[Mandanten:Brief] - Valuenet Recht & Steuern
[Mandanten:Brief] - Valuenet Recht & Steuern
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[<strong>Mandanten</strong>:<strong>Brief</strong>]<br />
<strong>Mandanten</strong>brief der Kanzlei Viktor Schreider Juni 2005<br />
Empfänger<br />
An<br />
Corinna Schreider<br />
corinna.schreider@kanzleischreider.de<br />
Impressum<br />
Kontakt »<br />
Viktor Schreider<br />
Lutzstraße 17<br />
74081 Heilbronn-Sontheim<br />
Telefon: 07131 - 64290-0<br />
Telefax: 07131 - 64290-29<br />
www.kanzlei-schreider.de<br />
E-mail:<br />
viktor.schreider@kanzleischreider.de<br />
Hinweis »<br />
Die Informationen in diesem<br />
<strong>Mandanten</strong>brief wurden sorgfältig<br />
ausgewählt und zusammengestellt.<br />
Doch beachten<br />
Sie bitte, dass dieser<br />
Service weder eine Beratung<br />
ersetzt, noch einen Beratervertrag<br />
darstellt. Bitte haben<br />
Sie deshalb Verständnis dafür,<br />
dass wir keine Gewährleistung<br />
für die Richtigkeit oder<br />
Aktualität der hier wiedergegebenen<br />
Informationen<br />
übernehmen.<br />
Bei einem <strong>Recht</strong>s- oder<br />
Steuerproblem vereinbaren Sie<br />
deshalb einen Termin in<br />
unserer Kanzlei. Nur hier<br />
erhalten Sie eine verbindliche<br />
Beratung, die auf Ihr persönliches<br />
Problem bezogen ist.<br />
Sehr geehrte <strong>Mandanten</strong>,<br />
ob Fußball, Firmenfusion, Reinheitsgebot<br />
beim Bier, Diskriminierung oder<br />
Arbeitszeitregelung: In fast alles mischt<br />
sich der Europäische Gerichtshof (EuGH)<br />
ein. Nicht fehlen darf natürlich der kritische<br />
Blick auf die Steuergesetze. So urteilte der<br />
EuGH in der letzten Zeit mit Blick auf das<br />
EU-<strong>Recht</strong> gleich reihenweise pro<br />
Steuerzahler und gegen den Fiskus. Eine<br />
Niederlage musste Hans Eichel bereits<br />
einstecken. So verdonnerte der EuGH den<br />
deutschen Gesetzgeber kürzlich dazu,<br />
private Glücksspielbetreiber von der<br />
Umsatzsteuer zu befreien. Dies kostet die<br />
Staatskasse immerhin bis zu zwei Mrd.<br />
Euro. Doch auch normale Steuerzahler<br />
profitieren von der europäischen <strong>Recht</strong>sprechung. So können Unternehmer<br />
und Freiberufler jetzt wieder die volle Vorsteuer aus Bewirtungskosten geltend<br />
machen, der deutsche Fiskus akzeptierte nur 70 Prozent. Auch Anleger<br />
dürfen dank der EU auf einen nachträglichen Geldsegen hoffen, sofern sie<br />
Auslandsdividenden kassiert haben. Denn nur für deutsche Aktien geltende<br />
Vorschriften dürften nicht mit dem <strong>Recht</strong> auf Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar<br />
sein.<br />
Ein ganz anderes Thema beschäftigt alle, die ihren Steuerbescheid für 2004<br />
in der Hand halten. Rein statistisch gesehen ist jeder dritte Bescheid falsch.<br />
Daher lohnt es, gegen den Bescheid vorzugehen. Zahlendreher, vergessene<br />
und gestrichene Abzugsposten oder unberücksichtigte Urteile und Erlasse<br />
sollten Anlass zu einem Einspruch sein. Mehr als 3,5 Millionen solcher<br />
<strong>Recht</strong>sbehelfe legen Bundesbürger pro Jahr ein. Denn der Erfolg ist fast<br />
schon vorprogrammiert: Von den entschiedenen Einsprüchen gehen rund 66<br />
Prozent zu Gunsten der Steuerzahler aus.<br />
In diesem Jahr könnte sich die Erfolgsquote weiter erhöhen. Ein Großteil der<br />
festgesetzten Positionen berechnet sich auf Grund des kurz vor Weihnachten<br />
2003 beschlossenen Haushaltsbegleitgesetzes. Die hierdurch ab 2004<br />
geänderten Vorschriften wirken sich generell negativ aus. Ob das so bleiben<br />
wird, ist strittig. Das gesamte Gesetzespaket könnte verfassungsrechtlich<br />
unzulässig sein. Zudem können sich anhängige Finanzgerichtsverfahren<br />
positiv auf die Steuerzahler auswirken, sei es als Anleger, Eltern,<br />
Arbeitnehmer oder Selbstständiger. Von positiven Richtersprüchen profitiert<br />
aber nur, wer seinen Steuerfall nicht bestandskräftig werden lässt. Alle auf<br />
den einzelnen Steuerzahler zutreffenden strittigen Punkte kann kein Laie<br />
überblicken, daher lohnt in diesem Jahr der Rat vom Fachmann ganz<br />
besonders. Der Bescheid sollte allerdings nicht zu lange auf dem Schreibtisch<br />
schlummern, denn für einen Einspruch bleibt nur ein Monat Zeit.<br />
Eine informative Lektüre wünscht
<strong>Mandanten</strong>brief der Kanzlei Viktor Schreider Juni 2005<br />
Alle Steuerzahler<br />
Altersteilzeit: In<br />
Freistellungsphase nur<br />
ermäßigter KV-Beitrag<br />
(Val) Während der bezahlten Freistellung in der<br />
Altersteilzeit besteht Versicherungspflicht in der<br />
gesetzlichen Sozialversicherung, so auch in der<br />
gesetzlichen Krankenversicherung. In dieser Zeit aber<br />
haben die Versicherten keinen Anspruch auf<br />
Krankengeld. Besteht aber kein Anspruch auf<br />
Krankengeld, braucht für die Krankenversicherung auch<br />
nur der ermäßigte Beitragssatz gezahlt zu werden, der<br />
meist ein bis zwei Prozentpunkte niedriger ist als der<br />
allgemeine Beitragssatz.<br />
Obwohl kein Anspruch auf Krankengeld besteht, haben<br />
die Krankenkassen bisher Krankenversicherungsbeiträge<br />
nach dem allgemeinen Beitragssatz verlangt. Kürzlich<br />
hat nun das Bundessozialgericht entschieden, dass<br />
diese Verfahrensweise unrechtmäßig ist. Wegen des<br />
fehlenden Anspruchs auf Krankengeld sei in der Freistellungsphase<br />
nur der ermäßigte Beitragssatz anzuwenden<br />
(BSG-Urteil vom 25.8.2004, B 12 KR 22/02 R).<br />
STEUERRAT: Sind Sie betroffen, sollten Sie einen Antrag<br />
auf Erstattung der zuviel gezahlten Krankenversicherungsbeiträge<br />
an Ihre Krankenkasse stellen. Einen<br />
Erstattungsanspruch haben Sie rückwirkend ab dem<br />
Jahr 2000. Die Ansprüche für 2000 sind eigentlich am<br />
31.12.2004 verjährt. ABER: Die Spitzenverbände der<br />
Krankenkassen haben den Krankenkassen empfohlen,<br />
aus Vereinfachungsgründen auf die Einrede der Verjährung<br />
zu verzichten. Das bedeutet, dass auch Erstattungsanträge<br />
im Jahre 2005 für das Jahr 2000 so zu<br />
behandeln sind, als wären diese vor dem 31.12.2004<br />
eingegangen (Schreiben vom 29.12.2004).<br />
Allerdings besteht auch die Möglichkeit, dass die zuviel<br />
gezahlten Krankenversicherungsbeiträge mit künftigen<br />
Beitragszahlungen des Arbeitgebers verrechnet werden<br />
können, sofern sichergestellt ist, dass der Arbeitnehmer<br />
die verrechneten Beiträge, die von ihm getragen worden<br />
sind, zurückerhält.<br />
Die Erstattung der Krankenversicherungsbeiträge kann<br />
auch Auswirkungen auf die Höhe des durch den Arbeitgeber<br />
zu zahlenden Aufstockungsbetrags und auf die<br />
Erstattungsleistungen der Bundesagentur für Arbeit bei<br />
geförderter Altersteilzeit haben.<br />
Arbeitszimmer: Abzug bei<br />
mehreren Tätigkeiten<br />
(Val) Ein Arbeitszimmer kann steuerlich geltend gemacht<br />
werden, wenn für die betriebliche oder berufliche<br />
Tätigkeit "kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht".<br />
Dann sind die Arbeitszimmerkosten bis zum<br />
Höchstbetrag von 1.250 Euro abziehbar. Werden<br />
mehrere berufliche oder betriebliche Tätigkeiten ausgeübt,<br />
ist für jede dieser Tätigkeiten gesondert zu prüfen,<br />
ob für die jeweilige Tätigkeit ein anderer Arbeitsplatz zur<br />
Verfügung steht.<br />
Wenn beispielsweise für eine selbstständige Nebentätigkeit<br />
kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht,<br />
stellt sich die Frage, ob die Arbeitszimmerkosten für<br />
diese Tätigkeit bis zu 1.250 Euro absetzbar sind. Jedenfalls<br />
hatte das FG Niedersachsen den Abzug bis zu<br />
1.250 Euro zugelassen, ohne dass die Kosten entsprechend<br />
dem Nutzungsanteil für die nichtselbstständige<br />
Tätigkeit gekürzt werden mussten (Niedersächsisches<br />
Finanzgericht vom 19.12.2003, EFG 2004 S. 714,<br />
rechtskräftig).<br />
Jetzt hat der Bundesfinanzhof (BFH) die bisherige Praxis<br />
der Finanzämter bestätigt und damit das freundliche<br />
Urteil des FG Niedersachsen verworfen: Die Arbeitszimmerkosten<br />
dürfen nur entsprechend dem jeweiligen<br />
Nutzungsanteil bis zu 1.250 Euro als Werbungskosten<br />
oder Betriebsausgaben anerkannt werden. Das bedeutet,<br />
dass Sie die Arbeitszimmerkosten entsprechend<br />
dem zeitanteiligen Nutzungsverhältnis aufteilen müssen<br />
und den Kostenanteil je nach persönlicher Abzugsvoraussetzung<br />
als Werbungskosten oder Betriebsausgaben<br />
bis zu 1.250 Euro oder gar nicht absetzen können.<br />
BFH-Urteil vom 14.12.2004, XI R 13/04, DStR 2005 S.<br />
513<br />
Dienstreisen: Prämien für<br />
Vollkaskoversicherung<br />
absetzbar?<br />
(Val) Prämien für eine Voll- oder Teilkaskoversicherung<br />
sind steuerlich nicht als Sonderausgaben absetzbar. Die<br />
Frage ist, ob diese bei Personen, die das Fahrzeug<br />
neben Privatfahrten auch für Dienstreisen einsetzen, als<br />
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<strong>Mandanten</strong>brief der Kanzlei Viktor Schreider Juni 2005<br />
Werbungskosten absetzbar sind. Hierzu hat das<br />
Finanzgericht Düsseldorf eine Entscheidung getroffen.<br />
Nach diesem Urteil sind die Versicherungsbeiträge nicht<br />
als Werbungskosten anzuerkennen. Es handelt sich<br />
hierbei nicht um außergewöhnliche Aufwendungen, die<br />
neben der Kilometerpauschale für Dienstreisen zu berücksichtigen<br />
sind. Mit der Dienstreisepauschale von 30<br />
Cent je gefahrenen Kilometer sind auch die Versicherungsbeiträge<br />
abgegolten. Dient der Versicherungsschutz<br />
nämlich nicht ausschließlich beruflichen Zwecken,<br />
sondern deckt auch das Risiko bei privaten Fahrten<br />
ab, stellen die Aufwendungen so genannte gemischte<br />
Aufwendungen dar, die aufgrund des Aufteilungs-<br />
und Abzugsverbots nach § 12 EStG insgesamt<br />
nicht absetzbar sind.<br />
STEUERRAT: Etwas anderes aber gilt, wenn die Fahrtkosten<br />
nicht mit der Dienstreisepauschale, sondern mit<br />
dem tatsächlichen Kilometer-Kostensatz abgerechnet<br />
werden. In diesem Fall gehören die Versicherungsbeiträge<br />
zu den Gesamtkosten des Fahrzeugs und wirken<br />
sich über einen höheren Kilometer-Kostensatz steuermindernd<br />
aus.<br />
Finanzgericht Düsseldorf, 15 K 4678/02 E<br />
Vereine: Weiterhin keine<br />
Umsatzsteuer auf<br />
Mitgliedsbeiträge<br />
(Val) Zur Diskussion über das Urteil des Europäischen<br />
Gerichtshofs vom 21.3.2002 (Rs. C-174/00 - Kennemer<br />
Golf & Country Club) erklärt die Parlamentarische<br />
Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen, Dr.<br />
Barbara Hendricks (Pressemitteilung Nr. 48/2005 vom<br />
15.4.2005):<br />
Bei dem Verfahren vor dem EuGH ging es u.a. um die<br />
Frage, unter welchen Voraussetzungen die Leistungen<br />
eines Sportvereins an seine Mitglieder der Umsatzsteuer<br />
unterliegen. Im Ergebnis hat der EuGH die deutsche<br />
Auffassung bestätigt, dass die Jahresbeiträge der Mitglieder<br />
nicht der Besteuerung zu unterwerfen sind.<br />
Damit ist ganz klar: Mitglieder von Sportvereinen müssen<br />
keinerlei Befürchtungen haben, dass ihre Vereinsbeiträge<br />
zukünftig der Umsatzbesteuerung unterliegen<br />
werden. Zudem werden sich auch bei reinen Fördervereinen,<br />
wie auch zum Beispiel bei Trachten- oder<br />
Musik- und Gesangsvereinen, keinerlei Änderungen<br />
ergeben. Auch diese Mitgliedsbeiträge bleiben umsatzsteuerfrei.<br />
Soweit in der Öffentlichkeit in diesem Zusammenhang<br />
fälschlicherweise davon ausgegangenen wurde, es käme<br />
in Zukunft zu einer generellen Umsatzbesteuerung<br />
solcher Vereine, so liegt dies an der unterschiedlichen<br />
Gesetzestechnik im Gemeinschaftsrecht und im natio-<br />
nalen <strong>Recht</strong> (Umsatzsteuergesetz). Die Sechste EG-<br />
Richtlinie geht in diesem Bereich zum Teil von einer<br />
anderen Systematik und auch von anderen Begriffen als<br />
das deutsche Umsatzsteuergesetz aus. Daher muss nun<br />
geprüft werden, ob eine Anpassung nötig ist.<br />
Eine solche Anpassung wird materielle Auswirkungen<br />
allenfalls für bestimmte Randbereiche, wie zum Beispiel<br />
Leistungen von Dachverbänden an ihre selbstständigen<br />
Untergliederungen, haben. Die Beratung gegebenenfalls<br />
notwendiger Änderungen, die momentan von Bund<br />
und Ländern gemeinsam durchgeführt wird, soll zeitnah<br />
abgeschlossen werden.<br />
Kinderbetreuung:<br />
Aufwendungen als<br />
Werbungskosten?<br />
(Val) In der Praxis stellt sich immer wieder die Frage, ob<br />
Aufwendungen für die Kinderbetreuung zumindest dann<br />
als Werbungskosten absetzbar sind, wenn damit erst die<br />
Berufstätigkeit beider Elternteile ermöglicht wird. Doch<br />
bisher ist die <strong>Recht</strong>sprechung hart: Kinderbetreuungskosten<br />
sind nicht als Werbungskosten absetzbar,<br />
auch nicht bei berufstätigen Eltern (BFH-Urteil vom<br />
17.7.2000, BFH/NV 2000 S. 1471).<br />
Begründung: Es handelt sich nach Auffassung des BFH<br />
um so genannte gemischte Aufwendungen, die sowohl<br />
beruflich als auch privat veranlasst sind und deshalb<br />
mangels eines geeigneten Aufteilungsmaßstabes insgesamt<br />
nicht abziehbar sind.<br />
Doch der Steuerbürger geht weiter: Bei berufstätigen<br />
Eltern sei die Kinderbetreuung unabdingbare Voraussetzung<br />
für die Arbeitsaufnahme. Daher müssten die<br />
Aufwendungen - genau wie der Pkw - als Werbungskosten<br />
bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit<br />
abziehbar sein.<br />
Doch wiederum haben das Niedersächsische Finanzgericht<br />
und das Finanzgericht Berlin entschieden, dass<br />
Aufwendungen für die Kinderbetreuung, z. B. für ein Aupair<br />
oder eine Kindertagesstätte - nicht steuermindernd<br />
anerkannt werden. Es handele sich hier um allgemeine<br />
Kosten der Lebensführung (Niedersächsisches FG vom<br />
10.4.2003, EFG 2003 S. 1231; FG Berlin vom<br />
25.3.2003, 5 K 5300/02).<br />
Tipp »<br />
Gegen beide Gegen Urteile beide ist die Urteile Revision ist die vor Revision dem vor dem<br />
Bundesfinanzhof anhängig: Legen Legen Sie Sie also also Einspruch Einspruch<br />
gegen den den ablehnenden ablehnenden Steuerbescheid Steuerbescheid ein undein<br />
und<br />
beantragen mit Hinweis auf die die Revision das das Ruhen des des<br />
Verfahrens. (Aktenzeichen: VI R 42/03 und IX R 6/05).<br />
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<strong>Mandanten</strong>brief der Kanzlei Viktor Schreider Juni 2005<br />
Arbeit, Ausbildung &<br />
Soziales<br />
Elbehochwasser: Helfern muss<br />
Urlaub nachgewährt werden<br />
(Val) Ein ehrenamtlicher Helfer des Technischen Hilfswerks<br />
(THW), der während seines Erholungsurlaubs zu<br />
einem Einsatz herangezogen wird, hat gegen seinen<br />
Arbeitgeber Anspruch auf Nachgewährung der Urlaubstage,<br />
an denen er für das THW Dienst verrichten<br />
muss.<br />
§ 3 THW Helferrechtsgesetz verbietet eine Benachteiligung<br />
von Arbeitnehmern, die an Einsätzen des THW<br />
teilnehmen: "Teilnehmern dürfen aus ihrer Verpflichtung<br />
zum Technischen Hilfswerk und aus diesem Dienst keine<br />
Nachteile im Arbeitsverhältnis ... erwachsen". Ein<br />
derartiger Nachteil wäre es, wenn der Arbeitgeber den<br />
Urlaubsanspruch als erfüllt ansehen könnte, obwohl der<br />
Arbeitnehmer während seines Erholungsurlaubs zum<br />
Dienst für das THW herangezogen wurde.<br />
Der Kläger ist beim beklagten Landkreis als technischer<br />
Angestellter beschäftigt. Er hat sich zum ehrenamtlichen<br />
Dienst im THW verpflichtet. In der Zeit vom 19.<br />
August bis 6. September 2002 gewährte ihm der beklagte<br />
Landkreis Erholungsurlaub. Während dieses Urlaubs<br />
wurde er zu einem mehrtägigen Einsatz des THW<br />
einberufen. Bei diesem Einsatz gelang es, das Elbehochwasser<br />
im Landkreis Lüchow-Dannenberg einzudämmen.<br />
Der THW-Helfer beantragte anschließend bei<br />
dem beklagten Landkreis für die Dauer des Einsatzes<br />
die Nachgewährung des "ausgefallenen" Erholungsurlaubs.<br />
Das wurde jedoch abgelehnt.<br />
Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben<br />
die zur Durchsetzung des Urlaubsanspruchs erhobene<br />
Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers war erfolgreich.<br />
Der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts<br />
hat den beklagten Landkreis verurteilt, dem Kläger vier<br />
Urlaubstage aus dem Jahre 2002 nachzugewähren.<br />
Bundesarbeitsgericht, 9 AZR 251/04<br />
Kündigung: Alle müssen<br />
unterschreiben<br />
(Val) Sind in dem Kündigungsschreiben einer Gesellschaft<br />
bürgerlichen <strong>Recht</strong>s (GbR) alle Gesellschafter<br />
sowohl im <strong>Brief</strong>kopf als auch maschinenschriftlich in der<br />
Unterschriftszeile aufgeführt, so reicht es zur Wahrung<br />
der Schriftform nicht aus, wenn lediglich ein Teil der<br />
GbR-Gesellschafter ohne weiteren Vertretungszusatz<br />
das Kündigungsschreiben handschriftlich unterzeichnet.<br />
Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden.<br />
Bei einer Kündigungserklärung, in der nur zwei von drei<br />
Ge-sellschaftern unterschrieben haben, könne es sich ebenso<br />
um den Entwurf eines Kündigungsschreibens<br />
handeln, der versehentlich von den übrigen Gesellschaftern<br />
noch nicht unterzeichnet wurde, so das BAG.<br />
Geklagt hatte eine Zahntechnikerin, die bei der in Form<br />
einer GbR betriebenen Gemeinschaftspraxis dreier<br />
Zahnärzte beschäftigt war. Das Kündigungsschreiben<br />
war nur von zwei Zahnärzten unterschrieben. Über dem<br />
maschinenschriftlich aufgeführten Namen des dritten<br />
Zahnarztes fehlte die Unterschrift.<br />
Die Klägerin hielt die Kündigung mangels Schriftform für<br />
unwirksam und machte Zahlungsansprüche geltend. Das<br />
Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht<br />
hat auch ihre Berufung zurückgewiesen.<br />
Vor dem Bundesarbeitsgericht hatte die Klage auf<br />
Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis erst auf Grund<br />
einer Eigenkündigung der Zahntechnikerin sein Ende<br />
gefunden hat und auf Zahlung des Annahmeverzugslohns<br />
Erfolg.<br />
Bundesarbeitsgericht, 2 AZR 162/04<br />
Krankenversicherung: Wer<br />
keine hat, zahlt selbst<br />
(Val) Wer sich in einem Krankenhaus stationär behandeln<br />
lässt, ohne krankenversichert zu sein, muss die<br />
Kosten selbst tragen. Dies gilt auch dann, wenn der<br />
Patient zum Zeitpunkt der Einlieferung ins Krankenhaus<br />
nicht wusste, dass er nicht versichert ist. Das hat der<br />
Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Ein Patient trägt<br />
demnach das Risiko, dass die Behandlungskosten durch<br />
eine wirksame Krankenversicherung abgedeckt sind.<br />
Das Krankenhaus darf sich auf die Angaben des<br />
Patienten zur Krankenversicherung verlassen, so die<br />
Richter.<br />
Geklagt hatte eine Stadt, die als Trägerin eines<br />
Krankenhauses von einer Mutter die Kosten für die Behandlung<br />
ihrer Tochter verlangt hatte. Die Frau war bei<br />
der Einlieferung ihrer Tochter in das Krankenhaus davon<br />
ausgegangen, dass ihr Ehemann bei der AOK ver-<br />
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<strong>Mandanten</strong>brief der Kanzlei Viktor Schreider Juni 2005<br />
sichert ist und der Versicherungsschutz der gemeinsamen<br />
Tochter sich aus einer Familienversicherung er-gibt.<br />
Dies gab sie auch im «Aufnahme-Antrag» des<br />
Krankenhauses an. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />
des Krankenhauses, auf die der Vertrag<br />
verwies, hieß es, dass ein Kassenpatient, der Leistungen<br />
des Krankenhauses in Anspruch nehme, die nicht<br />
durch die Kostenübernahme einer Krankenkasse gedeckt<br />
seien, selbst zahlen müsse.<br />
Ein Anspruch des Krankenhauses ergebe sich aus dem<br />
Behandlungsvertrag, entschieden die Richter. Zwar<br />
seien beide Parteien davon ausgegangen, dass die<br />
Krankenkasse bezahlt, nachdem sich herausgestellt<br />
hatte, dass das Kind nicht krankenversichert war, ist es<br />
aber zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage gekommen.<br />
Deshalb müsse die Mutter für ihre Tochter aufkommen.<br />
Nach Auffassung der BGH-Richter ist auch die<br />
Risikoverteilung und Interessenslage der Parteien<br />
gewahrt. Das Risiko des Bestehens eines Versicherungsschutzes<br />
trägt der Patient. Er wisse am besten, ob<br />
und bei wem er krankenversichert ist. Besteht kein Versicherungsschutz,<br />
könne der Patient gegebenenfalls<br />
durch die Inanspruchnahme von Sozialhilfe für Kostendeckung<br />
sorgen. Umgekehrt habe der Krankenhausträger<br />
in der Regel keinen Einblick in die persönlichen und<br />
sozialversicherungsrechtlichen Verhältnisse eines Patienten.<br />
Schon aus praktischen Gründen müsse er sich<br />
auf die Angaben des Patienten verlassen dürfen.<br />
Bundesgerichtshof, III ZR 351/04<br />
Studienplatzvergabe: Uni<br />
Mainz muss Auswahlgespräch<br />
wiederholen<br />
(Val) Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz muss<br />
eine Bewerberin für einen Studienplatz im Studiengang<br />
Medizin erneut zu einem Auswahlgespräch im Rahmen<br />
der Vergabe von Studienplätzen durch die Hochschule<br />
selbst zulassen. Ihre Ablehnung einer Studienbewerberin<br />
nach dem ersten Auswahlgesprächs ist rechtsfehlerhaft.<br />
Dies hat die Siebte Kammer des<br />
Verwaltungsgerichts Mainz entschieden.<br />
Bei dem, in das zentrale ZVS-Vergabeverfahren einbezogenen<br />
Studiengang Medizin wird ein Teil der Studienplätze<br />
durch die Hochschulen selbst im Rahmen<br />
eines Auswahlverfahrens vergeben, das diese nach<br />
bestimmten - gesetzlich vorgegebenen - Kriterien ausgestalten<br />
können. Die Universität trifft die Auswahl nach<br />
dem Ergebnis eines von einer Professoren-Kommission<br />
geführten Gesprächs mit den Bewerbern, das Aufschluss<br />
über die Motivation und die Eignung für das<br />
gewählte Studium und den angestrebten Beruf geben<br />
soll. In einer Verwaltungsvorschrift des Universitätspräsidenten<br />
sind mehrere Bewertungskriterien beispielhaft<br />
genannt, die zur Beurteilung von Motivation und<br />
Eignung der Bewerber herangezogen werden können.<br />
Die Kommission bewertet das Gespräch an Hand von<br />
vier Kriterien, durch die Motivation und Eignung der<br />
Studienbewerber besonders deutlich geworden sind.<br />
Über das Gespräch ist eine Niederschrift zu fertigen.<br />
Nachdem die Universität der Bewerberin mitgeteilt hatte,<br />
dass sie nach den Auswahlgesprächen nicht zum<br />
Studium zugelassen werden könne, stellte die Studienbewerberin<br />
beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf<br />
Erlass einer einstweiligen Anordnung. Die Kommission<br />
habe nicht angemessen berücksichtigt, dass sie ihr Abitur<br />
auf dem zweiten Bildungsweg gemacht habe und<br />
gelernte Krankenschwester sei.<br />
Die Richter der Siebten Kammer haben nun<br />
entschieden, dass die Entscheidung der Universität<br />
über das Ergebnis des Auswahlgesprächs<br />
rechtsfehlerhaft ist und die Universität deshalb die<br />
Antragstellerin erneut zu einem Auswahlgespräch<br />
zulassen muss.<br />
Zwar stehen der Kommission ein Bewertungsspielraum<br />
und ein weites Auswahlermessen zu. Da es aber andererseits<br />
um die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit<br />
der Studienbewerberin gehe, müsse sich an Hand<br />
der Niederschrift der Kommission jedenfalls stichwortartig<br />
nachvollziehen lassen, wie das Gremium zu seiner<br />
Auswahlentscheidung gekommen ist. Hieran fehle es<br />
vorliegend. Die Niederschrift lasse nicht erkennen, was<br />
die Professoren veranlasst habe, der Bewerberin den<br />
letzten Rangplatz von allen Bewerbern zuzuweisen.<br />
Verwaltungsgericht Mainz, 7 L 115/05.MZ<br />
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<strong>Mandanten</strong>brief der Kanzlei Viktor Schreider Juni 2005<br />
Bauen & Wohnen<br />
Altmietverträge: Bundesrat billigt<br />
neue Kündigungsfristen<br />
(Val) Ab dem 1. Juni 2005 gilt die kurze, dreimonatige<br />
Frist für Kündigungen durch den Mieter auch für Altmietverträge,<br />
in denen die bis zum 1. September 2001<br />
geltenden Kündigungsfristen formularmäßig vereinbart<br />
worden waren. Das Gesetz hat am 29.04. den Bundesrat<br />
passiert.<br />
„Mit der heutigen Entschließung des Bundesrates haben<br />
die unionsgeführten Länder ihre politische Selbständigkeit<br />
bewiesen. Anders als die Oppositionsfraktionen<br />
im Bundestag haben sie erkannt, dass die<br />
Neuregelung die notwendige Reaktion auf die<br />
Erfordernisse des modernen Arbeitsmarktes ist, der den<br />
Menschen zunehmend Wohnortwechsel abverlangt. Das<br />
Gesetz ist ein wichtiger Beitrag zu mehr Mobilität und<br />
Flexibilität von Mieterinnen und Mietern, die wir bereits<br />
mit der Mietrechtsreform 2001 gefördert haben, “<br />
begrüßte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries die<br />
Entscheidung.<br />
Keine Abweichung zu zu Lasten des des Mieters<br />
Seit der Mietrechtsreform im Jahre 2001 beträgt die Frist<br />
für Kündigungen des Wohnraummietvertrages durch den<br />
Mieter drei Monate. Abweichungen von dieser Frist zu<br />
Lasten des Mieters verbietet das Gesetz.<br />
Nur für sog. Altmietverträge, d.h. Verträge, die vor dem<br />
1. September 2001 geschlossen wurden, sieht eine<br />
Übergangsvorschrift bislang vor, dass längere Kündigungsfristen,<br />
die Mieter und Vermieter „vertraglich vereinbart“<br />
hatten, weitergelten. Der Bundesgerichtshof hat<br />
entschieden, dass eine solche Vereinbarung auch dann<br />
vorliegt, wenn eine Formularklausel die bis 1. September<br />
2001 geltenden gesetzlichen Kündigungsfristen -<br />
wörtlich oder sinngemäß - wiedergibt (Urteil vom<br />
18.06.2003, VIII ZR 240/02). Nach dieser <strong>Recht</strong>sprechung<br />
konnten viele Mieterinnen und Mieter, deren Formularmietverträge<br />
aus der Zeit vor der Mietrechtsreform<br />
die alten Kündigungsfristen enthalten, die Vorteile der<br />
neuen kürzeren Kündigungsfristen nicht nutzen.<br />
Die Kündigungsmöglichkeiten dieser Mieterinnen und<br />
Mieter werden mit dem vom Bundesrat gebilligten<br />
Gesetz erheblich verbessert. Sie können künftig den<br />
Vertrag mit einer dreimonatigen Frist ordentlich kündigen<br />
– unabhängig davon, wie lange sie bereits in der<br />
Wohnung leben.<br />
Fristen: Samstag ist Werktag<br />
(Val) Bei der Berechnung der Kündigungsfrist bei Mietverträgen<br />
zählt der Samstag als Werktag. Das hat der<br />
Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Die Richter wiesen<br />
damit die Klage einer Mieterin ab, die sich gegen die<br />
Verlängerung ihres Mietvertrages um ein Jahr und die<br />
damit verbunden Mietzahlungen gewandt hatte. Die<br />
Mieterin habe das Kündigungsschreiben nicht rechtzeitig<br />
abgesendet, so der BGH. Begründung: Sie hatte den<br />
Samstag nicht als Werktag mitgerechnet.<br />
Der Mietvertrag der Mieterin enthielt die Regelung, dass<br />
sich das befristete Mietverhältnis jeweils um ein Jahr<br />
verlängert, wenn es nicht unter Einhaltung einer Kündigungsfrist<br />
von drei Monaten spätestens am dritten<br />
Werktag des ersten Monats der Frist schriftlich gekündigt<br />
wird. Mit Schreiben vom 3. Juni 2002 kündigte die<br />
Mieterin das Mietverhältnis. Das Schreiben ging am 5.<br />
Juni 2002, einem Mittwoch, bei der Vermieterin ein. Der<br />
1. Juni 2002 war ein Samstag.<br />
Nach der gesetzlichen Regelung in § 565 Abs. 2 Satz 1<br />
BGB a.F. (nunmehr § 573 c Abs. 1 Satz 1 BGB), ist die<br />
Kündigung bei einem Mietverhältnis über Wohnraum<br />
spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für<br />
den Ablauf des übernächsten Monats zulässig. Für die<br />
<strong>Recht</strong>zeitigkeit der Kündigungserklärung kommt es<br />
grundsätzlich auf deren Zugang beim Kündigungsempfänger<br />
an.<br />
Umstrittene Frage<br />
Die nicht unumstrittene Frage, ob ein Samstag bei der<br />
Berechnung der so genannten Karenzzeit von drei<br />
Werktagen mitzuzählen war, hat der Bundesgerichtshof<br />
bejaht.<br />
Nach dem Sprachgebrauch des Gesetzes ist der Samstag<br />
im Gegensatz zu Sonn- und Feiertagen als Werktag<br />
anzusehen. Dies ergibt sich aus zahlreichen gesetzlichen<br />
Bestimmungen, z.B. aus § 3 Abs. 2 des Bundesurlaubsgesetzes.<br />
Etwas anderes ergibt sich auch nicht<br />
aus § 193 BGB, der den Samstag den Sonn- und<br />
Feiertagen gleichstellt, wenn dieser auf einen für die<br />
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<strong>Mandanten</strong>brief der Kanzlei Viktor Schreider Juni 2005<br />
Abgabe einer Willenserklärung oder die Bewirkung einer<br />
Leistung bestimmten Tag oder den letzten Tag einer<br />
Frist fällt.<br />
Diese Bestimmung sollte nach der Gesetzesbegründung<br />
lediglich dem Umstand Rechnung tragen, dass<br />
mehr als die Hälfte der arbeitenden Bevölkerung am<br />
Sonnabend nicht mehr arbeitet, was zu Unzuträglichkeiten<br />
bei der Fristwahrung an diesem Tag führe. Auch der<br />
allgemeine Sprachgebrauch stellt den Sonnabend nicht<br />
den Sonn- und Feiertagen gleich. Eine hiervon abweichende<br />
Verkehrsauffassung habe sich nicht<br />
durchgesetzt, so der BGH.<br />
Bundesgerichtshof, VIII ZR 206/04<br />
Miete: Kündigungserklärung<br />
durch Auszug?<br />
(Val) Räumt ein Mieter das Mietobjekt und stellt gleichzeitig<br />
die Mietzahlungen ein, so kann sein Verhalten<br />
nach einer Entscheidung des OLG Frankfurt am Main als<br />
schlüssige Kündigungserklärung zu werten sein.<br />
Die Beklagte hatte 1996 Geschäftsräume in einem Bereich<br />
angemietet, der zu einem Einkaufszentrum erweitert<br />
werden sollte. Ihr war deshalb die künftige Einbettung<br />
des Ladenlokals in ein größeres Einkaufszentrum<br />
nach einem Übergangszeitraum von zwei bis drei Jahren<br />
bei Abschluss des Mietvertrags zugesichert worden.<br />
Später gab die Vermieterin ihre Erweiterungspläne jedoch<br />
auf. Im August 2000 räumte die Beklagte das Geschäftslokal,<br />
ohne das Mietverhältnis vorher ausdrücklich<br />
zu kündigen. Mit der Klage verlangte die Vermieterin<br />
rückständigen Mietzins für die Zeit von September<br />
2000 bis Februar 2004. Die Klage hatte in beiden Instanzen<br />
keinen Erfolg. Der Senat ging davon aus, dass<br />
der Mietsache wegen des nicht durchgeführten Ausbaus<br />
des Einkaufszentrums nach Ablauf der Übergangszeit<br />
eine zugesicherte Eigenschaft fehlte und die<br />
Beklagte deshalb ein <strong>Recht</strong> zur außerordentlichen Kündigung<br />
hatte (§ 542 BGB a.F.).<br />
Kündigung durch Auszug<br />
Die Beklagte habe die Kündigung nicht erst durch ein<br />
Schreiben im Jahr 2001 oder noch später erklärt, sondern<br />
konkludent bereits durch die Räumung des Geschäftslokals<br />
und die gleichzeitige Einstellung der Mietzahlungen.<br />
Die Vermieterin, die hiervon erfahren habe,<br />
habe dieses Verhalten auch nur als Kündigung verstehen<br />
können.<br />
Für die außerordentliche Kündigung nach § 542 BGB<br />
a.F. habe das Gesetz keine Schriftform verlangt, im<br />
Mietvertrag selbst sei eine schriftliche Kündigung ausdrücklich<br />
nur für die ordentliche Kündigung vorgesehen<br />
gewesen. Da Parteivereinbarungen über ein Schriftformerfordernis<br />
für Kündigungserklärungen eng auszu-<br />
legen seien, könne diese Bestimmung nicht auf die außerordentliche<br />
fristlose Kündigung bezogen werden. Der<br />
Senat hat die Revision nicht zugelassen.<br />
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 24 U 71/04<br />
Vermieterpfandrecht: Schlösser<br />
wechseln gilt nicht<br />
(Val) Ein Mietrückstand berechtigt Vermieter nicht, zur<br />
Ausübung seines Vermieterpfandrechts einfach die<br />
Türschlösser austauschen. Das hat das<br />
Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe entschieden.<br />
Drastische Maßnahme<br />
Zwar hat der Vermieter ein Pfandrecht an den in die<br />
Wohnung eingebrachten Sachen des Mieters. Auch darf<br />
er unter Umständen den Abtransport verhindern wenn<br />
noch Forderungen offen sind. Allerdings muss der<br />
Vermieter zunächst der Entfernung der Gegenstände<br />
widersprechen, bevor er zu drastischen Maßnahmen<br />
greift. Im Streitfall war der Mieter von Büroräumen mit<br />
der Mietzahlung in den Rückstand geraten. Als er die<br />
letzten Möbelstücke abholen wollte, fand er ausgetauschte<br />
Türschlösser vor. Daraufhin verweigerte er<br />
weitere Mietzahlungen.<br />
Das OLG bestätigte seine Haltung: Weil der Vermieter<br />
dem Mieter den Besitz an den Räumen entzogen habe,<br />
seien weitere Forderungen nicht gerechtfertigt.<br />
Oberlandesgericht Karlsruhe, 10 U 199/03<br />
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<strong>Mandanten</strong>brief der Kanzlei Viktor Schreider Juni 2005<br />
Ehe, Familie & Erben<br />
Elternzeit: Anspruch auf<br />
Teilzeitbeschäftigung?<br />
(Val) Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer, die Elternzeit<br />
in Anspruch genommen haben, können im Laufe der<br />
Elternzeit ihre Arbeitszeit nach § 15 Abs. 5 bis Abs. 7<br />
BErzGG verringern. Das ist auch dann zulässig, wenn<br />
zunächst nur die völlige Freistellung von der vertraglichen<br />
Arbeit (Elternzeit) in Anspruch genommen und<br />
keine Verringerung der Arbeitszeit (Elternteilzeit) beantragt<br />
worden war. Hat aber der Arbeitgeber für die Dauer<br />
der Elternzeit eine Vollzeitvertretung eingestellt, die<br />
nicht bereit ist, ihre Arbeitszeit zu verringern, und sind<br />
auch andere vergleichbare Mitarbeiter zu keiner Verringerung<br />
ihrer Arbeitszeit bereit, so kann sich der Arbeitgeber<br />
in der Regel auf dringende betriebliche Gründe<br />
berufen, die dem Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit<br />
entgegenstehen.<br />
So entschied das Bundesarbeitsgericht im Falle einer in<br />
einem Krankenhaus beschäftigten Diätassistentin.<br />
Im Streitfalle hatte die Klägerin, die als Diätassistentin in<br />
Vollzeit in einem vom Beklagten betriebenen Krankenhaus<br />
tätig war, nach der Geburt ihres Kindes im Juni<br />
2002 Elternzeit für die Zeit bis zur Vollendung des 3.<br />
Lebensjahres ihres Kindes genommen. Im Januar 2003<br />
beantragte sie die Verringerung ihrer wöchentlichen<br />
Arbeitszeit auf 15,4 Stunden. Der Beklagte lehnte dies<br />
mit der Begründung ab, er habe für die Dauer der Elternzeit<br />
einen Diätassistenten als Ersatz befristet bis<br />
zum Ende der Elternzeit eingestellt. Weder dieser noch<br />
ein anderer bei ihm beschäftigter Diätassistent habe sich<br />
auf Nachfrage dazu bereit erklärt, seine Arbeitszeit<br />
entsprechend zu reduzieren.<br />
Die Vorinstanzen haben die Klage auf Verringerung der<br />
Arbeitszeit während der Elternzeit abgewiesen. Die<br />
Klage blieb auch vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts<br />
erfolglos.<br />
Bundesarbeitsgericht, 9 AZR 233/04<br />
Erbrecht: Pflichtteilsrecht<br />
verfassungskonform<br />
(Val) Eltern dürfen ihre Kinder nur in extremen Ausnahmefällen<br />
komplett enterben. Dies entschied das<br />
Bundesverfassungsgericht in Bezug auf das Pflichtteilsrecht<br />
in zwei Fällen. Der so genannte Pflichtteil darf den<br />
Kindern etwa dann entzogen werden, wenn sie ihre Eltern<br />
misshandelt oder eine schwere Straftat gegen sie<br />
begangen haben. Eine bloße Entfremdung oder ein familiäres<br />
Zerwürfnis genügt dagegen nicht, um diesen<br />
grundsätzlichen Erbanspruch naher Verwandter per<br />
Testament auszuschließen.<br />
Ausdruck der Familiensolidarität<br />
Das Grundgesetz - die Erbrechtsgarantie und der Schutz<br />
der Familie sichern den Kindern grundsätzlich ein<br />
Pflichtteilsrecht zu. Das Pflichtteilsrecht sei Ausdruck<br />
einer Familiensolidarität, die in grundsätzlich unauflösbarer<br />
Weise zwischen dem Erblasser und seinen<br />
Kindern besteht. Art. 6 Abs. 1 GG schützt das<br />
Verhältnis zwischen dem Erblasser und seinen Kindern<br />
als lebenslange Gemeinschaft, innerhalb derer Eltern<br />
wie Kinder nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet<br />
sind, füreinander Verantwortung zu übernehmen. Die<br />
Verpflichtung zur gegenseitigen umfassenden Sorge<br />
rechtfertigt es, dem Kind mit dem Pflichtteilsrecht auch<br />
über den Tod des Erblassers hinaus eine ökonomische<br />
Basis aus dem Vermögen des verstorbenen Elternteils<br />
zu sichern.<br />
In einem Fall kassierten die Karlsruher Richter ein Urteil<br />
des Oberlandesgerichts (OLG) Köln, das einem Sohn -<br />
der seine eigene Mutter umgebracht hatte - den Pflichtteil<br />
an ihrem Erbe zugesprochen hatte. Nach mehrfachen<br />
Misshandlungen hatte die Mutter ihren psychisch<br />
kranken Sohn enterbt. Aus Wut über seine bevorstehende<br />
Einweisung ins Landeskrankenhaus erschlug<br />
er seine Mutter, zerstückelte die Leiche und versteckte<br />
die Leichenteile im Wald.<br />
Das OLG hatte ihm wegen seiner Schuldunfähigkeit trotz<br />
der Enterbung den Pflichtteil zugesprochen. Nach den<br />
Worten des Ersten Senats unter Vorsitz des Gerichtspräsidenten<br />
Hans- Jürgen Papier kommt aber eine<br />
Entziehung des Pflichtteils bereits wegen der früheren -<br />
vorsätzlichen - Misshandlungen in Betracht. Das OLG<br />
muss den Fall nun erneut prüfen.<br />
Kein Instrument für für Bestrafung<br />
In einem zweiten Verfahren bestätigte das Gericht dagegen<br />
dem Sohn eines mit 85 Jahren gestorbenen<br />
Mannes den Anspruch auf den Pflichtteil. Der kranke<br />
Vater hatte seinen Sohn enterbt, weil dieser ihm in den<br />
letzten Jahren vor seinem Tod jeglichen Kontakt mit dem<br />
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<strong>Mandanten</strong>brief der Kanzlei Viktor Schreider Juni 2005<br />
Enkel verweigert hatte. In den Augen der Verfassungsrichter<br />
ist das Pflichtteilsrecht kein Instrumentarium<br />
des Erblassers zur Bestrafung.<br />
Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 1644/00 u. 188/03<br />
Erbschaftsteuer: Pflegekinder<br />
sind für den Fiskus "Fremde"<br />
(Val) Pflegekinder werden nach dem Tod ihrer<br />
Pflegemutter für die Berechnung der Erbschaftsteuer wie<br />
Fremde behandelt und deshalb der ungünstigsten<br />
Steuerklasse III zugeordnet (mit einem Freibetrag von<br />
5.200 Euro gegenüber 205.000 Euro, die für eheliche,<br />
nichteheliche, Adoptiv- und Stiefkinder angesetzt<br />
werden).<br />
Das gilt auch für so genannte Dauerpflegeverhältnisse.<br />
Pflegekinder sind insoweit nicht anders zu behandeln als<br />
"langjährige Pflege- oder Betreuungspersonen, die sich<br />
um das Wohl des Erblassers gekümmert und zu diesen<br />
ein besonders enges Verhältnis aufgebaut haben".<br />
Niedersächsisches Finanzgericht, 3 K 582/03<br />
Karlsruhe: Stärkt <strong>Recht</strong>e<br />
nichtehelicher Väter<br />
(Val) Erneut hat das Bundesverfassungsgericht eine<br />
Entscheidung des 14. Senats des Oberlandesgerichts<br />
(OLG) Naumburg beanstandet. Das Bundesverfassungsgericht<br />
hob erneut eine Entscheidung des Oberlandesgerichts<br />
Naumburg auf, das einem türkischen<br />
Vater das Sorgerecht für sein Kind verweigert hatte. In<br />
ihrer Begründung bekräftigten die Verfassungshüter<br />
auch die Bedeutung der Europäischen Menschenrechtskonvention.<br />
Der Vater eines 1999 nichtehelich geborenen Kindes<br />
betreibt den <strong>Recht</strong>streit seit fünf Jahren. Die Mutter hatte<br />
gleich nach der Geburt in die Adoption des Kindes<br />
eingewilligt. Das Kind lebt seither bei Pflegeeltern. Der<br />
leibliche Vater hatte erst Monate später von der Geburt<br />
des Kindes erfahren und bemühte sich seitdem in zahlreichen<br />
gerichtlichen Verfahren um Sorgerecht und<br />
Umgang mit dem Kind. Er scheiterte damit aber mehrfach<br />
vor dem OLG Naumburg, das das Wohl des Kindes<br />
in der neuen Familie höher bewertete als das Elternrecht<br />
des Klägers. Der Europäische Gerichtshof für<br />
Menschenrechte (EGMR) in Straßburg hatte darin einen<br />
Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention<br />
gesehen, das OLG tat diese jedoch als nicht<br />
bindend ab.<br />
Ein nationales Gericht hat die <strong>Recht</strong>sprechung des<br />
EGMR grundsätzlich zu berücksichtigen, meint das<br />
Bundesverfassungsgericht.<br />
Bei der Entscheidung, unter welchen Voraussetzungen<br />
ein Kind zum Zwecke des Umzugs zu seinen leiblichen<br />
Eltern aus einer Pflegefamilie herausgenommen werden<br />
kann, ist – auch nach der <strong>Recht</strong>sprechung des<br />
Bundesverfassungsgerichts – dem Elternrecht, der<br />
Grundrechtsposition des Kindes und dem Grundrecht<br />
der Pflegefamilie Rechnung zu tragen.<br />
Das OLG vertritt nach Ansicht des BverfG zu Unrecht die<br />
Auffassung, dass das Urteil des EGMR für die nationalen<br />
Gerichte unverbindlich sei. Zudem hat es verkannt,<br />
dass es nicht darauf ankommt, ob die Entscheidung<br />
des EGMR die <strong>Recht</strong>skraft der beanstandeten<br />
Entscheidung des OLG beseitigt. Denn in Sorgerechtsverfahren<br />
ist für den Einwand der rechtkräftig entschiedenen<br />
Sache kein Raum.<br />
EGMR nicht berücksichtigt<br />
Die Fürsorge gegenüber dem Minderjährigen hat stets<br />
Vorrang vor der Endgültigkeit einer einmal getroffenen<br />
Entscheidung. Das OLG hat verkannt, dass in diesem<br />
Zusammenhang auch die Entscheidung des EGMR zu<br />
berücksichtigen ist.<br />
Schließlich hat sich das OLG auch nicht damit auseinandergesetzt,<br />
welche langfristigen Auswirkungen eine<br />
dauerhafte Trennung des Kindes von seinem Vater hat<br />
und ob es das Kindeswohl weniger belastende Möglichkeiten<br />
der Zusammenführung gibt. Um einer möglichen<br />
Gefährdung des Kindeswohls durch eine sofortige<br />
Herausnahme des Kindes aus der Pflegefamilie entgegenzuwirken,<br />
wäre beispielsweise denkbar gewesen,<br />
dem Vater zwar das<br />
Sorgerecht zu übertragen, dies aber mit einer<br />
Verbleibensanordnung zugunsten der Pflegefamilie zu<br />
verbinden. Schließlich hat das OLG auch nicht die<br />
erforderlichen Ermittlungen durchgeführt, um die vom<br />
EGMR aufgeworfenen Fragen beantworten zu können.<br />
Zudem hat sich das OLG - soweit ersichtlich - zu keiner<br />
Zeit einen persönlichen Eindruck von den Beteiligten<br />
verschafft.<br />
Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 1664/04<br />
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<strong>Mandanten</strong>brief der Kanzlei Viktor Schreider Juni 2005<br />
Familie und Kinder<br />
Hohes Schulgeld: Nicht als<br />
Sonderausgabe abziehbar<br />
(Val) Besucht ein Kind eine britische Privatschule und<br />
sind dafür hohe Schulgelder zu bezahlen, so sind diese<br />
nicht gemäß § 10 Abs.1 Nr.9 EStG als Sonderausgabe<br />
abzuziehen. Wie der Bundesfinanzhof jetzt entschieden<br />
hat, liegt dann keine Verletzung des gemeinschaftsrechtlichen<br />
Diskriminierungsverbotes vor, wenn die Höhe<br />
des Schulgeldes eine Sonderung der Schüler nach<br />
den Besitzverhältnissen der Eltern (Art. 7 Abs. 4 S. 3<br />
GG) fördert und es deshalb auch beim Besuch einer<br />
inländischen Schule steuerlich nicht berücksichtigt werden<br />
könnte.<br />
Nicht von jedermann aufzubringen<br />
Geklagt hatten Eltern, deren Sohn ein britisches College<br />
besuchte. Die Kosten beliefen sich auf circa 22.000 Euro<br />
pro Jahr, alleine für das Schulgeld. Wie die Richter<br />
befanden, sei hier bei der Höhe des Schulgeldes ein<br />
allgemeiner Zugang nicht gewährleistet. Eine solche<br />
Summe sei nicht von jedermann aufzubringen. Voraussetzung<br />
für den Sonderausgabenabzug sei zudem eine<br />
staatliche Genehmigung der Privatschule.<br />
Bundesfinanzhof, XI R 66/03<br />
Kindergeld: Verfassungsgericht<br />
stärkt Anspruch<br />
(Val) Das Bundesverfassungsgericht hat jetzt klargestellt,<br />
dass bei allen Beschäftigungsverhältnissen von<br />
Kindern, etwa in den Ferien oder neben dem Studium<br />
von den Einkünften die Sozialversicherungsbeiträge<br />
abgezogen werden müssen. Die 7.680 Euro sind damit<br />
entgegen der Auffassung der Verwaltung keine absolute<br />
starre Grenze, es können also die gezahlten Sozialversicherungsbeiträge<br />
komplett abgezogen werden. Im<br />
Ergebnis dürfen nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts<br />
für die Festlegung des Kindergeldanspruchs<br />
also nur die Einkünfte berücksichtigt werden,<br />
die tatsächlich zur Bestreitung des Unterhalts des Kindes<br />
zur Verfügung stehen.<br />
Im Streitfall war der Mutter eines Auszubildenden das<br />
Kindergeld versagt worden, weil die Vergütung minimal<br />
über der damaligen steuerunschädlichen Einkunftsgrenze<br />
gelegen hatte.<br />
Die Einbeziehung von Sozialversicherungsbeiträgen in<br />
den Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG benachteiligt<br />
unterhaltsverpflichtete Eltern von Kindern, die sozialversicherungspflichtige<br />
Einkünfte oberhalb der Frei-<br />
grenze beziehen. Eine Benachteiligung liegt zum einen<br />
vor gegenüber Eltern, deren Kinder keine Bezüge haben,<br />
zum anderen gegenüber Eltern, deren Kinder Mittel<br />
in einer Höhe beziehen, die noch unterhalb der Freigrenze<br />
bleiben, jedoch dieselbe Höhe erreichen, die sich<br />
bei sozialversicherungspflichtigen Einkünften oberhalb<br />
der Freigrenze erst nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge<br />
ergeben. Für eine Benachteiligung<br />
dieser Gruppe unterhaltspflichtiger Eltern fehlen<br />
hinreichende Gründe:<br />
Zweck der Begrenzung von Ansprüchen gem. § 32 Abs.<br />
4 Satz 2 EStG ist es, diejenigen Eltern von finanziellen<br />
Entlastungen durch Freibeträge und Kindergeld auszuschließen,<br />
deren Kinder über eigene Einkünfte und Bezüge<br />
in einer das zu schützende Existenzminimum übersteigenden<br />
Höhe verfüge. In diesen Fällen entfällt<br />
oder mindert sich zugleich die Unterhaltspflicht der Eltern.<br />
Folglich entscheidet für die Einbeziehung von Mitteln<br />
des Kindes die mögliche Entlastungswirkung solcher<br />
Mittel bei den Eltern. Denn auf deren Leistungsfähigkeit<br />
kommt es für die Gewährung und Begrenzung<br />
von Kindergeld und Kinderfreibeträgen an.<br />
Stellt man beim Jahresgrenzbetrag auf Mittel ab, die<br />
eine effektive Entlastung der Eltern nicht bewirken können,<br />
so wird einer Teilgruppe von Eltern die staatliche<br />
Entlastung zweckwidrig verweigert. Dies ist der Fall bei<br />
der Einbeziehung von Sozialversicherungsbeiträgen in<br />
den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG.<br />
Sie werden vom Arbeitgeber abgeführt und sind daher<br />
dem Einkünfte erzielenden Kind oder dessen Eltern nicht<br />
verfügbar. Deshalb können sie keine Entlastung bei den<br />
Eltern bewirken.<br />
§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ist daher verfassungskonform<br />
so auszulegen, dass sowohl von den Bezügen als auch<br />
von den Einkünften nur diejenigen in den Jahresgrenzbetrag<br />
einfließen, die zur Bestreitung des Unterhalts<br />
oder der Berufsausübung bestimmt oder geeignet sind.<br />
Beschluss vom 11. Januar 2005; 2 BvR 167/02<br />
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<strong>Mandanten</strong>brief der Kanzlei Viktor Schreider Juni 2005<br />
Neue Regelbeträge für den<br />
Kindesunterhalt<br />
(Val) Ab dem 1. Juli 2005 gelten wieder neue Regeln für<br />
den Kindesunterhalt.<br />
Die Regelbeträge sind ein wichtiger Maßstab für die<br />
Unterhaltsverpflichtung von Eltern gegenüber ihren<br />
minderjährigen Kindern, mit denen sie nicht in einem<br />
Haushalt zusammenleben. Die Regelbeträge sind nicht<br />
mit den tatsächlich geschuldeten Unterhaltsbeträgen<br />
identisch, liegen aber der Düsseldorfer und der Berliner<br />
Tabelle zugrunde. Sie sind deshalb in der Praxis ein<br />
wichtiger Anhaltspunkt für Höhe des Kindesunterhalts.<br />
Die Regelbeträge sind außerdem Grundlage für die<br />
Fortschreibung dynamischer Unterhaltstitel und die Höhe<br />
des Unterhaltsvorschusses nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.<br />
Das Bundesministerium der Justiz<br />
passt die Regelbeträge entsprechend der Entwicklung<br />
des durchschnittlich verfügbaren Arbeitsentgelts<br />
alle zwei Jahre an (§ 1612 a BGB).<br />
Ab dem 1. Juli 2005 gelten folgende Beträge:<br />
1. Altersstufe (bis zur Vollendung des 6. Lebensjahrs):<br />
Alte Bundesländer 204 Euro (bisher 199 Euro), neue<br />
Bundesländer 188 Euro (bisher 183 Euro)<br />
2. Altersstufe (vom 7. bis zur Vollendung des 12. Lebensjahrs):<br />
Alte Bundesländer 247 Euro (bisher 241<br />
Euro), neue Bundesländer 228 Euro (bisher 222 Euro)<br />
3. Altersstufe (ab dem 13. Lebensjahr): Alte Bundesländer<br />
291 Euro (bisher 284 Euro), neue Bundesländer<br />
269 Euro (bisher 262 Euro)<br />
Insgesamt handelt es sich um eine moderate Steigerung,<br />
die mit der Steigerung der Verbraucherpreise in<br />
diesem Zeitraum vergleichbar ist.<br />
Unterhaltsrecht: Zum Wohle<br />
des Kindes<br />
Die von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries angestrebten<br />
Änderungen sollen im Interesse der Kinder zu<br />
mehr Verteilungsgerechtigkeit führen und zu mehr Eigenverantwortung<br />
der Ehegatten nach einer Scheidung.<br />
Das Unterhaltsrecht wird transparenter und gerechter.<br />
Veränderte gesellschaftliche Wirklichkeit<br />
Die Änderungen passen das Unterhaltsrecht behutsam<br />
an eine veränderte gesellschaftliche Wirklichkeit wie<br />
steigende Scheidungsraten und gewandelte Wertvorstellungen<br />
an. Zwei Ziele werden damit verfolgt: die<br />
Förderung des Kindeswohls und die Stärkung der<br />
nachehelichen Eigenverantwortung.<br />
Im Vordergrund stehe die Förderung des Kindeswohls.<br />
Dabei geht es um die Änderung der Rangfolge von Unterhaltsansprüchen<br />
in so genannten Mangelfällen: Wenn<br />
das zur Verfügung stehende Einkommen nicht für alle<br />
Unterhaltsberechtigten ausreicht, soll der Kindesunterhalt<br />
künftig Vorrang vor allen anderen Unterhaltsansprüchen<br />
haben. Nach heutiger <strong>Recht</strong>slage<br />
muss sich das Kind den ersten Rang mit geschiedenen<br />
und aktuellen Ehegatten teilen. Die Änderung des Vorrangs<br />
wird auch dazu führen, dass die Anzahl minderjähriger<br />
Sozialhilfeempfänger reduziert wird.<br />
Das zweite wesentliche Ziel der Reform sei es, die<br />
nacheheliche Eigenverantwortung zu stärken. Gerade<br />
unter diesem Gesichtspunkt ist die heutige Privilegierung<br />
des geschiedenen Partners nicht mehr zeitgemäß.<br />
Die Gerichte sollen deshalb künftig mehr Möglichkeiten<br />
haben, den nachehelichen Unterhaltsanspruch zeitlich<br />
zu befristen oder der Höhe nach zu begrenzen.<br />
Dies werde vor allem den Zweitfamilien mit Kindern zugute<br />
kommen, die heute häufig mit hohen Unterhaltszahlungen<br />
an den ersten Ehegatten belastet sind. Die<br />
geplanten Änderungen bedeuten keine "Revolution" im<br />
Unterhaltsrecht. Aber sie berücksichtigen eine veränderte<br />
gesellschaftliche Wirklichkeit und führen zu mehr<br />
Verteilungsgerechtigkeit für die, die es nötig haben:<br />
nämlich für die Kinder.<br />
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<strong>Mandanten</strong>brief der Kanzlei Viktor Schreider Juni 2005<br />
Immobilienbesitzer<br />
Arbeitslosengeld II:<br />
Eigenheimzulage ist kein<br />
Einkommen<br />
(Val) Bei Beziehern von Arbeitslosengeld II wird eigenes<br />
Einkommen des Hilfebedürftigen und seiner Angehörigen<br />
auf den Lebensbedarf der Bedarfsgemeinschaft<br />
angerechnet. Zum anrechenbaren Einkommen gehören<br />
auch einmalige Einnahmen, wie die Eigenheimzulage.<br />
Es wird solange kein Arbeitslosengeld II gewährt, wie die<br />
einmaligen Einnahmen zur Bestreitung des Lebensunterhalts<br />
ausreichen. Die Agentur für Arbeit kann in<br />
begründeten Einzelfällen von dieser Regelung abweichen,<br />
wenn die Berücksichtigung als Einkommen eine<br />
besondere Härte für den Hilfebedürftigen bedeuten<br />
würde.<br />
Zweckgebundene Einnahme<br />
Jetzt haben das Sozialgericht Aurich und das Landessozialgericht<br />
Niedersachsen-Bremen entschieden, dass<br />
die Eigenheimzulage nicht als Einkommen gerechnet<br />
und somit nicht vom Arbeitslosengeld II abgezogen<br />
werden darf. Nach Auffassung der Richter stellt die Eigenheimzulage<br />
kein Einkommen dar, sondern ist eine<br />
zweckgebundene Einnahme, die die wirtschaftliche Lage<br />
des Empfängers nicht so stark verbessert, dass das<br />
Arbeitslosengeld II entsprechend gekürzt werden müsste.<br />
Das Landessozialgericht hat festgestellt, dass die<br />
Anrechnung der Eigenheimzulage auf das ALG-II klar<br />
der Intention der Eigenheimförderung widerspricht: Die<br />
Eigenheimzulage ist ausdrücklich so gestaltet, dass<br />
gerade auch die Bezieher kleinerer Einkommen in den<br />
Genuss der Förderung kommen. Durch die Anrechnung<br />
auf das ALG-II würden Sozialhilfeempfänger de facto<br />
vom Bezug der Eigenheimzulage ausgenommen.<br />
Betroffene Bedarfsgemeinschaften sollten sich jetzt<br />
umgehend schriftlich an ihre zuständige Arbeitsagentur<br />
bzw. ihren Landkreis wenden, um vor dem Hintergrund<br />
des Urteils den ALG-II-Bescheid überprüfen zu lassen.<br />
Das Urteil hilft vor allem Familien mit Kindern. Durch die<br />
bisherige Anrechnung der Eigenheimzulage sind viele<br />
von ihnen in eine prekäre finanzielle Lage geraten: Sie<br />
können die Kredite für ihr im Vertrauen auf die Eigenheimförderung<br />
gebautes oder gekauftes Wohneigentum<br />
nicht mehr abzahlen, weil durch das gekürzte ALG-II<br />
kaum noch Geld zum täglichen Lebensunterhalt übrig<br />
bleibt. In vielen Fällen bliebe nur noch der Verkauf oder<br />
die Versteigerung des Eigenheims.<br />
Eigenbedarf: Schadensersatz<br />
bei fehlendem Kündigungsgrund<br />
(Val) Vermieter müssen bei einer Kündigung den Eigenbedarf<br />
nachvollziehbar darlegen, sonst sind sie dem<br />
Mieter zum Schadensersatz verpflichtet. Zieht der Vermieter<br />
nicht selbst ein, so ist es nahe liegend, dass der<br />
Vermieter den Eigenbedarf nur vorgeschoben hat. Der<br />
Bundesgerichtshof (BGH) hat damit seine <strong>Recht</strong>sprechung<br />
zur Eigenbedarfskündigung bestätigt. In seinem<br />
Urteil weist der BGH die Beweislast jedoch grundsätzlich<br />
dem Mieter zu.<br />
Grundsätzlich habe derjenige, der aus einer ihm günstigen<br />
Norm <strong>Recht</strong>e herleitet, deren tatsächliche Voraussetzungen<br />
darzulegen und zu beweisen, so die Richter.<br />
Diese Verteilung der Beweislast gilt auch für den Schadensersatzanspruch,<br />
den der Mieter gegen den früheren<br />
Vermieter wegen einer unberechtigten Eigenbedarfskündigung<br />
geltend macht. Eine sachliche <strong>Recht</strong>fertigung<br />
dafür, bei diesem Anspruch von dem allgemeinen<br />
Grundsatz der Beweislastverteilung abzuweichen,<br />
ist, wie der Bundesgerichtshof im Einzelnen ausführt,<br />
nicht gegeben.<br />
Mieter nicht unbillig belastet<br />
Der Mieter wird dadurch, dass ihm der Beweis für den<br />
fehlenden Selbstnutzungswillen des Vermieters auferlegt<br />
wird, nicht in unbilliger Weise belastet. Denn der<br />
Vermieter darf sich im Prozess nicht darauf beschränken,<br />
die Behauptung des Mieters, dass der Kündigung<br />
ein Selbstnutzungswille des Vermieters nicht zugrunde<br />
gelegen habe, schlicht zu bestreiten. Setzt der Vermieter<br />
den mit der Kündigung behaupteten Selbstnutzungswillen<br />
nach dem Auszug des Mieters nicht in die<br />
Tat um, so liegt der Verdacht nahe, dass der Eigenbedarf<br />
als Kündigungsgrund nur vorgeschoben war. Unter<br />
diesen Umständen ist es dem Vermieter zuzumuten,<br />
substantiiert und plausibel darzulegen, aus welchem<br />
Grund der mit der Kündigung geltend gemachte Eigenbedarf<br />
nachträglich entfallen sein soll. Erst wenn der<br />
Vortrag des Vermieters dem genügt, obliegt dem Mieter<br />
der Beweis, dass ein Selbstnutzungswille des Vermie-<br />
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<strong>Mandanten</strong>brief der Kanzlei Viktor Schreider Juni 2005<br />
ters schon vorher nicht bestanden hatte.<br />
Geklagt hatte ein Ehepaar, das im Hause der Eltern der<br />
Klägerin die Erdgeschoßwohnung bewohnt hatte. Als der<br />
Vater, der bisher im Souterrain wohnte, 1998 alleiniger<br />
Eigentümer wurde, kündigte er das Mietverhältnis wegen<br />
Eigenbedarfs. Das Ehepaar mietete eine andere<br />
Wohnung zu einem höheren Mietzins. Nach mehrjährigen<br />
Sanierungsarbeiten und einer weiteren Heirat<br />
vermietete der Vater die Wohnung Mitte des Jahres<br />
2002 anderweitig. Er lebt mit seiner Ehefrau in der durch<br />
Umbau vergrößerten Souterrainwohnung.<br />
Die Kläger haben Schadensersatz wegen Umzugskosten<br />
und wegen der Differenz zwischen der ursprünglichen<br />
und der in der neuen Wohnung gezahlten Miete<br />
verlangt.<br />
Kein Beweis des ersten Anscheins<br />
Der BGH hat einen Beweis des ersten Anscheins zugunsten<br />
der Mieter nicht gelten lassen. Im vorliegenden<br />
Fall waren die Voraussetzungen für einen Beweis des<br />
ersten Anscheins nicht erfüllt, weil allein der große zeitliche<br />
Abstand zwischen der Räumung der Wohnung und<br />
deren erneuter Vermietung es nicht als hinreichend nahe<br />
liegend erscheinen lässt, dass sich der Beklagte bereits<br />
vor dem Auszug der Kläger zur Neuvermietung der<br />
Wohnung entschlossen hatte.<br />
Bundesgerichtshof, VIII ZR 368/03<br />
Eigenheimzulage: Gibt es nur<br />
einmal im Leben<br />
(Val) Für Steuerpflichtige, die bereits eine Förderung<br />
ihres privaten Wohnraums durch die Eigenheimzulage<br />
oder eine erhöhte Abschreibung nach § 7b EStG in Anspruch<br />
genommen haben, tritt Objektverbrauch ein.<br />
Damit ist eine weitere Förderung privaten Wohnraums<br />
durch die Eigenheimzulage nicht mehr möglich, da diese<br />
Förderung nur einmal im Leben gewährt wird.<br />
Haben Ehegatten für eine gemeinsame Immobilie die<br />
Eigenheimzulage in Anspruch genommen, dann können<br />
beide zusammen für ein weiteres Objekt die Eigenheimzulage<br />
nutzen. Stirbt jedoch zuvor ein Ehegatte, so<br />
tritt für den anderen Partner automatisch Objektverbrauch<br />
ein. Er kann keine weitere Immobilie mit der<br />
Eigenheimzulage fördern lassen.<br />
Tipp »<br />
Heiratet der Heiratet verwitwete der Ehepartner verwitwete erneut, Ehepartner so können erneut, so<br />
beide können gemeinsam beide gemeinsam die Eigenheimzulage die Eigenheimzulage für ein Objekt für ein<br />
nutzen, Objekt wenn nutzen, der wenn neue Partner der neue noch Partner keine Förderung noch keine in<br />
Anspruch Förderung genommen in Anspruch hatte. genommen hatte.<br />
Eigentumswohnung: Als<br />
„Ersatzwohnraum“ kein<br />
Betriebsvermögen<br />
(Val) Eine zu Wohnzwecken vermietete Eigentumswohnung<br />
ist nicht bereits deshalb dem notwendigen Betriebsvermögen<br />
eines Architektenbüros zuzuordnen, weil<br />
sie in Befolgung einer behördlichen Auflage als<br />
Ersatzwohnraum für die zweckfremd genutzten eigenen<br />
Büroräume angeschafft wurde. Dies geht aus einem<br />
Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) hervor.<br />
Wirtschaftsgüter gehören zum notwendigen Betriebsvermögen,<br />
wenn sie dem Betrieb unmittelbar dienen.<br />
Dazu müssen sie objektiv erkennbar zum unmittelbaren<br />
Einsatz im Betrieb selbst bestimmt sein. Im Streitfall<br />
wurde die Ersatzwohnung zwar von den Steuerpflichtigen<br />
erworben, um die weitere betriebliche Nutzung der<br />
Geschäfträume durch das Architekturbüro auf Dauer<br />
sicherzustellen. Dies allein begründet aber nach Ansicht<br />
des BFH nicht ihre Zurechnung zum notwendigen<br />
Betriebsvermögen des Architekturbüros. Die Wohnung<br />
erhielt bei ihrem Erwerb eine konkrete und endgültige<br />
Zweckbestimmung dahingehend, nicht unmittelbar betrieblich<br />
eingesetzt oder genutzt zu werden, sondern<br />
lediglich den in den angemieteten zweckentfremdeten<br />
Wohnräumen bereits betriebenen Architekturbetrieb<br />
„abzusichern". Eine derartige betriebliche Absicherungsfunktion<br />
begründet nach Auffassung des BFH kein<br />
notwendiges Betriebsvermögen.<br />
Bundesfinanzhof, XI R 32/01<br />
Seite 14 von 24
<strong>Mandanten</strong>brief der Kanzlei Viktor Schreider Juni 2005<br />
Internet, Medien &<br />
Telekommunikation<br />
Berlin: Terminkalender des<br />
Bürgermeisters ist nicht öffentlich<br />
(Val) Ein freier Journalist beantragte im Juni 2004 beim<br />
Regierenden Bürgermeister Einsicht in dessen<br />
Terminkalender für die Zeit von März bis Juni 2004,<br />
beschränkt auf die Termine, die der Amtsinhaber in<br />
seiner Funktion als Regierender Bürgermeister<br />
wahrgenommen habe. Er berief sich dabei auf das<br />
Berliner Informationsfreiheitsgesetz. Dieses 1999 in Kraft<br />
getretene Gesetz gewährt jedem Bürger einen<br />
grundsätzlichen Anspruch auf Einsicht in alle Akten der<br />
Verwaltung. Entsprechende Gesetze gibt es in<br />
Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-<br />
Holstein; auf Bundesebene ist seit Längerem ein<br />
entsprechendes Gesetz geplant.<br />
Terminkalender ist ist keine Akte Akte<br />
Gegen die Ablehnung seines Antrages richtete sich die<br />
Klage, die erfolglos blieb. Die Zweite Kammer des<br />
Verwaltungsgerichts war der Auffassung, der<br />
Terminkalender des Regierenden Bürgermeisters zähle<br />
schon nicht zu den "Akten" der Verwaltung, die dem<br />
Bürger nach Sinn und Zweck des Gesetzes zur Einsicht<br />
offenstünden.<br />
Gegen die Entscheidung ist die von der Kammer wegen<br />
grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung zum<br />
Oberverwaltungsgericht Berlin zulässig.<br />
Verwaltungsgericht Berlin, VG 2 A 178.04<br />
.eu-Domains: Countdown läuft<br />
(Val) Der Countdown für die Einführung von „.eu“, Europas<br />
eigener Internet-Identität, bis Ende 2005 ist ange-<br />
laufen. In den folgenden Tagen wird die IANA (Internet<br />
Assigned Numbers Authority) aufgrund einer Vereinbarung<br />
vom 21. März zwischen der Zentralstelle für die<br />
Vergabe von Internet-Namen und -Adressen (ICANN)<br />
und dem .eu-Register die .eu-Domäne in die „Internet<br />
Root“ aufnehmen. Ab 2006 werden Unternehmen und<br />
Bürger, die „.eu“-Internetadressen eintragen lassen, im<br />
EU-Binnenmarkt besser wahrnehmbar, und der elektronische<br />
Handel verläuft für sie gerechter. Durch einen<br />
Domänennamen lässt sich ein Computer oder ein Netz<br />
auf einfache Weise im Internet identifizieren. Statt numerischer<br />
Adressen, die sich schwer merken lassen,<br />
bevorzugen Internetnutzer Domänennamen. „.eu“ wird<br />
eine neue Domäne oberster Stufe (TLD) bilden, die keine<br />
der bestehenden nationalen TLD in der EU ersetzt<br />
(zB „.fr“ für Frankreich, „.be“ für Belgien, „.pl“<br />
für Polen), sondern sie ergänzt und den Nutzern die<br />
Möglichkeit gibt, sich bei ihrem Internetauftritt und in<br />
ihren E-Mail-Adressen einer europaweiten Internet-<br />
Identität zu bedienen. In den letzten Jahren hat die<br />
Kommission eine Reihe von Vorbereitungen für die<br />
Einführung dieser TLD getroffen.<br />
EURid von EU benannte Stelle<br />
Nach der Unterzeichnung des Vertrages zwischen der<br />
Europäischen Kommission und EURid, der von der Europäischen<br />
Kommission am 12. Oktober 2004 ausgewählten<br />
Einrichtung für den Betrieb des .eu-Registers,<br />
hat die Kommission EURid ermächtigt, mit der ICANN<br />
eine Vereinbarung für die Übertragung der TLD .eu<br />
auszuhandeln. In dieser von der Kommission nun gebilligten<br />
Vereinbarung ist die amtliche Anerkennung seitens<br />
ICANN festgeschrieben, dass EURid die von der<br />
Europäischen Union benannte Stelle ist, die die TLD .eu<br />
in den nächsten fünf Jahren verwalten wird. Diese<br />
Vereinbarung ermöglicht es auch, die TLD .eu in die<br />
Adressen der Internet-Root-Datei aufzunehmen. Auf<br />
Anforderung der ICANN hin wird die IANA dies tun, sobald<br />
EURid die notwendigen technischen Vorbereitungen<br />
abgeschlossen hat.<br />
Registratoren zulassen<br />
Bevor das .eu-Register die ersten Anträge auf Eintragung<br />
von .eu-Namen akzeptieren kann, muss EURid<br />
Registratoren zulassen – d.h. Unternehmen, die die<br />
Registrierung von Domänennamen für Endnutzer vornehmen<br />
– und sich bezüglich der Einzelheiten der Registrierungspolitik<br />
mit der Kommission und anderen interessierten<br />
Kreisen abstimmen.<br />
Zusammen mit der Kommission arbeitet EURid jetzt an<br />
diesen letzten Vorbereitungen, damit die erste Phase der<br />
Registrierung später in diesem Jahr eingeleitet werden<br />
kann.<br />
Seite 15 von 24
<strong>Mandanten</strong>brief der Kanzlei Viktor Schreider Juni 2005<br />
Telefon: Als Werbungskosten<br />
absetzbar<br />
(Val) Private Telefonkosten können bei den Einnahmen<br />
aus nichtselbstständiger Arbeit als Werbungskosten<br />
abgezogen werden, wenn sie beruflich veranlasst sind.<br />
Alternativ ist eine Kostenerstattung durch den Arbeitgeber<br />
möglich.<br />
Nachweis vereinfacht<br />
Der berufliche Nutzungsanteil ist nachzuweisen. Seit<br />
dem 1.1.2002 wurde die Nachweisführung des Steuerpflichtigen<br />
wesentlich vereinfacht. Werden die beruflich<br />
bedingten Telefonkosten für einen repräsentativen Zeitraum<br />
von drei Monaten im Einzelnen nachgewiesen,<br />
kann der so ermittelte beruflichen Kostenanteil für den<br />
gesamten Veranlagungszeitraum zu Grunde gelegt<br />
werden. Beim Einzelnachweis werden folgende Angaben<br />
verlangt: Tag des Gespräches, Gesprächsteilnehmer,<br />
Zielort, Gesprächsgebühren oder Dauer des Gesprächs.<br />
Ohne Einzelnachweis werden pauschal 20<br />
Prozent jedoch höchsten 20 Euro im Monat als Werbungskosten<br />
anerkannt.<br />
Zu den Telefonkosten gehören die Gesprächskosten,<br />
Grundgebühren, Gerätekosten und die Anschlussgebühren.<br />
Diese Kosten können beim Werbungskostenabzug<br />
berücksichtigt werden. Bei einer Kostenerstattung<br />
durch den Arbeitgeber sind lediglich die Gesprächsgebühren<br />
berücksichtigungsfähig. Anders liegt<br />
der Sachverhalt, wenn der Arbeitgeber einen Zweitanschluss<br />
in der Wohnung des Arbeitnehmers einrichten<br />
lässt und eine private Nutzung dieses Anschlusses<br />
ausdrücklich untersagt wird. In diesem Fall kann der<br />
Arbeitgeber alle Kosten für den Zweitanschluss steuerfrei<br />
dem Arbeitnehmer erstatten.<br />
Nutzt der Arbeitnehmer das betriebliche Telefon für Privatgespräche<br />
so ist der daraus erzielte Vorteil in unbeschränkter<br />
Höhe steuerfrei.<br />
Telekommunikation: Geplanter<br />
Verbraucherschutz überzogen?<br />
(Val) Die Telekommunikatonsbranche hält die von der<br />
Bundesregierung geplanten Änderungen telekommunikationsrechtlicher<br />
Vorschriften für teilweise überzogen.<br />
Dies ergibt sich aus den schriftlichen Stellungnahmen zu<br />
einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für<br />
Wirtschaft und Arbeit, die am 12. Mai begonnen hat.<br />
Ziel des Gesetzentwurfs ist es, den Verbraucherschutz<br />
bei der Nutzung von Telekommunikationsdiensten zu<br />
verbessern. Entsprechend kommt der Verbraucherzentrale<br />
Bundesverband zu einer positiven Bewertung der<br />
Vorlage. Genannt werden im Einzelnen die Einbeziehung<br />
der in den Mobilfunknetzen genutzten Kurzwahl-<br />
Rufnummern mit ihren zum Teil teureren daten- und<br />
sprachbasierten Diensten in das Telekommunikationsgesetz<br />
und die Ausweitung der Preisangabe auf alle<br />
Rufnummernbereiche, über die Dienste angeboten<br />
werden, die über die eigentliche Verbindungsleistung<br />
hinausgehen, also Premium-, Auskunfts- oder Massenverkehrsdienste.<br />
Die Verbraucherschützer loben ferner, dass das <strong>Recht</strong><br />
auf einen kostenlosen Einzelverbindungsnachweis nicht<br />
mehr auf die Sprachkommunikationsdienste beschränkt<br />
sein soll, sondern auch für Online-Verbindungen verlangt<br />
werden kann. Call-by-Call-Diensteanbieter sollen<br />
verpflichtet werden, vor dem Schalten der Verbindung<br />
eine Preisansage anzubieten, um so zur Transparenz<br />
angesichts sich rasch ändernder Preise und Tarife beizutragen.<br />
Kritisiert wird vom Bundesverband dagegen<br />
die Erhöhung des Maximalbetrags für zeitabhängig abgerechnete<br />
Premium-Dienste von zwei auf drei Euro pro<br />
Minute. Bemängelt wird auch die Ausnahme des<br />
Mobilfunks von wichtigen Anforderungen. Diese sei unangebracht<br />
und sollte gestrichen werden, so die<br />
Verbraucherschützer.<br />
Dagegen lehnt der Bundesverband der Deutschen Industrie<br />
(BDI) - wie auch einzelne geladene Firmen der<br />
Telekommunikationsbranche - eine generelle Pflicht zur<br />
so genannten Handshake-SMS bei jedem Dienst ab<br />
einem Euro ab. Abgelehnt werden darüber hinaus unbegrenzte<br />
kostenlose Sperrmöglichkeiten, weil diese die<br />
Kosten auf die Allgemeinheit der Verbraucher umverteilten.<br />
Die Unternehmer würden gezwungen, andere<br />
kostenpflichtige Leistungen zu verteuern, um solche<br />
Kosten zu decken. Damit würden jene Kunden subventioniert,<br />
die viele kostenlose Leistungen nutzten, während<br />
andere Kunden diese Leistungen nicht wünschten<br />
und auch nicht beanspruchten. Der BDI tritt ebenso gegen<br />
überzogene Vorschriften im Bereich der Kurzwahldienste<br />
ein. Ein gesetzlich vorgeschriebener Warn-SMS-<br />
Schwellenwert von 20 Euro im Monat sei willkürlich<br />
gewählt und werde praktische Probleme bereiten.<br />
Schließlich stehen für den BDI die Kosten einer generellen<br />
Preisansagepflicht im Call-by-Call-Bereich "in<br />
krassem Missverhältnis zum Preis des Produkts".<br />
Seite 16 von 24
<strong>Mandanten</strong>brief der Kanzlei Viktor Schreider Juni 2005<br />
Kapitalanleger<br />
Anlagebetrug: Unternehmen<br />
haftet nicht für Mitarbeiter<br />
(Val) Anleger, die ihr angespartes Geld Hochstaplern<br />
anvertrauen, bleiben oft auf ihrem Schaden sitzen. Von<br />
den Gaunern selbst ist meistens nichts mehr zu holen.<br />
Die Geschädigten können aber in der Regel auch nicht<br />
das Vermittlungsunternehmen zur Verantwortung ziehen,<br />
für das der Betrüger tätig war. Das zeigt ein vor<br />
kurzem vom Landgericht Coburg entschiedener Fall.<br />
Die Klage von zwei getäuschten Investoren gegen eine<br />
Anlagevermittlungsgesellschaft wurde abgewiesen. Die<br />
Betrogenen hatten von dieser den Ersatz des ihnen<br />
durch Machenschaften eines Handelsvertreters des<br />
Unternehmens entstandenen Schadens von annähernd<br />
290.000 Euro verlangt. Das Gericht urteilte jedoch, das<br />
Verhalten des Beschäftigten sei dem Arbeitgeber nicht<br />
zuzurechnen.<br />
Die Handelsvertreterin der Vermögensberatungs- und -<br />
vermittlungsgesellschaft versprach den bei ihr Rat suchenden<br />
Anlegern hohe Renditen. Nicht wenige vertrauten<br />
ihr das Angesparte an, darunter auch die beiden<br />
späteren Kläger. Allerdings verschwieg die Vermögensberaterin,<br />
dass sie mit dem Geld ihrer Kunden<br />
hauptsächlich ihren persönlichen Wohlstand mehren<br />
wollte. Obwohl ihre Schwindeleien aufkamen und sie<br />
deswegen eine hohe Gefängnisstrafe erhielt, blieb das<br />
Geld der getäuschten Anleger verschwunden. Mit dem<br />
Argument, die Mitarbeiterin nicht ordnungsgemäß<br />
überwacht zu haben, forderten die beiden Kläger von<br />
dem Vermittlungsunternehmen Schadensersatz.<br />
Kein Bargeld von Kunden<br />
Das Landgericht Coburg wies die Klage nach der Beweisaufnahme<br />
ab. Bevor die verurteilte Betrügerin die<br />
Tätigkeit für die Beklagte begonnen habe, sei sie ausreichend<br />
kontrolliert worden. Die eingeholte Schufa-<br />
Auskunft und das Führungszeugnis seien einwandfrei<br />
gewesen. Bis zur Einleitung des Ermittlungsverfahrens<br />
gegen die Mitarbeiterin seien keine Reklamationen über<br />
sie bekannt geworden. Das Vermittlungsunternehmen<br />
müsse auch nicht für die strafbaren Handlungen ihrer<br />
Handelsvertreterin einstehen. Der Gaunerin sei es nicht<br />
erlaubt gewesen, Bargeld von den Kunden zu kassieren.<br />
Dies habe auch deutlich auf den von den Klägern<br />
unterschriebenen Vertragsformularen gestanden. Die<br />
Verurteilte habe daher außerhalb des ihr von dem Vermittlungsunternehmen<br />
zugewiesenen Aufgabenbereichs<br />
gehandelt und lediglich die Gelegenheit ausgenutzt.<br />
Landgericht Coburg, 22 O 503/04<br />
Fondsbeteiligungen: Aus für<br />
Steuervorteile<br />
(Val) Viele geschlossene Fonds weisen den Anlegern im<br />
Allgemeinen in der Anfangsphase Verluste zu, die diese<br />
mit ihren anderen Einkünften steuermindernd verrechnen<br />
können und so eine erhebliche Steuerersparnis<br />
erzielen. Bereits im Jahre 1999 wurde die Verlustverrechnung<br />
für modellhafte Gestaltungen, bei denen die<br />
Erzielung eines steuerlichen Vorteils im Vordergrund<br />
steht, durch die Einführung des § 2b EStG erheblich<br />
eingeschränkt. Nun wird die verbleibende Verlustabzugsmöglichkeit<br />
weiter eingeschränkt und in einem<br />
neuen Paragraphen § 15b EStG geregelt. Dafür wird der<br />
bisherige § 2b EStG abgeschafft.<br />
Nach dem vorliegenden Entwurf eines "Gesetzes zur<br />
Verbesserung der steuerlichen Standortbedingungen",<br />
den das Bundeskabinett am 4.5.2005 beschlossen hat,<br />
dürfen Anleger ab sofort Verluste in der Anfangsphase<br />
nicht mehr mit anderen Einkünften verrechnen, sofern<br />
die prognostizierten Verluste in der Verlustphase mehr<br />
als zehn Prozent des gezeichneten und aufzubringenden<br />
Kapitals betragen. Vielmehr dürfen die Verluste nur<br />
noch mit künftigen Gewinnen aus derselben Anlage<br />
ausgeglichen werden (§ 15b EStG 2006).<br />
Dies gilt nach dem Gesetzentwurf bereits für Beteiligungen,<br />
die nach dem 4.5.2005 gezeichnet werden oder<br />
für die der Außenvertrieb nach dem 17.3.2005 begonnen<br />
hat (§ 52 Abs.33a EStG 2006).<br />
Die neue Verlustabzugsbeschränkung trifft alle Fonds,<br />
die als Steuersparmodell ihren Anlegern Verluste zuweisen,<br />
insbesondere Medienfonds, Schiffsbeteiligungen,<br />
New Energy Fonds (Windpark-Fonds), Leasingfonds,<br />
Wertpapierhandelsfonds, Videogamesfonds, geschlossene<br />
Immobilienfonds.<br />
Von der Änderung nicht betroffen sind Fonds, die nicht<br />
primär darauf angelegt sind, ihren Anlegern einen Verlust<br />
zuzuweisen, sondern die mit der Steuerfreiheit ihrer<br />
Renditen werben. Zu nennen sind insbesondere Private<br />
Equity Fonds, Venture Capital Fonds, Lebensversiche-<br />
Seite 17 von 24
<strong>Mandanten</strong>brief der Kanzlei Viktor Schreider Juni 2005<br />
rungsfonds, die in gebrauchte Lebensversicherungen<br />
investieren und ihre Rendite auch nicht steuerbaren<br />
Erträgen erzielen.<br />
STEUERRAT: Nicht betroffen von der Neuregelung sind<br />
Verluste, die bei der Konzeption nicht abzusehen waren,<br />
z. B. aufgrund eines unerwarteten Mietausfalls,<br />
Verlust oder Beschädigung des Anlageobjektes. Nicht<br />
betroffen sind auch unternehmerische Aktivitäten außerhalb<br />
modellhafter Gestaltungen, die in den ersten<br />
Jahren zu Verlusten führen, z. B. bei Existenzgründern<br />
oder bei der Vermietung von Wohnungen und Gebäuden.<br />
Staffelkäufe: Was gilt für 2004?<br />
(Val) Aufgrund des "EU-Richtlinien-Umsetzungsgesetz"<br />
(EURLUmsG) vom 9.12.2004 gilt für die Berechnung des<br />
Spekulationsgewinns bei Staffelkäufen anstelle der<br />
bisherigen Durchschnittsmethode ab 2005 generell die<br />
so genannte Fifo-Methode (first in - first out). Das bedeutet,<br />
dass für die Steuerrechnung die zuerst gekauften<br />
Aktien als zuerst verkauft gelten.<br />
Neuregelung erst ab ab 1.1.2005<br />
Bisher war nicht eindeutig geklärt, ab wann die Neuregelung<br />
gilt. Gemäß Wortlaut des Gesetzes tritt die Neuregelung<br />
am Tag nach der Verkündung in Kraft, also am<br />
10.12.2004. Daraus ist zu folgern, dass sie für das<br />
gesamte Steuerjahr 2004 gilt. Doch das Bundesfinanzministerium<br />
geht davon aus, dass die Neuregelung erst<br />
ab dem 1.1.2005 anzuwenden ist.<br />
Per Erlass gilt nun für das Jahr 2004 folgende Regelung<br />
(BMF-Schreiben vom 5.4.2005, IV A 3 - S 2259 - 7/05):<br />
- Banken dürfen zur Ermittlung des Spekulationsgewinns<br />
oder -verlusts in der Jahresbescheinigung 2004<br />
bereits die Fifo-Methode anwenden.<br />
- Zulässig ist es auch, dass die Banken in der Jahresbescheinigung<br />
2004 auf die Ermittlung des Spekulationsgewinns<br />
oder -verlusts verzichten und stattdessen<br />
nur die Verkaufsdaten (also Datum des Verkaufs und<br />
Veräußerungserlös) ausweisen. Dann muss der Kunde<br />
selber prüfen, ob die verkauften Papiere überhaupt innerhalb<br />
eines Jahres angeschafft wurden, und den<br />
steuerpflichtigen Spekulationsgewinn oder -verlust anhand<br />
des Anschaffungspreises selber ermitteln.<br />
- Gleichgültig, welche Methode die Bank in der Jahresbescheinigung<br />
2004 angewandt hat, kann der Anleger<br />
für das Jahr 2004 seinen Spekulationsgewinn oder -<br />
verlust selber berechnen und dabei wahlweise entweder<br />
die bisherige Durchschnittsmethode (siehe Punkt 1) oder<br />
die neue Fifo-Methode (siehe Punkt 2) anwenden, je<br />
nachdem, welche Methode für ihn günstiger ist.<br />
- Ab dem Jahr 2005 müssen sowohl die Banken für die<br />
Jahresbescheinigung als auch der Anleger für seine<br />
Steuererklärung zwingend die neue Fifo-Methode anwenden.<br />
Aktienverkauf: Bank haftet<br />
nicht bei Depotvollmacht<br />
(Val) Eine Bank muss keinen Schadensersatz wegen<br />
eines Aktienverkaufs aus dem Wertpapierdepot einer<br />
Kundin leisten, die hierfür keine ausdrückliche<br />
Genehmigung erteilt hat. Wenn der Sohn der Kundin<br />
aufgrund Konto- und Depotvollmacht den<br />
Verkaufsauftrag erteilt, muss die Bank nicht von sich aus<br />
Nachforschungen zur Wirksamkeit des Auftrags<br />
anstellen.<br />
Die Bank hat nur dann eine Prüfpflicht, wenn massive<br />
Verdachtsmomente für einen offensichtlichen Missbrauch<br />
der Vollmacht sprechen. Dies hat das Landgericht<br />
München I entschieden.<br />
Landgericht München I, 32 O 6269/04<br />
Seite 18 von 24
<strong>Mandanten</strong>brief der Kanzlei Viktor Schreider Juni 2005<br />
Staat & Verwaltung<br />
Bürokratieabbau: 350 Gesetze<br />
weniger<br />
(Val) Das Bundeskabinett hat beschlossen, über 350<br />
Gesetze und <strong>Recht</strong>sverordnungen aufzuheben. Diese<br />
Vorschriften sind zwar formal geltendes Bundesrecht,<br />
haben jedoch heute keine praktische Wirkung mehr.<br />
Von "toten" Normen befreit<br />
Die <strong>Recht</strong>sbereinigung ist ein Kernprojekt der Initiative<br />
Bürokratie-Abbau der Bundesregierung, an der alle<br />
Ressorts teilnehmen. In diesem Projekt wird das geltende<br />
<strong>Recht</strong> systematisch überprüft mit dem Ziel, vor<br />
allem alte und überholte Vorschriften zu identifizieren<br />
und aufzuheben. Die <strong>Recht</strong>sordnung wird übersichtlicher<br />
und verständlicher, wenn sie von „toten“ Normen<br />
befreit wird, die den Blick auf das maßgebliche <strong>Recht</strong><br />
verstellen. Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und<br />
Verwaltung erhalten einen leichteren Zugang zum <strong>Recht</strong>,<br />
weil sie die für sie maßgeblichen Normen einfacher und<br />
schneller finden können.<br />
Das Bundesministerium der Justiz hat ein Konzept für<br />
eine umfassende <strong>Recht</strong>sbereinigung entwickelt und es<br />
den anderen Ressorts zur Verfügung gestellt. Anhand<br />
formaler Merkmale wie dem Alter einer Vorschrift oder<br />
der Verwendung vorkonstitutioneller Terminologie haben<br />
die Ressorts, einem Filter vergleichbar, den<br />
gesamten Bestand an <strong>Recht</strong>snormen auf überflüssige<br />
Vorschriften untersucht. Der Beschluss des Bundeskabinetts<br />
betrifft Regelungen aus dem Zuständigkeitsbereich<br />
des Bundesministerium des Inneren (BMI), des<br />
Bundesministeriums der Justiz (BMJ), des Bundesministeriums<br />
für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) und des<br />
Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung<br />
und Landwirtschaft (BMVEL). Ausgangsbasis der<br />
<strong>Recht</strong>sbereinigung war ein Bestand von 2.066 Gesetzen<br />
mit 46.308 Einzelnormen und 3.051 <strong>Recht</strong>sverordnungen<br />
mit 38.776 Einzelnormen (Stand 26. Februar<br />
2003 /erster Kabinettbeschluss zum<br />
Bürokratieabbau).<br />
Internationales Privatrecht:<br />
Mehr <strong>Recht</strong>ssicherheit<br />
(Val) Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat am<br />
15.04.2005 mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus den<br />
anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union das<br />
Vierte Beitrittsübereinkommen zu dem EG-<br />
Schuldvertragsübereinkommens von 1980 unterzeichnet.<br />
Damit werden die Vorschriften des Schuldvertragsübereinkommens<br />
demnächst auch für die Mitgliedstaaten<br />
gelten, die der Union am 1. Mai 2004 beigetreten<br />
sind (Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei,<br />
Slowenien, Tschechien, Ungarn und der griechische Teil<br />
Zyperns).<br />
Europaweit einheitliche Regelungen<br />
Das EG-Schuldvertragsübereinkommen von 1980 stellt<br />
europaweit einheitliche Regeln für das internationale<br />
Privatrecht auf. Das Internationale Privatrecht regelt die<br />
Frage, welches <strong>Recht</strong> auf einen Sachverhalt angewandt<br />
wird, der Beziehungen zu mehreren <strong>Recht</strong>sordnungen<br />
aufweist. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften<br />
hat dann die Befugnis, das Übereinkommen<br />
auch für alle europäischen Staaten verbindlich auszulegen.<br />
Das schafft <strong>Recht</strong>ssicherheit für den Wirtschaftsverkehr.<br />
Verkauft beispielsweise ein Unternehmen mit Sitz in<br />
Deutschland Reifen nach Polen, so kann es mit seinem<br />
Vertragspartner die Anwendung deutschen <strong>Recht</strong>s vereinbaren<br />
- es kann sich jetzt aber auch darauf verlassen,<br />
dass deutsches <strong>Recht</strong> durch Internationales Privatrecht<br />
auf den Vertrag Anwendung findet, weil das Unternehmen<br />
die vertragsprägende Lieferpflicht erfüllt.<br />
Das Schuldvertragsübereinkommen schützt auch die<br />
Verbraucherinnen und Verbraucher. So gelten<br />
bestimmte zwingende deutsche Vorschriften für in<br />
Deutschland lebende Verbraucher, auch wenn sie mit<br />
ihrem ausländischen Vertragspartner die Geltung eines<br />
ausländischen <strong>Recht</strong>s vereinbart haben. In Deutschland<br />
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<strong>Mandanten</strong>brief der Kanzlei Viktor Schreider Juni 2005<br />
kommt beispielsweise ausländisches <strong>Recht</strong> nicht zur<br />
Anwendung, das dem Schuldner die Haftung wegen<br />
Vorsatzes im Voraus erlässt. Haben die Parteien bei<br />
einem Verbrauchergeschäft keine <strong>Recht</strong>swahl<br />
getroffen, finden die <strong>Recht</strong>svorschriften des Staates<br />
Anwendung, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen<br />
Aufenthalt hat. Verkauft zum Beispiel ein niederländischer<br />
Unternehmer mit grenzüberschreitenden<br />
Kontakten an einen Verbraucher mit gewöhnlichem<br />
Aufenthalt in Deutschland Tulpenzwiebeln, so ist er dem<br />
deutschen Gewährleistungsrecht unterworfen, wenn<br />
seine Ware Mängel aufweist.<br />
Zeugnisverweigerungsrecht:<br />
Für Verlobte bald passé<br />
(Val) Verlobte sollen sich zukünftig nicht mehr auf ihr<br />
Zeugnisverweigerungsrecht berufen können. Der Bundesrat<br />
hat in seiner Sitzung vom 29. April einen entsprechenden<br />
Gesetzentwurf beim Deutschen Bundestag<br />
eingebracht. Dieser sieht darüber hinaus vor, Verlobte<br />
vor der Privilegierung des fakultativen Strafmilderungs-<br />
bzw. ausschließungsgrundes des Aussagennotstandes<br />
sowie des Strafausschließungsgrundes der<br />
Tatbegehung zugunsten eines Angehörigen im Rahmen<br />
der Strafvereitelung und zudem das Aussageverweigerungsrecht<br />
nach der Abgabenordnung für diesen Personenkreis<br />
abzuschaffen.<br />
Der Entwurf hat zum Ziel, eine in den letzten Jahren zu<br />
beobachtende missbräuchliche Inanspruchnahme des<br />
Zeugnisverweigerungsrechtes zu unterbinden. Das Verlöbnis<br />
sei an keine Förmlichkeiten gebunden, so dass<br />
ein Bestehen von Strafverfolgungsbehörden und Gerichten<br />
kaum geprüft werden könne.<br />
Geplant: Steuerermäßigung für<br />
rußarme Diesel-Pkw<br />
(Val) Rußpartikel aus Diesel-Fahrzeugen machen krank.<br />
Moderne Filtertechnik kann den schädlichen Ausstoß<br />
zurückhalten. Um die Einführung der neuen Technik zu<br />
beschleunigen, sieht jetzt der Entwurf eines "Gesetzes<br />
zur Förderung besonders partikelreduzierter<br />
Personenkraftwagen" für neue Diesel-Pkw mit Rußpartikelfilter<br />
und für nachgerüstete Pkw eine Kfz-<br />
Steuerermäßigung vor. Hingegen ist für neue Pkw ohne<br />
Rußfilter ab 2008 eine einmalige Kfz-Steuererhöhung<br />
geplant.<br />
Gefährdungen nachhaltig verringern<br />
Den Gesetzentwurf hat das Bundeskabinett am<br />
11.5.2005 beschlossen. Damit ergreift die Bundesregierung<br />
die Initiative, um die von Diesel-Kraftfahrzeugen<br />
ausgehenden Gefährdungen für die Gesundheit der<br />
Bevölkerung nachhaltig zu verringern. Über die Kraftfahrzeugsteuer<br />
sollen Anreize für den Kauf oder die<br />
Nachrüstung von Diesel-Pkw geschaffen werden, deren<br />
Motoren deutlich weniger Partikelmasse ausstoßen.<br />
Folgende Regelungen sind geplant: - Für neue Pkw, die<br />
in der Zeit vom 1.1.2005 bis 31.12.2007 erstmals zugelassen<br />
werden und den anspruchsvollen Partikelgrenzwert<br />
von fünf Milligramm je gefahrenen Kilometer einhalten,<br />
wird eine Steuerbefreiung in Höhe von 350 Euro<br />
gewährt.<br />
- Für im Verkehr befindliche Pkw, die vor dem 1.1.2006<br />
erstmals zugelassen und vom 1.1.2005 bis 31.12.2007<br />
mit wirksamer Partikelminderungstechnik nachgerüstet<br />
werden, wird eine Steuerbefreiung in Höhe von 250 Euro<br />
gewährt.<br />
- Für neue Pkw, die ab dem 1.1.2008 erstmals zugelassen<br />
werden und den Partikelgrenzwert von fünf Milligramm<br />
je gefahrenen Kilometer nicht einhalten, wird auf<br />
den Jahresbetrag der Kfz-Steuer ein einmaliger Zuschlag<br />
von 20 Prozent gefordert.<br />
Erstzulassung 2005<br />
ACHTUNG: Die Steuerbefreiungen gelten bereits für<br />
Pkw, die noch im Jahre 2005 erstmals zugelassen oder<br />
nachgerüstet werden. Sie werden aber erst gewährt ab<br />
dem 1.1.2006.<br />
Die Anforderungen an die Partikelminderungstechnik<br />
werden in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung<br />
geregelt. Die Steuerförderbeträge von 350 Euro bzw.<br />
250 Euro gelten unabhängig von den tatsächlichen<br />
Kosten. Sie decken rund die Hälfte der Kosten für die<br />
Neuanschaffung oder Nachrüstung ab.<br />
Das Gesetz bedarf der Zustimmung durch den Bundesrat<br />
und danach auch der Genehmigung durch die Europäische<br />
Kommission. Es soll am 1.1.2006 in Kraft treten.<br />
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<strong>Mandanten</strong>brief der Kanzlei Viktor Schreider Juni 2005<br />
Unternehmer<br />
2006: Verbesserung bei der<br />
Gewerbesteuer?<br />
(Val) Bei Gewerbetreibenden und Mitunternehmern wird<br />
die gezahlte Gewerbesteuer in pauschalierter Form auf<br />
die tarifliche Einkommensteuer angerechnet. Nach geltendem<br />
<strong>Recht</strong> ist die Anrechnung auf das 1,8-fache des<br />
Gewerbesteuermessbetrages begrenzt (§ 35 EStG). Die<br />
Höhe der Gewerbsteuer richtet sich nach dem Hebesatz<br />
der jeweiligen Gemeinde.<br />
Dieses Anrechnungsverfahren führte im Jahre 2001<br />
aufgrund des damaligen Spitzensteuersatzes von 48,5<br />
Prozent zu einer Vollanrechnung bis zu einem Gewerbesteuerhebesatz<br />
von 389 Prozent. Doch wegen der<br />
zwischenzeitlichen Absenkung des Spitzensteuersatzes<br />
auf 42 Prozent ist eine Vollanrechnung jetzt nur noch bis<br />
zu einem Hebesatz von 341 Prozent möglich.<br />
Nach dem vorliegenden Entwurf eines "Gesetzes zur<br />
Verbesserung der steuerlichen Standortbedingungen",<br />
den das Bundeskabinett am 4.5.2005 beschlossen hat,<br />
wird ab 2006 der Anrechnungs-Faktor vom 1,8-fachen<br />
auf das 2,0-fache des Gewerbesteuermessbetrages<br />
angehoben. Dadurch wird eine Vollanrechnung der<br />
Gewerbesteuer bis zu einem Gewerbesteuerhebesatz<br />
von 379 Prozent möglich (§ 35 EStG 2006).<br />
Erbschaftsteuer: Vergünstigung<br />
für Firmenerben?<br />
(Val) Beim Tod eines Firmeninhabers gibt es zwei große<br />
Probleme: die Regelung der Unternehmensnachfolge<br />
und die Zahlung der fälligen Erbschaftsteuer. Zumindest<br />
bei der Erbschaftsteuer verspricht der vorliegende<br />
Entwurf eines "Gesetzes zur Sicherung der Unternehmensnachfolge",<br />
der am 4.5.2005 vom Bundes-<br />
kabinett beschlossen wurde, eine erfreuliche Lösung.<br />
Ab dem 1.1.2006 vermindert sich für Erben eines Unternehmens<br />
die Erbschaftsteuer um jeweils zehn Prozent<br />
für jedes Jahr, in dem sie den Betrieb fortführen.<br />
Wird der Betrieb mindestens zehn Jahre fortgeführt,<br />
erlischt die Erbschaftsteuer vollständig. Dies gilt für Unternehmen<br />
mit einem Betriebsvermögen bis 100 Millionen<br />
Euro (§ 28 ErbStG).<br />
Bei dem Betrag von 100 Millionen Euro handelt es sich<br />
um eine Freigrenze und nicht um einen Freibetrag. Das<br />
bedeutet, dass bei Betriebsvermögen über 100 Millionen<br />
Euro die neue Vergünstigung nicht greift und stattdessen<br />
die bisherigen Freibeträge und Bewertungsabschläge<br />
nach § 13a ErbStG weiterhin gelten.<br />
Damit aber die Steuerbelastung ab 100 Millionen Euro<br />
nicht zu krass einsetzt, sind für Betriebsvermögen von<br />
100 bis 160 Millionen Euro komplizierte Übergangsregelungen<br />
vorgesehen (§ 19a Abs. 2 EStG).<br />
Die Erbschaftsteuer auf das begünstigte Produktivvermögen<br />
bis 100 Millionen Euro wird zunächst gestundet<br />
und erlischt für jedes Jahr, in dem der Betrieb fortgeführt<br />
wird, in Höhe eines Teilbetrages von zehn Prozent.<br />
Nach Ablauf von zehn Jahren ist die Erbschaftsteuer<br />
vollständig erloschen. Werden Teile des begünstigten<br />
Betriebsvermögens innerhalb des 10-Jahreszeitraums<br />
veräußert, ohne dass die freigewordenen Mittel wieder<br />
investiert werden, endet die Stundung, und der restliche<br />
Teilbetrag der ursprünglichen Erbschaftsteuer muss<br />
gezahlt werden.<br />
Steuerschuldumkehr: Nicht für<br />
Kleinunternehmer<br />
(Val) Seit dem 1. April 2004 gilt für Bauunternehmer,<br />
Subunternehmer und Bauhandwerker die umgekehrte<br />
Steuerschuldnerschaft: Wenn sie Werklieferungen und<br />
sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung,<br />
Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von<br />
Bauwerken dienen, empfangen, dürfen sie die Umsatzsteuer<br />
nicht mehr an den leistenden Unternehmer zahlen,<br />
sondern müssen diese direkt an das Finanzamt<br />
abführen. Der Leistungserbringer muss also jetzt keine<br />
Umsatzsteuer mehr abführen und darf sie daher auch<br />
nicht mehr in seiner Rechnung an den Auftraggeber<br />
ausweisen (§ 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG).<br />
Die Steuerschuldumkehr bei der Umsatzsteuer besteht<br />
nur für Unternehmen der Baubranche, also für Unternehmen,<br />
die selbst Bauleistungen erbringen. Die Zahlungspflicht<br />
besteht auch dann, wenn solche Unternehmen<br />
Leistungen für ihren privaten Bereich beziehen<br />
(§ 13b Abs. 2 UStG).<br />
Fraglich war bislang, ob der Leistungsempfänger die<br />
Umsatzsteuer auch dann schuldet, wenn der Leistungserbringer<br />
ein Kleinunternehmer gemäß § 19 UStG<br />
ist und er deshalb ohnehin in seinen Rechnungen keine<br />
Umsatzsteuer ausweisen darf und abführen muss.<br />
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<strong>Mandanten</strong>brief der Kanzlei Viktor Schreider Juni 2005<br />
Seit dem 1. Januar 2005 gilt aufgrund des "EU-<br />
Richtlinien-Umsetzungsgesetzes" eine Erleichterung für<br />
Kleinunternehmer: Ist der leistende Unternehmer ein<br />
Kleinunternehmer, gilt für den Leistungsempfänger die<br />
Steuerschuldumkehr nicht. Dieser muss also keine Umsatzsteuer<br />
abführen (§ 13b Abs. 2 Satz 4 UStG 2005).<br />
Die Anwendung der Steuerschuldnerschaft beim Leistungsempfänger<br />
könnte dazu führen, dass eine nicht<br />
gewollte Mehrbelastung beim Leistungsempfänger entsteht,<br />
z. B. wenn dieser selbst ein Kleinunternehmer ist.<br />
Etwas anderes aber gilt, wenn der Leistungsempfänger<br />
Kleinunternehmer ist und selbst nachhaltig Bauleistungen<br />
erbringt (z. B. Handwerker): In diesem Fall gilt die<br />
Steuerschuldumkehr auch für ihn. Er muss also Umsatzsteuer<br />
für die bezogenen Lieferungen und Leistungen<br />
abführen, und zwar auch dann, wenn diese für seinen<br />
Privatbereich anfallen (§ 13b Abs. 5 UStG).<br />
Umsatzsteuer-<br />
Voranmeldungen: Weiterhin in<br />
Papierform zulässig<br />
(Val) Arbeitgeber und Unternehmer müssen aufgrund<br />
des Steueränderungsgesetzes 2003 seit Jahresbeginn<br />
ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen und die Lohnsteuer-Anmeldungen<br />
auf elektronischem Wege an das Finanzamt<br />
übermitteln (§§ 41a, 41b EStG, § 18 Abs. 1<br />
UStG).<br />
Falls Sie diese Anmeldungen jedoch nicht elektronisch<br />
vornehmen wollen, können Sie dies nach einem neuen<br />
Erlass der Finanzverwaltung auch über den 31.3.2005<br />
hinaus in herkömmlicher Form, also auf amtlichem Vordruck<br />
oder per Fax, tun. Die Finanzbehörden sind nach<br />
erneuter Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, "dass es<br />
sich bei den Papieranmeldungen weiterhin um<br />
rechtsgültige (Vor-) Anmeldungen handelt und die Abgabe<br />
von Lohnsteuer-Anmeldungen und Umsatzsteuer-<br />
Voranmeldungen in Papierform nicht zwingend Sankti-<br />
onen, wie Schätzung, Verspätungszuschlag und<br />
Zwangsgeld, zur Folge hat" (FinMin. Nordrhein-<br />
Westfalen vom 6.4.2005, S 0061 - 65 - V 1).<br />
Folgende Anweisung ergeht an die Finanzämter:<br />
- Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Lohnsteuer-<br />
Anmeldungen sind bis auf weiteres in Papierform zulässig.<br />
- Sanktionen (Schätzung, Verspätungszuschlag und<br />
Zwangsgeld) sind unzulässig.<br />
- Das BMF-Schreiben vom 29.11.2004 (in dem die Verpflichtung<br />
zur Abgabe von elektronischen Anmeldungen<br />
geregelt ist) ist bis auf weiteres nicht mehr anzuwenden.<br />
- Soweit Anträge, mit denen der Verzicht auf eine elektronische<br />
Übermittlung der Anmeldungen begehrt wurde,<br />
abgelehnt worden sind, sind diese Fälle nicht wieder<br />
aufzugreifen. Einsprüchen und noch nicht entschiedenen<br />
Anträgen ist zu entsprechen.<br />
Soeben hat das Finanzgericht Hamburg entschieden,<br />
dass ein Unternehmer ohne Internetanschluss - hier ein<br />
<strong>Recht</strong>sanwalt - nicht gezwungen werden kann, sich die<br />
entsprechende Hard- und Software eigens für die elektronische<br />
Übermittlung der Voranmeldungen anzuschaffen.<br />
Eine "unbillige Härte" liege nicht dann vor, wenn der<br />
Unternehmer die entsprechenden Investitionen aus<br />
finanziellen Gründen nicht leisten könne, die kurzfristige<br />
Einstellung seiner Tätigkeit beabsichtige oder in nächster<br />
Zeit eine Umstellung seiner Hard- und Software plane,<br />
sondern auch dann, wenn ein Internetanschluss<br />
nicht vorhanden ist. Die Richter haben das Finanzamt<br />
verpflichtet, die Abgabe der Anmeldungen in Papierform<br />
zuzulassen.<br />
Finanzgericht Hamburg, II 51/05<br />
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<strong>Mandanten</strong>brief der Kanzlei Viktor Schreider Juni 2005<br />
Verbraucher, Versicherung &<br />
Haftung<br />
Lebensversicherung:<br />
Stornogebühren rechtswidrig?<br />
(Val) Der Versicherungssenat des Oberlandesgerichts<br />
Düsseldorf hat in dem Musterverfahren eines Verbraucherverbandes<br />
eine wichtige - allerdings noch nicht<br />
rechtskräftige - verbraucherfreundliche Entscheidung zur<br />
Kapitallebensversicherung getroffen. Sie betrifft die<br />
Berechnung des Rückkaufwertes bestehender Kapitallebensversicherungen.<br />
Die Versicherer bringen dabei bisher regelmäßig zum<br />
einen die Abschluss-, zum anderen so genannten Stornokosten<br />
in Abzug. Der Bundesgerichtshof hatte zwar<br />
bereits im Jahre 2001 eine entsprechende Klausel in den<br />
Versicherungsbedingungen wegen fehlender<br />
Transparenz für unwirksam erklärt. Die Versicherer hatten<br />
diese Klausel darauf aber durch eine im Ergebnis<br />
inhaltsgleiche, jedoch anders formulierte Bestimmung<br />
ersetzt. Diese nachträgliche Vertragsanpassung war von<br />
der bisher herrschenden Meinung in <strong>Recht</strong>sprechung<br />
und Fachliteratur gebilligt worden.<br />
Der Senat ist dieser <strong>Recht</strong>sauffassung nunmehr als<br />
erstes Oberlandesgericht entgegen getreten. Seiner<br />
Auffassung nach wird die in einem besonderen gesetzlich<br />
vorgesehenen Verfahren nachträglich eingeführte<br />
Klausel dem (hypothetischen) Willen der Vertragsparteien<br />
nicht gerecht. Der Versicherungsnehmer<br />
habe bei Vertragsschluss in der Regel von der hohen<br />
Belastung seines Versicherungskontos mit den Abschluss-<br />
und – im Falle der Kündigung – den Stornogebühren<br />
nichts gewusst. Es könne nicht ausgeschlossen<br />
werden, dass er sich bei der gebotenen konkreten<br />
Offenlegung der mit den unwirksamen Klauseln<br />
verbundenen wirtschaftlichen Nachteile für eine andere<br />
Kapitalanlage entschieden hätte.<br />
Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen<br />
Bedeutung der Sache zugelassen. Bestätigt der Bundesgerichtshof<br />
die Entscheidung des Oberlandesgerichts<br />
Düsseldorf, könnte sich dies auf die Rückkaufwerte<br />
bestehender Kapitallebensversicherungen auswirken:<br />
Der kündigende Versicherungsnehmer hätte dann einen<br />
höheren Rückkaufwert zu erwarten.<br />
Oberlandesgericht Düsseldorf, I-4 U 146/04<br />
Segler: Wer das Sagen hat,<br />
haftet<br />
(Val) Eine Versicherung muss für einen Yachtunfall in<br />
kroatischen Küstengewässern nur zahlen, wenn der<br />
Schiffsführer einen entsprechenden gültigen Führerschein<br />
für diese Gewässer besitzt. Dies hat das Landgericht<br />
München I entschieden.<br />
Damit wies es die Klage eines Unternehmers auf Versicherungsleistungen<br />
wegen eines Unfalls mit seiner<br />
Yacht in Kroatien ab. In dem <strong>Recht</strong>streit kam es entscheidend<br />
auf die Frage an, wer Schiffsführer ist. Die<br />
Richter stellten klar: Schiffsführer ist, wer die Verantwortung<br />
und die tatsächliche Befehlsgewalt für das Boot<br />
übernimmt.<br />
Ein Segler war mit seiner Motoryacht an Ostern 2002 in<br />
kroatischen Küstengewässern unterwegs. Als Kapitän<br />
der Yacht bestimmte er den Kurs, übergab aber vor der<br />
kroatischen Küste in der Nähe eines angepeilten Hafens<br />
das Steuer seinem Cousin, der in der Crewliste als<br />
Maat geführt war. Die Motoryacht kollidierte kurz darauf<br />
mit einem unter Wasser befindlichen Hindernis und<br />
schlug Leck.<br />
Der Segler verlangte von seiner Yacht-Kasko-<br />
Versicherung einen Schaden von rund 160.000 Euro<br />
ersetzt. Er ist Inhaber des so genannten "Bodenseeführerscheins",<br />
eines Schifferpatentes des Straßen- und<br />
Wasserbauamts Konstanz.<br />
Wie das Landgericht durch Befragung eines Sachverständigen<br />
feststellte, berechtigt dieses Bodenseeschifferpatent<br />
nicht zur Schifffahrt in kroatischen Küstengewässern.<br />
Ein gültiger Bootsführerschein des Schiffsführers<br />
ist aber Voraussetzung des Versicherungsschutzes.<br />
Der Mieter der Yacht konnte sich nicht mit Erfolg darauf<br />
berufen, dass zum Unfallzeitpunkt sein Cousin das Schiff<br />
geführt habe, der den erforderlichen Führerschein<br />
besessen hätte. Zwar hielt der Cousin und nicht der<br />
Kläger bei der Kollision der Yacht das Steuerrad in<br />
Händen. Anders als beim Führen eines Pkw ist jedoch<br />
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<strong>Mandanten</strong>brief der Kanzlei Viktor Schreider Juni 2005<br />
Schiffsführer derjenige, der nach den objektiven Umständen<br />
die Kommandogewalt über das Schiff hat.<br />
Der Segler hatte als Kapitän der Yacht den Kurs bestimmt,<br />
die Fahrtstrecke ausgelotet und nach dem Unfall<br />
den Hafenmeister zur Rettung alarmiert. Dass er<br />
seinem "Maat" das Ruder überließ, führte nicht zur Abgabe<br />
der Verantwortung für das Boot. Schiffsführer blieb<br />
folglich der Kläger. Da der aber für die kroatischen<br />
Küstengewässer keinen gültigen Führerschein besaß,<br />
wies das Landgericht München I die Klage ab.<br />
Landgericht München, I 25 O 17184/03<br />
Unfall: Medikamenteneinfluss<br />
kostet Versicherungsschutz<br />
(Val) Ein infolge Medikamenteneinnahme verursachter<br />
Verkehrsunfall kann nicht nur eine Bestrafung und einen<br />
Führerscheinentzug nach sich ziehen. Unter Umständen<br />
entfällt auch der Kaskoschutz für das hierbei<br />
beschädigte eigene Fahrzeug.<br />
Das machte jetzt das Landgericht Coburg in einer aktuellen<br />
Entscheidung deutlich. Das Gericht wies die Klage<br />
des bei einem Unfall unter Arzneimitteln stehenden<br />
Versicherten gegen die Vollkaskoversicherung auf Zahlung<br />
von rund 8.500 Euro ab. Der Versicherungsnehmer<br />
habe den Versicherungsfall in vorwerfbarer Weise selbst<br />
verursacht, so das Landgericht.<br />
Ein Versicherungsvertreter war trotz ruhiger Verkehrsverhältnisse<br />
an einem Novembermorgen ungebremst<br />
gegen einen ordnungsgemäß abgestellten Kleinlaster<br />
geprallt. Auf die herbeigeeilten Polizisten machte der<br />
Unfallverursacher einen abwesenden, apathischen Eindruck.<br />
Da er kaum Reaktionen zeigte und verwaschen<br />
sprach, musste er eine Blutprobe abgeben. Hierin fanden<br />
sich erhebliche Mengen von Psychopharmaka. Das<br />
Strafgericht verurteilte den Versicherungsnehmer zu<br />
einer Geldstrafe und entzog ihm den Führerschein. Der<br />
Versicherungsvertreter wollte wenigstens den an seinem<br />
Wagen entstandenen Schaden vom Kaskoversicherer<br />
erstattet bekommen. Dieser lehnte ab, sei der<br />
Schaden vom Versicherten grob fahrlässig herbeigeführt<br />
worden.<br />
Das Landgericht Coburg gab der beklagten Versicherungsgesellschaft<br />
<strong>Recht</strong>. Nach Vernehmung mehrer<br />
Zeugen und eines Sachverständigen lehnte es eine<br />
Zahlungspflicht ab. Durch den Medikamenteneinfluss sei<br />
der Kläger fahruntüchtig gewesen. Dies zeige sich<br />
dadurch, dass er nach dem Unfall apathisch gewesen<br />
sei, nur verlangsamt reagiert und verwaschen gesprochen<br />
habe. Der Versicherungsnehmer habe auch Tabletten<br />
von bekanntermaßen bewusstseinsverändernder<br />
Wirkung in so großer Menge geschluckt, dass er seine<br />
Fahruntauglichkeit ohne weiteres hätte erkennen können<br />
und müssen. Er habe daher grob verkehrswidrig<br />
gehandelt. Unter diesen Umständen müsse der Versicherer<br />
nicht leisten.<br />
Landgericht Coburg, 12 O 671/04<br />
Unfall: Besser Taxi statt<br />
Mietwagen?<br />
(Val) Wer nach einem Unfall einen Mietwagen nimmt,<br />
obwohl er ihn offenkundig gar nicht benötigt, muss die<br />
Kosten hierfür selbst tragen. Diese schmerzliche<br />
Erfahrung machte ein Münchner, der nun auch in der 2.<br />
Instanz mit seiner Klage auf Ersatz von<br />
Mietwagenkosten in Höhe von Euro 1.168,87 scheiterte.<br />
Das LG München I bestätigte ein entsprechendes Urteil<br />
des AG München vom 22.10.2004. Denn der Kläger war<br />
in vier Tagen nur 72 Kilometer mit dem Wagen gefahren.<br />
Wie die Kollegen in der 1. Instanz sahen die Richter der<br />
für Verkehrsunfallsachen zuständigen 17. Zivilkammer<br />
die Anmietung eines Mietwagens in einem derartigen<br />
Fall nicht als notwendig und die hierfür entstandenen<br />
Kosten daher als unverhältnismäßig an. Denn: Im Taxi<br />
hätte eine vergleichbare Fahrtstrecke nur 144 Euro<br />
gekostet, was der Kläger auch nicht bestritten hatte.<br />
Diese 144 Euro hatte die Versicherung daher auch<br />
ersetzt.<br />
Da das Gesetz nur zur Erstattung des zum<br />
Schadensersatz "erforderlichen" Betrags verpflichtet,<br />
mussten die Richter beurteilen, was ein verständiger,<br />
wirtschaftlich denkender Mensch zur Überbrückung der<br />
Ausfallzeit des Wagens während der Reparatur<br />
unternommen hätte. Sie entschieden, dass ein<br />
vernünftiger Mensch, der die Kosten selbst hätte tragen<br />
müssen, niemals einen Kostenaufwand von 16 Euro pro<br />
gefahrenen Kilometer auf sich genommen, sondern das<br />
wesentlich günstigere Taxi gewählt hätte. Auch der<br />
Einwand, es sei wegen plötzlicher Erkrankung nicht zu<br />
einer intensiveren Nutzung des Wagens gekommen, half<br />
dem Kläger nichts. In diesem Fall hätte der Kläger, um<br />
unnötige Kosten zu vermeiden, den Wagen zurückgeben<br />
oder zurückbringen lassen müssen.<br />
Landgericht München I, 17 S 20753/04<br />
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