Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs

Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs

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S. Schneider Die Graslandgesellschaften Luxemburgs Abb. 101: Prunella laciniata bei Junglinster. Foto: S. Schneider, 11.06.2008. weiden. Beweidung fördert weideresistente, konkurrenzkräftige Gräser (Koeleria pyramidata, K. macrantha, Brachypodium pinnatum), stacheligdornige Pflanzen wie Cirsium acaule, Carlina vulgaris, Ononis repens sowie für das Vieh giftige Enzian-Arten (Gentianella germanica und G. ciliata). Unter dem Einfluss extensiver Mahd werden die Aufrechte Trespe (Bromus erectus) und Orchideen gefördert. Diese grasreichen Kalk-Magerrasen werden im Mesobrometum erecti Koch 1926 zusammengefasst und sind vor allem im südlichen Oberrheingebiet verbreitet (Oberdorfer & Korneck 1976). Nowak & Schulz (2002) beschreiben sie von Muschelkalk-Standorten am Hochrhein. Nach Rennwald (2000) sind Name und Abgrenzung der Assoziation der gemähten Halbtrockenrasen noch immer umstritten. Er verwendet den ältesten Namen, das Brometum Scherrer 1925. Das Mesobrometum ist der gebräuchlichere Name und wird von zahlreichen Autoren z. B. Oberdorfer & Korneck (1976), Möseler (1989), Ellenberg (1996) und Oberdorfer (2001) verwendet. Da das Mesobrometum seine klare syntaxonomische Aussage verloren hat, ist nach Mucina & Kolbek (1993) das Onobrychido viciifoliae-Brometum T. 180 Müller 1966 der bessere Name. Dafür spricht sich auch Dengler in Rennwald (2000) aus. Die Grenzen zwischen den gemähten und beweideten Halbtrockenrasen sind heute zunehmend unscharf (s. Kap. 4.9.2 Syntaxonomie), worauf auch einige Autoren hinweisen (z. B. Oberdorfer & Korneck 1976, Ellenberg 1996, Nawrath 2005). Die Magerrasen sind Ersatzgesellschaften von Kalkbuchenwäldern auf potentiellen Standorten des Carici-Fagetum Moor 1952, Hordelymo-Fagetum Kuhn 1937, Galio odorati-Fagetum Sougnez et Thill 1959 nom. conserv., Lithospermo-Quercetum Br.-Bl. 1932 und Galio-Carpinetum Oberd. 1957 (u. a. Möseler 1989). Als typische Begleiter der Kalk-Magerrasen des Bromion können u. a. folgende Arten genannt werden: Ranunculus bulbosus (in der Literatur meist als Bromion-Kennart eingestuft), Briza media, Plantago media, Primula veris, Linum catharticum, Genista tinctoria, Thymus pulegioides und Centaurium erythraea (für weitere Arten siehe Tab. C20). Die ersten vier genannten Arten kennzeichnen magere Glatthaferwiesen. Kennarten des Bromion sind in der Tabelle 2 genannt. Einige dieser Arten gelten in der überregionalen Literatur als Differentialarten gegenüber dem Xerobromion (s. dazu z. B. Möseler 1989, Jandt 1999). Die Kennarten der Halbtrockenrasen Luxemburgs (Tab. 2) werden unterschiedlich gewichtet. Ononis repens kommt auch in anderen Vegetationstypen vor und ist nicht unbedingt an das Bromion gebunden. Ononis gilt daher als schwache Kennart. Cirsium acaule, Carlina vulgaris, Prunella laciniata, Polygala calcarea sowie die Enziane und Orchideen sind hingegen sehr eng an das Bromion gebunden. Auch Hippocrepis comosa, Koeleria pyramidata, Anthyllis vulneraria und Potentilla neumanniana stellen gute Kennarten der Halbtrockenrasen dar, während Bromus erectus, Medicago lupulina und Scabiosa columbaria in den mageren Glatthaferwiesen vorkommen und die Trespen-Glatthaferwiesen (Arrhenatheretum elatioris, Ausbildung mit Bromus erectus) abgrenzen. Carex flacca tritt auch in anderen Graslandgesellschaften auf, z. B. in Pfeifengraswiesen (Molinion-Verbandsgesellschaft) und in mageren Glatthaferwiesen. Carex caryophyllea gehört zu den differenzierenden Arten der basenreichen Borstgrasrasen (Leontodon hispidus-Ausbildung des Polygalo-Nardetum). Centaurea scabiosa hat eine ähnliche Verbreitung Ferrantia66 / 2011

S. Schneider Die Graslandgesellschaften Luxemburgs wie Bromus erectus, ist aber seltener. Sanguisorba minor, Brachypodium pinnatum und Euphorbia cyparissias können nur als schwache Klassenkennarten gelten, während Asperula cynanchica u. a. eng an Halbtrockenrasen gebunden sind. Das Vorkommen von Polygala calcarea (Kalk- Kreuzblume) stellt eine pflanzengeographische Besonderheit dar. Polygala calcarea gilt als atlantische-südwestsubmediterrane Art (Oberdorfer 2001) und erreicht im Westen von Deutschland (Rheinland-Pfalz, Saarland) die Ostgrenze ihres Areals (Haeupler & Schönfelder 1989). In Luxemburg kommt sie im östlichen und zentralen Teil des Landes vor (Reichling unveröffentlichte Karten, Van Rompaey et al. 1979). Prunella laciniata (Abb. 101) zeigt in Luxemburg eine ähnliche Verbreitung wie die Kalk-Kreuzblume (Reichling unveröffentlichte Karten). Sie wird als submediterrane Art eingestuft (Oberdorfer 2001). 4.9.2 Bromion-Verbandsgesellschaft (Trespen-Halbtrockenrasen- Verbandsgesellschaft) Tab. C20, Abb. A56, A57, A58, A59, A60 Die Halbtrockenrasen Luxemburgs sind floristisch und vegetationskundlich recht gut untersucht, sie gehören im Untersuchungsgebiet zu den am besten untersuchten Vegetationstypen des Graslandes. Dies belegt die große Fülle an Untersuchungen und Veröffentlichungen: z. B. Wegener 1965, Kauffmann 1973, Kirpach 1988, Klopp 1988, Colling 1992, Reckinger 1992, Werner 1992, Mersch & Weber 1993, Junck et al. 1994, Weber & Mersch 1995, Steinbach 1999, 2003 und aus weiteren Jahren, Schmidt & Krippel 1997, Schmidt et al. 1997, Colling et al. 1998, Krippel 2001, Steinbach et al. 2001 und Naumann et al. 2004d. Aspekt und Struktur Die Bestände der Bromion-Verbandsgesellschaft sind äußerst blüten- und kräuterreich. Sie werden von einer Vielzahl an niedrigwüchsigen Pflanzen, meist Rosetten- und Kriechpflanzen, wie Cirsium acaule, Prunella laciniata, Polygala calcarea, Hippocrepis comosa, Thymus pulegioides, Plantago media, Hieracium pilosella, Potentilla neumanniana, Anthyllis vulneraria, Trifolium medium und Linum Ferrantia66 / 2011 catharticum aufgebaut. Diese zeigen sich in einer meist lückigen Unterschicht mit etwa 10 bis 20 cm Höhe. Sanguisorba minor, Scabiosa columbaria, Carlina vulgaris, Pimpinella saxifraga, Leucanthemum vulgare, Centaurea jacea s. l. sowie Koeleria pyramidata, Carex flacca, Briza media u. a. bilden eine lockere Mittelschicht, die vor allem von Bromus erectus und Brachypodium pinnatum sowie hochwüchsigen Wiesenpflanzen in etwa 60 bis 80 cm Höhe überragt wird. In den Trespen-Halbtrockenrasen lassen sich im Jahresverlauf viele unterschiedliche Blühaspekte beobachten. Dies liegt an dem hohen Anteil an Kräutern. Hippocrepis comosa entwickelt im Frühsommer gelbe Blütenteppiche, in denen Polygala calcarea mit seinen blau leuchtenden Blüten Akzente setzt (Abb. 102). Weitere Arten wie Ononis repens, Prunella laciniata, Scabiosa columbaria und Centaurea scabiosa prägen im Verlauf der Vegetationsperiode mit ihren auffällig gefärbten Blüten in unterschiedlichen Farben (gelblichweiß, hellblau, rosafarben oder violett) das Bild. Daneben zeigen Begleitarten aus den Arrhenatheretalia (z. B. Leucanthemum vulgare, Lotus corniculatus, Centaurea jacea s. l.), den Molinietalia (Genista tinctoria, Inula salicina) und den Origanetalia vulgaris (Trifolium medium, Hypericum perforatum, Agrimonia eupatoria) farbige, meist gelbe oder rote Aspekte. Im Spätsommer treten nun auch die purpurfarbenen Blüten der Stengellosen Kratzdistel (Cirsium acaule) zwischen ihren stacheligen rosettigen Blättern auf sowie die goldfarben schimmernde Golddistel (Carlina vulgaris, Abb. 103). Orchideen (z. B. Ragwurz- Arten) verleihen den Trespen-Halbtrockenrasen eine ganz besondere Eigenheit, obwohl sie selten und meist nur vereinzelt vorkommen. Das Große Schillergras (Koeleria pyramidata) fällt durch seine silbrig glänzenden Rispen auf. Syntaxonomie Die Zuordnung der hier vorgestellten Kalk-Magerrasen kann lediglich auf der Stufe des Verbandes Bromion erecti erfolgen. Die üblicherweise vorgenommene Differenzierung in beweidete und gemähte Magerrasen ist nicht möglich. Dies hängt mit der im Laufe der letzten Jahrzehnte geänderten Nutzungsform zusammen. Der Großteil der Trespen-Halbtrockenrasen wird heute nicht mehr regelmäßig genutzt oder liegt seit längerem brach. Einige Flächen werden seit kurzem wieder gemäht 181

S. Schneider <strong>Die</strong> <strong>Graslandgesellschaften</strong> <strong>Luxemburgs</strong><br />

Abb. 101: Prunella laciniata bei Junglinster.<br />

Foto: S. Schneider, 11.06.2008.<br />

weiden. Beweidung fördert weideresistente,<br />

konkurrenzkräftige Gräser (Koeleria pyramidata,<br />

K. macrantha, Brachypodium pinnatum), stacheligdornige<br />

Pflanzen wie Cirsium acaule, Carlina<br />

vulgaris, Ononis repens sowie für das Vieh giftige<br />

Enzian-Arten (Gentianella germanica und G. ciliata).<br />

Unter dem Einfluss extensiver Mahd werden die<br />

Aufrechte Trespe (Bromus erectus) und Orchideen<br />

gefördert. <strong>Die</strong>se grasreichen Kalk-Magerrasen<br />

werden im Mesobrometum erecti Koch 1926 zusammengefasst<br />

und sind vor allem im südlichen<br />

Oberrheingebiet verbreitet (Oberdorfer & Korneck<br />

1976). Nowak & Schulz (2002) beschreiben sie von<br />

Muschelkalk-Standorten am Hochrhein.<br />

Nach Rennwald (2000) sind Name und Abgrenzung<br />

der Assoziation der gemähten Halbtrockenrasen<br />

noch immer umstritten. Er verwendet den<br />

ältesten Namen, das Brometum Scherrer 1925. Das<br />

Mesobrometum ist der gebräuchlichere Name und<br />

wird von zahlreichen Autoren z. B. Oberdorfer<br />

& Korneck (1976), Möseler (1989), Ellenberg<br />

(1996) und Oberdorfer (2001) verwendet. Da<br />

das Mesobrometum seine klare syntaxonomische<br />

Aussage verloren hat, ist nach Mucina & Kolbek<br />

(1993) das Onobrychido viciifoliae-Brometum T.<br />

180<br />

Müller 19<strong>66</strong> der bessere Name. Dafür spricht sich<br />

auch Dengler in Rennwald (2000) aus.<br />

<strong>Die</strong> Grenzen zwischen den gemähten und beweideten<br />

Halbtrockenrasen sind heute zunehmend<br />

unscharf (s. Kap. 4.9.2 Syntaxonomie), worauf<br />

auch einige Autoren hinweisen (z. B. Oberdorfer<br />

& Korneck 1976, Ellenberg 1996, Nawrath 2005).<br />

<strong>Die</strong> Magerrasen sind Ersatzgesellschaften von<br />

Kalkbuchenwäldern auf potentiellen Standorten<br />

des Carici-Fagetum Moor 1952, Hordelymo-Fagetum<br />

Kuhn 1937, Galio odorati-Fagetum Sougnez et Thill<br />

1959 nom. conserv., Lithospermo-Quercetum Br.-Bl.<br />

1932 und Galio-Carpinetum Oberd. 1957 (u. a.<br />

Möseler 1989).<br />

Als typische Begleiter der Kalk-Magerrasen des<br />

Bromion können u. a. folgende Arten genannt<br />

werden: Ranunculus bulbosus (in der Literatur<br />

meist als Bromion-Kennart eingestuft), Briza media,<br />

Plantago media, Primula veris, Linum catharticum,<br />

Genista tinctoria, Thymus pulegioides und Centaurium<br />

erythraea (für weitere Arten siehe Tab. C20). <strong>Die</strong><br />

ersten vier genannten Arten kennzeichnen magere<br />

Glatthaferwiesen. Kennarten des Bromion sind in<br />

der Tabelle 2 genannt. Einige dieser Arten gelten<br />

in der überregionalen Literatur als Differentialarten<br />

gegenüber dem Xerobromion (s. dazu z. B.<br />

Möseler 1989, Jandt 1999).<br />

<strong>Die</strong> Kennarten der Halbtrockenrasen <strong>Luxemburgs</strong><br />

(Tab. 2) werden unterschiedlich gewichtet. Ononis<br />

repens kommt auch in anderen Vegetationstypen<br />

vor und ist nicht unbedingt an das Bromion<br />

gebunden. Ononis gilt daher als schwache Kennart.<br />

Cirsium acaule, Carlina vulgaris, Prunella laciniata,<br />

Polygala calcarea sowie die Enziane und Orchideen<br />

sind hingegen sehr eng an das Bromion gebunden.<br />

Auch Hippocrepis comosa, Koeleria pyramidata,<br />

Anthyllis vulneraria und Potentilla neumanniana<br />

stellen gute Kennarten der Halbtrockenrasen<br />

dar, während Bromus erectus, Medicago lupulina<br />

und Scabiosa columbaria in den mageren Glatthaferwiesen<br />

vorkommen und die Trespen-Glatthaferwiesen<br />

(Arrhenatheretum elatioris, Ausbildung<br />

mit Bromus erectus) abgrenzen. Carex flacca tritt<br />

auch in anderen <strong>Graslandgesellschaften</strong> auf, z. B.<br />

in Pfeifengraswiesen (Molinion-Verbandsgesellschaft)<br />

und in mageren Glatthaferwiesen. Carex<br />

caryophyllea gehört zu den differenzierenden<br />

Arten der basenreichen Borstgrasrasen (Leontodon<br />

hispidus-Ausbildung des Polygalo-Nardetum).<br />

Centaurea scabiosa hat eine ähnliche Verbreitung<br />

<strong>Ferrantia</strong> • <strong>66</strong> / 2011

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