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PDF-Format - Residenzen-Kommission - GWDG

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Kompensation für diese Lücke. Ausgehend von den hervorstechendsten Merkmalen dieser<br />

Zierarchitektur – den Reliefs mit den grotesken Morisken-Tänzern, dem vergoldeten<br />

Schleppdach und dem Bauwerk als Ziel einer langen Blickachse – vertraten die Kunsthistorikerinnen<br />

anhand verschiedener Vergleichsbeispiele aus der spätmittelalterlichen Reiseliteratur<br />

die These, daß der Kaiser hier bewußt auf die Narrationsschemata des Fremdländischen<br />

und Außerordentlichen zurückgriff, um so sich und sein Kunstwerk als einen „Erinnerungsort“<br />

des europäischen Spätmittelalters gleichsam selbst in die künftige Reise- und<br />

Mirabilienliteratur einzuschreiben. Das breite Panorama, das sich als Hintergrund dieses solitären<br />

Kunstwerks aufspannt, wurde ferner durch die von Maximilian intensiv gepflegten höfischen<br />

Maskenspiele („Mummereyen“), schließlich auch durch das europäische Erbe der<br />

untergegangenen burgundischen Hofkultur erweitert.<br />

Die eigentliche kunsthistorische Sektion begann nach einführenden Worten des<br />

Mitveranstalters Matthias MÜLLER (Mainz), der das Teilprojekt „Fremdbilder – Selbstbilder:<br />

Kulturtransfer und Transkulturation als politisch-religiöser und ästhetischer Diskurs in höfischen<br />

Bildkonzepten des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit im Alten Reich“ leitet,<br />

mit dem architekturgeschichtlichen Beitrag von Stephan HOPPE (Köln) zum Thema „Fürstenhöfe<br />

im Alten Reich als Zentren des Kulturtransfers: Beobachtungen und Bewertungen<br />

höfischer Austauschprozesse zu Beginn der Neuzeit aus kunsthistorischer Perspektive“. Nach<br />

den drei Kriterien „Funktionale Raumtypen“, „Kultur des Blickens“ und „Zeitgenössische<br />

Stilkonzepte“ untersuchte er eine Reihe herausragender Residenzbauten des deutschen<br />

Spätmittelalters und der Renaissance. Dabei stand vor allem der Raumtyp der „Tafelstube“<br />

im Mittelpunkt des Interesses, deren Gestalt, Funktion und Lage von der Meissner Albrechtsburg<br />

über Heidelberg, Torgau, Neuburg a.d. Donau bis hin zur Münchner Residenz verfolgt<br />

wurde. Dabei wurden funktionale wie formale Entwicklungslinien benannt, die vor allem in<br />

Gestalt der immer wieder zu beobachtenden romanisierenden Formzitate um einen Ausblick<br />

in die spätmittelalterliche Malerei besonders der Niederlande ergänzt wurden, wobei gerade<br />

Jan van Eyck auch von spanisch-maurischen Eindrücken geprägt worden sei.<br />

Für einen abgesagten Beitrag zum Einfluß der italienischen Renaissance auf die deutschen<br />

Höfe war kurzfristig – und themennah – Beate BÖCKEM (Basel) mit einem Vortrag zu<br />

„,Contrafeter und Illuminist’ – Jacopo de’ Barbari in den Diensten Maximilians I.“ eingesprungen,<br />

der sich damit dem ersten italienischen Maler an einem nordalpinen Hof widmete.<br />

Seine herausragende Bedeutung für die deutsche Frührenaissance wurde durch seine engen<br />

Bindungen an die wichtigsten Vororte des deutschen Humanismus an den Höfen von Kaiser<br />

Maximilian, Friedrich des Weisen und Margarethes von Österreich exemplifiziert, nicht<br />

zuletzt aber auch durch sein – künftig eingehender zu untersuchendes – Verhältnis zu<br />

Albrecht Dürer. Dabei legte eine Reihe von Vergleichen – namentlich die Christusbildnisse<br />

de’ Barbaris, Cranachs und Dürer standen hier im Blickpunkt – aber auch den umgekehrten<br />

Weg der Motivübernahmen und stilistischen Adaptionen nahe. Als bemerkenswert sei festgehalten,<br />

daß die intensive Quellenexegese noch immer biographische Details zu de’ Barbari<br />

zutage zu fördern vermochte: Er sei während seines Hofdienstes für Maximilian in Nürnberg<br />

beim Zeichnen eines Hirsches von diesem angegriffen worden.<br />

Den gleichen Themenkreis beleuchtete unter anderer Akzentuierung abschließend Ruth<br />

HANSMANN (Mainz), die unter dem Titel „,Schilderey von dem gutten maister andrea von<br />

mantua‘ für Kurfürst Friedrich den Weisen. Kulturtransfer in höfischen Bildkonzepten des<br />

spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Reichs“ einen 1507 verfaßten Brief Friedrichs an<br />

Francesco Gonzaga in Mantua ins Zentrum stellte. Darin bat der Kurfürst um einen Bildertausch,<br />

bei dem er selbstbewußt gegen ein Gemälde des damals hochberühmten Andrea Mantegna<br />

eines anbot, das womöglich sogar noch kostbarer hätte sein sollen. Daran knüpften sich<br />

unter anderem die Fragen nach den Vorstellungen einer Kunstpatronanz als Bestandteil<br />

herrscherlicher Repräsentation; weiterhin nach den Vorbildern für einen solch kompetitiven<br />

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