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PDF-Format - Residenzen-Kommission - GWDG

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Aus ihren Untersuchungen folgerte die Referentin, daß die sozialen Beziehungen des bayerischen<br />

Adels auf den Kurfürsten, der als Landesherr im Zentrum stand, ausgerichtet wurden.<br />

Dabei entfaltete die Münchener Residenz eine Klammerwirkung für den heterogenen<br />

bayerischen Adel. Kink betonte, daß Kurfürst und Hof die adlige Gesellschaft gleichermaßen<br />

homogenisierten und privilegierten.<br />

In der Diskussion hob Kink den auch aus den Korrespondenzen ersichtlichen stark nach<br />

München gerichteten Blick hervor und das Interesse, Informationen über dortige Geschehnisse<br />

zu erlangen. So pflegte Freiherr von Pemler zwar auch in andere Regionen Kontakte,<br />

aber diese waren beschränkt auf private bzw. Handelskontakte. So waren Fahrten nach<br />

Augsburg, das eine urbane Alternative zu München gewesen wäre, reine Einkaufsfahrten.<br />

Fahrten nach München hatten dagegen das „Sehen und Gesehen werden“ zum Ziel.<br />

Joachim BRÜSER (Tübingen) widmet sich in seinem Vortrag „Bürgerliche Ehrbarkeit und<br />

landfremder Adel – Der württembergische Hof in der ersten Hälfte des achtzehnten<br />

Jahrhunderts“ der Sozialstruktur des Stuttgarter bzw. Ludwigsburger Hofes. Das Herzogtum<br />

Württemberg unterschied sich in der Frühen Neuzeit stark vom Kurfürstentum Bayern. Der in<br />

Bayern omnipräsente landsässige Adel fehlte in Württemberg völlig. Dagegen hatte die sogenannte<br />

bürgerliche Ehrbarkeit eine dominante Position im politischen Herrschaftsgefüge des<br />

Herzogtums. Brüser skizzierte, daß der alte württembergische Adel im 15. und frühen<br />

16. Jahrhundert reichsunmittelbar geworden war und damit aus dem württembergischen<br />

Territorialverband ausschied und in die Reichsritterschaft aufstieg. In dieses so entstandene<br />

Machtvakuum schlossen bürgerliche Familien auf. Als Stand der Ehrbarkeit konnten sie alle<br />

wichtigeren geistlichen und weltlichen Ämter monopolisieren. Weitreichende politische Mitbestimmungsrechte<br />

(Steuerbewilligungsrecht oder Mitsprache in außenpolitischen Fragen)<br />

wurden im Tübinger Vertrag (1514) vom Herzog garantiert. Brüser betonte nachdrücklich,<br />

daß der Hof damit ein sozialer Fremdkörper im bürgerlichen Württemberg war. Um das Renommee<br />

seines Hofes zu verbessern, holte Herzog Eberhard Ludwig verstärkt landfremden<br />

Adel ins Land. Durch Adel und Hof wollte er seine eigene Position gegenüber der Ehrbarkeit<br />

festigen. Dieses Anliegen setzte der Herzog erfolgreich um, wie Brüser hervorhob, denn der<br />

württembergische Hof konnte eine starke Anziehungskraft vor allem auf die Reichsritter des<br />

Südwestens aber auch auf weiter entferntere landsässige Adelsfamilien entwickeln.<br />

Die Diskussion rückte die Vergleichbarkeit der „bürgerlichen Ehrbarkeit“ und der „Landschaft“<br />

ins Zentrum. Darüber hinaus wurden die Stadtneugründung und der Schloßbau in<br />

Ludwigsburg als mögliche Kompensation politischer Machtlosigkeit thematisiert. In diesem<br />

Zusammenhang verwies Brüser darauf, daß es in Württemberg – anders als in der Residenzstadt<br />

München – kaum eine Auszeichnung war, am Hof leben zu dürfen.<br />

Mit Max IV. Emanuel von Preysing-Hohenaschau befaßte sich Stefan PONGRATZ (München)<br />

in seinem Vortrag „‚mit der wällischen Scheßa ...‘ Hofalltag und Mobilität in und um<br />

München aus der Perspektive Max IV. Emanuels von Preysing-Hohenaschau (1687-1764)“<br />

mit dem bayerischen Adelsgeschlecht derer von Preysing, die er als eng an den Hof gebundenen<br />

Hochadel qualifizierte. Pongratz richtete sein Hauptaugenmerk darauf, die Lebenswelt<br />

des Grafen anhand von insgesamt 38 erhaltenen Schreibkalendern (aus den Jahren 1717-<br />

1763), die Preysing mit tagebuchartigen Notizen versehen hatte, nachzuzeichnen. Bei der<br />

Interpretation der Tagebucheinträge verwies Stefan Pongratz auf die mit der Kargheit der<br />

Einträge verbundenen Schwierigkeiten, die z.T. als unauflösbar angesehen werden müßten.<br />

Der Referent vermerkte zudem die auffällige Abwesenheit des Schreibers in seinen eigenen<br />

Notizen, in denen keinerlei Selbstbezug oder gar Selbstreflektion zu erkennen sei. Als ein<br />

Beispiel, um aus der Perspektive der Akteure Aussagen über den adligen Alltag sowie zugleich<br />

über den Münchener Hof treffen zu können, wählte der Referent in seinem Vortrag das<br />

Thema räumliche Mobilität. Neben den verschiedenen Bewegungsmöglichkeiten (v.a.<br />

Kutschen, im Winter mit dem Schlitten, in die Residenz zu Pferde sowie zu Fuß meist nur zu<br />

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