Positronenlebensdauer - Positron Annihilation in Halle
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<strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektroskopie<br />
an mechanisch geschädigten<br />
Eisenlegierungen<br />
von Bertram Somieski<br />
Saarbrücken 1996<br />
Dissertation zur Erlangung des akademischen Titels<br />
Doktor der Ingenieurwissenschaften<br />
(Dr. Ing)<br />
der Technischen Fakultät der Universität des Saarlandes<br />
vorgelegt
Tag des Kolloquiums: 25. Juli 1996<br />
Dekan: Prof. Bley<br />
Vorsitzender: Prof. Weber<br />
Berichterstatter: Prof. Arnold<br />
Prof. Vehoff<br />
wiss. Mitarbeiter: Dr. Netzelmann
Inhaltsverzeichnis<br />
0 E<strong>in</strong>leitung<br />
0 E<strong>in</strong>leitung und Zielsetzung .................................................4<br />
1 Grundlagen<br />
1.1 Metallphysikalische Grundlagen ........................................6<br />
1.1.1 Verformungsmechanismen metallischer Festkörper .....................6<br />
1.1.2 Eisenlegierungen ................................................7<br />
1.1.2.1 Das Eisen-Kohlenstoff Diagramm ..............................7<br />
1.1.2.2 Nomenklatur der Stahlbezeichnung .............................9<br />
1.1.2.3 Thermische Behandlung von Stählen ............................9<br />
1.2 <strong>Positron</strong>en als Sonde .................................................10<br />
1.2.1 Geschichtliches ................................................10<br />
1.2.2 Erzeugung und Vernichtung von <strong>Positron</strong>en ..........................11<br />
1.2.2.1 <strong>Positron</strong>enquellen ..........................................11<br />
1.2.2.2 E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen und Thermalisation ................................11<br />
1.2.2.3 <strong>Annihilation</strong> ...............................................12<br />
1.2.3 Die <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektroskopie ............................14<br />
1.2.4 Das allgeme<strong>in</strong>e Trapp<strong>in</strong>gmodell ...................................16<br />
1.2.5 Das Trapp<strong>in</strong>gmodell mit zwei nichtwechselwirkenden Defekten ..........18<br />
2 Simulationsuntersuchungen<br />
2.1 Problemstellung ....................................................22<br />
2.2 Interpretation von Spektrenauswertungen ................................23<br />
2.2.1 E<strong>in</strong>komponentige Referenzspektren ................................23<br />
2.2.2 Zweikomponentige Spektren ......................................28<br />
2.2.2.1 Unabhängig zusammengesetzte Spektren ........................29<br />
2.2.2.2 Spektren nach Trapp<strong>in</strong>gmodell ................................32<br />
2.2.3 Dreikomponentige Spektren ......................................34<br />
2.2.4 Spektren <strong>in</strong> zfP-Geometrie ........................................38<br />
2.2.4.1 Zweikomponentige Spektren <strong>in</strong> zfP-Geometrie ...................38<br />
2.2.4.2 Dreikomponentige Spektren <strong>in</strong> zfP-Geometrie ....................40<br />
2.3 Zusammenfassung zu den Simulationsuntersuchungen ......................41<br />
3 Schädigung durch Zugspannung<br />
3.1 Materialverhalten unter e<strong>in</strong>s<strong>in</strong>niger Dehnung .............................42<br />
3.2 POLIS-Parameter bei sukzessiver Dehnung ...............................43<br />
3.2.1 Proben und Experimente .........................................43<br />
3.2.2 Verteilung der Defekte <strong>in</strong> den Proben ...............................45<br />
3.2.3 Verhalten unter wachsender Spannung ..............................47<br />
3.2.3.1 Re<strong>in</strong>steisen ...............................................47<br />
3.2.3.2 Armco-Eisen ..............................................48<br />
3.2.3.3 C15 .....................................................50<br />
3.2.3.4 FeCr11%, FeCr15%, X12CrNi18.8 und X5CrNi18.8 ...............51<br />
3.2.4 Vergleich der Materialien ........................................52
0 E<strong>in</strong>leitung<br />
3.3 Vergleich der Defektstruktur nach Walzen und Zerreißen ................... 55<br />
3.3.1 Re<strong>in</strong>steisen .................................................... 55<br />
3.3.2 Armco-Eisen .................................................. 58<br />
3.3.3 C15 .......................................................... 58<br />
3.3.4 FeCr11% und FeCr15% .......................................... 60<br />
3.3.5 X12CrNi18.8 und X5CrNi18.8 .................................... 61<br />
3.4 Zusammenfassung zu den Zugversuchen ................................. 63<br />
4 Ermüdungsuntersuchungen<br />
4.1 Ermüdung ......................................................... 63<br />
4.2 Untersuchung von Ermüdungsbruchflächen .............................. 64<br />
4.3 Untersuchung der Ermüdung mit niedrigen Amplituden ..................... 66<br />
4.4 In-situ Untersuchung der Ermüdung .................................... 69<br />
4.5 Zusammenfassung der Ergebnisse zur Ermüdung .......................... 72<br />
5 Untersuchung von Kriechschäden<br />
5.1 Kriechen .......................................................... 73<br />
5.2 Literaturanalyse .................................................... 75<br />
5.3 Untersuchte Proben ................................................. 76<br />
5.4.1 Probenpräparation .............................................. 77<br />
5.4.2 Experimentelle Durchführung ..................................... 79<br />
5.4.3.1 Vorversuch ............................................... 79<br />
5.4.3.2 Untersuchung der Tiefenabhängigkeit .......................... 81<br />
5.4.3.3 Vergleich der POLIS mit anderen Untersuchungsmethoden ......... 83<br />
5.5 Versuch e<strong>in</strong>es Ausblicks auf technische Anwendungen ..................... 86<br />
5.6 Zusammenfassung zu den Untersuchungen zur Kriechschädigung ............. 87<br />
6 Untersuchung der Laserhärtung<br />
6.1 Martensitische Umwandlung .......................................... 88<br />
6.2 Untersuchte Proben ................................................. 89<br />
6.3 Untersuchung der Pulsbestrahlung ...................................... 90<br />
6.4 Untersuchung der Laserspuren ......................................... 92<br />
6.5 Zusammenfassung zur Laserhärtung .................................... 94<br />
7 Zusammenfassung und Ausblick ........................................... 96<br />
8 Literaturverzeichnis ..................................................... 98<br />
Abkürzungsverzeichnis ................................................... 102<br />
Anhang ................................................................ 104<br />
Danksagung ............................................................ 106<br />
Erklärung
4<br />
0 E<strong>in</strong>leitung<br />
0 E<strong>in</strong>leitung und Zielsetzung<br />
Für den technischen E<strong>in</strong>satz von Werkstoffen s<strong>in</strong>d deren mechanische Kenngrößen, wie<br />
Härte, Streckgrenze oder Dauerschw<strong>in</strong>gfestigkeit maßgeblich. Diese Kenngrößen werden neben<br />
der <strong>in</strong>tegralen chemischen Zusammensetzung durch die Gefügestruktur und die Defektstruktur<br />
der Kristallgitters bestimmt. Während des E<strong>in</strong>satzes e<strong>in</strong>es Werkstückes werden dessen<br />
Gefüge- und Defektstruktur und damit dessen mechanische Kenngrößen verändert. Die Kenntnis<br />
über Zusammenhänge zwischen e<strong>in</strong>wirkender Schädigung und der daraus resultierenden<br />
Veränderung der Defektstruktur ist mith<strong>in</strong> von großem Interesse für die E<strong>in</strong>satztauglichkeit<br />
und Optimierung e<strong>in</strong>es Werkstoffes.<br />
Unter den metallischen Werkstoffen s<strong>in</strong>d die Eisenwerkstoffe die am meisten verwendeten.<br />
Ihre Bedeutung liegt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und der Möglichkeit durch<br />
re<strong>in</strong>e Wärmebehandlung sehr unterschiedliche Eigenschaften wie z.B. Härte oder Duktilität<br />
e<strong>in</strong>stellen zu können.<br />
Die Methode der <strong>Positron</strong>enannihilation wird seit ca. 20 Jahren mit großem Erfolg zur Untersuchung<br />
von Defekten mit “offenem Volumen”, wie z.B. Leerstellen, Versetzungen, Leerstellencluster,<br />
<strong>in</strong> denen die lokale Elektronendichte verr<strong>in</strong>gert ist, e<strong>in</strong>gesetzt. Dabei besteht der<br />
große Vorteil <strong>in</strong> der Möglichkeit, Kristallgitterdefekte atomarer Größenordnung, wie Leerstellen<br />
und Leerstellencluster, direkt nachweisen zu können, was mit ke<strong>in</strong>er anderen Methode<br />
derart unmittelbar möglich ist.<br />
Auf Grund dieser Nachweismöglichkeiten und weil die untersuchten Materialien meist nur<br />
wenig oder nicht vorbehandelt werden müssen, wurde schon lange vorgeschlagen, die <strong>Positron</strong>enannihilation<br />
als e<strong>in</strong>e Methode zur zerstörungsfreien Werkstoffprüfung, zfP, e<strong>in</strong>zusetzen.<br />
Bis auf Ansätze <strong>in</strong> den Arbeiten von ALLEN et al. [All89] und SCRUBY et al. [Scr92], die sich<br />
auf dieselben Untersuchungen beziehen, ist diese Forderung aber bisher kaum verwirklicht<br />
worden. Dort verwenden die Autoren die Methode der Dopplerverbreiterung der <strong>Annihilation</strong>sl<strong>in</strong>ien<br />
zur Untersuchung. Die Methode ist relativ schnell (für e<strong>in</strong> Spektrum werden nur<br />
10...20 m<strong>in</strong> Meßzeit benötigt), hat aber den Nachteil, daß nur Aussagen über die Gesamtheit<br />
aller Defekte offenen Volumens möglich und die Ergebnisse sehr materialspezifisch s<strong>in</strong>d.<br />
In der vorliegenden Arbeit sollte der E<strong>in</strong>fluß mechanischer Schädigungen auf die mit der<br />
Methode der <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektroskopie, POLIS (positron lifetime spectroscopy),<br />
untersuchbare Defektstruktur von technischen Eisenwerkstoffen aufgezeigt werden. Die PO-<br />
LIS hat den großen Vorteil, mehrere Defekttypen gleichzeitig und unabhängig vone<strong>in</strong>ander<br />
nachweisen zu könne. Da für den technischen E<strong>in</strong>satz der POLIS als zfP-Methode Kenntnis<br />
über die Materialabhängigkeit der POLIS-Parameter nötig ist, um die Meßergebnisse verifizieren<br />
zu können, sollte untersucht werden, ob für jedes e<strong>in</strong>zelne Material e<strong>in</strong>e spezifische<br />
Voruntersuchung nötig ist, oder ob es POLIS-Parameter gibt, die sich abhängig von der Schädigung<br />
bei verschiedenen Materialien gleichmäßig ändern. Aus diesen Erkenntnissen sollte<br />
abgeleitet werden, <strong>in</strong>wieweit die POLIS als technische Methode zur zfP geeignet ist.
0 E<strong>in</strong>leitung 5<br />
In dieser Arbeit wurden die hauptsächlichen Schädigungsmechanismen, Schädigung durch<br />
Zugspannung, Ermüden und Kriechen, sowie als Ergänzung die Defekterzeugung bei der Laserhärtung<br />
mittel POLIS untersucht. Bei diesen Schädigungsarten änderten sich während des<br />
Schädigungsprozesses Dichte und Anordnung sowohl von Versetzungen als auch von Leerstellen<br />
bzw. Leerstellenagglomeraten.<br />
Zur Untersuchung der Schädigung durch Zugspannung wurden verschiedene Eisenlegierungen<br />
sukzessive bis zum Bruch gedehnt und fortlaufend die Änderung der POLIS-Parameter<br />
untersucht. Die so entstandene Defektstruktur wurde durch isochrones Tempern ausgeheilt<br />
und mit der Ausheilung der durch Walzen entstandenen Defektstruktur verglichen.<br />
In Re<strong>in</strong>steisen, das durch Ermüdung mit niedrigen Amplituden geschädigt wurde, wurde<br />
der Zusammenhang zwischen Lastspielzahl und Änderungen der Defektstruktur analysiert.<br />
Um unterschiede <strong>in</strong> der Defektstruktur unterschiedlicher Bruchtypen zu ermitteln, erfolgte die<br />
Analyse von habituell unterschiedlichen Bruchflächenbereichen e<strong>in</strong>es durch Ermüdung zerrissenen<br />
Stahls.<br />
In kriechgeschädigtem Stahl wurde die Ortsabhängigkeit der Defektstrukturen and der<br />
Probenoberfläche sowie die entsprechende Tiefenabhängigkeit untersucht.<br />
Ck-Stähle wurden mit unterschiedlichen Laserpulslängen bestrahlt. Die bei der dabei aufgetretenen<br />
martensitischen Umwandlung geänderte Defektstruktur wurde mittels POLIS vermessen,<br />
ebenso deren Ortsabhängigkeit quer über e<strong>in</strong>e Laserspur.<br />
Auf Grund der spezifischen Meßbed<strong>in</strong>gungen und der z.T. komplizierten Zusammensetzung<br />
der untersuchten Materialien war die Interpretation der Meßspektren zunächst häufig mehrdeutig.<br />
Daraufh<strong>in</strong> wurden ausgedehnte Simulationsuntersuchungen vorgenommen, um die<br />
auftretenden Schwierigkeiten bei der Spektrenzerlegung verstehen zu können. Bei diesen Simulationen<br />
wurden Klassen von Spektren def<strong>in</strong>ierter Zusammensetzung erzeugt, ähnlich denen,<br />
die <strong>in</strong> den Messungen aufgetreten waren. Die simulierten Spektren wurden anschließend<br />
derselben Auswerteprozedur unterworfen wie die gemessen Spektren. Durch diese Simulationen<br />
konnten die Unsicherheiten <strong>in</strong> der Interpretation schließlich erheblich reduziert werden.
6<br />
1 Grundlagen<br />
1 Grundlagen<br />
1.1 Metallphysikalische Grundlagen<br />
1.1.1 Verformungsmechanismen metallischer Festkörper<br />
Plastische Verformung fester Köper wird durch Materialtransport realisiert. Betrachtet man<br />
nur kristall<strong>in</strong>e Materialien bei denen der Typ des ursprünglichen Kristallgitters bei der Verformung<br />
erhalten bleibt, so geht der Materialtransport über die Bewegung von Gitterdefekten<br />
durch das Korn oder entlang von Korngrenzen vor sich. Nach ASHBY [Ash72] gibt es sechs<br />
unterscheidbare und unabhängige Mechanismen für die Verformung:<br />
1. defektfreies Fließen: Wenn die äußere Spannung die theoretische Scherfestigkeit<br />
übersteigt, f<strong>in</strong>det auch <strong>in</strong> defektfreien E<strong>in</strong>kristallen<br />
Fließen statt.<br />
2. Versetzungsgleiten: Die Versetzungen bewegen sich nur parallel zur Richtung<br />
ihres Burgersvektors.<br />
3. Versetzungskriechen: Bei höheren Temperaturen klettern Versetzungen aus<br />
ihrer Gleitebene heraus, wobei sie Leerstellen aufnehmen<br />
bzw. abgeben.<br />
4. Nabarro-Herr<strong>in</strong>g- Materialtransport durch Leerstellendiffusion <strong>in</strong>nerhalb<br />
Kriechen: des Kornvolumens.<br />
5. Coble Kriechen: Materialtransport durch Leerstellendiffusion entlang von<br />
Korngrenzen<br />
6. Verzwill<strong>in</strong>gung: Orientierungsänderung ganzer Kristallbereiche bei Konstanz<br />
der Kristallgitterstruktur<br />
Diese sechs Mechanismen dürften für die Praxis als die relevantesten angesehen werden. Es<br />
existieren jedoch noch andere, mehr oder weniger "exotische" Verformungsmechanismen, wie<br />
z.B. das Harper-Dorn-Kriechen oder die superplastische Verformung, die sich nicht <strong>in</strong> dieses<br />
Schema e<strong>in</strong>passen. ASHBY hat <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Arbeit [Ash72] schon auf solche damals noch wenig<br />
untersuchten Mechanismen h<strong>in</strong>gewiesen. Mittlerweile s<strong>in</strong>d diese Mechanismen besser untersucht<br />
und verstanden und ihre Existenzgebiete erheblich erweitert worden (Seifenblasenmodell<br />
für Superplastizität [Ash73], oder Harper-Dorn Kriechen durch Austausch von Leerstellen<br />
zwischen Versetzungssprüngen z.B. [Fia91])<br />
Der E<strong>in</strong>satz e<strong>in</strong>es Bauteils wird durch dessen Verformung über die Toleranzgrenzen der<br />
Maßhaltigkeit oder durch dessen Bruch beendet. Läßt man E<strong>in</strong>flüsse außer acht, die direkt auf<br />
die B<strong>in</strong>dung der Atome untere<strong>in</strong>ander wirken, z.B. Materialzerstörung durch aggressive Medien,<br />
und bezieht sich auf E<strong>in</strong>flüsse, die durch mechanische Spannungen im Werkstoff hervorgerufen<br />
werden, läßt sich die Werkstoffschädigung <strong>in</strong> drei Bereiche unterteilen:
* Schädigung durch wachsende Spannung (Zugversuch)<br />
* Schädigung durch konstante Spannung (Kriechen)<br />
* Schädigung durch wechselnde Spannung (Ermüden)<br />
1 Grundlagen 7<br />
Diese drei Schädigungsarten wurden <strong>in</strong> der vorliegenden Arbeit untersucht. Außerdem<br />
erfolgte die Untersuchung der nach der Laserbestrahlung <strong>in</strong>folge martensitischer Umwandlung<br />
geänderten Defektstruktur.<br />
1.1.2 Eisenlegierungen<br />
Von den Eisenlegierungen stellen die Stähle die wirtschaftlich mit Abstand wichtigsten Vertreter<br />
dar. Sie enthalten neben Eisen als Hauptelement e<strong>in</strong>en Kohlenstoffanteil von 0,02% bis<br />
2,06% und evtl. weitere Zulegierungen. Kohlenstoff ist der wichtigste Zusatz, da schon ger<strong>in</strong>ge<br />
Mengen die Eigenschaften, z.B. Härte, Verformbarkeit, Schweißbarkeit, erheblich verändern.<br />
Über 2,06% Kohlenstoff werden die Eisen-Kohlenstoff-Verb<strong>in</strong>dungen Gußeisen<br />
genannt. In der Schwarzmetallurgie werden Anteile generell <strong>in</strong> Masseprozent angegeben, im<br />
vorliegenden Fall s<strong>in</strong>d die Angaben ebenfalls stets Masseprozent.<br />
1.1.2.1 Das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm<br />
Abb. 1.1 Zustandsdiagramm Eisen-Kohlenstoff und Gefügebestandteile im Gleichgewicht Fe mit Fe 3C
8<br />
1 Grundlagen<br />
Im thermodynamischen Gleichgewicht liegt der Kohlenstoff im Eisen <strong>in</strong> Form von Graphit<br />
vor. Im technischen E<strong>in</strong>satz s<strong>in</strong>d die Abkühlgeschw<strong>in</strong>digkeiten aber zu groß, um das thermodynamische<br />
Gleichgewicht zu erreichen, es bildet sich als zweite, metastabile Phase orthorhombisches<br />
Zementit, Fe 3C. Dessen Zerfallsgeschw<strong>in</strong>digkeit ist so kle<strong>in</strong>, daß es bei Raumtemperatur<br />
als stabil angesehen werden kann. Abb. 1.1 zeigt das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm<br />
im Gleichgewicht zwischen Eisen und Zementit sowie die Gefügeanteile <strong>in</strong> Abhängigkeit vom<br />
Kohlenstoffgehalt.<br />
Re<strong>in</strong>es Eisen geht aus der krz Tieftemperaturphase ("-Eisen) bei 911/C <strong>in</strong> die kfz-Phase<br />
((-Eisen) über. Zusatz von Kohlenstoff erweitert das Zustandsgebiet von (-Eisen zu niedrigeren<br />
Temperaturen, zunächst im Gleichgewicht mit "-Eisen, bis zur 723/C L<strong>in</strong>ie. Bei 0,765%<br />
Kohlenstoff besteht e<strong>in</strong> eutektoider Übergang vom (-Eisen zu Perlit. Bei noch höheren Kohlenstoffgehalten<br />
steht "-Eisen unterhalb und (-Eisen oberhalb von 723/C mit Zementit bzw.<br />
zementithaltigen Mischgefügen im Gleichgewicht, ab 6,67% Kohlenstoff f<strong>in</strong>det man Zementit<br />
und elementaren Kohlenstoff (Graphit).<br />
* Ferrit ist "-Eisen mit re<strong>in</strong> <strong>in</strong>terstitiell gelöstem Kohlenstoff, Austenit entsprechendes<br />
(-Eisen.<br />
* Perlit hat die eutektoide Zusammensetzung mit 0,765 Masse% Kohlenstoff und<br />
besteht aus meist lamellar nebene<strong>in</strong>anderliegendem Ferrit und Zementit.<br />
* Ledeburit I ist das eutektische Eisen-Kohlenstoff Gemisch mit 4,30% Kohlenstoff,<br />
das zwischen 723/C und 1149/C existiert und sich aus Austenit und Zementit zusammensetzt.<br />
Unterhalb von 723/C zerfällt der Austenit <strong>in</strong> Ferrit und Perlit. Dieses<br />
Gefüge wird mit Ledeburit II bezeichnet.<br />
* Zementit ist die metastabile Eisen-Kohlenstoff Verb<strong>in</strong>dung mit 6,67% Kohlenstoff.<br />
Es entsteht entweder primär aus der Schmelze oder sekundär durch den Zerfall von<br />
Austenit.<br />
* Martensit ist durch Abschreckung von Austenit entstandenes tetragonal verzerrtes<br />
und verzwill<strong>in</strong>gtes "-Eisen von großer Härte. Ausführlich wird darauf <strong>in</strong> Punkt 6.1<br />
e<strong>in</strong>gegangen.<br />
Neben Kohlenstoff werden dem Eisen häufig weitere Elemente zulegiert. Die Wirkung ist<br />
sehr vielfältig und liegt z.B. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Veränderung der Größe des (-Gebietes, <strong>in</strong> der Bildung<br />
<strong>in</strong>termetallischer Verb<strong>in</strong>dungen oder auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Mischkristallhärtung. Typische (-Öffner<br />
s<strong>in</strong>d Ni, Mn, Co, (-Schließer Si, P, Ti, V, Cr, Mo. Die Karbide von z.B. Ti, V, W s<strong>in</strong>d thermisch<br />
sehr stabil und schlecht löslich, sie härten den Stahl. Der Zusatz von Chrom macht den<br />
Stahl widerstandsfähiger gegen chemische Angriffe.
1.1.2.2 Nomenklatur der Stahlbezeichnung<br />
1 Grundlagen 9<br />
Man unterscheidet im wesentlichen Baustähle, unlegierte, niedriglegierte und hochlegierte<br />
Stähle.<br />
Baustähle werden duch den Vorsatz St und die M<strong>in</strong>destzugfestigkeit charakterisiert. St52<br />
bedeutet e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>destzugfestigkeit von 52 kp/mm 2<br />
Bei unlegierten Stählen wird neben dem C (für Kohlenstoffstahl) der 100fache Massegehalt<br />
an Kohlenstoff angegeben, e<strong>in</strong> k nach dem C weist auf e<strong>in</strong>en niedrigen Gehalt von<br />
Phosphor und Schwefel (die zur Versprödung führen) h<strong>in</strong>. Ck60 hat also 0,6 Masse% Kohlenstoff.<br />
In der Bezeichnung niedrig legierter Stähle folgen nach dem hundertfachen Kohlenstoffgehalt<br />
die Legierungselemente <strong>in</strong> abnehmendem Anteil, anschließend die Zahlenwerte der<br />
Anteile mit e<strong>in</strong>em elementspezifischen Multiplikator (für Cr, Co, Mn, Ni, Si, W = 4; für Mo,<br />
Nb, Ta, Ti, V = 10; für Ce, N, P, S = 100). Werden für Legierungsbestandteile ke<strong>in</strong>e Zahlenwerte<br />
angegeben, liegt deren Anteil unter 1%. 18MnSi6 bezeichnet 0,18% C, 6/4% Mn,
10<br />
1 Grundlagen<br />
e<strong>in</strong>zufrieren. Die Abkühlgeschw<strong>in</strong>digkeit muß dabei größer als die kritische se<strong>in</strong>, bei der die<br />
Umwandlung <strong>in</strong> die Tieftemperaturphase beg<strong>in</strong>nt. Die nachfolgende martensitische Umwandlung<br />
führt zu e<strong>in</strong>er bedeutenden Erhöhung der Härte, vgl. 6.1.<br />
Anlassen bezeichnet die nach der Härtung vorgenommene erneute Erwärmung des Stahls<br />
auf Temperaturen unterhalb der Umwandlungstemperatur. Dabei werden <strong>in</strong>nere Spannungen<br />
abgebaut, im Martensit Zementitteilchen oder g-Karbide ausgeschieden und teilweise der<br />
Restaustenit <strong>in</strong> Ba<strong>in</strong>it umgewandelt. Gleichzeitig werden Auflösungsvorgänge im Ferrit und<br />
Restaustenit <strong>in</strong> Gang gesetzt.<br />
In Abb. 1.2 ist das TTT-Diagramm (time-temperature-transition) e<strong>in</strong>es eutektoiden Stahls<br />
angegeben. Aus solchen Diagrammen lassen sich Wärmebehandlungsmechanismen ableiten.<br />
Will man z.B. e<strong>in</strong>en Stahl durch Martensitumwandlung härten, muß er so schnell abgekühlt<br />
werden, daß die Abkühlkurve nicht die Kuve beg<strong>in</strong>nenden Austenitzerfalls streift oder schneidet.<br />
Für e<strong>in</strong> nachfolgendes Anlassen zur Umwandlung von Austenit <strong>in</strong> Ba<strong>in</strong>it muß wieder die<br />
Kurve beg<strong>in</strong>nenden Zerfalls geschnitten werden, also der Stahl auf Temperaturen über 250/C<br />
erhitzt werden.<br />
1.2 <strong>Positron</strong>en als Sonde<br />
1.2.1 Geschichtliches<br />
Als DIRAC 1928 die relativistische Gleichung der Elektronen aufstellte [Dir28], postulierte er<br />
damit Zustände negativer Energie, deren Betrag größer oder gleich dem Energieäquivalent der<br />
Elektronenruhemasse zu se<strong>in</strong> hätte. Diese Zustände sollten permanent vollständig besetzt se<strong>in</strong>,<br />
der sogenannte Dirac'sche Elektronensee. E<strong>in</strong> nichtbesetzter Zustand sollte sich dabei im Vakuum<br />
wie e<strong>in</strong> Elektron mit positiver Ladung verhalten, das beim Zusammentreffen mit e<strong>in</strong>em<br />
Elektron mit diesem unter Abgabe der gesamten Ruhe- und k<strong>in</strong>etischen Energie verschwände<br />
und wieder das normale Vakuumniveau zurückließe.<br />
Von ANDERSON wurden 1932 <strong>in</strong> der kosmischen Höhenstrahlung Teilchen entdeckt, die<br />
die gleiche Masse wie Elektronen hatten, aber im Magnetfeld entgegengesetzt ausgelenkt wurden,<br />
also e<strong>in</strong>e positive Ladung hatten [And32]. Mit diesem experimentellen Nachweis der<br />
<strong>Positron</strong>en war die Richtigkeit der DIRACschen Gleichung bestätigt (auch wenn sich <strong>in</strong> AN-<br />
DERSONS Artikel "The apparent Existence of easily deflectable Positives" noch ke<strong>in</strong>e diesbezügliche<br />
Bemerkung f<strong>in</strong>det).
1.2.2 Erzeugung und Vernichtung von <strong>Positron</strong>en<br />
1.2.2.1 <strong>Positron</strong>enquellen<br />
1 Grundlagen 11<br />
Da <strong>Positron</strong>en als Antiteilchen außerhalb des Vakuums nicht aufbewahrt werden können,<br />
müssen sie für jede Untersuchung stofflicher Materie während des Experiments erzeugt werden.<br />
Es gibt drei Methoden, um <strong>Positron</strong>en zu generieren:<br />
1. Paarerzeugung: Hochernergetische Gamma-Strahlung (E ( > 1,022 MeV) erzeugt<br />
im Wechselwirken mit e<strong>in</strong>em massiven Teilchen e<strong>in</strong><br />
Elektron-<strong>Positron</strong>-Paar.<br />
2. Teilchenbeschuß: Massive Teilchen hoher Energie erzeugen beim Zusammenstoß<br />
mit anderer Materie Teilchenschauer, u.a. auch <strong>Positron</strong>en.<br />
3. Isotopenzerfall: Bestimmte radioaktive Isotope zerfallen unter Aussendung<br />
von <strong>Positron</strong>en<br />
Bei den vorgestellten Untersuchungen wurde<br />
der Isotopenzerfall als <strong>Positron</strong>enerzeugung<br />
genutzt. Der Zerfall <strong>in</strong>stabiler Isotope<br />
unter <strong>Positron</strong>enemission ($ + -Zerfall) erfolgt<br />
durch Umwandlung e<strong>in</strong>es u-Quarks <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em Neutron des Kerns <strong>in</strong> e<strong>in</strong> d-Quark<br />
nach dem Schema <strong>in</strong> Abb. 1.3. In der vorliegenden<br />
Arbeit wurde als <strong>Positron</strong>enquelle<br />
das radioaktive Isotop 22 Na verwendet.<br />
Das Isotop besitzt e<strong>in</strong>e Halbwertzeit von<br />
2,602 Jahren [Led73] und zerfällt nach dem<br />
<strong>in</strong> Abb. 1.4 angegebenen Schema. D.h.,<br />
90,4% aller 22 Na-Atome zerfallen unter<br />
<strong>Positron</strong>enemission <strong>in</strong> den angeregten Zustand<br />
von 22 Ne, der unter (-Emission <strong>in</strong><br />
den Grundzustand übergeht. Diese Zerfälle<br />
s<strong>in</strong>d für die POLIS nutzbar, die anderen<br />
nicht, genaueres dazu <strong>in</strong> 1.2.3.<br />
Abb. 1.3 p6n Umwandlung unter <strong>Positron</strong>enemission<br />
Abb. 1.4 22 Na-Zerfallsschema
12<br />
1.2.2.2 E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen und Thermalisation<br />
1 Grundlagen<br />
Dr<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong> <strong>Positron</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Festkörper e<strong>in</strong>, verliert es <strong>in</strong>nerhalb von wenigen Picosekunden<br />
se<strong>in</strong>e k<strong>in</strong>etische Energie. Der Energieverlust geht bei hochenergetischen <strong>Positron</strong>en zunächst<br />
über <strong>in</strong>elastische Stöße mit dem Wirtsgitter vonstatten, danach über Plasmonen-, Elektronen-<br />
Loch-Paar- und Phononenanregung. Während dieses Prozesses, der sogenannten Thermalisation,<br />
ändert das <strong>Positron</strong> bei jedem Stoß se<strong>in</strong>e Richtung entsprechend dem übertragenen Impuls,<br />
bei hohen k<strong>in</strong>etischen Energien relativ wenig, nach Energieverlust entsprechend mehr. Insofern<br />
ergibt sich mit der k<strong>in</strong>etischen Anfangsenergie der <strong>Positron</strong>en e<strong>in</strong>e Verteilung des Stoppunktes,<br />
das E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gprofil. Dieses ist abhängig von der k<strong>in</strong>etischen Energie des <strong>Positron</strong>s<br />
sowie dem untersuchten Material.<br />
Die maximale k<strong>in</strong>etische Energie der <strong>Positron</strong>en beträgt bei dem verwendeten Isotop 22 Na<br />
E max = 0,54 MeV. Damit ergibt sich nach der Formel für die mittlere E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gtiefe z6 von<br />
BRANDT und PAULIN [Bra77]<br />
bei der der Energieexponent gleich dem von Elektronen gesetzt wurde, e<strong>in</strong>e mittlere E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gtiefe<br />
<strong>in</strong> Eisen von ca. 6z = 33 :m.<br />
Während der Thermalisation ist die Wechselwirkungswahrsche<strong>in</strong>lichkeit der <strong>Positron</strong>en<br />
mit den Festkörperelektronen so ger<strong>in</strong>g, daß man sie vernachlässigen kann. Nach der Thermalisation<br />
steht das <strong>Positron</strong> im thermischen Gleichgewicht mit dem Festkörper. Es hat noch<br />
thermische Energie <strong>in</strong> der Größenordnung kT. Dabei wird das <strong>Positron</strong> durch e<strong>in</strong>e delokalisierte<br />
Blochfunktion beschrieben. Da sich bei den üblicherweise verwendeten Quellstärken im<br />
Festkörper üblicherweise nie so viele <strong>Positron</strong>en gleichzeitig bef<strong>in</strong>den können, daß viele Zustände<br />
besetzt werden, und dadurch nach dem Pauli'schen Ausschließungspr<strong>in</strong>zip höhere<br />
Energiezustände e<strong>in</strong>genommen werden müssen, besetzen die <strong>Positron</strong>en niederenergetische<br />
Zustände. Bei den üblichen Untersuchungsmethoden mit <strong>Positron</strong>en ist die Stärke der e<strong>in</strong>gesetzten<br />
Quellen sogar so ger<strong>in</strong>g, daß sich im Mittel nur e<strong>in</strong> <strong>Positron</strong> im Festköper bef<strong>in</strong>det.<br />
1.2.2.3 <strong>Annihilation</strong><br />
Für die Festkörperspektroskopie wird das <strong>Positron</strong> nach der Thermalisation als punktförmiges<br />
massives Teilchen aufgefaßt, welches bis zur <strong>Annihilation</strong> oder bis zum E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />
<strong>Positron</strong>enhaftstelle durch den Kristall diffundiert. Da es von den positiv geladenen Atomrümpfen<br />
abgestoßen wird, hält es sich während der Diffusion bevorzugt auf Zwischengitterplätzen<br />
auf.<br />
Im defektfreien Festkörper zerstahlt das <strong>Positron</strong> unter Aussendung zweier (-Quanten von<br />
je 0,511 MeV mit e<strong>in</strong>er gewissen Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit 8, die mit der mittleren Elektronendichte<br />
folgendermaßen zusammenhängt:<br />
(1)
1 Grundlagen 13<br />
Dabei bezeichnet 8 0 die Sommerfeldsche <strong>Annihilation</strong>srate, die sich aus dem klassischen<br />
Elektronenradius r 0, der Elektronendichte n e und der Lichtgeschw<strong>in</strong>digkeit c ergibt. ( stellt<br />
e<strong>in</strong>en Steigerungsfaktor dar, der die Erhöhung der Elektronendichte am Ort des <strong>Positron</strong>s<br />
durch die Elektron-<strong>Positron</strong>-Wechselwirkung beschreibt. Als <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> J = 1/8<br />
wird die reziproke <strong>Annihilation</strong>swahrsche<strong>in</strong>lichkeit bezeichnet.<br />
Da sich das <strong>Positron</strong> im defektfreien Festkörper meist im Zwischengitterbereich aufhält,<br />
erfolgt die <strong>Annihilation</strong> überwiegend mit Leitungselektronen. Die mittlere Diffusionsweglänge<br />
D + der <strong>Positron</strong>en beträgt <strong>in</strong> Metallen wie Eisen, Nickel oder Kupfer ca. 250 ... 300 nm<br />
[Nie83]. Die mittlere Lebensdauer im Festkörper nach der Thermalisation, im defektfreien<br />
Kristall gleich der mittleren Diffusionszeit, ist abhängig von der mittleren Elektronendichte.<br />
Sie beträgt <strong>in</strong> Metallen wie Ni, Fe oder Cu 103 ps...108 ps, <strong>in</strong> Al 165ps [Schae87] und <strong>in</strong><br />
Halbleitern 220 ps...280 ps.<br />
Im realen Festkörper bef<strong>in</strong>den sich immer Defekte. Hier ist die exakte Translationssymmetrie<br />
des Gitters unterbrochen und es ergibt sich für <strong>Positron</strong>en wie für Elektronen e<strong>in</strong>e Störung der<br />
Bandstruktur. Für <strong>Positron</strong>en können sich <strong>in</strong> diesen Defekten so starke lokale Absenkungen<br />
des Grundzustandspotentials ergeben, daß das e<strong>in</strong>zelne <strong>Positron</strong> <strong>in</strong> dieser Potentialabsenkung<br />
e<strong>in</strong>gefangen (getrappt) und dar<strong>in</strong> festgehalten wird, Abb. 1.5. Dies ist der Fall für Gitterdefekte<br />
mit offenem Volumen, wie z.B. Leerstellen, Leerstellenagglomerate oder Versetzungen,<br />
aber auch für bestimmte Typen von Ausscheidungen. Lokalisation an negativ geladenen<br />
Fremdatomen, sogenannten flachen Fallen, ist auf Grund der ger<strong>in</strong>gen Absenkung des <strong>Positron</strong>enpotentials<br />
nur bei tiefen Temperaturen <strong>in</strong> Halbleitern möglich. In Halbleitern ist auch e<strong>in</strong>e<br />
elektrische Ladung der Leerstellen möglich, die dann e<strong>in</strong> langreichweitig attraktives oder repulsives<br />
<strong>Positron</strong>enpotential besitzen.<br />
In Gitterfehlstellen mit offenem Volumen ist die lokale Dichte ger<strong>in</strong>ger als im Idealkristall.<br />
Durch das Fehlen von Atomrümpfen mit den Core-Elektronen ist hier auch die mittlere Elektronendichte<br />
verr<strong>in</strong>gert und deswegen die <strong>Annihilation</strong>srate der <strong>Positron</strong>en kle<strong>in</strong>er. Es wird<br />
allgeme<strong>in</strong> für die verschiedenen Methoden der <strong>Positron</strong>enannihilation angenommen, daß die<br />
Wechselwirkung des <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Defekt e<strong>in</strong>gefangenen <strong>Positron</strong>s mit den Festkörperelektronen<br />
spezifisch für diesen Defekt ist. Damit ergibt sich für<br />
jeden Defekttyp i e<strong>in</strong>e spezielle <strong>Annihilation</strong>swahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />
8 i der <strong>Positron</strong>en. Deren Reziproke wird<br />
als die <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> im Defekt J i bezeichnet<br />
und beschreibt die Zeit, <strong>in</strong> der die Anzahl der zum Zeitpunkt<br />
0 im jeweiligen Defekttyp vorhandenen <strong>Positron</strong>en<br />
auf das 1/e-fache abgesunken ist.<br />
Je nach Art der Haftstelle wird der E<strong>in</strong>fang der <strong>Positron</strong>en<br />
hiere<strong>in</strong> durch Diffusion zum Defekt oder durch<br />
die notwendige Energieabgabe beim E<strong>in</strong>fang begrenzt.<br />
Letzteres ist bei kle<strong>in</strong>en Defekten, wie z.B. Leerstellen<br />
Abb. 1.5 <strong>Positron</strong>enpotential e<strong>in</strong>er<br />
Leerstelle<br />
(2)
14<br />
1 Grundlagen<br />
oder kle<strong>in</strong>en Leerstellenagglomeraten und Versetzungen, gegeben. Durch die ger<strong>in</strong>ge räumliche<br />
Ausdehnung des Traps bei starker Absenkung des <strong>Positron</strong>enpotentials s<strong>in</strong>d nur wenige<br />
erlaubte Zustände <strong>in</strong>nerhalb des Defektes durch das <strong>Positron</strong> zu besetzen, und die Auswahlregeln<br />
für die Energieabgabe begrenzen den E<strong>in</strong>fang. Bei räumlich weiter ausgedehnten Trapp<strong>in</strong>gzentren<br />
entfällt diese Begrenzung, der E<strong>in</strong>fang wird nur durch die nötige Diffusion zum<br />
Defekt limitiert. Allgeme<strong>in</strong> werden aber nur dann meßbar viele <strong>Positron</strong>en von Defekten e<strong>in</strong>gefangen,<br />
wenn diese <strong>in</strong> nötiger Dichte vorhanden s<strong>in</strong>d. Der mittlere Abstand zwischen zwei<br />
Defekten gleichen Typs muß kle<strong>in</strong>er als die mittlere Diffusionsweglänge der <strong>Positron</strong>en im<br />
defektfreien Material se<strong>in</strong>. Für die hier untersuchten Eisenverb<strong>in</strong>dungen liegt diese bei ca.<br />
200nm [Nie83].<br />
Die verschiedenen Defekte bilden e<strong>in</strong> konkurrierendes System von <strong>Positron</strong>ene<strong>in</strong>fangzentren,<br />
die <strong>in</strong> Abhängigkeit von ihrer Dichte und ihrer spezifischen E<strong>in</strong>fangrate e<strong>in</strong>en bestimmten<br />
Anteil der <strong>Positron</strong>en b<strong>in</strong>den. Ausführlich ist dieser Prozeß <strong>in</strong> 1.2.4 und 1.2.5 beschrieben.<br />
Die <strong>Annihilation</strong> der <strong>Positron</strong>en erfolgt also sowohl <strong>in</strong>nerhalb der Defekte als auch im Zwischengitterbereich,<br />
die Verteilung der <strong>Positron</strong>en bei der <strong>Annihilation</strong> ist durch Art und Dichte<br />
der Defekte bestimmt.<br />
1.2.3 Die <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektroskopie<br />
Beim Zerfall vieler radioaktiver Isotope unter Teilchenemission f<strong>in</strong>den sich die Produktkerne<br />
im angeregten Zustand, aus dem sie unter (-Emission <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en niederenergetischeren übergehen.<br />
Ist die Halbwertszeit dieses Übergangs nach $ + -Zerfall kle<strong>in</strong> gegen die <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
im Festkörper und die emittierte (-Strahlung energetisch deutlich von der <strong>Annihilation</strong>sstrahlung<br />
verschieden, läßt sich das Isotop pr<strong>in</strong>zipiell zur POLIS e<strong>in</strong>setzen.Außerdem<br />
muß se<strong>in</strong>e Halbwertszeit, oder, bei Erzeugung durch e<strong>in</strong>e Zerfallsreihe, die Halbwertszeit des<br />
Mutterisotops ausreichend groß se<strong>in</strong>. Der Zeitpunkt, zu dem das (-Quant aus dem Übergang<br />
des angeregten Kerns auftritt, wird als der "Geburtszeitpunkt" des <strong>Positron</strong>s angesehen, der<br />
des Auftretens e<strong>in</strong>es der <strong>Annihilation</strong>squanten als se<strong>in</strong> "Todeszeitpunkt". Die Zeitspanne zwischen<br />
beiden ist die "Lebensdauer" des e<strong>in</strong>zelnen <strong>Positron</strong>s.<br />
Für das häufig verwendete<br />
Isotop 22 Na s<strong>in</strong>d diese Forderungen<br />
gegeben: Die mittlere<br />
Lebensdauer des angeregten<br />
Zustandes des 22 Ne-Kern von<br />
3,7 ps, Abb. 1.4, ist gegenüber<br />
den Lebensdauern der <strong>Positron</strong>en<br />
im Festkörper (100 ps bis<br />
3000 ps) kle<strong>in</strong> und wird deshalb<br />
vernachlässigt. H<strong>in</strong>zu<br />
kommt, daß sich dieser Effekt<br />
mit der Zeitverzögerung <strong>in</strong>-<br />
nerhalb der <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>,<br />
die durch die Thermali-<br />
Abb. 1.6 Blockschaltbild e<strong>in</strong>es <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektrometers
1 Grundlagen 15<br />
sationszeit e<strong>in</strong>gebracht wird, <strong>in</strong> gewissem Maße kompensiert. Außerdem s<strong>in</strong>d die "Start-" oder<br />
"Geburts-" (-Quanten mit 1,27 MeV energetisch leicht von der <strong>Annihilation</strong>sstrahlung mit<br />
0,511 MeV zu unterscheiden.<br />
Die Methode der <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektroskopie soll anhand von Abb. 1.6 erläutert<br />
werden, die das Blockschaltbild e<strong>in</strong>es <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektrometers zeigt. Die (-<br />
Quanten erzeugen <strong>in</strong> den Sz<strong>in</strong>tillatoren Photonen, die durch die PM <strong>in</strong> auswertbare elektrische<br />
Impulse umgewandelt werden. Die Spannung des ausgegebenen Impulses ist dabei der Energie<br />
des e<strong>in</strong>gestrahlen (-Quants proportional. In den nachfolgenden Fenster-Diskrim<strong>in</strong>atoren<br />
werden die aus den PM kommenden Impulse bezüglich ihrer Spannung analysiert. Den Startkanal<br />
passieren nur solche Ereignisse, die von "Startquanten" herrühren, den Stoppkanal solche<br />
von <strong>Annihilation</strong>squanten. Die Fensterdiskrim<strong>in</strong>atoren arbeiten nach dem "Constant-<br />
Fraction-Pr<strong>in</strong>zip", das konstante Zeitmarken liefert, die unabhängig von der konkreten Impulshöhe<br />
s<strong>in</strong>d. Nach dem Detektieren e<strong>in</strong>es Startereignisses lädt im Zeit-Impulshöhen-Konverter<br />
e<strong>in</strong>e Konstantstromquelle e<strong>in</strong>en Kondensator auf. Folgt <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es festgelegten Zeitraums<br />
e<strong>in</strong> Stoppereignis, wird diese Aufladung unterbrochen und e<strong>in</strong> Ausgangsimpuls entsprechender<br />
Amplitude an den Vielkanalanalysator übergeben. Anderenfalls wird das Startereignis<br />
verworfen. Im Vielkanalanalysator wird der Spannungspuls bezüglich se<strong>in</strong>er Amplitude registriert<br />
und <strong>in</strong> dem entsprechenden Kanal der Zähler um E<strong>in</strong>s erhöht. Summiert man die im<br />
defektfreien Festkörper gemessenen e<strong>in</strong>zelnen <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>n auf, ergibt sich e<strong>in</strong>e<br />
Exponentialverteilung der Lebensdauern, deren Zeitkonstante die mittlere Lebensdauer ist.<br />
Das Gesamtspektrum besteht aus e<strong>in</strong>er oder mehreren exponentiell abfallenden Funktionen<br />
der Form<br />
die mit der Auflösungsfunktion des Spektrometers überfaltet s<strong>in</strong>d. Falls die <strong>Positron</strong>en nur <strong>in</strong><br />
tiefe E<strong>in</strong>fangzentren getrappt werden und nicht von e<strong>in</strong>em Trap <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en anderen überwechseln<br />
können, repräsentiert e<strong>in</strong>e dieser Exponentialfunktionen die Zerstrahlung im Zwischengitterbereich<br />
und die anderen <strong>Annihilation</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em speziellen Defekt. Die Zeitkonstante 8 ist<br />
dabei das Reziproke der jeweiligen <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>. Das Gesamtspektrum wird anschließend<br />
numerisch entfaltet.<br />
Im Standardfall besteht das untersuchte Material aus zwei identischen Probenhälften, zwischen<br />
denen sich die eigentliche <strong>Positron</strong>enquelle bef<strong>in</strong>det. Die <strong>Positron</strong>enquelle besteht aus<br />
e<strong>in</strong>em Streifen dünner Alum<strong>in</strong>iumfolie (Dicke ca. 2 :m), auf die wässrige Lösung von radioktivem<br />
Salz 22 NaCl aufgetropft und e<strong>in</strong>gedampft wird. Der Streifen wird nochmals <strong>in</strong> ebensolche<br />
Folie verpackt, so daß das Salz allseitig umschlossen ist. Durch die Plazierung der Quelle<br />
zwischen zwei Probenhälften werden alle <strong>Positron</strong>en <strong>in</strong> die Proben emittiert, sofern sie nicht<br />
<strong>in</strong> der Quelle selbst annihilieren. Die Dicke der Proben muß <strong>in</strong> Abhängigkeit von Dichte und<br />
Ordnungszahl des Materials so groß gewählt werden, daß ke<strong>in</strong>e <strong>Positron</strong>en durch die Probe<br />
h<strong>in</strong>durchfliegen und dadurch <strong>Annihilation</strong>en <strong>in</strong> der Luft oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er weiteren Hülle hervorrufen,<br />
was das Meßergebnis verfälschen würde. Bei Metallen wie Eisen oder Kupfer beträgt die<br />
M<strong>in</strong>destdicke ca. 0,3 mm, üblicherweise wird mit 1 mm dickem Material gearbeitet.<br />
Die Quellfolie wird so dünn gewählt, damit möglichst viele <strong>Positron</strong>en durch die Folie<br />
h<strong>in</strong>durch <strong>in</strong> die Probe gelangen und nicht schon <strong>in</strong> der Quelle thermalisieren und zerstrahlen.<br />
(3)
16<br />
1 Grundlagen<br />
Das bed<strong>in</strong>gt die Forderung nach möglichst glatten Probenoberflächen, da Rauhigkeiten die<br />
Quelle beschädigen würden.<br />
Der Anteil der <strong>Positron</strong>en, die <strong>in</strong>nerhalb des Quellsalzes und der Quellfolie annihilieren<br />
wird für jede <strong>Positron</strong>enquelle durch Aufnahme e<strong>in</strong>es <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektrums mit<br />
e<strong>in</strong>em Referenzmaterial ermittelt, das e<strong>in</strong> re<strong>in</strong> e<strong>in</strong>komponentiges Spektrum liefert, vgl. 1.2.4.<br />
Bei dieser sog. Quellkorrektur werden vom Rohspektrum Anteile dergestalt abgezogen, daß<br />
exakt das e<strong>in</strong>komponentige Referenzspektrum übrigbleibt. Diese Anteile werden bei den eigentlichen<br />
Messungen ebenfalls vor der Auswertung vom Rohspektrum abgezogen. Die<br />
Quellkorrektur ist ausführlich <strong>in</strong> [Sta96] beschrieben.<br />
1.2.4 Das allgeme<strong>in</strong>e Trapp<strong>in</strong>gmodell<br />
Erste quantitative Beschreibungen des <strong>Positron</strong>ene<strong>in</strong>fangs <strong>in</strong> Haftstellen oder Traps f<strong>in</strong>den<br />
sich schon <strong>in</strong> frühen Arbeiten zur <strong>Positron</strong>enannihilation [Bra74]. 1974 wurde das Trapp<strong>in</strong>gmodell<br />
von SEEGER <strong>in</strong> generalisierter Form angegeben [See74]. Beim Trapp<strong>in</strong>gmodell wird<br />
nicht der quantenmechanische Übergang von e<strong>in</strong>em <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en anderen Zustand beschrieben,<br />
sondern die zeitliche Verteilung der <strong>Positron</strong>en auf die verschiedenen Zustände. Dabei wird<br />
über den Übergang von e<strong>in</strong>em <strong>in</strong> den anderen Zustand lediglich ausgesagt, mit welcher Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />
er auftritt.<br />
Nimmt man k unterschiedliche E<strong>in</strong>fangtypen an, ergibt sich e<strong>in</strong> System von (k+1) l<strong>in</strong>earen<br />
Diffentialgleichungen.<br />
n i - relative Anzahl der <strong>Positron</strong>en im Zustand i<br />
8 i - <strong>Annihilation</strong>srate aus dem Zustand i<br />
6 - Übergangsrate zwischen den Zuständen<br />
b - Index für defektfreies Volumenmaterial (engl. bulk)<br />
d - Index für E<strong>in</strong>fangtyp (defect)<br />
Bezeichnet man den Volumen-Zustand mit dem Index 0 und die Trapp<strong>in</strong>gzentren fortlaufend<br />
mit 1, 2, 3, ..., die <strong>Annihilation</strong>srate aus jedem Zustand mit 8 i und die Übergangsraten aus<br />
dem i-ten <strong>in</strong> den j-ten Zustand mit 6 ij , schreiben sich die Differentialgleichungen <strong>in</strong> Matrixform<br />
folgendermaßen:<br />
(4)
oder <strong>in</strong> Kurzform:<br />
1 Grundlagen 17<br />
Da alle Diffentialgleichungen l<strong>in</strong>ear <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen <strong>Positron</strong>endichten s<strong>in</strong>d und ke<strong>in</strong>e<br />
absoluten Glieder enthalten, ist das Trapp<strong>in</strong>gmodell e<strong>in</strong> System l<strong>in</strong>earer homogener Differentialgleichungen.<br />
Dessen Lösung ist immer möglich, wenn auch nicht immer analytisch zu<br />
f<strong>in</strong>den. Man wählt als Lösungsansatz e<strong>in</strong>e Summe von (k+1) Exponentialfunktionen:<br />
Die Exponentialfaktoren 8 i (<strong>Annihilation</strong>sraten) ergeben sich aus der Bestimmungsgleichung:<br />
zu (k+1) Eigenwerten 8 i bzw. den Lebensdauern J i = 1/8 i und die Eigenvektoren aus den<br />
(k+1) Gleichungen:<br />
Die bis hierher noch unbestimmten Konstanten a i berechnen sich aus den Anfangsbed<strong>in</strong>gungen<br />
womit nun die speziellen Werte für die Lösungen des Differentialgleichungssystems angebbar<br />
s<strong>in</strong>d.<br />
Bei der Beschreibung der <strong>Positron</strong>enannihilation mit dem Trapp<strong>in</strong>gmodell hat jeder Defekt<br />
e<strong>in</strong>e spezifische <strong>Annihilation</strong>srate. Damit läßt sich pr<strong>in</strong>zipiell die Existenz e<strong>in</strong>es Defekttypes<br />
durch das Auftreten der zugehörigen Exponentialfunktion nachweisen. Aus den Vorfaktoren<br />
<strong>in</strong> (4) lassen sich die Intensitäten der jeweiligen Funktion berechnen. Das wird im nächten<br />
Punkt exemplarisch durchgeführt.<br />
(5)<br />
(5a)<br />
(6)<br />
(7)<br />
(8)<br />
(9)
18<br />
1 Grundlagen<br />
1.2.5 Das Trapp<strong>in</strong>gmodell mit zwei nichtwechselwirkenden Defekten<br />
In der vorliegenden Arbeit waren auf<br />
Grund der spezifischen Meßbed<strong>in</strong>gungen,<br />
die noch näher erläutert werden, nie mehr<br />
als zwei Defekttypen gleichzeitig analysierbar,<br />
weshalb hier kurz die Lösung des<br />
Trapp<strong>in</strong>gmodells für den Fall von zwei<br />
nichtwechselwirkenden Traps angegeben<br />
werden soll.<br />
Das schematische Trapp<strong>in</strong>gmodell mit<br />
zwei Defekten ist <strong>in</strong> Abb. 1.7 gegeben. Für<br />
die Berechnung nimmt man folgenden Ansatz:<br />
mit der Abkürzung:<br />
Abb. 1.7 Schema des Trapp<strong>in</strong>gmodells mit zwei<br />
nichtwechselwirkenden Defekten<br />
Es folgt als spezielle Lösung die <strong>Positron</strong>endichte <strong>in</strong> den drei Zuständen mit den Randbed<strong>in</strong>gungen<br />
(7):<br />
Als Gesamtzahl der <strong>Positron</strong>en <strong>in</strong> der Probe zur Zeit t ergibt sich hiermit:<br />
wenn man als Abkürzungen folgende Vere<strong>in</strong>barungen macht:<br />
(10)<br />
(11)<br />
(12)<br />
(13)
Die mittlere Lebensdauer J2 ergibt sich zu:<br />
1 Grundlagen 19<br />
oder, wenn man die explizite spezielle Lösung <strong>in</strong>tegriert und Wert auf die Verwendung der<br />
tatsächlichen Lebensdauern legt:<br />
wobei 0 i der im jeweiligen Defekt annihilierende Teil der <strong>Positron</strong>en ist.<br />
Aus den <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektren erhält man durch numerisches Anpassen die Lebensdauern<br />
J 0, J 1, J 2, und die zugehörigen Intensitäten. Obige Formeln lassen sich so umstellen,<br />
daß man direkt aus diesen experimentell zugängigen Daten die E<strong>in</strong>fangraten bestimmen<br />
kann:<br />
Mittels der Formel:<br />
kann aus den experimentellen Daten die Volumenlebensdauer errechnet werden. Ist diese aus<br />
eigenen Experimenten oder Literaturangaben bekannt, lassen sich aus dem Vergleich beider<br />
Werte Rückschlüsse auf die Modellübere<strong>in</strong>stimmung ziehen. Auf Grund der Struktur der<br />
(14)<br />
(15)<br />
(16)<br />
(17)<br />
(18)
20<br />
1 Grundlagen<br />
Gleichungen (8) - (16) läßt sich das Trapp<strong>in</strong>gmodell mit e<strong>in</strong>er beliebigen Anzahl von nichtwechselwirkenden<br />
Defekten durch l<strong>in</strong>eare Erweiterung der Gleichungen lösen.<br />
Bei steigender Trapdichte und unter der Annahme, daß die Traps homogen verteilt s<strong>in</strong>d,<br />
steigt der Anteil der nicht im Volumen annihilierenden <strong>Positron</strong>en. Ab e<strong>in</strong>er bestimmten<br />
Trapdichte (wenn praktisch jedes <strong>Positron</strong> während se<strong>in</strong>er Diffusion <strong>in</strong> den E<strong>in</strong>flußbereich<br />
e<strong>in</strong>es Traps kommt) läßt sich der Anteil der im Volumen annihilierenden <strong>Positron</strong>en nicht<br />
mehr nachweisen, man spricht hier von vollständigem E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong> Defekten. Die e<strong>in</strong>deutige<br />
Zuordnung von Traps zu Defekten ist zulässig, solange ke<strong>in</strong>e Ausscheidungen mit attraktivem<br />
<strong>Positron</strong>enpotential vorliegen.<br />
Auch wenn sich die Komponente der im Volumen annihilierenden <strong>Positron</strong>en nicht mehr<br />
nachweisen läßt, ist noch e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>geschränkte Aussage über die Defektkonzentration im Festkörper<br />
möglich [Salz92]. Kennt man die Volumen-Lebensdauer J b bzw. die <strong>Annihilation</strong>srate<br />
8 b, nimmt man e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>dest-Gesamte<strong>in</strong>fangrate 6 E folgendermaßen an:<br />
Setzt man beide E<strong>in</strong>fangraten <strong>in</strong>s Verhältnis zue<strong>in</strong>ander:<br />
ergibt sich e<strong>in</strong> Ausdruck, <strong>in</strong> dem ke<strong>in</strong>e Abhängigkeit vom Signal aus dem defektfreien Material<br />
mehr vorhanden ist. Unter der Annahme I 1 + I 2 = 1, d.h. vollständiger E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong> Defekte,<br />
reduziert sich der Ausdruck (20) zu:<br />
Jetzt kann man mit (19) beide E<strong>in</strong>fangraten nach unten abschätzen:<br />
(19)<br />
(20)<br />
(20a)<br />
Mit dieser Abschätzung ist man <strong>in</strong> der Lage, für die Defekte noch e<strong>in</strong>e m<strong>in</strong>imale Dichte anzugeben.<br />
Nimmt man an, daß mehr als 90 % aller <strong>Positron</strong>en <strong>in</strong> Defekten annihilieren, berechnet<br />
man aus der Formel zur Berechnung des Anteils der im Defekt annihilierenden <strong>Positron</strong>en 0<br />
im Fall e<strong>in</strong>es Defekttyps :<br />
mit 0>0,9 : 6 E>98 b. Der Wert 0>0,9 stellt e<strong>in</strong>e untere Grenze dar, unterhalb derer die<br />
Volumen-Lebensdauerkomponente noch nachweisbar se<strong>in</strong> sollte, vgl. 2.2.2.2. Für e<strong>in</strong> konkretes<br />
Experiment, wenn die Defektkomponenten gut separierbar s<strong>in</strong>d, kann man 0 entsprechend<br />
höher wählen. Wenn man z.B. e<strong>in</strong>e Ausheilung vom vollständigen E<strong>in</strong>fang zum defektfreien<br />
Material analysiert, verwendet man als 6 E e<strong>in</strong>en Wert, der etwa doppelt so groß ist wie<br />
6 1+6 2 beim erstmaligen Auftreten der Volumen-Komponente.<br />
(21)<br />
(22)
1 Grundlagen 21<br />
Für Defekttypen, bei denen der Übergang zum gebundenen Zustand durch die Abgabe der<br />
dabei freiwerdenden Energie begrenzt ist, sogenannte Übergangsratenlimitierung (kle<strong>in</strong>e Defekte<br />
mit tiefer Potentialabsenkung wie Leerstellen, kle<strong>in</strong>e Leerstellenagglomerate und Versetzungen),<br />
besteht folgender Zusammenhang zwischen E<strong>in</strong>fangrate und Defektdichte:<br />
: ist hier die spezifische E<strong>in</strong>fangrate für den jeweiligen Defekt, c d dessen Dichte.<br />
Im Fall kle<strong>in</strong>er Leerstellenagglomerate (n ~ < 5) ist der Zusammenhang zwischen Größe und<br />
spezifischer E<strong>in</strong>fangrate l<strong>in</strong>ear:<br />
Bei räumlich stärker ausgedehnten Defekten wie Ausscheidungen oder Mikroporen begrenzt<br />
nur noch die Diffusion zum Defekt den E<strong>in</strong>fang, da <strong>in</strong>nerhalb des Defektes die erlaubten<br />
Energiezustände genügend dicht liegen. Bezeichnet man mit D + die Diffusionskonstante der<br />
<strong>Positron</strong>en und den Radius des Defektes mit r, schreibt man die Abhängigkeit der E<strong>in</strong>fangrate<br />
folgendermaßen:<br />
Die spezifischen E<strong>in</strong>fangraten lassen sich nicht gleichzeitig mit den Defektdichten im<br />
<strong>Positron</strong>en-Experiment bestimmen. Man ist entweder auf Literaturangaben angewiesen, oder<br />
muß über Modellexperimente, bei denen die Defektdichten anderweitig genau ermittelt werden<br />
können, die spezifischen E<strong>in</strong>fangraten aus obiger Gleichung bestimmen.<br />
(23)<br />
(24)<br />
(25)
22<br />
2 Simulationsuntersuchungen<br />
2 Simulationsuntersuchungen<br />
2.1 Problemstellung<br />
<strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektren s<strong>in</strong>d aus mehreren exponentiell abfallenden E<strong>in</strong>zelkomponenten<br />
Gleichung (3) zusammengesetzt, die noch mit der Auflösungsfunktion des Spektrometers<br />
überfaltet s<strong>in</strong>d. Die Auflösungsfunktion oder auch Promtkurve e<strong>in</strong>es Spektrometers würde<br />
gemessen, wenn man zu exakt gleicher Zeit e<strong>in</strong> Start- und e<strong>in</strong> Stoppquant erzeugen könnte.<br />
Durch Laufzeitunterschiede im Sz<strong>in</strong>tillator und im SEV sowie durch ger<strong>in</strong>gfügige Schwankungen<br />
<strong>in</strong>nerhalb der Meßelektronik lägen <strong>in</strong> diesem Fall nicht alle E<strong>in</strong>zelereignisse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
e<strong>in</strong>zelnen Kanal, dem sogenannten t 0-Kanal, der den Zeitnullpunkt des Spektrometers repräsentiert,<br />
sondern auch <strong>in</strong> den benachbarten Kanälen.<br />
Je nach Zusammensetzung des Spektrums ist es auf Grund dessen schwierig, das Spektrum<br />
richtig zu zerlegen. Selbst e<strong>in</strong>e geglückte Zerlegung ist aber noch nicht notwendig richtig, da<br />
sich Lebensdauerkomponenten ähnlichen Parameters mite<strong>in</strong>ander mischen können und so <strong>in</strong><br />
der Auswertung Komponenten ermittelt werden, die eigentlich nicht im Spektrum vorhanden<br />
s<strong>in</strong>d. Bei der numerischen Auswertung werden je nach Vorgabe entsprechend viele Komponenten<br />
ermittelt, denen aber ohne genauere Kenntnis des untersuchten Materials und der Stabilität<br />
der Zerlegung noch ke<strong>in</strong> physischer Defekttyp zuzuordnen ist.<br />
Das Problem ist seit langem bekannt, entzieht sich durch die statistische Streuung der <strong>Annihilation</strong>sereignisse<br />
aber e<strong>in</strong>es genaueren analytischen Zugangs. Trotz neuerd<strong>in</strong>gs verstärkter<br />
Anstrengungen mit modifizierten Lösungsansätzen [Shu94], [VanHoo94] sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>e analytisch<br />
bessere Interpretation von Lebensdauerspektren durch die eben erwähnten statistischen<br />
Unsicherheiten bisher nicht möglich. Daher ist man gezwungen, den umgekehrten Weg zu<br />
gehen, <strong>in</strong>dem man Spektren, deren E<strong>in</strong>gangsparameter bekannt s<strong>in</strong>d, generiert und über deren<br />
Auswertung Aussagen erhält, wann e<strong>in</strong>e Zerlegung als exakt angenommen werden kann.<br />
Daß Schwierigkeiten <strong>in</strong> der Zerlegung mehrkomponentiger Spektren auftreten können, ist<br />
seit den Anfängen der <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektroskopie bekannt. Frühe Arbeiten zur Zerlegungssicherheit<br />
[Eld78], [Puff79] beschäftigen sich vor allem mit dem E<strong>in</strong>fluß falsch ermittelter<br />
Halbwertsbreiten der Spektrometerauflösungsfunktion. Die Autoren f<strong>in</strong>den dabei bei ger<strong>in</strong>gfügig<br />
zu kle<strong>in</strong> oder zu groß angenommener Halbwertsbreite z.T. erhebliche Fehlanpassungen<br />
<strong>in</strong> den Lebensdauern und Intensitäten.<br />
Bisherige Arbeiten beschäftigten sich mit der Simulation von <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektren<br />
<strong>in</strong> Polymeren z.B. [Sor85]. Dort wurden auch Spektrenzerlegungen mit falscher Wahl der<br />
Komponentenzahl untersucht. Neuerd<strong>in</strong>gs ist neben der Simulation konkreter Meßspektren<br />
mit def<strong>in</strong>ierter Komponentenzahl, z. B. [McGer94], gerade durch die Möglichkeit der kont<strong>in</strong>uierlichen<br />
Auswertung von POLIS-Spektren mit dem Programm CONTIN [Gre90], [Gre91],<br />
[Sun94], die Analyse statistischer Schwankungen <strong>in</strong> den <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektren stärker<br />
<strong>in</strong>s Interesse gerückt z.B. [Gór94].
2 Simulationsuntersuchungen 23<br />
2.2 Interpretation von Spektrenauswertungen<br />
Bei den Auswertungen der Messungen ergaben sich z.T. Schwierigkeiten bei der sicheren<br />
Zerlegung mehrkomponentiger Spektren, die Lebensdauerspektren ließen sich nicht immer<br />
e<strong>in</strong>deutig <strong>in</strong> zwei oder drei Lebensdauerkomponenten, die jeweils der <strong>Annihilation</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Defekttyp entsprechen, auflösen. Um Kenntnis über mögliche Fehlanpassungen bei der numerischen<br />
Zerlegung zu erhalten, wurden deshalb Lebensdauerspektren simuliert, die ähnlich<br />
denen waren, die im Experiment erhalten wurden. E<strong>in</strong> <strong>in</strong>nerhalb des Labors erstelltes Programm<br />
[Eich93] zur Monte-Carlo-Generierung von <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektren kam dabei<br />
zum E<strong>in</strong>satz. In Abhängigkeit von den Parametern der Auflösungsfunktion, der Statistik und<br />
der Art des Spektrums sollten Aussagen zur E<strong>in</strong>deutigkeit von Zerlegungen mehrkomponentiger<br />
Spektren getroffen werden.<br />
Die Auswertung aller simulierten Spektren erfolgte mit demselben Programm LIFESPEC-<br />
FIT [Pus78] wie die Auswertung aller <strong>in</strong> dieser Arbeit vorgestellten POLIS-Messungen. Das<br />
Programm nutzt e<strong>in</strong> übliches Gauß-Newton-Marquard-Verfahren zur nichtl<strong>in</strong>earen Regression.<br />
Die Anzahl der Untergrundereignisse wird nicht mit angepaßt, sondern vor der Auswertung<br />
aus den letzten 100 der betrachteten Kanäle, <strong>in</strong>sgesamt üblicherweise 400, ermittelt und<br />
<strong>in</strong> allen Kanälen vor der Auswertung subtrahiert. Insofern verr<strong>in</strong>gert sich die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />
der Fehlanpassung durch Mischen des Untergrundes mit langen Lebensdauerkomponenten.<br />
2.2.1 E<strong>in</strong>komponentige Referenzspektren<br />
Die Geräteauflösungsfunktion oder Promtkurve des verwendeten Spektrometers wurde als<br />
Gaußkurve<br />
angenommen. Deren Form wird <strong>in</strong> der Theorie durch den Parameter F beschrieben, z.B.<br />
[Bro81]. In der experimentellen Praxis bedient man sich h<strong>in</strong>gegen meist der leichter zu ermit-<br />
telnden Größe FWHM (full width at half maximum), Halbwertsbreite: .<br />
Bei der Auswertung mehrkomponentiger <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektren kann dieser Parameter<br />
meist nicht mit angepaßt werden, da sonst die Zerlegung <strong>in</strong>stabil wird. Er muß also<br />
anderweitig bestimmt werden. Dieses geschieht, <strong>in</strong>dem regelmäßig Referenzspektren an Materialien<br />
aufgenommen werden, die e<strong>in</strong> re<strong>in</strong> e<strong>in</strong>komponentiges Spektrum liefern. In der Auswertung<br />
dieser Messungen kann die Breite der Auflösungsfunktion angepaßt werden. Zwischen<br />
den Meßserien wurden Serien von Referenzmessungen e<strong>in</strong>geschoben, die die Langzeitstabilität<br />
des Spektrometers untersuchen sollten. Da dabei zum Teil Schwankungen <strong>in</strong> FWHM<br />
oder der mittleren Lebensdauer auftraten, Abb. 2.2, war es nötig, solche Serien per Simulation<br />
nachzuempf<strong>in</strong>den, um zwischen stochastisch bed<strong>in</strong>gten Schwankungen und Meßplatz<strong>in</strong>stabili-<br />
(26)
24<br />
Varianz<br />
mittlere LD [ps]<br />
FWHM [ps]<br />
rel. t 0 - Kanal<br />
1,2<br />
1,1<br />
1,0<br />
0,9<br />
230,5<br />
230,0<br />
229,5<br />
254<br />
252<br />
250<br />
248<br />
37,06<br />
37,04<br />
37,02<br />
37,00<br />
36,98<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Nummer des simulierten Spektrums<br />
2.1 simulierte GaAs-Referenzspektren, je<br />
1,5 Mio Ereignisse<br />
2 Simulationsuntersuchungen<br />
Varianz<br />
mittlere LD [ps]<br />
FWHM [ps]<br />
rel. t 0 - Kanal<br />
1,4<br />
1,3<br />
1,2<br />
1,1<br />
1,0<br />
0,9<br />
230,5<br />
230,0<br />
229,5<br />
229,0<br />
228,5<br />
266<br />
264<br />
262<br />
260<br />
5,2<br />
5,0<br />
4,8<br />
4,6<br />
0 100 200 300 400<br />
Nummer des simulierten Spektrums<br />
2.2 gemessene GaAs-Referenzspektren, je<br />
1,64 Mio Ereignisse; (23.12.1993 11:50<br />
= Nr.1, 41 m<strong>in</strong> je Spektrum)<br />
täten unterscheiden zu können. Außerdem sollte der E<strong>in</strong>fluß der je Spektrum gesammelten<br />
Ereignisse auf die Stabilität der Parameter untersucht werden.<br />
Für zwei verschiedene Materialien, Eisen (J b = 104 ps) und GaAs (J b = 230 ps), wurden je<br />
100 Spektren, mit 1,5 Mio, 3, 6, 12 und 24 Mio Ereignissen <strong>in</strong>sgesamt bei neuer Initialisierung<br />
der Zufallszahlenfolge für jedes Spektrum simuliert. Um möglichst praxisnah zu se<strong>in</strong>,<br />
war <strong>in</strong> jedem Spektrum e<strong>in</strong> Anteil enthalten, der die <strong>in</strong> der Quelle annihilierenden <strong>Positron</strong>en<br />
widerspiegelt. Dieser Quellanteil bestand aus drei Termen, wie sie bei den im Rahmen dieser<br />
Arbeit verwendeten Folienquellen auftraten:<br />
J Q1 = 165 ps, I Q1 = 9%; J Q2 = 360 ps, I Q2 = 3%; J Q3 = 2500 ps, I Q3 = 0,04%.<br />
Die Quellterme wurden exakt <strong>in</strong> der Auswertung berücksichtigt, die Halbwertsbreite der Auflösungsfunktion<br />
wurde <strong>in</strong> der Auswertung mit angepaßt, da so, wie oben schon beschrieben,<br />
die Breite der Auflösungsfunktion des Spektrometers bestimmt wird. Die durch das Peak-<br />
Untergrung-Verhältnis simulierte Aktivität der Quelle lag durchgängig bei 12-15 :Ci, was<br />
den während der Messungen verwendeten Quellstärken entspricht. Die Kanalbreite war 27,3<br />
ps/ch, der gleiche Wert, den das Spektrometer aufwies.
Ergebnisse<br />
2 Simulationsuntersuchungen 25<br />
Aus dem Vergleich simulierter und gemessener Referenzspektren, Abbn. 2.1 und 2.2, kann<br />
festgestellt werden, daß es deutliche Schwankungen <strong>in</strong> den drei Parametern FWHM, Varianz<br />
und mittlere Lebensdauer gibt (die vier hier dargestellten Größen werden als die signifikanten<br />
angesehen), die statistischer Natur und nicht auf e<strong>in</strong>e Instabilität des Spektrometers zurückzuführen<br />
s<strong>in</strong>d. Die Anzahl der E<strong>in</strong>zelereignisse lag bei den simulierten Spektren bei 1,5A10 6<br />
und bei den gemessenen <strong>in</strong> Abb. 2.2 bei 1,64A10 6 . Der ger<strong>in</strong>gfügige Anstieg der FWHM im<br />
Verlauf der Messungen <strong>in</strong> Abb. 2.2 zeigt e<strong>in</strong>e Langzeitdrift des Spektrometers an.<br />
Tabelle 2.1: Standardabweichungen berechneter Spektrengrößen<br />
Standardabweichungen Varianz mittlere LD FWHM t 0-Kanal<br />
Meßspektren 0,0759 0,328 ps 1,25 ps 0,2265 ch<br />
simulierte Spektren 0,0702 0,336 ps 1,25 ps 0,0152 ch<br />
Die Tabelle zeigt, daß die Standardabweichung dieser drei Parameter bei vergleichbaren Ereigniszahlen<br />
je Spektrum nahezu identisch ist. Das legt den Schluß nahe, daß das Spektrometer,<br />
sieht man von der Streuung des t 0-Kanals ab, auf die noch näher e<strong>in</strong>gegangen wird,<br />
stabil war und die Simulation die tatsächlichen experimentellen Gegebenheiten adäquat beschreibt.<br />
Die Schwankungen des t 0-Kanals im Meßspektrum s<strong>in</strong>d um mehr als e<strong>in</strong>e Größenordnung<br />
höher als die im simulierten Spektrum. Hier dürften sich äußere E<strong>in</strong>flüsse, wie z.B. die<br />
Netzstabilität mit e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>fluß auf die Hochspannungsversorgung der PM bzw. auf ger<strong>in</strong>gfügige<br />
Verschiebungen <strong>in</strong> den Referenzspannungen von TAC oder MCA, widerspiegeln. Auffällig<br />
ist der Anstieg des t 0-Kanals am 23./24. und 31. Dezember 1993, also an Tagen sich<br />
verr<strong>in</strong>gernder Wirtschaftsaktivität, sowie der Abfall am 27. Dezember 1993 und 03. Januar<br />
1994, jeweils montags, an Tagen steigender wirtschaftlicher Aktivität. Dieser E<strong>in</strong>fluß des<br />
Datums ist recht signifikant, wenngleich verwunderlich, da die Messungen im klimatisierten<br />
Labor erfolgten und die Netzspannung gefiltert wird. Zudem wird die Spannungsstabilität<br />
<strong>in</strong>nerhalb der verwendete Meßelektronik der Firma ORTEC ® mit 10 -4 angegeben. Da diese<br />
Änderungen recht schnell erfolgten (die Meßzeit je Spektrum betrug nur 41 M<strong>in</strong>uten) könnten<br />
sie bei größeren Meßzeiten, je nach Gestalt der Probe s<strong>in</strong>d bis zu 6 Stunden nötig, wirksam<br />
werden. Die Größe dieses E<strong>in</strong>flusses auf die Auswertung von <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektren<br />
konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht mehr untersucht werden. E<strong>in</strong>e Abschätzung sagt e<strong>in</strong>er<br />
solchen Schwankung des t 0-Kanals aber ke<strong>in</strong>e große Bedeutung voraus: Der starke Anstieg<br />
von 0,32 Kanälen bei Messung Nr.279 muß ja <strong>in</strong>nerhalb der Messung erfolgt se<strong>in</strong>. Die anderen<br />
Parameter weichen aber nur <strong>in</strong>nerhalb der normalen Streubreite von ihren Mittelwerten ab.<br />
In [Gór94] geben die Autoren die t 0-Kanäle für 70 gemessene e<strong>in</strong>komponentige Spektren<br />
von je 2A10 5 Ereignissen an. Diese s<strong>in</strong>d statistisch regellos verteilt und haben, (die Autoren<br />
geben ke<strong>in</strong>en Wert an) e<strong>in</strong>e Standardabweichung von geschätzt 0,3 Kanälen. Nimmt man <strong>in</strong>
26<br />
2 Simulationsuntersuchungen<br />
der vorliegenden Messung, Abb. 2.2, e<strong>in</strong>en stabilen Bereich von 70 E<strong>in</strong>zelmessungen, z.B.<br />
von Nr. 85 bis Nr. 154, errechnet man e<strong>in</strong>e Schwankungsbreite des t 0-Kanals von 0,0266 Kanälen,<br />
e<strong>in</strong> Wert, der nur noch das Doppelte des Wertes <strong>in</strong> den simulierten Spektren beträgt.<br />
Bezieht man die Kanalbreiten von 27,3 ps/ch der Messung aus Abb. 2.2 und 11,4 ps/ch <strong>in</strong><br />
[Gór94] mit e<strong>in</strong>, ergibt sich e<strong>in</strong>e Schwankungsbreite von 0,726 ps hier gegenüber 3,42 ps dort,<br />
e<strong>in</strong> Unterschied im Wert, der schwer nachvollziehbar ist. Laut den Autoren rühren diese<br />
Schwankungen aus Instabilitäten des BIAS-Levels im MCA. Dieser war, im Gegensatz zum<br />
hier verwendeten, mit e<strong>in</strong>em peak-Stabilisator versehen, dessen Wirksamkeit aber offensichtlich<br />
unzureichend ist.<br />
In der Darstellung der simulierten Referenzspektren <strong>in</strong> Abb. 2.1 läßt sich ke<strong>in</strong>e Abhängigkeit<br />
der vier Parameter vone<strong>in</strong>ander erkennen. Das sollte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Korrelationsanalyse nachgewiesen<br />
werden: Unter der Voraussetzung, daß die vier Größen normalverteilt s<strong>in</strong>d, sollte die<br />
Hypothese bestätigt oder verworfen werden, daß je zwei dieser Größen vone<strong>in</strong>ander unabhängig<br />
streuen, d.h., daß ihr Korrelationskoeffizient D XY = 0 ist . Dazu wurde für jeweils zwei<br />
Größen der empirische Korrelationskoeffizient r XY als Realisierung von D XY aus der empirischen<br />
Kovarianz F XY<br />
und den empirischen Standardabweichungen F X und F Y<br />
gemäß<br />
sowie die Realisierung u der Prüfgröße U nach<br />
berechnet. Die folgende Tabelle zeigt die errechneten Werte für r XY und |u| sowohl für die<br />
simulierten Spektren <strong>in</strong> Abb. 2.1 als auch für die gemessenen Referenzspektren aus Abb. 2.2.<br />
In die Tabelle wurde bei den Meßspektren die Korrelationsanalyse der anderen Parameter<br />
gegen die Größe t 0-Kanal nicht aufgenommen, da diese Größe augensche<strong>in</strong>lich nicht normalverteilt<br />
ist. Für e<strong>in</strong>e Anzahl von Spektren, <strong>in</strong> denen der t 0-Kanal nicht deutlich driftet (Nr. 77 -<br />
154), wurde die Korrelationsanalyse mit t 0-Kanal durchgeführt und <strong>in</strong> die Tabelle aufgenommen.<br />
Die Umrechnung von r XY auf u XY erfolgt deshalb, da u e<strong>in</strong>er t-Verteilung mit m = n-2 Freiheitsgraden<br />
folgt (die für m 6 4 gegen e<strong>in</strong>e Normalverteilung konvergiert), deren Werte tabel-<br />
(27)<br />
(28)<br />
(29)<br />
(30)
2 Simulationsuntersuchungen 27<br />
liert s<strong>in</strong>d. Für e<strong>in</strong>e vorgegebene Irrtumswahrsche<strong>in</strong>lichkeit, im vorliegenden Fall 0,001, läßt<br />
sich nun entscheiden, ob die Hypothese D XY = 0 akzeptiert oder verworfen wird, d.h., ob der<br />
empirische Korrelationskoeffizient r XY signifikant von D XY abweicht. Unter Verwendung der<br />
tabellierten Werte der t-Verteilung [Bey88], [Bro81] läßt sich ablesen, daß die Hypothese der<br />
Unabhängigkeit für die beiden Größen FWHM und J2 sowohl <strong>in</strong> den simulierten als auch <strong>in</strong><br />
den Meßspektren verworfen werden muß. Die Abhängigkeit von t 0-Kanal und FWHM <strong>in</strong>nerhalb<br />
der simulierten Spektren wird <strong>in</strong> den Meßspektren nicht bestätigt und könnte e<strong>in</strong> Effekt<br />
des verwendeten Programms zur Spektrenerzeugung se<strong>in</strong>. Für alle anderen Paare von Parametern<br />
kann von gegenseitiger Unabhängigkeit ausgegangen werden. Über die Art der Abhängigkeiten<br />
konnte im Rahmen dieser Arbeit ke<strong>in</strong>e Aussage getroffen werden.<br />
Tabelle 2.2: empirischer Korrelationskoeffizient berechneter Spektrengrößen<br />
simulierte Spektren,<br />
n = 100<br />
Meßspektren<br />
(gesamt)<br />
n = 388<br />
Meßspektren<br />
(Nr. 77 - 154)<br />
n = 78<br />
X Y r XY | u | r XY | u | r XY | u |<br />
Varianz t 0-Kanal -0,0114 0,1110 -0,1513 1,3341<br />
Varianz J2 -0,0882 0,8626 -0,0747 1,4717 0,0543 0,4739<br />
Varianz FWHM 0,0222 0,2160 0,0409 0,8056 0,0251 0,2185<br />
t 0-Kanal J2 0,2802 2,8446 0,0406 0,3547<br />
t 0-Kanal FWHM 0,6273 7,8504 -0,1654 1,4623<br />
FWHM J2 -0,2964 3,0243 -0,2980 6,1323 -0,4722 4,6693<br />
Aus der Unabhängigkeit der Varianz von den anderen drei Parametern und ihrer konstanten<br />
Streubreite bei geänderter Ereigniszahl im Spektrum, Abb. 2.3, kann diese nur noch im<br />
Rahmen ihrer Streubreite als Maß für e<strong>in</strong>e gute numerische Auswertung angesehen werden.<br />
Man kann also im Experiment nicht von e<strong>in</strong>er schlechten Varianz auf e<strong>in</strong>e Veränderung <strong>in</strong><br />
FWHM oder t 0-Kanal schließen. Da die mittlere Lebensdauer des e<strong>in</strong>komponentigen Spektrums<br />
trotz genauer Kenntnis der E<strong>in</strong>gangsgrößen schon deutlich schwankt, muß es also als<br />
normal angesehen werden, daß ab und zu die Auswertung e<strong>in</strong>er Messung trotz sche<strong>in</strong>bar idealer<br />
Meßbed<strong>in</strong>gungen und großer Ereigniszahlen Ergebnisse liefert, die von den Erwartungswerten<br />
deutlich abweichen.<br />
Trägt man die Mittelwerte der Parameter FWHM, J2, Varianz und t 0-Kanal gegen die Ereigniszahlen<br />
auf, siehe Abb. 2.3, erkennt man bei steigender Zahl der <strong>Annihilation</strong>sereignisse<br />
im Spektrum e<strong>in</strong>e systematische Abnahme der Streuung bei FWHM, J2 und t 0-Kanal, aber e<strong>in</strong>e<br />
gleichbleibende Streubreite der Varianz. Die ger<strong>in</strong>gfügige systematische Zu- bzw. Abnahme<br />
der Mittelwerte von FWHM, J2 und t 0-Kanal liegt <strong>in</strong>nerhalb der Fehlergrenzen. Es kann also<br />
geschlossen werden, daß bei stabil angenommenem Spektrometer, wie zu erwarten, e<strong>in</strong>e bes-
28<br />
sere Statistik Ergebnisse mit ger<strong>in</strong>gerer<br />
Streuung liefert. Allerd<strong>in</strong>gs kann, wie bereits<br />
oben bemerkt, diese bessere Analysemöglichkeit<br />
nicht immer an der Varianz der jeweiligen<br />
Auswertung, die e<strong>in</strong> Maß für die<br />
Güte der Anpassung ist, abgelesen werden.<br />
Der Anstieg im Mittelwert der Varianz mit<br />
den Ereigniszahlen muß bei den simulierten<br />
Spektren verwundern, da hier ja absolute<br />
Stabilität <strong>in</strong> den Simulationsparametern<br />
herrscht. E<strong>in</strong>e Erklärung hierfür konnte bisher<br />
nicht gefunden werden.<br />
In experimentell aufgenommenen Referenzspektren,<br />
die viele Ereignisse (1,5A10 7 ...<br />
2A10 7 ) enthielten, war es selten möglich, Varianzwerte<br />
kle<strong>in</strong>er 2 zu erreichen. Aus dem<br />
Vergleich mit den hier vorgestellten Simulationen,<br />
wo der schlechteste Varianzwert bei<br />
ca. 1,4 lag, muß daher auf Instabilitäten des<br />
Spektrometers oder <strong>in</strong>exakte Quellkorrektur<br />
geschlossen werden.<br />
Auffällig ist der trotz gleicher E<strong>in</strong>gangsparameter<br />
systematisch um ca. 1ps ger<strong>in</strong>gere<br />
Wert der Halbwertsbreite <strong>in</strong> der Anpassung<br />
bei den Metallspektren gegenüber den Halbleiterspektren.<br />
Bei Meßserien von Referenz-<br />
2 Simulationsuntersuchungen<br />
Varianz<br />
mittlere LD [ps]<br />
FWHM [ps]<br />
rel. t 0 - Kanal<br />
1,2<br />
1,1<br />
1,0<br />
0,9<br />
230,5<br />
230,0<br />
229,5<br />
105,0<br />
104,5<br />
251<br />
250<br />
249<br />
37,03<br />
37,02<br />
37,01<br />
37,00<br />
10 6<br />
10 7<br />
GaAs<br />
Fe<br />
Anzahl der E<strong>in</strong>zelereignisse je Spektrum<br />
2.3 Abhängigkeit der Parameter der Auswertung<br />
von der Statistik; Mittelung über<br />
100 Spektren je Meßpunkt; für bessere<br />
Erkennbarkeit wurden die Punkte für<br />
Eisen um den Faktor 1,1 nach rechts<br />
geschoben<br />
spektren wurde dieser Effekt teils bestätigt, teils umgekehrt gefunden: An dem Spektrometer,<br />
mit dem die Messungen der vorliegenden Arbeit durchgeführt wurden, wurde die Halbwertsbreite<br />
von Metall-Referenzspektren durchgängig mit ca. 5 ps höher angepaßt als die von Halbleiterspektren.<br />
H<strong>in</strong>gegen wurde mit e<strong>in</strong>em identisch aufgebauten Spektrometer im selben Labor<br />
der per Simulation gefundene Effekt ebenfalls ermittelt, wenngleich mit höherem Wert<br />
(ca. 3-4 ps) [Sta94]. E<strong>in</strong>e mögliche Ursache könnte <strong>in</strong> Asymmetrien der Auflösungsfunktion<br />
liegen, die Annahme e<strong>in</strong>er Gaußkurve kann fehlerhaft se<strong>in</strong>.<br />
Insgesamt kann aus den vorliegenden Ergebnissen auf e<strong>in</strong>e gute Beschreibung des Experiments<br />
durch die Simulation geschlossen werden, auch die Annahme nur e<strong>in</strong>er Gaußkurve als<br />
Auflösungsfunktion, im Gegensatz zum sonst häufig verwendeten Programm "<strong>Positron</strong>fit"<br />
[Kir72], [Kir74], ist gerechtfertigt.
2.2.2 Zweikomponentige Spektren<br />
2 Simulationsuntersuchungen 29<br />
Zwei Klassen von Spektren wurden simuliert: Spektren, bei denen die beiden Komponenten <strong>in</strong><br />
Intensität und Lebensdauer unabhängig vone<strong>in</strong>ander gewählt wurden, zum e<strong>in</strong>en, zum anderen<br />
Spektren, die unterschiedliche Konzentrationen e<strong>in</strong>es Defektes nachvollzogen. Es wurde im<br />
zweiten Fall simuliert, daß die Konzentration e<strong>in</strong>es Defekttyps von kaum analysierbaren Werten<br />
bis zum nahezu vollständigen <strong>Positron</strong>ene<strong>in</strong>fang stetig ansteigt, wie z.B. bei wiederholter<br />
Elektronenbestrahlung E<strong>in</strong>zelleerstellen e<strong>in</strong>gebracht werden, bzw., wie e<strong>in</strong> Defekttyp thermisch<br />
ausgeheilt wird, wobei se<strong>in</strong>e Dichte von Werten, bei denen fast vollständiger E<strong>in</strong>fang<br />
zu verzeichnen ist, auf unmerkliche Größe abs<strong>in</strong>kt.<br />
Bei Laborproben, die zur Untersuchung spezieller Materialeffekte bestimmten Behandlungen<br />
unterworfen werden, wird meist die Methode der thermisch <strong>in</strong>duzierten Defektausheilung<br />
angewendet, um über den Verlauf der POLIS-Parameter mit der Temperatur systematische<br />
Fehler <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelzustandsmessungen auszugleichen. Bei technischen Proben, die noch mit<br />
anderen Methoden untersucht werden sollen, oder gar bei Komponenten im E<strong>in</strong>satz, ist e<strong>in</strong>e<br />
solche Ausheilung nicht möglich. Die Simulation e<strong>in</strong>er Ausheilung wurde deshalb gewählt,<br />
um Abhängigkeiten der Zerlegung von der Intensität der Defektkomponente und damit e<strong>in</strong>em<br />
bestimmten Materialzustand aufzuzeigen und so bei e<strong>in</strong>er realen Messung Aussagen über die<br />
Güte der Auswertung treffen zu können.<br />
2.2.2.1 Unabhängig zusammengesetzte Spektren<br />
Es ist von großem Interesse bei der numerischen Auswertung, wann zwei Komponenten noch<br />
vone<strong>in</strong>ander separiert werden können. Um Abhängigkeiten, die zwischen beiden Komponenten<br />
eventuell bestehen, z.B. ungesättigter E<strong>in</strong>fang bei e<strong>in</strong>em Defekt siehe Gleichung (12), zu<br />
umgehen, wurde hier das Trapp<strong>in</strong>gmodell für unvollständigen E<strong>in</strong>fang außer acht gelassen.<br />
Die Wahl der unabhängigen Zusammensetzung ist aber nicht realitätsfern, da z.B. bei vollständigem<br />
E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong> zwei Defektarten der beschriebene Fall zuträfe. Damit ke<strong>in</strong>e zusätzlichen<br />
Störe<strong>in</strong>flüsse von Belang s<strong>in</strong>d, wurde bei diesen Simulationen ke<strong>in</strong> Quellanteil simuliert.<br />
Bei konstantem Lebensdauerwert J 2 = 145 ps erfolgte e<strong>in</strong>e Variation von J 1 und I 1 unabhängig<br />
vone<strong>in</strong>ander. Da bei extrem kle<strong>in</strong>en (I 1 6 0) oder extrem großen (I 1 6 100%) Intensitäten e<strong>in</strong>e<br />
radikale Verschlechterung der zweikomponentigen Auswertung zu erwarten ist, wurden diese<br />
Werte hier nicht betrachtet, sondern mit m<strong>in</strong>imalen Intensitäten von 10% für I 1 und I 2 gerechnet.<br />
Wie im nächsten Punkt noch genauer ausgeführt wird, ist bei der e<strong>in</strong>gesetzten Halbwertsbreite<br />
von 250 ps und der Kanalbreite von 27,3 ps/ch e<strong>in</strong>e Anpassung von Lebensdauern, die<br />
kle<strong>in</strong>er 25 ps s<strong>in</strong>d, nicht mehr sicher. Daher erfolgte die Variation von J 1 nur mit Werten größer<br />
30 ps. Für jedes Parameterpaar (J 1, I 1) wurden Spektren mit vier verschiedenen Ereigniszahlen,<br />
n = 1,5 Mio, 3, 6 und 12 Mio, und jeweils zwei verschiedenen Halbwertsbreiten,<br />
FWHM = 200 ps und 250 ps, simuliert.<br />
Die Auswertung erfolgte im freien Fit, d.h., beide Lebensdauerwerte und die Intensitäten<br />
wurden angepaßt. Dabei waren die Halbwertsbreite <strong>in</strong> der Auswertung auf den E<strong>in</strong>gangswert<br />
fixiert und die simulierten Lebensdauerwerte als Startwerte der nichtl<strong>in</strong>earen Regression vorgegeben.<br />
Insofern waren für die numerische Auswertung die bestmöglichen Startbed<strong>in</strong>gungen
30<br />
2 Simulationsuntersuchungen<br />
gegeben. Die ermittelten Stabilitätsbereiche s<strong>in</strong>d also notwendig, nicht aber h<strong>in</strong>reichend für<br />
exakte Zerlegung von Meßspektren, da dort noch Schwankungen <strong>in</strong> den Meßplatzparametern<br />
und Unsicherheiten <strong>in</strong> der Quellkorrektur dazukommen können.<br />
Ergebnisse<br />
Die Ergebnisse der zweikomponentigen Zerlegung für e<strong>in</strong>e Gerätefunktion mit FWHM = 250<br />
ps und 1,5 Mio Ereignisse je Spektrum s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Abb. 2.4 dargestellt. In der gewählten dreidimensionalen<br />
Darstellung wäre die Fläche idealer Anpassung jeweils e<strong>in</strong>e Ebene.<br />
τ 1 [ps] (berechnet)<br />
τ simul - τ berech [ps]<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
100<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
-2<br />
-4<br />
-6<br />
100<br />
80<br />
τ 1 [ps] (simuliert)<br />
80<br />
60<br />
τ 1 [ps] (simuliert)<br />
60<br />
40 80<br />
40 80<br />
60<br />
40<br />
I 1 [%] (simuliert)<br />
60<br />
40<br />
20<br />
I 1 [%] (simuliert)<br />
20<br />
τ 2 [ps] (berechnet)<br />
Abb. 2.4 Zerlegung unabhängig zusammengesetzter zweikomponentiger Spektren, je 1,5 Mio<br />
Ereignisse; a) erste Komponente; b) zweite Komponente; c) Differenz zwischen simulierter<br />
und angepaßter mittlerer Lebensdauer; d) Intensität der zweiten Komponente<br />
I 2 [%] (berechnet)<br />
170<br />
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
100<br />
80<br />
τ 1 [ps] (simuliert)<br />
80<br />
τ 1 [ps] (simuliert)<br />
60<br />
60<br />
40 80<br />
40 80<br />
60<br />
60<br />
40<br />
40<br />
I 1 [%] (simuliert)<br />
20<br />
I 1 [%] (simuliert)<br />
20
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20 40 60 80<br />
FWHM = 250 ps<br />
2 Simulationsuntersuchungen 31<br />
τ 12 Mio<br />
1 [ps] τ1 [ps]<br />
3 Mio<br />
6 Mio<br />
1,5 Mio<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
I [%]<br />
1 20 40 60 80<br />
FWHM = 200 ps<br />
τ1=I/[ 1 λb-(1-I 1) λd]<br />
τb<br />
= 104 ps<br />
τ = 145 ps<br />
d<br />
I [%]<br />
1<br />
2.5 Bereiche stabiler Zerlegung bei unabhängig zusammengesetzten zweikomponentigen<br />
Spektren<br />
Mit Ausnahme der Differenz zwischen der angepaßten und simulierten mittlerer Lebensdauer,<br />
die wenig um 0 streut, wichen die drei vone<strong>in</strong>ander unabhängigen Anpaßparameter J 1,<br />
J 2 und I 2 vor allem bei höheren Werten von J 1 deutlich vom E<strong>in</strong>gangswert ab. Bemerkenswert<br />
ist die Tatsache, daß die Anpassung von I 2 bei kle<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>gangswerten von J 1 generell gut ist<br />
und bei hohen Werten von J 1 unabhängig von der Intensität I 1 streut. Bisher wurde angenommen,<br />
daß Komponenten kle<strong>in</strong>er Lebensdauer nur schlecht separierbar s<strong>in</strong>d. Bei Meßspektren,<br />
die dem Trapp<strong>in</strong>gmodell genügen, s<strong>in</strong>kt mit wachsendem E<strong>in</strong>fang sowohl Wert als auch Intensität<br />
der reduzierten Volumenlebensdauer. Komponenten mit kle<strong>in</strong>er Lebensdauer haben<br />
also auch kle<strong>in</strong>e Intensitäten. In Auswertung der vorliegenden Simulationen kann diese These<br />
nicht mehr ohne weiteres aufrecht erhalten werden. Im Gegensatz zum Verhalten von I 2 ist die<br />
Anpassung der Lebensdauer J 1 unabhängig von ihrer konkreten Größe nur von der zugehörigen<br />
Intensität I 1 abhängig. Diese beiden Abhängigkeiten wurden bei größeren Ereigniszahlen<br />
ebenso gefunden.<br />
Zur Gesamtauswertung wurde angenommen, daß e<strong>in</strong>e Zerlegung nicht mehr als stabil gewertet<br />
werden kann, wenn die angepaßten Lebensdauern mehr als 5 ps oder die simulierte<br />
Intensität I 2 mehr als 5 % vom jeweils errechneten Wert abweicht und der entsprechende Wert<br />
auch nicht im jeweiligen errechneten Fehler<strong>in</strong>tervall liegt. Abb. 2.5 zeigt diese Auswertung.<br />
Da die beiden Intensitäten über I 1 + I 2 = 1 zusammenhängen, konnte auf e<strong>in</strong>e gesonderte Auswertung<br />
der zweiten Intensität verzichtet werden.<br />
Es zeigt sich e<strong>in</strong>e deutliche Abhängigkeit der Stabilitätsbereiche von der Anzahl der Ereignisse<br />
im Spektrum und der Auflösungsfunktion des Spektrometers. Ebenfalls erkennbar ist,<br />
daß die Verr<strong>in</strong>gerung der Größe FWHM der Auflösungsfunktion vor allem bei ger<strong>in</strong>geren<br />
Ereigniszahlen wirksam ist, bei hohen Ereigniszahlen aber nur noch ger<strong>in</strong>ge Verbesserungen<br />
des Stabilitätsbereiches liefert. E<strong>in</strong>e stabile Zerlegung ist kaum noch möglich, wenn bei konstantem<br />
J 2 von 145 ps der Wert von J 1 90 ps erreicht und nahezu unmöglich, wenn der Wert<br />
von J 1 größer 100 ps ist. Zur Verdeutlichung wurde <strong>in</strong> die Abb. 2.5 die Abhängigkeit des<br />
Wertes von J 1 nach Trapp<strong>in</strong>gmodell e<strong>in</strong>gezeichnet, Eisen mit Versetzungen entsprechend,
32<br />
1<br />
2 Simulationsuntersuchungen<br />
wenn man e<strong>in</strong>en Volumenlebensdauerwert von J b = 104 ps annimmt und die Intensität der<br />
Defektkomponente mit J d = 145 ps variiert.<br />
Für e<strong>in</strong>en Wert der Größe FWHM können die Bereiche stabiler Zerlegung durch Erhöhung<br />
der Ereigniszahlen je Spektrum vergrößert werden. Die Verschiebung der M<strong>in</strong>destdifferenz<br />
zweier sicher separierbarer Lebensdauern ist aber nur durch Verkle<strong>in</strong>ern von FWHM im Verhältnis<br />
zu den untersuchten Lebensdauerwerten möglich. Wie aus Experimenten bekannt, ist<br />
bei Halbleitern mit Lebensdauern von 200 ps und größer mit den Standardspektrometern die<br />
Trennung von Komponenten möglich, die nur ca. 30 ps Differenz aufweisen.<br />
2.2.2.2 Spektren nach Trapp<strong>in</strong>gmodell<br />
Für je e<strong>in</strong> typisches Metall, hier Eisen mit<br />
Versetzungen und Leerstellenclustern, und<br />
e<strong>in</strong>en typischen Halbleiter, Silizium mit<br />
E<strong>in</strong>fach- und Doppelleerstellen, wurde die<br />
schon oben erwähnte Änderung der Defektdichte<br />
von nahezu vollständigem E<strong>in</strong>fang<br />
(I 2 > 95 %) bis zu nicht mehr exakt analysierbaren<br />
Werten (I 2 < 5%) nachvollzogen.<br />
Der Wert der Halbwertsbreite betrug jeweils<br />
250 ps. Bei allen Spektren wurde die<br />
Halbwertsbreite auf den simulierten Wert<br />
fixiert und mit dem eigentlichen Spektrum<br />
drei Quellterme folgenden Wertes simuliert<br />
und bei der Auswertung exakt abgezogen:<br />
J Q1 = 165 ps, I Q1 = 9%; J Q2 = 360 ps, I Q2 =<br />
3%; J Q3 = 2500 ps, I Q3 = 0,04%;<br />
Diese Quellterme s<strong>in</strong>d für die <strong>in</strong> den Messungen<br />
verwendeten Folienquellen typisch.<br />
In [Sta96] ist gezeigt, daß die hier simulierte<br />
Quellkorrektur der im Experiment vorgefundenen<br />
entspricht. Zur Berechnung der<br />
für e<strong>in</strong>en Vergleich mit konkreten Messungen<br />
nötigen Defektdichten wurden folgende<br />
spezifische E<strong>in</strong>fangraten e<strong>in</strong>gesetzt:<br />
: d(Fe) = 1,1 cm 2 s -1 , [Park85c]; : cl(Fe) =<br />
4,5A10 15 s -1 [ 1 ]; : 1V(Si) = 1A10 14 s -1 , : 2V(Si)<br />
= 2A10 14 s -1 , [Dan76].<br />
mittlere LD [ps]<br />
Lebensdauer-Komponenten [ps]<br />
Intensität I 2 [%]<br />
Der Wert von : cl(Fe) ist nach Gleichung (22) berechnet, mit : 1V(Fe) = (1,1±0,2)A10 -15 s -1<br />
[Veh82] und nach [Pus87], wo für Leerstellencluster aus vier E<strong>in</strong>zelleerstellen e<strong>in</strong> Lebensdauerwert<br />
von J cl ~ 250 ps angegeben wird.<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
10 8<br />
10 9<br />
E<strong>in</strong>fangrate κ [s -1 ]<br />
10 10<br />
2.6 Simulierte Ausheilung von Versetzungen<br />
<strong>in</strong> Eisen, 1,5 Mio Ereignisse je Spektrum<br />
gestrichelte L<strong>in</strong>ien: simulierte Werte<br />
τ 2<br />
τ 1
Ergebnisse<br />
2 Simulationsuntersuchungen 33<br />
Abb. 2.6 zeigt als typisches Beispiel die Ausheilung von Versetzungen <strong>in</strong> Eisen mit 1,5 Mio<br />
Ereignissen je Spektrum. Die Darstellung erfolgt von kle<strong>in</strong>eren zu größeren Werten der Defektdichte,<br />
e<strong>in</strong>e Darstellung der Ausheilung müßte mit steigender Temperatur erfolgen und<br />
hätte den umgekehrten Verlauf. Nach schlechter Zerlegbarkeit bei kle<strong>in</strong>en 6-Werten bis ca.<br />
5A10 8 s -1 ist dann die Auswertung stabil bis zum gesättigten E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong> den Defekt. Dabei ist<br />
der Verlauf der Zerlegung <strong>in</strong> allen anderen Simulationen ähnlich wie der im vorliegenden<br />
Beispiel. Es wurde nie beobachtet, daß <strong>in</strong>nerhalb des simulierten Bereiches hoher E<strong>in</strong>fangraten<br />
die Zerlegung durchgängig <strong>in</strong>stabil wurde, wie es bei kle<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fangraten der Fall ist. Es<br />
läßt sich hieraus schließen, daß die Stabilität der Spektrenzerlegung von dem Verhältnis beider<br />
Lebensdauerkomponenten sehr stark, von der Intensität der Komponenten aber nur <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gem<br />
Maß abhängig ist. Die Errechnung zu hoher Werte für die mittlere Lebensdauer <strong>in</strong> der<br />
Nähe des vollständigen E<strong>in</strong>fangs beruht auf der Schwierigkeit, die dort auftretenden sehr kle<strong>in</strong>en<br />
Lebensdauern von J 1 noch exakt ermitteln zu können. Hier wird, wie <strong>in</strong> allen anderen<br />
Simulationen auch, e<strong>in</strong> etwas zu hoher Wert angepaßt.<br />
Die bisher häufig vertretene Me<strong>in</strong>ung, daß mit e<strong>in</strong>em Spektrometer höchstens Lebensdauerwerte<br />
stabil auswertbar s<strong>in</strong>d, die nicht kle<strong>in</strong>er als e<strong>in</strong> Drittel, m<strong>in</strong>destens jedoch e<strong>in</strong> Viertel<br />
der FWHM betragen, kann nicht bestätigt werden. Mit der <strong>in</strong> der Simulation verwendeten<br />
Halbwertsbreite von 250 ps ließen sich Lebensdauerkomponenten größer als 25 ps anpassen,<br />
wenn die Ereigniszahl je Spektrum 3 Mio oder mehr betrug. Bei kle<strong>in</strong>eren Lebensdauern war<br />
e<strong>in</strong>e Anpassung aber kaum noch möglich. Der Grund hierfür könnte <strong>in</strong> der Kanalbreite von<br />
27,3 ps liegen, die für die Simulationen verwendet wurde: Die Intensität e<strong>in</strong>er Lebensdauerkomponente<br />
von 25 ps fällt <strong>in</strong>nerhalb von nur 3 Kanälen auf 1/22 des Ausgangswertes ab und<br />
ist somit schwer anzupassen. Da die Anpassung für Lebensdauer und Intensität der Defektkomponente<br />
aber den richtigen Wert liefert, wird <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong>e zu hohe mittlere Lebensdauer<br />
errechnet. E<strong>in</strong> Überschreiten der Defektlebensdauer durch die mittlere Lebensdauer ist<br />
allerd<strong>in</strong>gs nur bei Anpassungen mit e<strong>in</strong>er negativen Intensität der kurzen Komponente möglich<br />
und damit e<strong>in</strong> sicheres Zeichen für <strong>in</strong>stabile Zerlegung.<br />
Die Tabellen 2.3 und 2.4 zeigen die Ergebnisse der Simulationen. Die Ereigniszahlen beziehen<br />
sich auf das Gesamtspektrum, ca 12 % davon entfallen auf Quellterme und Untergrundereignisse.<br />
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß sich der Beg<strong>in</strong>n stabiler Zerlegung durch Verdoppelung<br />
der Ereigniszahlen auf ca. den halben Wert der E<strong>in</strong>fangrate verschieben läßt. Es<br />
ersche<strong>in</strong>t sicher, daß diese Verschiebung bei weiterer Erhöhung der Ereigniszahlen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />
Sättigungswert e<strong>in</strong>läuft, wie es sich im Fall der Silizium-Doppelleerstellen bereits andeutet.<br />
Im Rahmen dieser Arbeit war es allerd<strong>in</strong>gs nicht mehr möglich, weitere dieser Grenzwerte zu<br />
ermitteln, oder e<strong>in</strong>en allgeme<strong>in</strong>en Zusammenhang zwischen e<strong>in</strong>er Defektlebensdauer und der<br />
zur Zerlegung nötigen E<strong>in</strong>fangrate herzustellen. Dazu s<strong>in</strong>d weitere Untersuchungen geplant.<br />
Wegen der guten Zerlegbarkeit wurde auf e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>komponentige Anpassung der Spektren<br />
verzichtet. In 2.2.3 wird gezeigt, daß dabei stark fehlerbehaftete Ergebnisse erhalten werden.
34<br />
2 Simulationsuntersuchungen<br />
Tabelle 2.3: Grenzen stabiler Zerlegung <strong>in</strong> simulierten Eisenspektren<br />
Simulation von<br />
stabile Zerlegung<br />
für<br />
Fe: J b = 104 ps J d = 145 ps J cl = 250 ps<br />
6 = 1A10 8 s -1 ... 5A10 10 s -1 1A10 7 s -1 ... 2A10 11 s -1<br />
I 2 = 3,5% ... 94,8% 0,194% ... 97,3%<br />
1,5 Mio Ereign. je<br />
Spektrum<br />
3 Mio Ereign. je<br />
Spektrum<br />
6 Mio Ereign. je<br />
Spektrum<br />
6 > 6A10 8 s -1 6 > 3A10 8 s -1<br />
c d > 5,4A10 5 cm -2 c cl > 6A10 -8<br />
6 > 4A10 8 s -1 6 > 9,7A10 7 s -1<br />
c d > 3,6A10 5 cm -2 c cl > 2,1A10 -8<br />
6 > 2A10 8 s -1 6 > 4,7A10 7 s -1<br />
c d > 1,8A10 5 cm -2<br />
Tabelle 2.4: Grenzen stabiler Zerlegung <strong>in</strong> simulierten Siliziumspektren<br />
Simulation von<br />
stabile Zerlegung<br />
für<br />
c cl > 1A10 -8<br />
Si: J b = 220 ps J 1v = 270 ps J 2v = 310 ps<br />
6 = 2A10 7 s -1 ... 5A10 10 s -1<br />
5A10 6 s -1 ... 3,4A10 10 s -1<br />
I 2 = 2,3 % ... 98,3% 0,35 % ... 96,3%<br />
1,5 Mio Ereign. je<br />
Spektrum<br />
3 Mio Ereign. je<br />
Spektrum<br />
6 Mio Ereign. je<br />
Spektrum<br />
2.2.3 Dreikomponentige Spektren<br />
6 > 3A10 8 s -1 6 > 7A10 7 s -1<br />
c V > 1,5A10 17 cm -3<br />
c 2V > 1,75A10 16 cm -3<br />
6 > 1,4A10 8 s -1 6 > 4,6A10 7 s -1<br />
c V > 7A10 16 cm -3<br />
c 2V > 1,15A10 16 cm -3<br />
6 > 9,6A10 7 s -1 6 > 4,6A10 7 s -1<br />
c V > 2,5A10 16 cm -3<br />
c 2V > 1,15A10 16 cm -3<br />
Bei der Interpretation von <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektren ist die Frage der richtigen Modellwahl<br />
von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Von der Treffsicherheit der Aussage über die<br />
Anzahl der <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Spektrum vorhandenen Komponenten hängt die gesamte Stimmigkeit der<br />
Auswertung ab. Es bestand also Interesse an der Kenntnis, welche vom Experimentator bee<strong>in</strong>flußbaren<br />
Parameter der POLIS-Messung zu wählen s<strong>in</strong>d, um relative Sicherheit <strong>in</strong> der Spektrenzerlegung<br />
zu erzielen. Außerdem sollte untersucht werden, wie sich e<strong>in</strong>e falsche Wahl der<br />
Komponentenanzahl auf die Gesamtauswertung auswirkt, ob, und wenn ja, woran man e<strong>in</strong>
2 Simulationsuntersuchungen 35<br />
falsches Modell erkennen kann, und ob sich aus solch falsch angepaßten Spektren trotzdem<br />
wahre Aussagen über die POLIS-Parameter des untersuchten Materials und damit den aktuellen<br />
Materialzustand ableiten lassen.<br />
Folgende Simulationen wurden durchgeführt: In e<strong>in</strong>em typischen Metall, hier Eisen mit J b<br />
= 104 ps, mit zwei unabhängigen Defektarten, Versetzungen J d = 145 ps und kle<strong>in</strong>en Leerstellenagglomeraten<br />
J cl = 250 ps, wird die Änderung der Dichte der e<strong>in</strong>en Defektkomponente<br />
bei gleichzeitiger Konstanz der anderen, 6 cl = 1A10 9 s -1 , nachvollzogen. Dabei wurde der Bereich<br />
von gesättigtem E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong> beide Defekte, 6 d $ 2,5A10 10 s -1 , bis zur vollständigen Ausheilung<br />
der Versetzungen, 6 d # 4A10 8 s -1 , überstrichen. Jedes der so generierten Spektren wurde<br />
jeweils <strong>in</strong> frei dreikomponentiger Anpassung, mit Fixierung der Versetzungslebensdauer und<br />
<strong>in</strong> frei zweikomponentiger Anpassung zerlegt. In Kenntnis der Ergebnisse aus der zweikomponentigen<br />
Simulation, siehe 2.2, wurde auf die Variation der Halbwertsbreite verzichtet und<br />
nur die Anzahl der Ereignisse im Spektrum <strong>in</strong> drei Stufen, 1,5 Mio, 3 Mio und 6 Mio, verändert.<br />
In jedem Spektrum war der schon <strong>in</strong> 2.3 verwendete dreikomponentige Quellanteil<br />
enthalten, der <strong>in</strong> der Auswertung exakt subtrahiert wurde.<br />
In diesem Fall wurde nicht e<strong>in</strong> reales Experiment simuliert, bei dem die Konstanz e<strong>in</strong>er<br />
Defektdichte bei steigender Ausheiltemperatur unwahrsche<strong>in</strong>lich ist, sondern es g<strong>in</strong>g um den<br />
E<strong>in</strong>fluß e<strong>in</strong>er sich ändernden Defektdichte bei Anwesenheit e<strong>in</strong>es anderen Defekttyps.<br />
Ergebnisse<br />
Wie Abb. 2.7 zeigt, ist die frei dreikomponentige Zerlegung von Spektren mit 1,5 Mio Ereignissen<br />
mit erheblichen Fehlern behaftet. Erst ab e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>fangrate der Versetzungen von ca.<br />
3,5A10 9 s -1 , d.h. I 2 ca. 56 %, kann von e<strong>in</strong>er mäßig stabilen Zerlegung der Spektren ausgegangen<br />
werden. Bei 3 Mio Ereignissen im Spektrum bleibt dieser Wert nahezu konstant und verschiebt<br />
sich bei 6 Mio Ereignissen auf ca.1,6A10 9 s -1 , Abb. 2.8. In jedem Fall treten aber Lebensdaueranpassungen<br />
von J 3 auf, die, wie <strong>in</strong> Abb. 2.8 ersichtlich, z.T. erheblich von den<br />
simulierten Werten abweichen oder mit großen Fehlern behaftet s<strong>in</strong>d. Demgegenüber<br />
schwanken die angepaßten Werte für J 2 <strong>in</strong> wesentlich ger<strong>in</strong>gerem Maße, wenn sie auch dieselbe<br />
Tendenz der Abweichung zeigen wie die Werte von J 3. Die Werte für die Lebensdauer J 1<br />
und die mittlere Lebensdauer werden allerd<strong>in</strong>gs, wie schon bei den zweikomponentigen Spektren<br />
unter Punkt 2.2.2 der Fall, nahezu exakt gefunden.<br />
Falls das Auftreten e<strong>in</strong>es Defekttyps sicher und dessen Lebensdauer bekannt ist, kann man<br />
bei der numerischen Auswertung diese e<strong>in</strong>e Lebensdauer fixieren. Das führt, wie Abb. 2.9<br />
zeigt, zu e<strong>in</strong>er erheblichen Stabilisierung der Zerlegung. Schon bei 1,5 Mio Ereignissen je<br />
Spektrum werden die Spektren komplett richtig zerlegt. Die Auswertung ähnelt hier sehr stark<br />
der der zweikomponentigen Spektren im vorigen Abschnitt, die Streuungen <strong>in</strong> den angepaßten<br />
Lebensdauern und Intensitäten s<strong>in</strong>d nur um e<strong>in</strong> Ger<strong>in</strong>ges höher. Wie dort werden hier auch die<br />
Intensitäten mit größerer Genauigkeit bestimmt als die Lebensdauern. Die Varianzen der Zerlegungen<br />
als Maß für die Güte des Fits lagen durchgängig unter 1,2, im Mittel bei 1. Dabei<br />
wich die Varianz des frei dreikomponentigen Fits gegenüber der der dreikomponentigen Anpassung<br />
mit e<strong>in</strong>er fixierten Lebensdauer am selben Spektrum nur <strong>in</strong> der dritten Nachkommastelle<br />
ab. Dieses Ergebnis wurde erwartet, da die tatsächlich vorhandene Komponente fixiert<br />
war. Allerd<strong>in</strong>gs erschien diese exakt gleiche Varianz unter Beachtung der <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>kompo-
36<br />
Lebensdauer-Komponenten [ps]<br />
mittlere LD [ps]<br />
Lebensdauer-Komponenten [ps]<br />
Intensität I 2 [%]<br />
mittlere LD [ps]<br />
Intensitäten [%]<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
80 I<br />
2<br />
60<br />
I<br />
3<br />
40<br />
20<br />
0<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
τ 3 τ 2 τ 1<br />
10 9<br />
E<strong>in</strong>fangrate κ 1 [s -1 ]<br />
10 9<br />
E<strong>in</strong>fangrate κ [s<br />
1 -1 ]<br />
2 Simulationsuntersuchungen<br />
10 10<br />
2.7 Frei dreikomponentige Zerlegung<br />
dreikomponentiger Spektren, 1,5 Mio<br />
Ereignisse je Spektrum; gestrichelte<br />
L<strong>in</strong>ien: simulierte Werte<br />
τ 3 τ 2 τ 1<br />
10 10<br />
2.9 Dreikomponentige Zerlegung mit<br />
Fixierung, 1,5 Mio Ereignisse je<br />
Spektrum; gestrichelte L<strong>in</strong>ien: simulierte<br />
Werte<br />
I 2<br />
I 3<br />
Lebensdauer-Komponenten [ps]<br />
mittlere LD [ps]<br />
Intensitäten [%]<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
80 I<br />
2<br />
60<br />
I<br />
3<br />
40<br />
20<br />
0<br />
τ 3 τ 2 τ 1<br />
10 9<br />
E<strong>in</strong>fangrate κ 1 [s -1 ]<br />
10 10<br />
2.8 Frei dreikomponentige Zerlegung<br />
dreikomponentiger Spektren, 6 Mio<br />
Ereignisse je Spektrum; gestrichelte<br />
L<strong>in</strong>ien: simulierte Werte<br />
nentigen Spektren gefundenen Schwankungen<br />
nicht von vornhere<strong>in</strong> notwendig.<br />
Für den Fall falscher Modellwahl mit zu<br />
ger<strong>in</strong>ger Anzahl der Komponenten<br />
weichen, wie zu erwarten, die Ergebnisse<br />
von den simulierten Parametern mehr oder<br />
weniger ab, Abb. 2.10. Wie anzunehmen<br />
war, zeigt die Darstellung, daß die zweikomponentige<br />
Zerlegung ke<strong>in</strong>e der drei simulierten<br />
Lebensdauern sondern immer<br />
solche Werte anpaßt, die systematisch zwischen,<br />
aber nie über oder unten den tatsächlichen<br />
liegen. Die Zerlegung ist unabhängig<br />
von der Ereigniszahl, der Verlauf der dargestellten<br />
Werte ist für die drei Spektrenserien<br />
deckungsgleich. Lediglich die Varianzwerte<br />
steigen mit der Ereigniszahl. Die aus<br />
den angepaßten Werten für Intensität und
Lebensdauern errechnete mittlere Lebens<br />
dauer weist systematisch zu hohe Werte auf<br />
und weicht im Verlauf zu höheren E<strong>in</strong>fangraten<br />
stärker von der realen ab.<br />
Bei Materialien, deren Volumenlebensdauer<br />
bekannt ist, kann man mittels Formel<br />
(16), die aus den Meßwerten die Volumenlebensdauer<br />
berechnet, e<strong>in</strong>en Vergleich<br />
zum Experiment ziehen und damit zum<strong>in</strong>dest<br />
prüfen, daß die Modellwahl nicht<br />
falsch war. Wie der Verlauf der aus den<br />
angepaßten Werten errechneten Volumenlebensdauer<br />
im Abb. 2.10 erkennen läßt,<br />
gel<strong>in</strong>gt dies aber nur <strong>in</strong> bestimmten Bereichen.<br />
Kennt man die Volumenlebensdauer<br />
nicht oder nicht exakt, wie z.B. bei Legierungen<br />
unbekannter Herkunft, bleibt als<br />
Kriterium für die richtige Zerlegung e<strong>in</strong>es<br />
Spektrums nur die Varianz. Die <strong>in</strong> Abb.<br />
2.10 gezeichneten Varianzwerte s<strong>in</strong>d noch<br />
durch die statistische Streuung der Spektren<br />
bee<strong>in</strong>flußt. Wie aus Punkt 2.2.<br />
bekannt, sche<strong>in</strong>en manche Spektren trotz<br />
exakter Zerlegung schlecht angepaßt. Insofern<br />
muß zur Verifizierung statt des re<strong>in</strong>en<br />
Varianzwertes die Differenz der Varianzen<br />
2 Simulationsuntersuchungen 37<br />
Varianz<br />
mittlere LD und<br />
Volumen-LD [ps]<br />
LD-Komponenten [ps]<br />
Intensität I 2 [%]<br />
1,6<br />
1,4<br />
1,2<br />
1,0<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
6,0 Mio Ereign.<br />
3,0 Mio Ereign.<br />
1,5 Mio Ereign.<br />
τ berech<br />
berech<br />
τb τ 2<br />
τ 1<br />
10 9<br />
E<strong>in</strong>fangrate κ 1 [s -1 ]<br />
10 10<br />
2.10 Frei zweikomponentige Zerlegung<br />
dreikomponentiger Spektren, 1,5 Mio<br />
Ereignisse je Spektrum; gestrichelte L<strong>in</strong>ien:<br />
simulierte Werte<br />
bei unterschiedlicher Modellwahl herangezogen werden. Da sich die frei dreikomponentige<br />
Zerlegung und die dreikomponentige mit Fixierung <strong>in</strong> der Güte der Anpassung nicht unterscheiden,<br />
wurde im Abb. 2.11 die Differenz der Varianzen zwischen frei dreikomponentiger<br />
und zweikomponentiger Zerlegung dargestellt. Es ist augenfällig, daß bei den Spektren mit<br />
1,5 Mio Ereignissen wenig Unterschiede <strong>in</strong> den Varianzen bestehen. E<strong>in</strong>e signifikante Verschlechterung<br />
der Anpassung durch falsche Modellwahl läßt sich nur bei den Ereigniszahlen<br />
von 6,0 Mio im Bereich der E<strong>in</strong>fangrate von 2A10 9 bis 1,5A10 10 s -1 , hier e<strong>in</strong>er Intensität I 2 von<br />
ca. 35% bis 80% und e<strong>in</strong>em entsprechenden Lebensdauerwert der ersten Komponente J 1 zwischen<br />
30 ps und 66 ps, ablesen.<br />
Zusammenfassend muß festgestellt werden, daß aus den Zerlegungsdaten nur dann e<strong>in</strong>e<br />
Modellverifizierung möglich ist, wenn genügend viele Ereignisse im Spektrum vorhanden<br />
s<strong>in</strong>d. Zusätzlich muß der Abstand der vorkommenden Lebensdauern ausreichend groß se<strong>in</strong>.<br />
Für die <strong>in</strong> Abb. 2.7 gezeigten Spektren mit je 1,5 Mio Ereignissen, also die mit ger<strong>in</strong>gster<br />
Zerlegungsstabilität, wurden zur Überprüfung auch e<strong>in</strong>komponentige und vierkomponentige<br />
Auswertungen versucht, Abb. 2.12. Bei der e<strong>in</strong>komponentigen Zerlegung waren dabei neben<br />
den um ca. 10-15 ps zu hoch errechneten Lebensdauerwerten die Varianzen deutlich schlecht<br />
mit Werten bis zu 20. Zudem widerspiegelt der Verlauf der mittleren Lebensdauer nicht mehr<br />
die simulierte Systematik. Bei der versuchten vierkomponentigen Zerlegung der dreikompo-<br />
τ b
38<br />
nentigen Spektren zeigte sich die falsche<br />
Modellwahl <strong>in</strong> jeder e<strong>in</strong>zelnen<br />
Auswertung. Entweder wurden zwei Lebensdauern<br />
angepaßt, die nahe beie<strong>in</strong>ander<br />
und meist <strong>in</strong> der Nähe e<strong>in</strong>es simulierten<br />
Wertes lagen, häufig mit e<strong>in</strong>er negativen<br />
Intensität, oder e<strong>in</strong>e der vier Komponenten<br />
war mit sehr ger<strong>in</strong>ger Intensität errechnet<br />
und somit aus Schwankungen im Untergrund<br />
oder der dritten Quellkomponente<br />
künstlich erzeugt. Es traten also ke<strong>in</strong>e<br />
"Geisterkomponenten" auf, die nicht sofort<br />
als solche erkennbar waren. Die mittlere<br />
Lebensdauer wich aber nur unwesentlich<br />
mehr als <strong>in</strong> der dreikomponentigen Zerlegung<br />
vom simulierten Verlauf ab. Für e<strong>in</strong>e<br />
Auswertung e<strong>in</strong>es Spektrums mit unbekannter<br />
Komponentenzahl ergibt sich damit<br />
die Forderung, mit steigender Komponentenzahl<br />
immmer wieder auszuwerten,<br />
bis sich die mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
nicht mehr ändert, sondern die eben<br />
beschriebenen Effekte auftreten. Der physikalische<br />
S<strong>in</strong>n der so gefundenen Zerlegung<br />
ist aber ebenfalls zu verifizieren.<br />
2.2.4 Spektren <strong>in</strong> zfP-Geometrie<br />
2 Simulationsuntersuchungen<br />
Differenz der Varianzen (2k-3k)<br />
0,4<br />
0,3<br />
0,2<br />
0,1<br />
0,0<br />
6,0 Mio Ereign.<br />
3,0 Mio Ereign.<br />
1,5 Mio Ereign.<br />
10 9<br />
10 10<br />
E<strong>in</strong>fangrate κ [s<br />
1 -1 ]<br />
2.11 Differenz der Varianzwerte bei frei dreiund<br />
frei zweikomponentiger Auswertung<br />
dreikomponentiger Spektren<br />
mittlere Lebensdauer [ps]<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
10 9<br />
10 10<br />
E<strong>in</strong>fangrate κ [s<br />
1 -1 ]<br />
simuliert<br />
1k<br />
frei 2k<br />
frei 3k<br />
frei 4k<br />
2.12 mittlere Lebensdauern bei der Auswertung<br />
dreikomponentiger Spektren mit<br />
unterschiedlicher Komponentenzahl, 1,5<br />
Mio Ereignisse je Spektrum<br />
Für den Fall, daß zur experimentellen Untersuchung nur e<strong>in</strong>e Probe zur Verfügung steht, die<br />
nicht zerteilt werden darf, da sie noch für andere Untersuchungen benötigt wird, bzw. wenn <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er Probe e<strong>in</strong>e Ortsabhängigkeit der Parameter vermutet wird und festgestellt werden soll,<br />
bedarf es e<strong>in</strong>er anderen Geometrie im sogenannten "Sandwichaufbau" der Probe mit der Quelle.<br />
Die Quelle wird hierbei von e<strong>in</strong>em Referenzmaterial genau bekannten <strong>Annihilation</strong>sspektrums<br />
abgedeckt, um undef<strong>in</strong>ierte <strong>Annihilation</strong>en außerhalb des Probenvolumens auszuschließen.<br />
Dieser <strong>in</strong> der zerstörungsfreien Prüfung angewendete Aufbau wird hier mit zfP-Geometrie<br />
bezeichnet. Dabei ändert sich die Auswertung der Spektren gravierend, da jetzt über die<br />
Hälfte der <strong>Annihilation</strong>sereignisse nicht <strong>in</strong> der untersuchten Probe stattf<strong>in</strong>det. Das Verhältnis<br />
Probenanteil zu Quellanteil im Spektrum verschlechtert sich hierbei von ca. 7:1 auf ca. 1:1,2.
2.2.4.1 Zweikomponentige Spektren <strong>in</strong> zfP-Geometrie<br />
mittlere LD [ps]<br />
Lebensdauer-Komponenten [ps]<br />
Intensität I 2 [%]<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
10 8<br />
τ 2<br />
τ 1<br />
10 9<br />
E<strong>in</strong>fangrate κ [s -1 ]<br />
2 Simulationsuntersuchungen 39<br />
Um die Zerlegbarkeit der so gewonnenen Spektren beurteilen zu können, wurde die <strong>in</strong> Punkt<br />
2.3.2 simulierte Ausheilung von Versetzungen <strong>in</strong> Eisen verwendet. Dabei war das eigentliche<br />
Probenspektrum mit e<strong>in</strong>em Quellspektrum und e<strong>in</strong>em Referenzmaterialspektrum überlagert.<br />
In der Auswertung wurde dann der dreikomponentige Quellanteil und der Anteil des Referenzmaterials<br />
exakt abgezogen. Um den E<strong>in</strong>fluß der Lebensdauer des Referenzmaterials zu<br />
überprüfen, erfolgte die Simulation mit Referenzmaterialien unterschiedlicher Volumenlebensdauer.<br />
Die vier e<strong>in</strong>gesetzten Werte waren 104 ps, 165ps, 230 ps, 280 ps, jeweils defektfreiem<br />
Eisen, Alum<strong>in</strong>ium, Galliumarsenid und Cadmiumtellurid entsprechend. Je Gesamtspektrum<br />
wurden 6 Mio Ereignisse summiert. Davon bleiben ca. 2,5 Mio im re<strong>in</strong>en Nutzspektrum,<br />
nachdem die Quell-, Referenz- und Untergrundanteile abgezogen wurden.<br />
Ergebnisse<br />
Wie Abb. 2.13 zeigt, ist für e<strong>in</strong>e Volumenlebensdauer der Referenz von 104 ps die Zerlegung<br />
bei kle<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fangraten wenig stabil, die Fehlerbalken s<strong>in</strong>d sehr groß. Bei E<strong>in</strong>fangraten 6 ><br />
10 10<br />
2.13 Zerlegung simulierter zweikomponentiger<br />
Spektren bei Sandwichanordnung<br />
mit Referenzmaterial (zfP-Geometrie),<br />
Lebensdauer des Referenzmaterials =<br />
104 ps; gestrichelte L<strong>in</strong>ien: simulierte<br />
Werte<br />
mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> [ps]<br />
200<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
10 8<br />
τ b der Referenz:<br />
+ 60 ps<br />
+ 40 ps<br />
+ 20 ps<br />
280 ps (CdTe)<br />
230 ps (GaAs)<br />
165 ps (Al)<br />
104 ps (Fe)<br />
10 9<br />
E<strong>in</strong>fangrate κ [s -1 ]<br />
10 10<br />
2.14 Abhängigkeit der angepaßten mittleren<br />
Lebensdauer bei zweikomponentigen<br />
Spektren <strong>in</strong> zfP-Geometrie von der<br />
Lebensdauer des Referenzmaterials;<br />
gestrichelte L<strong>in</strong>ien: simulierte Werte
40<br />
2 Simulationsuntersuchungen<br />
10 9 s -1 werden die Spektren richtig zerlegt, wenngleich mit stärkerer Streuung als die Spektren<br />
mit nur 1,5 Mio Ereignissen <strong>in</strong> Punkt 2.2.2.2, die nur ca. die Hälfte der nutzbaren Ereignisse<br />
besitzen. Bei Referenzmaterialien höherer <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> wird die Zerlegung zunehmend<br />
<strong>in</strong>stabil, d.h., die angepaßten Lebensdauern weichen systematisch zu höheren Werten ab<br />
und streuen stärker als bei dem Beispiel <strong>in</strong> Abb. 2.13. Abb. 2.14 zeigt, daß auch die mittlere<br />
Lebensdauer, die bei allen bisherigen Simulationen nur statistisch um den simulierten Wert<br />
streute, systematisch zu höheren Werten abweicht.<br />
2.2.4.2 Dreikomponentige Spektren <strong>in</strong> zfP-Geometrie<br />
Um Kenntnis über die Stabilität der Zerlegung dreikomponentiger Spektren mit Referenzmaterial<br />
zu erhalten, wurden entsprechende Simulationen durchgeführt. Das Feld erwies sich<br />
aber als äußerst komplex und aufwendig zu bearbeiten und konnte im Rahmen dieser Arbeit<br />
ke<strong>in</strong>er befriedigenden Lösung zugeführt werden. E<strong>in</strong> <strong>in</strong>teressantes Teilergebnis soll aber vorgestellt<br />
werden:<br />
Das Nutzspektrum: J 1 = 72 ps, J 2 = 145 ps, J 3 = 250 ps, mit den zugehörigen Intensitäten<br />
I 1 = 50%, I 2 = 35%, I 3 = 15%, Eisen mit Versetzungen und Leerstellenclustern entsprechend,<br />
wurde mit e<strong>in</strong>em Quell- und je e<strong>in</strong>em Referenzanteil von Eisen bzw. GaAs überlagert. Die<br />
E<strong>in</strong>gangsparameter wurden wieder exakt <strong>in</strong> der Auswertung verwendet. Das Spektrum wurde<br />
mit steigenden Ereigniszahlen jeweils mehrfach simuliert und ausgewertet, um statistische<br />
Schwankungen auszugleichen. Dabei zeigte sich, daß die Zerlegung der mit Eisen als Referenz<br />
überlagerten Spektren ab 12 Mio Ereignissen je Gesamtspektrum recht stabil war. Bei<br />
ger<strong>in</strong>geren Ereigniszahlen war die Zerlegung nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Fällen richtig.<br />
Dazu gegensätzlich war die Zerlegung der Spektren mit GaAs als Referenzmaterial. Hier<br />
konnte selbst bei 48 Mio Ereignissen je Spektrum ke<strong>in</strong>e Stabilisierung der Zerlegung gefunden<br />
werden. Selbst bei richtiger Zerlegung waren die vom Auswerteprogramm angegebenen<br />
systematischen Fehler der Intensitäten meist dreifach zu denen der mit Eisen simulierten<br />
Spektren und häufig von gleicher Größe wie die Intensität selbst. Die Varianzen waren trotz<br />
falscher Zerlegung meist kle<strong>in</strong>er 1,1.<br />
Die Kenntnis dieser systematischen Fehler <strong>in</strong> der Spektrenzerlegung, wo die E<strong>in</strong>gangsparameter<br />
exakt bekannt s<strong>in</strong>d und <strong>in</strong> der Auswertung auch verwendet werden, gebietet, im Experiment<br />
auf die Verwendung von Referenzmaterialien hoher Volumenlebensdauer zu verzichten,<br />
auch wenn diese Halbleiter wie GaAs oder Si sehr re<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d und e<strong>in</strong>e Veränderung ihrer<br />
Defektdichte bspw. durch mechanische Belastung auf Grund ihrer Sprödheit ausgeschlossen<br />
ist. Bei Untersuchung von Eisenwerkstoffen spricht noch e<strong>in</strong> weiterer Grund gegen Halbleiter<br />
als Referenzmaterial. Durch die dann unterschiedliche Atomladungszahl von Probe und Referenz<br />
ist der Anteil der <strong>in</strong> die Quelle rückgestreuten <strong>Positron</strong>en unterschiedlich. Es kann also<br />
der Spektrenanteil von Probe zu Referenzmaterial nicht von vornhere<strong>in</strong> mit 1:1 oder e<strong>in</strong>em<br />
sehr ähnlichen Verhältnis angenommen werden, wie es bei niedrig legierten Stählen mit Eisen<br />
als Referenz möglich ist. Der Spektrenanteil des Referenzmaterials muß bei Halbleitern im<br />
Labor per Fit ermittelt werden und ist damit stärker fehlerbehaftet.<br />
Insgesamt ist bei e<strong>in</strong>er Zerlegung von Spektren kritische Distanz geboten, wenn sie, wie<br />
eben beschrieben, <strong>in</strong> zfP-Geometrie, d.h. bei Verfügbarkeit von lediglich e<strong>in</strong>er Probe durch
2 Simulationsuntersuchungen 41<br />
Abdecken der Quelle mit e<strong>in</strong>em Referenzmaterial, gewonnen werden. Wird nur die mittlere<br />
Lebensdauer für die Auswertung verwendet, ist die Stabilität bedeutend höher, besonders<br />
wenn Änderungen der mittleren Lebensdauer detektiert werden. Selbst bei falscher Modellwahl,<br />
wenn zum Beispiel <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dreikomponentigen Spektrum nur zwei Lebensdauern mit<br />
merklicher Intensität angepaßt werden, lassen sich Änderungen von ca. 5 ps <strong>in</strong> der mittleren<br />
Lebensdauer gut und systematisch richtig detektieren. Das gilt nicht mehr für fast vollständigen<br />
E<strong>in</strong>fang. Bei vollständigem E<strong>in</strong>fang ist abhängig von der Differenz der Lebensdauerwerte<br />
die Zerlegung wieder stabilisiert. Die Varianz kann nicht mehr als Maß für die Richtigkeit<br />
e<strong>in</strong>er Zerlegung angesehen werden.<br />
2.3 Zusammenfassung zu den Simulationsuntersuchungen<br />
Unter Verwendung des <strong>in</strong> [Eich93] angegebenen Programms zur Monte-Carlo-Simulation war<br />
es möglich, e<strong>in</strong>e adäquate Beschreibung der experimentellen Gegebenheiten vorzunehmen. Es<br />
erwies sich, daß es für das verwendete Spektrometer mit Plastsz<strong>in</strong>tillatoren ausreichend ist,<br />
e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zelne Gaußkurve als Auflösungsfunktion anzunehmen. Von den vier für die Spektrometerbeschreibung<br />
signifikanten Parametern J2, FWHM, t 0-Kanal und Varianz s<strong>in</strong>d FWHM<br />
und J2 vone<strong>in</strong>ander l<strong>in</strong>ear abhängig, alle anderen paarweise unabhängig.<br />
Für e<strong>in</strong>e sichere Zerlegung zweikomponentiger Spektren s<strong>in</strong>d m<strong>in</strong>destens 3 Mio E<strong>in</strong>zelereignisse<br />
je Spektrum notwendig. Im Gegensatz zur verbreiteten Me<strong>in</strong>ung lassen sich Lebensdauern<br />
anpassen, die nur ca. 1/8 bis 1/10 der FWHM betragen müssen, wenn sie größer<br />
als die Kanalbreite s<strong>in</strong>d. Zwei Lebensdauerkomponenten lassen sich umso besser trennen, je<br />
größer ihre Differenz ist, die Zerlegbarkeit wird besser bei s<strong>in</strong>kender Halbwertsbreite FWHM<br />
der Auflösungsfunktion und steigender Anzahl der Ereignisse im Spektrum.<br />
Lebensdauerkomponenten mit weniger als 50 ps Differenz lassen sich selbst bei idealen Bed<strong>in</strong>gungen<br />
kaum noch vone<strong>in</strong>ander separieren.<br />
Bei der zweikomponentigen Zerlegung dreikomponentiger Spektren werden durchgängig<br />
falsche Lebensdauern angepaßt, die daraus errechnete mittlere Lebensdauer liegt systematisch<br />
zu hoch. Die falsche Modellwahl kann aber nur dann an e<strong>in</strong>er erhöhten Varianz abgelesen<br />
werden, wenn hohe Ereigniszahlen von ca. 6 Mio je Spektrum gemessen werden. Bei zu hoher<br />
Komponentenzahl <strong>in</strong> der Anpassung wird die falsche Modellwahl sofort <strong>in</strong> der Zerlegung<br />
deutlich, die mittlere Lebensdauer stimmt aber mit dem simulierten Wert übere<strong>in</strong>.<br />
Zur gleich guten Zerlegung von Spektren, die <strong>in</strong> zfP-Geometrie gemessen wurden, ist e<strong>in</strong>e<br />
Verdoppelung der Ereigniszahlen im Nutzspektrum gegenüber den Spektren erforderlich, die<br />
im normalen Sandwichaufbau Probe-Quelle-Probe gemessen werden. Es sollten also üblicherweise<br />
6 Mio Ereignisse <strong>in</strong> Nutzspektrum vorhanden se<strong>in</strong>. Auf die Verwendung von Materialien<br />
hoher Lebensdauer als Abdeckung für die Quelle sollte aus Gründen der Zerlegungssicherheit<br />
verzichtet werden.
42<br />
3 Schädigung durch Zugspannung<br />
3 Schädigung durch Zugspannung<br />
3.1 Materialverhalten unter e<strong>in</strong>s<strong>in</strong>niger Dehnung<br />
Wird e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>kristall bei ger<strong>in</strong>ger homologer Temperatur T/T M im Zugversuch verformt, f<strong>in</strong>det<br />
man e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche Zunahme der Spannung mit der Abgleitung.<br />
Ist der E<strong>in</strong>kristall so orientiert, daß zunächst nur e<strong>in</strong> Gleitsystem betätigt wird, läßt sich<br />
diese Verfestigungskurve <strong>in</strong> drei typische Bereiche unterteilen. Im ersten Teil, Bereich I genannt,<br />
wird, nach kurzem elastischen Bereich, e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Ansteigen der Spannung mit der<br />
Abgleitung gefunden. In diesem Fall gleiten die Versetzungen im sogenannten Hauptgleitsystem,<br />
für das die Schubspannung J am höchsten ist. Ist dieses erschöpft, erreicht durch das<br />
Ansteigen der äußeren Spannung F auch die Schubspannung J * Werte, bei denen sekundäre<br />
Gleitsysteme wirksam werden können. Die Versetzungsdichte steigt durch Multiplikation<br />
stark an, aber durch Reaktionen von Versetzungen aus sich schneidenden Gleitebenenen entstehen<br />
unbewegliche Lomer- oder Lomer-Cottrell-Versetzungen, die das weitere Versetzungsgleiten<br />
stark beh<strong>in</strong>dern. Äußerlich macht sich diese Reaktion durch e<strong>in</strong> l<strong>in</strong>eares Ansteigen<br />
der Spannung mit der Abgleitung bemerkbar. Dieser Anstieg ist jedoch wesentlich stärker<br />
als im Bereich I, d.h., die Verfestigung im Bereich II ist erheblich höher.<br />
Bei noch höherer Abgleitung und damit auch größerer Spannung macht sich im Bereich<br />
III dynamische Erholung bemerkbar. Hier annihilieren Versetzungen mit antiparallelem Burgersvektor<br />
und bauen so <strong>in</strong>nere Spannungen ab. Der Prozeß wird ermöglicht, <strong>in</strong>dem bei steigender<br />
Spannung aufgespaltene und damit unbewegliche Schraubenversetzungen e<strong>in</strong>schnüren<br />
können, wobei die Versetzung auf e<strong>in</strong>e Quergleitebene übergeht, <strong>in</strong> der sie wieder beweglich<br />
ist. Außerdem können Stufenversetzungen durch Klettern annihilieren, da die dazu nötigen<br />
Leerstellen oder Zwischengitteratome z.B. durch K<strong>in</strong>kenbewegung unter der e<strong>in</strong>geprägten<br />
Spannung entstehen. Damit wird der weiteren<br />
Verfestigung <strong>in</strong> bestimmtem Maß entgegenge-<br />
wirkt, die Schubspannung steigt mit weiterer<br />
Abgleitung langsamer an.<br />
Im Polykristall mit statistisch verteilter<br />
Kornorientierung muß für e<strong>in</strong>e Beschreibung<br />
der Spannungs-Dehnungs-Beziehung über alle<br />
Körner gemittelt werden. E<strong>in</strong> Bereich I wird<br />
nicht beobachtet, da die Bewegung der Versetzungen<br />
<strong>in</strong>nerhalb der günstig orientierten Körner<br />
durch die Korngrenzen beh<strong>in</strong>dert wird und<br />
nicht durch den gesamten Polykristall stattf<strong>in</strong>den<br />
kann, Abb. 3.1. Also werden sofort mehrere<br />
Gleitsysteme betätigt. Die Bereiche II und III<br />
werden aber trotzdem gefunden, da nach der<br />
oben beschriebenen Erzeugung von Gleith<strong>in</strong>dernissen,<br />
diese, bei mittleren Korndurchmesser ><br />
10 :m, wesentlich dichter als die Korngrenzen<br />
liegen und jene <strong>in</strong>sofern nicht die Limitierung<br />
für die Versetzungsbewegung darstellen.<br />
Schubspannung<br />
I<br />
II<br />
III<br />
Abgleitung<br />
3.1 Zusammenhang zwischen Abgleitung<br />
und Spannung <strong>in</strong> E<strong>in</strong>- und Polykristallen<br />
nach [Haa82.12]<br />
PK<br />
EK
3 Schädigung durch Zugspannung 43<br />
Der Prozeß der dynamischen Erholung kann auch thermisch <strong>in</strong>duziert werden. Mit steigender<br />
Temperatur erhöht sich der Diffusionskoeffizient für Leerstellen gemäß<br />
[Haa82.8], E LD - Leerstellenaktivierungsenergie (= Leerstellenbildungsenergie + Leerstellenwanderungsenergie),<br />
exponentiell. Der Kletterprozeß von Stufenversetzungen wird dadurch<br />
erheblich beschleunigt. Abhängig von der Temperatur verschiebt sich der Beg<strong>in</strong>n des Bereiches<br />
III <strong>in</strong>sofern zu ger<strong>in</strong>geren Abgleitungs- und Spannungswerten. Z.B. gilt nach [Haa82.12]<br />
<strong>in</strong> E<strong>in</strong>kristallen:<br />
d.h., die Spannung bei der Bereich III beg<strong>in</strong>nt, nimmt exponentiell mit der Temperatur ab.<br />
3.2 POLIS-Parameter bei sukzessiver Dehnung<br />
3.2.1 Proben und Experimente<br />
Für die hier beschriebenen Experimente<br />
wurden Flachzugproben<br />
nach DIN 50114 verwendet.<br />
Abb. 3.2 zeigt deren<br />
Gestalt. Es kamen sieben verschiedene<br />
Metallegierungen<br />
zum E<strong>in</strong>satz, die vor Beg<strong>in</strong>n<br />
der Experimente zur Defektausheilung<br />
geglüht wurden.<br />
3.2 Gestalt der Flachzugproben (DIN50114)<br />
Der Ausheilprozeß erfolgte im Vakuum, um E<strong>in</strong>flüsse von Umgebungsgasen während des<br />
Glühprozesses auszuschließen.<br />
In Tabelle 3.1 s<strong>in</strong>d die Materialien und deren Parameter der Wärmebehandlung zusammengestellt.<br />
Die Auswahl der Werkstoffe sowie die Wärmebehandlung erfolgte <strong>in</strong> Kooperation<br />
mit dem Institut für Werkstofftechnik und Werkstoffprüfung der TU Magdeburg. Die Zusammenstellung<br />
wurde bewußt derart heterogen gewählt, um die Breite der Nachweismöglichkeiten<br />
durch die POLIS zu dokumentieren.<br />
E<strong>in</strong>e Besonderheit stellt die Abschreckung der Chrom-Nickel-Stähle dar, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er abgepumpten<br />
und zugeschmolzenen Quarzglasampulle geglüht wurden. Diese Ampulle wurde<br />
anschließend sehr schnell <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Becken mit Wasser gebracht und unter Wasser zerbrochen.<br />
So wurde die für die E<strong>in</strong>stellung des austenitischen Gefüges notwendige extrem schnelle Abkühlung<br />
trotz Ausschluß von reaktiven Gasen gewährleistet.<br />
(31)<br />
(32)
44<br />
3 Schädigung durch Zugspannung<br />
Tabelle 3.1: untersuchte Werkstoffe und deren Wärmebehandlung<br />
Werkstoff Glühtemperatur Haltezeit (m<strong>in</strong>) Abkühlung<br />
Fe (re<strong>in</strong>st) 700/C 30 im Ofen, t > 4h<br />
Armco 700/C 30 im Ofen, t > 4h<br />
C15 700/C 30 im Ofen, t > 4h<br />
FeCr (11% Cr) 950/C 20 im Ofen, t > 4h<br />
FeCr (15% Cr) 950/C 20 im Ofen, t > 4h<br />
X12CrNi18.8 1100/C 30 abgeschreckt<br />
X5CrNi18.8 1100/C 30 abgeschreckt<br />
Die Zugexperimente wurden von Herrn T. Anhofer an der TU Magdeburg durchgeführt,<br />
[Anh92], die untersuchten Legierungen wurden vom Institut für Werkstofftechnik und Werkstoffprüfung<br />
der TU Magdeburg zur Verfügung gestellt. Von jedem Werkstoff waren drei<br />
Proben gefertigt worden, die identisch vorbehandelt wurden. Zunächst wurde die Spannungs-<br />
Dehnungskurve bis zum Zerriß nach DIN 50145 an je e<strong>in</strong>er Probe aufgenommen. Beide verbleibende<br />
Proben jeden Materials wurden anschließend jeweils gleichzeitig <strong>in</strong> die Zugprüfmasch<strong>in</strong>e<br />
e<strong>in</strong>gespannt und gleichzeitig belastet, so daß für beide Proben identische Bed<strong>in</strong>gungen<br />
herrschten. Aus der vorher vermessenen Spannungs-Dehnungs-Kurve wurden die Spannungswerte<br />
für 80% und 100% l<strong>in</strong>ear-elastische Dehnung (Hookescher Bereich) sowie 10%,<br />
20%, 50% und 80% der Bruchdehnung ermittelt. Da nicht geplant war, mechanische Kennwerte<br />
von den Werkstoffen zu ermitteln, erfolgte e<strong>in</strong> technischer Zugversuch, bei dem die<br />
Querkontraktion nicht mit gemessen wurde. Insofern s<strong>in</strong>d alle hier verwendeten Spannungswerte<br />
auf den Ausgangsquerschnitt bezogen.<br />
Die Untersuchung der Abhängigkeit der POLIS-Parameter von der Zugspannung erfolgte<br />
Schritt für Schritt, d.h., nach jeder applizierten Spannung wurden die Proben wieder entlastet<br />
und im entlasteten Zustand vermessen. Insofern werden nur bleibende Gefügeveränderungen<br />
erfaßt und nicht auch noch durch anliegende Zugspannung temporär <strong>in</strong>duzierte, die besonders<br />
im elastischen Bereich E<strong>in</strong>fluß haben könnten.<br />
3.2.2 Verteilung der Defekte <strong>in</strong> den Proben<br />
Im Verhältnis zur Probengröße war die Messung quasi punktförmig. Um sicher zu se<strong>in</strong>, daß<br />
die so gewonnenen Ergebnisse signifikant für die gesamte Probe s<strong>in</strong>d, wurde an e<strong>in</strong>em ausgewählten<br />
Probenpaar, hier Re<strong>in</strong>steisen, die Verteilung der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> <strong>in</strong><br />
Abhängigkeit vom Ort untersucht. Dazu wurden entlang der Mittell<strong>in</strong>ie der Probe acht äquidistante<br />
Meßpunkte festgelegt. Außerdem wurden an e<strong>in</strong>em der mittleren Meßpunkte, senkrecht<br />
zur Mittell<strong>in</strong>ie, beidseitig äquidistant je zwei Punkte vermessen. Abb. 3.3 zeigt die Lage
3 Schädigung durch Zugspannung 45<br />
der auf der Probenoberfläche kreuzweise angeordneten Meßpunkte sowie die zugehörigen<br />
Werte von J2. Die Lage der Quelle auf der Probenoberfläche war mit e<strong>in</strong>er Genauigkeit < 1<br />
mm reproduzierbar. Bei e<strong>in</strong>em Durchmesser des aktiven Bereiches der Quelle von 2-3 mm<br />
kann also davon ausgegangen werden, daß immer dasselbe Probenvolumen analysiert wurde.<br />
Es zeigt sich, daß die Verteilung der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> im Rahmen der<br />
Meßfehler bis 20% Bruchdehnung homogen ist. Der e<strong>in</strong>zige Punkt, wo diese Homogenität<br />
bei weiterer Zugbelastung unterbrochen ist, war der, an dem die Probe schließlich zerriß. Hier<br />
war ab 50% Bruchdehnung, dem erstmaligen Auftreten der Inhomogenität <strong>in</strong> J2, die Probe<br />
auch gegenüber den anderen Bereichen e<strong>in</strong>geschnürt und offensichtlich stärker verformt.<br />
Bei beiden Proben des Paares erfolgte die E<strong>in</strong>schnürung im selben Bereich der Probe. Es<br />
kann nicht e<strong>in</strong>geschätzt werden, ob das e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>fluß der Zugprüfmasch<strong>in</strong>e oder zufälliger Natur<br />
ist. Jedenfalls war es auf diese Weise möglich, die Messungen weiterzuführen, ohne die<br />
Lage der beiden Proben während den Messungen gegene<strong>in</strong>ander verändern zu müssen, um<br />
die am stärksten deformierten Bereiche gegene<strong>in</strong>ander vermessen zu können. Aus diesem<br />
Ergebnis läßt sich ableiten, daß es ausreichend ist, e<strong>in</strong>en Punkt der Probe zu vermessen, um<br />
den Defektzustand zu ermitteln.<br />
In Abb. 3.3 ist, im Rahmen der Meßgenauigkeit und der gewählten Punktdichte, auch<br />
nach dem Bruch ke<strong>in</strong> deutlicher Gradient der Schädigung <strong>in</strong> Richtung Bruchzone feststellbar.<br />
3.3 Verteilung der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>s<strong>in</strong>nig verformten<br />
Re<strong>in</strong>steisen-Flachzugproben
46<br />
3 Schädigung durch Zugspannung<br />
3.2.3 Verhalten unter wachsender Spannung<br />
3.2.3.1 Re<strong>in</strong>steisen<br />
Die mittlere Lebensdauer der <strong>Positron</strong>en<br />
steigt mit wachsender Dehnung wie zu erwarten<br />
an. Der merklichste Anstieg geht bis<br />
20% Bruchdehnung vor sich, bis 80%<br />
Bruchdehnung wird dagegen nur noch e<strong>in</strong>e<br />
ger<strong>in</strong>ge weitere Erhöhung von J2 beobachtet<br />
(die Fehlerbalken von J2 s<strong>in</strong>d kle<strong>in</strong>er als die<br />
Symbolgröße). Überraschenderweise fällt<br />
danach die mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
zum Zerriß wieder deutlich ab, Abb.3.4.<br />
Die Spektren wurden zwei- oder dreikomponentig<br />
angepaßt. Die dreikomponentige<br />
Anpassung erfolgte mit Fixierung der zweiten<br />
Lebensdauer bei 160 ps zur Stabilisierung<br />
der Auswertung. Diese Fixierung ist<br />
auf Grund der Werte, die im frei zweikomponentigen<br />
Fit bei 20%, 50% und 80%<br />
Bruchdehnung gefunden wurden, gerechtfertigt.<br />
Im Gegensatz zur Schädigung durch<br />
3.4 POLIS-Parameter <strong>in</strong> Re<strong>in</strong>steisen bei sukzessiver<br />
Dehnung<br />
sukzessive Walzverformung [Som95], bei der die Meßergebnisse gut mit dem Trapp<strong>in</strong>gmodell<br />
übere<strong>in</strong>stimmen, f<strong>in</strong>det sich hier <strong>in</strong> der Zerlegung der Spektren nach bis zu 10% Bruchdehnung<br />
e<strong>in</strong>e Komponente mit e<strong>in</strong>er Lebensdauer von ca. 95...110 ps, deren Intensität kont<strong>in</strong>uierlich<br />
abnimmt. Dieser Wert ist typisch für defektfreies (J b = 104-108 ps, [Schae87])<br />
bzw., als reduzierte Volumenlebensdauer J 1 < J b, für defektarmes Material und dürfte nach<br />
dem Trapp<strong>in</strong>gmodell bei homogener Defektverteilung bei der gemessenen mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
so nicht auftreten: Für den Fall homogener Defektverteilung müßte für die<br />
vorliegenden Defektkomponenten die reduzierte Volumenlebensdauer bei ca. 50 ps liegen,<br />
ihre Intensität bei ca. 60% und wäre damit <strong>in</strong> jedem Fall nachweisbar, e<strong>in</strong>e falsche Zerlegung<br />
der Spektren kann <strong>in</strong>sofern ausgeschlossen werden. Die beiden anderen Lebensdauerkomponenten<br />
(J 2 und J 3) lassen sich Versetzungen und kle<strong>in</strong>en Leerstellenclustern zuordnen. Die<br />
Intensität der Leerstellenclusterkomponente nimmt bis 10% Bruchdehnung zu und zeigt die<br />
Neubildung von Leerstellenclustern während der Zugbelastung an. Obwohl diese Intensität<br />
nachfolgend wieder abfällt, kann nicht auf e<strong>in</strong>e Reduzierung der Dichte der Leerstellencluster<br />
geschlossen werden, da ab 20% Bruchdehnung alle <strong>Positron</strong>en <strong>in</strong> Defekte e<strong>in</strong>gefangen werden<br />
und damit die Intensität nur noch e<strong>in</strong> Maß für das Verhältnis der Defekte<strong>in</strong>fangraten bzw.<br />
Defektdichten untere<strong>in</strong>ander darstellt, siehe Gl. (18a).<br />
Der Unterschied der Defekterzeugung bei Walzen und Ziehen und damit die Konstanz der<br />
Lebensdauer der ersten Komponente im vorliegenden Fall ist leicht erklärlich, wenn man annimmt,<br />
daß beim Walzen, wo e<strong>in</strong>e Verformungsfläche normal zur Walzrichtung durch den
3 Schädigung durch Zugspannung 47<br />
gesamten Festkörper läuft, alle oder nahezu alle Kristallite des Polykristalls von der Verformung<br />
erfaßt werden. Beim Ziehen werden aufgrund des Zusammenhaltes des Kornverbundes<br />
zwar alle Körner deformiert, allerd<strong>in</strong>gs lagern sich die auf Grund dessen "geometrisch notwendigen"<br />
[Ash70] Versetzungen hauptsächlich an den Korngrenzen an [Haa82.12], während<br />
im Korn<strong>in</strong>neren zunächst nur <strong>in</strong> zur Zugrichtung kristallographisch günstig orientierten Körnern<br />
die easy-glide Systeme und sekundären Gleitsysteme betätigt werden, also e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>homogene<br />
Verteilung der Versetzungen entsteht. Da im vorliegenden Fall die mittlere Diffusionsweglänge<br />
der <strong>Positron</strong>en erheblich kle<strong>in</strong>er als die Korngröße ist, liefern die an den Korngrenzen<br />
aufgestauten Versetzungen ke<strong>in</strong> merkliches Signal, sondern nur die im Korn<strong>in</strong>neren verteilten.<br />
In den günstig orientierten Körnern werden bereits bei Spannungen im makroskopisch<br />
elastischen Bereich Versetzungen erzeugt, woh<strong>in</strong>gegen ungünstig orientierte Körner offensichtlich<br />
bis <strong>in</strong> den makroskopisch plastischen Bereich (10% Bruchdehnung) ungeschädigt<br />
bleiben. Wenn nun nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Teil des Gesamtmaterials die Dehnung abläuft, s<strong>in</strong>d die betreffenden<br />
Kristallite sicher sehr bald mit so vielen Versetzungen gefüllt (n d $ 5A10 10 cm -2 ,<br />
vgl. 2.2.2.2), daß die <strong>Positron</strong>en hier<strong>in</strong> vollständig e<strong>in</strong>gefangen werden, oder die reduzierte<br />
Volumenlebensdauer nicht mehr aus dem Gesamtspektrum separiert werden kann. In den ungünstig<br />
orientierten Kristalliten steigt dagegen die Versetzungsdichte nicht an, bis die effektive<br />
Zugspannung durch steigende äußere Spannung und Drehung der Körner auf Grund der<br />
Dehnung und damit auch Umorientierung soweit erhöht ist, daß sie e<strong>in</strong> Gleitsystem betätigen<br />
kann. Damit ergibt sich für die POLIS e<strong>in</strong> additiv zusammengesetztes Spektrum aus Bereichen<br />
wenig oder nicht geschädigten Materials und solchen mit vollständigem E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong> Versetzungen<br />
und Leerstellenclustern.<br />
Bei 20% Bruchdehnung ist ke<strong>in</strong> Signal aus ungeschädigtem Material mehr vorhanden, das<br />
Material ist, verglichen mit der mittleren Diffusionsweglänge der <strong>Positron</strong>en von ca. 200 nm,<br />
für diese vollständig mit Defekten gesättigt. Aus dem Vergleich der Simulationen <strong>in</strong> Kap.<br />
2.2.3 und der Abschätzung <strong>in</strong> Gl. (21) lassen sich die M<strong>in</strong>destdefektdichten der beiden hier<br />
ermittelten Defekttypen für den vollständigen E<strong>in</strong>fang mit n d > 9A10 10 cm -2 für Versetzungen<br />
und n cl > 2A10 -6 pro Atom für Leerstellencluster angeben. Die ger<strong>in</strong>gfügige Zunahme der mittleren<br />
<strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> von 20% auf 80% Bruchdehnung zeigt e<strong>in</strong>e Verschiebung im<br />
Verhältnis der Defektdichte von Versetzungen zu der von Leerstellenclustern zugunsten der<br />
Leerstellencluster auf. D.h., bei weiterer Dehnung werden weiterh<strong>in</strong>, wahrsche<strong>in</strong>lich durch<br />
Versetzungsschneidprozesse, Leerstellencluster erzeugt, während die Versetzungsdichte auf<br />
Grund der dynamischen Erholung nicht mehr ansteigt. Beim abschließenden Zerriß tritt wieder<br />
e<strong>in</strong>e deutliche Komponente mit ca. 100 ps Lebensdauer auf, gleichzeitig s<strong>in</strong>kt die Intensität<br />
der Versetzungskomponente erheblich ab. Es müssen also e<strong>in</strong>ige Bereiche des Materials<br />
soweit dynamisch erholt se<strong>in</strong>, daß ihre Versetzungsdichte kle<strong>in</strong>er als die für e<strong>in</strong>en sicheren<br />
Nachweis nötige von 10 9 cm -2 ist.<br />
3.2.3.2 Armco-Eisen<br />
Im Gegensatz zum Re<strong>in</strong>steisen sche<strong>in</strong>t das Ausgangsmaterial nicht vollständig ausgeheilt, es<br />
wird e<strong>in</strong>e Leerstellenclusterkomponente mit ger<strong>in</strong>ger Intensität, I 3 = 2%, gefunden, Abb.3.5.<br />
Im Schliffbild zeigt sich e<strong>in</strong> fe<strong>in</strong>körniges Gefüge mit mittleren Korndurchmessern von ca. 10
48<br />
3 Schädigung durch Zugspannung<br />
:m. In [Hüb95] berechnen die Autoren mit-tels<br />
Monte-Carlo-Simulation <strong>in</strong> Abhängigkeit von<br />
Partikelgröße und Defekte<strong>in</strong>fangrate den Anteil<br />
der <strong>Positron</strong>en, die die Kornoberfläche erreichen.<br />
Für 8 :m Partikelgröße werden bei E<strong>in</strong>fangraten<br />
6 < 2A10 9 s -1 3% <strong>Positron</strong>en an den<br />
Korngrenzen e<strong>in</strong>gefangen, bei 4 :m Korngröße<br />
schon 6%... 7%. In [Sta95] wird gezeigt, daß<br />
die an Großw<strong>in</strong>kelkorngrenzen e<strong>in</strong>gefangenen<br />
und annihilierten <strong>Positron</strong>en e<strong>in</strong>e Lebensdauer<br />
wie <strong>in</strong> Leerstellenclustern besitzen. Für den<br />
vorliegenden Fall kann also davon ausgegangen<br />
werden, daß die im Ausgangsmaterial vorhandene<br />
Leerstellenclusterkomponente durch <strong>Positron</strong>ene<strong>in</strong>fang<br />
an Korngrenzen verursacht ist,<br />
da Leerstellencluster im Volumen bei ca.<br />
200/C...300/C ausheilen [Veh82].<br />
Das Armco-Eisen verhält sich bis 20%<br />
Bruchdehnung dem Re<strong>in</strong>steisen qualitativ ähnlich,<br />
Abb. 3.5. Die Intensität der Leerstellenclusterkomponente<br />
steigt ger<strong>in</strong>gfügig, die der<br />
Versetzungskomponente stark an, die Lebens-<br />
3.5 POLIS-Parameter <strong>in</strong> Armco-Eisen bei<br />
sukzessiver Dehnung<br />
dauern der Komponenten ändern sich nicht. E<strong>in</strong>e Analyse des Schliffbildes nach Zerriß zeigt,<br />
daß sich die mittlere Korngröße nicht geändert hat; Es werden also während der Deformation<br />
Leerstellencluster im Korn<strong>in</strong>neren erzeugt, die e<strong>in</strong> zusätzliches Signal wie die vorhandenen<br />
Korngrenzen liefern, <strong>in</strong>sofern steigt die Intensität dieser Komponente. Bei 20% Bruchdehnung<br />
wird vollständiger E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong> Versetzungen und Leerstellencluster beobachtet. Wie<br />
beim Re<strong>in</strong>steisen zeigt die Komponente mit 100...110 ps Lebensdauer, daß das Material nicht<br />
gleichmäßig geschädigt wird, sondern Bereiche ohne merkliche Erhöhung der Defektdichte<br />
bis 10% Bruchdehnung bestehen bleiben.<br />
Bei weiterer Dehnung reduziert sich die mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> durch das Auftreten<br />
der 100...110 ps Komponente schon ab 50% Bruchdehnung und nicht erst beim Zerriß<br />
wie im Re<strong>in</strong>steisen. Die Intensität dieser Komponente nimmt dabei mit der Dehnung permanent<br />
zu. E<strong>in</strong>e dritte Komponente wurde auch bei Fixierung der Versetzungslebensdauer nicht<br />
gefunden, d.h. sie ist im Spektrum, wenn überhaupt, nicht mit auswertbarer Intensität vorhanden.<br />
Dieses Verhalten ist ungewöhnlich und kann nicht zufriedenstellend geklärt werden. Für<br />
das Verschw<strong>in</strong>den der Komponente kann e<strong>in</strong>erseits das Verschw<strong>in</strong>den der Leerstellencluster<br />
und Korngrenzen verantwortlich se<strong>in</strong>, wofür es aber ke<strong>in</strong>e Anzeichen gibt. Andererseits<br />
könnte die Versetzungsdichte soweit angestiegen se<strong>in</strong>, daß die <strong>Positron</strong>en nur noch von Versetzungen<br />
e<strong>in</strong>gefangen werden. Dann dürfte aber die Komponente ungeschädigten Materials<br />
nicht im Spektrum vorhanden se<strong>in</strong>, da <strong>in</strong> den ungeschädigten Materialbereichen, wie im Ausgangsmaterial,<br />
die <strong>Positron</strong>endiffusionsweglänge ausreichend groß ist, damit die Korngrenzen<br />
erreicht werden können, wodurch dann wieder die entsprechende Lebensdauerkomponente<br />
im Spektrum auftreten müßte.
3 Schädigung durch Zugspannung 49<br />
Bei steigender Dehnung steigt auch die zweite Lebensdauerkomponente von 150 ps bis<br />
auf 190 ps an. Dieser letzte Wert liegt deutlich über den <strong>in</strong> der Literatur beschriebenen Werten<br />
von Versetzungen <strong>in</strong> Eisen mit 165 ps, z.B. [Park85c], aber auch deutlich über denen von<br />
E<strong>in</strong>zelleerstellen mit 175 ps [Schae87]. Möglicherweise stauen sich Versetzungen zu sog.<br />
Superversetzungen mit erheblich vergrößertem Burgers-Vektor auf, deren spezifische<br />
Lebensdauer, <strong>in</strong> Analogie zu [Shi92], dann über der von E<strong>in</strong>zelleerstellen liegen müßte. E<strong>in</strong><br />
experimenteller Nachweis dieser Hypothese steht bisher noch aus.<br />
3.2.3.3 C15<br />
Wie beim Armco-Eisen f<strong>in</strong>det sich im<br />
Schliffbild von C15 e<strong>in</strong> fe<strong>in</strong>körniges Gefüge,<br />
hier mit mittlerem Korndurchmesser von 5<br />
:m. Die für das Ausgangsmaterial gefundene<br />
Intensität der Leerstellenclusterkomponente<br />
I 3 = 5% stimmt damit sehr gut mit den nach<br />
[Hüb95] zu erwartenden Werten für E<strong>in</strong>fang<br />
an Korngrenzen übere<strong>in</strong>, Abb. 3.6.<br />
Die Dehnungen für 100% l<strong>in</strong>ear-elastischer<br />
Bereich und 10% Bruchdehnung fallen<br />
bei C15 fast zusammen, die Änderung der<br />
Lebensdauerparameter ist <strong>in</strong>sofern eher e<strong>in</strong>er<br />
Ermüdung als e<strong>in</strong>er makroskopisch plastischen<br />
Verformung zuzuordnen und, wie <strong>in</strong><br />
Abb. 3.6 zu sehen, entsprechend ger<strong>in</strong>g. Die<br />
deutliche Erhöhung der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
bei 100% l<strong>in</strong>ear-elastischer Dehnung<br />
ist neben dem starken Anstieg der Intensität<br />
der Leerstellenclusterkomponente<br />
nur ger<strong>in</strong>gfügig durch die Erhöhung von J 1<br />
bed<strong>in</strong>gt. Das Verhalten von C15 weicht <strong>in</strong>so-<br />
3.6 POLIS-Parameter <strong>in</strong> C15 bei sukzessiver<br />
Dehnung<br />
fern bis 20% Bruchdehnung erheblich von dem aller anderen Materialien ab. Es werden bis<br />
10% Bruchdehnung, die hier noch im makroskopisch elastischen Bereich liegt, ke<strong>in</strong>e Versetzungen<br />
mittels POLIS beobachtet. Der ger<strong>in</strong>ge Anstieg von J 1 deutet zwar auf gebildete Versetzungen<br />
h<strong>in</strong>, aber deren Dichte liegt, wenn man die spezifische E<strong>in</strong>fangrate von Re<strong>in</strong>steisen<br />
annimmt, im Bereich von 10 9 cm -2 oder darunter, die Komponente ist deshalb nicht separabel.<br />
Dagegen erhöht sich die Dichte der Leerstellencluster drastisch. Dieses Materialverhalten ist<br />
bisher nirgendwo beschrieben. Die Möglichkeit der Bildung von Leerstellenclustern aus den<br />
Leerstellen, die bei Versetzungsschneidprozessen oder nichtkonservativer Versetzungsbewegung<br />
erzeugt werden, ist evident. Es kann aber ausgeschlossen werden, daß die hier vorhandenen<br />
Versetzungen im Bereich von 10 9 cm -2 ohne Erhöhung der Versetzungsdichte abgeschätzte<br />
(2±1)A10 -7 Leerstellencluster je Atom erzeugen können. Insofern muß dieser Anstieg<br />
der Leerstellenclusterdichte ohne Erklärung bleiben.
50<br />
3.7 POLIS-Parameter <strong>in</strong> FeCr11% bei sukzessiver<br />
Dehnung<br />
3 Schädigung durch Zugspannung<br />
Ab 20% Bruchdehnung wird wie bei den anderen Materialien vollständiger E<strong>in</strong>fang gefunden,<br />
das Material ist für die <strong>Positron</strong>en homogen mit Defekten gefüllt. Das Verhältnis<br />
zwischen Versetzungsdichte und Leerstellenclusterdichte verschiebt sich erst direkt beim<br />
Zerriß durch dynamische Erholung wieder zugunsten der Leerstellencluster.<br />
3.2.3.4 FeCr11%, FeCr15%, X12CrNi18.8 und X5CrNi18.8<br />
Der Verlauf der <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>-Parameter mit der Dehnung ist bei diesen vier Materialien<br />
im wesentlichen gleich, Abbn. 3.7 - 3.10, und dem beim Re<strong>in</strong>steisen beschriebenen bis<br />
80% Bruchdehnung sehr ähnlich. Bis 10% Bruchdehnung wird mit abnehmender Intensität<br />
e<strong>in</strong>e Komponente aus unverformtem Material beobachtet, währenddessen steigt die Intensität<br />
der Versetzungskomponente stark, die der Leerstellenclusterkomponente weniger merklich<br />
an, ab 20% Bruchdehnung wird vollständiger E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong> Defekte beobachtet. Das Verhältnis<br />
Intensität Versetzungskomponente zu Intensität Leerstellenclusterkomponente ist wesentlich<br />
größer als bei Re<strong>in</strong>steisen. Bei den austenitischen Stählen wird bei 50% und 80%, bei den<br />
Eisen-Chrom-Legierungen nur bei 50% Bruchdehnung vollständiger E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong> Versetzungen<br />
gefunden. Offensichtlich steigt bis 50% Bruchdehnung die Versetzungsdichte soweit an,<br />
daß während der Diffusion nahezu jedes <strong>Positron</strong> <strong>in</strong> den E<strong>in</strong>flußbereich e<strong>in</strong>er Versetzung<br />
kommt, bevor es <strong>in</strong> den E<strong>in</strong>flußbereich e<strong>in</strong>es Leerstellenclusters gelangen kann. Dadurch ist<br />
die E<strong>in</strong>fangrate der Versetzungen 6 d erheblich größer als die der Leerstellencluster und damit<br />
3.8 POLIS-Parameter <strong>in</strong> FeCr15% bei sukzessiver<br />
Dehnung
3 Schädigung durch Zugspannung 51<br />
letztere (6 cl) im Spektrum nicht mehr nachzuweisen. Bei Beg<strong>in</strong>n der dynamischen Erholung<br />
s<strong>in</strong>kt die Versetzungsdichte und/oder die Leerstellenclusterdichte steigt, so daß sich das Verhältnis<br />
beider Defektdichten zue<strong>in</strong>ander merklich ändert. Es ist plausibel anzunehmen, daß<br />
sich die Versetzungsdichte <strong>in</strong>folge der dynamischen Erholung nur wenig ändert, aber die bei<br />
der Bewegung von Sprüngen <strong>in</strong> Schraubenversetzungen gebildeten Leerstellen agglomerieren<br />
und damit die Leerstellenclusterdichte erhöhen. Da vollständiger E<strong>in</strong>fang vorliegt, kann diese<br />
Aussage nicht durch POLIS-Messungen alle<strong>in</strong> verifiziert werden, wohl aber durch Bestimmung<br />
der absoluten E<strong>in</strong>fangraten im <strong>Positron</strong>enstrahlsystem. E<strong>in</strong> deutlicher Unterschied besteht<br />
im Wert der Versetzungslebensdauer. Für die Eisen-Chrom-Legierungen lag er stabil<br />
bei (154±2) ps, bei den austenitischen Stählen streute der Wert zwischen 163 ps und 185 ps.<br />
E<strong>in</strong>e geänderte Defektlebensdauer setzt e<strong>in</strong>e geänderte Elektronenkonfiguration des Defektes<br />
voraus, e<strong>in</strong>e Annahme, die im vorliegenden Fall nicht plausibel ersche<strong>in</strong>t. Nimmt man<br />
dagegen an, daß die Leerstellencluster durch Agglomeration von Leerstellen erstanden s<strong>in</strong>d,<br />
die durch Quergleiten erzeugt wurden und bei den austenitischen Stählen noch an der Versetzung<br />
angelagert s<strong>in</strong>d, läßt sich die Streuung <strong>in</strong> der Versetzungslebensdauer als Trap im Trap<br />
erklären:<br />
Bei vollständigem E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Defekt und daraus möglichem Übergang <strong>in</strong> den<br />
zweiten ergibt sich wieder der e<strong>in</strong>fachste Fall des Trapp<strong>in</strong>gmodells mit e<strong>in</strong>em Defekt. Nur<br />
daß hier die reduzierte Volumenlebensdauer durch e<strong>in</strong>e reduzierte Defektlebensdauer ersetzt<br />
werden muß. Insofern läßt sich dann aus der zweikomponentigen Zerlegung die Defektlebensdauer<br />
berechnen, die für die betrachteten 3 Messungen (X12CrNi18.8 20% und 100%<br />
Bruchdehnung, X5CrNi18.8 100% Bruch-<br />
3.9 POLIS-Parameter <strong>in</strong> X12CrNi18.8 bei<br />
sukzessiver Dehnung<br />
3.10 POLIS-Parameter <strong>in</strong> X5CrNi18.8 bei<br />
sukzessiver Dehnung
52<br />
3 Schädigung durch Zugspannung<br />
dehnung) genau mit dem Wert der Versetzungslebensdauer von (170±2)ps bei vollständigem<br />
E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong> Versetzungen (jeweils 50% und 80% Bruchdehnung) übere<strong>in</strong>stimmt. Das ist e<strong>in</strong><br />
starkes Indiz dafür, daß bei den austenitischen Stählen im Gegensatz zu den anderen hier betrachteten<br />
Materialien, die Leerstellencluster direkt mit den Versetzungen verknüpft s<strong>in</strong>d und<br />
als Trap im Trap wirken.<br />
3.2.4 Vergleich der Materialien<br />
mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> [ps]<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Dehnung [% Bruchdehnung]<br />
Fe<br />
Armco<br />
C15<br />
X12<br />
X5<br />
FeCr11<br />
FeCr15<br />
3.11 mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> <strong>in</strong> Eisenlegierungen / Stählen bei sukzessiv steigender Dehnung<br />
Mit Ausnahme der weichen Materialien Re<strong>in</strong>steisen und Armco-Eisen steigt bei allen untersuchten<br />
Legierungen die mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> mit der Dehnung permanent an,<br />
Abb. 3.11. In allen Materialien außer C15 wird bis 10% Bruchdehnung e<strong>in</strong>e Komponente aus<br />
ungeschädigtem Material gefunden, die die diskont<strong>in</strong>uierliche Deformation der e<strong>in</strong>zelnen<br />
Kristallite des Polykristalls anzeigt. In jedem Fall wird ab 20% der Bruchdehnung vollständiger<br />
E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong> Defekte, Versetzungen und meist auch Leestellencluster, gefunden, ger<strong>in</strong>gfügige<br />
Änderungen <strong>in</strong> der mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> bei weiterer Dehnung zeigen e<strong>in</strong> geändertes<br />
Verhältnis der Defektdichten zue<strong>in</strong>ander an.<br />
Nimmt man an, daß die während der Dehnung verformten Körner soweit mit Versetzungen<br />
und Leerstellenclustern gefüllt s<strong>in</strong>d, daß alle <strong>Positron</strong>en, die <strong>in</strong>nerhalb dieses Kornes<br />
thermalisieren, von diesen Defekten e<strong>in</strong>gefangen werden, ist die Intensität der Komponente<br />
defektfreien Materials e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>deutiges und l<strong>in</strong>eares Maß für den Volumenanteil undeformierter<br />
Körner. Für die Frühphase der Schädigung durch Zugspannung ließe sich damit zerstörungsfrei<br />
und ohne permanente Sensorik die relative Dehnung e<strong>in</strong>es Bauteils bestimmen. Die<br />
oberflächliche Größe des untersuchten Bereiches ließe sich durch die Größe der Quelle <strong>in</strong>
3 Schädigung durch Zugspannung 53<br />
weitem Rahmen variieren. Der Nachweis der Aussagefähigkeit an Materialien unbekannten<br />
Zustandes der Vorbehandlung bedarf allerd<strong>in</strong>gs noch weiterer Untersuchungen.<br />
Der Nachweis, daß die bei der Dehnung deformierten Kristallite vollständigen E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong><br />
Versetzungen zeigen, läßt sich mit der hier verwendeten Methode nicht mit Sicherheit erbr<strong>in</strong>gen.<br />
Neuerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d aber Anstrengungen unternommen worden, e<strong>in</strong>e wesentlich bessere<br />
Ortsauflösung <strong>in</strong> der POLIS zu erzielen, <strong>in</strong>dem statt der E<strong>in</strong>trocknung wässriger Salzlösung<br />
metallisches 22 Na im Vakuum zur Quellpräparation auf e<strong>in</strong>e Folie aufgedampft wird [Hug95].<br />
Dabei geben die Autoren an, mittels geeigneter Blenden e<strong>in</strong>en effektiven Quelldurchmesser<br />
von 0,1 mm erreichen zu können. Die Rückseite der Quelle wird dabei nicht durch e<strong>in</strong> Referenzmaterial<br />
abgedeckt, wie bei den im Rahmen dieser Arbeit <strong>in</strong> "zfP-Geometrie" erhaltenen<br />
Messungen, vgl. 2.2.4, sondern die <strong>in</strong> diese Richtung emitierten <strong>Positron</strong>en werden mittels<br />
e<strong>in</strong>es Veto-Detektors ausgefiltert. Mit solchen Quellen wäre zum<strong>in</strong>destens <strong>in</strong> grobkristall<strong>in</strong>em<br />
Material, wie im vorliegenden Fall Re<strong>in</strong>steisen, e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>-Korn-Untersuchung möglich.
54<br />
3 Schädigung durch Zugspannung<br />
3.3 Vergleich der Defektstruktur nach Walzen und Zerreißen<br />
Aus den Zugproben, an denen die Spannungs-Dehnungs-Kurve wie <strong>in</strong> 3.2.1. beschrieben aufgenommen<br />
wurde, wurden nach dem Zerriß zwei Teile von ca. 10 x 10 mm 2 ausgeschnitten<br />
und e<strong>in</strong>er isochronen Ausheilung unterzogen, bei der die untersuchten Materialien jeder Temperatur<br />
für die gleiche Zeit ausgesetzt wurden. Die beiden Teile wurden aus dem Mittelteil<br />
der Probe entnommen, nicht direkt am Riß. Parallel dazu wurden von den sieben Werkstoffen,<br />
nach Wärmebehandlung wie <strong>in</strong> Tabelle 3.1, Proben sukzessive auf die Hälfte der<br />
Ursprungsdicke gewalzt und derselben isochronen Ausheilung unterzogen, wie die zerrissenen<br />
Proben.<br />
Die Ausheilung erfolgte <strong>in</strong> Argonatmosphäre. Bei jeder neuen Temperung wurde die<br />
Temperatur um 50K erhöht, die Temperzeit war jeweils 30 M<strong>in</strong>uten. Das Quarzglasrohr wurde<br />
nach Ablauf der 30 M<strong>in</strong>uten aus dem Ofen entnommen, um e<strong>in</strong>e schnelle Abkühlung<br />
(nicht Abschreckung) zu gewährleisten, so daß die Ausheilung als isochron betrachtet werden<br />
kann. Anschließend wurde von den Probenpaaren e<strong>in</strong> <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektrum mit je<br />
1,5 Mio Ereignissen aufgenommen.<br />
Die <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>-Spektren nach Zerriß <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zug, Abbn. 3.4 - 3.10 jeweils<br />
letzter Meßpunkt, und nach stufenweisem Zerriß, Abbn. 3.12 - 3.18 jeweils erster Meßpunkt,<br />
unterscheiden sich nur ger<strong>in</strong>gfügig vone<strong>in</strong>ander, d.h., der E<strong>in</strong>fluß des Ermüdungsprozesses<br />
beim sukzessiven Zerreißen ist vernachlässigbar. Lediglich bei Armco-Eisen ist e<strong>in</strong> merklicher<br />
Unterschied <strong>in</strong> beiden Spektrenzerlegungen zu erkennen.<br />
In den Abbildungen 3.12 - 3.18<br />
bezeichnen Symbole immer<br />
, gefüllte Symbole immer gewalztes<br />
Material.<br />
3.3.1 Re<strong>in</strong>steisen<br />
Die mittels POLIS detektierten Defektstrukturen<br />
des gewalzten und zerrissenen Re<strong>in</strong>steisens<br />
unterscheiden sich erheblich vone<strong>in</strong>ander,<br />
Abb. 3.12. Die gewalzte Probe zeigt<br />
e<strong>in</strong> zweikomponentiges Spektrum, dessen<br />
Komponenten sich auf Grund ihrer Lebensdauer<br />
Versetzungen und kle<strong>in</strong>en Leerstellenclustern<br />
zuordnen lassen. Die Defektstruktur<br />
bleibt bis 300/C relativ konstant.<br />
Die ger<strong>in</strong>gfügige Zunahme der mittleren<br />
<strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> bis 200/C rührt aus<br />
der Zunahme der Intensität der Leerstellenclusterkomponente<br />
(und Verr<strong>in</strong>gerung der<br />
Intensität der Versetzungskomponente) her.<br />
Die Verschiebung könnte <strong>in</strong> Umordnungsprozessen<br />
bzw. beg<strong>in</strong>nender Ausheilung der<br />
Versetzungen begründet se<strong>in</strong>, wodurch ent-<br />
mittlere LD [ps]<br />
Lebensdauer-Komponenten [ps]<br />
Intensitäten [%]<br />
170<br />
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
1<br />
0<br />
0 200 400 600 800<br />
Ausheiltemperatur [°C]<br />
3.12 Isochrone Ausheilung von zerissenem<br />
und gewalztem Re<strong>in</strong>steisen<br />
I 3<br />
I 2<br />
I 1<br />
τ 3<br />
τ 2<br />
τ 1
3 Schädigung durch Zugspannung 55<br />
weder die Diffusionsweglänge der <strong>Positron</strong>en größer wird und dadurch mehr <strong>Positron</strong>en<br />
Leerstellencluster erreichen können oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er tatsächlichen Erhöhung der Leerstellenclusterdichte,<br />
<strong>in</strong>dem bei Versetzungsschneidprozessen generierte Leerstellen agglomerieren. E<strong>in</strong>e<br />
Entscheidung darüber ließe sich mit e<strong>in</strong>em <strong>Positron</strong>enstrahlsystem fällen, <strong>in</strong> dem die absoluten<br />
E<strong>in</strong>fangraten gemessen werden.<br />
Das Ansteigen der mittleren Lebensdauer bei Beg<strong>in</strong>n der Ausheilung gewalzten Re<strong>in</strong>steisens<br />
wird auch <strong>in</strong> anderen Veröffentlichungen gefunden. In e<strong>in</strong>em dem hier vorgestellten<br />
nahezu identischen Experiment [Tani82] (vakuumgeglühtes Re<strong>in</strong>steisen, 50% gewalzt, isochrone<br />
Ausheilung je 20 M<strong>in</strong>uten) f<strong>in</strong>den die Autoren um TANIGAWA e<strong>in</strong> <strong>in</strong>itiales Ansteigen<br />
von J2 von ca. 152 ps nach dem Walzen auf ca. 162 ps bei 300/C mit nachfolgendem Abfall.<br />
Es wird zwar beschrieben, daß die Spektren zerlegt werden und der Anstieg auf e<strong>in</strong>e verstärkte<br />
<strong>Annihilation</strong> <strong>in</strong> Leerstellenclustern zurückzuführen ist, es werden aber ke<strong>in</strong>e Werte der<br />
Zerlegung angegeben. Gegensätzlich dazu f<strong>in</strong>den HAUTOJÄRVI et al. nach 60% Dickenreduktion<br />
<strong>in</strong> Re<strong>in</strong>steisen ke<strong>in</strong>en Anstieg von mittlerer Lebensdauer oder S-Parameter bei isochroner<br />
Ausheilung [Hau76]. Der Effekt des Anstiegs der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> bis<br />
300/C wird ebenfalls von LEE et al. <strong>in</strong> gewalztem [Lee86] und mechanisch poliertem [Lee90]<br />
Re<strong>in</strong>steisen beschrieben. Dort führen die Autoren den Anstieg auf e<strong>in</strong>e Verschiebung des<br />
Verhältnisses von Schrauben- und Stufenversetzungen zu höheren Anteilen von Stufenversetzungen<br />
zurück. Dadurch soll bei vollständigem E<strong>in</strong>fang und konstanter Intensität der Lebensdauerwert<br />
der Versetzungskomponente ansteigen. Da die Autoren ke<strong>in</strong>e Zerlegung ihrer<br />
Spektren angeben angeben, ist diese Aussage nicht verifizierbar. Im vorliegenden Fall bleibt<br />
die Versetzungslebensdauer relativ konstant, e<strong>in</strong>e solche Verschiebung wird nicht beobachtet.<br />
Spätestens ab 300/C setzt die Ausheilung der Leerstellencluster e<strong>in</strong>, die Intensität der entsprechenden<br />
Komponenten nimmt kont<strong>in</strong>uierlich ab und ist bei 400/C nicht mehr nachzuweisen.<br />
Das führt bei 300/C trotz vollständigen E<strong>in</strong>fangs zu e<strong>in</strong>er Reduzierung der mittleren Lebensdauer,<br />
da der Anteil der Komponente mit längerer Lebensdauer (Leerstellencluster) abnimmt.<br />
Ab 350/C ist die Ausheilung von Versetzungen merklich, die mittlere Lebensdauer<br />
s<strong>in</strong>kt deutlich ab. Diese erste Ausheilung wird vor allem durch die Reduzierung der Intensität<br />
der Versetzungskomponente bed<strong>in</strong>gt. Ab hier ist der E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong> Defekte nicht mehr vollständig,<br />
es tritt als dritte Komponente die reduzierte Volumenlebensdauer auf. Die Ausheiltemperatur<br />
für Leerstellencluster ist <strong>in</strong> guter Übere<strong>in</strong>stimmung mit Literaturwerten [Veh82], wo <strong>in</strong><br />
Re<strong>in</strong>steisen, das bei 77K durch Pressen deformiert wurde, nach sukzessivem Ausheilen Leerstellencluster<br />
letztmalig bei 570K nachweisbar waren. In dieser Arbeit wird ebenfalls<br />
beschrieben, daß Leerstellencluster, die durch Agglomerieren von E<strong>in</strong>zelleerstellen <strong>in</strong> elektronenbestrahltem<br />
Eisen entstehen, bei 500K ausgeheilt s<strong>in</strong>d. Die Autoren f<strong>in</strong>den sowohl für<br />
bestrahltes als auch für deformiertes Re<strong>in</strong>steisen e<strong>in</strong> Wachsen der Leerstellencluster mit steigender<br />
Ausheiltemperatur bei gleichzeitiger Abnahme der zugehörigen Intensität. Dieses<br />
Verhalten wurde an den hier untersuchten Proben nicht gefunden.<br />
Im Gegensatz zur gewalzten Probe zeigt die zerrissene e<strong>in</strong> dreikomponentiges Spektrum<br />
mit Anteilen aus defektarmem Material (J 1 = 90...100 ps), es wird ke<strong>in</strong> vollständiger E<strong>in</strong>fang<br />
<strong>in</strong> Defekte beobachtet. Zur Stabilisierung der Auswertung wurde bei den ersten vier Spektren<br />
des zerrissenen Re<strong>in</strong>steisens e<strong>in</strong>e Fixierung der Versetzungskomponente bei 160 ps vorgenommen.<br />
Wie schon <strong>in</strong> 3.2.3.1 gezeigt, ist diese Fixierung aus dem weiteren Spektrenverlauf<br />
gerechtfertigt. Die mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> ist durch diese Komponente ger<strong>in</strong>ger als<br />
beim gewalzten Material. Die Ausheilung der Defekte beg<strong>in</strong>nt etwa 50K früher. Das Abnehmen<br />
der mittleren Lebensdauer mit der Ausheiltemperatur geht kont<strong>in</strong>uierlich vor sich, verläuft<br />
langsamer, ohne die beim Walzen gefundenen beiden Stufen, und endet 50K nach der<br />
gewalzten Probe. Die Intensität der Leerstellenclusterkomponente ist erheblich ger<strong>in</strong>ger und
56<br />
3 Schädigung durch Zugspannung<br />
ihre Lebensdauer erhöht, was auf größere Leerstellencluster schließen läßt. Die Lebensdauer<br />
der Versetzungskomponente ist gegnüber der gewalzten Probe erhöht. Geht man von der <strong>in</strong><br />
[Shi92] angegebenen Abhängigkeit der <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> vom Burgers-Vektor <strong>in</strong> Versetzungen<br />
aus und nimmt nach der Arbeit von PARK et al. [Park85a] an, daß <strong>in</strong> Schraubenversetzungen<br />
<strong>in</strong> Re<strong>in</strong>steisen die <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> 143 ps, <strong>in</strong> Stufenversetzungen h<strong>in</strong>gegen<br />
165 ps beträgt, decken sich die hier gefundenen Lebensdauern recht gut mit Schraubenversetzungen<br />
im gewalzten und mit Stufenversetzungen im zerrissenen Material (gewalztes<br />
Material: J d = 143 ps, zerrissenes Material: J d = 160 ps). Die Resultate lassen sich also so<br />
<strong>in</strong>terpretieren, daß beim Walzen überwiegend Schraubenversetzungen im Re<strong>in</strong>steisen entstehen<br />
und diese bezüglich der mittleren <strong>Positron</strong>endiffusionsweglänge homogen <strong>in</strong> den Körnern<br />
verteilt s<strong>in</strong>d. Beim Zerreißen entstehen h<strong>in</strong>gegen bevorzugt Stufenversetzungen <strong>in</strong> günstig<br />
orientierten Körnern, wobei merklich viele ungünstig orientierte Körner mit Versetzungsdichten<br />
verbleiben, die an der unteren Nachweisgrenze der POLIS liegen. Die Angaben <strong>in</strong><br />
[Park85c], daß beim Walzen sowohl Stufen- als auch Schraubenversetzungen entstehen, wurden<br />
im vorliegenden Fall nicht beobachtet. Da die experimentellen Details aber nicht angegeben<br />
wurden, sondern nur auf e<strong>in</strong>e weitere, leider kaum zugängliche Quelle [Park85d] verwiesen<br />
ist, ist e<strong>in</strong>e genauere Diskussion dieser Unterschiede nicht möglich.<br />
Im Gegensatz zu der eben zitierten Arbeit von PARK et al. stehen die Ergebnisse von HI-<br />
DALGO et al. [Hid89]. Die Autoren berichten, daß während der sukzessiven Temperung von<br />
Re<strong>in</strong>steisen, das bei 77K durch Zugspannung um 6% verformt wurde, bis 360K ke<strong>in</strong>e Änderung<br />
<strong>in</strong> der Lebensdauer der Versetzungen von (150±5) ps auftritt. Die Autoren geben an, daß<br />
die gebildeten Schraubenversetzungen bei 240K ausheilen müßten [San85]. Aus der relativen<br />
Konstanz der gemessenen Versetzungslebensdauer schließen HIDALGO et al. auf die Ununterscheidbarkeit<br />
von Schrauben- und Stufenversetzungen durch die POLIS.<br />
Die Ausheilung der Versetzungskomponente beg<strong>in</strong>nt im zerrissenen Re<strong>in</strong>steisen mit e<strong>in</strong>em<br />
merklichen Abs<strong>in</strong>ken der Intensität I 2 bei 250/C, im gewalzten bei 300/C. Die <strong>in</strong>teressante<br />
Frage, ob Stufenversetzungen anders ausheilen als Schraubenversetzungen, kann mit<br />
dem vorliegenden Datenmaterial leider nicht schlüssig aufgeklärt werden.<br />
Nach beiden Deformationsarten ist die vollständige Ausheilung aller Defekte bei 600/C<br />
erreicht. Das gewalzte Material ist nach der 550/C Temperung schon nahezu e<strong>in</strong>komponentig,<br />
dessen mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> weicht im Gegensatz zum zerrissenen Material<br />
nicht mehr merklich vom ausgeheilten Zustand ab. Ab hier wird e<strong>in</strong> re<strong>in</strong> e<strong>in</strong>komponentiges<br />
Spektrum gefunden, dessen Lebensdauer ger<strong>in</strong>gfügig um den Mittelwert von 109 ps streut.<br />
3.3.2 Armco-Eisen<br />
Im Armco-Eisen wird wie im Re<strong>in</strong>steisen e<strong>in</strong> deutlicher Unterschied der frei angepaßten Versetzungslebensdauer<br />
im gewalzten und zerrissenen Material gefunden. Hier wie dort verläuft<br />
die Ausheilung des zerrissenen Materials gegenüber dem gewalzten flacher und ohne Stufen,<br />
beg<strong>in</strong>nt eher und endet später, Abb. 3.13. Die Stabilisierung der Defektstruktur durch Verunre<strong>in</strong>igungen<br />
macht sich <strong>in</strong> der bei gleicher Schädigung um 100K gegenüber Re<strong>in</strong>steisen<br />
höheren Temperatur, ab der ke<strong>in</strong>e Veränderungen mehr auftreten, bemerkbar.<br />
Der sche<strong>in</strong>bare Abfall der Versetzungslebensdauer im gewalzten Armco von 300/C auf<br />
450/C ist darauf zurückzuführen, daß die hier vorhandene reduzierte Volumenlebensdauer<br />
entsprechend dem Trapp<strong>in</strong>gmodell bei unter 30 ps liegen muß. Wie aus den Simulationen <strong>in</strong><br />
Kapitel 2 bekannt, s<strong>in</strong>d so kurze Lebensdauern mit ger<strong>in</strong>gen Intensitäten schwer nachzuwei-
sen, mischen aber <strong>in</strong> der Zerlegung mit der<br />
nächst höheren Lebensdauer und verm<strong>in</strong>dern<br />
dadurch deren Wert.<br />
Wie im Re<strong>in</strong>steisen unterscheiden sich<br />
die angepaßten Versetzungslebensdauern, im<br />
zerrissenen Armco-Eisen beträgt sie im Mittel<br />
159 ps, im gewalzten 146 ps.<br />
Das Wiederersche<strong>in</strong>en der Leerstellenclusterkomponente<br />
im zerrissenen Material<br />
bei 550/C ist aus der Korngröße, siehe<br />
3.2.3.2, verständlich: Während die im Korn<strong>in</strong>neren<br />
vorhandenen Leerstellencluster bei<br />
250/C ausgeheilt s<strong>in</strong>d [Veh82], ist die Versetzungsdichte<br />
dann noch so hoch, daß die<br />
mittlere Diffusionsweglänge der <strong>Positron</strong>en<br />
unterhalb des Wertes liegt, bei dem e<strong>in</strong><br />
merklicher Anteil die Korngrenzen erreichen<br />
kann. Bei beg<strong>in</strong>nender Ausheilung der Versetzungen<br />
steigt die <strong>Positron</strong>en-Diffusionsweglänge<br />
wieder über diesen Wert an, es<br />
wird im Spektrum e<strong>in</strong> Signal gefunden, daß<br />
von den Korngrenzen herrührt (J 4, I 4). Nach<br />
Ausheilung aller Versetzungen erreicht die<br />
Intensität dieser Komponente, die hier von<br />
den Korngrenzen stammt, wieder den Wert<br />
des Ausgangsmaterials vor dem Zerriß. Dieser<br />
Effekt wird im gewalzten Armco-Eisen<br />
3 Schädigung durch Zugspannung 57<br />
mittlere LD [ps]<br />
Lebensdauer-Komponenten [ps]<br />
Intensitäten [%]<br />
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
5<br />
0<br />
0 200 400 600 800<br />
τ 4<br />
τ 3<br />
τ 2<br />
τ 1<br />
Ausheiltemperatur [°C]<br />
3.13 Isochrones Ausheilverhalten von zerrissenem<br />
und gewalztem Armco-Eisen<br />
nicht gefunden. Es ist zu vermuten, daß hier durch die erheblich stärkere Korndeformation<br />
noch vor Ausheilung aller Versetzungen verstärktes Kornwachstum e<strong>in</strong>setzt, so daß ke<strong>in</strong><br />
merkliches Quantum <strong>Positron</strong>en diffusiv die Korngrenze erreicht, sondern vorher im defektfreien<br />
Material annihiliert.<br />
3.3.3 C15<br />
In C15 unterscheidet sich der Verlauf der Ausheilkurven von gewalztem und zerrissenem<br />
Material nicht mehr so signifikant vone<strong>in</strong>ander wie <strong>in</strong> Re<strong>in</strong>steisen oder Armco-Eisen, Abb.<br />
3.14. Die bis 350/C Ausheiltemperatur gefundenen Versetzungslebensdauern unterscheiden<br />
sich mit 3 ps nur noch ger<strong>in</strong>gfügig vone<strong>in</strong>ander (gewalztes Material: J d = 158 ps, zerrissenes<br />
Material: J d = 161 ps). Das Re<strong>in</strong>steisen war grobkörnig, das Armco-Eisen jedoch fe<strong>in</strong>körnig ,<br />
und bei beiden Materialien wurde der erwähnte Unterschied <strong>in</strong> den Versetzungslebensdauern<br />
gefunden. Insofern kann dies ke<strong>in</strong> Effekt der Korngröße se<strong>in</strong>. Da alle drei vorstehenden Materialien<br />
auch gleicher Wärmebehandlung unterworfen waren, muß die Materialzusammensetzung<br />
den entscheidenden E<strong>in</strong>fluß haben. SHIRAI et al. berichten die Abhängigkeit der Versetzungslebensdauer<br />
vom Burgers-Vektor bei Al (6N), Cu (4N) und Au (6N), [Shi92], also<br />
nur <strong>in</strong> Re<strong>in</strong>stmetallen. Zur Bestätigung, daß dieser Effekt tatsächlich von der Re<strong>in</strong>heit des<br />
Materials abhängig ist, bedarf es weiterer Untersuchungen.<br />
I 4<br />
I 3<br />
I 2<br />
I 1
58<br />
Der Ausheilungsprozeß beg<strong>in</strong>nt im C15<br />
mit der Reduzierung der Versetzungsdichte<br />
bei Konstanz der Leerstellencluster: Im zerrissenen<br />
Material zeigt sich ab 300/C, im<br />
gewalzten ab 350/C, e<strong>in</strong>e Komponente, deren<br />
Lebensdauer deutlich unter 100 ps liegt<br />
und damit typisch für die reduzierte Volumenlebensdauer<br />
ist. Im gewalzten Material<br />
steigt sowohl die Lebensdauer als auch die<br />
Intensität dieser Komponente, wie nach dem<br />
Trapp<strong>in</strong>gmodell zu erwarten, kont<strong>in</strong>uierlich<br />
an, entsprechend reduziert sich die Intensität<br />
der Versetzungskomponente, d.h., die Versetzungen<br />
heilen homogen <strong>in</strong> allen Körnern<br />
aus. Im zerrissenen Material wird schon ab<br />
400/C e<strong>in</strong>e Komponente mit Volumenlebensdauer<br />
gefunden, deren Wert sich nicht<br />
mehr ändert. Dieser Fakt läßt sich so <strong>in</strong>terpretieren,<br />
daß hier schon Körner vollständig<br />
ausgeheilt s<strong>in</strong>d, während <strong>in</strong> anderen Körnern<br />
der Ausheilprozeß noch nicht merklich begonnen<br />
hat.<br />
Die Ausheilung ist bei 650/C abgeschlossen,<br />
es s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Versetzungen mehr nachweisbar.<br />
Die Intensität der jetzt wieder auftretenden<br />
Leerstellenclusterkomponente liegt<br />
wie beim Ausgangsmaterial bei ca. 5%. Da-<br />
3 Schädigung durch Zugspannung<br />
mittlere LD [ps]<br />
Lebensdauer-Komponenten [ps]<br />
Intensitäten [%]<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
0 200 400 600 800<br />
Ausheiltemperatur [°C]<br />
3.14 Isochrones Ausheilverhalten von zerrissenem<br />
und gewalztem C15<br />
raus und aus dem Schliffbild, <strong>in</strong> dem ke<strong>in</strong>e Veränderung der mittleren Korngröße gegenüber<br />
dem Ausgangsmaterial erkennbar ist, läßt sich schließen, daß diese Komponente (J 4, I 4), wie<br />
schon bei Armco-Eisen beschrieben, von den Großw<strong>in</strong>kelkorngrenzen herrührt, die von den<br />
<strong>Positron</strong>en durch deren nach der Versetzungsausheilung vergrößerte mittlere Diffusionsweglänge<br />
wieder erreicht werden können.<br />
3.3.4 FeCr11% und FeCr15%<br />
Bei beiden Materialien ist das Ausheilverhalten von zerrissenen und gewalzten Proben zunächst<br />
gleich, Abb. 3.15, Abb. 3.16. Nach der Deformation zeigt sich <strong>in</strong> allen Fällen vollständiger<br />
E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong> Versetzungen und Leerstellencluster. Die Anpassung an die Meßspektren<br />
erfolgte über die gesamte Ausheilung im freien Fit ohne Fixierungen. Die erste Ausheilstufe<br />
wird von 200/C bis 300/C gefunden und ist durch das Verschw<strong>in</strong>den der Leerstellencluster-<br />
Komponente gekennzeichnet. Nach dem Ausheilen der Leerstellencluster werden die <strong>Positron</strong>en<br />
vollständig <strong>in</strong> Versetzungen e<strong>in</strong>gefangen. Diese Konfiguration bleibt über e<strong>in</strong>en beträchtlichen<br />
Temperaturbereich (300/C...550/C) stabil. Die ger<strong>in</strong>gfügige Abnahme der mittleren<br />
Lebensdauer läßt sich auf die beg<strong>in</strong>nende Ausheilung der Versetzungen zurückführen, so daß<br />
ke<strong>in</strong> vollständiger E<strong>in</strong>fang mehr vorliegt, die Komponente aus dem ausgeheilten Material<br />
aber noch zu kle<strong>in</strong> ist, um sie numerisch von der Versetzungskomponente trennen zu können.<br />
Die gewalzten Proben zeigen ab 650/C das typische Ausheilverhalten nach Trapp<strong>in</strong>gmodell<br />
τ 4<br />
τ 3<br />
τ 2<br />
τ 1<br />
I4 I3 I2 I1
3.15 Isochrones Ausheilverhalten von zerrissenem<br />
und gewalztem FeCr11%<br />
3 Schädigung durch Zugspannung 59<br />
bei Vorliegen e<strong>in</strong>es Defektes: Bei Konstanz der Defektlebensdauer steigt die reduzierte Volumenlebensdauer<br />
sowie deren Intensität. Diese Ausheilung ist bei 800/C abgeschlossen, es<br />
liegt e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>komponentiges Spektrum vor, die <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> hat denselben Wert wie<br />
das Ausgangsmaterial vor der Deformation. Die Werte für das ausgeheilte Material s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />
sehr guter Übere<strong>in</strong>stimmung mit Literaturangaben, wo für Cr 1-xFe x die mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>n<br />
im Bereich x = 0,7 ... 1,0 zu 108 ps - 111 ps bestimmt wurden [Choj88].<br />
Verglichen mit den gewalzten Proben zeigen die zerrissenen ab 600/C bis zum Ausheilen<br />
bei 800/C e<strong>in</strong> anormales Verhalten. Das temporäre Ansteigen von J2 ergibt sich aus der Zerlegung<br />
des Spektrums, bei der e<strong>in</strong>e Komponente angepaßt wurde, deren Lebensdauer deutlich<br />
über dem Wert für Versetzungen liegt. Dieser Lebensdauerwert ist ähnlich dem von Doppelleerstellen<br />
<strong>in</strong> Eisen (J 2V ~ 200 ps) [Pus87], deren Stabilität bei diesen Temperaturen aber äußerst<br />
unwahrsche<strong>in</strong>lich ist [Veh82]. Da auch der Wert der ersten Komponente über dem des<br />
defektfreien Materials liegt, sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>e falsche Modellwahl, wie im Punkt 2.2.3 simuliert<br />
(vgl. Abb. 2.10), mit zu ger<strong>in</strong>ger Komponentenanzahl wahrsche<strong>in</strong>lich. E<strong>in</strong>e dreikomponentige<br />
Zerlegung der Spektren war aber <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Fall möglich, weder im freien Fit noch bei Fixierung<br />
der Versetzungslebensdauer. Die <strong>in</strong> 3.2.3.2 angedeutete Möglichkeit, daß durch vergrößerte<br />
Burgers-Vektoren <strong>in</strong> sog. Superversetzungen die spezifischen <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>n<br />
ebenfalls erhöht s<strong>in</strong>d, kann mit dem vorliegenden Material weder bestätigt noch verworfen<br />
werden. Insofern kann ke<strong>in</strong>e schlüssige Interpretation des Ausheilverhaltens der zerrissenen<br />
Proben vorgelegt werden. Der Versuch müßte mit verbesserter Statistik, statt 1,5 Mio 6<br />
Mio Ereignisse je Spektrum, und eventuell isothermer Ausheilung wiederholt werden, um die<br />
hier gefundenen Widersprüche aufzuklären.<br />
3.16 Isochrones Ausheilverhalten von zerrissenem<br />
und gewalztem FeCr15%
60<br />
3.3.5 X12CrNi18.8 und X5CrNi18.8<br />
3 Schädigung durch Zugspannung<br />
Das Ausheilverhalten der beiden austenitischen Stähle weicht von dem der bisher aufgeführten<br />
Materialien ganz erheblich ab. Die Auswertung erfolgte durchgängig im e<strong>in</strong>- oder frei<br />
zweikomponentigen Fit, es wurde ke<strong>in</strong>e Fixierung e<strong>in</strong>er Lebensdauer vorgenommen. Der<br />
Verlauf der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> mit der Ausheiltemperatur zeigt bei gewalzten<br />
und zerrissenen Proben ke<strong>in</strong>e wesentlichen Unterschiede, nur bei Temperaturen über 600/C<br />
zeigen sich ger<strong>in</strong>ge Differenzen, d.h. die mittels POLIS detektierbare Defektstruktur, die<br />
durch beide Mechanismen erzeugt wird, muß nahezu identisch se<strong>in</strong>.<br />
Sieht man von der kaum nachweisbaren Leerstellencluster-Komponente im zerrissenen<br />
X12CrNi18.8 nach 50/C und 100/C Temperung ab (I < 1%), zeigen alle vier Proben bis<br />
500/C e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>komponentiges Spektrum, Abbn. 3.17 und 3.18. Das ist <strong>in</strong>sofern äußerst ungewöhnlich,<br />
als sich die mittlere Lebensdauer dabei um 30 ps reduziert. Es war <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Fall<br />
e<strong>in</strong>e zwei- oder mehrkomponentige Zerlegung des Spektrums möglich, der e<strong>in</strong>komponentige<br />
Fit brachte stets die erheblich besseren Resultate. Insofern muß davon ausgegangen werden,<br />
daß die <strong>Positron</strong>en nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen Typ von E<strong>in</strong>fangzentrum, also e<strong>in</strong>em Defekttyp,<br />
annihilieren.<br />
Aus der Identität beim Ausheilverhalten von gewalzten und zerrissenen Proben bis 450/C<br />
und dem Verhalten beim sukzessiven Zerriß muß geschlossen werden, daß es sich bei der<br />
gefundenen Komponente tatsächlich um Versetzungen handelt, da die Versetzungsgenerierung<br />
beim Walzen und Zerreißen evident ist. Ab 200/C, der ersten sichtbaren Ausheilstufe,<br />
muß sich also die Elektronendichte, die die <strong>Positron</strong>en <strong>in</strong> den als E<strong>in</strong>fangzentren wirkenden<br />
Defekten "spüren", deutlich ändern. Wie <strong>in</strong> 3.3.1 ausgeführt, bestehen unter Umständen zwischen<br />
verschiedenen Typen von Versetzungen meßbare Unterschiede <strong>in</strong> der <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>.<br />
In der entsprechenden Literatur, z.B. [Shi92], [Park85a-c], werden aber niemals<br />
so große Differenzen beschrieben. Die Verifizierung, ob der gefundene Ausheileffekt tatsächlich<br />
mit e<strong>in</strong>er Änderung des Burgers-Vektors bzw. mit e<strong>in</strong>er Verschiebung im Verhältnis der<br />
Dichten verschiedener Versetzungstypen e<strong>in</strong>hergeht, oder ob beispielsweise e<strong>in</strong>e Änderung<br />
der Dekorierung der Versetzungsl<strong>in</strong>ie mit bestimmten Atomsorten dafür verantwortlich ist,<br />
konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht mehr vorgenommen werden. Dazu müßte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er neuen<br />
Versuchsserie nach jedem Temperschritt e<strong>in</strong>e TEM-Untersuchung des Materials erfolgen,<br />
wobeisich die bevorzugt vorhandenen Versetzungstypen feststellen ließen.<br />
Nach der Temperung von 550/C (bei zerissenem X5CrNi18.8 schon bei 500/C) wird im<br />
Spektrum e<strong>in</strong>e zweite Komponente gefunden. Insgesamt ist die Zerlegung aber nicht sehr stabil,<br />
wie sich auch aus den großen Fehlern ablesen läßt. Im X5CrNi18.8 fällt die Intensität der<br />
zweiten Komponente, wie für Ausheilungen typisch, beim zerissenen Material rasch, beim<br />
gewalzten weniger steil und mit Schwankungen ab. Die erste Lebensdauerkomponente läßt<br />
sich mit e<strong>in</strong>em Wert von ca. 110-112 ps defektfreiem Material zuordnen. Die Werte der<br />
zweiten Lebensdauerkomponente zeigen e<strong>in</strong>e deutliche Diskrepanz zwischen zerrissenem<br />
und gewalztem Material. Im zerissenen X5CrNi18.8 streut der Wert relativ stark um e<strong>in</strong>en<br />
Mittelwert von 200 ps und liegt damit merklich über dem Wert von Versetzungen. E<strong>in</strong> E<strong>in</strong>fluß<br />
der Korngrenzen kann aber aus der Analyse des Schliffbildes heraus ausgeschlossen<br />
werden, der mittlere Korndurchmesser lag bei > 70 :m. Für e<strong>in</strong>e thermische Stabilität von<br />
Doppelleerstellen bzw. kle<strong>in</strong>en Leerstellenclustern, die e<strong>in</strong>e ähnliche <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
zeigen, gibt es ke<strong>in</strong> weiteres Indiz. Im gewalzten Material streut der Lebensdauerwert der<br />
zweiten Komponente um 160 ps und müßte damit Versetzungen zugeordnet werden.
3.17 Isochrones Ausheilverhalten von zerrissenem<br />
und gewalztem X12CrNi18.8<br />
3 Schädigung durch Zugspannung 61<br />
3.18 Isochrones Ausheilverhalten von zerrissenem<br />
und gewalztem X5CrNi18.8<br />
Im Material X12CrNi18.8 zeigt sich ebenfalls e<strong>in</strong> deutlicher Unterschied im Wert der<br />
zweiten Lebensdauerkomponente des zerrissenen und gewalzten Materials. Im gewalzten<br />
X12CrNi18.8 s<strong>in</strong>kt er kont<strong>in</strong>uierlich nach dem Auftreten der zweiten Komponente von 145<br />
ps auf 130 ps, während die Intensität um den Mittelwert von 76% schwankt. Im zerissenen<br />
Material streut er stärker mit Werten von 155 ps bis 188 ps und ohne erkennbare Tendenz,<br />
wobei die Intensität kont<strong>in</strong>uierlich ger<strong>in</strong>ger wird. Die erste Komponente besitzt wie im<br />
X5CrNi18.8 e<strong>in</strong>en Lebensdauerwert ähnlich dem von defektfreiem Material, was e<strong>in</strong> Indiz<br />
für die Koexistenz von schon ausgeheilten und noch defektreichen Gebieten ist. Im gewalzten<br />
Material liegt dieser Wert deutlich unter dem Volumenlebensdauerwert, was auf e<strong>in</strong>e homogene<br />
Defektverteilung h<strong>in</strong>weist.<br />
Insgesamt kann das Ausheilverhalten der austenitischen Stähle mit dem vorliegenden Datenmaterial<br />
nicht befriedigend erklärt werden.<br />
3.4 Zusammenfassung zu den Zugversuchen<br />
Der Verlauf der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> <strong>in</strong> Abhängigkeit von der Dehnung ist bei<br />
allen untersuchten Materialien im wesentlichen gleich: Nach starkem Anstieg bei Beg<strong>in</strong>n der<br />
Zugschädigung wird nach 20% Bruchdehnung vollständiger E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong> Versetzungen<br />
erreicht. Bei allen Materialien weist die während der Anfangsphase der Schädigung existie-
62<br />
3 Schädigung durch Zugspannung<br />
rende Komponente mit annähernd Volumenlebensdauer auf ungleichmäßige Schädigung des<br />
Polykristalls h<strong>in</strong>, bei der <strong>in</strong> ungünstig orientierten Körnern die Versetzungsdichte nur wenig<br />
ansteigt, woh<strong>in</strong>gegen sie <strong>in</strong> günstig orientierten Körnern bereits zu vollständigem E<strong>in</strong>fang<br />
aller <strong>Positron</strong>en <strong>in</strong> Versetzungen und Leerstellenclustern führt. Im Re<strong>in</strong>steisen und Armco-<br />
Eisen wird die Komponente mit Volumenlebensdauer auch am Ende der Schädigung gefunden,<br />
e<strong>in</strong> Zeichen für <strong>in</strong>homogene, evtl. kornorientierungsabhängige dynamische Erholung.<br />
Bei allen untersuchten Materialien wird neben dem Ansteigen der Intensität der Versetzungskomponente<br />
e<strong>in</strong> Ansteigen der Intensität der Leerstellenclusterkomponente gefunden,<br />
d.h., daß im Zuge der Schädigung durch Zugspannung auch Leerstellencluster erzeugt werden.<br />
Im Vergleich der Ausheilung zwischen gewalzten und zerrissenen Proben zeigen sich bei<br />
Re<strong>in</strong>steisen und Armco-Eisen große Unterschiede. Die zerrissenen Proben heilen kont<strong>in</strong>uierlich<br />
ohne deutliche Stufen aus. Die Lebensdauern der Versetzungskomponenten s<strong>in</strong>d merklich<br />
verschieden, was auf verschiedene Versetzungstypen h<strong>in</strong>weist. Im C15 s<strong>in</strong>d diese Unterschiede<br />
nicht mehr sicher nachzuweisen.<br />
Bei den Eisen-Chrom-Legierungen und austenitischen Stähle heilen zerrissene und<br />
gewalzte Proben sehr ähnlich aus, d.h., die mit POLIS detektierte Defektstruktur ist nach<br />
Walzen und Zerreißen annähernd gleich. Die austenitischen Stähle weichen im Ausheilverhalten<br />
erheblich von dem der anderen Materialien ab. Die Änderung der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
um 30 ps bei e<strong>in</strong>komponentigem Spektrum kann bisher nicht erklärt werden.<br />
Auftretende Leerstellencluster heilen im E<strong>in</strong>klang mit Arbeiten an bestrahltem Material<br />
unabhängig vom Material bei ca. 300/C aus.
4 Ermüdungsuntersuchungen 63<br />
4 Ermüdungsuntersuchungen<br />
4.1 Ermüdung<br />
Wird e<strong>in</strong> Werkstück zyklisch belastet, kann es zum Bruch kommen, obwohl die maximal anliegende<br />
äußere Spannung nicht die Streckgrenze überschritten hat. Dieser Effekt wird meist<br />
mit Ermüdung bezeichnet. Im e<strong>in</strong>fachsten Fall ist die zyklische Belastung e<strong>in</strong>e S<strong>in</strong>usschw<strong>in</strong>gung,<br />
die für den Fall äußerer Zug-Druck-Wechselspannung durch<br />
beschrieben wird F m - Mittelspannung, F a - Spannungsamplitude. Es können aber auch zyklisch<br />
von außen e<strong>in</strong>geprägte Dreh- und Biegemomente oder Gestaltsänderungen sowie thermische<br />
E<strong>in</strong>flüsse, die <strong>in</strong>nere Spannungen <strong>in</strong>duzieren, Ermüdung bewirken.<br />
Es muß zwischen Spannungswerten im plastischen und elastischen Bereich unterschieden<br />
werde. Liegen die Spannungswerte über der Streckgrenze bricht der Werkstoff nach e<strong>in</strong>igen<br />
10 bis 1000 Zyklen, sogenannten Schw<strong>in</strong>gspielen. Der Grenzfall des sofortigen Zerreißens<br />
bei Erreichen der Bruchspannung F f wird häufig mit e<strong>in</strong>er viertel Periode angenommen. Bei<br />
Spannungen im elastischen Bereich tritt abhängig vom untersuchten Werkstoff Bruch erst<br />
nach 10 4 bis 10 8 Schw<strong>in</strong>gspielen auf. Entsprechend werden die beiden Schädigungsarten lowcycle-fatigue,<br />
LCF, und high-cycle-fatigue, HCF, genannt. Die bei vielen Materialien auftretende<br />
Grenzspannung F w, unterhalb derer selbst bei sehr großen Schw<strong>in</strong>gspielzahlen (>10 9 )<br />
ke<strong>in</strong> Bruch auftritt, wird als Dauerschw<strong>in</strong>gfestigkeit bezeichnet. Untersucht man für e<strong>in</strong>e<br />
konstante Mittelspannung F m die Schw<strong>in</strong>gspielanzahl, die zum Bruch führt F N, <strong>in</strong> Abhängigkeit<br />
von der Spannungsamplitude, der sog. Wöhlerversuch, und trägt diese Spannungsamplitude<br />
gegen die Bruchschw<strong>in</strong>gspielzahl auf, erhält man die Wöhler-Kurve e<strong>in</strong>es Werkstoffes,<br />
Abb. 4.1.<br />
In der Bruchmechanik wird der Schadensfortschritt bei Ermüdung durch die Rißlänge beschrieben.<br />
Während dieses Prozesses schließen sich Mikrorisse zu Makrorissen zusammen<br />
und schwächen den Materialquerschnitt. Bruch tritt auf, wenn die Spannung, die durch die<br />
Querschnittsreduzierung ansteigt, die Bruchspannung erreicht. Deshalb f<strong>in</strong>den sich auf den<br />
4.1 Wöhlerkurve, F f - Bruchspannung,<br />
F w - Dauerschw<strong>in</strong>gfestigkeit<br />
4.2 schematische Rißwachstumskurve<br />
(33)
64<br />
4 Ermüdungsuntersuchungen<br />
Bruchflächen, die bei ermüdeten Werkstücken entstehen, zwei im Habitus unterschiedliche<br />
Bereiche: Der durch Ermüdungsbruch entstandene Bereich ist meist recht glatt und <strong>in</strong>terkristall<strong>in</strong>,<br />
der durch abschließenden Gewaltbruch entstande rauh und transkristall<strong>in</strong>.<br />
Nach [Blu89] läßt sich der Schädigungsprozeß <strong>in</strong> drei Bereiche, siehe Abb. 4.2, e<strong>in</strong>teilen:<br />
I Rißentstehung<br />
II Rißwachstum 1<br />
III Rißwachstum 2<br />
Nach dem Modell von Neumann [Neu69] entsteht e<strong>in</strong> Riß bei symmetrischen Zug-Druck-<br />
Wechseln, <strong>in</strong>dem <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es entfestigten Gleitbandes (sog. persistent slip band, PSB) bei<br />
Zugbelastung zwei senkrecht zue<strong>in</strong>ander stehende Gleitsysteme betätigt werden. Nach<br />
Schubumkehr verschweißt die so gebildete Oberflächenstufe nicht mehr vollständig, da z.B.<br />
durch Sauerstoffbelegung aus der umgebenden Atmosphäre die chemischen B<strong>in</strong>dungsverhältnisse<br />
geändert s<strong>in</strong>d. Mit Wiederholung der Zug-Druck-Wechselbelastung entstehen <strong>in</strong>nerhalb<br />
des PSB In- und Extrusionen. An technischen Oberflächen existieren meist genügend Fehler,<br />
um e<strong>in</strong>en Anriß auch ohne In- und Extrusionen zu ermöglichen. Übersteigt die Spannungs<strong>in</strong>tensität<br />
)K an der Rißspitze den Schwellenwert )K 0, bildet sich im Bereich II unterhalb<br />
von Intrusionen e<strong>in</strong> Mikroriß, der weiter <strong>in</strong>s Volumen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>läuft. Die an der Spitze des Risses<br />
herrschenden Spannungsverhältnisse bestimmen den weiteren Rißfortschritt, der von der<br />
Rißspitze ausgeht und dessen Geschw<strong>in</strong>digkeit da/dN durch das Paris-Gesetz beschrieben<br />
wird:<br />
c * - Proportionalitätsfaktor, m - Spannungsexponent<br />
Schließlich tritt im Bereich III Bruch durch Querschnittsschwächung e<strong>in</strong>.<br />
4.2 Untersuchung von Ermüdungsbruchflächen<br />
In der Literatur lassen sich zahlreiche Arbeiten f<strong>in</strong>den, die mittels <strong>Positron</strong>enannihilation Materialcharakterisierung<br />
nach Ermüden ausführen. Es konnte jedoch ke<strong>in</strong>e Arbeit gefunden<br />
werden, <strong>in</strong> der die durch Ermüden entstandenen Bruchflächen untersucht wurden. Die hier<br />
vorgestellte Untersuchung kann <strong>in</strong>sofern nicht mit Bekanntem verglichen werden.<br />
An e<strong>in</strong>er Probe St52, die uns freundlicherweise von Prof. Zouhar und Dr. Donath, TU<br />
Dresden, zur Verfügung gestellt wurde, war folgende s<strong>in</strong>usförmige Ermüdung durchgeführt<br />
worden:<br />
1) F m = 150 MPa, F a = 125 MPa, N = 73.000<br />
2) F m = 0, F a = 165 MPa, N = 315.000 bis Bruch<br />
(34)
Die Probe war aus dem Stahl im Walzzustand<br />
gefertigt worden, also nicht wärmebehan<br />
delt. Zur Festlegung des Schädigungsbereiches<br />
war die zyl<strong>in</strong>drische Probe mit e<strong>in</strong>er umlaufenden<br />
Nut versehen, die e<strong>in</strong>e Querschnittsreduzierung<br />
bewirkte. Auf der Bruchfläche ließen sich<br />
zwei habituell unterscheidbare Bereiche klassifizieren,<br />
die Ermüdungsbruch durch Rißfortschritt<br />
und abschließendem Gewaltbruch zugeordnet<br />
werden [Don92].<br />
Zur Verifizierung des Ermüdungse<strong>in</strong>flusses<br />
auf die Defektstruktur wurden aus dem Spannbereich<br />
der Zyl<strong>in</strong>derproben zwei Scheiben ausgesägt<br />
und stufenweise abgeätzt, um die<br />
Schichtdicke der Sägeschädigung zu ermitteln.<br />
4 Ermüdungsuntersuchungen 65<br />
179.6<br />
173 (97.4%)<br />
426 (02.6%)<br />
4.3 mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> <strong>in</strong><br />
Abhängigkeit von der Ätztiefe bei<br />
e<strong>in</strong>er gesägten Oberfläche von St52<br />
Abb. 4.3 zeigt die Abnahme der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> mit der Ätztiefe. Ab ca 50<br />
:m Materialabtrag ist ke<strong>in</strong>e weitere Tiefenabhängigkeit mehr zu verzeichnen, was <strong>in</strong> ausgezeichneter<br />
Übere<strong>in</strong>stimmung mit den <strong>in</strong> Punkt 5.3.3.2 vorgestellten Untersuchungen und den<br />
Arbeiten von PARK et al. [Park85b] ist. Hieraus kann also auf e<strong>in</strong>e mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
von ca. 149-152 ps im Ausgangsmaterial geschlossen werden.<br />
Die Bruchflächen der beiden Probenhälften wurden so abgesägt, daß ca. 1,5 mm dicke<br />
Scheiben entstanden. Bei der anschließenden Untersuchung der Bruchflächen konnte <strong>in</strong><br />
Kenntnis der vorstehenden Ergebnisse e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>fluß des Sägens auf die Meßspektren ausgeschlossen<br />
werden. Zur Untersuchung wurde die <strong>Positron</strong>enquelle direkt zwischen die Bruchflächen<br />
gelegt. Auf Grund der Oberflächentopologie war die Anordnung komplementärer<br />
Bereiche auf den beiden Bruchflächen e<strong>in</strong>deutig reproduzierbar. Die erhebliche Rauhigkeit<br />
der Probenoberfläche, besonders im Bereich des Gewaltbruchs, führte, wie abzusehen, zu<br />
e<strong>in</strong>er Schädigung der <strong>Positron</strong>enquelle, sie war nach den Messungen nicht mehr verwendbar.<br />
Für ausgedehnte Messungen an Bruchflächen muß die Verwendung e<strong>in</strong>er Folienquelle als<br />
ungeeignet angesehen werden.<br />
Bei E<strong>in</strong>satz sehr dünner Quellfolien,<br />
wie im vorliegenden Fall,<br />
wird die Quelle beschädigt, dicke<br />
Folien würden sich der Topologie<br />
nur ungenügend anpassen,<br />
was neben der stark erhöhten<br />
Intensität des Folienterms <strong>in</strong><br />
der Quellkorrektur zu e<strong>in</strong>em Anstieg<br />
der <strong>Positron</strong>iumkomponente<br />
durch dickere Luftschichten<br />
führen würde. Als Ausweg bliebe<br />
die Verwendung e<strong>in</strong>es<br />
gepulsten monoenergetischen<br />
<strong>Positron</strong>enstrahls, bei dem diese<br />
Schwierigkeiten a-priori entfallen,<br />
[Willu94].<br />
In Abb. 4.4 s<strong>in</strong>d die Lage der<br />
Meßbereiche (der Größe der ver-<br />
untersuchte Bereiche<br />
180.7<br />
175 (97.4%)<br />
396 (02.6%)<br />
175.3<br />
159 (86.2%)<br />
277 (13.8%)<br />
187.0<br />
180 (98.1%)<br />
551 (01.9%)<br />
179.3<br />
161 (87.2%)<br />
304 (12.8%)<br />
τ<br />
τ 1 ( I1)<br />
τ ( I )<br />
2 2<br />
Ermüdungsbruch Gewaltbruch<br />
=<br />
=<br />
=<br />
148.6 ps<br />
111 ps (66.1%)<br />
222 ps (33.9%)<br />
Referenz-<br />
Material<br />
4.4 POLIS-Analyse der Bruchfläche von ermüdetem St52
66<br />
4 Ermüdungsuntersuchungen<br />
wendeten Folienquelle entsprechend) und die Ergebnisse der frei zweikomponentigen Spektrenzerlegung<br />
dargestellt. Sowohl im Bereich des Ermüdungsbruches als auch im Bereich des<br />
Gewaltbruches ist die mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> gegenüber dem Ausgangsmaterial deutlich<br />
erhöht. In allen Fällen muß von vollständigem E<strong>in</strong>fang der <strong>Positron</strong>en <strong>in</strong> Defekte ausgegangen<br />
werden, e<strong>in</strong>e dreikomponentige Zerlegung lieferte ke<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvollen Ergebnisse. Die<br />
Spektrenzerlegungen und damit die Defektstrukturen ähneln sich <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Bruchbereiches,<br />
weichen aber vom Ermüdungs- zum Gewaltbruch deutlich vone<strong>in</strong>ander ab. Die erste<br />
Lebensdauerkomponente läßt sich durch ihre Größe Versetzungen zuordnen. Im Bereich des<br />
Gewaltbruches ist e<strong>in</strong>e deutliche Komponente von kle<strong>in</strong>en Leerstellenagglomeraten zu verzeichnen.<br />
Im Bereich der Ermüdungsbruchfläche s<strong>in</strong>d die Leerstellenagglomerate erheblich<br />
größer und haben wesentlich ger<strong>in</strong>gere Dichte, hier dom<strong>in</strong>ieren Versetzungen. Die hier erhaltenen<br />
Ergebnisse f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> guter Übere<strong>in</strong>stimmung mit der NEUMANNschen Theorie der<br />
Rißentstehung und -ausbreitung bei zyklischer Belastung [Neu69],die besagt, daß die Wände<br />
des Risses dicht mit Versetzungskernen belegt s<strong>in</strong>d. Beim abschließenden Gewaltbruch h<strong>in</strong>gegen,<br />
der transkristall<strong>in</strong> verläuft, erzeugen sich schneidende Versetzungen Leerstellen, die<br />
sich zu Agglomeraten zusammenlagern können, wie aus der deutlich größeren Intensität der<br />
zweiten Komponente <strong>in</strong> Abb. 4.4 auch ersichtlich.<br />
4.3 Untersuchung der Ermüdung mit niedrigen Amplituden<br />
Um den Fortschritt der Defektstrukturänderung<br />
mit der Anzahl der Schw<strong>in</strong>gspiele<br />
im HCF zu untersuchen, wurden<br />
Re<strong>in</strong>steisenproben mit verschiedenen<br />
Spannungsamplituden ermüdet. Der Spannungsverlauf<br />
war s<strong>in</strong>usförmig, Mittelspannung<br />
und Spannungsamplitude waren<br />
gleich, so daß mit re<strong>in</strong>er Zugbelastung gearbeitet<br />
wurde. Es kamen vier verschiedene<br />
Spannungswerte zum E<strong>in</strong>satz. Die Ma-<br />
4.5 Gestalt der untersuchten Proben<br />
ximalspannungen, jeweils gleich der doppelten Mittelspannung entsprechend, wurden auf<br />
20%, 40%, 60% und 80% des Spannungsgrenzwertes für l<strong>in</strong>ear-elastische Dehnung (Hooke'scher<br />
Bereich) e<strong>in</strong>gestellt, die Frequenz der Ermüdung lag bei 7 bis 10 Hz. In diesem<br />
Spannungsbereich ist mit Lastspielzahlen von m<strong>in</strong>destens 10 5 bis 10 6 zu rechnen, bevor Ermüdungsbruch<br />
auftritt, bzw. die Spannungen liegen <strong>in</strong>nerhalb der Dauerschw<strong>in</strong>gfestigkeit.<br />
Noch höhere Lastspielzahlen s<strong>in</strong>d selten untersuchbar, da die nötigen Experimentierzeiten<br />
schnell unzumutbar hoch werden. Für 10 7 Schw<strong>in</strong>gspiele s<strong>in</strong>d bspw. schon über 11 Tage nötig,<br />
wenn man mit e<strong>in</strong>er Frequenz von 10 Hz arbeitet.<br />
Um sicherzugehen, daß der Bereich maximaler Schädigung mittels POLIS untersucht<br />
wird, wurden Flachzugproben verwendet, wie <strong>in</strong> Abb. 4.5 dargestellt. Vor Beg<strong>in</strong>n der Ermüdung<br />
waren die Proben bei 1100/C für ca. 40 M<strong>in</strong>uten im Vakuum (p
4 Ermüdungsuntersuchungen 67<br />
Mio Gesamtereignisse, nach der Quellkorrektur blieben ca. 2,3 Mio Ereignisse im Nutzspektrum.<br />
Anschließend wurden die Proben weiterermüdet. Unsicherheiten <strong>in</strong> der Reproduzierbarkeit<br />
des Meßbereiches rühren aus der Genauigkeit, mit der die Quelle wieder auf der Probe<br />
plaziert werden konnte. Diese wird mit ca. 0,5 mm abgeschätzt. Bei e<strong>in</strong>em Durchmesser<br />
des aktiven Bereiches von ungefähr 1,5 mm muß also mit e<strong>in</strong>er gewissen Streuung gerechnet<br />
werden.<br />
Durch die Verwendung von GaAs als Referenz ist die Spektrenzerlegung nicht ausreichend<br />
stabil und fehlerbehaftet, siehe Punkt 2.2.4. Deshalb muß auf e<strong>in</strong>e Interpretation der<br />
Zerlegung verzichtet werden. Abb. 4.6 stellt die mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> gegen die<br />
Anzahl der Schw<strong>in</strong>gspiele dar. Es zeigt sich, daß die mittlere Lebensdauer der <strong>Positron</strong>en für<br />
die vier betrachteten Fälle während der ersten 100 bis 300 Schw<strong>in</strong>gspiele e<strong>in</strong>en mehr oder<br />
m<strong>in</strong>der stetigen Anstieg zeigt, danach aber um e<strong>in</strong>en konstanten Wert streut. Die Streuungen<br />
müssen zum Teil auf Instabilitäten des Meßplatzes zurückgeführt werden. Das wird deutlich,<br />
wenn man den Verlauf von J2 der vier Proben gegene<strong>in</strong>ander betrachtet: Das Vorzeichen der<br />
Änderung im Verlauf nach 300 Lastzyklen ist jeweils gleich. Der Versuch wurde nach 3A10 5<br />
Schw<strong>in</strong>gspielen abgebrochen, bis dah<strong>in</strong> war noch ke<strong>in</strong> Bruch aufgetreten.<br />
Der Anstieg von J2 mit der Schw<strong>in</strong>gspielzahl läßt sich mit der Generierung von Versetzungen<br />
erklären, die beim Abgleiten <strong>in</strong>nerhalb von Gleitsystemen günstig orientierter Körner<br />
entstehen. Nach Erschöpfung der Gleitsysteme, die mit der maximal anliegenden Spannung<br />
betätigt werden können, nimmt die Versetzungsdichte nicht weiter zu. Da sich trotz konstanter<br />
Versetzungsdichte bei weiteren Schw<strong>in</strong>gspielen die Versetzungen noch umlagern,<br />
[Luk64], ist e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>fluß der Versetzungsstruktur auf die mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> ebenfalls<br />
möglich, d.h., beim Aufbau evtl. zellularer Versetzungsnetzwerke setzt sich das gemessene<strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektrum<br />
aus Anteilen zusammen,<br />
die e<strong>in</strong>erseits aus den<br />
Zellwänden mit hoher Versetzungsdichte,<br />
andererseits aus<br />
den <strong>in</strong>nneren Zellbereichen<br />
mit ger<strong>in</strong>ger Versetzungsdichte<br />
stammen. Es ist bemerkenswert,<br />
daß bei allen Spannungswerten<br />
sofort nach dem ersten<br />
Lastspiel e<strong>in</strong>e Erhöhung der<br />
mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
gefunden wird. Auf<br />
Grund der Streuungen und<br />
systematischen Unsicherheiten<br />
kann diese sofortige Erhöhung<br />
aber nur bei den beiden hohen<br />
Spannungen als gesichert angesehen<br />
werden. Dieses bedeutet,<br />
daß das Material sofort<br />
e<strong>in</strong>e Veränderung se<strong>in</strong>er Defektstruktur<br />
erfährt.<br />
Das Erreichen e<strong>in</strong>es Sättigungswertes<br />
der mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
wird auch<br />
4.6 mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> von HCF-geschädigtem<br />
Re<strong>in</strong>steisen
68<br />
4 Ermüdungsuntersuchungen<br />
<strong>in</strong> anderen Arbeiten beschrieben, <strong>in</strong> denen axiale Ermüdung verfolgt wird. WANG et al. f<strong>in</strong>den<br />
<strong>in</strong> ausgeheiltem Nickel bei LCF e<strong>in</strong>e Sättigung von J2 bei ca. 165 ps ab e<strong>in</strong>er Schw<strong>in</strong>gspielzahl<br />
von N = 250 bis zum Bruch bei N = 4500 [Wang85]. Bei GROBSTEIN et al. wird die<br />
Verr<strong>in</strong>gerung der zweiten Lebensdauerkomponente mit der Schw<strong>in</strong>gspielzahl bei gleichzeitigem<br />
Anstieg der Intensität dieser Komponente beschrieben, hier war ebenfalls ausgeheiltes<br />
Nickel mit hoher Amplitude (F = 154 MPa) ermüdet worden [Gro85]. GAUSTER et al. ermüdeten<br />
Nickel mit unterschiedlichen Dehnungsamplituden und fanden für hohe Amplituden (g<br />
= 1,8%) e<strong>in</strong>e Sättigung des S-Parameters schon nach 10 Schw<strong>in</strong>gspielen [Gau79]. Für kle<strong>in</strong>ere<br />
Dehnungen (g = 0,6%) wurde bis 47000 Dehnungszyklen ke<strong>in</strong>e Sättigung im S-Parameter<br />
gefunden.<br />
Im Gegensatz dazu stehen die Ergebnisse der Arbeiten von KARJALAINEN et al., die bei<br />
Biegebeanspruchung <strong>in</strong> normalisiertem kohlenstoffarmen Stahl 16Mn2 e<strong>in</strong>en stetigen Anstieg<br />
der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> mit der Schw<strong>in</strong>gspielzahl f<strong>in</strong>den [Kar80]. Im Fall<br />
mittlerer Dehnungsamplituden wird von e<strong>in</strong>er deutlichen Plateauphase und nachfolgend<br />
weiterem Anstieg berichtet. Da die Autoren nicht wie im vorliegenden Fall mit konstanter<br />
Spannung, sondern mit konstanter Dehnung arbeiteten, s<strong>in</strong>d die Ergebnisse nicht direkt mit<br />
anderen vergleichbar. Ohne Erklärung blieb hier die Angabe der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
für das ausgeheilte Ausgangsmaterial J2 > 150 ps, die ca 35 ps über den sonst zitierten<br />
Werten liegt. In ebenfalls biegebeanspruchtem Kupfer [Kar82] zeigt sich bei LCF wieder e<strong>in</strong><br />
Plateau <strong>in</strong> J2 mit nachfolgendem Anstieg und Bruch nach ca. 5A10 3 Lastwechseln, bei HCF<br />
zunächst e<strong>in</strong> Anstieg und schließlich ab 1000 Schw<strong>in</strong>gspielen e<strong>in</strong>e Sättigung bei 190 ps.<br />
Der Mittelwert, um den die mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> der mit 94 MPa ermüdeten<br />
Probe nach Erreichen des Höchstwertes nach 100 Lastzyklen streut, liegt bei 125 ps, Abb.<br />
4.7. Damit ergibt sich e<strong>in</strong> Anstieg von 11 ps während der Anfangsphase der Ermüdung. Aus<br />
den Untersuchungen der Abhängigkeit der POLIS-Parameter von der Zugspannung ist bekannt,<br />
daß im Anfangsbereich der Schädigung die Erzeugung von Leerstellenclustern ger<strong>in</strong>g<br />
ist, Abb. 3.3. Geht man von der allgeme<strong>in</strong> anerkannten Vorstellung aus, daß beim Ermüden<br />
im HCF Versetzungen generiert werden, z.B. [Luk64] und nimmt an, daß der E<strong>in</strong>fang durch<br />
eventuell vorhandene andere <strong>Positron</strong>enhaftstellen gegenüber dem E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong> Versetzungen<br />
vernachlässigbar ist, kann man mit Hilfe des Trapp<strong>in</strong>gmodells mit e<strong>in</strong>em Defekttyp die Änderung<br />
<strong>in</strong> der <strong>Positron</strong>ene<strong>in</strong>fangrate abschätzen, Gleichungen (15) - (18). Diese beträgt )6 =<br />
1,04A10 10 s -1 , wenn man J b =104 ps setzt. Mit der spezifischen E<strong>in</strong>fangrate von Versetzungen<br />
<strong>in</strong> Eisen von PARK et al. [Park85c] : d = 1,1 cm 2 s -1 läßt sich e<strong>in</strong>e Erhöhung der Versetzungsdichte<br />
berechnen, die 9,5A10 9 cm -2 beträgt. Das f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> guter Übere<strong>in</strong>stimmung mit den<br />
Ergebnissen von LUKÁŠ und KLESNIL [Luk64] die Re<strong>in</strong>steisen mit 10,3 kp/mm -2 (= 101 MPa)<br />
bis zu 3,4A10 5 Schw<strong>in</strong>gspielen ermüdeten. Innerhalb der ersten 200 Lastspiele fanden die Autoren<br />
mittels TEM e<strong>in</strong>en Anstieg der Versetzungsdichte auf ca. 8A10 9 cm -2 und, wie im vorliegenden<br />
Fall, deren Konstanz bei weiterer Ermüdung.
4.4 In-situ Untersuchung der Ermüdung<br />
Um die E<strong>in</strong>satzfähigkeit des portablen<strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>-Spektrometers<br />
zu demonstrieren, wurde dieses<br />
an e<strong>in</strong>er Universal-Prüfmasch<strong>in</strong>e<br />
aufgebaut, Abb. 4.8. Bei diesen vor-<br />
Ort-Untersuchungen kam e<strong>in</strong>e spezielle<br />
Quelle zum E<strong>in</strong>satz, die im<br />
Aufbau von den im Laborbetrieb<br />
verwendeten Folienquellen abwich.<br />
Die Lösung des radioaktiven Salzes<br />
wurde direkt auf e<strong>in</strong> ca 3mm x<br />
4mm großes ca. 0,7mm dickes Stück<br />
z<strong>in</strong>kdotiertes GaAs aufgetropft und<br />
nach E<strong>in</strong>dampfen der Lösung mit<br />
e<strong>in</strong>er 10 :m dicken Alum<strong>in</strong>iumfolie<br />
umhüllt. Abweichend von der sonst<br />
verwendeten 2 :m dicken Quellfolie<br />
wurde hier wegen der im E<strong>in</strong>satz<br />
stärkeren mechanischen Belastung<br />
dieser Quelle derart dicke Folie verwendet.<br />
4 Ermüdungsuntersuchungen 69<br />
4.7 mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> und<br />
Versetzungsdichte von HCF-geschädigtem<br />
Re<strong>in</strong>steisen F max = 94 MPa<br />
Wie Abb. 4.9 zeigt, war die Anordnung noch nicht optimal. Auf Grund der Größe der<br />
Spannköpfe konnten die Sonden nicht bis direkt an die Zugprobe herangefahren werden. Die<br />
Zugproben waren ursprünglich für Spannköpfe konstruiert worden, die wesentlich ger<strong>in</strong>gere<br />
Abmessungen haben. Diese erwiesen sich leider als unbrauchbar, so daß die hier abgebildeten<br />
Spannköpfe zum E<strong>in</strong>satz kommen mußten. Durch den räumlichen Abstand von Quelle und<br />
Sz<strong>in</strong>tillatoren sank die Zählrate erheblich, es konnten <strong>in</strong> vertretbarer Zeit nur Spektren mit ca.<br />
1,5 Mio Gesamtereignissen aufgenommen werden. Deshalb und durch die Schwierigkeiten,<br />
die bei Verwendung von GaAs als Referenzmaterial auftreten, war e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle Zerlegung<br />
der Spektren nicht möglich. Für die Auswertung ist <strong>in</strong>sofern nur die mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
zugängig.<br />
Trotz schlechter experimenteller Bed<strong>in</strong>gungen, die zu mehreren Fehlversuchen führten,<br />
konnte schließlich die Versuchsdurchführung beherrscht werden. Im hier beschriebenen<br />
Versuch war nach der dritten Belastung beim Entlasten, wahrsche<strong>in</strong>lich auf Grund e<strong>in</strong>es<br />
kurzzeitigen Stromausfalls, die Zugprüfmasch<strong>in</strong>e außer Kontrolle geraten und hatte die Probe<br />
geschädigt.
70<br />
4 Ermüdungsuntersuchungen<br />
Abb. 4.8 portables POLIS-Spektrometer <strong>in</strong> koll<strong>in</strong>earem Aufbau an e<strong>in</strong>er Universal-Prüfmasch<strong>in</strong>e<br />
Abb. 4.9 Detailansicht Spannköpfe, Zugprobe mit <strong>Positron</strong>enquelle, Sonden
Abb. 4.10 zeigt das Verhalten<br />
von X5CrNi18.8 im e<strong>in</strong>achsigen<br />
Zugversuch. Die<br />
Messungen erfolgten im e<strong>in</strong>gespannten<br />
Zustand (ohne Last =<br />
Nr.1) sowie abwechselnd im<br />
belasteten und wieder entlasteten<br />
Zustand, wobei die angelegte<br />
Zugspannung jeweils<br />
80% des Hooke’schen Bereiches<br />
entsprach. Der Anstieg<br />
der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
von Messung Nr.1<br />
zu Nr.2 dokumentiert, <strong>in</strong><br />
Übere<strong>in</strong>stimmung mit den Ergebnissen,<br />
die <strong>in</strong> 4.4 vorge-<br />
4 Ermüdungsuntersuchungen 71<br />
mittlere <strong>Positron</strong>en-Lebensdauer [ps]<br />
113<br />
112<br />
111<br />
110<br />
109<br />
108<br />
107<br />
106<br />
105<br />
104<br />
1 2 3 4 5 6<br />
Nummer der Messung<br />
1 - unbelastet<br />
2 - 80% Hooke<br />
3 - entlastet nach 2<br />
4 - 80% Hooke (2. mal)<br />
5 - entlastet nach 4<br />
6 - 80% Hooke (3. mal)<br />
4.10 <strong>in</strong>-situ Ermüdungsverhalten von X5CrNi18.8<br />
stellt wurden, daß e<strong>in</strong>e Zugbelastung im l<strong>in</strong>ear-elastischen Bereich e<strong>in</strong>e sofortige Änderung<br />
der Defektstruktur bewirkt. Das heißt, trotz makroskopischer Reversibilität der Dehnung s<strong>in</strong>d<br />
im Polykristall mikroskopisch irreversible Vorgänge abgelaufen. Im Fall e<strong>in</strong>achsiger Zugbelastung,<br />
wie hier vorliegend, kann sicher von der Generierung von Versetzungen durch Betätigung<br />
von Gleitsystemen <strong>in</strong> günstig orientierten Körnern ausgegangen werden [Luk64].<br />
E<strong>in</strong> solches Ergebnis ersche<strong>in</strong>t zw<strong>in</strong>gend notwendig, da ja sonst ke<strong>in</strong>e Ermüdung mit Amplituden,<br />
die <strong>in</strong>nerhalb des l<strong>in</strong>ear-elastischen Bereiches liegen (HCF), möglich wäre. In der<br />
Literatur wurde aber bisher ke<strong>in</strong> derartiger Vermerk gefunden, daß e<strong>in</strong>e geänderte Defektstruktur<br />
nach erster Belastung <strong>in</strong>nerhalb des l<strong>in</strong>ear-elastischen Bereiches gefunden wird.<br />
Nach Entlastung und nochmaliger Zugbelastung steigt J2 weiter an. Die anzunehmende<br />
darüberh<strong>in</strong>ausgehende Erhöhung von J2 bei e<strong>in</strong>er dritten Zugbelastung war nicht zu messen,<br />
kann aber auf Grund der systematischen Fehler auch nicht negiert werden. Hier bedürfte es<br />
e<strong>in</strong>er erneuten Versuchsdurchführung mit verbesserter konstruktiver Anpassung von Zugmasch<strong>in</strong>e<br />
und Spektrometer.<br />
Der Abfall der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> vom belasteten <strong>in</strong> den unbelasteten Zustand<br />
ersche<strong>in</strong>t signifikant, kann aber nicht mit letzter Sicherheit als nachgewiesen betrachtet<br />
werden, da er <strong>in</strong>nerhalb der Fehlerbalken liegt. Inwieweit dieser Effekt auf relaxierende Versetzungen<br />
oder auf andere elastische Phänomene z.B. Gitteraufweitung zurückzuführen ist,<br />
dürfte bei geeigneter Versuchsdurchführung zu verifizieren se<strong>in</strong>: Ausgehend vom zweikomponentigen<br />
Trapp<strong>in</strong>gmodell (Annahme: e<strong>in</strong> Defekttyp, J d = 145 ps) wäre beim Abfall von J2<br />
wie von Meßpunkt 4 auf Meßpunkt 5 e<strong>in</strong>e Änderung der Intensität I 2 von 34,1% auf 27,8%<br />
zu erwarten. Abweichungen davon und besonders Abweichungen <strong>in</strong> der aus den Meßwerten<br />
nach Gleichungen (12) - (15) errechneten Volumenlebensdauer zwischen belastetem und entlastetem<br />
Zustand wären e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis auf E<strong>in</strong>flüsse, die nicht von relaxierenden Versetzungen<br />
herrühren.
72<br />
4 Ermüdungsuntersuchungen<br />
4.5 Zusammenfassung der Ergebnisse zur Ermüdung<br />
Nach Ermüdungsbruch wurden deutliche Unterschiede <strong>in</strong> den POLIS-Parametern der verschiedenen<br />
Bruchbereiche festgestellt. In dem mit POLIS analysierbaren Bereich von ca. 100<br />
:m unter dem Oberflächenbereich, der durch abschließenden Gewaltbruch entstanden war,<br />
wurde e<strong>in</strong> größerer Anteil Lerstellencluster festgestellt, woh<strong>in</strong>gegen im Bereich unter der<br />
Bruchfläche, die während der Ermüdungsphase durch Rißfortschritt entstanden war, fast ausschließlich<br />
Versetzungen gefunden wurden.<br />
Bei HCF-Ermüdung von Re<strong>in</strong>steisen wird während der ersten ca. 300 Schw<strong>in</strong>gspiele e<strong>in</strong>e<br />
stetige Erhöhung der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> gefunden. Nachfolgend streut der Wert<br />
bis 3A10 5 Schw<strong>in</strong>gspiele um e<strong>in</strong>en konstanten Mittelwert, d.h. die Defektdichte bleibt nahezu<br />
konstant.<br />
Mit e<strong>in</strong>em an e<strong>in</strong>er Universal-Prüfmasch<strong>in</strong>e aufgebautem Spektrometer konnte die sofortige<br />
Änderung der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> und damit der Defektstruktur nach erstmaliger<br />
Belastung im makroskopisch l<strong>in</strong>earen Bereich nachgewiesen werden.
5 Untersuchung von Kriechschäden 73<br />
5 Untersuchung von Kriechschäden<br />
5.1 Kriechen<br />
Ab e<strong>in</strong>er Temperatur von ca. der halben<br />
Schmelztemperatur f<strong>in</strong>det man bei konstanter<br />
äußerer Spannung e<strong>in</strong>e stetige Längung<br />
des untersuchten Materials. Dieser Effekt<br />
wird als Kriechen bezeichnet. Dabei steigt<br />
mit zunehmender Temperatur T und Spannung<br />
F die Kriechgeschw<strong>in</strong>digkeit, Abb. 5.1.<br />
Als Maß für die Schädigung des Materials<br />
wird meist die relative Längenänderung verwendet,<br />
<strong>in</strong> technischen Anwendungen aber<br />
auch die relative Dichteänderung oder die<br />
Porösität.<br />
5.1 Kriechkurve für verschiedene Temperaturen<br />
und Spannungen nach [Blu89]<br />
Man f<strong>in</strong>det drei Bereiche Vol89], [Blu89], [Scha75], die sich durch ihre Kriechgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />
unterschieden: Im ersten und zeitlich kurzen Bereich, auch Übergangskriechen genannt,<br />
s<strong>in</strong>kt die Kriechgeschw<strong>in</strong>digkeit mit der Zeit. Bei den dabei auftretenden Versetzungsschneidprozessen<br />
bilden sich, wie schon oben beschrieben, H<strong>in</strong>dernisse, die zu e<strong>in</strong>er Verfestigung<br />
führen. Der Bereich zwei ist durch dynamische Erholung gekennzeichnet, das Produkt<br />
aus Versetzungsgeschw<strong>in</strong>digkeit v und Dichte der beweglichen Versetzungen D bleibt gleich,<br />
die Kriechgeschw<strong>in</strong>digkeit g @ nach der Orowan-Beziehung<br />
demzufolge über e<strong>in</strong>en langen Zeitraum konstant. Dieser Zustand wird als stationäres Kriechen<br />
bezeichnet. M <strong>in</strong> (35) bezeichnet den Taylorfaktor, der den Zusammenhang zwischen<br />
e<strong>in</strong>kristall<strong>in</strong>em Abgleiten und polykristall<strong>in</strong>er Dehnung beschreibt: M = F x / J = da / dg x und<br />
<strong>in</strong> fcc-Metallen bei ca. 3 liegt (b - Länge des Burgers-Vektors). Durch Porenbildung und <strong>in</strong>homogene<br />
E<strong>in</strong>schnürung der Probe bei weiterer Dehnung wird der Bereich II, der ansonsten<br />
zu unendlichen Dehnungen führen könnte, <strong>in</strong> den Bereich III überführt. In diesem Stadium<br />
wächst die Dehnungsgeschw<strong>in</strong>digkeit wieder stark an und führt, gemessen an der Gesamtlebensdauer,<br />
nach relativ kurzer Zeit zum Bruch der Probe. Dabei wird verstärkt Korngrenzengleiten<br />
beobachtet.<br />
Zur Abschätzung von Kriechschäden <strong>in</strong> der technischen Anwendung reicht e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zelne<br />
Kriechkurve nicht aus. Von besonderem Interesse ist die Voraussage, nach welcher Belastung<br />
und Zeit z.B. e<strong>in</strong>e bestimmte noch zulässige Dehnung erreicht ist. Man bedient sich dazu sog.<br />
Zeitstandsdiagramme, die für jeweils e<strong>in</strong>e Temperatur gelten. Wie <strong>in</strong> Abb. 5.2 angegeben,<br />
(35)
74<br />
erhält man e<strong>in</strong> Zeitstandsdiagramm, <strong>in</strong>dem<br />
man aus e<strong>in</strong>er Schar Kriechkurven verschiedener<br />
Spannungen Zeitwerte für festgelegte<br />
Dehnungen abliest. Beim Auftragen <strong>in</strong><br />
doppelt-logarithmischer Darstellung im<br />
Zeitstand-Schaubild ergeben sich meist Geraden.<br />
Knicke weisen auf Rekristallisationen<br />
bzw. Phasenumwandlungen h<strong>in</strong>.<br />
Zur Verr<strong>in</strong>gerung der Kriechgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />
ist es möglich, durch geeignete Maßnahmen,<br />
z.B. Teilchenhärtung, spezielle Kriechmechanismen<br />
zu reduzieren. Die Zeitstandsdiagramme<br />
sagen aber noch nichts darüber<br />
aus, welcher mikroskopische Mechanismus<br />
für das Kriechen des Materials verantwortlich<br />
ist. ASHBY hat e<strong>in</strong>e Darstellungsform<br />
vorgeschlagen [Ash72], die er deformationmechanism<br />
maps nennt und die jeweils für<br />
Material e<strong>in</strong>er Korngröße gelten, aus denen<br />
man <strong>in</strong> Abhängigkeit von der homologen<br />
Temperatur und der homologen Spannung<br />
den vorherrschenden Mechanismus der Verformung<br />
ablesen kann, Abb 5.3. Ausgehend<br />
von den e<strong>in</strong>gangs erwähnten sechs Verformungsmöglichkeiten<br />
für kristall<strong>in</strong>e Stoffe<br />
werden <strong>in</strong> den Verformungsmechanismus-<br />
Karten vier für das Kriechen relevante<br />
Verformungsmechanismen angenommen.<br />
Dabei beziehen sich die Karten immer auf<br />
den Prozeß des stationären Kriechens, vgl.<br />
Abb. 5.1. Es erfolgt jedoch ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>beziehung<br />
"exotischer" Verformungsarten wie<br />
z.B. der Superplastizität oder der Verzwill<strong>in</strong>-<br />
5 Untersuchung von Kriechschäden<br />
5.2 Ableitung des Zeitstandschaubildes aus<br />
Kriechkurven nach [Hor94]<br />
5.3 Ashby-Map (schematisch)<br />
gung. Aus den Karten lassen sich deutliche Unterschiede im Verhalten von Stoffen unterschiedlicher<br />
Gitterstruktur ablesen. Außerdem f<strong>in</strong>det ASHBY e<strong>in</strong>e erhebliche Vergrößerung<br />
des Kriechgebietes zu ger<strong>in</strong>geren homologen Temperaturen mit s<strong>in</strong>kender Korngröße. Die<br />
L<strong>in</strong>ien zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Kriechmechanismen stellen allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>e feste Grenze dar,<br />
sondern s<strong>in</strong>d so zu <strong>in</strong>terpretieren, daß hier die Beiträge zum Kriechen beider angrenzender<br />
Prozesse e<strong>in</strong>ander die Waage halten.<br />
Bei weiterer Kriechschädigung tritt schließlich Kriechbruch auf. Diesem geht [Vol89] die<br />
Bildung, das Wachstum und schließlich der Zusammenschluß von Poren voraus. Aus dem<br />
Zusammenschluß von Poren zu Mikrorissen entsteht bei deren Wachstum schließlich e<strong>in</strong> Makroriß,<br />
der den Probenquerschnitt an e<strong>in</strong>er Stelle soweit verr<strong>in</strong>gert, daß es schließlich zum<br />
Bruch kommt.
5.2 Literaturanalyse<br />
5 Untersuchung von Kriechschäden 75<br />
In der Literatur f<strong>in</strong>den sich nur wenige Arbeiten, die Kriechschäden mit <strong>Positron</strong>enannihilation<br />
untersuchen [Ber79], [Hri87], [All89], [Liu92].<br />
In [Liu92] wird Stahl der Marke 12Cr1MoV mittels POLIS untersucht. Das untersuchte<br />
Material war aus Dampfrohren e<strong>in</strong>es Kraftwerkes entnommen. Als Maß für die Kriechschädigung<br />
verwenden die Autoren die relative Dichteänderung )D/D 0. Bei )D/D 0 = 4% werden<br />
Mikrorisse beobachtet. Es werden ke<strong>in</strong>e Angaben über weitere Probenpräparation wie Schleifen<br />
oder Ätzen angegeben. Das Referenzmaterial wird mit 128ps mittlerer Lebensdauer angegeben,<br />
wie die Autoren behaupten derselbe Wert wie Eisen. In der e<strong>in</strong>schlägigen Literatur<br />
wird der Volumenwert der <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> für Eisen aber mit 104-108ps aufgeführt,<br />
[Schae87], [Shi92], [Veh82], z.T. auch etwas höher z.B. 114 ps <strong>in</strong> [Park85c]. Die Autoren<br />
zerlegen die Spektren <strong>in</strong> drei Komponenten, wobei die zweite Komponente von ca. 200ps bis<br />
zu ca. 300ps während des Kriechprozesses ansteigt. Über die dritte Komponente wird lediglich<br />
ausgesagt, daß sie als Haftstellen an <strong>in</strong>neren Oberflächen <strong>in</strong>terpretiert wird, e<strong>in</strong> Zahlenwert<br />
oder gar e<strong>in</strong> Verlauf dieser Komponente wird nicht angegeben. Da auch ke<strong>in</strong> Zahlenwert<br />
über die Größe der ersten Komponente bereitgestellt wird, kann die ebenfalls aufgestellte<br />
Aussage, daß ke<strong>in</strong> vollständiger E<strong>in</strong>fang beobachtet wird, nicht verifiziert werden. Es<br />
ersche<strong>in</strong>t aber unwahrsche<strong>in</strong>lich, daß bei e<strong>in</strong>em Ansteigen der mittleren Lebensdauer über<br />
200 ps bis h<strong>in</strong> zu ca. 350 ps (e<strong>in</strong> für Metalle ungewöhnlich hoher Wert) ke<strong>in</strong> vollständiger<br />
E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong> Defekten zu verzeichnen ist.<br />
In [Ber79] untersuchen die Autoren e<strong>in</strong>en per Kriechen zerrissenen Rundstab der Superlegierung<br />
Inconel X750. Sie f<strong>in</strong>den e<strong>in</strong> Ansteigen der Intensität der zweiten Lebensdauerkomponente<br />
bei zweikomponentiger Zerlegung zum Bruchort h<strong>in</strong>. Diese zweite Komponente<br />
wird mit 227 ps fixiert, nach Angaben der Autoren der Wert für Versetzungen <strong>in</strong> Nickel und<br />
Ni-Co Legierungen. Es werden ke<strong>in</strong>e Angaben über e<strong>in</strong>en Sandwichaufbau oder Quellkorrektur<br />
gemacht.<br />
In [All89] führen die Autoren mittels Doppler-Technik Untersuchungen an kriechgeschädigtem<br />
2¼Cr1Mo durch (F = 70 MPa, h = 500 - 650/C). Sie f<strong>in</strong>den bei 500/C zunächst nach<br />
100 Stunden Belastung e<strong>in</strong>en starken Anstieg im S-Parameter, der sich aber bei weiterer Belastung<br />
bis zum Bruch nicht mehr ändert und <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em gesamten Verlauf kaum vom Vergleichswert<br />
thermisch ausgelagerten Materials unterscheidet. Bei 575/C bleiben Meß- und<br />
Vergleichswert ebenfalls nach 100 Stunden nahezu konstant, aber mit deutlichem Unterschied<br />
gegene<strong>in</strong>ander. Starker Abfall des S-Parameters vom Ausgangszustand bis zum Bruch<br />
wird bei 650/C beobachtet. Dieses wird als Effekt sich bildender Karbid-Ausscheidungen<br />
angesehen.<br />
12XMF-Stahl wird <strong>in</strong> [Hri87] nach Kriechschädigung bei 590/C und 550/C mittels<br />
Doppler-Technik untersucht. Es wird e<strong>in</strong>e deutliche Schmälerung der <strong>Annihilation</strong>sl<strong>in</strong>ie im<br />
geschädigten Bereich gegenüber dem Kopfbereich der Standardzugprobe ermittelt. E<strong>in</strong>e<br />
weitere Schmälerung der <strong>Annihilation</strong>sl<strong>in</strong>ie wird <strong>in</strong> der mit 550/C belasteten gegenüber der<br />
mit 590/C belasteten Probe gefunden und e<strong>in</strong>er erhöhten dynamischen Erholung bei höherer<br />
Temperatur zugeordnet.
76<br />
5.3 Untersuchte Proben<br />
5 Untersuchung von Kriechschäden<br />
Die im Rahmen des Projektes "European Action COST 501 - Round 2" zum Gebiet Work<strong>in</strong>g<br />
Package 5C "Prediction of Residual Lifetime Under Simulated Service Loads" Nr. D4 durchgeführten<br />
Untersuchungen "Application of Ultrasonic and Micromagnetic Test<strong>in</strong>g Methods<br />
for Creep Damage Assessment" wurden durch das Fraunhofer-Institut für zerstörungsfreie<br />
Prüfverfahren, Saarbrücken, an verschiedenen Probensätzen von Zugproben rechteckigen<br />
Querschnittes vorgenommen, die an der KFA Jülich präpariert worden waren. Vom IzfP wurden<br />
uns freundlicherweise e<strong>in</strong>ige Probensätze für POLIS-Untersuchungen zur Verfügung gestellt.<br />
Als Maß für die Kriechschädigung wird wahlweise die relative Längenänderung (besonders<br />
beim Zugversuch) oder auch die relative Dichteänderung des Materials verwendet. E<strong>in</strong>e<br />
andere Möglichkeit ist die E<strong>in</strong>teilung nach Schadensklassen ("ke<strong>in</strong>e Mikroporen", "vere<strong>in</strong>zelte<br />
Mikroporen" usw.) [VGB92]. Die Ultraschallgeschw<strong>in</strong>digkeit ist auf die Porendichte<br />
empf<strong>in</strong>dlich. Nachfolgende zwei Tabellen zeigen die <strong>in</strong> dieser Arbeit mittels POLIS untersuchten<br />
Kriechproben sowie deren aus [Wil93] entnommenen Parameter Dehnung g, Standzeit<br />
t, Dichteänderung )D/D 0 und Änderung der Schallgeschw<strong>in</strong>digkeit )v/v 0 (Transversalwelle,<br />
5 MHz, E<strong>in</strong>schallung z F, Analysatorpol. z F).<br />
Im Vergleich zwischen Dehnung, Zeit und relativer Dichteänderung zeigt sich, daß die<br />
Dichteänderung erst bei hohen Dehnungen bzw. langen Zeiten merkliche Änderungen zeigt<br />
und <strong>in</strong>sofern zur Charakterisierung der Materialschädigung ungeeignet ist.<br />
Tabelle 5.1: Meßwerte für 14MoV6.3, h = 550/C<br />
F (MPa) Probe g (%) t (h) )D/D 0 (%) )v/v 0 (%)<br />
130<br />
165<br />
BLE 104 0,17 2021 -0,04 0,12<br />
BLE 108 0,42 5943 0 -0,03<br />
BLE 106 0,87 14616 -0,03 -0,09<br />
BLE 107 1,5 21087 - -0,12<br />
BLE 119 2 18971 - -0,15<br />
BLE 113 0,22 526 -0,04 -0,06<br />
BLE 112 0,53 1996 -0,03 0,03<br />
BLE 118 1,05 2935 -0,03 0<br />
BLE 14 1,4 4548 -0,03 -0,03<br />
BLE 124 2,6 5484 -0,09 -0,15<br />
BLE 117 6,2 5967 -0,24 -0,27
Tabelle 5.2: Meßwerte für 13CrMo4.4, F = 140 MPa<br />
5 Untersuchung von Kriechschäden 77<br />
h Probe g (%) t (h) )D/D 0 (%) )v/v 0 (%)<br />
530/C<br />
550/C<br />
BLD 131 0,2 979 -0,05 0,03<br />
BLD 129 0,89 2062 -0,03 -0,03<br />
BLD 130 1,24 7996 -0,03 -0,03<br />
BLD 133 1,96 7996 -0,03 -0,03<br />
BLD 135 5,2 14019 -0,15 -0,15<br />
BLD 145 0,94 1001 -0,03 -0,03<br />
BLD 142 6,97 3721 -0,15 -0,09<br />
BLD 141 30,4<br />
(zerrissen)<br />
3721 -1,44 -1,75<br />
5.4 Untersuchungen und Diskussion der Resultate<br />
5.4.1 Probenpräparation<br />
Abbildung 5.4 zeigt die Form der Kriechproben,<br />
die für die Untersuchungen zur<br />
Verfügung standen. Die beiden Bohrungen<br />
dienten zur Aufnahme je e<strong>in</strong>es Rundstabes,<br />
über den die Zugspannung e<strong>in</strong>geprägt wurde.<br />
Die Proben waren bis zu den angegebenen<br />
Zeiten kont<strong>in</strong>uierlich belastet worden<br />
5.4 Gestalt der Kriechproben und untersuchte<br />
Meßpunkte<br />
(Kriechversuch ohne Zwischenausbau). In Kenntnis vorangegangenen Untersuchungen waren<br />
für jede Temperatur zwei Spannung so gewählt worden, daß Lebensdauern von ca. 10.000<br />
und 20.000 Stunden zu erwarten waren, vgl. Abb. 5.2. Dementsprechend erfolgte die Entnahme<br />
der Proben. Über die An- und Abfahrvorgänge liegen ke<strong>in</strong>e Angaben vor, bei den applizierten<br />
Standzeiten von mehreren tausend Stunden dürfte dieses Detail aber vernachlässigbar<br />
se<strong>in</strong>. Für e<strong>in</strong>en ähnlichen Versuch wurde die Kriechgeschw<strong>in</strong>digkeitskurve aufgenommen,<br />
Abb. 5.5. Es zeigt sich, daß e<strong>in</strong> stationäres Kriechen im dargestellten Fall, wenn überhaupt,<br />
dann nur sehr e<strong>in</strong>geschränkt auftritt, ca. von 2000 bis 4000 h Standzeit. Für die untersuchten<br />
Proben mit den höheren Zugspannungen 130 MPa und 165 MPa kann deshalb davon ausgegangen<br />
werden, daß ke<strong>in</strong> merkliches stationäres Kriechen auftritt, sondern die Schädigung<br />
aus dem Bereich I direkt <strong>in</strong> den Bereich III übergeht.<br />
Für vorangegangene Untersuchungen waren die Proben entlang der Mittell<strong>in</strong>ie durchtrennt<br />
worden. Für die hier vorgestellten Untersuchungen stand leider jeweils nur e<strong>in</strong>e Halbprobe<br />
zur Verfügung, die andere Halbprobe war für TEM-Untersuchungen verwendet worden.
78<br />
5 Untersuchung von Kriechschäden<br />
Nach der Kriechbelastung waren die Proben<br />
äußerlich verzundert, sie wurden zur Ultraschallanalyse<br />
oberflächlich geschliffen, bis e<strong>in</strong>e ebene<br />
und glatte, zunderfreie Oberfläche entstanden<br />
war. In die von dieser Oberfläche aus mit <strong>Positron</strong>en<br />
analysierbare Schicht waren durch das<br />
Schleifen zusätzliche Defekten e<strong>in</strong>gebracht worden,<br />
so daß von dieser Schlifffläche aus ke<strong>in</strong>e<br />
auswertbaren Informationen über die Veränderung<br />
im Material beim Kriechen erzielbar waren.<br />
Um diese schleifgeschädigte Schicht abzutragen,<br />
ohne neue Defekte <strong>in</strong>s Material e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen,<br />
kam das Verfahren des elektrolytischen Abtragens<br />
zum E<strong>in</strong>satz. Dieses Verfahren hat gegenüber<br />
re<strong>in</strong> chemischem Ätzen Vorteile: Bei Verwendung<br />
e<strong>in</strong>er geeigneten Mischung des eigentlichen<br />
Elektrolyten mit Lösungsmitteln bildet sich<br />
auf der Oberfläche des abzutragenden Materials<br />
e<strong>in</strong> Film, der e<strong>in</strong>en relativ großen elektrischen<br />
Widerstand besitzt. An flächig kle<strong>in</strong>en Erhebungen<br />
ist dieser Film dünner als <strong>in</strong> der Umgebung,<br />
so daß die Stromdichte hier größer ist als im Mit-<br />
5.5 differenzierte Kriechkurve für<br />
14MoV6.3, h = 550/C, F = 110 MPa<br />
tel. Hierdurch entsteht e<strong>in</strong> erhöhter Abtrag von Bergen und e<strong>in</strong> verm<strong>in</strong>derter Abtrag <strong>in</strong> Tälern<br />
auf der Oberfläche. Insgesamt kommt es zu e<strong>in</strong>er Glättung und E<strong>in</strong>ebnung der Oberfläche.<br />
Demgegenüber waren Proben, die zum Vergleich re<strong>in</strong> chemisch abgeätzt wurden, sehr rauh,<br />
was, auf Grund der <strong>in</strong> 1.2.3 genannten Forderungen, als e<strong>in</strong>e Verschlechterung der Meßbed<strong>in</strong>gungen<br />
angesehen werden muß.<br />
5.4.2 Experimentelle Durchführung<br />
Da bei den vorliegenden Untersuchungen jeweils nur e<strong>in</strong>e Probe zur Verfügung stand, mußte<br />
das Meßsandwich durch e<strong>in</strong> Referenzmaterial komplettiert werden. Um sicherzugehen, daß<br />
die <strong>Positron</strong>enannihilationscharakteristik des Referenzmaterials genau bekannt ist und sich<br />
während der Messungen auch nicht durch äußere E<strong>in</strong>wirkungen ändern kann, wurde mit Z<strong>in</strong>k<br />
dotiertes GaAs verwendet, das e<strong>in</strong> exakt e<strong>in</strong>komponentiges Lebensdauerspektrum mit e<strong>in</strong>er<br />
Lebensdauer von 230 ps liefert. Wie im Punkt 2.2.4 per Simulation aufgezeigt, verschlechtern<br />
sich die Meßbed<strong>in</strong>gungen bei Verwendung von GaAs als Referenz gegenüber der Verwendung<br />
von Re<strong>in</strong>steisen erheblich. Die Simulationsergebnisse lagen allerd<strong>in</strong>gs erst nach<br />
Abschluß der Messungen an den kriechgeschädigten Materialien vor und konnten deshalb<br />
ke<strong>in</strong>e Beachtung mehr f<strong>in</strong>den.<br />
Nach den Angaben des Kooperationspartners [Wil92] sollte der Kopf der Proben von der<br />
Kriechbelastung unbee<strong>in</strong>flußt und so als Referenz zum Vergleich zwischen Kriechschädigung<br />
und thermischer Alterung nutzbar se<strong>in</strong>. Die Angaben s<strong>in</strong>d m.E. ungewöhnlich, da<br />
die Proben unter Zugspannung und nicht unter Druckspannung standen. Bei re<strong>in</strong>er Druckspannung,<br />
die über die beiden <strong>in</strong> die Bohrungen e<strong>in</strong>gesetzten Stäbe e<strong>in</strong>geprägt würde, sche<strong>in</strong>t<br />
es gut möglich, daß <strong>in</strong> den Ecken des Probenkopfes ke<strong>in</strong>e merkliche Spannung mehr zu ver
zeichnen ist, da die Kraft an den <strong>in</strong>neren<br />
Punkten der Bohrungen übertragen wird.<br />
Bei e<strong>in</strong>geprägter Zugspannung dürfte die<br />
am äußeren Punkt der Bohrung angreifende<br />
Kraft jedoch über den ganzen Kopfbereich<br />
ausstrahlen. Des weiteren wurde vom<br />
Kooperationspartner auf die Annahme h<strong>in</strong>gewiesen,<br />
daß die Kriechschädigung von<br />
der Oberfläche ausgeht, was mit den bisher<br />
an diesen Proben verwendeten Untersuchungsmethoden<br />
aber nicht nachweisbar<br />
war.<br />
5.4.3 Ergebnisse<br />
5.4.3.1 Vorversuch<br />
5 Untersuchung von Kriechschäden 79<br />
5.6 Ortsabhängige Ultraschallgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />
<strong>in</strong> der Kriechprobe BLE 124 [Wil93]<br />
Vom Kooperationspartner waren mittels Ultraschallgeschw<strong>in</strong>digkeitsmessungen Inhomogenitäten<br />
im Mittelstück der Proben gefunden worden, Abb. 5.6. Als Vorversuch sollte geprüft<br />
werden, ob mit e<strong>in</strong>er Ortsabhängigkeit der <strong>Annihilation</strong>sparameter im Mittelteil der Probe zu<br />
rechnen ist. Dazu erfolgte e<strong>in</strong> L<strong>in</strong>e-Scan <strong>in</strong> der <strong>in</strong> Abb. 5.4 angegebenen Weise an der Probe<br />
BLE 124. Abb. 5.7 zeigt die Abhängigkeit der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> J2 vom Ort auf<br />
der Probe und der Ätztiefe. Sowohl im ge-<br />
schliffenen Zustand als auch nach Oberflächenabtrag<br />
streut J2 nur wenig mit dem Ort<br />
der Messung im Mittelteil der Probe, nimmt<br />
aber jeweils zur ersten und von der ersten<br />
zur zweiten Ätztiefe ab. Die Tatsache, daß<br />
die mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> des als<br />
Vergleich untersuchten Kopfbereiches für<br />
die beiden untersuchten Tiefenstufen unterhalb<br />
der des Mittelbereiches liegt, wurde als<br />
Bestätigung der erwähnten Vermutung gesehen,<br />
daß der Kopfbereich weniger geschädigt<br />
se<strong>in</strong> soll als das Mittelteil der Probe.<br />
Die aufgenommenen Spektren wurden<br />
zweikomponentig zerlegt. Bei den ermittelten<br />
mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>n von<br />
160 ps und höher ist von vollständigem oder<br />
nahezu vollständigem E<strong>in</strong>fang auszugehen.<br />
Deshalb kann auch, trotz Verwendung von<br />
GaAs als Referenzmaterial wie <strong>in</strong> Punkt<br />
2.2.4 gezeigt, von e<strong>in</strong>er richtigen Zerlegung<br />
der Spektren ausgegangen werden.<br />
E<strong>in</strong>e Zuordnung der Lebensdauerkomponenten<br />
zu Haftstellentypen ist auf Grund der<br />
komplexen Zusammensetzung des Materials<br />
mittlere LD [ps]<br />
Lebensdauer-Komponenten [ps]<br />
Intensität I 2 [%]<br />
200<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
τ 1<br />
τ 2<br />
0 1 2 3 4 5 6 7<br />
Position auf der Probe<br />
Ätzabtrag<br />
0 mm<br />
0.18 mm<br />
0.41 mm<br />
Position 7 ungeätzt<br />
5.7 Ortsabhängigkeit der POLIS-Parameter<br />
<strong>in</strong> der Probe BLE 124
80<br />
5 Untersuchung von Kriechschäden<br />
schwer möglich. Die zweite Komponente mit e<strong>in</strong>em Lebensdauerwert von ca. 220...300 ps<br />
impliziert die Existenz von kle<strong>in</strong>en Leerstellenagglomeraten nach [Pus87] bzw. Großw<strong>in</strong>kelkorngrenzen,<br />
die ähnliche Werte aufweisen [Sta95]. Der E<strong>in</strong>fluß von Großw<strong>in</strong>kelkorngrenzen<br />
kann allerd<strong>in</strong>gs als vernachlässigbar abgeschätzt werden, da im vorliegenden Material e<strong>in</strong>e<br />
mittlere Korngröße von ca. 10 :m ermittelt wurde, die sich während des Kriechprozesses<br />
nicht merklich änderte [Mai91]. Das verwendete Quellmaterial 22 Na emittiert <strong>Positron</strong>en mit<br />
maximaler k<strong>in</strong>etischer Energie von ca. 500 keV, d.h., die maximale E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gtiefe beträgt ca.<br />
200 :m. Insofern kann man davon ausgehen, daß bei der vorliegenden Korngröße die Punkte<br />
der Thermalisation homogen im Gefüge verteilt s<strong>in</strong>d. Daher ist der Anteil der <strong>Positron</strong>en, die<br />
nach der Thermalisation diffusiv die Korngrenze erreichen, kle<strong>in</strong>er als ca. 5% [Hüb95]. Es ist<br />
also auch auszuschließen, daß die Schädigung der Korngrenzen, die mit steigender<br />
Kriechschädigung zunimmt, meßbaren E<strong>in</strong>fluß auf die POLIS-Parameter hat. Die erste Lebensdauerkomponente<br />
muß als Mischung angesehen werden: In Versetzungen beträgt die<br />
<strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> ca. 150 ps, <strong>in</strong> Leerstellen <strong>in</strong> Karbidausscheidungen [Pus95] ca.<br />
130...180 ps. Sowohl Versetzungen als auch Ausscheidungen ( V(C, N), Mo 2C, Fe 3C ) s<strong>in</strong>d<br />
im Material <strong>in</strong> für die POLIS relevanter Dichte vorhanden [Mai91]. Hier wäre selbst bei idealen<br />
Meßbed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>e Separation zwischen Versetzungen und Ausscheidungen unmöglich.<br />
5.4.3.2 Untersuchung der Tiefenabhängigkeit<br />
Im ersten Schritt der Untersuchung kriechgeschädigter Stähle wurde e<strong>in</strong>e Serie von fünf<br />
Proben untersucht. Diese bestanden aus 14MoV6.3 und waren bei gleicher Temperatur 550/C<br />
und gleicher Zugspannung 130 MPa unterschiedlich lang belastet worden, siehe Tabelle 1.<br />
Dabei zeigten die plastische Dehnung, wie aus Abb. 5.5 zu erwarten, und die Standzeit ke<strong>in</strong>en<br />
l<strong>in</strong>earen Zusammenhang.<br />
In diesem Probensatz wurde zur Verifizierung der Annahme, daß der Kopfbereich e<strong>in</strong>en<br />
anderen Schadenszustand aufweisen sollte, sowohl der Kopfbereich als auch das Mittelteil<br />
vermessen (Positionen 0 und 1 <strong>in</strong> Abb. 5.4). Es wurde Position 1 gemessen, da auf diese Weise<br />
nur e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ger Teil der Probe abgeätzt werden mußte, der restliche Teil aber noch für<br />
andere Untersuchungen unverändert blieb. Abb. 5.8a stellt die mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
<strong>in</strong> Abhängigkeit von der Standzeit und der Ätztiefe im Kopfbereich (Position 0) dar, Abb.<br />
5.8b dasselbe für das Probenmittelteil (Position 1). Es zeigt sich, daß der Probenkopf, selbst<br />
<strong>in</strong> dem Bereich der ger<strong>in</strong>gsten anzunehmenden Schädigung, der hier untersucht wurde, dem<br />
größten Abstand zur Bohrung entsprechend, nahezu denselben Verlauf der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
aufweist, wie der Mittelbereich der Probe. Damit mußte die Annahme der<br />
Nichtschädigung des Probenkopfes und dessen Eignung als Vergleichsmaterial zur thermischen<br />
Auslagerung verworfen werden. Hieraus ergibt sich die Forderung e<strong>in</strong>er anderen Probengeometrie,<br />
wenn an e<strong>in</strong> und demselben Werkstück sowohl Kriechbelastung als auch thermische<br />
Alterung betrachtet werden sollen. E<strong>in</strong> etwa fünffach längerer Kopf an e<strong>in</strong>er Probenseite<br />
könnte dieser Forderung Rechnung tragen. In den nachfolgenden Untersuchungen wurde<br />
aus diesem Grund auf die Untersuchung des Kopfbereiches verzichtet.<br />
Die Meßpunkte an der geschliffenen Oberfläche zeigen deutlich den E<strong>in</strong>fluß des Schleifens,<br />
die hier ermittelte mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> liegt immer über der, die nach Abtrag<br />
der Oberflächenschicht gemessen wurde. Die Tiefe der durch das Schleifen <strong>in</strong> ihrer Mikrostruktur<br />
geänderten Oberflächenschicht beträgt weniger als 100 :m, wie sich aus der Abb.<br />
5.8 ablesen läßt: Nach e<strong>in</strong>em ersten elektrolytischen Oberflächenabtrag dieser Größe hatte die
mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> [ps]<br />
175<br />
170<br />
165<br />
160<br />
155<br />
150<br />
145<br />
140<br />
135<br />
130<br />
0,0<br />
0,2<br />
0,4<br />
0,6<br />
Ätzabtrag [mm]<br />
0,8<br />
1,0<br />
0<br />
5000<br />
5 Untersuchung von Kriechschäden 81<br />
10000<br />
15000 20000<br />
Standzeit [h]<br />
135<br />
0,0<br />
0,2<br />
0,4<br />
0,6<br />
Abb. 5.8 Abhängigkeit der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> von Standzeit und Ätztiefe <strong>in</strong> 14MoV6.3,<br />
h = 550/C, F = 130 MPa; l<strong>in</strong>ks Kopfteil, rechts Mittelteil der Probe<br />
mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> [ps]<br />
175<br />
170<br />
165<br />
160<br />
155<br />
150<br />
145<br />
140<br />
Ätzabtrag [mm]<br />
0,8<br />
1,0<br />
0<br />
5000<br />
10000<br />
15000 20000<br />
Standzeit [h]<br />
mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> e<strong>in</strong>en Wert, der sich für die ersten drei Proben sowohl im<br />
Kopf als auch im Mittelteil bei weiterem Abätzen nicht mehr wesentlich änderte.<br />
Diese Aussage ist <strong>in</strong> guter Übere<strong>in</strong>stimmung mit der <strong>in</strong> Punkt 4.1 vorgestellten<br />
Tiefenschä-digung e<strong>in</strong>er gesägten Fläche und den Untersuchungen von PARK et al., die mit<br />
POLIS <strong>in</strong> Re<strong>in</strong>steisene<strong>in</strong>kristallen, die auf SiC-Papier (Körnung 240) per Hand geschliffen<br />
waren, e<strong>in</strong>e Schädigungstiefe von ca. 35 :m feststellten, Schleifen mit e<strong>in</strong>er Schleifscheibe<br />
ergab e<strong>in</strong>e Schädigungstiefe von ca. 50:m (extrapoliert) [Park85b]. Es kann also für die Interpretation<br />
davon ausgegangen werden, daß nach e<strong>in</strong>maligem elektrolytischen Ätzen mit<br />
e<strong>in</strong>em Abtrag $ 100 :m ke<strong>in</strong> E<strong>in</strong>fluß des Schleifens auf die Mikrostruktur mehr nachweisbar<br />
ist, selbst wenn die Härte des hier verwendeten Stahles erheblich höher liegt als die Härte des<br />
<strong>in</strong> [Park85b] untersuchten Re<strong>in</strong>steisens. Im Gegensatz zu der Arbeit von PARK und den hier<br />
vorgestellten Untersuchungen stehen die Untersuchungen von PETERSON und BYRNE [Pet89],<br />
die ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluß der Oberflächenbearbeitung (Zerspanen, mechanisches und chemisches<br />
Polieren) auf den P/W-Parameter der Dopplerverbreiterung <strong>in</strong> der Alum<strong>in</strong>ium Legierung<br />
3003 und im Stahl AISI 321 feststellen. Über den Vorbehandlungszustand der Proben wurden<br />
ke<strong>in</strong>e genauen Angaben gemacht, aus dem Kontext ersche<strong>in</strong>t es möglich, daß es sich um gewalzte<br />
Proben handelt, bei denen von Defektsättigung ausgegangen werden muß. Andererseits<br />
f<strong>in</strong>den die Autoren auch <strong>in</strong> geglühtem AISI 321 ke<strong>in</strong>e Änderung des P/W-Parameters,<br />
weder beim mechanischen noch beim chemischen Polieren, woh<strong>in</strong>gegen der Wert durch das<br />
Glühen gegenüber dem Ausgangszustand erheblich gesunken ist.<br />
Der starke Abfall der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> J2, der sich bei den beiden am<br />
längsten belasteten Proben mit zunehmender Ätztiefe zeigt, muß also als Effekt der Kriechschädigung<br />
angesehen werden. Insgesamt weist die <strong>in</strong> Abb. 5.8b dargestellte mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
des untersuchten Probensatzes zwei deutliche Abhängigkeiten auf: Erstens<br />
fällt nach längerer Kriechbelastung der Wert der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> deutlich
82<br />
von der Oberfläche <strong>in</strong>s Volumen, zweitens<br />
steigt im Mittel für jede analysierte Tiefe J2<br />
mit der Standzeit.<br />
Zur Erhärtung der Aussage, daß e<strong>in</strong>e<br />
Oberflächenschicht stärker vom Kriechen<br />
geschädigt wird als das darunterliegende<br />
Ma-terial, erfolgte bei e<strong>in</strong>em zweiten Probensatz,<br />
der gegenüber dem ersten mit höherer<br />
mechanischer Spannung beaufschlagt<br />
war, ebenfalls e<strong>in</strong> Tiefen-Scan von der geschliffenen<br />
Oberfläche aus. Wenn auch<br />
nicht so deutlich ausgeprägt wie beim vorigen<br />
Probensatz, ist die Tiefenabhängigkeit<br />
der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> bei<br />
stärkeren Schädigungen sowie der Anstieg<br />
von J2 mit der Standzeit doch merklich,<br />
Abb. 5.9. Der augenfällig stärkere Abfall<br />
von J2 von der geschliffenen Oberfläche<br />
zum ersten Ätzschritt bei den mit 165 MPa<br />
belasteten Proben gegenüber denen mit<br />
130 MPa belasteten ist lediglich auf e<strong>in</strong>e<br />
höhere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> <strong>in</strong> der<br />
Schlifffläche zurückzuführen und kann<br />
nicht als e<strong>in</strong> Anzeichen für e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere<br />
Schädigung gewertet werden.<br />
Wie schon <strong>in</strong> Punkt 2.2.4 angegeben,<br />
ist die freie dreikomponentige Zerlegung<br />
von Spektren, die <strong>in</strong> zfP-Geometrie (durch<br />
Komplettierung der Probe mit GaAs) gewonnen<br />
werden, selbst bei exakter Kenntnis<br />
der Quell- und Geräteparameter nur<br />
sehr schwer möglich. Dort wird auch gezeigt,<br />
daß bei Kenntnis e<strong>in</strong>er der vorkommenden<br />
Lebensdauern durch deren Fixierung<br />
die Auswertemöglichkeit entscheidend<br />
verbessert wird. An den Spektren der<br />
Kriechproben wurde, nach Scheitern der<br />
frei dreikomponentigen Spektrenzerlegung,<br />
diese Fixierung deshalb versucht.<br />
Leider war auch diesem Versuch<br />
ke<strong>in</strong> Erfolg beschieden. Trotz verschiedener<br />
vorgegebener Lebensdauern von Komponenten<br />
von Leerstellenclustern (220-280<br />
ps) oder Versetzungen (145...160 ps) waren<br />
die dreikomponentigen Fits durchgängig<br />
schlechter als die zweikomponentigen.<br />
5 Untersuchung von Kriechschäden<br />
mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> [ps]<br />
190<br />
180<br />
170<br />
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
0,0<br />
0,2<br />
Ätzabtrag [mm]<br />
0,4<br />
0,6<br />
0,8 1000<br />
2000 3000 4000 5000 6000<br />
Standzeit [h]<br />
5.9 Abhängigkeit der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
von Standzeit und Ätztiefe <strong>in</strong><br />
14MoV6.3, h = 550/C, F = 165 MPa<br />
mittlere LD [ps]<br />
Lebensdauer-Komponenten [ps]<br />
Intensität I 2 [%]<br />
170<br />
160<br />
150<br />
140<br />
250<br />
200<br />
140<br />
120<br />
100<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
τ 2<br />
τ 1<br />
0 5000 10000 15000 20000<br />
Standzeit [h]<br />
5.10 zweikomponentige Zerlegung der Spektren<br />
von 14MoV6.3, 550/C, 130 MPa<br />
nach Abtrag der schleifgeschädigten<br />
Oberfläche
5 Untersuchung von Kriechschäden 83<br />
Es besteht die Annahme, daß die Lebensdauerkomponente von ca. 250ps nicht e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zelne<br />
ist, die e<strong>in</strong>em konkreten Typ von Leerstellenagglomerat zugeordnet werden kann, sondern e<strong>in</strong><br />
Gemisch aus verschiedenen ähnlicher Lebensdauer, die e<strong>in</strong>er Verteilung <strong>in</strong> der Größe der Agglomerate<br />
entspricht.<br />
In e<strong>in</strong>em Versuch wurden die Proben BLE 104 und BLE 108, die sich <strong>in</strong> ihren Parametern<br />
nur ger<strong>in</strong>gfügig unterscheiden, gegene<strong>in</strong>ander gemessen. Auch hier war e<strong>in</strong>e dreikomponentige<br />
Zerlegung nicht möglich, was für die genannte Vermutung e<strong>in</strong>er Verteilung von Lebensdauern<br />
spricht. Für diesen Fall könnte die kont<strong>in</strong>uierliche Spektrenzerlegung per<br />
Fouriertransformation weitergehende Erkenntnisse liefern. Diese war aber bisher nicht verfügbar.<br />
Auf Grund der <strong>in</strong>exakten Zerlegung kann ke<strong>in</strong>e Berechnung der Defektdichten aus den<br />
Meßspektren vorgenommen werden. Als mittlere Lebensdauer wurde der Wert verwendet,<br />
der sich aus der zweikomponentigen Spektrenzerlegung nach Gleichung (13) ergibt. Dieser<br />
weicht, wie aus den Simulationen <strong>in</strong> Punkt 2.2.3 ersichtlich, systematisch zu höheren Werten<br />
ab, der Gesamtverlauf der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> wird aber nicht gravierend verändert.<br />
5.4.3.3 Vergleich der POLIS mit anderen Untersuchungsmethoden<br />
14MoV6.3<br />
Von der geschliffenen Oberfläche abgesehen,<br />
die sich nicht zur Auswertung per <strong>Positron</strong>enannihilation<br />
eignet, war die stärkste<br />
Änderung der <strong>Annihilation</strong>sparameter mit<br />
der Standzeit direkt unter der Oberfläche<br />
meßbar. In Abb. 5.10 ist exemplarisch für<br />
diese Punkte, die durch Abätzen von ca.<br />
0.1mm freigelegt wurden, die zweikomponentige<br />
Zerlegung dargestellt. Wie leicht zu<br />
erkennen, streut der Wert für J 2 nur wenig<br />
um 250 ps, die Schwankungen von I 2 zeigen<br />
entgegengesetzte Tendenz wie die von J 2<br />
und s<strong>in</strong>d deshalb wahrsche<strong>in</strong>lich auf die Zerlegung<br />
zurückzuführen. Der Anstieg der<br />
mittleren Lebensdauer rührt vor allem vom<br />
Anstieg von J 1 her. Auf e<strong>in</strong>e Interpretation<br />
der Zerlegung und e<strong>in</strong>e Zuordnung der<br />
Komponenten zu physischen <strong>Positron</strong>enhaftstellen<br />
muß aus vorstehenden Gründen<br />
verzichtet werden. Hier sollen weiterführende<br />
Untersuchungen im Rahmen e<strong>in</strong>es Projektes<br />
durchgeführt werden.<br />
mittlere Lebensdauer [ps]<br />
Diff. der US-Geschw<strong>in</strong>digkeit [%]<br />
170<br />
160<br />
150<br />
140<br />
0,1<br />
0,0<br />
-0,1<br />
-0,2<br />
-0,3<br />
0 1 2 3 4 5 6 7<br />
relative Dehnung [%]<br />
130 MPa<br />
165 MPa<br />
5.11 Abhängigkeit der Ultraschallgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />
und mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
von der Dehnung <strong>in</strong> 14MoV6.3, h<br />
= 550/C<br />
Vergleicht man beide Probensätze unter dem Gesichtspunkt, daß als Maß für die Kriechschädigung<br />
die relative Längenänderung angesehen wird, zeigen sich erhebliche Unterschiede<br />
zwischen beiden Probensätzen, Abb. 5.11. Der Abfall der Ultraschallgeschw<strong>in</strong>digkeit mit der<br />
relativen Längenänderung ist deutlich, kann aber durch die großen Fehlerbalken erst ab Deh-
84<br />
nungen $ 2% als signifikant angesehen werden.<br />
In dem darauf folgenden Bereich fehlen<br />
aber die zur statistischen Sicherheit notwendigen<br />
Meßwerte. Im Gegensatz dazu zeigt<br />
die mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> ke<strong>in</strong>e<br />
e<strong>in</strong>deutige Abhängigkeit von der Dehnung.<br />
13CrMo4.4<br />
In e<strong>in</strong>em zweiten Versuch sollte überprüft<br />
werden, ob der E<strong>in</strong>fluß des Kriechens auf<br />
die POLIS-Parameter materialspezifisch ist.<br />
Bei den <strong>in</strong> Tabelle 2 aufgeführten Proben<br />
wurde wie schon im ersten Versuch e<strong>in</strong> elektrolytischer<br />
Abtrag von ca. 100 :m der geschliffenen<br />
Oberfläche durchgeführt. Auf die<br />
Untersuchung des Kopfes sowie auf die Betrachtung<br />
der Tiefenabhängigkeit der Schädigung<br />
konnte auf Grund der vorstehenden<br />
Ergebnisse verzichtet werden. Es wurde nur<br />
der <strong>in</strong> Abb. 5.1 mit Position 1 benannte Bereich<br />
der Proben analysiert.<br />
average positron lifetime [ps]<br />
180<br />
170<br />
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
-0,2 -0,1 0,0 0,1<br />
Differenz der US-Geschw<strong>in</strong>digkeit [%]<br />
5.13 Zusammenhang zwischen Ultraschallgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />
und mittlerer <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
<strong>in</strong> kriechgeschädigten<br />
Stählen<br />
5 Untersuchung von Kriechschäden<br />
mittlere Lebensdauer [ps]<br />
Diff. der US-Geschw<strong>in</strong>digkeit [%]<br />
180<br />
170<br />
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
0,2<br />
0,0<br />
-0,2<br />
-1,5<br />
-2,0<br />
530°C<br />
550°C<br />
0 2 4 6 25 30 35<br />
relative Dehnung [%]<br />
5.12 Abhängigkeit der Ultraschallgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />
und mittleren PÜositronenlebensdauer<br />
von der Dehnung <strong>in</strong>13CrMo4.4, F<br />
= 140 MPa<br />
An diesen Proben ist die Dehnungsabhängigkeit der Ultraschallgeschw<strong>in</strong>digkeit erheblich<br />
weniger deutlich als im Material 14MoV6.3, Abb. 5.12. Die Probe BLD 141 kann nur als<br />
"Herausfaller" angesehen werden, da sie bei identischen Bed<strong>in</strong>gungen wie die Probe BLD<br />
142 wesentlich stärkere Dehnung zeigt und schon zerrissen war. Die mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
zeigt wie schon im ersten Versuch e<strong>in</strong> relativ zur Dehnung früheres Erreichen e<strong>in</strong>es<br />
Wertes von 160 ps und darüber, wenn das Material weniger stark belastet wurde (kle<strong>in</strong>ere<br />
Spannung bei gleicher Temperatur, oder niedere Temperatur bei gleicher Spannung).<br />
rel. US velocity<br />
1,00<br />
0,99<br />
0,98<br />
0,97<br />
0,96<br />
0 1 2 3 4 5<br />
pore concentration [%]<br />
5.14 relative Ultraschallgeschw<strong>in</strong>digkeiten<br />
longitud<strong>in</strong>aler v L und transversaler v T<br />
Schw<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> Eisen als e<strong>in</strong>e Funktion<br />
der Porenkonzentration aus [Wil91];<br />
Durchgezogen: Elastizitätstheorie, gestrichelt:<br />
Theorie der Ultraschallstreuung<br />
v T<br />
v L
Vergleich zu den Ultraschalluntersuchungen<br />
2<br />
5 Untersuchung von Kriechschäden 85<br />
In Abb. 5.13 ist für alle untersuchten Proben (Ausnahme BLD 141) die mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
gegen die ermittelte Ultraschallgeschw<strong>in</strong>digkeit aufgetragen. Auf Grund der ger<strong>in</strong>gen<br />
Größe der Änderung der Ultraschallgeschw<strong>in</strong>digkeit s<strong>in</strong>d die Fehlerbalken relativ<br />
groß; die Unsicherheit von J2, mit e<strong>in</strong>em Fehler von 3 ps angenommen [ 3 ], fällt dagegen nicht<br />
<strong>in</strong>s Gewicht. Wie zu erwarten, zeigt sich ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige Abhängigkeit zwischen beiden<br />
Größen, da schon <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Probensatzes (gleiches Material, gleiche Temperatur, gleiche<br />
äußere Last) starke Streuungen zu verzeichnen s<strong>in</strong>d. Es läßt sich aber die Tendenz ablesen,<br />
daß mit s<strong>in</strong>kender Ultraschallgeschw<strong>in</strong>digkeit J2 steigt. Geht man von der l<strong>in</strong>earen Abhängigkeit<br />
der Ultraschallgeschw<strong>in</strong>digkeit von der Porenkonzentration aus, Abb. 5.14, zeigen<br />
Ultraschallgeschw<strong>in</strong>digkeit und mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> tendenziell entgegengesetzte<br />
Abhängigkeiten beim Kriechen, d.h., mit der Kriechschädigung steigt die mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>,<br />
wogegen die Ultraschallgeschw<strong>in</strong>digkeit s<strong>in</strong>kt. Ob dieser Zusammenhang ursächlicher<br />
Natur ist, sollte durch weitergehende Untersuchungen bei verbesserten Meßbed<strong>in</strong>gungen<br />
verifiziert werden. Insbesondere könnte dann überprüft werden, ob Leerstellenagglomerate,<br />
die von der POLIS erfaßt werden, als Vorstufen jener Poren gelten können, die, mit<br />
Durchmessern im :m-Bereich, durch die Ultraschallgeschw<strong>in</strong>digkeitsmessung detektierbar<br />
s<strong>in</strong>d und <strong>in</strong> der Werkstoffwissenschaft als e<strong>in</strong> Maß für die Kriechschädigung angesehen werden.<br />
Daraus ließen sich Aussagen über den Wachstumsmechanismus der :m-Poren ableiten.<br />
5.5 Versuch e<strong>in</strong>es Ausblicks auf technische Anwendungen<br />
Geht man nach den <strong>in</strong> [Wil93] angegebenen Aussagen davon aus, daß jeder Probensatz annähernd<br />
den gesamten Lebensdauerbereich überstreicht (auch wenn bei den Proben noch ke<strong>in</strong><br />
Bruch aufgetreten war), so kann man die Probe mit der größten Standzeit oder die mit der<br />
größten Dehnung als den Endpunkt der Schädigung betrachten und die Messungen auf diesen<br />
Wert normieren. Gegen diese homologe Dehnung bzw. Bauteillebensdauer s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Abb. 5.15<br />
die ermittelten J2-Werte aufgetragen. Dabei mußte auf die Aufnahme der vierten Probenserie,<br />
siehe Tabelle 2, verzichtet werden, da durch die totale Abweichung von Probe BLD 141 ke<strong>in</strong>e<br />
Aussage über Gesamtlebensdauer oder -dehnung mehr möglich war. In der Darstellung<br />
gegen die Dehnung zeigt sich e<strong>in</strong> heterogenes Bild ohne Signifikanz. In der Darstellung gegen<br />
die prozentuale Probenlebensdauer h<strong>in</strong>gegen, die für praktische Belange von größerer<br />
Relevanz se<strong>in</strong> dürfte, zeigt J2 nach anfänglich undifferenziertem Verhalten e<strong>in</strong>en Anstieg über<br />
160 ps, wenn ungefähr 80% der hier angenommenen Gesamtlebensdauer überschritten werden.<br />
Nachfolgend wird dieser Wert nicht wieder unterschritten. Dieses ist für beide betrachteten<br />
Materialien, trotz unterschiedlichen Ausgangsniveaus der Fall. Das heißt, man f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e<br />
Schranke <strong>in</strong> J2, die sich e<strong>in</strong>deutig e<strong>in</strong>em bestimmten Lebensdauerverbrauch zuordnen läßt.<br />
Für e<strong>in</strong>e praktische Anwendung <strong>in</strong> der Überwachungstechnik ist <strong>in</strong> Experimenten, die bis<br />
zum Bruch führen, der Nachweis zu erbr<strong>in</strong>gen, daß die hier gefundene kritische mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
tatsächlich vorhanden ist. Es bedarf ebenfalls des Nachweises, daß e<strong>in</strong> zugehöriger<br />
relativ e<strong>in</strong>deutiger Lebensdauerverbrauch existent ist. Bei e<strong>in</strong>er Bestätigung der<br />
vorliegenden Ergebnisse wäre dann mittels POLIS e<strong>in</strong>e Diskretisierung bezüglich e<strong>in</strong>es bestimmten<br />
Lebensdauerverbrauches des untersuchten Bauteils möglich, was bisher mit ke<strong>in</strong>er<br />
Die Abschätzung der Fehler <strong>in</strong> J2 resultiert aus den Simulationsuntersuchungen <strong>in</strong> 2.2.4.
86<br />
5 Untersuchung von Kriechschäden<br />
5.15 Abhängigkeit der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> von normierter Dehnung bzw. Bauteillebensdauer<br />
<strong>in</strong> kriechgeschädigten Eisenlegierungen<br />
anderen Methode gegeben ist. Für e<strong>in</strong>en praktischen E<strong>in</strong>satz als Überwachungsmethode<br />
sicherheitsrelevanter Bauteile, z.B. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kraftwerk, wäre es sowieso notwendig, den dort<br />
verwendeten Werkstoff zunächst unter Laborbed<strong>in</strong>gungen zu untersuchen, so daß e<strong>in</strong>e für<br />
alle Materialien e<strong>in</strong>heitliche kritische mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> nicht unbed<strong>in</strong>gt nötig<br />
ist.<br />
Bisher werden sensible Bauteile nach ca. 20-30% Lebensdauerverbrauch ausgetauscht.<br />
E<strong>in</strong>e Diskretisierung bezüglich e<strong>in</strong>es ger<strong>in</strong>geren Bauteil-Lebensdauerverbrauches wäre derzeit<br />
<strong>in</strong>sofern relevanter für die Praxis, da e<strong>in</strong> Betreiber kaum e<strong>in</strong> Bauteil bis zu 80% der Gesamtlebensdauer<br />
im E<strong>in</strong>satz beläßt. Falls sich die Signifikanz der Aussage mittels POLIS allerd<strong>in</strong>gs<br />
als e<strong>in</strong>deutig erwiese, könnte dieser Wert erheblich erhöht werden. In diesem Fall<br />
wäre e<strong>in</strong>e deutliche Kostene<strong>in</strong>sparung zu erzielen.<br />
5.6 Zusammenfassung zu den Untersuchungen zur Kriechschädigung<br />
In kriechgeschädigtem Stahl wurde mittels POLIS e<strong>in</strong>e deutliche Tiefenabhängigkeit der Defektstruktur<br />
gefunden; e<strong>in</strong>e Oberflächenschicht von ca. 1mm war deutlich stärker geschädigt<br />
als das darunterliegende Material. Die Defektverteilung <strong>in</strong> den Zeitstandsproben war relativ<br />
homogen, mit Ultraschall gefundenen Ortsabhängigkeiten konnten nicht bestätigt werden.<br />
Für alle untersuchten Proben stieg die mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> monoton mit der<br />
Standzeit, aber nicht e<strong>in</strong>deutig mit der relativen Dehnung an. Der Wert von 160 ps mittlerer<br />
<strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> wurde unabhängig von Material, Temperatur und Zugspannung bei ca.<br />
80% der Bauteil-Lebensdauer überschritten. Mit der Monotonie des Anstiegs von J2 mit der<br />
Standzeit ergab sich so e<strong>in</strong>e Diskretisierung bezüglich e<strong>in</strong>es bestimmten Lebensdauerverbrauches.
5 Untersuchung von Kriechschäden 87<br />
Für e<strong>in</strong>e mögliche Anwendung der POLIS als Methode zur zerstörungsfreien Werkstoffprüfung<br />
an kriechbelasteten Bauteilen ergeben sich zwei Positiva. Zum e<strong>in</strong>en steigt die mittlere<br />
<strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> monoton mit der Standzeit, zum anderen ist die Steigerungsrate<br />
gegen Ende der Lebensdauer der Komponente besonders hoch. Das heißt, daß die Abschätzung<br />
von Restlebensdauern alle<strong>in</strong> aus der Analyse der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> möglich<br />
ist und <strong>in</strong> deren Endphase genauer se<strong>in</strong> sollte als zu Beg<strong>in</strong>n der Schädigung.<br />
Die besonders starke Veränderung der <strong>Annihilation</strong>sparameter e<strong>in</strong>er oberflächennahen<br />
Schicht beim Kriechen ist für den praktischen E<strong>in</strong>satz der POLIS ebenfalls von schätzenswertem<br />
Vorteil, da so, nach eventuellem Entzundern der Oberfläche, sofort der Bereich der<br />
größten Empf<strong>in</strong>dlichkeit zugänglich ist. Die für <strong>in</strong>tegrale Materialuntersuchungen eher h<strong>in</strong>derliche<br />
Tatsache, daß die <strong>Positron</strong>en hauptsächlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Oberflächenschicht von ca.<br />
100:m annihilieren, erweist sich im konkreten Fall als sensitivierend für die Methode.
88<br />
6 Untersuchung der Laserhärtung<br />
6 Untersuchung der Laserhärtung<br />
6.1 Martensitische Umwandlung<br />
Schreckt man e<strong>in</strong>en Kohlenstoffstahl aus der<br />
kfz-Phase ((-Fe oder Austenit; T > 727/C)<br />
sehr schnell ab, kann die Umwandlung <strong>in</strong><br />
die krz-Tieftemperaturphase ("-Fe oder Ferrit)<br />
auf Grund der dann unzureichenden Aktivierungsenergie<br />
nicht mehr über diffusive<br />
Platzwechselvorgänge ablaufen, die Hochtemperaturphase<br />
wird e<strong>in</strong>gefroren. An Gitter<strong>in</strong>homogenitäten,<br />
z.B. Versetzungen oder<br />
Stapelfehlern, die als Keime wirken, nicht<br />
jedoch an Korngrenzen [Cech52], kann e<strong>in</strong>e<br />
diffusionslose Umwandlung der unterkühlten<br />
Matrix <strong>in</strong> die Tieftemperaturphase beg<strong>in</strong>nen:<br />
Durch kollektive Scherbewegung der<br />
c = a 2<br />
a<br />
a<br />
Fe<br />
a) b)<br />
Abb. 6.1 a) tetragonale E<strong>in</strong>heitszelle von (-Eisen<br />
b) tetragonal verzerrte kubische<br />
E<strong>in</strong>heitszelle von -Eisen<br />
Atome wird die ursprüngliche, hier als tretragonal raumzentriert beschriebene E<strong>in</strong>heitszelle<br />
durch Stauchung der c-Achse und Streckung der a- und b-Achse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e kubisch raumzentrierte<br />
umgewandelt, Abb.6.1. Dabei ändern nächste Nachbarn ihre Lage zue<strong>in</strong>ander nicht<br />
wesentlich, ihre Lageänderung ist kle<strong>in</strong>er als der atomare Abstand. Die Kohlenstoffatome, die<br />
im kfz-Gitter die <strong>in</strong> der Würfelmitte der kubischen E<strong>in</strong>heitszelle gelegenen<br />
Zwischengitterplätze besetzen (e<strong>in</strong>er Kantenlage <strong>in</strong> der tetragonalen Beschreibung entsprechend),<br />
f<strong>in</strong>den sich nach der Umwandlung auf e<strong>in</strong>er Kante der krz-E<strong>in</strong>heitszelle, die dadurch<br />
tetragonal verzerrt wird ("'-Fe, oder Martensit) [Hume66].<br />
Die Umwandlung ist nicht diffusiv gesteuert und verläuft deshalb mit hoher Geschw<strong>in</strong>digkeit<br />
(bis zur Schallgeschw<strong>in</strong>digkeit) durch die unterkühlte Matrix. Da die krz-E<strong>in</strong>heitszelle,<br />
besonders bei tetragonaler Verzerrung durch C-Atome, bei gleicher Atomzahl e<strong>in</strong> etwas anderes<br />
Volumen als die tetragonale E<strong>in</strong>heitszelle der unterkühlten Matrix besitzt, kann die<br />
Umwandlung nicht zwangsfrei erfolgen. Es erfolgt e<strong>in</strong>e gitter<strong>in</strong>variante Scherung und/oder<br />
Verzwill<strong>in</strong>gung des wachsenden Keimes, um die Spannungen abzubauen. Die vollständige<br />
sog. martensitische Umwandlung der austenitischen Matrix wird aber i.A. durch die hohe<br />
Verfestigung der Matrix unterbunden, das Gefüge bleibt zweiphasig aus Restaustenit und<br />
Martensit. Zwischen beiden Phasen bestehen präzise Orientierungsbeziehungen: Die (111) ( -<br />
Ebene ist parallel der (110) "’-Ebene, beide stoßen entlang der dichtest gepackten Geraden<br />
[1610] ( 2 [1611] "' ane<strong>in</strong>ander. Nach [Fra53] erfolgt die Gitteranpassung zwischen unverzwill<strong>in</strong>gtem<br />
Austenit und Martensit über e<strong>in</strong>geschobene Schraubenversetzungen <strong>in</strong> jeder sechsten<br />
Ebene. In verzwill<strong>in</strong>gtem Martensit werden nach [Chri65] die Gitteranpassungen ebenfalls<br />
durch Versetzungen ermöglicht.<br />
a<br />
C<br />
a<br />
a
6 Untersuchung der Laserhärtung 89<br />
Martensitische Stähle erzielen e<strong>in</strong>e sehr hohe Festigkeit. Die Gründe s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>erseits die<br />
Mischkristallhärtung der Martensitplatten durch die e<strong>in</strong>gelagerten C-Atome, andererseits die<br />
Verzerrung und Verspannung des gesamten Gefüges. Im Restaustenit werden Versetzungsdichten<br />
bis zu 10 11 ... 10 12 cm -2 gefunden [Haa82.13].<br />
6.2 Untersuchte Proben<br />
Im Rahmen e<strong>in</strong>es Forschungsprojektes sollte die POLIS mit anderen Methoden der zerstörungsfreien<br />
Werkstoffprüfung, besonders der Mikromagnetik, verglichen werden. Zunächst<br />
wurden <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit dem IzfP <strong>in</strong> Saarbrücken verschiedene Kohlenstoffstähle mittels<br />
Laserstrahl gehärtet und an diesen Proben parallel die Kennwerte der POLIS und Mikromagnetik<br />
untersucht. Es kamen die drei Stähle Ck55, Ck60 und Ck75 sowie zum Vergleich<br />
Re<strong>in</strong>steisen zum E<strong>in</strong>satz. An jedem Material wurde auf e<strong>in</strong>e Flachprobe e<strong>in</strong>e Laserspur aufgebracht<br />
und vier E<strong>in</strong>zelpunkte mit steigender Zeitdauer bestrahlt. Die folgende Tabelle zeigt<br />
die Behandlungsparameter.<br />
Tabelle 6.1: Behandlungsparameter der laserbestrahlten Proben<br />
Re<strong>in</strong>steisen,<br />
Ck55, Ck75<br />
Ck60<br />
Vorbehandlung 1100/C : 40 m<strong>in</strong>, p < 0,01 Torr<br />
Abkühlung im Vakuum<br />
Materialdicke 1,75 mm 4 mm<br />
e<strong>in</strong>gebrachte Pulslängen (s) 0,5; 1; 1,5; 2 1; 1,5; 2,5; 4<br />
Vorschubgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />
<strong>in</strong> der Spur<br />
e<strong>in</strong>gebrachte Energiedichte<br />
<strong>in</strong> Spurmitte<br />
1 m/m<strong>in</strong> 0,3 m/m<strong>in</strong><br />
10,2 MJ/m 2<br />
Durchmesser Laserstrahl 1 cm<br />
Energie Laserstrahl 1330 W<br />
34 MJ/m 2<br />
Die Materialbeschaffung und Laserbehandlung erfolgte am IzfP. Auf Grung der unterschiedlichen<br />
Materialdicke wurden bei Ck60, um für den Werkstoff e<strong>in</strong>e ausreichende Härtung zu<br />
erzielen, gegenüber den anderen drei Materialien modifizierte Bestrahlungsparameter<br />
gewählt.<br />
Die bestrahlten Proben wurden zunächst mittels POLIS untersucht. An jeder Probe wurde<br />
die Mitte der bestrahlten Punkte sowie e<strong>in</strong> L<strong>in</strong>e-Scan quer zur Laserspur vermessen. Als Re-
90<br />
6 Untersuchung der Laserhärtung<br />
ferenz erfolgte e<strong>in</strong>e Messung außerhalb des E<strong>in</strong>flußbereiches der Laserbestrahlung. Die Untersuchung<br />
wurde <strong>in</strong> zfP-Geometrie vorgenommen, d.h., die <strong>Positron</strong>enquelle wurde mit<br />
GaAs als Referenzmaterial abgedeckt, da ke<strong>in</strong>e zweite identische Probenhälfte verfügber war.<br />
Die Laserspuren wurden an derselben L<strong>in</strong>ie wie mit POLIS mittels Mikromagnetik untersucht.<br />
An der Probe Ck60 erfolgte abschließend, ebenfalls auf dieser L<strong>in</strong>ie, die Bestimmung<br />
der Vickers-Mikrohärte.<br />
6.3 Untersuchung der Pulsbestrahlung<br />
Abb. 6.2 zeigt die Änderung der mittleren<br />
<strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> mit der E<strong>in</strong>strahlzeit<br />
des Lasers. Wie zu vermuten, änderte<br />
sich im Vergleich zu den anderen Materialien<br />
die mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> im<br />
Re<strong>in</strong>steisen nur ger<strong>in</strong>gfügig: Im Re<strong>in</strong>steisen<br />
kann e<strong>in</strong>e martensitische Umwandlung<br />
nicht vor sich gehen, da die Umwandlung<br />
(- 6 "-Eisen nicht durch Verzerrung<br />
der Matrix beh<strong>in</strong>dert wird und die "-Phase<br />
wegen des fehlenden Kohlenstoffes nicht<br />
tetragonal verzerrt ist. Es werden also<br />
ke<strong>in</strong>e Anpaßversetzungen gebildet, das<br />
Material wird nicht gehärtet. Die Laserbestrahlung<br />
wirkt <strong>in</strong>sofern nur als Wärmebehandlung.<br />
Die ger<strong>in</strong>ge Erhöhung von J2<br />
zeigt ger<strong>in</strong>ge Intensitäten der Defektkomponenten<br />
an. Deshalb und auf Grund der<br />
mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> [ps]<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
e<strong>in</strong>gestrahlte Energiedichte [MJ/m 2 ]<br />
0 20 40 60<br />
Fe<br />
Ck55<br />
Ck60<br />
Ck75<br />
0 1 2 3 4<br />
Laser-Pulsdauer [s]<br />
6.2 mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> <strong>in</strong> Ck-<br />
Stählen nach Laser-Pulsbestrahlung<br />
zfP-Geometrie <strong>in</strong> der Messung ließen sich die verschiedenen Komponenten im Spektrum<br />
aber nicht separieren, so daß hier ke<strong>in</strong>e Aussage über die erzeugte Defektstruktur getroffen<br />
werden kann.<br />
Die Spektren, die an den Stählen vor deren Laserbehandlung gemessen wurden, ließen<br />
sich zweikomponentig zerlegen. Die erste Komponente J 1 läßt sich als Mischung aus Anteilen<br />
von Versetzungen und defektfreiem Material ansehen, da J 1 zwischen dem Lebensdauerwert<br />
für Versetzungen und dem des ungeschädigten Materials liegt. Die zweite<br />
Lebensdauerkomponente zeigt die typische Lebensdauer von Leerstellencluster. E<strong>in</strong>e dreikomponentige<br />
Zerlegung war auf Grund der Meßgeometrie (Referenzmaterial GaAs zur Abdeckung<br />
der Quelle) nicht möglich, vgl. 2.2.4.2. Das Abs<strong>in</strong>ken der mittleren Lebensdauer bei<br />
allen Stählen nach dem ersten Laserpuls zeigt, daß die Ausheilung der Materialien trotz hoher<br />
Temperatur beim Glühen noch nicht vollständig war bzw. während der darauffolgenden Abkühlung<br />
Defekte e<strong>in</strong>gebracht oder e<strong>in</strong>geschreckt wurden.<br />
Bei den drei Kohlenstoffstählen s<strong>in</strong>kt nach dem ersten Laserpuls die mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
merklich ab, Abb. 6.3 bis 6.5, d.h., die noch vorhandenen Defekte konnten <strong>in</strong>fol-
LD-Komponenten [ps] mittlere LD [ps]<br />
Intensitäten [%]<br />
200<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
300<br />
250<br />
200<br />
140<br />
120<br />
100<br />
100<br />
90<br />
80<br />
20<br />
10<br />
0<br />
τ 3<br />
τ 2<br />
τ 1<br />
I 1<br />
I 2<br />
I 3<br />
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0<br />
Laser-Pulsdauer [s]<br />
Abb. 6.3 POLIS-Parameter nach<br />
Laser-Pulsbestrahlung <strong>in</strong><br />
Ck 55<br />
6 Untersuchung der Laserhärtung 91<br />
LD-Komponenten [ps] mittlere LD [ps]<br />
Intensitäten [%]<br />
200<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
300<br />
250<br />
200<br />
140<br />
120<br />
100<br />
100<br />
80<br />
20<br />
10<br />
0<br />
0 1 2 3 4<br />
Laser-Pulsdauer [s]<br />
Abb. 6.4 POLIS-Parameter nach<br />
Laser-Pulsbestrahlung <strong>in</strong><br />
Ck 60<br />
τ 3<br />
τ 2<br />
τ 1<br />
I 1<br />
I 2<br />
I 3<br />
LD-Komponenten [ps] mittlere LD [ps]<br />
Intensitäten [%]<br />
200<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
300<br />
250<br />
200<br />
140<br />
120<br />
100<br />
100<br />
80<br />
60<br />
20<br />
10<br />
0<br />
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0<br />
Laser-Pulsdauer [s]<br />
Abb. 6.5 POLIS-Parameter nach<br />
Laser-Pulsbestrahlung <strong>in</strong><br />
Ck 75<br />
ge des erneuten <strong>in</strong>tensiven Wärmee<strong>in</strong>trags durch den Laserpuls weiter ausheilen. Der Laserpuls<br />
bewirkt also nur e<strong>in</strong>e Wärmebehandlung, noch ke<strong>in</strong>e Härtung. Es zeigt sich, daß nach<br />
dem zweiten Laserpuls, 1 s bei Ck55 und Ck75, 1,5 s bei Ck60, vollständiger E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong> Defekte<br />
beobachtet wird. Die aus dem Spektrum errechneten Lebensdauern lassen sich mit J 1 =<br />
140 ... 150 ps und J 2 = 200 ... 300 ps Versetzungen und kle<strong>in</strong>en Leerstellenclustern zuordnen.<br />
Auf Grund langer Meßzeiten sowie des vollständigen E<strong>in</strong>fangs waren die Ereigniszahlen ausreichend,<br />
um trotz Messung <strong>in</strong> zfP-Geometrie e<strong>in</strong>e stimmige Spektrenzenlegung durchführen<br />
zu können. Der vollständige E<strong>in</strong>fang zeigt e<strong>in</strong>e Defektgenerierung durch die martensitische<br />
Umwandlung an.<br />
Aus der sehr guten Übere<strong>in</strong>stimmung des Verhaltens von Ck55 und Ck75 ergibt sich der<br />
Schluß, daß die für die POLIS relevante Defektstruktur hier kaum vom Kohlenstoffgehalt,<br />
aber stark von den äußeren Parametern der Laserbehandlung abhängig ist. Der Unterschied<br />
im Verhalten des Ck60 gegenüber den beiden anderen Kohlenstoffstählen liegt <strong>in</strong>sofern nur<br />
<strong>in</strong> der größeren Materialdicke begründet, als auch alle Proben identisch vorbehandelt wurden.<br />
Auf der Rückseite der Proben waren bei den beiden dünnen Proben schon nach 1 s E<strong>in</strong>strahlzeit<br />
deutliche Verfärbungen zu sehen, bei Ck60 war nach 1,5 s die erste Farbänderung<br />
des Materials zu erkennen. Daraus läßt sich ableiten, daß die Wärmeableitung aus der Probe<br />
<strong>in</strong> die Unterlage erheblich schlechter war als die Wärmeleitung <strong>in</strong> der Probe selbst. (Für<br />
Standarduntersuchungen werden aus diesem Grund Probendicken > 3cm verwendet.) Also<br />
war bei den dünnen Proben das bei e<strong>in</strong>er Strahlzeit von 1 s bee<strong>in</strong>flußte Volumen deutlich<br />
kle<strong>in</strong>er und konnte deshalb stärker und, durch die schlechtere Ableitung, eventuell auch länger<br />
erwärmt werden als beim Ck60. Bei 1,5 s Pulsdauer s<strong>in</strong>d auch beim Ck60, wie schon bei<br />
1 s bei Ck55 und Ck75, die Wärmeaufnahmemöglichkeiten erschöpft, das ursprünglich ferritische<br />
Material wird über den Umwandlungspunkt zum Austenit erwärmt und bildet bei der<br />
anschließenden schnellen Abkühlung Martensit. Die Anpassungsversetzungen zwischen dem<br />
martensitisch umgewandelten Material und der Restmatrix [Haa82.13] wirken hier als <strong>Positron</strong>enfallen,<br />
ebenfalls die Versetzungen im Martensit. Nach [Haa82.13] sollen diese Versetzungen<br />
überwiegend Schraubencharakter haben. Schraubenversetzungen <strong>in</strong> Eisen haben nach<br />
τ 3<br />
τ 2<br />
τ 1<br />
I 2<br />
I 3
92<br />
6 Untersuchung der Laserhärtung<br />
[Park86] <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>n von 143...145 ps. Die errechneten Werten von 140...150 ps<br />
stimmen damit sehr gut übere<strong>in</strong>.<br />
Bei weiterer Laserbestrahlung bis 2,5 s (. 36 MJ/m 2 ) zeigt sich im <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektrum<br />
ke<strong>in</strong>e deutliche Änderung mehr: Es werden bei vollständigem E<strong>in</strong>fang nur noch<br />
leichte Verschiebungen im Verhältnis der Versetzungsdichte zur Leerstellenclusterdichte gefunden.<br />
Hier liegt J2 von Ck60 nur wenig über den Werten von Ck55 und Ck75, was die pr<strong>in</strong>zipielle<br />
Übere<strong>in</strong>stimmung der für die POLIS relevanten Defekstrukturen über den Bereich der<br />
E<strong>in</strong>strahlzeit <strong>in</strong> allen drei Stählen anzeigt. Bei noch stärkerem Energiee<strong>in</strong>trag (letzter Meßpunkt<br />
von Ck60) zeigt sich e<strong>in</strong> erneuter starker Anstieg von J2. Aus der Tatsache, daß hier e<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>komponentiges Spektrum mit 191 ps <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> vorliegt, ergibt sich, daß für<br />
den E<strong>in</strong>fang der <strong>Positron</strong>en Versetzungen ke<strong>in</strong>e Rolle mehr spielen. Hier war das Material<br />
schon erheblich aufgeschmolzen, so daß chemische Reaktionen mit der Umgebungsluft bis <strong>in</strong><br />
solche Tiefen plausibel ersche<strong>in</strong>en, die von der POLIS analysiert werden. Es kann hier <strong>in</strong>sofern<br />
nicht mehr von e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong> martensitischen Umwandlung des bestrahlten Flecks ausgegangen<br />
werden. Es ersche<strong>in</strong>t sicher, daß dieser Effekt bei weiterer Bestrahlung auch bei den anderen<br />
beiden untersuchten Stählen auftritt. E<strong>in</strong>e genauere Untersuchung dieses Phänomens<br />
konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht mehr vorgenommen werden.<br />
In der e<strong>in</strong>zigen <strong>in</strong> der e<strong>in</strong>schlägigen Literatur gefundenen Arbeit, <strong>in</strong> der mit <strong>Positron</strong>enannihilation<br />
die Defektstruktur laserbestrahlter Stähle untersucht wird [Chao95], beschreiben<br />
die Autoren e<strong>in</strong> Ansteigen der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> sowie des S-Parameters mit<br />
dem Ansteigen der Geschw<strong>in</strong>digkeit, mit der der Laserstrahl über die Probe aus 40Cr-Stahl<br />
geführt wird. Gleichzeitig s<strong>in</strong>kt die Mikrohärte ab. Der Anstieg beträgt aber lediglich 5 ps<br />
von 161 ps auf 166 ps. Die e<strong>in</strong>gestrahlte Leistung lag zwischen 8,5 und 18,2 MJ/m 2 . Da aber<br />
ke<strong>in</strong>e Angaben über den Vorbehandlungszustand der Proben gemacht wurden und auch ke<strong>in</strong>e<br />
Referenzmessung angegeben ist, können die dortigen Ergebnisse nicht mit den hier erhaltenen<br />
verglichen werden.<br />
6.4 Untersuchung der Laserspuren<br />
Die <strong>in</strong> Abb. 6.6 dargestellte Abhängigkeit der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> vom Ort zeigt<br />
für Re<strong>in</strong>steisen, wie aus der Untersuchung der Laserpulse zu erwarten, ke<strong>in</strong>e signifikante Abhängigkeit,<br />
sondern nur e<strong>in</strong>e Streuung um den Mittelwert von 111 ps, was nur e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gfügige<br />
Erhöhung gegenüber dem Ausgangswert von 105 ps darstellt. Die Defekterzeugung<br />
durch die Laserstrahlung war demzufolge ger<strong>in</strong>g.<br />
Die Abhängigkeit von J2 vom Ort auf der Laserspur zeigt bei Ck55 und Ck75 im wesentlichen<br />
denselben Verlauf. Die Kurve ist für Ck75 etwas breiter und verläuft im Zentrum flacher,<br />
was aber an der möglicherweise anderen Wärmeabführung <strong>in</strong> die Unterlage liegen kann:<br />
Während der Laserbestrahlung verzogen sich die Proben etwas, so daß sie nicht mehr gleichmäßig<br />
auflagen und so der Wärmekontakt zwischen Probe und Unterlage <strong>in</strong>homogen war.<br />
Die größere Dicke der Ck60-Probe bewirkte, daß nach der Laserbestrahlung hier ke<strong>in</strong>e Verwerfung<br />
der Probe zu verzeichnen war. Da deren J2-Kurve symmetrisch verläuft und zentrisch<br />
zur Laserspur liegt, kann man davon ausgehen, daß die ger<strong>in</strong>gen Abweichungen von der
Symmetrie der Kurve sowie Verschiebungen<br />
des Kurvenzentrums gegen die Strahlmitte<br />
bei Ck55 und Ck75 sich auf diese Weise<br />
erklären.<br />
Die Werte von J2 liegen bei Ck55 und<br />
Ck75 <strong>in</strong> Spurmitte etwas unter denen nach<br />
1s Laserpuls. In der Zerlegung, die der beim<br />
Laserpuls ähnelt, zeigt sich, daß die erste<br />
Lebensdauerkomponente mit Werten von ca.<br />
135...142 ps knapp unter dem Wert von<br />
Schraubenversetzungen liegt. Es f<strong>in</strong>det also<br />
noch ke<strong>in</strong> vollständiger E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong> Defekte<br />
statt, aber nur noch e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ger Bruchteil<br />
der <strong>Positron</strong>en annihiliert <strong>in</strong> defektfreiem<br />
Material. In Spurmitte wurde bei beiden Materialien<br />
10,2 MJ/m 2 e<strong>in</strong>gestrahlt, das ist ca.<br />
2/3 des Energiedichtewertes, der im Puls<br />
von 1 s Länge (14,5 MJ/m 2 ) e<strong>in</strong>gebracht<br />
wurde. Aus der Abschätzung der M<strong>in</strong>destdefektkonzentrationen<br />
mit Formel (21) läßt<br />
sich errechnen, daß die Energiee<strong>in</strong>tragsschwelle,<br />
ab der das Material soweit martensitisch<br />
umgewandelt wird, daß die Anpaßversetzungen<br />
des Martensites <strong>in</strong>tegral ><br />
7A10 10 cm -2 s<strong>in</strong>d, für den konkreten Fall zwischen<br />
den beiden Energiedichtewerten liegt.<br />
6 Untersuchung der Laserhärtung 93<br />
mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> [ps]<br />
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
rel. Meßposition [mm]<br />
-10 -5 0 5 10<br />
-10 -5 0 5 10<br />
Laser-Härtespur<br />
Fe<br />
Ck55<br />
Ck60<br />
Ck75<br />
Abb. 6.6 Ortsabhängigkeit der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
nach Laserbestrahlung <strong>in</strong><br />
Ck-Stählen<br />
Im Ck60 ist J2 <strong>in</strong> Spurmitte höher als bei den anderen beiden Stählen. In der Zerlegung<br />
wird bei vollständigem E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong> Versetzungen und Leerstellencluster e<strong>in</strong> höherer Anteil<br />
des Signals von Leerstellenclustern gefunden. Durch die dickere Probe wird e<strong>in</strong>e bessere<br />
Wärmeabfuhr gewährleistet, die Abkühlrate ist größer und <strong>in</strong>sofern werden von den gebildeten<br />
Leerstellenclustern weniger ausgeheilt. Die durchschnittliche Intensität der Leerstellenclusterkomponente<br />
liegt hier bei 21%, bei den beiden anderen Stählen bei 7%. Die hier e<strong>in</strong>gebrachte<br />
Energiedichte stimmt mit jener bei 3 s Laserpuls fast exakt übere<strong>in</strong> (34 und 36<br />
MJ/m 2 ), die zugehörigen mittleren Lebensdauern ebenfalls (161,5 und 163 ps). Alle drei<br />
Stähle zeigen e<strong>in</strong>e Breite der erhöhten mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> von ca. 8 mm, also<br />
etwas ger<strong>in</strong>ger als die Spurbreite von 1 cm. Das von der POLIS analysierte Volumen von ca.<br />
1,5 x 1,5 x 0,2 mm 3 weist also am Randbereich der Laserspur kaum Defekterzeugung, demzufolge<br />
auch ke<strong>in</strong>e martensitische Umwandlung auf. Neben der Laserspur s<strong>in</strong>kt die mittlere<br />
<strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> zum Teil sogar unter den Ausgangswert, hier wird durch den Wärmee<strong>in</strong>trag<br />
e<strong>in</strong>e Ausheilung von Restdefekten <strong>in</strong>duziert.<br />
Bei der Untersuchung der Härteverteilung im Ck60 entlang des mit POLIS vermessenen<br />
L<strong>in</strong>e-Scans wird <strong>in</strong> der Mitte der Laserspur e<strong>in</strong>e sehr starke Erhöhung der Vickershärte gefunden,<br />
die e<strong>in</strong>e erheblich erschwerte Versetzungsbewegung anzeigt, Abb. 6.7. Der Vergleich<br />
<strong>in</strong> Abb. 6.7 erfolgt von Vickers-Härte gegenüber der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> und
94<br />
nicht gegenüber der Versetzungsdichte, da<br />
durch den vollständigen E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong> Defekte<br />
ke<strong>in</strong>e Defektdichten mehr berechnet<br />
werden können. Künftig lassen sich diese<br />
Schwierigkeiten umgehen, wenn man die<br />
Proben zusätzlich mit e<strong>in</strong>em <strong>Positron</strong>enstrahlsystem<br />
untersucht, bei dem absolute<br />
E<strong>in</strong>fangraten und damit auch Defektdichten<br />
gemessen werden können.<br />
Aus dem direkten Vergleich beider<br />
Meßmethoden läßt sich ablesen, daß der<br />
Streifen er-höhter Härte <strong>in</strong>nerhalb der Laserspur<br />
schmaler ist (< 6 mm) als aus den<br />
Ergebnissen der POLIS zu vermuten. Die<br />
Breite des Streifens erhöhter <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
und damit erhöhter Defektdichte<br />
beträgt ca. 8 mm. Mit der Maximallast<br />
von 1N, die bei der Ermittlung der Vickershärte<br />
verwendet wurde, werden E<strong>in</strong>-<br />
6 Untersuchung der Laserhärtung<br />
mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> [ps]<br />
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
τ<br />
HV 0,1<br />
-10 -5 0 5 10<br />
relative Meßposition [mm]<br />
Abb. 6.7 Ortsabhängigkeit der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
und Vickershärte <strong>in</strong> laserbestrahltem<br />
Ck60<br />
dr<strong>in</strong>gtiefen des Indenters von ca. 3 :m erreicht, die analysierte Tiefenschicht liegt bei ca.<br />
25...30 :m und ist damit deutlich ger<strong>in</strong>ger als die von der POLIS analysierte Tiefenschicht<br />
von ca. 100...200 :m. Damit kann ausgeschlossenen werden, daß der oben aufgeführte Abfall<br />
der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> am Rand der Laserspur durch Analyse tieferer Schichten<br />
unter e<strong>in</strong>er oberflächlichen Härtungszone und damit Verfälschung des Meßergebnisses begründet<br />
ist. Die martensitische Umwandlung und damit Härtung erfolgte also nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Streifen von 6...8 mm Breite.<br />
Im Vergleich der Puls- mit der Spurbestrahlung kann abgeschätzt werden, daß ab e<strong>in</strong>em<br />
Energiee<strong>in</strong>trag von ca. 20 MJ/m 2 sicher von e<strong>in</strong>er, bezüglich der POLIS vollständigen, martensitischen<br />
Umwandlung des Materials ausgegangen werden kann.<br />
6.5 Zusammenfassung zur Laserhärtung<br />
Die martensitische Umwandlung von laserbestrahlten Ck-Stählen erzeugt Versetzungen und<br />
Leerstellencluster. Bei ger<strong>in</strong>gen Energiee<strong>in</strong>trägen, die noch nicht zur martensitischen Härtung<br />
führen, heilen Restdefekte aus. Nach erfolgter Umwandlung wird vollständiger E<strong>in</strong>fang der<br />
<strong>Positron</strong>en <strong>in</strong> Defekten gefunden. Im Gegensatz dazu führt die Laserbestrahlung von Re<strong>in</strong>steisen<br />
zu ke<strong>in</strong>er nennenswerten Erhöhung der Defektdichte. Bei erheblich erhöhtem Energiee<strong>in</strong>trag<br />
steigt die mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> über 190 ps, e<strong>in</strong> <strong>in</strong>teressantes Phänomen,<br />
das weitere Untersuchungen erfordert. Die Abhängigkeit der Defektstruktur von der Materialzusammensetzung<br />
ist vergleichsweise ger<strong>in</strong>g und vernachlässigbar.<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
Vicker's-Härte [GPa]
6 Untersuchung der Laserhärtung 95<br />
Die untersuchten Laserspuren zeigen e<strong>in</strong>en sehr steilen Abfall der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
von <strong>in</strong>nerhalb zu außerhalb der Spur. Dabei ist der Bereich erhöhter J2 breiter als<br />
der erhöhter Vickershärte.
96<br />
7 Zusammenfassung und Ausblick<br />
7 Zusammenfassung und Ausblick<br />
In der vorliegenden Arbeit wurde der E<strong>in</strong>fluß mechanischer Schädigungen auf die mittels<br />
POLIS detektierbare Defektstruktur von Eisenwerkstoffen untersucht. Dazu wurden<br />
verschiedene Eisenlegierungen/Stähle den Schädigungstypen Zugspannung, Ermüdung und<br />
Kriechen unterworfen. Außerdem erfolgte die Untersuchung der martensitischen Umwandlung<br />
nach Laserbestrahlung.<br />
Um e<strong>in</strong>e Verifizierung der Meßergebnisse zu ermöglichen, wurden typische Meßspektren<br />
mittels Monte-Carlo-Verfahren adäquat simuliert und daran die Möglichkeiten und Grenzen<br />
der Zerlegbarkeit von <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektren aufgezeigt. Von besonderer Bedeutung<br />
erwies sich dabei die a-priori richtige Festlegung der Anzahl der Komponenten im Spektrum.<br />
Für die Auswertung von <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektren mit unbekannter Anzahl von Komponenten<br />
wurde e<strong>in</strong>e Verfahrensweise der Auswertung gezeigt, die relativ hohe Sicherheit<br />
der richtigen Zerlegung bietet.<br />
Es zeigte sich, daß über e<strong>in</strong>e Erhöhung der je Spektrum aufgenommenen Zahl von E<strong>in</strong>zelereignissen<br />
oder über e<strong>in</strong>e Verbesserung der Auflösungsfunktion des Spektrometers die Güte<br />
der Spektrenzerlegung erheblich verbessert werden kann. Zwei Komponenten des Spektrums<br />
lassen sich aber nur dann vone<strong>in</strong>ander separieren, wenn sie e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>destdifferenz von ca. 50<br />
ps aufweisen.<br />
Für den Fall, daß nur e<strong>in</strong>e Probe (nicht zwei identische wie im Standardfall) zur Verfügung<br />
steht und der Meßaufbau mit e<strong>in</strong>em Referenzmaterial komplettiert werden muß, sollten<br />
m<strong>in</strong>destens 6 Mio nutzbare Ereignisse gemessen werden, damit das Spektrum zerlegbar ist.<br />
Die <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> des e<strong>in</strong>gesetzten Referenzmaterials sollte möglichst kle<strong>in</strong> se<strong>in</strong>, um<br />
die Nutzspektren präzise zerlegen zu können.<br />
Die Abhängigkeit der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> von der Zugspannung war nicht deutlich<br />
materialspezifisch, sondern die Kurvenform bei allen untersuchten Materialien annähernd<br />
gleich. Bei der anschließenden Ausheilung der erzeugten Defekte wurden <strong>in</strong> Re<strong>in</strong>steisen<br />
und Armco-Eisen erhebliche Unterschiede im Ausheilverhalten der Defekte gefunden,<br />
die durch Zerreißen und Walzen e<strong>in</strong>gebracht wurden.<br />
Nach Ermüdung bis zum Bruch wurde e<strong>in</strong> deutlicher Unterschied der Defektstruktur im analysierbaren<br />
Bereich unter den Bruchoberflächen gefunden, je nachdem, ob sie durch<br />
Ermüdungs- oder Gewaltbruch entstanden waren.<br />
HCF-ermüdetes Re<strong>in</strong>steisen zeigte <strong>in</strong> der Anfangsphase e<strong>in</strong> l<strong>in</strong>eares Ansteigen der mittleren<br />
<strong>Positron</strong>enannihilation und anschließende Konstanz, was mit e<strong>in</strong>er stabilisierten Defektkonfiguration<br />
erklärt wird.<br />
Im vor-Ort-E<strong>in</strong>satz wurde an e<strong>in</strong>er Universalprüfmasch<strong>in</strong>e der Nachweis erbracht, daß<br />
noch im l<strong>in</strong>ear-elastischen Bereich der Spannungs-Dehnungs-Kurve bei der ersten Belastung<br />
die Defektdichte erhöht wird.
7 Zusammenfassung und Ausblick 97<br />
Durch schrittweises Abätzen wurde der Nachweis erbracht, daß bei Kriechschädigung e<strong>in</strong>e<br />
Schicht von ca. 1mm deutlich höhere Defektdichten aufweist als das darunterliegende Material.<br />
In kriechgeschädigten Proben wurde e<strong>in</strong> “kritischer” Wert der mittleren <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
von 160 ps gefunden. Nach ca. 80% Lebensdauerverbrauch der Komponente stieg die<br />
mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> nach vorherigem undifferenziertem Verhalten über diesen<br />
Wert an und blieb auch bei weiterer Kriechbelastung darüber. Dieser Wert war unabhängig<br />
vom Material und den applizierten Belastungsparametern.<br />
In durch Laserbestrahlung martensitisch umgewandelten Stählen wurden die Anpaßversetzungen<br />
zwischen Martensit und Restaustenit untersucht. Nach martensitischer Umwandlung<br />
wurde vollständiger E<strong>in</strong>fang <strong>in</strong> Versetzungen und Leerstellencluster beobachtet. Bei Energiee<strong>in</strong>trag<br />
bis zum Aufschmelzen erhöhte sich die mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> bis auf Werte<br />
von 191 ps. Innerhalb der untersuchten Ck-Stähle wurde ke<strong>in</strong>e merkliche Materialspezifik<br />
festgestellt.<br />
Insgesamt konnte der Nachweis erbracht werden, daß, abweichend vom üblichen Sandwichaufbau,<br />
auch beim Vorhandense<strong>in</strong> nur e<strong>in</strong>er Probe im Standardspektrometer auswertbare Meßergebnisse<br />
erzielt werden können, wenn die <strong>Positron</strong>enquelle mit e<strong>in</strong>em Referenzmaterial<br />
abgedeckt wird.<br />
Aus den vorstehenden Ergebnissen läßt sich schließen, daß die Methode der <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektroskopie<br />
für die zerstörungsfreie Werkstoffprüfung gut geeignet se<strong>in</strong> sollte.<br />
Bei allen untersuchten Schädigungsarten ergaben sich erhebliche Änderungen <strong>in</strong> den Defektstrukturen,<br />
die mittels POLIS nachweisbar waren. Die wenig materialspezifischen Änderungen<br />
s<strong>in</strong>d für die Verwendung der Methode positiv zu bewerten. Neben den hier vorgestellten Laboruntersuchungen<br />
s<strong>in</strong>d im nächsten Schritt Untersuchungen an Komponenten vonnöten, die<br />
sich im E<strong>in</strong>satz bef<strong>in</strong>den. Bei entsprechender E<strong>in</strong>deutigkeit der Ergebnisse läßt sich so die<br />
POLIS zu e<strong>in</strong>er zfP-Methode entwickeln.<br />
Für den praktischen E<strong>in</strong>satz vor-Ort, wenn ausgedehnte Komponenten untersucht werden,<br />
bei denen das Untersuchungsobjekt nicht zwischen die Sonden gebracht werden kann, ist e<strong>in</strong>e<br />
geänderte Geometrie im Spektrometeraufbau nötig. Dabei werden die Sonden nicht wie üblich<br />
koll<strong>in</strong>ear aufgebaut, sondern im W<strong>in</strong>kel von 90/, siehe Anhang. In e<strong>in</strong>em Testaufbau<br />
konnte die Eignung dieser Geometrie nachgewiesen werden.
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9 Abkürzungsverzeichnis<br />
9 Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen und<br />
Formelzeichen<br />
$ + -Zerfall Zerfall radioaktiver Isotope unter <strong>Positron</strong>enemission<br />
CF Constant-Fraction Diskrim<strong>in</strong>ator<br />
FWHM Halbwertsbreite e<strong>in</strong>er Gaußfunktion<br />
HCF Ermüdung mit niedrigen Dehnungsamplituden<br />
LCF Ermüdung mit hohen Dehnungsamplituden<br />
LD <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
MCA Vielkanalanalysator<br />
Nutzspektrum <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektrum nach Abzug von Untergrund-<br />
und Quellenanteilen<br />
PM Sekundärelektronenvervielfacher mit vorgeschalteter<br />
Photokathode<br />
POLIS <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektroskopie<br />
Sandwichaufbau Plazierung der <strong>Positron</strong>enquelle zwischen zwei identische<br />
Probenhälften<br />
t 0-Kanal Startkanal des Spektrums<br />
TAC Zeit-Amplituden Konverter<br />
TEM Transmissionselektronenmikroskopie<br />
zfP zerstörungsfreie Werkstoffprüfung<br />
zfP-Geometrie Modifizierung des Sandwichaufbaus, bei der e<strong>in</strong>e Probenhälfte<br />
e<strong>in</strong> Referenzmaterial ist<br />
cd Defektkonzentration<br />
Emax maximale k<strong>in</strong>etische Energie der <strong>Positron</strong>en<br />
Ii, IQi Intensität der Lebensdauerkomponente, ~ der Quellkomponente<br />
n Gesamtanzahl der <strong>Positron</strong>en<br />
nb, ni Anzahl der <strong>Positron</strong>en im Volumen, ~ im Defekttyp<br />
N Anzahl der Schw<strong>in</strong>gspiele<br />
p Druck<br />
rXY empirischer Korrelationskoeffizient<br />
t Zeit<br />
U, u Prüfgröße die e<strong>in</strong>er t-Verteilung folgt, Realisierung der<br />
~<br />
v Ultraschallgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />
6z mittlere <strong>Positron</strong>ene<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gtiefe
9 Abkürzungsverzeichnis 103<br />
g Dehnung<br />
0i <strong>Positron</strong>enanteil im Defekt<br />
h Temperatur <strong>in</strong> /C<br />
6, 6i E<strong>in</strong>fangrate, ~ des Defekttyps<br />
8, 8i <strong>Annihilation</strong>srate, ~ des Defekttys<br />
: spezifische <strong>Positron</strong>ene<strong>in</strong>fangrate<br />
D Dichte<br />
DXY Korrelationskoeffizient<br />
F mechanische Spannung<br />
Fa, Fm Spannungsamplitude, Mittelspannung<br />
Ff, Fw Bruchspannung, Spannung der Dauerschw<strong>in</strong>gfestigkeit<br />
FX, FY empirische Standardabweichung<br />
FXY empirische Kovarianz<br />
J2 mittlere <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong><br />
Ji, JQi <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong> der Komponente im Spektrum,<br />
~ der Quellkomponente<br />
effektive Schubspannung<br />
J *
104<br />
Anhang<br />
Anhang<br />
<strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektrometer für den vor-Ort E<strong>in</strong>satz<br />
Für den praktischen E<strong>in</strong>satz vor-Ort, besonders für die Untersuchung ausgedehnter Komponenten,<br />
bei denen das Untersuchungsobjekt nicht zwischen die Sonden gebracht werden<br />
kann, macht sich e<strong>in</strong>e geänderte Geometrie im Spektrometeraufbau nötig. Dabei werden die<br />
Sonden nicht wie üblich koll<strong>in</strong>ear aufgebaut, sondern im W<strong>in</strong>kel von 90/ [Som94]. In Abb.<br />
A1 ist das Pr<strong>in</strong>zipschaltbild für e<strong>in</strong> vor-Ort e<strong>in</strong>setzbares <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektrometer<br />
angegeben. Mit dem <strong>in</strong> Abb. A2 gezeigten ersten Aufbau wurden Testmessungen vorgenommen,<br />
Abb. A3 zeigt das Spektrometer beim E<strong>in</strong>satz an e<strong>in</strong>em Rohrstück. Die Ergebnisse waren<br />
nahezu dieselben wie mit Sonden <strong>in</strong> koll<strong>in</strong>earer Anordnung.<br />
Im Gegensatz zur Standardgeometrie mit koll<strong>in</strong>earer Sondenanordnung steht hier für jeden<br />
Kanal nur noch maximal e<strong>in</strong> Viertel des Raumw<strong>in</strong>kels zur Verfügung. Deshalb und auf<br />
Grund des konstruktiv bed<strong>in</strong>gten größeren Abstandes zwischen Sz<strong>in</strong>tillatoren und Quelle<br />
s<strong>in</strong>kt die Zählrate entsprechend. Um e<strong>in</strong>e möglichst hohe Zählrate zu erreichen wurden die<br />
Sz<strong>in</strong>tillatoren gegenüber den sonst verwendeten vergrößert. Damit ist e<strong>in</strong>e höhere Wechselwirkungswahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />
der (-Quanten mit dem Sz<strong>in</strong>tillatormaterial gegeben. Allerd<strong>in</strong>gs<br />
werden durch das vergrößerte Volumen die Lichtlaufzeiten im Sz<strong>in</strong>tillator im Mittel größer<br />
und vor allem stärker gestreut. Die Auflösung war mit ca. 320 ps FWHM noch sehr<br />
verbesserungsbedüftig. Der Grund dafür dürfte <strong>in</strong> der Verwendung der vergrößerten Sz<strong>in</strong>tillatoren<br />
liegen. Hier ließe sich eventuell durch Verwendung e<strong>in</strong>es Sz<strong>in</strong>tillatormaterials mit höherer<br />
Wechselwirkungswahrsche<strong>in</strong>lichkeit, z.B. BaF 2, Abhilfe schaffen.<br />
Abhängig von dem als <strong>Positron</strong>enquelle verwendeten Isotop haben die <strong>Positron</strong>en e<strong>in</strong>e<br />
bestimmte maximale k<strong>in</strong>etische Energie, die die maximale E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gtiefe bestimmt. Dementsprechend<br />
wird e<strong>in</strong>e Oberflächenschicht der untersuchten Komponente analysiert. Obwohl<br />
dadurch nicht das Gesamtvolumen<br />
zugängig ist, stellt diese Tatsache<br />
z.B. für die Untersuchung<br />
kriechgeschädigter Bauteile ke<strong>in</strong>e<br />
Nutzungse<strong>in</strong>schränkung dar, da,<br />
wie <strong>in</strong> Kapitel 5 gezeigt, an der<br />
Oberfläche die spürbarsten Veränderungen<br />
vor sich gehen.<br />
Abb. A1 Pr<strong>in</strong>zipschaltbild e<strong>in</strong>es <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektrometers<br />
für den vor-Ort E<strong>in</strong>satz
Anhang 105<br />
Abb. A2 Testaufbau e<strong>in</strong>es <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektrometers für den vor-Ort E<strong>in</strong>satz<br />
Abb. A3 POLIS-Untersuchung e<strong>in</strong>es Rohrstücks mit dem <strong><strong>Positron</strong>enlebensdauer</strong>spektrometer für<br />
den vor-Ort E<strong>in</strong>satz
106<br />
Danksagung<br />
Danksagung<br />
Me<strong>in</strong>em Betreuer während der Arbeiten zu dieser Dissertation, Herrn Dr. R. Krause-Rehberg,<br />
möchte ich an dieser Stelle me<strong>in</strong>en Dank für die Überlassung des Themas, für ständiges förderliches<br />
Interesse am Fortgang der Arbeiten sowie für se<strong>in</strong>en Rat und se<strong>in</strong>e Hilfe aussprechen.<br />
Ohne die Möglichkeit der Fortführung der Arbeiten im <strong>Positron</strong>enlabor an der Uni <strong>Halle</strong><br />
nach me<strong>in</strong>em Wechsel an die Fh-EADQ Dresden wäre das Fertigstellen dieser Arbeit nicht<br />
möglich gewesen.<br />
Herrn Dr. N. Meyendorf, Fh-IzfP Saarbrücken, gilt me<strong>in</strong> Dank für die Anregung der Thematik,<br />
für die Vermittlung der Zusammenarbeit mit dem IWW der TU Magdeburg, für die Vermittlung<br />
des Arbeitsplatzes an der Fh-EADQ Dresden sowie die Zusammenarbeit und Unterstützung<br />
bei der Untersuchung der laserbestrahlen Proben.<br />
Herrn Prof. J. Schreiber, Fh-EADQ Dresden, gilt me<strong>in</strong> Dank für die großzügige Gestattung<br />
des Verbleibes <strong>in</strong> <strong>Halle</strong> bis zum Ende dieser Arbeit.<br />
Herrn Prof. M. Krön<strong>in</strong>g, Fh-IzfP Saarbrücken, danke ich für die Aufnahme als Doktorand <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong> Institut nach Ablauf der Stipendienförderung durch das Land Sachsen-Anhalt.<br />
Herrn Prof. W. Arnold, Fh-IzfP Saarbrücken, danke ich herzlich für die Übernahme des Promotionsverfahrens<br />
sowie die Durchsicht des Manuskriptes.<br />
Den Mitarbeitern der Mechanischen Werkstatt II am FB Physik der Uni <strong>Halle</strong>, besonders deren<br />
Meister Herrn H. Benkwitz, sei an dieser Stelle für vertrauensvolle Zusammenarbeit bei<br />
der Konstruktion der Spektrometer sowie unbürokratische, kurzfristige Hilfe bei allen technischen<br />
Widrigkeiten herzlich gedankt.<br />
Herrn Prof. P. Grau und Herrn Dr. W. Fränzel danke ich für die Ausführung der Ermüdungsversuche<br />
sowie die Möglichkeit, an deren Universalprüfmasch<strong>in</strong>e vor-Ort messen zu können.<br />
Allen Mitarbeitern des <strong>Positron</strong>enlabors an der Uni <strong>Halle</strong>, die mit mir <strong>in</strong> <strong>Halle</strong> zusammenarbeiteten<br />
und e<strong>in</strong> gutes Klima schufen sei an dieser Stelle gedankt: Thoralf Abgarjan, Mario<br />
Arloth, Steffen Bonß, Holger Börner, Stefan Eichler, Thomas Engelbrecht, Jörg Gebauer,<br />
Claudia Hahn, Mathias Heileh, Christian Hübner49, Steffen Huth, Andreas Kupsch, Christof<br />
Nagel, Angelika Polity, Frank “Rudi” Rudolf.<br />
Herrn H. Salz möchte ich für die Zusammenarbeit <strong>in</strong> der Anfangsphase der vorgestellten Arbeiten<br />
danken, als manchmal bis zu 18 Stunden am Tag die Messungen betreut werden mußten.
Danksagung 107<br />
Herrn T. Staab gilt me<strong>in</strong> besonderer Dank für viele gew<strong>in</strong>nbr<strong>in</strong>gende Diskussionen und die<br />
kritische Durchsicht des Manuskriptes.<br />
Me<strong>in</strong>er Familie und allen ungenannten Freunden und Verwandten sei abschließend für e<strong>in</strong><br />
enges emotionales Netz gedankt, das ständig aufgespannt war und mich immer auff<strong>in</strong>g, wenn<br />
die Ergebnisse der Arbeiten eher Frust als Lust verbreiteten.
Eidesstattliche Erklärung:<br />
Hiermit erkläre ich an Eides statt, daß ich die vorliegende Arbeit selbständig, ohne unzulässige<br />
Hilfe Dritter und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe.<br />
Die aus anderen Quellen oder <strong>in</strong>direkt übernommenen Daten und Konzepte s<strong>in</strong>d unter<br />
Angabe der Quelle gekennzeichnet.<br />
Diese Arbeit wurde bisher weder im In- noch Ausland <strong>in</strong> gleicher oder ähnlicher Form <strong>in</strong> anderen<br />
Prüfungsverfahren vorgelegt.<br />
Saarbrücken, April 1996<br />
Bertram Somieski