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PDF-Format - Residenzen-Kommission - GWDG

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schaftsausschluß von Frauen existierte nicht, wohl aber eine Rangfolge der Geschlechter. Am<br />

Beispiel der Witwenschaft Elisabeths von Dänemark (1573-1626, verwitwet ab 1613) zeigte<br />

Brosowski exemplarisch, daß fürstliche Witwen sich keineswegs immer dem Zwang männlicher<br />

Verwandtschaft oder dem Diktat der im Heiratsvertrag festgelegten Witwenversorgung<br />

beugen mußten. So hatte die Herzogin von ihrem Ehemann immer wieder Legate und Geldgeschenke<br />

erhalten. Diese durchaus üblichen Aufstockungen ihres Vermögens können als<br />

Indikatoren für einen positiven Eheverlauf gewertet werden und führten dazu, daß Elisabeths<br />

Güter im Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel ein wesentlich größeres Gebiet umfaßten,<br />

als die ihr anfangs im Heiratsvertrag eingeräumten Häuser Schöningen und Jerxheim. Nach<br />

einer detaillierten Analyse der finanziellen Situation der verwitweten Herzogin folgerte<br />

Brosowski, daß adlige Frauen ihre Witwenversorgung weit selbständiger und aktiver gestalten<br />

konnten als häufig angenommen. Auch wenn zahlreiche Witwensitze an der Peripherie<br />

eines Territoriums lagen, spiegelte diese räumliche Verortung doch nicht zwangsläufig eine<br />

soziale Ausgrenzung der Witwen wider.<br />

Britta KÄGLER (München) untersuchte in ihrem Vortrag „Welten prallen aufeinander. Das<br />

italienische Gefolge der Kurfürstin Henriette Adelaide am Münchner Hof (1651-1676)“ am<br />

Beispiel der aus Turin stammenden bayerischen Kurfürstin Fragen des Kulturaustausches und<br />

kultureller Mißverständnisse, die sich durch die Vereinigung des italienischen Gefolges der<br />

Kurfürstin mit dem bayerischen Hof in München v.a. im zeremoniellen Bereich ergaben.<br />

Bei ihrer Eheschließung mit Kurfürst Ferdinand Maria (1636-1676) wurde Henriette Adelaide<br />

nicht nur von einem vergleichsweise großen italienischen Gefolge von Turin nach<br />

Bayern begleitet, sondern Teile ihres Gefolges verblieben am Münchner Hof. Kägler explizierte,<br />

daß dies bald zu Konflikten führte, da in Turin im Vergleich zu Kurbayern ein weniger<br />

strenges Zeremoniell galt und bereits die Anrede Henriette Adelaides Probleme verursachte.<br />

War die Kurfürstin selbst in derartige zeremonielle Konflikte involviert, fand man grundsätzlich<br />

eine moderate Lösung. Ein Umstand, der jedoch nicht für ihr Gefolge galt, wie die<br />

Referentin veranschaulichte. Das italienische Gefolge blieb für längere Zeit ein Fremdkörper<br />

in München, da es gerade zu Beginn v.a. aus Italienerinnen bestand, die in Bayern dauerhaft<br />

als „Fremde“ wahrgenommen wurden. Hinsichtlich der Assimilation an den kurbayerischen<br />

Hof wies Britta Kägler auf das Schwanken zwischen Anpassung und Beibehaltung von Gewohnheiten<br />

hin. So sei um die Frage nach der Nationalität des Koches ein großer Streit<br />

entbrannt und auch die unterschiedlichen Jagdgewohnheiten machten sich bemerkbar. Nicht<br />

alle diese Konflikte konnten gelöst werden. Allerdings, so das Resümee der Referentin,<br />

öffnete sich auch der bayerische Hof italienischen Bräuchen. Trotz enger Kontakte der europäischen<br />

Dynastien untereinander, insbesondere durch vielfache Heiratsverbindungen, waren<br />

kulturelle Mißverständnisse bei deren realer Umsetzung vorprogrammiert und sie betrafen<br />

nicht allein die zukünftigen Eheleute. Kägler verdeutlichte, daß bei über den deutschsprachigen<br />

Raum hinausgehenden Eheschließungen die anschließenden Konflikte um so<br />

ausgeprägter waren. Die Referentin wies abschließend darauf hin, daß die vielfältigen Probleme<br />

mit dem italienischen Gefolge der Kurfürstin Henriette Adelaide den kurbayerischen Hof<br />

dazu veranlaßten, bei der späteren Eheschließung Max Emanuels (1662-1726) mit Therese<br />

Kunigunde (1676-1730) nur noch ein kleines, die Braut begleitendes polnisches Gefolge zu<br />

gestatten. In der anschließenden Diskussion führte Britta Kägler u.a. aus, daß es in München<br />

auch Überlegungen gab, der Braut gar kein dauerhaft anwesendes Gefolge aus ihrem Heimatland<br />

mehr zuzugestehen und darüber hinaus die Hofordnung dem ausländischen Gefolge<br />

häufiger verlesen wurde. Als weiteren Kernpunkt der Konflikte benannte die Referentin<br />

zudem das Sprachproblem und beleuchtete näher die vom Kurfürsten und der Kurfürstin-<br />

Mutter vorgebrachte Forderung, daß das italienische Gefolge deutsch zu lernen hätte.<br />

Den Blick auf die dynastischen Beziehungen zwischen den beiden Habsburger Monarchien<br />

und die damit verbundenen spanischen Einflüsse am kaiserlichen Hof lenkte Bianca<br />

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