Vertriebserfolg 2013 - Das eMagazin
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<strong>Vertriebserfolg</strong> <strong>2013</strong> | RECHT<br />
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vermittlern möglich und nicht ungewöhnlich“.<br />
Vielmehr trete Tchibo durch<br />
Verwendung von Begriffen wie<br />
„Tchibogünstig, Tchibofair“ eben<br />
nicht als „neutrale Werbefläche“<br />
auf, sondern die Gestaltung zeige<br />
„nach Auffassung des Senats<br />
unmissverständlich, dass sich die<br />
Beklagte keineswegs auf die Rolle<br />
eines ‚Tippgebers‘ beschränkt<br />
oder Abschlussmöglichkeiten nur<br />
‚namhaft‘ macht, sondern potentielle<br />
Interessenten so lange wie<br />
möglich in ihrem (vermeintlichen)<br />
Internetauftritt hält, für den sie<br />
bei diesen Interessenten besonderes<br />
Vertrauen in Anspruch nimmt,<br />
um sie den Nebenintervenienten<br />
[Asstel, Anm. der Red.] sodann<br />
‚nahtlos‘ zum Vertragsschluss zuzuleiten“.<br />
Ob Tchibo nur Werbefläche sein<br />
und sich selbst nicht als Vermittler<br />
betätigen wolle, spiele nach<br />
Auffassung des OLG keine Rolle,<br />
denn „entscheidend ist vielmehr,<br />
ob tatsächlich aus Sicht der angesprochenen<br />
Verkehrskreise eine<br />
derartige Rolle“ eingenommen<br />
wird. Erschwerend erbrachte das<br />
Verfahren, dass Tchibo „zusätzlich<br />
zu einer weiteren Vergütung<br />
nach ‚Klicks‘ auch eine ‚Vergütung<br />
nach Vertragsabschlüssen‘<br />
erhält“. <strong>Das</strong> belege „einmal mehr,<br />
dass es sich bei ihr auch nach dem<br />
Verständnis der Beteiligten gerade<br />
nicht lediglich um einen Tippgeber,<br />
sondern im Ergebnis um<br />
einen Versicherungsvermittler im<br />
klassischen Sinne handelt.<br />
Ansonsten wäre eine Knüpfung<br />
der Vergütung gerade an den<br />
Vertragsabschluss wenig verständlich.“<br />
<strong>Das</strong>s Tchibo auf ihrer<br />
Webseite „potentielle Interessenten<br />
empfängt“, ihnen dort Angebote<br />
unterbreitet, dabei „besonderes<br />
Vertrauen in Anspruch“<br />
nimmt und die Interessenten<br />
„zielgerichtet der Website der“<br />
Asstel zuleitet, lässt den Senat<br />
schließen: „Deutlicher kann eine<br />
hinreichend bestimmte ‚Vorbereitung<br />
des Abschlusses eines<br />
Versicherungsvertrages‘ kaum<br />
ausfallen.“<br />
Zum Urteil sagt WiW-Geschäftsführerin<br />
Rechtsanwältin Dr. Viola<br />
Huber: „Der Senat hat in erfreulich<br />
detaillierter Weise zur<br />
Abgrenzungsproblematik Stellung<br />
genommen. Insbesondere<br />
wurde festgestellt, dass Kriterien<br />
für die Versicherungsvermittlung<br />
der ‚realen Welt’ auch ‚online’<br />
gelten, wobei das objektive Erscheinungsbild<br />
der ausgeübten<br />
Tätigkeit im Internet relevant sei.<br />
Deutlich bringt das Gericht auf<br />
den Punkt, dass die Gestaltung<br />
der beanstandeten Tchibo-Seite<br />
unmissverständlich nicht auf eine<br />
Tippgebereigenschaft ausgerichtet<br />
war, sondern potentielle Interessenten<br />
solange wie möglich<br />
auf ihrem (vermeintlichen) Internetauftritt<br />
halten wollte, für den<br />
sie ein besonderes Vertrauen in<br />
Anspruch nimmt, um diese dann<br />
der Asstel ‚nahtlos’ zum Vertragsschluss<br />
zuzuleiten.<br />
Die abschließende Entscheidung<br />
Quelle: © pressmaster - Fotolia.com<br />
durch den BGH hat den Vorteil,<br />
dass die vorliegende Frage<br />
der Abgrenzung zwischen einem<br />
Tippgeber und einem Versicherungsvermittler<br />
endgültig<br />
rechtsverbindlich geklärt wird,<br />
was für die gesamte Branche zur<br />
Entscheidungssicherheit beiträgt.<br />
Eine solche Rechtsfortbildung<br />
gehört ebenfalls zu den Aufgaben<br />
eines Wettbewerbsvereins.“<br />
Rechtsanwalt Norman Wirth, geschäftsführender<br />
Vorstand des<br />
AfW, kommentiert: „Der AfW<br />
begrüßt ausdrücklich, dass dieses<br />
Verfahren seinen Weg zum<br />
Bundesgerichtshof findet. <strong>Das</strong><br />
schafft höchstrichterliche Rechtssicherheit<br />
für alle Beteiligten. Wir<br />
sind überzeugt, dass der BGH<br />
das sehr ausführlich und gründlich<br />
begründete Urteil des Hanseatischen<br />
Oberlandesgericht<br />
bestätigen wird.“ "<strong>Das</strong> Urteil hat<br />
große Bedeutung für die gesamte<br />
Versicherungsbranche“, urteilt<br />
'versicherungstip’-Chefredakteur<br />
Erwin Hausen: „In Anwendung<br />
dieser klaren Senats-Auffassung<br />
zu Vermittlung wird eine angebliche<br />
Tippgebertätigkeit schnell<br />
zur Pseudo-Tippgebertätigkeit<br />
und somit illegalen Versicherungsvermittlung.<br />
Wer Verbraucher<br />
bis zur Unterschriftsreife<br />
'führt’ und nur noch für den<br />
formalen Schlusspunkt einen<br />
registrierten Versicherungsvermittler<br />
zum nächsten Gespräch<br />
'mitbringt', der betreibt illegale<br />
Versicherungsvermittlung."<br />
Autor: markt intern Verlag GmbH