Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs

Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs

24.07.2013 Aufrufe

S. Schneider Die Graslandgesellschaften Luxemburgs 42 bei Ell und einem Verlandungsbereich bei Dippach. Ihren Verbreitungsschwerpunkt hat das Caricetum paniculatae im Süden und im zentralen Teil Luxemburgs. Die meisten der Vorkommen in Luxemburg befinden sich im Verlandungsbereich von Stillgewässern oder Gräben. Das Caricetum paniculatae kommt aber auch als Ersatzgesellschaft von Erlenbrüchen (Balátová-Tuláčková et al. 1993, Pott 1995) auf wasserzügigen Feuchtwiesenbrachen in Luxemburg vor. Als Kontaktgesellschaften des Caricetum paniculatae sind folgende zu nennen: Filipendula ulmaria- Gesellschaft, Phalaridetum arundinaceae, Scirpus sylvaticus-Gesellschaft, weitere Großseggenriede (z. B. Carex acutiformis-Gesellschaft), Röhrichte (Schilf-Röhricht) sowie Feuchtwiesen- Gesellschaften (Calthion). Auf trockeneren Böden verzahnen sich die Bestände mit Urtica dioica-Herden und anderen ruderalen Saumgesellschaften. Aktuelle Beobachtungen zeigen auf nassen Standorten oft Weiden-Gebüsche im näheren Umfeld der Gesellschaft, jedoch nicht innerhalb der Riede. Die Rispen-Segge bildet recht stabile Dominanzbestände, in denen Gehölze kaum Fuß fassen können. Carex paniculata kommt zudem gelegentlich mit einzelnen Horsten an Grabenrändern im Untersuchungsgebiet vor. Das in Luxemburg sehr seltene Großseggenried wird aufgrund dessen als gefährdet eingestuft. Das Rispenseggen-Ried gilt als schutzwürdig, es enthält einige gefährdete Arten. Sicherlich war es früher häufiger in Luxemburg verbreitet und ist durch Entwässerungsmaßnahmen und Nutzungsintensivierungen zurückgegangen. Der überregionale Vergleich zeigt, dass das Caricetum paniculatae in anderen Gebieten ebenfalls nur verstreut anzutreffen ist, so z. B. im Hohen Westerwald (Schwickert 1992). In Deutschland steht das Rispenseggen-Ried auf der Vorwarnliste der Roten Liste, d. h. dass die Gesellschaft wohl zurückgegangen, aber aktuell noch nicht gefährdet ist (Rennwald 2000). 4.1.5 Caricetum vesicariae Chouard 1924 (Blasenseggen-Ried) Tab. C1, Abb. A13 Aspekt und Struktur Die von der Blasensegge, Carex vesicaria (Abb. 6), beherrschten Bestände (Deckung > 50 %) werden als Caricetum vesicariae beschrieben. Das Blasenseggen-Ried hat große strukturelle und floristische Ähnlichkeit mit der Carex rostrata-Gesellschaft (s. Kap. 4.2.3). Die oberirdische Phytomasse ist beim Blasenseggen-Ried höher und die Bestände sind weniger heterogen aufgebaut als die der Carex rostrata-Gesellschaft (Therburg & Ruthsatz 1989). Von Weitem lassen sich die beiden Seggenriede am Farbaspekt voneinander trennen. Die Blasensegge bestimmt mit ihren gelblichen Ähren zusammen mit den breiten, gelbgrünen Blättern den Blühaspekt (Abb. 7). Oftmals setzen einige Kräuter, darunter einige Hochstauden, zusätzlich farbige Akzente: z. B. Galium palustre, Caltha palustris, Cirsium palustre, Angelica sylvestris, Epilobium ciliatum und Filipendula ulmaria. Die Blasensegge kann sowohl dichte als auch etwas lückigere Bestände mit Höhen von etwa 70 bis 80 cm ausbilden. Es wurden sieben Aufnahmen aus den Jahren 1995 bis 2007 in die vorliegende Beschreibung einbezogen, von denen die meisten – wie viele der Großseggenriede – sekundär aus brach gefallenen Feuchtwiesen entstanden sind. Es handelt sich größtenteils um Sukzessionsstadien. Eine Vegetationsaufnahme (lfd.-Nr. 52) repräsentiert ein genutztes, beweidetes Ried. Syntaxonomie Die Carex vesicaria-Dominanzbestände in Luxemburg werden als Caricetum vesicariae gefasst und dem Magnocaricion zugeordnet. In Anlehnung an Balátová-Tuláčková et al. (1993) erfolgt die Benennung der Assoziation nach Chouard 1924. Artenzusammensetzung Mit im Mittel 16 Arten ist das Blasenseggen-Ried die artenreichste Magnocaricion-Gesellschaft im Untersuchungsgebiet. Charakteristisch ist das hochstete Vorkommen von Galium palustre, das auch in Österreich (Balátová-Tuláčková et al. 1993) als konstanter Begleiter gilt. Des Weiteren kommen Pflanzen der Röhrichte gelegentlich vor, dabei tritt Equisetum fluviatile besonders häufig hervor. Iris pseudacorus, Phalaris arundinacea und Sparganium erectum treten jeweils zweimal im Aufnahmematerial auf. Maßgeblich sind Molinietalia-Arten am Bestandsaufbau beteiligt. Juncus acutiflorus, Galium uliginosum, Angelica sylvestris, Cirsium palustre und Filipendula ulmaria gehören zu den steten Begleitern. Carex disticha und Scirpus sylvaticus kommen mit hohen Deckungsgraden in einigen Aufnahmen vor. Ferrantia66 / 2011

S. Schneider Die Graslandgesellschaften Luxemburgs Weitere Calthion-Kennarten wie Caltha palustris und Lotus pedunculatus sind stet. Die Molinietalia- Arten zeigen die ehemalige Nutzung sowie die enge Verzahnung mit den Feuchtwiesen an. Sporadisch treten Magerkeitszeiger wie Agrostis canina und Comarum palustre in Aufnahmen aus dem Ösling auf. Vereinzelt finden sich weitere Arten der Kleinseggenriede (z. B. Carex nigra, Ranunculus flammula). Lediglich Epilobium ciliatum tritt aus der Gruppe der Nitrophyten mit hoher Stetigkeit auf. Auch hier kann das vorliegende Material nicht weiter differenziert werden. Ökologie Das Caricetum vesicariae besiedelt mäßig nährstoffund basenreiche, dauernasse Standorte (mN 4,8; mR 5,2; mF 7,8). Es siedelt auf nährstoff- und basenreicheren Böden als die Carex rostrata- Gesellschaft (im Vergleich: mN 4,4; mR 4,4). Carex vesicaria ist an nährstoffreicheren Standorten konkurrenzkräftiger als Carex rostrata (Therburg & Ruthsatz 1989). Nach Balátová-Tuláčková et al. (1993) ist das typisch entwickelte Caricetum vesicariae an Ca- und Mg-ärmere Böden gebunden. Diese Beobachtung stützt sich mit der im Untersuchungsgebiet gemachten (Caricetum vesicariae mR 5,2 vs. Caricetum gracilis mR 6,3; Galio palustris- Caricetum ripariae mR 6,6). Da Carex vesicaria auf basenreicheren Standorten vorkommen kann, kommt es im gesamten Untersuchungsgebiet vor (s. Verbreitung). Therburg & Ruthsatz (1989) konnten zeigen, dass sich Carex vesicaria an fast allen ihren Standorten in der Eifel optimal entwickeln kann. Sie kann im Gegensatz zu Carex rostrata sofort auf Nährstofffreisetzungen reagieren und die Nährstoffe effizienter umsetzen. Dies, ihr schnelles Wachstum und ihre höhere Phytomassenproduktion verhelfen ihr zum Konkurrenzerfolg an nährstoffreichen Standorten. Die mittlere Feuchtezahl ist gemeinsam mit dem mittleren Feuchtezeigerwert der Carex acutiformis- Gesellschaft der niedrigste aller behandelten Großseggenried-Gesellschaften. Das Caricetum vesicariae bevorzugt nach Literaturangaben (z. B. Goebel 1995) etwas trockenere Standorte als die Carex rostrata-Gesellschaft. Da jedoch zu wenig Aufnahmen der beiden Seggenbestände im Untersuchungsgebiet vorliegen und die Unterschiede zwischen den mittleren Feuchtezeigerwerten so gering sind (mF 7,9 vs. 8,0), kann diese Beobachtung nicht für das Untersuchungsgebiet bewertet werden. Ferrantia66 / 2011 Abb. 6: Carex vesicaria bei Fingig. Foto: S. Schneider, 28.05.2008. Verbreitung und Aspekte des Naturschutzes Das Caricetum vesicariae tritt in Luxemburg zerstreut auf. Es ist noch seltener verbreitet als die Carex rostrata-Gesellschaft. Zudem sind die Bestände meist nur sehr kleinflächig ausgebildet. Das Blasenseggen-Ried siedelt in nassen Geländemulden innerhalb von Feuchtwiesenbrachen und ist mit Gesellschaften der Feuchtwiesen und deren Brache-Gesellschaften eng verzahnt. Es besiedelt zudem Standorte entlang von Gräben, in Auen von Fließgewässern oder auch am Ufer von Stillgewässern. Das Caricetum vesicariae ist gelegentlich im Kontakt zu anderen Großseggenrieden (z. B. Caricetum gracilis) und Röhrichten ausgebildet. Im Ösling tritt es vereinzelt auch mit dem Crepido- Juncetum acutiflori in Kontakt. Luxemburg hat sowohl Vorkommen im Norden als auch im Süden und damit Vorkommen in den Hochlagen und im Tiefland. Etwa die Hälfte der Vegetationsaufnahmen wurden im Süden aufgenommen, die andere Hälfte stammt aus dem Norden. Aufgrund der relativen Seltenheit des Blasenseggen-Riedes wird es für Luxemburg als gefährdet eingestuft. Eine Gefährdungsursache wird in der 43

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bei Ell und einem Verlandungsbereich bei<br />

Dippach. Ihren Verbreitungsschwerpunkt hat das<br />

Caricetum paniculatae im Süden und im zentralen<br />

Teil <strong>Luxemburgs</strong>. <strong>Die</strong> meisten der Vorkommen in<br />

Luxemburg befinden sich im Verlandungsbereich<br />

von Stillgewässern oder Gräben. Das Caricetum<br />

paniculatae kommt aber auch als Ersatzgesellschaft<br />

von Erlenbrüchen (Balátová-Tuláčková et al. 1993,<br />

Pott 1995) auf wasserzügigen Feuchtwiesenbrachen<br />

in Luxemburg vor.<br />

Als Kontaktgesellschaften des Caricetum paniculatae<br />

sind folgende zu nennen: Filipendula ulmaria-<br />

Gesellschaft, Phalaridetum arundinaceae, Scirpus<br />

sylvaticus-Gesellschaft, weitere Großseggenriede<br />

(z. B. Carex acutiformis-Gesellschaft),<br />

Röhrichte (Schilf-Röhricht) sowie Feuchtwiesen-<br />

Gesellschaften (Calthion). Auf trockeneren<br />

Böden verzahnen sich die Bestände mit Urtica<br />

dioica-Herden und anderen ruderalen Saumgesellschaften.<br />

Aktuelle Beobachtungen zeigen<br />

auf nassen Standorten oft Weiden-Gebüsche im<br />

näheren Umfeld der Gesellschaft, jedoch nicht<br />

innerhalb der Riede. <strong>Die</strong> Rispen-Segge bildet recht<br />

stabile Dominanzbestände, in denen Gehölze<br />

kaum Fuß fassen können. Carex paniculata kommt<br />

zudem gelegentlich mit einzelnen Horsten an<br />

Grabenrändern im Untersuchungsgebiet vor.<br />

Das in Luxemburg sehr seltene Großseggenried<br />

wird aufgrund dessen als gefährdet eingestuft.<br />

Das Rispenseggen-Ried gilt als schutzwürdig,<br />

es enthält einige gefährdete Arten. Sicherlich<br />

war es früher häufiger in Luxemburg verbreitet<br />

und ist durch Entwässerungsmaßnahmen und<br />

Nutzungsintensivierungen zurückgegangen. Der<br />

überregionale Vergleich zeigt, dass das Caricetum<br />

paniculatae in anderen Gebieten ebenfalls nur<br />

verstreut anzutreffen ist, so z. B. im Hohen<br />

Westerwald (Schwickert 1992). In Deutschland<br />

steht das Rispenseggen-Ried auf der Vorwarnliste<br />

der Roten Liste, d. h. dass die Gesellschaft<br />

wohl zurückgegangen, aber aktuell noch nicht<br />

gefährdet ist (Rennwald 2000).<br />

4.1.5 Caricetum vesicariae Chouard<br />

1924 (Blasenseggen-Ried)<br />

Tab. C1, Abb. A13<br />

Aspekt und Struktur<br />

<strong>Die</strong> von der Blasensegge, Carex vesicaria (Abb. 6),<br />

beherrschten Bestände (Deckung > 50 %) werden<br />

als Caricetum vesicariae beschrieben. Das Blasenseggen-Ried<br />

hat große strukturelle und floristische<br />

Ähnlichkeit mit der Carex rostrata-Gesellschaft (s.<br />

Kap. 4.2.3). <strong>Die</strong> oberirdische Phytomasse ist beim<br />

Blasenseggen-Ried höher und die Bestände sind<br />

weniger heterogen aufgebaut als die der Carex<br />

rostrata-Gesellschaft (Therburg & Ruthsatz 1989).<br />

Von Weitem lassen sich die beiden Seggenriede am<br />

Farbaspekt voneinander trennen. <strong>Die</strong> Blasensegge<br />

bestimmt mit ihren gelblichen Ähren zusammen mit<br />

den breiten, gelbgrünen Blättern den Blühaspekt<br />

(Abb. 7). Oftmals setzen einige Kräuter, darunter<br />

einige Hochstauden, zusätzlich farbige Akzente:<br />

z. B. Galium palustre, Caltha palustris, Cirsium<br />

palustre, Angelica sylvestris, Epilobium ciliatum und<br />

Filipendula ulmaria. <strong>Die</strong> Blasensegge kann sowohl<br />

dichte als auch etwas lückigere Bestände mit Höhen<br />

von etwa 70 bis 80 cm ausbilden.<br />

Es wurden sieben Aufnahmen aus den Jahren<br />

1995 bis 2007 in die vorliegende Beschreibung<br />

einbezogen, von denen die meisten – wie viele<br />

der Großseggenriede – sekundär aus brach gefallenen<br />

Feuchtwiesen entstanden sind. Es handelt<br />

sich größtenteils um Sukzessionsstadien. Eine<br />

Vegetationsaufnahme (lfd.-Nr. 52) repräsentiert<br />

ein genutztes, beweidetes Ried.<br />

Syntaxonomie<br />

<strong>Die</strong> Carex vesicaria-Dominanzbestände in Luxemburg<br />

werden als Caricetum vesicariae gefasst und<br />

dem Magnocaricion zugeordnet. In Anlehnung<br />

an Balátová-Tuláčková et al. (1993) erfolgt die<br />

Benennung der Assoziation nach Chouard 1924.<br />

Artenzusammensetzung<br />

Mit im Mittel 16 Arten ist das Blasenseggen-Ried<br />

die artenreichste Magnocaricion-Gesellschaft im<br />

Untersuchungsgebiet. Charakteristisch ist das<br />

hochstete Vorkommen von Galium palustre, das<br />

auch in Österreich (Balátová-Tuláčková et al.<br />

1993) als konstanter Begleiter gilt. Des Weiteren<br />

kommen Pflanzen der Röhrichte gelegentlich vor,<br />

dabei tritt Equisetum fluviatile besonders häufig<br />

hervor. Iris pseudacorus, Phalaris arundinacea<br />

und Sparganium erectum treten jeweils zweimal<br />

im Aufnahmematerial auf. Maßgeblich sind<br />

Molinietalia-Arten am Bestandsaufbau beteiligt.<br />

Juncus acutiflorus, Galium uliginosum, Angelica<br />

sylvestris, Cirsium palustre und Filipendula ulmaria<br />

gehören zu den steten Begleitern. Carex disticha<br />

und Scirpus sylvaticus kommen mit hohen<br />

Deckungsgraden in einigen Aufnahmen vor.<br />

<strong>Ferrantia</strong> • <strong>66</strong> / 2011

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