Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs

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24.07.2013 Aufrufe

S. Schneider Die Graslandgesellschaften Luxemburgs 66 Scharfe Hahnenfuß (Ranunculus acris) charakterisiert die nun bereits höherwüchsigen Wiesen zusammen mit dem Rosarot der Kuckucks-Lichtnelke (Lychnis flos-cuculi) und vereinzelt dem Breitblättrigen Knabenkraut (Dactylorhiza majalis). Das Sumpf-Vergissmeinnicht (Myosotis scorpioides agg.) zeigt sich mit seinen kleinen, unauffälligen blauen Blüten hier und da. Kennzeichnend für die Assoziation ist neben Lychnis flos-cuculi und Caltha palustris auch Carex disticha. Sie prägt die Wassergreiskraut-Wiesen durch ihr z. T. massenhaftes Vorkommen entscheidend mit. Selten wird der Blühaspekt von Oenanthe peucedanifolia ergänzt. Auffällig sind die Wassergreiskraut-Wiesen vor allem, wenn das Wassergreiskraut im Juni bis August leuchtend dunkelgelb blüht (Abb. 21, Abb. 22). Es blüht entweder noch vor dem ersten Schnitttermin, wenn er recht spät erfolgt, oder erst nach der ersten Mahd. Zu dieser Zeit fällt auch das Violettrot der Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea s. l.) auf. Die Wassergreiskraut- Wiese ist niedrigwüchsig. Ihre weniger stark ausgeprägte Oberschicht wird von Gräsern wie Holcus lanatus und Festuca pratensis bestimmt und reicht bis etwa 80 bis 90 cm Höhe. Selten werden die Bestände von hochwüchsigeren Pflanzen wie Alopecurus pratensis (> 1 m) überragt. Die Mittelschicht wird hauptsächlich von Senecio aquaticus bestimmt und erreicht Höhen von 50 bis 60 cm. Strukturbestimmend sind daneben Carex disticha und Ranunculus repens. Die Vegetationsbedeckung beträgt zwischen 90 und 100 %. Dabei lässt sich beobachten, dass mit zunehmender Bodenfeuchtigkeit und damit mit steigendem Seggen-Anteil die Deckung abnimmt. In die Beschreibung sind insgesamt 55 Aufnahmen eingeflossen, darunter 20 eigene. Syntaxonomie Zum Bromo-Senecionetum aquatici werden hier nur Aufnahmen gestellt, in denen Senecio aquaticus als Assoziationskennart vorkommt (in Anlehnung an Bergmeier et al. 1984, Aendekerk & Gawalowski 1991, Nowak 1992, Dierschke et al. 2004). Aufnahmen ohne diese Kennart werden der Calthion-Verbandsgesellschaft zugeordnet. Der Wiesentyp ist in der luxemburgischen Literatur recht häufig erwähnt. Viele Bestände werden ebenfalls dem Bromo-Senecionetum aquatici bzw. dem Senecio-Brometum racemosi zugeordnet. Dabei wird das Bromo-Senecionetum aquatici oftmals weiter gefasst. So werden in einigen Arbeiten auch Vegeta- tionsaufnahmen ohne Senecio aquaticus zu den Wassergreiskraut-Wiesen gestellt (Colling & Faber 1996, Colling & Reckinger 1997, Colling & Faber 1998, Steinbach & Walisch 2001, Takla 2001). Diese Autoren weisen allerdings darauf hin, dass Senecio aquaticus selten und mit nur geringen Deckungsgraden vorkommt. Auch werten sie Bromus racemosus (Trauben-Trespe) als Assoziationskennart. Bromus racemosus wird in der vorliegenden Arbeit wie von einigen anderen Autoren auch (Bergmeier et al. 1984, Verbücheln 1987, Nowak 1992, Dierschke et al. 2004) nur als Kennart des Verbandes angesehen. Die Trauben-Trespe hat eine weitere ökologische Amplitude, kommt in einigen anderen Gesellschaften des Calthion des Untersuchungsgebietes (Carex disticha-Gesellschaft, Calthion-Verbandsgesellschaft) vor und hat ihren Verbreitungsschwerpunkt nicht nur in den Wassergreiskraut-Wiesen. Steinbach & Walisch (2001) werten die von ihnen untersuchten Bestände lediglich als Anklänge an das Bromo-Senecionetum aquatici. Gleicherweise ordnen manche Autoren überregional Calthion-Bestände ohne Senecio aquaticus dem Bromo-Senecionetum aquatici zu (Foerster 1983, Verbücheln 1987, Hauser 1988, Goebel 1995, Pott 1995). Die Wassergreiskraut-Wiesen sind den Kohldistel- Wiesen floristisch und ökologisch sehr ähnlich. Sie unterscheiden sich von den Kohldistel-Wiesen durch das Fehlen von Cirsium oleraceum. Die beiden Assoziationskennarten Senecio aquaticus und Cirsium oleraceum kommen im Untersuchungsgebiet nicht zusammen vor. Dass dies nicht zwangsläufig der Fall sein muss, zeigt bspw. die Übersichtstabelle in Dierschke et al. (2004). Nach Nowak (1992) wächst Senecio aquaticus im atlantischen Westeuropa gemeinsam mit Juncus acutiflorus. In Luxemburg konnte dies sehr selten beobachtet werden. Ausführliche Darstellungen zur Abgrenzung und Nomenklatur der Wassergreiskraut-Wiesen können bei Bergmeier et al. (1984) und Dierschke et al. (2004) nachgelesen werden. Artenzusammensetzung Im Bromo-Senecionetum aquatici gibt es zahlreiche Kennarten des Calthion, der Molinietalia sowie der Molinio-Arrhenatheretea. Hochstet sind neben Senecio aquaticus (Deckungsgrade von „r“ bis „4“) die Verbandskennarten Carex disticha, Bromus racemosus, Caltha palustris und Myosotis scorpioides agg. Im überregionalen Vergleich (Bergmeier et al. 1984, Nawrath 2005) sind Ferrantia66 / 2011

S. Schneider Die Graslandgesellschaften Luxemburgs die hier untersuchten Bestände sehr gut mit Verbandskennarten ausgestattet. Vor allem ist Bromus racemosus mit einer deutlich höheren Stetigkeit vertreten. Unter den Molinietalia- Arten sind Lychnis flos-cuculi und Filipendula ulmaria stet. Das Bromo-Senecionetum aquatici ist mit den vielen Feuchtwiesen-Pflanzen sehr gut als Feuchtwiese charakterisiert. Kennzeichnende Grünlandarten sind Ranunculus repens, Holcus lanatus, Festuca pratensis, Alopecurus pratensis, Ranunculus acris, Cardamine pratensis, Trifolium pratense, Centaurea jacea s. l., Trifolium repens und Cynosurus cristatus. Sie treten hochstet und mit hohen Deckungsgraden auf. Zu den steten Begleitern gehören die Gräser Poa trivialis, Anthoxanthum odoratum und Festuca rubra agg. Arten der Flutrasen (Agrostis stolonifera agg., Carex hirta, Alopecurus geniculatus, Rumex crispus) treten in verdichteten und länger überfluteten Bereichen vereinzelt dazu und leiten zu den Flutrasen (Potentillion anserinae) über. Das artmächtige Auftreten des Kriechenden Hahnenfußes (Ranunculus repens) zeigt die Verwandtschaft ebenfalls an. Nässezeiger (vorwiegend Arten der Röhrichte und Kleinseggenriede) wie Galium palustre und Ranunculus flammula kennzeichnen die nassesten Bestände, Magerkeitszeiger wie Juncus conglomeratus, Carex nigra und einige gefährdete Arten die nährstoffärmeren Wiesen. Als Basenzeiger tritt lediglich Carex disticha auf. Sie bildet gelegentlich kleinräumige Dominanzen aus und vermittelt zur Carex disticha-Gesellschaft (s. Kap. 4.3.5). Die Kammsegge kann als bezeichnende Art für die Assoziation und das gesamte Calthion gelten. Die mittlere Artenzahl aller hier einbezogener Aufnahmen liegt bei 27. Die Wiesengesellschaft kann damit als mäßig artenreich eingestuft werden. Damit liegt sie im Bereich der in der Literatur angegeben Werte für Wassergreiskraut-Wiesen (Bergmeier et al. 1984: mAZ 29,5; Dierschke et al. 2004: mAZ 25 bis 40). Das Bromo-Senecionetum aquatici stellt die zweitartenreichste Calthion-Gesellschaft in Luxemburg dar. Die artenreichste Aufnahme hat 43 Arten, die meisten Bestände weisen zwischen 20 und 30 Arten auf. Untergliederung Das vorliegende Aufnahmekollektiv lässt nur eine schwache ökologische und floristische Differenzierung erkennen. Die Bestände besiedeln Ferrantia66 / 2011 größtenteils ökologisch ähnliche Standorte. Zwei Ausbildungen werden unterschieden: Eine Ausbildung mit Nässe- und Magerkeitszeigern (Ausbildung mit Carex nigra) mit den Differentialarten Carex nigra, Juncus conglomeratus, Carex panicea, Oenanthe peucedanifolia, Ranunculus flammula und Carex ovalis sowie eine differentialartenlose Ausbildung. Die Ausbildung mit Carex nigra besiedelt die nassesten und magersten Standorte der Wassergreiskraut-Wiesen. Sie vermittelt zu den Kleinseggenrieden (Caricetum nigrae). Die mittlere Stickstoffzahl und Reaktionszahl (mN 5,1; mR 5,3) sind im Unterschied zur differential- artenlosen Ausbildung etwas niedriger. Die Böden sind etwas stärker durchnässt. Der mittlere Feuchtezeigerwert (mF 6,7) unterscheidet sich allerdings nicht von der differentialartenlosen Ausbildung. Einige Calthion- und Molinietalia-Arten treten in dieser Ausbildung etwas stärker hervor (z. B. Lotus pedunculatus, Achillea ptarmica). Als besondere Arten treten jeweils einmal Succisa pratensis, Silaum silaus und Oenanthe fistulosa auf und vermitteln schwach zu den Pfeifengraswiesen bzw. Flutrasen. Mit einer mittleren Artenzahl von 28 gehören die Bestände dieser Ausbildung zu den artenreichsten Wassergreiskraut-Wiesen. Sie sind aber im Vergleich zu anderen Regionen deutlich artenärmer. Nawrath (2005) gibt für seine Ausbildung mit Nässe- und Säurezeigern eine mittlere Artenzahl von 37 an. Die differentialartenlose Ausbildung hat eine mittlere Artenzahl von 25. Sie besiedelt etwas nährstoff- und basenreichere Standorte (mN 5,6; mR 5,7) als die Ausbildung mit Carex nigra. Die differentialartenlose Ausbildung gliedert sich in eine differentialartenlose Variante und in eine Variante mit Alopecurus rendlei. Der Aufgeblasene Fuchsschwanz (Alopecurus rendlei) tritt auf stärker verdichteten Lehm- und Tonböden in kleineren Herden auf. Meist bildet er dann kleinräumige Dominanzen im Calthion palustris (auch Calthion- Verbandsgesellschaft) und Potentillion anserinae aus. Er kennzeichnet die Wassergreiskraut-Wiesen durch seinen niederen Wuchs, seine markanten blasig aufgetriebenen Blattscheiden und kurzen rundlichen Ähren (Abb. 23). Diese Variante zeigt große Ähnlichkeit mit der Alopecurus rendlei- Ausbildung der Calthion-Verbandsgesellschaft. 67

S. Schneider <strong>Die</strong> <strong>Graslandgesellschaften</strong> <strong>Luxemburgs</strong><br />

die hier untersuchten Bestände sehr gut mit<br />

Verbandskennarten ausgestattet. Vor allem ist<br />

Bromus racemosus mit einer deutlich höheren<br />

Stetigkeit vertreten. Unter den Molinietalia-<br />

Arten sind Lychnis flos-cuculi und Filipendula<br />

ulmaria stet. Das Bromo-Senecionetum aquatici ist<br />

mit den vielen Feuchtwiesen-Pflanzen sehr gut<br />

als Feuchtwiese charakterisiert. Kennzeichnende<br />

Grünlandarten sind Ranunculus repens, Holcus<br />

lanatus, Festuca pratensis, Alopecurus pratensis,<br />

Ranunculus acris, Cardamine pratensis, Trifolium<br />

pratense, Centaurea jacea s. l., Trifolium repens<br />

und Cynosurus cristatus. Sie treten hochstet und<br />

mit hohen Deckungsgraden auf. Zu den steten<br />

Begleitern gehören die Gräser Poa trivialis,<br />

Anthoxanthum odoratum und Festuca rubra agg.<br />

Arten der Flutrasen (Agrostis stolonifera agg.,<br />

Carex hirta, Alopecurus geniculatus, Rumex crispus)<br />

treten in verdichteten und länger überfluteten<br />

Bereichen vereinzelt dazu und leiten zu<br />

den Flutrasen (Potentillion anserinae) über. Das<br />

artmächtige Auftreten des Kriechenden Hahnenfußes<br />

(Ranunculus repens) zeigt die Verwandtschaft<br />

ebenfalls an. Nässezeiger (vorwiegend<br />

Arten der Röhrichte und Kleinseggenriede)<br />

wie Galium palustre und Ranunculus flammula<br />

kennzeichnen die nassesten Bestände, Magerkeitszeiger<br />

wie Juncus conglomeratus, Carex<br />

nigra und einige gefährdete Arten die nährstoffärmeren<br />

Wiesen. Als Basenzeiger tritt lediglich<br />

Carex disticha auf. Sie bildet gelegentlich kleinräumige<br />

Dominanzen aus und vermittelt zur<br />

Carex disticha-Gesellschaft (s. Kap. 4.3.5). <strong>Die</strong><br />

Kammsegge kann als bezeichnende Art für die<br />

Assoziation und das gesamte Calthion gelten.<br />

<strong>Die</strong> mittlere Artenzahl aller hier einbezogener<br />

Aufnahmen liegt bei 27. <strong>Die</strong> Wiesengesellschaft<br />

kann damit als mäßig artenreich eingestuft<br />

werden. Damit liegt sie im Bereich der<br />

in der Literatur angegeben Werte für Wassergreiskraut-Wiesen<br />

(Bergmeier et al. 1984: mAZ<br />

29,5; <strong>Die</strong>rschke et al. 2004: mAZ 25 bis 40). Das<br />

Bromo-Senecionetum aquatici stellt die zweitartenreichste<br />

Calthion-Gesellschaft in Luxemburg dar.<br />

<strong>Die</strong> artenreichste Aufnahme hat 43 Arten, die<br />

meisten Bestände weisen zwischen 20 und 30<br />

Arten auf.<br />

Untergliederung<br />

Das vorliegende Aufnahmekollektiv lässt nur<br />

eine schwache ökologische und floristische Differenzierung<br />

erkennen. <strong>Die</strong> Bestände besiedeln<br />

<strong>Ferrantia</strong> • <strong>66</strong> / 2011<br />

größtenteils ökologisch ähnliche Standorte.<br />

Zwei Ausbildungen werden unterschieden: Eine<br />

Ausbildung mit Nässe- und Magerkeitszeigern<br />

(Ausbildung mit Carex nigra) mit den Differentialarten<br />

Carex nigra, Juncus conglomeratus, Carex<br />

panicea, Oenanthe peucedanifolia, Ranunculus<br />

flammula und Carex ovalis sowie eine differentialartenlose<br />

Ausbildung.<br />

<strong>Die</strong> Ausbildung mit Carex nigra besiedelt die<br />

nassesten und magersten Standorte der Wassergreiskraut-Wiesen.<br />

Sie vermittelt zu den Kleinseggenrieden<br />

(Caricetum nigrae). <strong>Die</strong> mittlere<br />

Stickstoffzahl und Reaktionszahl (mN 5,1;<br />

mR 5,3) sind im Unterschied zur differential-<br />

artenlosen Ausbildung etwas niedriger. <strong>Die</strong><br />

Böden sind etwas stärker durchnässt. Der<br />

mittlere Feuchtezeigerwert (mF 6,7) unterscheidet<br />

sich allerdings nicht von der differentialartenlosen<br />

Ausbildung. Einige Calthion- und<br />

Molinietalia-Arten treten in dieser Ausbildung<br />

etwas stärker hervor (z. B. Lotus pedunculatus,<br />

Achillea ptarmica). Als besondere Arten treten<br />

jeweils einmal Succisa pratensis, Silaum silaus und<br />

Oenanthe fistulosa auf und vermitteln schwach zu<br />

den Pfeifengraswiesen bzw. Flutrasen. Mit einer<br />

mittleren Artenzahl von 28 gehören die Bestände<br />

dieser Ausbildung zu den artenreichsten Wassergreiskraut-Wiesen.<br />

Sie sind aber im Vergleich zu<br />

anderen Regionen deutlich artenärmer. Nawrath<br />

(2005) gibt für seine Ausbildung mit Nässe- und<br />

Säurezeigern eine mittlere Artenzahl von 37 an.<br />

<strong>Die</strong> differentialartenlose Ausbildung hat eine<br />

mittlere Artenzahl von 25. Sie besiedelt etwas<br />

nährstoff- und basenreichere Standorte (mN 5,6;<br />

mR 5,7) als die Ausbildung mit Carex nigra.<br />

<strong>Die</strong> differentialartenlose Ausbildung gliedert sich<br />

in eine differentialartenlose Variante und in eine<br />

Variante mit Alopecurus rendlei. Der Aufgeblasene<br />

Fuchsschwanz (Alopecurus rendlei) tritt auf stärker<br />

verdichteten Lehm- und Tonböden in kleineren<br />

Herden auf. Meist bildet er dann kleinräumige<br />

Dominanzen im Calthion palustris (auch Calthion-<br />

Verbandsgesellschaft) und Potentillion anserinae<br />

aus. Er kennzeichnet die Wassergreiskraut-Wiesen<br />

durch seinen niederen Wuchs, seine markanten<br />

blasig aufgetriebenen Blattscheiden und kurzen<br />

rundlichen Ähren (Abb. 23). <strong>Die</strong>se Variante zeigt<br />

große Ähnlichkeit mit der Alopecurus rendlei-<br />

Ausbildung der Calthion-Verbandsgesellschaft.<br />

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