MITTEILUNGEN DER RESIDENZEN-KOMMISSION DER ...
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Louvre) und den unmittelbareren Vorgängern in Berlin (Altes Museum) oder St. Petersburg<br />
(Neue Eremitage) und die Frage nach der Stellung der Kulturinstitutionen zur Residenz im<br />
Wiener „Kaiserforum“. Denn gerade die architektonische und symbolische Verschränkung<br />
von Hofburg und Hofmuseen dient der architektonischen Fortsetzung und der ideellen Überhöhung<br />
des kaiserlichen Palastes. Auch den „enzyklopädischen“ Fassadenprogrammen von<br />
Kunst- und Naturhistorischem Museum kommt (wie auch den unvollendet gebliebenen Ausstattungskonzepten<br />
der „Neuen Burg“) eine essentielle Schlüsselfunktion im Kontext des<br />
monarchischen Selbstverständnisses zu. Anhand der Quellen und der erhaltenen Gipsmodelle<br />
wird dieses Phänomen einer genauen Untersuchung unterzogen werden.<br />
Die Idee des „Kaiserforums“ wird bestimmt von der Foren-Architektur der römischen Antike,<br />
von Fassaden- und Detaillösungen des Cinquecento und der europäischen Barockarchitektur.<br />
Semper und Hasenauer scheinen so auch mittels konkreter stilistischer Bezüge das<br />
Konzept einer „idealen“ Residenz des 19. Jahrhunderts angestrebt zu haben, das weitgehend<br />
unabhängig von lokalen Traditionslinien entwickelt wurde. Frühere Projekte zum Ausbau der<br />
Hofburg hatten eine explizit „österreichische“ Variante der Barockarchitektur (Fischer von<br />
Erlach) zum Vorbild genommen, und nach dem Tod Hasenauers traten diese lokalen, nun<br />
auch verstärkt patriotisch konnotierten Stiltendenzen wiederum in den Vordergrund. Die<br />
Aufwertung des österreichischen Barock zum neuen „Nationalstil“ durch Albert Ilg 1880, die<br />
Planungen von Friedrich Ohmann ab 1899 und die Staatspräsentation durch Thronfolger<br />
Franz Ferdinand sind Symptome dieser Entwicklung, deren Untersuchung – auch im Vergleich<br />
mit Parallelen in anderen Residenzen (Buda, Burg; Berlin, Stadtschloß) – noch weitgehend<br />
aussteht.<br />
Resümee<br />
In Zusammenschau der vier in Teilen notwendigerweise mit unterschiedlichen Schwerpunkten<br />
konzipierten Projektteile lassen sich folgende übergreifende Schwerpunkte ausmachen:<br />
1- Aufgrund der schon am Beginn der Arbeit absehbaren immensen Erweiterung des<br />
Quellenbestandes wird eine umfassende, das gegenwärtige Wissen über die Wiener Residenz<br />
weit übersteigende materielle Forschungsgrundlage geschaffen werden.<br />
2- Auf dieser Basis wird es möglich sein, eine differenzierte Planungs-, Bau- und Ausstattungsgeschichte<br />
zu verfassen. Daran ist eng der Versuch gebunden, das komplexe<br />
Raumgefüge bzw. die Kommunikation der unterschiedlichen Funktionsbereiche der<br />
Residenz in ihren historischen Entwicklungen zu entschlüsseln. Die zu erwartenden Ergebnisse<br />
versprechen einen beträchtlichen Erkenntnisgewinn über die bauliche Auflösung<br />
der komplizierten Funktionsverschränkungen innerhalb der neuzeitlichen (Kaiser-)Residenz.<br />
Wichtige Voraussetzung für das Gelingen ist der intensive Dialog mit<br />
der Denkmalpflege, der durch die Zusammensetzung des Mitarbeiterteams auch gesichert<br />
ist.<br />
3- Der dritte Schwerpunkt läßt sich unter dem Aspekt der Ikonologie zusammenfassen.<br />
Die Residenz ist als Bauwerk staatlicher, monarchischer und dynastischer Repräsentation<br />
dazu prädestiniert, Macht- und Herrschaftsstrategien – gelegentlich sehr direkt, oft<br />
aber auch versteckt – zu visualisieren. Die Freilegung dieser Strategien und ihre Umsetzung<br />
in gebaute Architektur und nicht realisierte Planungen sind zum historischen<br />
Verständnis eines politisch so befrachteten Komplexes, wie ihn die Hofburg darstellt,<br />
unerläßlich.<br />
4- Gemeinsam ist allen schließlich der überregionale Ausblick. Die Analyse und Bewertung<br />
des Einflusses des europäischen Residenzbaus auf die Wiener Planungen und<br />
Bauhandlungen wie auch umgekehrt deren Impulse auf die internationale Residenz-<br />
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