrem Vertrag diese Begriffe ausdrücklich verwendet hätten oder nicht.<br />

Immobilienbesitzer:<br />

Umweltbelastungen: Beseitigung steuerlich absetzbar<br />

(Val) Aufwendungen, die bei der Beseitigung von Umweltbelastungen entstanden sind, können steuerlich<br />

berücksichtigt werden, wenn durch die Umweltbelastung eine gesundheitliche Gefährdung bestanden hat<br />

und die konkrete Gesundheitsgefährdung vom Steuerpflichtigen durch ein Gutachten einer zuständigen<br />

amtlichen technischen Stelle (z.B. TÜV) nachgewiesen worden ist. Zudem muss die Beseitigung der<br />

Umweltbelastung unerlässlich sein und eine ordnungsgemäße Entsorgung der Schadstoffe<br />

nachgewiesen werden. Der Bundesfinanzhof hat mit seinem Urteil vom 9.8.2002 entschieden, dass ein<br />

amtsärztliches Attest nicht notwendig ist, um die Gesundheitsgefährdung nachzuweisen. Dabei ging es<br />

im benannten Urteil um die Freisetzung von Asbestfasern.<br />

Steuerpflichtige können entstandene Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen bei ihrer<br />

Steuererklärung absetzen. Für Unternehmer entstehen durch die Beseitigung von Umweltbelastungen<br />

Betriebsausgaben. Kommt es durch die Beseitigung von Umweltbelastungen zu einer Wertverbesserung<br />

(z.B. eines Gebäudes), kann es zur Anrechung eines Vorteilsausgleichs auf die steuerlich angesetzten<br />

Ausgaben kommen.<br />

Immobilienbesitzer:<br />

Baudenkmäler: Genießen steuerliche Förderung<br />

(Val) Ob es sich bei einem Gebäudes um ein Baudenkmal handelt, entscheiden die jeweiligen<br />

landesrechtlichen Denkmalschutzvorschriften (Landesdenkmalschutzgesetz). Wird ein Gebäude oder ein<br />

Gebäudeensembel als Baudenkmal klassifiziert, so können steuerliche Förderungen in Anspruch<br />

genommen werden.<br />

Mit dem "Gesetz zur steuerlichen Förderung des Wohnungsbaus und zur Ergänzung des<br />

Steuerreformgesetzes 1990" (7.12.1989) wurden vom Gesetzgeber neuer Fördervorschriften im<br />

Einkommensteuergesetz fixiert. Insbesondere werden dadurch Baudenkmäler und Gebäude in<br />

Sanierungsgebieten und in städtebaulichen Entwicklungsgebieten gefördert. Eine steuerliche<br />

Berücksichtigung der Aufwendungen für Baudenkmale wird durch einen Abzug von der<br />

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<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

Bemessungsgrundlage erreicht. Baudenkmäler werden durch eine erhöhte Absetzung, eine<br />

Steuerbegünstigung für zu eigenen Wohnzwecken genutzte Baudenkmale, eine Steuerbegünstigung für<br />

schutzwürdige Kulturgüter und ein Sonderbehandlung von Erhaltungsaufwand bei Baudenkmälern<br />

gefördert.<br />

Erhöhte Absetzung (§ 7i EStG) - <strong>Recht</strong>slage bis zum 31.12.2003: Bis zu 10 Prozent der<br />

Herstellungskosten sind im Jahr der Herstellung und in den nachfolgenden neun Jahren absetzbar. Das<br />

begünstigte Gebäude darf nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden. <strong>Recht</strong>slage ab 1.1.2004<br />

(Maßnahmen die nach dem 31.12.2003 begonnen haben.): Für die ersten 8 Jahre können nur noch 9<br />

Prozent und für die folgenden vier Jahre nur noch 7 Prozent abgeschrieben werden.<br />

Steuerbegünstigung für zu eigenen Wohnzwecken genutzte Baudenkmale (§ 10f EStG) <strong>Recht</strong>slage bis<br />

31.12.2003: Aufwendungen für das eigene genutzte Gebäude können im Jahr der Baumaßnahme und in<br />

den folgenden neun Jahren zu 10 Prozent als Sonderausgaben abgesetzt werden. <strong>Recht</strong>slage ab<br />

1.1.2004: Der Sonderausgabenabzug kann für 10 Jahre genutzt werden und beträgt nur noch 9 Prozent<br />

der begünstigten Aufwendungen. Daher können nur noch 90 Prozent der Aufwendungen steuermondernd<br />

abgesetzt werden.<br />

Steuerbegünstigung für schutzwürdige Kuturgüter (§ 10g EStG) <strong>Recht</strong>slage bis zum 31.12.2003:<br />

Gefördert werden Kulturgüter die weder zu eigenen Wohnzwecken noch zu Erzielung von Einkünften<br />

genutzt werden. Bis zu 10 Prozent der Aufwendungen können als Sonderausgaben abgezogen werden.<br />

<strong>Recht</strong>slage ab dem 1.1.2004: Für 10 Jahre können jährlich 9 Prozent als Sonderausgaben geltend<br />

gemacht werden.<br />

Sonderbehandlung von Erhaltungsaufwand bei Baudenkmälern (§ 11b EStG) Der Erhaltungsaufwand<br />

kann sofort in voller Höhe als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abgezogen werden.<br />

Praxistipp:<br />

Baumaßnahmen an denkmalgeschützten Gebäuden bzw. Kulturgütern sollten vor Beginn mit der<br />

jeweiligen Denkmalschutzbehörde abgestimmt werde. Denn eine steuerliche Förderung wird nur für<br />

denkmalschutznotwendige Aufwendungen gewährt. Diese sollte bereits vor Beginn der Baumaßnahmen<br />

von der Denkmalbehörde beziffert werden.<br />

Immobilienbesitzer:<br />

Vermietung: Was dazu gehört<br />

(Val) In den meisten Fällen werden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung durch die entgeltliche<br />

Überlassung von Zimmern, Wohnungen, Immobilien oder durch die Verpachtung von Grundbesitz erzielt.<br />

Zu den Einkünften aus Vermietung gehören aber auch die Entgelte aus der Vermietung von<br />

Betriebsvermögen und Wirtschaftsgütern sowie aus der zeitlichen Überlassung von <strong>Recht</strong>en. Hierzu<br />

gehören schriftstellerische, künstlerische und gewerbliche Urheberrechte. Des weiteren gehören zu den<br />

Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Einkünfte aus der Veräußerung von Miet- und<br />

Pachtzinsforderungen.<br />

Werden Grundstücke, Immobilien und <strong>Recht</strong>e nicht im Privatvermögen, sondern im Betriebsvermögen<br />

gehalten, wird das durch die Nutzungsüberlassung (Vermietung und Verpachtung) erzielte Entgelt den<br />

Betriebseinnahmen zugerechnet. In der Folge entstehen Einkünfte aus Gewerbebetrieb.<br />

Ab 2004 müssen Vermieter neue Umsatzsteuerpflichten erfüllen. So besteht künftig eine neue<br />

Zahlungsverpflichtung beziehungsweise Steuerschuldnerschaft des Vermieters für Reinigungsleistungen<br />

ausländischer Unternehmen und für Bauleistungen. Vermietet ein Vermieter mehr als zwei Wohnungen,<br />

so muss er die Umsatzsteuer nicht an das Unternehmen, sondern direkt an das Finanzamt zahlen.<br />

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Praxistipp:<br />

<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

Bei einer Vermietung von Wohnungseigentum, insbesondere an nahe Verwandte, sollte beachtet werden,<br />

dass der Mietzins nicht zu gering ausfällt. Ansonsten streicht das Finanzamt den Werbungskostenabzug.<br />

(näheres hierzu unter "Vermietungeinkünfte")<br />

Internet, Medien & Telekommunikation:<br />

Telefondaten: Kunde hat Anspruch auf Geheimhaltung<br />

(Val) Telefonkunden haben gegenüber ihrer Telefongesellschaft einen Anspruch auf Geheimhaltung ihrer<br />

Telefondaten. Eine Verletzung dieses <strong>Recht</strong>s auf Geheimhaltung stellt einen unzulässigen Eingriff in das<br />

allgemeine Persönlichkeitsrecht dar, der unter Umständen zu Schadensersatzansprüchen des<br />

Telefonkunden führen kann. Dies hat der 2. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena in einem<br />

am 18.08.2004 verkündeten Urteil entschieden.<br />

Der Senat hatte über die Klage eines Polizeibeamten zu entscheiden, der seine Telefongesellschaft<br />

gebeten hatte, von der Veröffentlichung seiner Telefonnummer abzusehen. Gleichwohl fand er sich im<br />

"Örtlichen Telefonbuch" und in der im Internet veröffentlichten Online-Ausgabe des Telefonbuchs wieder.<br />

Die Richter äußerten die Überzeugung, dass das <strong>Recht</strong> über die Bekanntgabe oder Nichtbekanntgabe<br />

der Daten für eine telefonische Kontaktaufnahme wie auch das <strong>Recht</strong> zur Bekanntgabe oder<br />

Nichtbekanntgabe der Adresse absoluten Schutz gegenüber jedermann genießen muss, mithin als<br />

Bestandteil des Persönlichkeitsrechts anzusehen ist. Bei leicht zugänglichen Daten sei die Organisation<br />

des Privaten als Ruhezone nur noch von der Zurückhaltung und dem Desinteresse der Mitbürger<br />

abhängig. In einer modernen Massengesellschaft mit abnehmenden Achtungsabständen erscheine dies<br />

aber unzureichend, so dass ein Anspruch auf Geheimhaltung der Daten bestehe.<br />

Das Gericht erkannte jedoch, dass nicht jede Verletzung des Persönlichkeitsrechts dazu führe, dem<br />

Betroffenen ein Schmerzensgeld zuzubilligen, zumal in der <strong>Recht</strong>sprechung seit langem anerkannt sei,<br />

dass nur eine schwerwiegende Verletzung dieses <strong>Recht</strong>s zu einem solchen Anspruch führe. Dies hat der<br />

Senat im vorliegenden Fall verneint und dabei insbesondere auch berücksichtigt, dass bei 37 Millionen<br />

Telefonbucheinträgen und etwa 30 Prozent Änderungen im Jahr Fehler unvermeidlich seien.<br />

Im konkreten Fall hat der Senat dem Kläger im Ergebnis dennoch ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.000<br />

Euro zugesprochen. Dieser Anspruch gründe aber nicht auf der Verletzung des allgemeinen<br />

Persönlichkeitsrechts des Klägers. Vielmehr sei hier die Gesundheit des Klägers in Form von<br />

psychischen Beeinträchtigungen und Schlafstörungen durch die Veröffentlichung seiner Telefondaten in<br />

erheblicher Weise beeinträchtigt worden.<br />

Urteil des Thüringer Oberlandesgericht vom 18.08.2004, Aktenzeichen: 2 U 1038/03.<br />

Internet, Medien & Telekommunikation:<br />

Journalisten: Informationsrechte gestärkt<br />

(dpa) - Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof<br />

hat das Informationsrecht der Medien gestärkt. Die Entscheidung eines Gemeinderates, Angelegenheiten<br />

in nichtöffentlicher Sitzung zu behandeln, sei allein kein zwingender Grund, der Presse Auskunft über<br />

dort gefasste Beschlüsse zu verweigern. Vielmehr müsse eine Güterabwägung zwischen der<br />

notwendigen Information der Öffentlichkeit und den Geheimhaltungsinteressen stattfinden. Das Gericht<br />

gab damit einem unterfränkischen Journalisten recht (Az.: 7 CE 04.1601).<br />

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Internet, Medien & Telekommunikation:<br />

Caroline-Urteil: Regierung akzeptiert<br />

<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

(dpa) - Trotz des massiven Drucks deutscher Medien akzeptierte die Bundesregierung das «Caroline-<br />

Urteil» des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Prominenten-Fotos. Im Gegensatz zu<br />

zahlreichen Verlagen und Rundfunkanstalten sieht das Kabinett die Pressefreiheit nicht durch die<br />

Straßburger Entscheidung gefährdet. Daher beschloss die Ministerrunde keine <strong>Recht</strong>smittel gegen das<br />

Urteil einzulegen, mit dem sich Prinzessin Caroline von Monaco am 24. Juni mit ihrer Klage gegen die<br />

Veröffentlichung von Fotos aus ihrem Privatleben durchgesetzt hatte.<br />

Zypries verwies nach der Sitzung darauf, dass auch nach dem Urteil insbesondere die Berichterstattung<br />

über Fehlverhalten von Politikern weiter möglich sei. Außerdem habe die Entscheidung der Europa-<br />

Richter «keine bindende Wirkung für die Gerichte in Deutschland». Sie sei lediglich «ein Beitrag zur<br />

Diskussion, wie die Grenzen zwischen Pressefreiheit und Persönlichkeitsrecht verlaufen». Es bleibe<br />

dabei, dass juristisch in Deutschland das Bundesverfassungsgericht das letzte Wort habe, auch wenn<br />

sich die hiesigen Gerichte mit dem Straßburger Urteil auseinandersetzen müssten.<br />

Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) appellierte an die Regierung, ihren Beschluss<br />

zu korrigieren. Wenn über Fehlverhalten von Personen der Zeitgeschichte wie prominente Schauspieler,<br />

Sportler, Künstler sowie Politiker und Repräsentanten der Wirtschaft nicht mehr umfassend und<br />

schonungslos berichtet werden dürfte, sei die Wächterfunktion der Presse ad absurdum geführt.<br />

Auch die deutschen Zeitschriftenverleger zeigten sich entsetzt über die Haltung der Bundesregierung.<br />

«Das ist ein schwerer Schlag gegen die grundgesetzlich geschützte Pressefreiheit», sagte Wolfgang<br />

Fürstner, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), in Berlin. Der Verband<br />

lasse jetzt prüfen, ob die Bundesregierung nicht verfassungsrechtlich verpflichtet sei, «die Pressefreiheit<br />

vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zu verteidigen».<br />

Dagegen begrüßte der Hamburger Medienanwalt Matthias Prinz, der das Urteil erwirkt hatte, die<br />

Kabinettsentscheidung. «Dieses Urteil ist von vielen missverstanden worden, die sich dagegen gewehrt<br />

haben», sagte Prinz der dpa. «Es schützt allein die Privatsphäre, und zwar von Prominenten und Nicht-<br />

Prominenten.» Der investigative Journalismus in Deutschland werde durch das «Caroline-Urteil» nicht<br />

behindert. Auch der Medienrechtler Christian Schertz sieht in dem Straßburger Urteil keine Gefahr für die<br />

Pressefreiheit. «Diejenigen, die das behaupten, haben das Urteil nicht wirklich gelesen», sagte er der<br />

Hamburger Wochenzeitung «Die Zeit».<br />

Der Europäische Gerichtshof hatte im Sommer nach elfjährigem <strong>Recht</strong>sstreit Caroline von Monaco <strong>Recht</strong><br />

gegeben. Sie hatte sich gegen die Veröffentlichung von Fotos aus ihrem Alltagsleben in mehreren<br />

deutschen Illustrierten gewandt, die noch das Karlsruher Verfassungsgericht als rechtmäßig eingestuft<br />

hatte. Die Fotos waren ohne ihr Wissen und ohne ihre Einwilligung aufgenommen worden und zeigten sie<br />

unter anderem beim Einkaufen und beim Reiten.<br />

Die Straßburger Richter räumten zwar ein Informationsrecht der Öffentlichkeit ein, das sich «unter<br />

besonderen Umständen auch auf das Privatleben von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens<br />

erstrecken kann», sahen dies aber im Fall Caroline von Hannover - die Prinzessin ist mit Prinz Ernst<br />

August von Hannover verheiratet - nicht gegeben. Die Öffentlichkeit könne «kein legitimes Interesse<br />

daran geltend machen zu erfahren, wo Caroline von Hannover sich aufhält und wie sie sich allgemein in<br />

ihrem Privatleben verhält». Jede Person, auch wenn sie eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens sei,<br />

dürfe die «legitime Erwartung» hegen, «dass ihr Privatleben geschützt und geachtet wird».<br />

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Staat & Verwaltung:<br />

<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

Einschulung: Kluger Kopf allein genügt nicht<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

(dpa) - Ein kluger Kopf allein genügt nicht für eine Einschulung. Das Verwaltungsgericht Braunschweig<br />

gab einer Schule <strong>Recht</strong>, die einen Fünfjährigen trotz überdurchschnittlicher Leistung ablehnte. Nicht nur<br />

geistig, auch körperlich und sozial müssten Kinder für einen Schulbesuch ausreichend entwickelt sein.<br />

Die Beurteilung hierzu obliege vornehmlich der Schule, teilte das Gericht am Donnerstag mit. Die Eltern<br />

eines im Dezember 1998 geborenen Jungen waren gegen eine Grundschule vor Gericht gezogen. (Az: 6<br />

B 332/04).<br />

Staat & Verwaltung:<br />

Studium: Auch ohne Abitur?<br />

(dpa) - Studieninteressenten ohne Abitur<br />

können nur dann eine Hochschule besuchen, wenn ihre berufliche Qualifikation staatlich anerkannt ist.<br />

Das hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg entschieden (Az.: 2 ME 1171/04). Die Richter bestätigten<br />

einen gleich lautenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Göttingen. Danach kann eine Tierarzthelferin<br />

mit einer Zusatzqualifikation als Tierphysiotherapeutin nicht Tiermedizin studieren, weil der Qualifikation<br />

die staatliche Anerkennung fehlt.<br />

Staat & Verwaltung:<br />

Lauschangriff: Nicht auf Ärzte und Journalisten<br />

(dpa) - Nach Protesten von allen Seiten will Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) den so<br />

genannten großen Lauschangriff auf Ärzte und Journalisten nun doch nicht ermöglichen. In der rotgrünen<br />

Koalition und aus dem Justizministerium wurde der dpa am Donnerstag bestätigt, dass Zypries<br />

ihren Entwurf zum Abhören von Büros und Privaträumen entsprechend korrigiert habe.<br />

Danach soll das Abhören von Gesprächen so genannter Berufsgeheimnisträger, zu denen auch<br />

<strong>Recht</strong>sanwälte und Abgeordnete gehören, in diesen Räumen weiter grundsätzlich tabu bleiben. Mit der<br />

geänderten Vorlage will die Ministerin nun in zwei Wochen in das Bundeskabinett gehen. Von der<br />

Änderung der Pläne hatte zuvor «Spiegel Online» berichtet.<br />

Die Ministerin hatte Ende Juni einen Gesetzentwurf vorgelegt, der im Gegensatz zur alten <strong>Recht</strong>slage<br />

das Abhören dieses Personenkreises stark erweitert hätte. Bislang ist ein Abhören nur gestattet, wenn<br />

etwa ein <strong>Recht</strong>sanwalt in Verdacht steht, selbst in eine Straftat verstrickt zu sein. Ein Abhören zur<br />

Beweisgewinnung mit Blick auf Strafverfahren gegen Dritte ist nicht möglich. Dabei bleibt es nun.<br />

Der ursprüngliche Gesetzentwurf hatte hingegen vorgesehen, dass ein Abhören auch dann zulässig sein<br />

sollte, wenn unabweisbare Bedürfnisse einer wirksamen Strafverfolgung unter besonderer Beachtung der<br />

Verhältnismäßigkeit dies erfordere. Dabei hatte Zypries unter anderem an die Terrorismus-Bekämpfung<br />

gedacht.<br />

Diese Passage war insbesondere bei den Grünen, aber auch in Teilen der SPD und bei Verbänden auf<br />

Kritik gestoßen. Der Deutschen Journalisten-Verband (DJV) sah darin einen Wegfall des<br />

Informantenschutzes. Journalisten seien im Zuge ihrer Recherchen in einigen Fällen auch gezwungen,<br />

Kontakt zu <strong>Recht</strong>sbrechern aufzunehmen, hieß es damals. «Wenn Journalisten überwacht werden,<br />

überlegt es sich ein Informant dreimal, ob er sich mit der Presse einlässt», hatte die Warnung gelautet.<br />

Insgesamt will Zypries mit der Neugereglung den Lauschangriff auf Privaträume weiter einschränken.<br />

Behörden sollen künftig nur dann zu Abhörtechniken greifen, wenn der Verdacht einer besonders<br />

schweren Straftat vorliegt. Dies ist der Fall, wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren zu<br />

erwarten ist.<br />

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<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

Die Bundesregierung reagiert damit auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, laut dem die<br />

akustische Wohnraumüberwachung in ihrer jetzigen Form verfassungswidrig ist und gegen die<br />

Menschenwürde verstößt.<br />

Staat & Verwaltung:<br />

Studiengebühr: Für Langzeitstudenten rechtmäßig<br />

(dpa) - Vor dem Verwaltungsgericht Münster ist erneut<br />

ein Antrag eines Langzeitstudenten auf <strong>Recht</strong>sschutz gegen die Erhebung von Studiengebühren<br />

gescheitert. Wie das Gericht am Freitag mitteilte, müsse die Gebühr erst nach der eineinhalbfachen<br />

Überschreitung der Regelstudienzeit gezahlt werden. Demnach «werde ein gebührenfreies Studium im<br />

Kern nach wie vor gewährleistet», hieß es nach der Entscheidung im Eilverfahren. Seit diesem<br />

Sommersemester müssen die Betroffenen einen Betrag von 650 Euro pro Halbjahr zahlen.<br />

Staat & Verwaltung:<br />

Müllgebühr: Auch ohne Abfall rechtens<br />

(dpa) - Eine Familie muss Müllgebühren zahlen, auch<br />

wenn bei ihr nach eigenen Angaben kein Abfall anfällt. Dies entschied das Verwaltungsgericht Koblenz<br />

laut einer Mitteilung vom Mittwoch. Geklagt hatte eine Familie aus dem Kreis Bad Kreuznach. Der<br />

Familienvater argumentierte, dass in dem Haushalt seit Jahren kein Restmüll mehr anfalle. Das Gericht<br />

entschied, die Gebühren seien zu <strong>Recht</strong> gestellt worden. Das Grundstück sei an die Abfallentsorgung<br />

angeschlossen und habe eine Abfalltonne bereitgestellt bekommen.<br />

Staat & Verwaltung:<br />

Justiz: Einfacherer <strong>Recht</strong>schutz vor Gerichten<br />

(Val) Ein neuer Gesetzentwurf der Bundesregierung soll das <strong>Recht</strong> des Bürgers auf rechtliches Gehör vor<br />

den Gerichten stärken. Die Fachgerichte sollen nun selbst in der Lage sein, über die Verletzung<br />

rechtlichen Gehörs zu entscheiden. Bisher war dies dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten.<br />

"Mit diesem Gesetz wird der <strong>Recht</strong>sschutz gegen die Verletzung von Verfahrensgrundrechten erheblich<br />

vereinfacht und verbessert: Wer künftig Grund zu der Annahme hat, dass ihm in einem Gerichtsverfahren<br />

nicht ausreichend rechtliches Gehör gewährt wurde, kann dies gerichtlich überprüfen lassen, ohne vor<br />

das Bundesverfassungsgericht ziehen zu müssen. So können Verstöße gegen den Anspruch auf<br />

rechtliches Gehör durch die Fachgerichte selbst sach- und zeitnah korrigiert werden. Das macht den<br />

<strong>Recht</strong>sschutz in allen Verfahrensordnungen effektiver", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.<br />

Dazu werden die Vorschriften über vorhandene <strong>Recht</strong>sbehelfe ergänzt. Soweit <strong>Recht</strong>sbehelfe nicht<br />

(mehr) zur Verfügung stehen, wird mit der Anhörungsrüge ein eigenständiger <strong>Recht</strong>sbehelf geschaffen.<br />

Die Anhörungsrüge ist bei dem Gericht zu erheben, das die gerügte Entscheidung erlassen hat.<br />

Ein Beispiel:<br />

Das Oberverwaltungsgericht weist eine Beschwerde von Frau B. zurück, mit der sie sich gegen die<br />

Stilllegung ihres Bauvorhabens durch das Verwaltungsgericht wendet. Dabei hat das<br />

Oberverwaltungsgericht einen wichtigen Schriftsatz von Frau B. übersehen. Bisher konnte sich Frau B.<br />

dagegen nur mit der Verfassungsbeschwerde wehren. Künftig kann sie sich mit der Anhörungsrüge<br />

unmittelbar an das Oberverwaltungsgericht wenden. Das Gericht muss dann prüfen, ob ihm ein Verstoß<br />

gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs unterlaufen ist und ob das Gericht anders entschieden<br />

hätte, wenn es den Schriftsatz gekannt hätte.<br />

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<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

Mit dem Gesetzentwurf erfüllt die Bundesregierung einen Gesetzgebungsauftrag des<br />

Bundesverfassungsgerichts. Das Gericht hatte in einem Beschluss vom 30. April 2003 festgestellt, dass<br />

die Verfahrensordnungen eine fachgerichtliche Abhilfemöglichkeit für den Fall vorsehen müssen, dass ein<br />

Gericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Die Regelungen<br />

werden ab dem 1. Januar 2005 gelten.<br />

Staat & Verwaltung:<br />

Zweitstudium: Gebühren rechtmäßig<br />

(dpa) - Das Verwaltungsgericht Frankfurt hat<br />

die von der Goethe-Universität erhobenen Gebühren für Zweitstudien bestätigt. Das Gericht lehnte in<br />

einer am Freitag veröffentlichten Entscheidung den Eilantrag eines fertig ausgebildeten <strong>Recht</strong>sanwalts<br />

ab, der für sein Englisch-Studium keine Gebühren bezahlen wollte. Während seines Referendariats hatte<br />

der Mann noch Politik studiert. Das Gericht vermutete, er habe sich damit die Vorteile des<br />

Studentenstatus wie zum Beispiel das Semesterticket sichern wollen.<br />

Unternehmer:<br />

Großspende: Bei Unternehmen zählen beide Grenzen<br />

(Val) Eine Spende von mehr als 25.565 Euro zur Förderung mildtätiger, wissenschaftlicher oder<br />

kultureller Zwecke kann im Jahr der Zuwendung - zusammen mit anderen Spenden - bis zu 10 % des<br />

Gesamtbetrags der Einkünfte als Sonderausgaben abgesetzt werden. Der übersteigende betrag kann im<br />

Vorjahr und in die folgenden fünf Jahren berücksichtigt werden.<br />

Bei Unternehmen ist der Abzug einer Großspende im Vorjahr und in den Folgejahren nach Auffassung<br />

der Finanzverwaltung nur dann möglich, wenn diese nicht nur die Grenze von 10 % des Gesamtbetrags<br />

der Einkünfte, sondern auch die andere in § 10b EStG genannte Grenze für Unternehmer überschreitet,<br />

nämlich 2 Promille der Summe der Umsätze und Löhne und Gehälter (OFD Hannover vom 20.4.1998, BB<br />

1998 S. 1671).<br />

Demgegenüber hatte das Finanzgericht Düsseldorf die Auffassung vertreten, dass der Abzug der<br />

Großspende im Vorjahr und in den fünf Folgejahren möglich ist, wenn nur eine der beiden Grenzen<br />

überschritten ist. Es genüge also für den Spendenrücktrag oder -vortrag, wenn die Großspende mehr als<br />

25.565 Euro betrage und die Grenze von 10 % des Gesamtbetrags der Einkünfte oder von 2 Promille der<br />

Umsätze und Löhne überschritten sei (FG Düsseldorf vom 16.8.1999, EFG 1999 S. 1219; auch FG<br />

Düsseldorf vom 27.5.2003, EFG 2003 S. 1616).<br />

Jetzt hat der Bundesfinanzhof die Streitfrage abschließend entschieden - und dem Fiskus <strong>Recht</strong><br />

gegeben. Damit die Großspende im Vorjahr oder/und in den Folgejahren steuermindernd berücksichtigt<br />

werden kann, müssen also im Jahr der Zuwendung erst einmal beide Grenzen überschritten sein (BFH-<br />

Urteil vom 4.5.2004, XI R 34/03).<br />

Unternehmer:<br />

Unternehmen: EU-Richtlinien werden umgesetzt<br />

(Val) Vorgaben der Europäischen Union (EU) in das deutsche Steuerrecht umzusetzen, ist das Ziel eines<br />

Gesetzentwurfs der Bundesregierung.<br />

Zum einen geht es um die Richtlinie über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und<br />

Tochtergesellschaften verschiedener EU-Mitgliedstaaten. Vorgesehen ist, die Liste der Gesellschaften,<br />

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auf die die Richtlinie angewendet wird, um bestimmt <strong>Recht</strong>sformen zu erweitern und die<br />

Mindestbeteiligung, ab der eine Gesellschaft als Mutter- und die andere als ihre Tochtergesellschaft<br />

anzusehen ist, schrittweise zu senken.<br />

Ferner geht es um die Richtlinie Gas und Elektrizität, deren Regelungen für die Mehrwertbesteuerung<br />

von Gas und Strom in den einzelnen Staaten unterschiedlich angewendet werden. Schwerpunkt der<br />

Änderung ist die Neubestimmung des Leistungsortes für die Lieferung von Gas oder Strom.<br />

Darüber hinaus sind Änderungen des EG-Beitreibungsgesetzes und des Kraftfahrzeugsteuergesetzes<br />

vorgesehen. Die Änderungen betreffen die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von<br />

Forderungen im Zusammenhang mit bestimmten Abgaben, Zöllen oder <strong>Steuern</strong> und die Harmonisierung<br />

der Fahrzeugpapiere in der EU.<br />

Darüber hinaus enthält der Gesetzentwurf weitere Anpassungen an das EU-<strong>Recht</strong> und gesetzgeberische<br />

Konsequenzen aus Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes. Unter anderem soll das<br />

Berufsrecht der Steuerberater liberalisiert werden. Neben der Zulassung des Syndikussteuerberaters soll<br />

nun auch die Zusammenarbeit von Berufsträgern mit Personen und Personenvereinigungen, die nicht<br />

unter das Steuerberatungsgesetz fallen, ermöglicht werden, sodass etwa Lohnsteuerhilfevereine mit<br />

Steuerberatern kooperieren können. Schließlich sollen Bilanzbuchhalter und Steuerfachwirte künftig auch<br />

Umsatzsteuer-Voranmeldungen erstellen können. Die Regierung erhofft sich von den Änderungen<br />

Steuermehreinnahmen ab 2006.<br />

Unternehmer:<br />

Mindestbesteuerung: Steuerberater warnen vor Erhöhung<br />

Berlin (dpa) - Der Steuerberaterverband hat vor einer höheren Mindestgewinnbesteuerung bei<br />

Unternehmen gewarnt. Eine von der SPD angestrebte Ausweitung der Besteuerung von 40 auf 50<br />

Prozent des Gewinns gefährde die Liquidität der Firmen und führe zu mehr Insolvenzen sowie<br />

Arbeitsplatzabbau, erklärte der Deutsche Steuerberaterverband am Donnerstag in Berlin. Zudem handele<br />

es sich bei der Mindestbesteuerung um eine Belastung «fiktiver Gewinne», wenn Verluste aus früheren<br />

Perioden nicht gegengerechnet werden könnten.<br />

«Durch die Besteuerung von Scheingewinnen wird den Unternehmen gerade die Liquidität entzogen, die<br />

für Investitionen und Aufschwung dringend benötigt wird», hieß es. Möglichkeiten zur Verrechnung von<br />

Verlusten mit aktuellen Gewinnen seien keine Steuerschlupflöcher. Sie ermöglichten es den<br />

Unternehmen vielmehr, langfristig zu kalkulieren.<br />

Mit Blick auf die von 2005 an geltende stärkere Besteuerung von Alterseinkünften riet der Verband<br />

Rentnern zu Einsprüchen. Vorruheständler, die in Zukunft steuerbelastet sind, sollten überlegen, ob sie<br />

Einspruch gegen ihre Einkommensteuerbescheide einlegen. «Denn nur durch Einspruch offen gehaltene<br />

Steuerfälle werden von Urteilen der Finanzgerichte zu Gunsten der Steuerpflichtigen partizipieren<br />

können», erklärte der Verband. Im Gegenzug zur stärkeren Besteuerung werden Beiträge der<br />

Arbeitnehmer zur Altersvorsorge schrittweise von der Steuer befreit.<br />

Unternehmer:<br />

Abschreibung: Alles unter 410 Euro sofort absetzbar<br />

(Val) Liegen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes nicht über 410 Euro<br />

(ohne Mehrwertsteuer), dann kann das Wirtschaftsgut im Jahr seiner Herstellung oder Anschaffung<br />

vollständig abgeschrieben werden. Sofort abschreibungsfähig sind jedoch nur abnutzbare bewegliche<br />

Wirtschaftsgüter. Damit scheidet eine sofortige Abschreibung von <strong>Recht</strong>en, Lizenzen und Patenten aus.<br />

Zudem müssen die Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen gehören. Umlaufvermögen wie Waren,<br />

Erzeugnisse, Roh- Hilfs- und Betriebsstoffe ist nicht begünstigt. Des weiteren wird gefordert, dass das<br />

Wirtschaftsgut selbständig nutzbar ist. Somit kann bei Anschaffung eines Personalcomputers, eines<br />

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Modems und eines Druckers keine Trennung zwischen den einzelnen Wirtschaftsgütern vorgenommen<br />

werden, vielmehr sind sie nur in ihrer Gesamtheit zu beurteilen.<br />

Geringwertige Wirtschaftsgüter müssen in ein laufend geführtes Verzeichnis aufgenommen werden. Im<br />

Verzeichnis muss der Tag der Anschaffung/ Herstellung, die Kosten der Anschaffung/ Herstellung und die<br />

genaue Bezeichnung des Wirtschaftsgutes vermerkt werden. Betragen die Anschaffungskosten/<br />

Herstellungskosten für das Wirtschaftsgut weniger als 50 ¿ so muss keine Aufnahme in das Verzeichnis<br />

erfolgen.<br />

Unternehmer:<br />

Geschäftswert: Die wertbildenden Faktoren<br />

(Val) Als Geschäftswert gilt der Mehrwert der den Substanzwert abzüglich der Schulden übersteigt. Der<br />

Geschäftswert gehört zu den immateriellen Vermögensgegenständen und verkörpert die Aussicht eines<br />

Unternehmen auf zukünftige Gewinne. Der Geschäftswert wird durch das Unternehmen gebildet und ist<br />

untrennbar mit dem Unternehmen verbunden. Als Geschäftswert bildende Faktoren gelten unter<br />

anderem: die Einkaufs- und Absatzorganisation, die Fähigkeiten und Fertigkeiten des Personals, die<br />

Lage einer Unternehmens bzw. eines Geschäftes oder der Bekanntheitsgrad und der Ruf eines<br />

Unternehmens.<br />

Wurde der Geschäftswert entgeltlich erworben, kann er aktiviert werden (handelsrechtliches<br />

Aktivierungswahlrecht). Ein entgeltlich erworbener Geschäftswert liegt unter anderen vor, wenn die<br />

Gegenleistung beim Kauf eines Unternehmens den Wert der aktiven und passiven Wirtschaftsgüter<br />

übersteigt. Nach den Bestimmungen des Handelsgesetzbuches müssen Kapitalgesellschaften den<br />

Geschäftswert gesondert ausweisen. Für kleine Kapitalgesellschaften besteht die Möglichkeit den<br />

Geschäftswert unter "Immaterielle Vermögensgegenstände" zu aktivieren. Wurde der Geschäftswert<br />

selbst geschaffen und damit nicht entgeltlich erworben, darf eine Aktivierung nicht erfolgen.<br />

Nach steuerrechtlichen Bestimmungen ist der entgeltlich erworbene Geschäftswert zu aktivieren<br />

(steuerrechtliche Aktivierungspflicht). Der Geschäftswert gehört zu den abnutzbaren Wirtschaftsgütern<br />

des Anlagevermögens und ist mit einer Nutzungsdauer von 15 Jahren abzuschreiben.<br />

Verbraucher, Versicherung & Haftung:<br />

Reisen: Ab Oktober neue Tierpass-Pflicht<br />

(Val) Die dreimonatige Übergangsfrist für den neuen EU-Heimtierausweis läuft aus: Ab 1.Oktober ist der<br />

Tierpass endgültig Pflicht. Darauf macht der ADAC aufmerksam. Wer danach mit Hund oder Katze ins<br />

Ausland reisen möchte, benötigt für die Vierbeiner das blaue EU-Dokument. Es gilt in allen 25 Staaten<br />

der Europäischen Union und attestiert, dass die Tiere gegen Tollwut geimpft sind. Das bisher gültige<br />

internationale Impfzeugnis gilt noch zwölf Monate seit Ausstellung.<br />

Aufpassen müssen Reisende mit dem Ziel Großbritannien, Irland, Schweden und Malta. In diesen vier<br />

Ländern gelten noch fünf Jahre lang die bisherigen, strengeren Bestimmungen mit Blutproben und<br />

Hepatitisimpfungen.<br />

Außerhalb der EU gilt der neue Heimtierausweis auch in der Schweiz, Island, Andorra, Liechtenstein,<br />

Monaco, Norwegen, San Marino, Vatikanstadt und Kroatien. In allen anderen Ländern gelten weiterhin<br />

nationale Bestimmungen.<br />

"Die vielen, unterschiedlichen Vorschriften haben Urlaub mit Vierbeinern bisher zu einem beschwerlichen<br />

Hindernislauf gemacht. Der EU-Heimtierausweis ist eine echte Erleichterung, weil er den<br />

Bestimmungsdschungel auflöst", sagt ADAC-Vizepräsident für Touristik, Max Stich.<br />

Der Tierpass kostet - ohne Impfkosten - rund 10 Euro. Zur Identifizierung der Vierbeiner enthält der<br />

Ausweis eine Kenn-Nummer. Spätestens ab 2011 brauchen Hunde und Katzen dafür einen Mikrochip.<br />

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STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

Tätowierungen, wie bisher, reichen dann nicht mehr aus. Wer will, kann in den Pass ein Bild des Tieres<br />

einkleben.<br />

Unabhängig davon weist der ADAC darauf hin, dass Hunde im Auto als Ladung gelten und zum Schutz<br />

der Insassen besonders gesichert werden müssen - beispielsweise mit Hundeboxen, Hundegurten oder<br />

Trenngittern. Verstöße werden grundsätzlich mit Bußgeld geahndet.<br />

Verbraucher, Versicherung & Haftung:<br />

Abfindung: Ist für Prozesskosten zu verwenden<br />

(dpa) - Wer nach einer Kündigung erfolgreich eine Abfindung erstreitet, kann nicht vollständig auf die<br />

Erstattung der Kosten durch die Prozesskostenhilfe setzen. Das geht aus einem am Donnerstag<br />

veröffentlichten Beschluss des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz hervor.<br />

Die Abfindung zähle wie jedes andere Einkommen zum Vermögen des Betroffenen, das er zur<br />

Prozessführung einsetze müsse, bevor er Anspruch auf die aus Steuermitteln finanzierte<br />

Prozesskostenhilfe habe, urteilte das Gericht.<br />

LAG Rheinland-Pfalz, Aktenzeichen: 10 Ta 170/04<br />

Verbraucher, Versicherung & Haftung:<br />

Operationsrisiko: Klinik muss immer aufklären<br />

(dpa) - Ein Krankenhaus muss über die Risiken einer Operation selbst dann aufklären, wenn der Eingriff<br />

in dieser Klinik noch nie misslungen ist. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz in einem<br />

Urteil (Az.: 5 U 844/03). Auch in diesem Fall habe der Patient Anspruch darauf, zu erfahren, ob es ein<br />

generelles Risiko gebe. Dies gelte insbesondere, wenn die Gefahr einer Verschlimmerung des Leidens<br />

bestehen könnte.<br />

Das Gericht gab mit seinem Urteil der Schadensersatzklage eines Patienten statt, der sich einer<br />

Hüftgelenksoperation unterzogen hatte. Als die Operation nicht den erhofften Erfolg hatte, hielt er den<br />

behandelnden Ärzten vor, ihre Aufklärungspflicht verletzt zu haben. Sie hätten kein Wort über die mit der<br />

Operation verbundenen Risiken und mögliche Folgen verloren. Die Ärzte verwiesen darauf, Eingriffe<br />

dieser Art seien in dieser Klinik noch nie misslungen.<br />

Dem OLG genügte dies nicht. Zwar müsse der Patient über das Misserfolgsrisiko nicht mit Angabe<br />

konkreter Prozentzahlen aufgeklärt werden. Bei ihm dürfe aber auch nicht der falsche Eindruck erweckt<br />

werden, die Operation sei ohne jedes Risiko. Dabei dürften die Ärzte die - grundsätzlich unverzichtbare -<br />

Aufklärung mit dem Hinweis verbinden, bei ihnen habe sich das Risiko noch nie verwirklicht.<br />

Verbraucher, Versicherung & Haftung:<br />

Firmenpleite: Anlageberater haftet<br />

(dpa) - Das Oberlandesgericht Bamberg hat einen<br />

Anlageberater für den Vermögensverlust eines Kunden haftbar gemacht. Der Berater müsse dem Mann<br />

insgesamt 24 000 Euro erstatten, geht aus dem am Freitag veröffentlichten Urteil hervor. Der<br />

Vermögensberater hatte dem betagten Kunden zum Kauf von Genussscheinen des später Pleite<br />

gegangenen Finanzdienstleisters SMP geraten. Dabei habe er die riskante Anlage wahrheitswidrig so<br />

sicher wie eine Spareinlage eingestuft (Aktenzeichen: 6 U 14/04, rechtskräftig).<br />

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Verbraucher, Versicherung & Haftung:<br />

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Reisepreisminderung: Treppe zum Meer zu lang<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

(dpa) - Ein Kölner Reiseveranstalter muss einer Spanien-Urlauberin wegen einer 107 Stufen langen<br />

Treppe bis zum Meer 20 Prozent des Pauschalpreises zurückzahlen. Im Reiseprospekt stand nur, das<br />

Hotel auf Fuerteventura liege «auf einer Anhöhe», außerdem war nicht erwähnt worden, dass die Treppe<br />

bei Flut überspült wird. Das geht aus einem Urteil des Amtsgerichts Köln hervor (Az 133 C 539/03).<br />

Verbraucher, Versicherung & Haftung:<br />

Zahnarzt: Muss über seltene Risiken aufklären<br />

(dpa) - Ein Zahnarzt muss einen Patienten auch über seltene Risiken aufklären. Dies gilt nach einem<br />

Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz, falls bei einer Verwirklichung des Risikos mit dauerhaften,<br />

erheblichen Beeinträchtigungen zu rechnen sei (Az.: 5 U 41/03). Das Gericht gab mit seinem Urteil der<br />

Klage eines Patienten auf Zahlung von 6000 Euro Schmerzensgeld statt.<br />

Der Patient wollte sich in einem Backenzahn eine Plombe erneuern lassen, berichtete der in Köln<br />

erscheinende «Anwalt-Suchservice». Der behandelnde Zahnarzt gab ihm eine Spritze, ohne den<br />

Patienten zuvor darüber aufzuklären, dass dadurch das geringe Risiko einer taub bleibenden Zunge<br />

bestehe. Im Fall des Klägers trat dies ein.<br />

Zu seiner <strong>Recht</strong>fertigung gab der Arzt später an, er habe auf die Aufklärung verzichtet, da dieses Risiko<br />

äußerst selten sei. Dem OLG genügte diese Entschuldigung nicht. <strong>Recht</strong>lich betrachtet sei wegen der<br />

unterbliebenen Aufklärung die Einwilligung des Patienten in die Behandlung unwirksam. Dies habe zur<br />

Folge, dass die gesamte Behandlung rechtswidrig sei und der Zahnarzt daher neben dem Schadenersatz<br />

auch zur Zahlung von Schmerzensgeld verpflichtet sei.<br />

Verbraucher, Versicherung & Haftung:<br />

Elektroschrott: Künftig kostenlose Abgabe möglich<br />

(dpa) - Elektroschrott soll künftig kostenlos<br />

zurückgegeben werden können. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat das Kabinett am Mittwoch in<br />

Berlin verabschiedet. Die Verbraucher könnten «ab Sommer nächsten Jahres ihre alten Elektro- und<br />

Elektronikgeräte kostenlos bei den kommunalen Sammelstellen zurückgeben», sagte Umweltminister<br />

Jürgen Trittin (Grüne). Die Entsorgung sollen Hersteller übernehmen. Ziel sei, Abfall zu vermeiden und<br />

die Wiederverwendung hochwertiger Stoffe zu fördern.<br />

Das Gesetz soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden. Der Bundesrat muss zustimmen. Umstritten<br />

ist noch, wer die Kosten der Kommunen für das Einsammeln des Elektroschrotts übernimmt. Der<br />

Deutsche Städte- und Gemeindebund schätzt die Kosten auf jährlich bis zu 300 Millionen Euro. Diese<br />

müssten auf die allgemeinen Abfallgebühren umgelegt werden und würden zusätzlich vier Euro je Bürger<br />

betragen. Dies sei nicht hinnehmbar. Darum müssten die Hersteller die Entsorgungskosten vollständig<br />

übernehmen.<br />

Die Industrie betonte, sie sehe keine <strong>Recht</strong>sgrundlage für die Haftung für Altgeräte, die bereits vor Jahren<br />

von teilweise nicht mehr existierenden Anbietern verkauft worden seien. Dennoch werde sie die<br />

finanzielle Verantwortung für Logistik, Verwertung und Recycling tragen, wenn die Kommunen die<br />

Sammlung der Altgeräte übernehmen, teilten der Zentralverband Elektrotechnik und Elektroindustrie und<br />

der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien mit.<br />

Mit dem Gesetz werden zwei EU-Richtlinien umgesetzt. Die Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe<br />

wird verboten und die Verantwortung für die Entsorgung der Altgeräte den Herstellern zugewiesen. Der<br />

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<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

Bundesregierung zufolge hat sich das Aufkommen von Elektroaltgeräten - vom Fernseher bis zur<br />

Stereoanlage - von 1 188 000 Tonnen im Jahr 1992 auf 2 099 000 Tonnen im Jahr 2000 erhöht. Die<br />

Rücknahmepflicht umfasst auch Geräte, die vor Inkrafttreten des Gesetzes verkauft wurden und sich<br />

keinem Hersteller zuordnen lassen.<br />

Verbraucher, Versicherung & Haftung:<br />

Auto: Händler muss auf Vorschäden untersuchen<br />

(Val) Das Landgericht (LG) München I gab einem Autokäufer <strong>Recht</strong> und verurteilte den Verkäufer eines<br />

Gebrauchtwagens zur Rückzahlung des Kaufpreises. Dieser hätte nämlich einen Unfallschaden an der<br />

Vordertür des Wagens im Rahmen seiner Untersuchungspflicht erkennen müssen. Er konnte sich nicht<br />

darauf berufen, von dem Schaden nichts gewusst zu haben.<br />

Nach der Beurteilung eines vom Gericht hinzugezogenen Sachverständigen sei der Schaden an der<br />

rechten Vordertüre erkennbar gewesen. Die Untersuchungspflicht des professionellen Kfz-Händlers<br />

schließe stets eine Lackschichtdickenmessung ein. Wäre eine solche Messung durchgeführt worden,<br />

wäre die Instandsetzung an der rechten vorderen Türe zur Kenntnis des Verkäufers gelangt. Bei einem<br />

Zeitaufwand von 1,25 Stunden und Reparaturkosten von 1.153, 12 DM, so steht es in der Rechnung,<br />

handle es sich auch nicht um einen Bagatellschaden. Der Händler hätte daher auf den erkennbaren<br />

Schaden beim Verkauf des Fahrzeugs hinweisen müssen.<br />

Am 23.02.02 hatte der Kläger von einem Kfz-Händler in München einen gebrauchten Pkw Marke Audi A<br />

6 zum Preis von 17.900,- Euro gekauft. Im Kaufvertrag war vermerkt, dass dem Verkäufer keine<br />

Unfallschäden bekannt seien und das Fahrzeug nach den Angaben des Vorbesitzers unfallfrei sei.<br />

Anhand einer Rechnung vom 15.11.01 stellte sich allerdings heraus, dass das Fahrzeug im Oktober 2001<br />

im Audi Zentrum München an der rechten Vordertüre repariert worden war.<br />

Der Kläger erklärte deshalb den Rücktritt vom Kaufvertrag. Er habe ausdrücklich ein unfallfreies<br />

Fahrzeug erwerben wollen. Der Händler weigerte sich, das Fahrzeug zurückzunehmen. Ihm sei kein<br />

Unfallschaden bekannt gewesen.<br />

Das Gericht verurteilte den Kfz-Händler zur Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rücknahme des<br />

Fahrzeugs.<br />

Landgericht München I, 6 O 12298/02<br />

Verbraucher, Versicherung & Haftung:<br />

Vorerkrankung: Versicherung trägt Beweislast<br />

(dpa) - Der Bundesgerichtshof (BGH) hat Versicherten den Rücken gestärkt: Ein Versicherer trägt die<br />

Beweislast, wenn er unterstellt, dass ein Versicherter arglistig seine Vorerkrankungen verschwiegen hat.<br />

Dies gilt zumindest dann, wenn ein Versicherungsagent den Vertrag ausgefüllt hat. Der BGH hob ein<br />

Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt auf und verwies es zur Neuverhandlung zurück.<br />

Im vorliegenden Fall war ein Schreiner nach einem Sturz bei Eisglätte im November 1999 berufsunfähig<br />

geworden. Seine Versicherung focht den Vertrag für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung an, weil<br />

die Berufsunfähigkeit aus ihrer Sicht auf einer Reihe von Vorerkrankungen beruhte, die im Vertrag nicht<br />

aufgelistet worden waren. Der Versicherte habe diese arglistig verschwiegen.<br />

Der Mann hatten dagegen behauptet, dass der Versicherungsagent, der den Vertrag im Zusammenhang<br />

mit einer Baufinanzierung vermittelte, ihn nur nach Gewicht, Größe und behandelndem Arzt gefragt habe.<br />

Weitere Fragen seien ihm weder mündlich noch schriftlich gestellt worden. Er habe den Antrag an der<br />

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<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

durch den Vermittler vorgegebenen Stelle unterzeichnet. Erst später habe der Agent ohne ihn das<br />

Antragsformular ausgefüllt.<br />

Der BGH entschied: Hat ein Versicherungsagent einen Antrag für den Versicherten ausgefüllt, so ist<br />

allein der ausgefüllte Antrag nicht Beweis für eine falsche Behauptung, wenn der Versicherte begründet<br />

behauptet, dass er mit den einzelnen Fragen gar nicht konfrontiert wurde oder den Agenten mündlich<br />

zutreffend informiert hat. Vielmehr müsse in einem solchen Fall der Versicherer beweisen, das alle im<br />

schriftlichen Formular beantworteten Fragen tatsächlich dem Antragsteller gestellt und von ihm<br />

beantwortet wurden.<br />

Wirtschaft, Wettbewerb & Handel:<br />

Auftragsvergabe: Karlsruhe stärkt Firmenrechte<br />

(dpa) - Das Bundesverfassungsgericht hat die <strong>Recht</strong>e von Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher<br />

Aufträge gestärkt. In einem am Mittwoch bekannt gegebenen Kammerbeschluss gaben die Karlsruher<br />

Richter der Verfassungsbeschwerde einer Baufirma statt. Diese fühlte sich durch die missverständliche<br />

Ausschreibung eines Auftrags benachteiligt. Nach einer nachträglichen Korrektur des Angebots rutschte<br />

die Firma auf Platz fünf der Bewerberliste ab und verfehlte den Zuschlag. Ihre Beschwerde gegen das<br />

Verfahren wurde vom Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main zu Unrecht zurückgewiesen, urteilten<br />

die Verfassungsrichter.<br />

Das OLG hat demnach die Voraussetzungen für einen gerichtlichen <strong>Recht</strong>sschutz überspannt. Der<br />

<strong>Recht</strong>sschutz müsse so weit wie möglich der Schaffung vollendeter Tatsachen zuvorkommen, betonte<br />

das höchste deutsche Gericht. Ein Nachprüfungsverfahren könne von jedem Unternehmen beantragt<br />

werden, das Interesse an einem bestimmten öffentlichen Auftrag habe und sich durch einen Verstoß des<br />

Auftraggebers gegen Vergabevorschriften benachteiligt sehe. Anders als vom OLG verlangt müsse die<br />

Firma nicht nachweisen, dass sie bei korrekter Anwendung der Vergabevorschriften den Auftrag erhalten<br />

hätte.<br />

Der OLG-Beschluss wurde aufgehoben und der Fall an das OLG zurückverwiesen. (Beschluss vom 29.<br />

Juli - Az: 2 BvR 2248/03)<br />

Wirtschaft, Wettbewerb & Handel:<br />

Drogerien: Streit um Arzneimittelverkauf<br />

(dpa) - Rezeptpflichtige Medikamente gibt es vorerst<br />

weiter nur in Apotheken. In der juristischen Auseinandersetzung über die Annahme von Rezepten in<br />

Drogeriemärkten fällte das Düsseldorfer Landgericht am Mittwoch keine inhaltliche Entscheidung. Die<br />

Frage müsse vor den ordentlichen Verwaltungsgerichten entschieden werden, teilte das Gericht mit. Die<br />

zweitgrößte deutsche Drogeriemarktkette dm hatte im Juni mit einer Internet-Apotheke einen Testvertrieb<br />

von apothekenpflichtigen Medikamenten gestartet. Nach dem Einschreiten des Gesundheitsamtes<br />

Düsseldorf hat dm den Testvertrieb ausgesetzt.<br />

Der juristische Streit schwelt weiter. Das Landgericht Düsseldorf wies am Mittwoch die<br />

Unterlassungsklage der Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs gegen die Karlsruher<br />

Drogeriemarktkette dm als unzulässig zurück. Das Gericht sei örtlich nicht zuständig, da der Hauptsitz der<br />

Kette in Karlsruhe sei und die acht Testfilialen in Nordrhein-Westfalen keine selbstständigen<br />

Niederlassungen seien.<br />

Zudem bestünde kein Anlass mehr für eine einstweilige Verfügung gegen den Medikamentenverkauf,<br />

weil dieser eingestellt worden sei, sagte die Vorsitzende Richterin der Zwölften Zivilkammer, Jutta von<br />

Gregory. dm habe das vom Gesundheitsamt erteilte Verkaufsverbot respektiert. Das Ziel der<br />

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<strong>MANDANTENBRIEF</strong> OKTOBER 2004<br />

STEUERBERATUNGSBÜRO HAAG<br />

Wettbewerbsschützer und der Apothekerkammer Nordrhein, der Drogeriekette zu untersagen,<br />

Verschreibungen zu sammeln und Medikamente zu verteilen, sei somit bereits erreicht. Das Urteil<br />

(Aktenzeichen: LG Düsseldorf, 12 O 267/04) kann nach Gerichtsangaben beim Oberlandesgericht<br />

angefochten werden.<br />

Hintergrund des dm-Vorstoßes ist die Gesundheitsreform. Seit Jahresbeginn ist der Versandhandel mit<br />

Medikamenten in Deutschland erlaubt, für den persönlichen Verkauf haben aber die herkömmlichen<br />

Apotheken weiter das Monpol. dm betont, dass die Medikamente von der niederländischen Europa<br />

Apotheek (Venlo) in Verkehr gebracht wurden. Die Rezepte wurden in einem Behälter der Apotheke bei<br />

dm eingeworfen. Die Bezahlung erfolgte per Überweisung.<br />

dm reagierte gelassen auf die Gerichtsentscheidung. Die Kette hat Widerspruch gegen die Untersagung<br />

des Gesundheitsamtes in Düsseldorf eingelegt. Auf diese Antwort werde jetzt gewartet, sagte ein<br />

Sprecher am Mittwoch in Karlsruhe. Die Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs prüft<br />

weitere Schritte. «Wir müssen überlegen, ob wir <strong>Recht</strong>smittel gegen die Entscheidung einlegen», sagte<br />

eine Sprecherin der Kammer.<br />

Wirtschaft, Wettbewerb & Handel:<br />

Arzneimittelwerbung: Arzt-Hinweis muss sein<br />

(dpa) - Auch bei der Werbung für ein frei verkäufliches Arzneimittel darf der Hinweis «Zu Risiken und<br />

Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker» nicht fehlen. Das entschied das<br />

Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt. Auch in einem solchen Fall müsse der Käufer im Interesse des<br />

Gesundheitsschutzes auf fachkompetente Beratung hingewiesen werden. Dies gelte insbesondere, wenn<br />

ein Arzneimittel tatsächlich nicht frei von Nebenwirkungen sei, argumentierten die Richter (Az.: 6 U<br />

79/03).<br />

Das Gericht wies mit seinem grundlegenden Urteil die Berufung des Inhabers eines Reformhauses<br />

zurück. Der Geschäftsmann hatte beim Verkauf eines Arzneimittels, das als Nebenwirkung Allergien<br />

auslösen kann, nicht auf die Beratungsmöglichkeit durch Ärzte oder Apotheker hingewiesen. Offenbar<br />

fürchtete er, andernfalls Kunden an Apotheker zu verlieren. Das OLG sah diese Befürchtungen aber nicht<br />

als tragend an. Die Hinweispflicht sei vielmehr ein zulässiger Eingriff in die <strong>Recht</strong>e des<br />

Reformhausinhabers.<br />

Zur Begründung heißt es in dem Urteil, die gesetzlich festgelegte Hinweispflicht diene der<br />

Volksgesundheit. Diese habe Vorrang vor der Berufsfreiheit. Das in der Fachzeitschrift «Neue Juristische<br />

Wochenschrift» veröffentlichte Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, sondern liegt wegen seiner<br />

grundsätzlichen Bedeutung dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe vor.<br />

********************************************<br />

Ein Service der Kanzlei Hans Peter Haag.<br />

Der Mandantenbrief ersetzt keine Beratung. Bitte haben Sie deshalb Verständnis dafür, dass wir keine<br />

Gewährleistung für die Richtigkeit oder Aktualität der hier wiedergegebenen Informationen übernehmen.<br />

Impressum<br />

Hans Peter Haag<br />

Steuerberater<br />

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Hauptstraße 295<br />

79576 Weil am Rhein<br />

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Fax: 0762174007<br />

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