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PDF-Format - Residenzen-Kommission - GWDG

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Kulturtransfer gleichsam personifizieren: Der eine kam als Venezianer aus einem der Vororte<br />

der italienischen Renaissance und wurde an den bedeutendsten Höfen des Reiches nachgerade<br />

herumgereicht, während der andere seine Werke am deutschen „Musenhof“ Friedrichs<br />

des Weisen von Sachsen in ständiger Auseinandersetzung mit italienischen und niederländischen<br />

Einflüssen schuf. Somit waren einleitend mehrere Herangehensweisen an die im<br />

Programm formulierte „übergreifende Frage nach den kulturellen Normen fürstlicher Repräsentation“<br />

skizziert, denen die meisten der folgenden Vorträge exemplarisch nachzugehen<br />

suchten.<br />

Die germanistische Sektion – die aufgrund einer kurzfristigen Absage nur aus diesem Vortrag<br />

bestand – eröffnete und moderierte der Leiter des Göttinger Teilprojekts „Insitutionalisierungs-,<br />

Verschriftungs- und Literarisierungsprozesse am pommerschen Fürstenhof im<br />

15. und 16. Jahrhundert (1474−1560)“, Udo FRIEDRICH. Unter dem Titel „,So hat er auch [...]<br />

seine Sachen in bessere Ordnung gepracht‘ – Verschriftungsprozesse am pommerschen Hof<br />

um 1500“ verfolgte Dörthe BUCHHESTER (Göttingen) die Frage nach dem Import avancierterer<br />

Verwaltungs- und Verschriftungsmethoden an die Stettiner Hofhaltung Bogislaws X.,<br />

der als einer der bedeutendsten pommerschen Herzöge sein Land reorganisierte und<br />

modernisierte. Vor dem Hintergrund der Hofordnung von 1487 – deren Rationalisierungsabsichten<br />

letztlich auch in Personaleinsparung münden sollte – und von Hagen Kellers<br />

Definition der „pragmatischen Schriftlichkeit“ ging die Referentin den beiden Fragen nach,<br />

ob und wie stark eine Zunahme dieser Verschriftungstendenzen zu verzeichnen sei und von<br />

welchen Textsorten sie getragen wurde. Hier gelangte sie zu einer dreifachen Unterteilung<br />

von 1. Literatur im engeren Sinne, die namentlich die „Tragicomedia“ über Bogislaws Jerusalem-Reise<br />

1497/98 einschloß, die aus der Feder des unterwegs in Italien angestellten Dr. Johannes<br />

von Kitscher stammte; 2. Historiographie, zu der vor allem das Tagebuch eben dieser<br />

Reise von Martin Dalmer zu rechnen ist; und schließlich 3. das Ordnungsschrifttum im<br />

engeren Sinne von Handlungsanweisungen (Münzordnung, Jagdordnung etc.). Letztlich habe<br />

durch Werner von der Schulenburg tatsächlich ein Kulturtransfer stattgefunden, u.a. exemplifiziert<br />

an der prunkvollen Hochzeit Bogislaws mit Anna von Polen 1491. Dabei habe man<br />

auf die Errungenschaften der Hofordnung des wohlhabenderen, größeren und besser organisierten<br />

Nachbarn Kurbrandenburg zurückgegriffen; zugleich sei das sich hieraus ergebende<br />

kulturelle Gefälle unverkennbar – auch wenn man sich in Stettin anders als in Berlin einen<br />

„Schlaftrunk“ für die Hofangestellten leistete. Exemplarisch wurden bereits in diesem Vortrag<br />

mit „Hochzeit“ und „Reisen“ zwei wichtige Themenkreise des Kulturtransfers angesprochen,<br />

die auch fernerhin von Interesse sein sollten.<br />

In die drei Vorträge der historischen Sektion führte Karl-Heinz SPIESS ein. War die<br />

quantitative Dominanz der Kunstgeschichte – die aber wohl kaum gezielt angestrebt worden<br />

war – ohnehin schon unübersehbar, so wurde dies noch durch die Tatsache unterstrichen, daß<br />

auch die historischen Beiträge sämtlich im Themenbereich des Greifswalder Teilprojekts<br />

„Die Schatz- und Silberkammern der deutschen Reichsfürsten als ein Beispiel für Kulturtransfer<br />

im späten Mittelalter“ angesiedelt waren. So sprach Lucas BURKART (Luzern) unter<br />

dem Titel „Hofkultur, Stadtkultur, politische Kultur. Der Basler Münsterschatz um 1500“<br />

über den Umgang mit Reliquien und Reliquiaren in der Reichsstadt und befragte ihn auf seine<br />

politische Aussagefähigkeit hin. Beginnend mit dem Heinrichskreuz, einer Stiftung Kaiser<br />

Heinrichs II. vom Beginn des 11. Jahrhunderts, wurden die wechselvollen Beziehungsgeflechte<br />

untersucht, die einzelne Reliquiare im Spannungsfeld zwischen Reichsstadt,<br />

Bischof und Kaisertum bei entsprechend differenziertem Einsatz gewinnen konnten. Am<br />

Beispiel der beiden Reliquiare des hl. Kaiserpaares Heinrich und Kunigunde, die 1347 von<br />

Stadt und Bischof feierlich eingeholt worden waren, vertrat Burkart die These, daß in diesem<br />

vermeintlichen Zeugnis der Eintracht aller drei Gewalten eher ein Dokument reichsstädtischen<br />

Selbstverständnisses gegenüber der episkopalen Machtposition zu sehen sei.<br />

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