MITTEILUNGEN DER RESIDENZEN-KOMMISSION DER ...
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der Niederschlag, den die Mexikanische Revolution in Literatur und Bildender Kunst gefunden<br />
hat (Walter Bruno Berg), die Schwierigkeiten von kenianischer Politik und Geschichtswissenschaft,<br />
nach der Unabhängigkeit ein von der Kolonialzeit unabhängiges und über die<br />
Stammesgrenzen hinweg wirkendes gemeinsames Nationalbewußtsein zu schaffen (Hartmut<br />
Bergenthum und Winfried Speitkamp), die Elemente der Konstruktion scheinbarer parlamentarischer<br />
Kontinuität des aus der Versammlung der Montanunion entstandenen Europäischen<br />
Parlaments (Werner J. Patzelt) sowie allgemeine Überlegungen zum Konstruktionsprinzip<br />
von Verfassungsgeschichten (Hans Vorländer). Der dritten Rubrik („Diskursive Zeitordnungen“)<br />
sind jene Beiträge des Bandes zugeordnet, die die Konstruktion von kollektiver Identität<br />
im Diskurs zum Gegenstand haben. Die Fallbeispiele behandeln den Diskurs zwischen<br />
den Verfechtern der Antike und der italienischen Renaissance als Leitbild von Kunst und<br />
Wissenschaft und den Verfechtern des neuen Akademiesystems im Frankreich des 17. Jahrhunderts<br />
(Christoph Oliver Mayer), der Versuch, durch museale Präsentation eine evolutorische<br />
Entwicklung und damit eine Zeitordnung der Kunst zu schaffen (Wolfgang Brückner),<br />
die Konstruktionsprinzipien der Eigengeschichte von Zweierbeziehungen (Karl Lenz und<br />
Maja S. Maier) und schließlich das Prinzip der Entzeitlichung, das Utopien als nur vorgestellten<br />
Ordnungen und Institutionen als realen Ordnungen gleichermaßen zugrundeliegt, und<br />
welches unter anderem in der Institutionalisierung von Zeitutopien im Bildungsroman des 18.<br />
Jahrhunderts zum Ausdruck kommt (Wilhelm Voßkamp). Gemeinsam ist allen Beiträgen –<br />
dies folgt aus der Konzeption des Themas –, daß sie einer wenn nicht unmittelbar intentionalen,<br />
so doch zumindest funktionalen Interpretation von Mythen, Eigengeschichten und Zeitordnungen<br />
verpflichtet sind. Damit wird – Karl-Siegbert Rehberg bringt es am Ende seines<br />
einleitenden Beitrages auf den Punkt – der Gegenstand der Untersuchung, dessen Eigenschaft<br />
es eigentlich ist, enthistorisierend zu wirken, in seinem jeweiligen historischen Kontext betrachtet<br />
wiederum historisiert.<br />
Bei dieser sehr knappen, nur kursorischen Schilderung des Inhalts der Einzelbeiträge muß<br />
es der Verfasser dieser Zeilen bewenden lassen. Zum einen, da er sich angesichts des im<br />
Band thematisch und fachlich weit gespannten Bogens in den allermeisten Fallbeispielen<br />
schlichtweg kein fachliches Urteil anmaßen kann. Zum anderen – und dies ist der bei weitem<br />
wichtigere Grund –, weil das Ziel der Besprechung darin bestand, das Gesamtkonzept der<br />
Aufsatzsammlung und somit das die Einzelbeiträge verbindende Element, die Konstruktionsprinzipien<br />
kollektiver Identität und ihre Institutionalisierung, hervorzuheben. Es ist die Stärke<br />
des Bandes, an Fallbeispielen ganz unterschiedlicher Epochen und von ganz verschiedenen<br />
fachwissenschaftlichen Ausgangspunkten aus, deutlich zu machen, daß das Prinzip, kollektive<br />
Identität zu erschaffen sehr universell anwendbar ist. Mittels dieser universellen Verwendbarkeit<br />
wird nicht nur der Weg für sinnvolle historische Vergleiche bereitet, Autoren und<br />
Herausgebern ist mit diesem Band außerdem ein überaus lesenswerter praktischer Versuch<br />
gelungen, die Kultur- und Sozialwissenschaften paradigmatisch und methologisch zumindest<br />
ein Stück weit wieder zu einen.<br />
Ulf Christian Ewert, Chemnitz ∗<br />
∗ Dipl.-Kfm. Dr. phil. Ulf Christian Ewert, TU Chemnitz, Philosophische Fakultät. Fachgebiet Geschichte/Geschichte<br />
des Mittelalters, Reichenhainer Str. 39, D-09126 Chemnitz.<br />
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