Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs

Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs

24.07.2013 Aufrufe

S. Schneider Die Graslandgesellschaften Luxemburgs Naturschutzgebieten (Ramescher und Conzefenn) kommen noch relativ intakte Borstgrasrasen vor. Weitere Bestände mit Borstgrasrasen müssten durch eine rasche Ausweisung als Naturschutzgebiet gesichert werden. Einige Gebiete sind bislang nur als potentielle Naturschutzgebiete (z. B. Breechen bei Weicherdange, Sauerwisen bei Wahlhausen) vermerkt. Wichtig ist neben der Unterschutzstellung die weitere Bewirtschaftung mit entsprechenden Pflegemaßnahmen, die zur Bestandssicherung des Polygalo-Nardetum und Juncetum squarrosi unerlässlich sind. Da die wenigen in Luxemburg existierenden Standorte der Borstgrasrasen weitestgehend bekannt sind, sollte es möglich sein, diese gezielt zu bewirtschaften bzw. zu pflegen. In der überregionalen Literatur wird darauf hingewiesen, dass sich die Nutzung bzw. Pflege der Borstgrasrasen an der traditionellen Nutzung orientieren sollte (Peppler-Lisbach & Petersen 2001). Es stellt sich die Frage, in welchen Fällen gemäht und wann eher beweidet werden soll. Nach Manz (1991) und Peppler-Lisbach & Petersen (2001) sind gemähte Bestände artenreicher als beweidete. Dies kann nicht an dem hier zugrunde liegenden Aufnahmematerial beobachtet werden (s. Artenzusammensetzung). Die artenreicheren Bestände (Polygalo-Nardetum, Ausbildung mit Basenzeigern) werden beweidet. Sie sind allerdings auf mäßig basenreicheren Standorten ausgebildet. Dieser ökologische Faktor ist sicherlich eher für die höheren Artenzahlen verantwortlich. Auch Waesch (2003) räumt weitere Faktoren für die unterschiedlichen Artenzahlen neben dem Einfluss der Bewirtschaftung ein. Weitere Beeinträchtigungen der Beweidung sind Eutrophierung und Trittbelastung (Manz 1991, Peppler-Lisbach & Petersen 2001). Durch die Beweidung werden offene Stellen geschaffen, auf denen sich dann Gehölze etablieren können (Manz 1991). Für die untersuchten Borstgrasrasen Luxemburgs empfiehlt sich daher eine jährliche Mahd im Spätsommer mit Abtransport des Mahdgutes bei Verzicht auf Düngung so wie dies bereits auf einigen Flächen durchgeführt wird. Die topographischen Bedingungen der Standorte lassen meistens eine maschinelle Mahd zu. Lediglich bei wenigen Flächen kann eine Mahd von Hand mit Sense oder Freischneider erforderlich werden. Zusätzlich zur Mahd sollten die Flächen ggf. entbuscht werden. 204 5. Diskussion 5.1 Abgrenzung der Pflanzengesellschaften Die heute üblichen Graslandgesellschaften des Braun-Blanquet-Gesellschaftssystems beruhen auf ihrer syntaxonomischen Fassung und Erstbeschreibung von vor über 50 Jahren. Die zu jener Zeit vorherrschenden Landnutzungsformen haben eine große Vielfalt von artenreichen, floristisch gut unterscheidbaren Graslandgesellschaften entstehen lassen. Inzwischen hat sich die Bewirtschaftung des Graslandes stark gewandelt. Unproduktive oder schwer zugängliche bzw. befahrbare Flächen wurden aus der Nutzung genommen. Überall, wo es möglich war, wurden Flächen intensiviert, einerseits durch gesteigerte Düngerausbringung, oftmals kombiniert mit Entwässerung, andererseits durch verstärkte Nutzung wie häufigere Schnitte oder längere Beweidungszeiten (Dierschke 1997a). Diese Veränderungen bewirkten einen Rückgang der Kennarten, der es heutzutage zunehmend schwierig macht, an (Kenn-)Arten verarmte Bestände in das bestehende Gesellschaftssystem einzuordnen. Kennarten der Assoziationen treten zunehmend zurück oder fallen sogar ganz aus, so dass die Bestände den oft eng gefassten Assoziationen nicht zugeordnet werden können. Oftmals ist nur noch die Zugehörigkeit solcher Bestände zu höheren syntaxonomischen Einheiten erkennbar (s. z. B. Kap. 4.6.5). In Luxemburg sind es vor allem die weit verbreiteten intensiver genutzten Feucht- und Frischwiesen, die sich aufgrund ihrer fehlenden Assoziationskennarten nur noch schwer zuordnen lassen. Dennoch gibt es heute – wie diese Arbeit zeigt – weiterhin viele Graslandgesellschaften, die in ihrer Artenzusammensetzung weitgehend den ursprünglich beschriebenen Einheiten entsprechen. Es stehen verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl, solche fragmentarischen Bestände zu klassifizieren und in das bestehende System zu integrieren (s. Kap. 3.2.2). Diese Problematik wurde bereits von zahlreichen Autoren thematisiert (z. B. Bergmeier et al. 1990, Kopecký 1992, Peppler 1992, Dierschke 1994, Dierschke & Waesch 2003). In der vorliegenden Arbeit werden Einheiten ohne Charakterarten nicht zu Assoziationen gefasst, sondern gleichrangig zu Ferrantia66 / 2011

S. Schneider Die Graslandgesellschaften Luxemburgs „Gesellschaften“. Diese Vorgehensweise wird in der aktuellen Literatur sehr häufig angewendet. Die Zuordnung von Übergangsbeständen zwischen standörtlich-ökologischen sowie floristisch benachbarten Syntaxa erweist sich ebenfalls als schwierig. Sie sind häufig sehr eng und kleinflächig miteinander verzahnt. Generell sind solche Übergangsbestände in der pflanzensoziologischen Literatur eher unterrepräsentiert. In der vorliegenden Arbeit konnten z. B. Übergangsbestände zwischen den (wechsel-)feuchten Glatthaferwiesen und den Feuchtwiesen nicht berücksichtigt werden. Des Weiteren erweist sich die Abgrenzung der Calthion- und Molinion-Wiesen sowie die Differenzierung der Calthion-Gesellschaften im atlantisch geprägten Luxemburg als schwierig. Umso wichtiger sind aussagekräftige Kennund Trennarten, die die Vegetationseinheiten eingrenzen. Für die Zuordnung zu dem einen oder anderen Syntaxon sind weitere Abgrenzungskriterien erforderlich. Idealerweise sind Pflanzengesellschaften positiv durch das Vorhandensein von diagnostischen Arten gekennzeichnet und negativ durch das Fehlen bestimmter Arten, meist aus anderen Einheiten. Die diagnostischen Arten sind für viele Assoziationen und Gesellschaften überregional untersucht und bekannt. Manche Arten haben vor allem auf regionaler Ebene einen diagnostischen Wert. Sie werden dann weniger in überregionalen Übersichten, sondern vor allem in gebietsspezifischen Arbeiten zur Abgrenzung von Einheiten bzw. Untereinheiten herangezogen (vgl. Dierschke 1994). Im ersten Jahr der Erhebungen (2006) wurde zunächst ein Überblick über die Vielfalt der Graslandvegetation erarbeitet und nach für Luxemburg gültigen Charakter- und Differentialarten gesucht. Die Aufnahmeflächen wurden möglichst in typische Bereiche innerhalb einer Vegetationseinheit gelegt. Um der Diversität des Graslandes gerecht zu werden, wurden aber auch kennartenlose, degradierte Bestände einbezogen. Um die Abgrenzung der Graslandgesellschaften nachvollziehbar und einheitlich zu gestalten, wurde in dieser Arbeit die Zuordnung der Aufnahmen zu einem Syntaxon streng nach dem Vorhandensein bzw. Fehlen von Kenn- und Trennarten vorgenommen. Zudem wurde auf das Vorkommen der kennzeichnenden Arten des Verbandes, der Ordnung und Klasse geachtet. Ferrantia66 / 2011 5.2 Datengrundlage und Verbreitung der Graslandgesellschaften Die wenigen publizierten vegetationskundlichen Arbeiten zur Graslandvegetation Luxemburgs enthalten oftmals nur Artenlisten, selten Vegetationsaufnahmen. Die meisten vegetationskundlichen Untersuchungen liegen als unveröffentlichte Studien, Berichte und Abschlussarbeiten vor. Der Zugang zu diesen Daten ist nicht einfach, da diese Arbeiten nur in wenigen Exemplaren existieren. Diese Publikationen und unveröffentlichten Arbeiten sind im Anhang B aufgelistet und können in der Abteilung Ökologie des Musée national d'histoire naturelle de Luxembourg eingesehen werden. Die Mehrzahl dieser Arbeiten beschreibt die Vegetation eines begrenzten Gebietes, z. B. eines Naturschutzgebietes. Darin werden die für das jeweilige Gebiet typischen oder aus naturschutzfachlicher Sicht wertvollen Vegetationstypen charakterisiert. In anderen Studien wurden nur bestimmte Vegetationstypen (z. B. Halbtrockenrasen) innerhalb einer Gemeinde oder eines größeren Gebietes untersucht. Großräumig wurden hauptsächlich extensiv bewirtschaftete Mähwiesen innerhalb einer oder mehrerer Gemeinden pflanzensoziologisch dokumentiert. Die Vegetationsaufnahmen aus diesen zuletzt genannten Untersuchungen wurden überwiegend in den Vegetationstabellen der folgenden Syntaxa eingearbeitet: Arrhenatheretum elatioris (Ausbildungsgruppe ertragreicher Standorte), Calthion-Verbandsgesellschaft, Bromo- Senecionetum aquatici, Alopecurus pratensis-Gesellschaft, Arrhenatheretalia-Ordnungsgesellschaft sowie Molinio-Arrhenatheretea-Klassengesellschaft. Die hier untersuchten Pflanzengesellschaften sind mit einer unterschiedlichen Anzahl an Aufnahmen belegt. Während einige Syntaxa sehr umfangreich mit Aufnahmen dokumentiert sind, wie beispielsweise das Arrhenatheretum elatioris und die Calthion-Verbandsgesellschaft, gibt es andere, die nur mit wenigen Aufnahmen belegt sind. Die Halbtrockenrasen sind ebenfalls gut untersucht, wohingegen von den Klein- und Großseggenrieden bedeutend weniger Aufnahmen vorliegen. Da bei den eigenen Untersuchungen eine gewisse Priorität auf den bis dato weniger gut dokumentierten mageren Mähwiesen und Magerrasen lag, sind folgende zu diesen Graslandtypen gehörenden Pflanzengesellschaften vorwiegend durch aktuelle Aufnahmen belegt worden: 205

S. Schneider <strong>Die</strong> <strong>Graslandgesellschaften</strong> <strong>Luxemburgs</strong><br />

Naturschutzgebieten (Ramescher und Conzefenn)<br />

kommen noch relativ intakte Borstgrasrasen vor.<br />

Weitere Bestände mit Borstgrasrasen müssten<br />

durch eine rasche Ausweisung als Naturschutzgebiet<br />

gesichert werden. Einige Gebiete sind<br />

bislang nur als potentielle Naturschutzgebiete<br />

(z. B. Breechen bei Weicherdange, Sauerwisen bei<br />

Wahlhausen) vermerkt. Wichtig ist neben der<br />

Unterschutzstellung die weitere Bewirtschaftung<br />

mit entsprechenden Pflegemaßnahmen, die<br />

zur Bestandssicherung des Polygalo-Nardetum<br />

und Juncetum squarrosi unerlässlich sind. Da die<br />

wenigen in Luxemburg existierenden Standorte<br />

der Borstgrasrasen weitestgehend bekannt sind,<br />

sollte es möglich sein, diese gezielt zu bewirtschaften<br />

bzw. zu pflegen.<br />

In der überregionalen Literatur wird darauf<br />

hingewiesen, dass sich die Nutzung bzw. Pflege<br />

der Borstgrasrasen an der traditionellen Nutzung<br />

orientieren sollte (Peppler-Lisbach & Petersen<br />

2001). Es stellt sich die Frage, in welchen Fällen<br />

gemäht und wann eher beweidet werden soll.<br />

Nach Manz (1991) und Peppler-Lisbach & Petersen<br />

(2001) sind gemähte Bestände artenreicher als<br />

beweidete. <strong>Die</strong>s kann nicht an dem hier zugrunde<br />

liegenden Aufnahmematerial beobachtet werden<br />

(s. Artenzusammensetzung). <strong>Die</strong> artenreicheren<br />

Bestände (Polygalo-Nardetum, Ausbildung mit<br />

Basenzeigern) werden beweidet. Sie sind allerdings<br />

auf mäßig basenreicheren Standorten ausgebildet.<br />

<strong>Die</strong>ser ökologische Faktor ist sicherlich<br />

eher für die höheren Artenzahlen verantwortlich.<br />

Auch Waesch (2003) räumt weitere Faktoren für<br />

die unterschiedlichen Artenzahlen neben dem<br />

Einfluss der Bewirtschaftung ein. Weitere Beeinträchtigungen<br />

der Beweidung sind Eutrophierung<br />

und Trittbelastung (Manz 1991, Peppler-Lisbach<br />

& Petersen 2001). Durch die Beweidung werden<br />

offene Stellen geschaffen, auf denen sich dann<br />

Gehölze etablieren können (Manz 1991).<br />

Für die untersuchten Borstgrasrasen <strong>Luxemburgs</strong><br />

empfiehlt sich daher eine jährliche Mahd<br />

im Spätsommer mit Abtransport des Mahdgutes<br />

bei Verzicht auf Düngung so wie dies bereits auf<br />

einigen Flächen durchgeführt wird. <strong>Die</strong> topographischen<br />

Bedingungen der Standorte lassen<br />

meistens eine maschinelle Mahd zu. Lediglich<br />

bei wenigen Flächen kann eine Mahd von Hand<br />

mit Sense oder Freischneider erforderlich werden.<br />

Zusätzlich zur Mahd sollten die Flächen ggf.<br />

entbuscht werden.<br />

204<br />

5. Diskussion<br />

5.1 Abgrenzung der Pflanzengesellschaften<br />

<strong>Die</strong> heute üblichen <strong>Graslandgesellschaften</strong> des<br />

Braun-Blanquet-Gesellschaftssystems beruhen<br />

auf ihrer syntaxonomischen Fassung und Erstbeschreibung<br />

von vor über 50 Jahren. <strong>Die</strong> zu<br />

jener Zeit vorherrschenden Landnutzungsformen<br />

haben eine große Vielfalt von artenreichen,<br />

floristisch gut unterscheidbaren <strong>Graslandgesellschaften</strong><br />

entstehen lassen. Inzwischen hat sich die<br />

Bewirtschaftung des Graslandes stark gewandelt.<br />

Unproduktive oder schwer zugängliche bzw.<br />

befahrbare Flächen wurden aus der Nutzung<br />

genommen. Überall, wo es möglich war, wurden<br />

Flächen intensiviert, einerseits durch gesteigerte<br />

Düngerausbringung, oftmals kombiniert<br />

mit Entwässerung, andererseits durch verstärkte<br />

Nutzung wie häufigere Schnitte oder längere<br />

Beweidungszeiten (<strong>Die</strong>rschke 1997a).<br />

<strong>Die</strong>se Veränderungen bewirkten einen Rückgang<br />

der Kennarten, der es heutzutage zunehmend<br />

schwierig macht, an (Kenn-)Arten verarmte<br />

Bestände in das bestehende Gesellschaftssystem<br />

einzuordnen. Kennarten der Assoziationen<br />

treten zunehmend zurück oder fallen sogar ganz<br />

aus, so dass die Bestände den oft eng gefassten<br />

Assoziationen nicht zugeordnet werden können.<br />

Oftmals ist nur noch die Zugehörigkeit solcher<br />

Bestände zu höheren syntaxonomischen Einheiten<br />

erkennbar (s. z. B. Kap. 4.6.5). In Luxemburg<br />

sind es vor allem die weit verbreiteten intensiver<br />

genutzten Feucht- und Frischwiesen, die<br />

sich aufgrund ihrer fehlenden Assoziationskennarten<br />

nur noch schwer zuordnen lassen. Dennoch<br />

gibt es heute – wie diese Arbeit zeigt – weiterhin<br />

viele <strong>Graslandgesellschaften</strong>, die in ihrer Artenzusammensetzung<br />

weitgehend den ursprünglich<br />

beschriebenen Einheiten entsprechen.<br />

Es stehen verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl,<br />

solche fragmentarischen Bestände zu klassifizieren<br />

und in das bestehende System zu integrieren<br />

(s. Kap. 3.2.2). <strong>Die</strong>se Problematik wurde bereits von<br />

zahlreichen Autoren thematisiert (z. B. Bergmeier<br />

et al. 1990, Kopecký 1992, Peppler 1992, <strong>Die</strong>rschke<br />

1994, <strong>Die</strong>rschke & Waesch 2003). In der vorliegenden<br />

Arbeit werden Einheiten ohne Charakterarten nicht<br />

zu Assoziationen gefasst, sondern gleichrangig zu<br />

<strong>Ferrantia</strong> • <strong>66</strong> / 2011

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