Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs
Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs
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S. Schneider <strong>Die</strong> <strong>Graslandgesellschaften</strong> <strong>Luxemburgs</strong><br />
Im Polygalo-Nardetum und Juncetum squarrosi des<br />
Untersuchungsgebietes konnten bereits vermehrt<br />
Gehölze Fuß fassen und z. T. größere Flächen<br />
einnehmen. So treten in den trockenen bis frischen<br />
Rasen Besenginster, Schlehen, Eichen und andere<br />
Gehölze auf. In den feuchten Beständen sind<br />
Weiden (Salix aurita u. a.) häufig. Sie nehmen in<br />
einigen Gebieten bereits größere Flächenanteile ein.<br />
Mit der Brache werden Arten mit kurzlebigen<br />
Samenbanken wie Arnica montana, Polygala serpyllifolia<br />
und Polygala vulgaris zurückgedrängt.<br />
Calluna vulgaris, Carex ovalis, C. pallescens, C.<br />
pilulifera, Galium saxatile und Potentilla erecta<br />
können eine ausdauernde Samenbank aufbauen,<br />
die zur Regeneration in Brachen beisteuern kann.<br />
<strong>Die</strong>s hat u. a. Waesch (2003) in Untersuchungen<br />
zum Diasporenvorrat einiger Pflanzen der Borstgrasrasen<br />
und Heiden festgestellt. <strong>Die</strong>se Ergebnisse<br />
decken sich mit den eigenen Beobachtungen<br />
in verbrachten Borstgrasrasen und Fichten-<br />
Kahlschlägen. <strong>Die</strong> Arten mit einer ausdauernden<br />
Samenbank konnten auf den nicht mehr genutzten<br />
Flächen in größeren Herden beobachtet werden.<br />
Einige der untersuchten Borstgrasrasen-Flächen<br />
sind abgesehen von der zunehmenden Verbuschung<br />
durch Nährstoffeintrag (Düngemittel,<br />
Pestizide) aus benachbarten Ackerflächen<br />
erheblich gefährdet. Daher sollte extensiv<br />
genutztes Grasland als Pufferzone fungieren.<br />
Abschließend werden die Hauptgefährdungen der<br />
Borstgrasrasen in Luxemburg kurz zusammengefasst:<br />
Nutzungsaufgabe, Nutzungsintensivierung<br />
und Nährstoffeintrag als rezente Gefährdungen,<br />
Aufforstung und andere Nutzungsänderungen<br />
(Umbruch zu Ackerflächen) als historische Beeinträchtigungen.<br />
Mit dem Rückgang der Borstgrasrasen<br />
sind natürlich auch viele bedeutsame<br />
Kennarten der Borstgrasrasen zurückgegangen.<br />
Eine der Besonderheiten der Borstgrasrasen in<br />
Luxemburg, aber auch anderer Regionen, ist der<br />
große Pflanzenartenreichtum. Borstgrasrasen<br />
gehören zu den artenreichsten Gesellschaften des<br />
luxemburgischen Graslandes. Unter diesen Arten<br />
ist eine große Anzahl an seltenen und gefährdeten<br />
Pflanzenarten. Im vorliegenden Aufnahmematerial<br />
konnten 24 Arten der Roten Liste herausgestellt<br />
werden (s. Tab. A5 und A6, Anhang A). Somit sind<br />
etwa 16 % aller in den Borstgrasrasen vorkommenden<br />
Arten gefährdet, darunter fünf stark<br />
gefährdete Arten (Kat. CR: Arnica montana, Carex<br />
<strong>Ferrantia</strong> • <strong>66</strong> / 2011<br />
pulicaris, Carex hostiana, Juncus filiformis und Juncus<br />
squarrosus). <strong>Die</strong>se Pflanzengesellschaft gehört zu<br />
den wertvollsten im Land. In Rheinland-Pfalz<br />
sind etwa ein Viertel (23,4 %, 39 von 167 Arten) der<br />
typischen Arten der Borstgrasrasen und Zwergstrauchheiden<br />
(Korneck et al. 1981, Manz 1991,<br />
Brechtel et al. 1996) gefährdet bzw. verschollen,<br />
deutschlandweit etwa 28 % (Korneck & Sukopp<br />
1988). Einige Arten sind besonders stark gefährdet<br />
und im Rückgang begriffen. Eine der Hauptkennarten<br />
der Borstgrasrasen, Arnica montana, ist auch<br />
heute noch (trotz Schutzstatus) durch Abernten<br />
der Blütenköpfe gefährdet. Sie ist eine altbewährte<br />
Heilpflanze und wurde häufig für die Herstellung<br />
von Arnika-Salbe gepflückt. Borstgrasrasen sind in<br />
Luxemburg vom Aussterben bedroht, die wenigen<br />
verbliebenen Borstgrasrasen sind hochgradig<br />
gefährdet. Sie gehören zu den am stärksten<br />
gefährdeten Vegetationstypen <strong>Luxemburgs</strong>. Das<br />
Juncetum squarrosi ist aufgrund seiner extremen<br />
Seltenheit etwas stärker gefährdet als das Polygalo-<br />
Nardetum. Auch in anderen Mittelgebirgslandschaften<br />
z. B. in Rheinland-Pfalz, dem Saarland<br />
und in Hessen gelten die Borstgrasrasen als stark<br />
gefährdet (Bergmeier & Nowak 1988, Manz 1991,<br />
Bettinger et al. 2008). Deutschlandweit sind alle<br />
Gesellschaften der Borstgrasrasen (Nardetalia) auf<br />
der Roten Liste (Rennwald 2000). Borstgrasrasen<br />
sollten auch aus kulturhistorischen Gründen, als<br />
Relikte früher weit verbreiteter Landnutzungsformen,<br />
unbedingt erhalten bleiben.<br />
Für die Borstgrasrasen besteht eine sehr hohe<br />
Schutzbedürftigkeit sowohl auf nationaler als auch<br />
europäischer Ebene. In besonderem Maße schutzwürdig<br />
sind die äußerst seltenen Torfbinsen-<br />
Borstgrasrasen. Nach Artikel 17 des luxemburgischen<br />
Naturschutzgesetzes sind Borstgrasrasen ab<br />
einer Größe von 25 m² gesetzlich geschützt (Loi<br />
du 19 janvier 2004 concernant la protection de la<br />
nature et des ressources naturelles; Ministère de<br />
l'environnement 2006). Alle Maßnahmen, die die<br />
Borstgrasrasen zerstören oder verändern, sind<br />
verboten. Nach der europäischen FFH-Richtlinie<br />
sind artenreiche Borstgrasrasen ein prioritärer<br />
FFH-Lebensraumtyp (Natura 2000-Code 6230,<br />
FFH-Richtlinie 92/43/EWG, Ssymank et al. 1998).<br />
Der Erhalt und der Schutz der verbliebenen Borstgrasrasen<br />
ist und muss eines der obersten Ziele<br />
des Naturschutzes sein. Ein wichtiges Instrument<br />
ist die Unterschutzstellung durch die Ausweisung<br />
von Naturschutzgebieten. Ihnen kommt eine<br />
große Bedeutung zu. In zwei ausgewiesenen<br />
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