Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs

Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs

24.07.2013 Aufrufe

S. Schneider Die Graslandgesellschaften Luxemburgs 62 Cirsium oleraceum als schwache Assoziationskennart. In Anlehnung an Dierschke et al. (2004) wird das Angelico-Cirsietum oleracei als Zentralassoziation des Calthion mit Cirsium oleraceum als Schwerpunktart gewertet. Das Angelico-Cirsietum oleracei repräsentiert gut die Artenkombination des Verbandes (Dierschke & Briemle 2002). In der Literatur des Untersuchungsgebietes sind die hier einbezogenen Bestände als Rumpfgesellschaft des Senecio-Brometum racemosi (Colling & Reckinger 1997) und als nährstoffreiche Ausprägung der Sumpfdotterblumenwiese (Colling & Faber 1996) erfasst. Artenzusammensetzung Die Kohldistel-Wiese setzt sich aus einer Vielzahl von Kennarten des Calthion, der Molinietalia und der Molinio-Arrhenatheretea sowie steten Begleitern zusammen. Kennzeichnend ist das Vorkommen von Cirsium oleraceum mit vorwiegend hohen Deckungsgraden. Hochstete Arten feuchtnasser Standorte sind Lychnis flos-cuculi, Carex disticha, Caltha palustris, Myosotis scorpioides agg., Filipendula ulmaria, Equisetum palustre, Angelica sylvestris, Bromus racemosus und Lotus pedunculatus. Carex disticha bildet stellenweise kleinräumige Dominanzen aus. Zudem treten zahlreiche Arten des Wirtschaftsgrünlandes (Molinio-Arrhenatheretea) auf, die fast alle mit mindestens 50 % Stetigkeit vorkommen. Arten der Arrhenatheretalia (z. B. Trifolium dubium und Pimpinella major) gesellen sich hinzu. Die nährstoffarmen Bestände werden durch Arten der Kleinseggenriede differenziert. Die Kohldistel-Wiesen sind sehr artenreich (mittlere Artenzahl 37), wobei die Artenzahl stark variiert. Die artenreichste Aufnahme zählt 49 Arten. Untergliederung Es werden drei Ausbildungen ausgegliedert, die dem Wasser- und Nährstoffgradienten folgen. Dabei besiedelt die Ausbildung mit Carex panicea die nassesten und nährstoffärmsten (mageren) Böden. Die Ausbildung mit Arrhenatherum elatius siedelt auf frisch bis wechselfeuchten, etwas nährstoffreicheren Böden. Die differentialartenlose Ausbildung steht ökologisch zwischen den beiden genannten. Die standörtlich-floristische Untergliederung spiegelt zudem die unterschiedliche Nutzungsintensität wider. Die Ausbildung mit Carex panicea bildet den Übergang zu den Kleinseggenrieden. Ihre Differentialarten sind die Nässezeiger Carex panicea, Dactylorhiza maculata, Carex nigra, Phragmites australis, Juncus acutiflorus, J. inflexus, Carex acuta und Juncus conglomeratus. Physiognomisch auffällig sind sowohl die Seggen als auch die Binsen. Calthion- und Molinietalia-Kennarten sind hochstet vorhanden, wobei Carex disticha, Caltha palustris und Filipendula ulmaria mit hohen Deckungsgraden vorkommen. Arten des Wirtschaftsgrünlandes sind hochstet. Mit im Mittel 41 Arten ist diese Ausbildung die artenreichste Ausbildung der Kohldistel-Wiese. Die Ausbildung umfasst die nährstoffärmsten Kohldistel-Wiesen. Das Nährstoffangebot ist etwas geringer als bei den beiden anderen Ausbildungen, was durch das Vorkommen einiger Magerkeitszeiger angezeigt wird. Die mittlere Stickstoffzahl liegt bei 4,7 (im Vergleich: Ausbildung mit Arrhenatherum elatius mN 5,7). Einen Schwerpunkt in dieser Ausbildung hat beispielsweise Rhinanthus minor als Magerkeitszeiger. Diese Ausbildung kommt mit ihren Differentialarten der Subassoziation Angelico-Cirsietum caricetosum (Seggen-Kohldistelwiese) sehr nahe, die bei Dierschke et al. (2004) beschrieben wird. Nach der Meinung obiger Autoren handelt es sich bei dieser Subassoziation mit Nässezeigern vermutlich um den Urtyp des Angelico-Cirsietum caricetosum bzw. des Calthion. Die Bestände dieser Ausbildung zeigen die nassesten Standorte innerhalb der Kohldistel- Wiesen an. Es ist zu berücksichtigen, dass mit nur einer Ausnahme alle Aufnahmen der nassen Kohldistel-Wiesen aus einem Gebiet (Pönn bei Koedange) stammen. Der differentialartenlosen Ausbildung fehlen jegliche Differentialarten. Verbands-, Ordnungsund Klassen-Kennarten sind hingegen hochstet. Gelegentlich sind Arten der Frischwiesen (z. B. Crepis biennis, Pimpinella major) vorhanden. Die mittlere Artenzahl beträgt 35. Man kann sie auch als typische Kohldistel-Wiese (Angelico-Cirsietum typicum) sehen (vgl. Dierschke & Briemle 2002, Dierschke et al. 2004). Die Ausbildung mit Arrhenatherum elatius zeigt den Übergang zu den Glatthaferwiesen an. Zu ihren Differentialarten gehören neben Arrhenatherum elatius auch Heracleum sphondylium, Glechoma hederacea, Veronica chamaedrys, Dactylis glomerata u. a. Die Arten der Frischwiesen zeigen Ferrantia66 / 2011

S. Schneider Die Graslandgesellschaften Luxemburgs die gute Nährstoffversorgung und die etwas trockeneren Böden an. Diese Ausbildung weist wenige Feuchtezeiger (u. a. Arten der Molinietalia) auf. Verbandskennarten treten deutlich zurück und sind nur spärlich vorhanden. Damit werden die nur mäßig feuchten Standortverhältnisse angezeigt. Arten der Molinio-Arrhenatheretea sind mit hohen Stetigkeiten vorhanden, wenngleich die Deckungsanteile einiger Arten hier niedriger sind als in den beiden anderen Ausbildungen. Die mittlere Artenzahl ist mit 33 Arten recht hoch, allerdings niedriger als in den beiden anderen Ausbildungen. Dies ist auf eine intensivere Bewirtschaftung im Vergleich zu den Beständen der Ausbildung mit Carex panicea zurückzuführen. Die Wiesen dieser Ausbildung zählen zu den ertragreichsten Feuchtwiesen auf wechselfeuchten Böden (vgl. Ellenberg 1996, Dierschke & Briemle 2002, Dierschke et al. 2004). Die Ausbildung trockenerer Standorte (zeitweise geringere Bodenvernässung) steht dem von Dierschke & Briemle (2002) sowie Dierschke et al. (2004) beschriebenen Angelico-Cirsietum heracleetosum (der Bärenklau-Kohldistelwiese) bzw. dem von Ellenberg (1996) aufgeführten Angelico- Cirsietum oleracei dactyletosum (Knaulgras- Kohldistel-Wiese) sehr nahe. Hauser (1988) nennt als entscheidendes Merkmal für die Zuordnung zur Kohldistel-Wiese die Abwesenheit von Arrhenatherum elatius. Bestände mit Glatthafer und weiterer Arrhenatherion-Arten ordnet sie zu den Kohldistel-Glatthaferwiesen (Arrhenatheretum elatioris cirsietosum oleracei). Da hier die Kennarten der Arrhenatheretalia und des Arrhenatherion (bis auf Arrhenatherum elatius und Galium mollugo subsp. erectum) weitestgehend fehlen, die Molinietalia-Arten hingegen mit hohen Stetigkeiten vorkommen, erfolgt eine eindeutige Zuordnung zum Angelico-Cirsietum oleracei. Auch wenn die Kennarten des Calthion etwas zurücktreten. Dierschke et al. (2004) geben Arrhenatherum elatius als Differentialart der Bärenklau-Kohldistel- Wiese an. Ökologie Das Angelico-Cirsietum oleracei besiedelt (wechsel-) feuchte bis nasse, basenreiche und mäßig nährstoffreiche Böden. Meistens liegen die Bestände im Überschwemmungsbereich von Bächen. Die Kohldistel-Wiese ist eine Calthion-Gesellschaft mit weiter Standortamplitude hinsichtlich der Ferrantia66 / 2011 Bodenfeuchte (Nowak 1992), was auch am vorliegenden Aufnahmematerial ersichtlich wird (s. Untergliederung). Dierschke & Briemle (2002) und Dierschke et al. (2004) betonen ebenfalls, dass die hohe Bodenfeuchte der regulierende Faktor ist und stark variieren kann. Die Nährstoffzufuhr ist dann durch Überschwemmungen bzw. Grundwassereinstau sichergestellt. Die Düngung ist die zweite entscheidende Nährstoffquelle. Der mittlere Feuchtezeigerwert aller Aufnahmen beträgt mF 6,4, der mittlere Reaktionszeigerwert mR 6,1 und der mittlere Stickstoffzeigerwert liegt bei mN 5,2. Generell kommt die Kohldistel-Wiese auf kalkreichen Grundwasserböden (Pseudogleye, Gleye) und Niedermoorböden vor (Oberdorfer 1993c, Dierschke et al. 2004). Verbreitung und Aspekte des Naturschutzes In Luxemburg ist das Angelico-Cirsietum oleracei fast ausschließlich im südlichen Teil des Landes (Gutland) zu finden. Dort lassen sich hin und wieder einzelne Vorkommen beobachten. Dem Norden und somit den Hochlagen Luxemburgs fehlt die Kohldistel-Wiese aufgrund des sauren Ausgangsgesteins und der somit basenarmen Böden. In der Region um Junglinster (Pafebierger und Oetringer Gutland) ist die Kohldistel-Wiese eine noch relativ weit verbreitete Feuchtwiesen- Gesellschaft. Großflächige Bestände gibt es bei Koedange (Pönn). Dort finden sich die ausgedehntesten Kohldistel-Wiesen Luxemburgs. 10 der 18 eigenen Vegetationsaufnahmen der Kohldistel- Wiesen wurden in diesem Gebiet erstellt. Die dortigen Bestände der mageren Ausbildung mit Carex panicea haben einen hohen Seltenheitswert. Die Kohldistel-Wiesen grenzen oft an Gräben, liegen in Geländemulden oder an Hangfüßen. Meistens liegen sie an Bächen, deren Auen hin und wieder überflutet werden. Oftmals sind sie nur kleinflächig ausgebildet und mosaikartig mit anderen Gesellschaften des Calthion verzahnt. Häufig lassen sich in direkter Nachbarschaft die Carex disticha-Gesellschaft und die Calthion- Verbandsgesellschaft beobachten. In Kontakt zum Angelico-Cirsietum oleracei (Ausbildung mit Carex panicea) finden sich in den nasseren Bereichen Röhrichte (mit Phragmites australis), Seggenriede (z. B. Carex acutiformis-Gesellschaft) und Flutrasen. Auf den etwas trockeneren Standorten verzahnt sich die Kohldistel-Wiese (Ausbildung mit Arrhenatherum elatius) mit Gesellschaften des Arrhenatherion (Glatthaferwiesen). 63

S. Schneider <strong>Die</strong> <strong>Graslandgesellschaften</strong> <strong>Luxemburgs</strong><br />

62<br />

Cirsium oleraceum als schwache Assoziationskennart.<br />

In Anlehnung an <strong>Die</strong>rschke et al. (2004)<br />

wird das Angelico-Cirsietum oleracei als Zentralassoziation<br />

des Calthion mit Cirsium oleraceum als<br />

Schwerpunktart gewertet. Das Angelico-Cirsietum<br />

oleracei repräsentiert gut die Artenkombination<br />

des Verbandes (<strong>Die</strong>rschke & Briemle 2002).<br />

In der Literatur des Untersuchungsgebietes<br />

sind die hier einbezogenen Bestände als Rumpfgesellschaft<br />

des Senecio-Brometum racemosi<br />

(Colling & Reckinger 1997) und als nährstoffreiche<br />

Ausprägung der Sumpfdotterblumenwiese<br />

(Colling & Faber 1996) erfasst.<br />

Artenzusammensetzung<br />

<strong>Die</strong> Kohldistel-Wiese setzt sich aus einer Vielzahl<br />

von Kennarten des Calthion, der Molinietalia und<br />

der Molinio-Arrhenatheretea sowie steten Begleitern<br />

zusammen. Kennzeichnend ist das Vorkommen<br />

von Cirsium oleraceum mit vorwiegend hohen<br />

Deckungsgraden. Hochstete Arten feuchtnasser<br />

Standorte sind Lychnis flos-cuculi, Carex<br />

disticha, Caltha palustris, Myosotis scorpioides agg.,<br />

Filipendula ulmaria, Equisetum palustre, Angelica<br />

sylvestris, Bromus racemosus und Lotus pedunculatus.<br />

Carex disticha bildet stellenweise kleinräumige<br />

Dominanzen aus. Zudem treten zahlreiche Arten<br />

des Wirtschaftsgrünlandes (Molinio-Arrhenatheretea)<br />

auf, die fast alle mit mindestens 50 %<br />

Stetigkeit vorkommen. Arten der Arrhenatheretalia<br />

(z. B. Trifolium dubium und Pimpinella major)<br />

gesellen sich hinzu. <strong>Die</strong> nährstoffarmen Bestände<br />

werden durch Arten der Kleinseggenriede differenziert.<br />

<strong>Die</strong> Kohldistel-Wiesen sind sehr artenreich<br />

(mittlere Artenzahl 37), wobei die Artenzahl<br />

stark variiert. <strong>Die</strong> artenreichste Aufnahme zählt 49<br />

Arten.<br />

Untergliederung<br />

Es werden drei Ausbildungen ausgegliedert, die<br />

dem Wasser- und Nährstoffgradienten folgen.<br />

Dabei besiedelt die Ausbildung mit Carex panicea<br />

die nassesten und nährstoffärmsten (mageren)<br />

Böden. <strong>Die</strong> Ausbildung mit Arrhenatherum<br />

elatius siedelt auf frisch bis wechselfeuchten,<br />

etwas nährstoffreicheren Böden. <strong>Die</strong> differentialartenlose<br />

Ausbildung steht ökologisch zwischen<br />

den beiden genannten. <strong>Die</strong> standörtlich-floristische<br />

Untergliederung spiegelt zudem die unterschiedliche<br />

Nutzungsintensität wider.<br />

<strong>Die</strong> Ausbildung mit Carex panicea bildet den<br />

Übergang zu den Kleinseggenrieden. Ihre Differentialarten<br />

sind die Nässezeiger Carex panicea,<br />

Dactylorhiza maculata, Carex nigra, Phragmites<br />

australis, Juncus acutiflorus, J. inflexus, Carex acuta<br />

und Juncus conglomeratus. Physiognomisch<br />

auffällig sind sowohl die Seggen als auch die<br />

Binsen. Calthion- und Molinietalia-Kennarten<br />

sind hochstet vorhanden, wobei Carex disticha,<br />

Caltha palustris und Filipendula ulmaria mit<br />

hohen Deckungsgraden vorkommen. Arten des<br />

Wirtschaftsgrünlandes sind hochstet. Mit im Mittel<br />

41 Arten ist diese Ausbildung die artenreichste<br />

Ausbildung der Kohldistel-Wiese. <strong>Die</strong> Ausbildung<br />

umfasst die nährstoffärmsten Kohldistel-Wiesen.<br />

Das Nährstoffangebot ist etwas geringer als bei<br />

den beiden anderen Ausbildungen, was durch das<br />

Vorkommen einiger Magerkeitszeiger angezeigt<br />

wird. <strong>Die</strong> mittlere Stickstoffzahl liegt bei 4,7<br />

(im Vergleich: Ausbildung mit Arrhenatherum<br />

elatius mN 5,7). Einen Schwerpunkt in dieser<br />

Ausbildung hat beispielsweise Rhinanthus minor<br />

als Magerkeitszeiger. <strong>Die</strong>se Ausbildung kommt<br />

mit ihren Differentialarten der Subassoziation<br />

Angelico-Cirsietum caricetosum (Seggen-Kohldistelwiese)<br />

sehr nahe, die bei <strong>Die</strong>rschke et al. (2004)<br />

beschrieben wird. Nach der Meinung obiger<br />

Autoren handelt es sich bei dieser Subassoziation<br />

mit Nässezeigern vermutlich um den Urtyp des<br />

Angelico-Cirsietum caricetosum bzw. des Calthion.<br />

<strong>Die</strong> Bestände dieser Ausbildung zeigen die<br />

nassesten Standorte innerhalb der Kohldistel-<br />

Wiesen an. Es ist zu berücksichtigen, dass mit<br />

nur einer Ausnahme alle Aufnahmen der nassen<br />

Kohldistel-Wiesen aus einem Gebiet (Pönn bei<br />

Koedange) stammen.<br />

Der differentialartenlosen Ausbildung fehlen<br />

jegliche Differentialarten. Verbands-, Ordnungsund<br />

Klassen-Kennarten sind hingegen hochstet.<br />

Gelegentlich sind Arten der Frischwiesen (z. B.<br />

Crepis biennis, Pimpinella major) vorhanden. <strong>Die</strong><br />

mittlere Artenzahl beträgt 35. Man kann sie auch<br />

als typische Kohldistel-Wiese (Angelico-Cirsietum<br />

typicum) sehen (vgl. <strong>Die</strong>rschke & Briemle 2002,<br />

<strong>Die</strong>rschke et al. 2004).<br />

<strong>Die</strong> Ausbildung mit Arrhenatherum elatius<br />

zeigt den Übergang zu den Glatthaferwiesen<br />

an. Zu ihren Differentialarten gehören neben<br />

Arrhenatherum elatius auch Heracleum sphondylium,<br />

Glechoma hederacea, Veronica chamaedrys, Dactylis<br />

glomerata u. a. <strong>Die</strong> Arten der Frischwiesen zeigen<br />

<strong>Ferrantia</strong> • <strong>66</strong> / 2011

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!