Newsletterausgabe VERBRAUCHERFINANZEN - Frühjahr 2013
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<strong>VERBRAUCHERFINANZEN</strong>.DE <strong>2013</strong> I Recht<br />
Aktuelle Urteile<br />
zur Vorsorgevollmacht<br />
Das Thema „Vorsorge für den Ernstfall“ und damit die Vorsorgevollmacht<br />
beschäftigt die Menschen – und immer wieder<br />
auch die Gerichte. Die ARAG Experten informieren hier über<br />
den aktuellen Stand der Rechtsprechung rund um Vorsorgevollmachten.<br />
Notarielle Vorsorgevollmacht und Testamentsvollstreckung<br />
In zwei Entscheidungen des Oberlandesgerichts (OLG) München<br />
aus den Jahren 2011 und 2012 ging es um die Frage, wie<br />
sich notarielle Vorsorgevollmacht und Testamentsvollstreckung<br />
zueinander verhalten. In dem einen Fall (Az.: 34 Wx 288/11)<br />
hatte die Verstorbene ihrem Ehemann eine notarielle Vorsorgevollmacht<br />
erteilt, die explizit auch über den Todesfall hinaus<br />
gelten sollte. Ferner hatte sie per Testament ihren Sohn zum<br />
Erben eingesetzt und Testamentsvollstreckung angeordnet. Ihrem<br />
Ehemann vermachte sie in der letztwilligen Verfügung ein<br />
Grundstück. Als der das Grundstück auf sich selbst übertragen<br />
lassen wollte, verweigerte das zuständige Grundbuchamt die<br />
Umschreibung mit dem Hinweis, er benötige die Zustimmung<br />
der Testamentsvollstrecker. Das sah das OLG anders: Die Vorsorgevollmacht<br />
gelte trotz der angeordneten Testamentsvollstreckung<br />
unbeschränkt weiter. Denn der Bevollmächtigte leite<br />
– so die Richter – seine Rechte auch nach dessen Tod vom Vollmachtgeber<br />
her und könne den Nachlass wirksam vertreten.<br />
Diese Befugnis ende erst mit dem Widerruf der Vollmacht. Das<br />
gilt nach der zweiten Entscheidung des OLG aus dem Jahr 2012<br />
(Az.: 34 Wx 248/12) auch für eine sog. postmortale Vorsorgevollmacht.<br />
Dabei handelt es sich um eine Vollmacht, die erst ab<br />
dem Tod des Vollmachtgebers Geltung erlangt.<br />
Vorsorgevollmacht und gerichtlich angeordnete Betreuung<br />
Um das Verhältnis zwischen Vorsorgevollmacht und gerichtlich<br />
angeordneter Betreuung ging es dagegen in zwei Entscheidungen<br />
des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2011. Im<br />
ersten Fall hatte die Betroffene eine notarielle Vorsorgevollmacht<br />
aufgesetzt, mit der sie ihre drei Söhne bevollmächtigte.<br />
Nach einem Sturz der demenzkranken Mutter konnte sich die<br />
Söhne nicht über deren weitere Pflege einigen: Ein Sohn wollte<br />
die Mutter in einem Pflegeheim betreut wissen, ein anderer<br />
wollte sie auch zukünftig zu Hause betreuen. Weil sie nicht in<br />
ein Pflegeheim wollte, widerrief die Betroffene in Anwesenheit<br />
ihres Notars die Vollmacht des Sohnes, der für ein Heim<br />
gestimmt hatte. Der beantragte daraufhin beim Amtsgericht,<br />
einen sog. Kontrollbetreuer zu bestellen. Ein Kontrollbetreuer<br />
Quelle: © senk - Fotolia.com<br />
ist nach dem Gesetz ein Betreuer, der nur dazu bestellt wird,<br />
die Rechte des Betreuten gegenüber dem Bevollmächtigten geltend<br />
zu machen. Der BGH betonte in seinem Beschluss (Az.: XII<br />
ZB 537/10), dass ein solcher Betreuer nicht schon deshalb bestellt<br />
werden dürfe, weil der Vollmachtgeber den Bevollmächtigten<br />
wegen seines Zustandes nicht mehr selbst überwachen<br />
könne. Es müsste vielmehr der konkrete Verdacht bestehen,<br />
dass der Bevollmächtigte der Vollmacht und den Interessen des<br />
Vollmachtgebers zuwider handelt. Im konkreten Fall verneinten<br />
die Richter das. Der Hausarzt hatte nämlich bestätigt, dass die<br />
Betroffene auch in ihrer Wohnung gepflegt werden könne. Außerdem<br />
könne der eine bevollmächtigte Sohn auch durch den<br />
anderen hinreichend kontrolliert werden.<br />
In dem anderen entschiedenen Fall (Az.: XII ZB 584/10) bestätigte<br />
der BGH dagegen die Betreuerbestellung. Dort waren<br />
ebenfalls drei Personen bevollmächtigt worden. Zwei von ihnen<br />
wollten die Vollmacht nicht wahrnehmen. Bei der dritten<br />
bestand der Verdacht, dass die Vollmacht missbraucht wurde.<br />
So war es z.B. zu finanziellen Unregelmäßigkeiten gekommen.<br />
Die Karlsruher Richter verwiesen auf das Betreuungsrecht,<br />
nach dem eine Betreuung nicht erforderlich ist, wenn der<br />
Bevollmächtigte die Angelegenheiten genauso gut erledigen<br />
kann. Daran hatten sie hier indes wegen des drohenden Missbrauchs<br />
der Vollmacht Zweifel.<br />
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