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Private Altersvorsorge 2012 - Das eMagazin!

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PRIVATE ALTERSVORSORGE <strong>2012</strong> I Lebensversicherung<br />

Quelle: © Mikael Damkier - Fotolia.com<br />

viel ein Lebensversicherer von den erwirtschafteten<br />

Gewinnen seinen Kunden im Minimum gutschreiben<br />

muss. Sie sieht einheitliche Regeln für alle Versicherten<br />

vor. Vormals existierten unterschiedliche<br />

Vorschriften für den Altbestand (Tarife und Versicherungsbedingungen<br />

vor 1994) und den Neubestand.<br />

Die vormalige Regelung für den Neubestand,<br />

wonach mindestens 90 Prozent der Kapitalerträge<br />

abzüglich der rechnungsmäßigen Zinsen den Kunden<br />

zustehen, wurde auch auf den Altbestand erweitert.<br />

Zudem müssen die Unternehmen nun ausdrücklich<br />

mindestens 75 Prozent der Risikogewinne<br />

und 50 Prozent des übrigen Gewinns, insbesondere<br />

Kostengewinne, als Überschussbeteiligung gewähren.<br />

Bislang war hier nur eine „angemessene“<br />

Beteiligung der Kunden notwendig. Es ist nicht<br />

klar, ob „Angemessenheit“ nur eine Beteiligung<br />

von 50 % erzwang oder aber sogar 90 %. In der<br />

Vergangenheit äußerte sich die Aufsichtsbehörde<br />

nicht einheitlich. Heute kommt nach neuem Recht<br />

unterm Strich oft jedoch weniger Gewinn bei den<br />

Kunden an als früher.<br />

Prof. Dr. Jochen Zimmermann, Universität Bremen,<br />

durchleuchtete daher aus ökonomischer Sicht die<br />

Frage, ob die neuen Vorschriften zu einer „Enteignung<br />

der Versicherten durch die Hintertür?“ führen.<br />

Pauschal konnte er das aber nicht feststellen. Bei<br />

Altverträgen können die neuen Vorschriften zwar<br />

bedeuten, dass die Kunden geringer an den Rohüberschüssen<br />

beteiligt werden. Bei Neuverträgen<br />

könnten sie unter Umständen aber auch zu einer<br />

höheren Beteiligung führen – aber nur, wenn man<br />

bereits früher bei einer „angemessenen“ Beteiligung<br />

der Kunden die Überweisung der Hälfte der<br />

Gewinne als genügend ansieht. Diese These führte<br />

zu einer lebhaften Debatte unter den Beteiligten der<br />

Tagung.<br />

Prof. Dr. Astrid Wallrabenstein, Goethe-Universität<br />

Frankfurt, beleuchtete das Thema aus juristischer<br />

Sicht. Sie stellte unter anderem fest, dass die Kontrolle<br />

der Angemessenheit der Überschussbeteiligung<br />

weiterhin unvollständig ist, das vom BdV vor dem<br />

Bundesverfassungsgericht erstrittene Urteil nicht<br />

genügend umsetzt und somit immer noch eine verfassungswidrige<br />

Rechtslage besteht. Ihr Fazit: „Die<br />

Versicherungsaufsichtspraxis ist rechtswidrig, weil<br />

sie die verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht<br />

umsetzt.“ Sie fordert daher von der Versicherungsaufsicht<br />

und dem Gesetzgeber, geeignete Maßnahmen<br />

für eine effiziente Kontrolle der Angemessenheit<br />

der Überschussbeteiligung zu entwickeln.<br />

Versicherungsombudsmann Prof. Dr. Günter Hirsch<br />

beleuchtete dagegen die in den letzten Jahren immer<br />

häufiger beobachtete Praxis, dass Versicherungsunternehmen<br />

ihre Revisionsanträge vor Gericht<br />

zurücknehmen, wenn die Gefahr besteht, dass<br />

die Verbraucher und nicht das Unternehmen Recht<br />

bekommen. <strong>Das</strong> sei zwar völlig legal, führe aber leider<br />

zu keiner Rechtssicherheit für die Verbraucher.<br />

Mit den Worten „Schießen Sie nicht auf den Pianisten“<br />

warnte er jedoch davor, nur die Versicherer zu<br />

kritisieren. Hier sei letztlich der Gesetzgeber gefordert,<br />

möglicherweise auch eine Revision „im Interesse<br />

des Rechts“ zuzulassen. Hartmuth Wrocklage,<br />

stellvertretender Vorsitzender des BdV-Aufsichtsrats,<br />

sicherte zu, der BdV werde sich dieses Problems weiter<br />

annehmen und den Gesetzgeber damit konfrontieren.<br />

„Wir hoffen, so mehr Gerechtigkeit für die<br />

Verbraucher zu erreichen.“<br />

Ebenfalls einen Appell an den Gesetzgeber richtete<br />

Rechtsanwalt Jürgen Hennemann. Er beschäftigte<br />

sich mit der Frage, wie Unfallopfer – insbesondere<br />

Schwerstverletzte – am besten zu entschädigen<br />

sind. Anhand des Falles Sarah T. beschrieb er, welche<br />

Probleme auftreten können, wenn Geschädigte<br />

eine Kapitalzahlung anstatt der üblichen Rentenleistung<br />

vom Versicherer fordern. Laut § 843 BGB<br />

steht ihnen das aus „wichtigem Grund“ zwar zu.<br />

Doch in der Praxis wird regelmäßig erbittert darüber<br />

gestritten, was denn als „wichtiger Grund“ in<br />

Frage kommt. Hennemann schlug deshalb eine Abänderung<br />

des § 843 BGB vor: <strong>Das</strong> Unfallopfer selbst<br />

sollte ein Wahlrecht haben, ob es eine Kapital- oder<br />

Rentenzahlung wünscht, es sei denn, ein wichtiger<br />

Grund steht dagegen.<br />

Axel Kleinlein zog ein positives Resümee der Tagung:<br />

„Die Tagung war wieder ein voller Erfolg und<br />

erwies sich als wichtiger Ort, um sich über aktuelle<br />

Trends in Wissenschaft und Praxis auszutauschen.“<br />

www.bundderversicherten.de

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