YANG FUDONG «ESTRANGED PARADISE ... - Kunsthalle Zürich
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<strong>YANG</strong> <strong>FUDONG</strong><br />
<strong>«ESTRANGED</strong> <strong>PARADISE</strong>. WORKS 1993 – 2013»<br />
6. APRIL – 26. MAI 2013<br />
PRESSEINFORMATION: FREITAG, 5. APRIL, 11 UHR<br />
ERÖFFNUNG: FREITAG, 5. APRIL, 18–21 UHR<br />
Yang Fudong (geb. 1971 in Peking, lebt und arbeitet in Shanghai) ist einer der wichtigsten Vertreter<br />
der zeitgenössischen Kunst- und unabhängigen Filmszene Chinas. Seine Filme und Fotoarbeiten,<br />
die häufig in der traditionellen chinesischen Malerei wurzeln, untersuchen Spannungen<br />
zwischen Stadt und Land, Geschichte und Gegenwart, Weltlichem und Intellektualität. Ihr zeitloser<br />
und traumartiger Charakter, ihre langen, in der Schwebe gehaltenen Sequenzen, sich verzweigenden<br />
Narrative und ihre vielfältigen Beziehungen und Handlungsstränge spiegeln die Rätsel des<br />
Idealismus und der Ideologie einer neuen Generation wider. Zugleich thematisieren die Werke die<br />
Ideale und Ängste junger Menschen, die sich bemühen, ihren Platz im sich rapide verändernden<br />
China von heute zu finden. «Estranged Paradise. Works 1993 – 2013», kuratiert von Beatrix Ruf und<br />
Philippe Pirotte, ist Fudongs erste grosse Überblicksschau in einer europäischen Ausstellungsinstitution.<br />
Sie präsentiert Filme, Installationen und Fotografien von den späten 1990er Jahren bis<br />
heute, betont die formalen Aspekte der filmischen Konstruktionen im Œuvre des Künstlers und<br />
ihren Widerhall in der Ästhetik des Film Noir. Im Anschluss an ihre Präsentation in <strong>Zürich</strong> wird die<br />
Ausstellung im UC Berkeley Art Museum and Pacific Film Archive zu sehen sein (21. August – 1.<br />
Dezember 2013).<br />
Yang weckte die Aufmerksamkeit der westlichen Kunstwelt 2002, als er seinen Film An Estranged<br />
Paradise (1997–2002) auf der Documenta XI erstmals zeigte. Der Film beginnt mit einer Meditation<br />
über die Aufteilung des Raums in der chinesischen Malerei und zeichnet die spirituelle Unsicherheit<br />
Zhuzis nach, eines jungen Intellektuellen in der legendären Stadt Hangzhou. Der Film spiegelt<br />
die Faszination, die für den Künstler vom internationalen Film ausgeht, und bezieht sich auf Werke<br />
wie Jim Jarmuschs Stranger Than Paradise (1984) und Jean-Luc Godards À bout de souffle (1960)<br />
sowie Shanghai-Filme aus den 1920er und 1930er Jahren, einem Ort und einer Zeit, wo und als<br />
China stark vom Westen beeinflusst war. Indem er die Kamera, die Beleuchtung und den filmischem<br />
Raum einsetzt, um die Landschaft der chinesischen Moderne zu skizzieren, offenbart Yang<br />
seine Liebe zum Schwarzweissfilm. Doch auch die Widersprüche und das Unbehagen, die mit einer<br />
progressiven Moderne einhergehen und charakteristische Themen des Film Noir sind, spielen eine<br />
entscheidende Rolle im Werk des Künstlers: eine Beschwörung der Vergangenheit und Zukunftsangst<br />
sowie Spannungen zwischen Gleichgültigkeit und Teilhabe, Erinnern und Vergessen. Zu den<br />
Filmen, die Film Noir-Konzepte verkörpern, zählen die Einkanalvideos Backyard – Hey, Sun is<br />
Rising! (2001), in dem vier Männer eine Reihe zeitgleicher, aber isolierter Rituale wie Rauchen,<br />
Massieren oder militärische Übungen in einem Park vollziehen; City Light (2000), eine Noir-<br />
Detektivgeschichte mit Slapstickelementen; Honey (2003), ebenfalls ein stilistischer Verweis auf<br />
Spionagefilme mit all ihren Klischees, beschwört die Mehrdeutigkeit von Verführung und Täuschung<br />
als Kennzeichen der Spionage, aber auch das Gefühl einer erhöhten Angst und Entfremdung,<br />
in dem sich Paranoia widerspiegelt und das möglicherweise eine Metapher für die ambivalente<br />
Situation im heutigen China ist. In jüngerer Zeit scheinen Yangs Schauspieler aufgrund des<br />
Umstands, dass er ihnen keine Regieanweisungen mehr gibt, in handlungsfreien Noirs aufzutreten,<br />
die das Genre eher in stilistischer Hinsicht, also durch gedämpfte Beleuchtung, übertriebene Kontraste,<br />
dramatische Schattenwürfe, einen erotischen Stil sowie einen psychologisch expressiven<br />
Ansatz hinsichtlich visueller Komposition oder Inszenierung spiegelt.<br />
Die Protagonisten von Yangs Werken sind grösstenteils seine Zeitgenossen, junge Leute zwischen<br />
zwanzig und vierzig, die den grössten Teil ihres Lebens in einer im Wandel begriffenen Gesellschaft<br />
zugebracht haben. Die Ideale und Ängste einer neuen Generation und die Würde des Einzelnen<br />
in einer sich rasant entwickelnden Gesellschaft, die noch damit beschäftigt ist, sich an die<br />
materiellen Bedingungen der sich ständig verändernden Zeit anzupassen, sind wiederkehrende
Themen Yangs. Am offenkundigsten ist dies in Fotoserien wie Don’t worry, it will be better (2000)<br />
oder Mrs. Huang at M last night (2006), die jeweils eine extravagante Dame und ihren Anhang<br />
schildern, in einem Hotelzimmer oder bei einem nächtlichen Ausflug, bei dem sie offenbar die Trophäen<br />
ihres materiellen Erfolgs geniessen. Die durchtriebenen Blicke der Protagonisten lassen das<br />
Publikum in einem Zustand der Ungewissheit hinsichtlich der tatsächlichen Ereignisse und Handlung<br />
zurück.<br />
In anderen Werken erinnern einige Szenen und Schauplätze an die Gemälde von Schriftgelehrten<br />
im alten China, welche von Künstlern und Intellektuellen geschaffen wurden, die in der Abgeschiedenheit<br />
spirituelle Freiheit suchten. The Evergreen Nature of Romantic Stories (2000), eine Serie von<br />
Fotografien, bei denen junge Männer und Frauen auf Miniaturlandschaften starren (künstliche<br />
Landschaften, die eine natürliche Gegend mit Felsen, Hügeln und Flüssen nachahmen), verortet die<br />
Wichtigkeit der Reflexion in traditionellen chinesischen Gärten als einer Metapher für die persönliche<br />
Orientierung und Identität neu, in der Häuslichkeit moderner Wohnungen. In der frühen<br />
Videoinstallation Tonight Moon (2000) mischen sich Männer in Badeanzügen in einem östlich anmutenden<br />
botanischen Garten unter Männer in Kostümen. Verschiedene Handlungsstränge entwickeln<br />
und verzweigen sich auf kleinen Monitoren und einem grossen Bildschirm und vermitteln<br />
dabei ein Gefühl der Ambiguität. International Hotel (2010), die unlängst entstandene Serie von<br />
Schwarzweissfotografien attraktiver Frauen in Badeanzügen, die in einem Art Deco Hotel in einen<br />
Pool tauchen, beschwört Sentimentalität, rührt an Fragen des weiblichen Innenlebens und ist zugleich<br />
von melancholischen Konnotationen durchtränkt, die die Form von Mässigung und Entgegenkommen<br />
annehmen.<br />
Mit der Filminstallation East of Que Village (2007) weicht Yang von der Urbanität seiner anderen<br />
Werke ab und präsentiert uns einen extrem persönlichen Film, der sich auf das Gefühl der Isolation<br />
und des Verlustes konzentriert, das in der heutigen chinesischen Gesellschaft immer verbreiteter<br />
ist, da Gemeinden auseinandergerissen, traditionelle Dörfer in ländlichen Gegenden aufgelöst werden<br />
und der Kampf ums Überleben Vorrang vor allem anderen hat. Die Bilder zeigen eine trostlose<br />
und feindselige Landschaft, in der eine Gruppe wilder Hunde haust, die einen erbarmungslosen<br />
Kampf auf Leben und Tod führen, und in der sich nur ab und zu Spuren menschlichen Lebens und<br />
sozialer Werte zeigen.<br />
In seinen neueren Werken richtet Yang seine Aufmerksamkeit immer mehr auf eine Reflexion der<br />
Filmproduktion. The Fifth Night (Rehearsal) (2010) ist eine alternative Edition seiner aus sieben<br />
Leinwänden bestehenden Videoinstallation The Fifth Night (bei der der jeweilige Film auf jeder<br />
Leinwand zehn Minuten und siebenunddreissig Sekunden läuft, was exakt der Länge einer<br />
Filmrolle entspricht), einschliesslich von vier vollständigen Einstellungen und einer früheren Probe.<br />
Der Künstler verwendete für jede Kamera verschiedene Objektive, filmte jedoch das gesamte<br />
Geschehen im selben Moment. Yang nennt diesen Installationstyp einen „räumlichen Film“ oder<br />
einen „Mehrere Ansichten“-Film, und er vergleicht die Technik mit einer zeitgenössischen Form<br />
der chinesischen Schriftrolle. Wir sehen darin die umherstreifenden Jugendlichen, die mit ihrer<br />
nachdenklichen, gehemmten Mimik häufig in seinen Filmen auftauchen. Jede Leinwand zeigt einen<br />
einzelnen „absoluten“ Protagonisten; zusammen ergeben sie eine Serie verschiedenartiger Welten,<br />
die nichts voneinander wissen. Die Hauptfigur der einen Leinwand wird auf einer anderen zum<br />
Nebendarsteller. Die Sets und Requisiten sind die aufwendigsten, die Yang bislang eingesetzt hat.<br />
Bühnen, Wendeltreppen und Gänge verschmelzen darin zu einem grossen Ganzen. Der geschlossene<br />
Hof, in dem das Werk gefilmt wurde, ähnelt letztlich einem Irrgarten und erweitert so<br />
das Konzept der narrativen räumlichen Möglichkeiten des Films. Dieses kühne Experiment, das<br />
einen offenen Raum im Freien als Innenraum verwendet, reisst eine Grenze ein, die alle anderen<br />
Filme Yangs durchzieht, da diese entweder vollständig im Innenraum oder vollständig im Aussenraum<br />
gedreht wurden. Die „Probe“-Version hält den Videooutput von sieben Monitoren fest, die<br />
mit sieben Filmkameras verbunden waren, und endet in einem „Scheitern“, da man Zeuge dessen<br />
wird, wie eine der Kameras kaputtgeht, so dass nur noch sechs Kanäle übrigbleiben und auf diese<br />
Weise veranschaulichen, dass Film sowohl ein Medium als auch ein Ort ist. Ausserdem gibt es drei<br />
Bildschirme mit Fotodokumenten und einem Dokumentarfilm. Yang bezeichnete die Arbeit wegen<br />
ihres Rohbild-Charakters als „Previewfilm“, der Suchereinzelbilder enthält und im Widerspruch zu<br />
den extrem routinierten und raffinierten Ergebnissen der bekannten Fassung steht. In diesem Fall<br />
ging Yang über seinen traditionellen Arbeitsprozess des Drehens-Schneidens-Vorführens hinaus<br />
und erweiterte seine Theorie, dass „alles, was gefilmt wurde, gezeigt werden kann. Ich stellte fest,<br />
dass das, was mich am meisten anzieht und zu meinem Material wird, der Prozess des Filmemachens<br />
selber ist.“
Veranstaltungen:<br />
Samstag, 6.4., 12 Uhr:<br />
Yang Fudong im Gespräch mit Philippe Pirotte, Adjunct Senior Curator, UC Berkeley Art Museum and Pacific Film Archive, und<br />
Beatrix Ruf.<br />
Begleitend zur Ausstellung ist ein von Yang Fudong zusammengestelltes Filmprogramm geplant; es umfasst chinesische Filme<br />
aus den 1920er und 1930er Jahren, von chinesischen Filmemachern seiner Generation und Filme aus dem Westen, die seine<br />
Arbeit beeinflusst haben.<br />
Beachten Sie aktuelle Hinweise unter www.kunsthallezurich.ch<br />
Katalog:<br />
In Zusammenarbeit mit UC Berkeley Art Museum and Pacific Film Archive erscheint bei JRP|Ringier die Publikation Yang<br />
Fudong. Estranged Paradise. Works 1993–2013 mit zahlreichen Abbildungen und Texten von Philippe Pirotte, Colin Chinnery, Ho<br />
Rui An und Rey Chow. Mit freundlicher Unterstützung des Sifang Art Museums in Nanjing.<br />
Familienführungen:<br />
Sonntag, 14.4. / 5.5., 13.30 – 15 Uhr (Brigit Meier, Kunstvermittlung)<br />
Für Kinder ab 6 Jahren in Begleitung einer erwachsenen Person. Wir gehen den Themen und Fragestellungen rund um die<br />
aktuelle Ausstellung in spielerischer Weise nach und setzen die Eindrücke in einer gestalterischen Arbeit um.<br />
Für Kinder kostenlos, normaler Eintritt für Erwachsene.<br />
Kunstvermittlung für Schulklassen:<br />
Workshop: Schulklassen aller Stufen können im altersgerechten Dialog zeitgenössische Kunst erkunden und in einer<br />
gestalterischen Arbeit ihre Eindrücke umsetzen.<br />
8.4.–5.5., Montagmorgen, Dienstag und Freitag ganzer Tag<br />
Dauer: 1.5 Stunden, Leitung: Brigit Meier, Kunstvermittlung<br />
Information: meier@kunsthallezurich.ch<br />
Für Schulklassen aus dem Kanton <strong>Zürich</strong> kostenlos.<br />
Öffentliche Führungen:<br />
SONNTAGSFÜHRUNGEN, 14 Uhr: 7.4. (Niels Olsen) / 28.4. (Niels Olsen) / 12.5. (Rahel Blättler) / 26.5. (Niels Olsen)<br />
LUNCHFÜHRUNGEN, Mittwoch, 12.30 Uhr: 17.4. (Rahel Blättler) / 22.5. (Rahel Blättler)<br />
ABENDFÜHRUNGEN, Donnerstag, 18.30 Uhr: 11.4. (Niels Olsen) / 2.5. (Niels Olsen) / 16.5. (Niels Olsen)<br />
Öffnungszeiten:<br />
DI/MI/FR 11 – 18 UHR, DO 11 – 20 UHR, SA/SO 10 – 17 UHR<br />
MO GESCHLOSSEN<br />
FEIERTAGE: 1. MAI 10 – 17 UHR, AUFFAHRT 10 – 17 UHR, PFINGSTSONNTAG & PFINGSTMONTAG 10 – 17 UHR<br />
Gerne lassen wir Ihnen weitere Informationen und digitales Bildmaterial zukommen:<br />
Tel. +41 (0)44 272 15 15 oder Email presse@kunsthallezurich.ch.<br />
Hulda und Gustav Zumsteg-Stiftung Ringier AG<br />
Marian Goodman Gallery Paris / New York ShanghART Gallery Shanghai