Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs
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S. Schneider <strong>Die</strong> <strong>Graslandgesellschaften</strong> <strong>Luxemburgs</strong><br />
98<br />
Wiesen können teilweise als Relikte angesehen<br />
und als Nassbrachen mit Waldbinsen-Dominanz<br />
angesprochen werden.<br />
In Brachen produziert die Spitzblütige Binse<br />
viel Streu, die im Herbst eine schwer abbaubare<br />
Auflage bildet. <strong>Die</strong>se wirkt hemmend auf niedrigwüchsige<br />
Arten. <strong>Die</strong> Binse selbst kann mit ihren<br />
spitzen Trieben durch diese Streuauflage hindurch<br />
wachsen. <strong>Die</strong> Bestände verarmen an Arten und<br />
bilden zahlreiche Übergänge zu artenreicheren<br />
Wiesen (<strong>Die</strong>rschke & Vogel 1981, <strong>Die</strong>rschke<br />
et al. 2004). Artenreichere Waldbinsen-Wiesen<br />
degradieren zu artenarmen Brachestadien; im<br />
weiteren Sukzessionsverlauf entwickeln sich<br />
Hochstaudenfluren. <strong>Die</strong>s konnten Ruthsatz &<br />
Kraß (1998) für Brachen im Hunsrück beobachten,<br />
in denen Hochstauden wie Filipendula ulmaria und<br />
Lysimachia vulgaris mit hohen Deckungsgraden<br />
vorkommen. In Beständen, die nicht mehr genutzt<br />
werden, sinkt die Artenzahl, Hochstauden wie<br />
Angelica sylvestris nehmen zu (Schwabe 1987).<br />
<strong>Die</strong> Waldbinsen-Wiesen haben zum einen durch<br />
Standortmelioration und zum anderen durch<br />
Nutzungsaufgabe in den letzten Jahrzehnten<br />
abgenommen. Waldbinsen-Wiesen sind anthropogene<br />
Ersatzgesellschaften von Erlensümpfen<br />
des Alnion glutinosae und Alno-Ulmion (Oberdorfer<br />
1993c, <strong>Die</strong>rschke et al. 2004). Eine Erhaltung ist<br />
bei extensiver futterbaulicher Nutzung möglich,<br />
obwohl sie nur einen geringen Futterwert und<br />
Ertrag besitzen (<strong>Die</strong>rschke & Briemle 2002,<br />
<strong>Die</strong>rschke et al. 2004). Andernfalls ist alle paar<br />
Jahre eine Pflege-Mahd mit Abtransport des<br />
Mähgutes notwendig, um vor allem der Streuakkumulation<br />
entgegen zu wirken. Um eine starke<br />
Verfilzung und Verbuschung zu verhindern, sollte<br />
eine Mahd mindestens alle drei bis fünf Jahre<br />
durchgeführt werden. Das Pflegeintervall kann<br />
aufgrund der geringen Nährstoffverfügbarkeit<br />
(Stickstoffverfügbarkeit) für die Pflanzen bei<br />
Nässe relativ weit sein (<strong>Die</strong>rschke & Briemle 2002,<br />
<strong>Die</strong>rschke et al. 2004). <strong>Die</strong> Waldbinsen-Bestände<br />
und besonders die noch artenreichen Bestände<br />
in Luxemburg sollten wenigstens alle zwei Jahre,<br />
besser wäre jedes Jahr, einmal gemäht werden,<br />
auch wenn dies in einigen Fällen nur mit einer<br />
Motorsense oder einem angepassten Balkenmäher<br />
möglich ist. <strong>Die</strong>s wird in einigen Gebieten seit<br />
vielen Jahren mit Erfolg durchgeführt.<br />
Einige Autoren (z. B. Nowak 1992) unterstreichen<br />
die Notwendigkeit einer regelmäßigen Nutzung<br />
der Waldbinsen-Bestände. Andere Autoren (z. B.<br />
Amani 1980) konnten auf alten Juncus acutiflorus-<br />
Brachen bis auf wenige kleine Erlen keinen Gehölzaufwuchs<br />
beobachten und sind der Meinung, dass<br />
diese Brachen über längere Zeit stabil bleiben.<br />
In den nicht mehr genutzten oder gepflegten<br />
Beständen des Untersuchungsgebietes treten<br />
vereinzelt Brachezeiger auf; auch das vermehrte<br />
Auftreten von Weidengebüschen konnte<br />
beobachtet werden. <strong>Die</strong> Haupt-Gefährdung der<br />
Gesellschaft in Luxemburg besteht in der zunehmenden<br />
Nutzungsaufgabe auf nassen Standorten.<br />
Das Crepido-Juncetum acutiflori ist eine in<br />
Luxemburg gefährdete Pflanzengesellschaft. In<br />
Deutschland gilt die Waldbinsen-Wiese ebenfalls<br />
als gefährdet (Rennwald 2000). Unter anderem<br />
besteht aufgrund der floristischen Vielfalt und der<br />
Vielzahl an seltenen und gefährdeten Pflanzenarten<br />
eine hohe Schutzwürdigkeit der Waldbinsen-<br />
Wiesen. Im Aufnahmematerial kommen die vom<br />
Aussterben bedrohte Art Scutellaria minor und<br />
weitere 15 gefährdete Arten vor (s. Tab. A5 und<br />
A6, Anhang A). <strong>Die</strong> typische Begleitflora der<br />
Juncus acutiflorus-Wiesen und die charakteristische<br />
Artenkombination der Waldbinsen-Wiesen sind<br />
für den Naturschutz von höchster Bedeutung.<br />
4.3.7 Scirpus sylvaticus-Gesellschaft<br />
(Waldsimsen-Wiese)<br />
Tab. C9, Abb. A31<br />
Aspekt und Struktur<br />
<strong>Die</strong> Waldsimsen-Wiese ist durch die Dominanz<br />
(Deckung > 2) von Scirpus sylvaticus gekennzeichnet.<br />
Innerhalb von Feucht- und Nassbrachenkomplexen<br />
treten die Waldsimsen-Wiesen durch<br />
ihre intensiv hellgrün leuchtenden Blätter und<br />
vor allem durch ihren zur Fruchtzeit im Sommer<br />
sehr auffällig vergrößerten gelblichen Fruchtstand<br />
hervor (Abb. 52). Dabei unterscheiden<br />
sie sich durch ihren niedrigeren Wuchs von den<br />
umgebenden Hochstauden (z. B. Filipendula<br />
ulmaria, Lysimachia vulgaris). <strong>Die</strong> hellgrünen bis<br />
gelblichen Herden fallen dem Betrachter direkt<br />
auf, wenngleich sie nur kleinflächig in andere<br />
Feuchtwiesengesellschaften eingebettet sind<br />
(Abb. 53). <strong>Die</strong> dichten Dominanz-Bestände der<br />
Waldsimse ähneln physiognomisch denen der<br />
Großseggenriede.<br />
<strong>Ferrantia</strong> • <strong>66</strong> / 2011