Neuer Auftrieb auf dem Kutschbock - Mecklenburger Pferde
Neuer Auftrieb auf dem Kutschbock - Mecklenburger Pferde
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SPECIAL | FAHRSPORT IM NORDEN<br />
62 I MECKLENBURGER PFERDE – 04 I 12<br />
■■■ FAHRSPORT IM NORDEN<br />
<strong>Neuer</strong> <strong>Auftrieb</strong><br />
<strong>auf</strong> <strong>dem</strong><br />
<strong>Kutschbock</strong><br />
Foto: Stuhr<br />
Die Fahrt in der schicken Hochzeitskutsche ist<br />
für viele Menschen ein Traum, wenn sie „ja“ sagen.<br />
Der Weg dahin kann lang sein, aber durch die gute Organisation des Ausbildungssystems<br />
ist das richtige Fahren relativ schnell erlernbar. In<br />
Schleswig-Holstein und Hamburg sind über 60 und in Mecklenburg-<br />
Vorpommern 20 Ausbilder und Ausbilderinnen im Rang von Trainer C bis<br />
Trainer A aktiv und stehen für den Nachwuchs zur Verfügung. Etwa 30 von<br />
ihnen bieten regelmäßig Fahrabzeichenlehrgänge nach <strong>dem</strong> Achenbachsystem<br />
an. Eine davon ist die Fahrschule in Redefin, wo am Landgestüt nicht nur Abzeichenlehrgänge<br />
stattfinden, sondern auch Trainerlehrgänge und Richterschulungen.<br />
Die Voraussetzungen zur Prüfung für das Fahrabzeichen bzw. die<br />
weiteren Qualifikationsmöglichkeiten sind im Regelwerk der Deutschen<br />
Reiterlichen Vereinigung der APO (Ausbildungs- und Prüfungsordnung) verbindlich<br />
festgeschrieben. Dabei ist das Ausbildungssystem von Benno von Achenbach<br />
nach wie vor und unbestritten die Basis. Benno von Achenbach starb bereits<br />
vor 75 Jahren, aber seine Ausarbeitungen überdauern schon mehr als ein<br />
Jahrhundert, weil er sich mit vielen Grundlagen und Fahrweisen bis ins kleinste<br />
Detail beschäftigt hat und es verstand, sein Wissen so <strong>auf</strong>zuschreiben, dass<br />
alles bis heute verstanden und weiter gelehrt werden kann. Seine sieben Grundsätze<br />
und drei Grundregeln für das Fahren treffen auch heute selbst <strong>auf</strong> modernste<br />
Wagen und Geschirre und Typen von <strong>Pferde</strong>n zu, weil sie einfach und<br />
verständlich sind. Für das Fahren gelten nach Achenbach drei Grundregeln:<br />
Die Anspannung muss:<br />
sicher,<br />
zweckmäßig und<br />
<strong>Pferde</strong> schonend<br />
sein.<br />
Sicher bedeutet verkehrssicher und haltbar. Zweckmäßig bedeutet <strong>dem</strong> Nutzungszweck<br />
entsprechend, was bedeutet, dass man u.a. mit einer Kutsche<br />
ohne Bremse nicht voll beladen am Straßenverkehr teilnimmt oder mit einem<br />
Langbaumwagen eine Geländefahrt macht oder ein Brustblattgeschirr<br />
<strong>auf</strong> Docken anspannt.<br />
Gerten<br />
und<br />
Peitschen<br />
von<br />
- perfekte Balance<br />
- optimale Flexibilität<br />
- durchdachtes Design<br />
in allen Bereichen<br />
des <strong>Pferde</strong>sports<br />
- seit 1870!<br />
FAHRSPORT IM NORDEN | SPECIAL<br />
Der Planwagen fährt nicht nur <strong>auf</strong> Rügen sondern an vielen Orten, wie traditionell im Watt<br />
und in der Heide und ist für gesellige Ausflüge ein so perfektes wie rustikales Gefährt.<br />
Das Fahren <strong>auf</strong> der Kutsche hat eine bestimmte Faszination, denn es ist vielleicht vergleichbar mit Marionetten<br />
Theater, wo die Bewegung der Figuren nur durch das Spiel der Hände beeinflusst wird. Das gekonnte Spiel mit den<br />
Leinen und die willige Anlehnung der <strong>Pferde</strong> an die Hilfen ziehen die Fahrer in einen Bann und schüren die<br />
Leidenschaft.<br />
Von Jürgen Lamp<br />
04 I 12 – MECKLENBURGER PFERDE I 63
SPECIAL | FAHRSPORT IM NORDEN<br />
Vierspänniger Wagen, gezogen von wackeren Shetties – da hat die ganze Familie einen Riesenspaß.<br />
unten: Zweispännig gefahrener Sportwagen: Der Marathonwagen ist Standgefährt in der Disziplin<br />
Geländefahren, modernster Wagentyp und in neuester Version ausgestattet mit einer Drehkranzbremse.<br />
<strong>Pferde</strong> schonend wird heute im Tierschutzgesetz und in den Ethischen Grundsätzen<br />
des <strong>Pferde</strong>sports postuliert. Aber schon vor knapp 100 Jahren hatte<br />
Achenbach registriert, dass selbst in den großen Kriegen mehr <strong>Pferde</strong><br />
durch falsche Anspannung verloren gingen, als durch direkte Kriegseinwirkungen.<br />
Achenbach entwickelte <strong>auf</strong>grund seiner Beobachtungen und Studien sowohl<br />
die Achenbach- Zweispännerleine als auch etliche Verschnallungen an<br />
den damals üblichen Geschirren, die heute selbstverständlich erscheinen. So<br />
wird nach Genuss seiner Lehren verständlich, dass es <strong>dem</strong> Pferd nicht gut<br />
tun kann, wenn mit <strong>dem</strong> Zweispännergeschirr einspännig angespannt wird.<br />
Der Fahrsport entwickelte sich erst um 1950 zum sportlichen Wettbewerb<br />
im heutigen Sinne. Seit der Zeit wurden sportliche Kutschen entwickelt, die<br />
Freizeit- und Gespannpferde<br />
Kutschen<br />
Janik · Tel.: 05352-3991 · www.holz-janik.de<br />
64 I MECKLENBURGER PFERDE – 04 I 12<br />
Foto: Sieltec GmbH Foto: privat<br />
für verschiedene Zwecke spezialisiert sein können. Hinzu kommen<br />
die Traditionskutschen aus der Zeit von 1870 bis 1950. Diese<br />
werden heute <strong>auf</strong> Traditionsfahrveranstaltungen präsentiert,<br />
wie Pieter Egelhof sie vor zehn Jahren vor Schloss Weißenhaus<br />
in Schleswig-Holstein erstmals einführte. Heute finden<br />
sie an mehreren, meist herrschaftlich geführten Orten in Norddeutschland,<br />
so auch <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Reiterhof Landgut Lischow<br />
statt.<br />
Für den Freizeitfahrer bieten sich Kutschen für den Personentransport<br />
an, denn Fahrsport ist ein <strong>Pferde</strong>sport an <strong>dem</strong> die<br />
ganze Familie teilhaben kann. Der moderne Kutschenbau<br />
stellt dafür eine Reihe von Gefährten zur Verfügung wie z.B. die<br />
Wagonette.<br />
Der gewerbliche Anbieter von Kutschfahrten hat meist einen<br />
Planwagen für Personengruppen bis zu 20 Gästen und einige<br />
Kutschen mit vier bis sechs Gastplätzen. In der Lüneburger<br />
Heide und an der Müritz ist ein besonderer Kutschentyp entwickelt<br />
worden, der sehr leicht ist aber alle o.g. Forderungen<br />
nach Achenbach erfüllt, mit <strong>dem</strong> alleinigen Zweck <strong>auf</strong> sandigen<br />
Wegen jeweils viele Gäste außerhalb des öffentlichen Straßenverkehrs<br />
<strong>Pferde</strong> schonend und sicher zu transportieren.<br />
Im Leistungssport gilt die LPO (Leistungs-und Prüfungsordnung<br />
der FN). Dort ist klar beschrieben welcher Kutschentyp<br />
in jeweiligem Niveau vorgestellt werden darf. Dabei sind in der<br />
Klasse E meist noch alle Typen erlaubt, wenn sie dann sicher<br />
sind. Ab der Klasse A sind dann keine Luftbereifungen mehr<br />
zugelassen, die Breite der Ortscheite und die Entfernung zwischen<br />
Pferd und Wagen sind in Zentimeter als Mindestmaß<br />
ebenso angegeben, wie die Besetzung der Wagen mit Fahrer<br />
und Anzahl Beifahrer.<br />
Turniersport<br />
Der Turnierfahrer misst sich in der Regel in drei Fahrsportdisziplinen,<br />
wie <strong>dem</strong> Dressurfahren, <strong>dem</strong> Hindernisfahren<br />
und der Geländeprüfung. Die Dressurprüfungen der Klassen<br />
A und M mit Gespann finden <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Viereck von 40m x<br />
80mbzw. 100m statt. Die Lektionen gehen über die üblichen<br />
Hufschlagfiguren bis zu den Gangarten Schritt, Trab und Rückwärtsrichten.<br />
Erst in der Klasse S gibt es mal eine Galoppreprise.<br />
Galopp war außer beim Vierspännerfahren lange nicht üblich<br />
im Fahrsport, aber durch die Disziplin Hindernisfahren<br />
(Sprachgebrauch: Kegelfahren) und <strong>dem</strong> Angebot sicher liegender<br />
Kutschen können fast alle Starter mit ihrem Gespann galoppieren.<br />
Auch in den Geländehindernissen hat man keine Platzierungschance, wenn<br />
man das Galoppieren nicht trainiert hat. Die Geländeprüfung ist meist in drei<br />
Phasen unterteilt: die Geländestrecke, die in der Regel im Trab gefahren wird,<br />
die Schrittstrecke als Losgelassenheits- und Gehorsamkeitsbeweis und die<br />
abschließende Hindernisstrecke. Letztere Phase E ist eine Trabstrecke in die<br />
feste Geländehindernisse eingebaut sind. Je 1000m Strecke darf ein Hindernis<br />
mit mind. drei Tordurchfahrten <strong>auf</strong>gebaut sein, d.h. <strong>auf</strong> 3000m Strecke drei<br />
Hindernisse, die mind. 400m auseinander liegen sollten. Die einzelnen<br />
Strecken phasen müssen in einer bestimmten Zeit durchfahren werden<br />
und die extra gemessenen Hinderniszonen sind so schnell wie möglich zu<br />
passieren, wobei aber die eingerichteten Pflichttore in der richtigen Folge<br />
gefahren werden müssen. Der Strecken<strong>auf</strong>bau wird grundsätzlich von ausgebildeten<br />
Parcourschefs, moderner ausgedrückt Parcoursdesigner entworfen<br />
und unter deren Anleitung gestaltet. Ohne deren Hilfe würde der Laie bestimmt<br />
einige Kriterien der Achenbach Grundsätze übersehen und möglicherweise<br />
<strong>Pferde</strong> oder Fahrer überfordern.<br />
Der Marathonwagen ist das Standardgefährt in dieser Disziplin. Er ist der<br />
modernste Wagentyp und in neuester Version mit Drehkranzbremse,<br />
Lenkverzögerung, Neigetechnik und Straßenverkehrstauglichkeit ausgestattet.<br />
Mit <strong>dem</strong> Bau größerer Reithallen etabliert sich zurzeit gerade auch<br />
im Norden der sogenannte Hallencup. In Reithallen von mind. 60m<br />
Länge wird ein Hindernisfahren ausgeschrieben, das große Geschicklichkeit<br />
von Fahrer und Gespann bei hoher Fahrgeschwindigkeit<br />
erfordert. Diese Hallenturniere bringen für den Fahrer den Anreiz, das<br />
Gespann auch im Winter <strong>auf</strong> Trab zu halten um dann fit in die Grüne<br />
Saison starten zu können. Herausragendes Ereignis ist darunter der<br />
HANSANO –Hallencup, der seinen Auftakt in Redefin hat und eine<br />
Qualifikation für das HANSANO-Fahrduell in Kiel bedeutet.<br />
Der Fahrturniersport findet aus der nachwachsenden Generation neuen<br />
Zul<strong>auf</strong>, insbesondere in den Anspannungsarten Einspänner stiegen<br />
die Nennungszahlen in den letzten Jahren. Im Vierspännerfahren ist<br />
große Fluktuation erkennbar, da der Sport allein seitens des Transports<br />
sehr <strong>auf</strong>wendig ist. Bei den <strong>Pferde</strong>n kann man <strong>auf</strong> den Turnieren im<br />
Norden zwischen zehn und 15 Vierspänner erwarten, Pony-Vierspänner<br />
l<strong>auf</strong>en derzeit in Schleswig-Holstein 4-5 und in MV 2–4 im Turniersport.<br />
Bei den etwa 40 Fahrertreffen in den Regionen der Fahrergemeinschaft<br />
und in Mecklenburg-Vorpommern sieht man aber immer<br />
mal wieder weitere gut gefahrene Gespanne aller Anspannungsarten.<br />
Diese Fahrertreffen haben ihren Reiz durch die Auswahl der Strecken,<br />
der ungezwungenen (fast unreglementierten) Organisation und der Teilnahmemöglichkeit<br />
aller Fahrer, ob Turnierstarter oder Freizeitfahrer.<br />
Das Siegen steht bei diesen Treffen und WBO Veranstaltungen nicht<br />
im Vordergrund, sondern die Geselligkeit. Das Flair dieser Veranstaltungen<br />
spricht dann auch mehr Zuschauer an, als die Turnierveranstaltungen.<br />
Dennoch haben alle Veranstaltungen und Trainingsangebote<br />
eine große Berechtigung, weil das Gespannfahren mit den <strong>Pferde</strong>n<br />
für viele Menschen faszinierend ist.<br />
Etwa 180 Mitglieder der norddeutschen <strong>Pferde</strong>sportverbände starten<br />
regelmäßig <strong>auf</strong> Turnieren, weitere über 100 gesellen sich <strong>auf</strong> Fahrertreffen.<br />
Die großen Turniere finden in Segeberg oder Renzow statt, wo<br />
in der Regel die jeweiligen Landesmeisterschaften ausgetragen werden. In<br />
Mecklenburg-Vorpommern läuft darüber hinaus der Fahrercup der Grünen<br />
Saison. Nach Auswertung aller M–Prüfungen wird nach der Saison der jeweilige<br />
Cup-Sieger errechnet und geehrt. Der Fachbeirat Fahren beim Landesverband<br />
unterstützt die Maßnahmen und lenkt und regelt, wo Hilfe benötigt<br />
wird. Die Nachfolgerin vom Fachbeiratsvorsitzenden Hans-Georg<br />
Schröder (Anklam) ist Dorit Wolf (Muchow), deren zweites zu Hause seit<br />
Jahren die Fahrturnieranlagen sind. Ihre Arbeit ist ebenfalls unverzichtbar<br />
mit der Melde- und Rechenstelle verbunden.<br />
Fahrsport lässt sich zusammenfassen in die Themen Alternative Nutzungsmöglichkeiten<br />
für <strong>Pferde</strong>, insbesondere für kleine Ponyrassen ist das<br />
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31.03. und 01.04.2012!<br />
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Foto: Schroll<br />
Auf Rügen enstand dieses zünftige<br />
Bild eines „starken“ Ausflugs.<br />
FAHRSPORT IM NORDEN | SPECIAL<br />
Anspannen eine ideale Nutzungsform. Weiterhin steht das Freizeitvergnügen<br />
im Mittelpunkt und dabei das Vergnügen mit der ganzen Familie. Durch<br />
diese Form geprägt ist der Fahrsport insgesamt eine große Familie. Sie findet<br />
sich <strong>auf</strong> Fahrertreffen, Fahrturnieren, Reit- und Fahrturnieren (immerhin<br />
noch zehn Reitturniere in MV, wo Fahren ausgeschrieben wird) und <strong>auf</strong><br />
Traditionsgespann-Fahrwettbewerben bzw. Kutschenschauen. Der Fahrsport<br />
lebt und findet immer wieder Freunde, denn jährlich legen über 50 in Norddeutschland<br />
ihr Kleines Fahrabzeichen ab und sollten damit qualifiziert sein<br />
für das sichere Führen eines Gespannes im Gelände und im Straßenverkehr.<br />
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