Herrlich unterwegs an der Schnittstelle der Kulturen Seite 1 von 2 ...
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<strong>Herrlich</strong> <strong>unterwegs</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Schnittstelle</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong><br />
Bülent Ceyl<strong>an</strong> zieht es zur Vor-Premiere seines neuen Programms zurück zu seinen Wurzeln in die klag-<br />
Bühne<br />
Von unserem Redaktionsmitglied Thomas Dorscheid<br />
Gaggenau. Zurück zu den Wurzeln, dorthin, wo er in <strong>der</strong> Kleinkunst groß geworden ist: Bülent Ceyl<strong>an</strong> zog es zur<br />
Vorpremiere seines neuen Programms („Wilde Kreatürken“), wie in <strong>der</strong> Verg<strong>an</strong>genheit auch, ins klag nach<br />
Gaggenau. Der symphatische M<strong>an</strong>nheimer Deutsch-Türke – „die Mama Deutsche, <strong>der</strong> Papa Türk’“ – glänzt mit<br />
seinen Kultfiguren und das Publikum kreischt; bei den Gags sowieso, mittlerweile aber schon, wenn Ceyl<strong>an</strong> nur<br />
das Outfit <strong>der</strong> dargestellten Figur überstreift. Verabschiedet wird er mit stehenden Ovationen.<br />
Natürlich, <strong>der</strong> Comedi<strong>an</strong> ist längst in aller Munde: Seine F<strong>an</strong>gemeinde hat sich nicht zuletzt wegen <strong>der</strong><br />
Fernsehauftritte vervielfacht. Bülent Ceyl<strong>an</strong> füllt Arenen, Schlosshöfe und große Hallen; im nächsten Jahr wird er<br />
in <strong>der</strong> über 50 000 Plätze fassenden Commerzb<strong>an</strong>k-Arena in Fr<strong>an</strong>kfurt auftreten. 80 000 Besucher waren es<br />
zuletzt beim Heavy Metal-Meeting im norddeutschen Wacken. Ceyl<strong>an</strong> trat dort auf und jetzt lässt er die Besucher<br />
in <strong>der</strong> Kleinkunstbühne höchst <strong>an</strong>schaulich teilhaben am Rausch des dortigen Massenspektakels.<br />
Doch umgehend folgt das Liebesbekenntnis des M<strong>an</strong>nes, <strong>der</strong> den Erfolg <strong>der</strong> Größe mitnimmt und <strong>der</strong> doch das<br />
Kleine, das Überschaubare, das heißt vor allem den direkten Kontakt zum Publikum liebt und nicht missen mag:<br />
„Du k<strong>an</strong>nst 80 000 Leute rocken, aber im Herzen bleibt du doch <strong>der</strong> professionelle Depp.“ Und wie<strong>der</strong> kreischt<br />
das Publikum.<br />
Das Publikum? Das kam diesmal weniger aus Gaggenau und Umgebung, son<strong>der</strong>n aus dem gesamten<br />
südwestdeutschen Raum, so etwa zwischen Bad Kreuznach und Lörrach. Aus „SWR3-L<strong>an</strong>d“ eben. Denn die<br />
Eintrittskarten waren über SWR3 verlost worden. Wohl noch die gerechteste Lösung, denn das Kulturamt<br />
Gaggenau hätte sich bei einem Vorverkauf vor Anfragen nicht retten können.<br />
Und zur neuen Popularität gehört – natürlich – ein Merch<strong>an</strong>dising-St<strong>an</strong>d, aufgebaut im klag-Innenhof. Doch<br />
Ceyl<strong>an</strong> wäre nicht Ceyl<strong>an</strong>, wenn er auch dies nicht gleich durch den Kakao ziehen würde: Weil die Leute für die<br />
Karten nix bezahlt haben, muss das Geld eben so reinkommen – durch einen St<strong>an</strong>d, <strong>der</strong> größer ist als die<br />
Bühne drinnen, lästert und grinst er gleichermaßen. Da ist er wie<strong>der</strong>, dieser ewig junge Schalk, <strong>der</strong> das allzu<br />
Menschliche stets sehr direkt ausdrückt („Es ist Pause, ihr könnt brunsen gehen“), und dem m<strong>an</strong> ob seines<br />
grenzenlosen Charmes doch nie böse sein k<strong>an</strong>n.<br />
<strong>Herrlich</strong> bewegt sich <strong>der</strong> Deutsch-Türke im Schnittbereich <strong>von</strong> genau diesen zwei <strong>Kulturen</strong>, er k<strong>an</strong>n lustvoll<br />
karikieren und auch ein bisschen kritisieren. Ein Volltreffer ist in seinem neuen Programm das Erlebnis, „als<br />
türkischer Deutscher auf einem Schweizer Campingplatz Station zu machen“.<br />
Das beginnt schon mit <strong>der</strong> Frage, wo dort <strong>an</strong>gesichts seiner Herkunft überhaupt sein Platz sein könnte: In <strong>der</strong><br />
Kolonie <strong>der</strong> Englän<strong>der</strong>, <strong>der</strong> Hollän<strong>der</strong> o<strong>der</strong> doch bei den Deutschen? Und es endet mit <strong>der</strong> höchsten Stufe <strong>an</strong><br />
Satisfaktion: Und zwar im Morgengrauen auf dem Campingstuhl des ungeliebten Englän<strong>der</strong>s ein H<strong>an</strong>dtuch mit<br />
Deutschl<strong>an</strong>d-Fahne abzulegen – und damit in allerbester deutscher Swimming-Pool-M<strong>an</strong>ie das ultimative<br />
Zeichen für „Hier ist reserviert“ zu hinterlassen.<br />
Seine Kultfiguren sind wie<strong>der</strong> mit <strong>an</strong> Bord: Harald natürlich (<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Batschkapp und alten blauen<br />
Trainingsjacke), d<strong>an</strong>n Hausmeister „Mompfred“, <strong>der</strong> sich diesmal mit Eheproblemen rumschlägt, und<br />
Gemüsehändler Asl<strong>an</strong>, <strong>der</strong> herrlich die Klaviatur kultureller Hemmnisse in <strong>der</strong> Verbindung seiner türkischen<br />
Tochter Ezma mit dem Sachsen Rüdiger herunterspielt.<br />
Türken-Macho Hass<strong>an</strong> ist ebenso dabei wie die supereitle Pelzhändlerin Anneliese; beide Figuren sind<br />
bek<strong>an</strong>ntlich nicht mit allzu viel Intelligenz gesegnet, beide kommen auch gerne zotig rüber, m<strong>an</strong>chmal etwas<br />
übertrieben in dieser Hinsicht.<br />
Aber es war ja noch keine Premiere, son<strong>der</strong>n Vor-Premiere, und Bülent Ceyl<strong>an</strong> nimmt bewusst die Reaktionen<br />
mit, um am neuen Programm noch zu feilen. Vor-Premiere heißt ja auch, dass noch nicht alles perfekt „sitzen“<br />
muss. Was <strong>der</strong> Comedi<strong>an</strong> wie<strong>der</strong>um augenzwinkernd nimmt: „Hab ich jetzt wirklich ’nen Hänger? Das wär <strong>der</strong><br />
Hammer.“<br />
Kein Hammer, aber wirklich gelungen ist auch sein musikalischer Ausflug zusammen mit Matthias Jungh<strong>an</strong>s <strong>an</strong><br />
<strong>der</strong> Gitarre. Auch das wird vom Publikum begeistert aufgenommen. Ceyl<strong>an</strong> gibt das gerne zurück: Nach <strong>der</strong><br />
Show steht er im Innenhof geduldigst für Autogramm- und Fotowünsche zur Verfügung.<br />
http://web.bnn.de/edition/data/20110903/Badische_Neueste_Nachrichten/170___Rast...<br />
06.09.2011
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WER SO CHARMANT LÄCHELN KANN, <strong>der</strong> hat schon alleine damit einen<br />
Bonus beim Publikum. Bülent Ceyl<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n aber viel mehr, was er bei <strong>der</strong><br />
Vorpremiere seines neuen Stückes „Kreatürken“ auch zeigte. Nach<br />
Gaggenau kehrte er gerne zurück, das war ihm <strong>an</strong>zumerken. Foto: M<strong>an</strong>dic<br />
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