Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs

Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs

24.07.2013 Aufrufe

S. Schneider Die Graslandgesellschaften Luxemburgs 166 (Oberdorfer 1993c) in den Goldhaferwiesen vorkommen. Die hier angeführten Wiesen sind somit nicht so deutlich montan geprägt und daher als kennartenärmere Ausprägung anzusehen. Zudem sind sie aufgrund der geringen Meereshöhe nur bedingt als montane Wiesen zu bezeichnen. Das Fehlen der stärker montan verbreiteten Arten im Untersuchungsgebiet ist natürlich bedingt. Damit ist die Assoziation des Verbandes weniger durch Kennarten als durch stete Trennarten gekennzeichnet. Ähnliche Storchschnabel-Wiesen werden z. B. auch aus dem Taunus von Nawrath (2005) beschrieben. In ihnen kommen ebenso nur Geranium sylvaticum, Phyteuma nigrum und P. spicatum als Verbands- bzw. Assoziationskennarten vor. Meum athamanticum, Crepis mollis und Centaurea pseudophrygia fehlen auch diesen Beständen. Da Sanguisorba officinalis in den Tieflagen des Untersuchungsgebietes fehlt und nur an wenigen Standorten im Ösling vorkommt, kann er als schwache lokale Differentialart der Assoziation bzw. des Verbandes gelten, auch wenn der Große Wiesenknopf im überregionalen Vergleich nicht an höhere Lagen gebunden ist und als Arrhenatheretalia-Art gilt. Nach Oberdorfer (2001) kommt er in feuchten Tal- und Bergwiesen vor. Aufgrund seiner Seltenheit, der Bindung an die Geranium sylvaticum-Wiesen und damit an die montanen Frischwiesen in Luxemburg sollte ihm hier eine besondere Stellung zugesprochen werden. Das Vorkommen von Sanguisorba officinalis in den untersuchten Wiesen liegt sicherlich auch in den mäßig basen- und nährstoffreichen Böden begründet. Die Storchschnabel-Bestände können nach derzeitigem Kenntnisstand als einzige Wiesen in Luxemburg den Mittelgebirgswiesen und damit dem Polygono-Trisetion-Verband zugerechnet werden. Verwandte Gesellschaften in Luxemburg sind die Bistorta officinalis-Gesellschaft (Calthion) und die Festuca-rubra-Gesellschaft (Arrhenatheretalia). In ihnen kommen vereinzelt Höhenzeiger bzw. Differentialarten des Verbandes vor. Artenzusammensetzung Zu den kennzeichnenden Arten der Storchschnabel-Goldhaferwiesen gehören die Kennund Trennarten des Polygono-Trisetion bzw. der Assoziation: Geranium sylvaticum, Persicaria bistorta, Phyteuma nigrum, Hypericum maculatum und mehrere Kleinarten der Gattung Alchemilla. Als weitere bezeichnende Art dieser feuchten Ausprägung der montanen Wiesen tritt Sanguisorba officinalis in besonders prägender Weise auf. Er tritt oftmals mit hohen Deckungsgraden in den Storchschnabel-Beständen auf. Arrhenatherion-Arten (Arrhenatherum elatius, Crepis biennis) kommen noch vor. Den Grundstock bilden hochstete Arrhenatheretalia-Arten wie Dactylis glomerata, Heracleum sphondylium, Leucanthemum vulgare, Veronica chamaedrys, Achillea millefolium, Knautia arvensis und Trifolium dubium sowie Molinio-Arrhenatheretea-Arten wie Holcus lanatus, Plantago lanceolata, Trifolium pratense, Ranunculus acris, Rumex acetosa, Cerastium fontanum subsp. vulgare, Centaurea jacea s. l., Trifolium repens und Festuca pratensis. Des Weiteren sind einige stete Begleiter zu finden. In den weniger feuchten Beständen kommen zahlreiche Magerkeitszeiger vor. Mit einer mittleren Artenzahl von 39 gehören diese Storchschnabel-Wiesen zu den artenreichsten Graslandgesellschaften Luxemburgs. Im Vergleich mit den in der überregionalen Literatur (z. B. Klapp 1965, Oberdorfer 1993c, Dierschke 1997a, Dierschke & Briemle 2002) beschriebenen Beständen des Geranio sylvatici- Trisetetum gehören die Bestände im Untersuchungsgebiet zur wechselfeuchten bis feuchten Ausprägung, da Persicaria bistorta und Sanguisorba officinalis als (Wechsel-)Feuchtezeiger hochstet und mit hohen Deckungsgraden vorkommen. Gelegentlich wird von einer Subassoziation (Geranio sylvatici-Trisetetum) sanguisorbetosum officinalis gesprochen (Dierschke 1997a). Die Storchschnabel-Goldhaferwiesen Luxemburgs gehören der von Dierschke (1997a) beschriebenen westlichen Phyteuma nigrum-Rasse an. Untergliederung Von den 14 eigenen, aktuellen Aufnahmen stammen 12 aus dem Gebiet Groussenauel bei Heinerscheid, die beiden anderen aus dem Wiesengebiet Schankwis bei Kalbermillen (Kalborn). Die Wiesen in den beiden Gebieten wurden auch von Dethioux (1988) aufgenommen. Da es sich um dieselben untersuchten Gebiete handelt, wurden die älteren Aufnahmen (lfd.-Nr. 15 bis 17) von den aktuellen in der Vegetationstabelle getrennt. Weiterhin gibt es zwei Aufnahmen als Brachestadien von Filipendula ulmaria von Klampfl et al. (1993) aus dem nördlich an die Wiesen im Groussenauel angrenzenden Gebiet. Ferrantia66 / 2011

S. Schneider Die Graslandgesellschaften Luxemburgs Da somit nur wenige Aufnahmen diesen Wiesentyp belegen und sie lediglich aus zwei Gebieten stammen, kann hier nur eine vorläufige Gliederung (3 Ausbildungen) vorgenommen werden. Die Ausbildung mit Basenzeigern (Ausbildung mit Sanguisorba minor), in der auch gleichzeitig Magerkeitszeiger vorkommen, siedelt auf den basenreicheren, frischen und nährstoffärmeren Standorten. Ihr fehlen Feuchtezeiger (bis auf Persicaria bistorta und Sanguisorba officinalis) weitgehend. Zu den differenzierenden Basenzeigern gehören Sanguisorba minor, Ranunculus bulbosus, Galium verum, Leontodon hispidus sowie Campanula glomerata. Zusätzlich treten diese Magerkeitszeiger auf: Luzula campestris, Campanula rotundifolia, Hypochaeris radicata, Stachys officinalis, Briza media, Hieracium pilosella, Stellaria graminea, Anemone nemorosa, Lathyrus linifolius und Carex caryophyllea. Die Bestände dieser Ausbildung kommen auf flachgründigen Verwitterungsböden vor, die weitgehend außerhalb des Überschwemmungsbereichs der Our liegen. Die feuchtere und etwas nährstoffreichere differentialartenlose Ausbildung stockt dagegen auf etwas tiefgründigeren und grundwasserbeeinflussten Böden in Bereichen, die – wenn auch selten – bei Hochwasser überschwemmt werden. Dies zeigt auch das Vorkommen von Petasites hybridus als typische Auenpflanze an. Dieser Ausbildung fehlen die Basen- und Magerkeitszeiger der ersten Ausbildung (negativ differenziert). Sie unterscheidet sich zusätzlich durch eine Gruppe mit Feuchtezeigern (Filipendula ulmaria-Gruppe) schwach positiv von der Ausbildung mit Sanguisorba minor. Zudem treten in ihr Nährstoffzeiger wie Alopecurus pratensis und Ranunculus repens verstärkt auf. Arten der Glatthaferwiesen (vor allem Arrhenatherum elatius) treten auf den etwas nährstoffreicheren Böden stärker hervor. Geranium sylvaticum und Persicaria bistorta (als weitere Feuchtezeiger) kommen in diesen Beständen mit deutlich höheren Deckungsgraden vor. Geranium sylvaticum gedeiht in etwas besser gedüngten Wiesen und in jüngeren Brachen üppiger (Dierschke & Briemle 2002), daher tritt er in der Ausbildung mit Sanguisorba minor auch etwas zurück. Insgesamt sind die Bestände der differentialartenlosen Ausbildung wüchsiger. Die älteren Aufnahmen von Dethioux (1988, lfd.-Nr. 15 bis 17) lassen sich ebenfalls dieser Ausbildung zuordnen. Höhere Deckungsgrade Ferrantia66 / 2011 der Feuchtezeiger Filipendula ulmaria, Ranunculus repens, Alopecurus pratensis und Cardamine pratensis kennzeichnen die noch feuchteren Standorte. Einige Arten der Frischwiesen sowie des Wirtschaftsgrünlandes fehlen ihnen oder treten etwas zurück. Es fällt auf, dass ihnen die Arrhenatherion-Arten Arrhenatherum elatius und Crepis biennis fehlen, während sie in den aktuellen Beständen sogar teilweise mit hohen Deckungsgraden vorkommen. Möglicherweise ist die Nährstoffversorgung der Standorte heute besser als vor 20 Jahren (Düngung und/oder Eutrophierung). Das bessere Nährstoffangebot kann ggf. die klimatische Ungunst ausgleichen und ermöglicht es den genannten Arten in höheren Lagen zu wachsen (Hauser 1988, Nowak 1992, Nawrath 2005). So konnte Nowak (1992) im hessischen Mittelgebirge beobachten, dass die Kennarten der Glatthaferwiesen auf gedüngten Wiesen etwa 100 m höher reichen als auf mageren Standorten. Es entsteht der Eindruck, dass der Glatthafer heute aufgrund der Düngung weiter in die höheren Lagen hineinreicht als früher. Gerhards & Ruthsatz (1987) weisen darauf hin, dass Glatthaferwiesen in der stark ozeanisch geprägten Vulkaneifel viel höher steigen und weniger montane Elemente aufweisen als in vergleichbaren Höhenlagen der kontinentalen Mittelgebirge. Die dritte Ausbildung enthält Bestände, die nicht mehr genutzt werden. Ihnen fehlen Arten des Wirtschaftsgrünlandes (Molinio-Arrhenatheretea), Arten der Arrhenatheretalia sowie Magerkeitszeiger. Diese Brache-Ausbildung ist deutlich artenärmer (mAZ 19), ihr fehlen die Trennarten des Verbandes weitgehend. Geranium sylvaticum, Persicaria bistorta und Filipendula ulmaria herrschen vor. Diese Ausbildung zeigt die Entwicklung der Waldstorchschnabel-Wiesen bei Brachfallen, bei der es zur Dominanz einer oder weniger Arten kommt. Ökologie Die Gesellschaft kommt auf mäßig basenreichen, frischen bis feuchten sowie mäßig nährstoffreichen Böden vor. Sie siedelt zum einen auf basenreicheren Silikatverwitterungsböden (Schieferböden) und zum anderen auf Alluvialböden. Eine gute Basenversorgung ist für die Ausbildung der Storchschnabel-Wiesen wesentlich. Ruthsatz (2009b) weist auf höhere Ca- und Mg-Gehalte in Sickerwässern und Böden basenreicher Schieferformationen im Hunsrück hin. 167

S. Schneider <strong>Die</strong> <strong>Graslandgesellschaften</strong> <strong>Luxemburgs</strong><br />

Da somit nur wenige Aufnahmen diesen Wiesentyp<br />

belegen und sie lediglich aus zwei Gebieten<br />

stammen, kann hier nur eine vorläufige Gliederung<br />

(3 Ausbildungen) vorgenommen werden. <strong>Die</strong><br />

Ausbildung mit Basenzeigern (Ausbildung<br />

mit Sanguisorba minor), in der auch gleichzeitig<br />

Magerkeitszeiger vorkommen, siedelt auf den<br />

basenreicheren, frischen und nährstoffärmeren<br />

Standorten. Ihr fehlen Feuchtezeiger (bis auf<br />

Persicaria bistorta und Sanguisorba officinalis)<br />

weitgehend. Zu den differenzierenden Basenzeigern<br />

gehören Sanguisorba minor, Ranunculus<br />

bulbosus, Galium verum, Leontodon hispidus sowie<br />

Campanula glomerata. Zusätzlich treten diese<br />

Magerkeitszeiger auf: Luzula campestris, Campanula<br />

rotundifolia, Hypochaeris radicata, Stachys officinalis,<br />

Briza media, Hieracium pilosella, Stellaria graminea,<br />

Anemone nemorosa, Lathyrus linifolius und Carex<br />

caryophyllea. <strong>Die</strong> Bestände dieser Ausbildung<br />

kommen auf flachgründigen Verwitterungsböden<br />

vor, die weitgehend außerhalb des Überschwemmungsbereichs<br />

der Our liegen.<br />

<strong>Die</strong> feuchtere und etwas nährstoffreichere differentialartenlose<br />

Ausbildung stockt dagegen auf etwas<br />

tiefgründigeren und grundwasserbeeinflussten<br />

Böden in Bereichen, die – wenn auch selten – bei<br />

Hochwasser überschwemmt werden. <strong>Die</strong>s zeigt<br />

auch das Vorkommen von Petasites hybridus als<br />

typische Auenpflanze an. <strong>Die</strong>ser Ausbildung<br />

fehlen die Basen- und Magerkeitszeiger der<br />

ersten Ausbildung (negativ differenziert). Sie<br />

unterscheidet sich zusätzlich durch eine Gruppe<br />

mit Feuchtezeigern (Filipendula ulmaria-Gruppe)<br />

schwach positiv von der Ausbildung mit Sanguisorba<br />

minor. Zudem treten in ihr Nährstoffzeiger<br />

wie Alopecurus pratensis und Ranunculus repens<br />

verstärkt auf. Arten der Glatthaferwiesen (vor<br />

allem Arrhenatherum elatius) treten auf den etwas<br />

nährstoffreicheren Böden stärker hervor. Geranium<br />

sylvaticum und Persicaria bistorta (als weitere<br />

Feuchtezeiger) kommen in diesen Beständen mit<br />

deutlich höheren Deckungsgraden vor. Geranium<br />

sylvaticum gedeiht in etwas besser gedüngten<br />

Wiesen und in jüngeren Brachen üppiger<br />

(<strong>Die</strong>rschke & Briemle 2002), daher tritt er in der<br />

Ausbildung mit Sanguisorba minor auch etwas<br />

zurück. Insgesamt sind die Bestände der differentialartenlosen<br />

Ausbildung wüchsiger.<br />

<strong>Die</strong> älteren Aufnahmen von Dethioux (1988,<br />

lfd.-Nr. 15 bis 17) lassen sich ebenfalls dieser<br />

Ausbildung zuordnen. Höhere Deckungsgrade<br />

<strong>Ferrantia</strong> • <strong>66</strong> / 2011<br />

der Feuchtezeiger Filipendula ulmaria, Ranunculus<br />

repens, Alopecurus pratensis und Cardamine pratensis<br />

kennzeichnen die noch feuchteren Standorte. Einige<br />

Arten der Frischwiesen sowie des Wirtschaftsgrünlandes<br />

fehlen ihnen oder treten etwas zurück.<br />

Es fällt auf, dass ihnen die Arrhenatherion-Arten<br />

Arrhenatherum elatius und Crepis biennis fehlen,<br />

während sie in den aktuellen Beständen sogar<br />

teilweise mit hohen Deckungsgraden vorkommen.<br />

Möglicherweise ist die Nährstoffversorgung der<br />

Standorte heute besser als vor 20 Jahren (Düngung<br />

und/oder Eutrophierung).<br />

Das bessere Nährstoffangebot kann ggf. die klimatische<br />

Ungunst ausgleichen und ermöglicht es den<br />

genannten Arten in höheren Lagen zu wachsen<br />

(Hauser 1988, Nowak 1992, Nawrath 2005). So<br />

konnte Nowak (1992) im hessischen Mittelgebirge<br />

beobachten, dass die Kennarten der Glatthaferwiesen<br />

auf gedüngten Wiesen etwa 100 m höher<br />

reichen als auf mageren Standorten. Es entsteht<br />

der Eindruck, dass der Glatthafer heute aufgrund<br />

der Düngung weiter in die höheren Lagen hineinreicht<br />

als früher. Gerhards & Ruthsatz (1987)<br />

weisen darauf hin, dass Glatthaferwiesen in der<br />

stark ozeanisch geprägten Vulkaneifel viel höher<br />

steigen und weniger montane Elemente aufweisen<br />

als in vergleichbaren Höhenlagen der kontinentalen<br />

Mittelgebirge.<br />

<strong>Die</strong> dritte Ausbildung enthält Bestände, die nicht<br />

mehr genutzt werden. Ihnen fehlen Arten des<br />

Wirtschaftsgrünlandes (Molinio-Arrhenatheretea),<br />

Arten der Arrhenatheretalia sowie Magerkeitszeiger.<br />

<strong>Die</strong>se Brache-Ausbildung ist deutlich artenärmer<br />

(mAZ 19), ihr fehlen die Trennarten des Verbandes<br />

weitgehend. Geranium sylvaticum, Persicaria bistorta<br />

und Filipendula ulmaria herrschen vor. <strong>Die</strong>se<br />

Ausbildung zeigt die Entwicklung der Waldstorchschnabel-Wiesen<br />

bei Brachfallen, bei der es zur<br />

Dominanz einer oder weniger Arten kommt.<br />

Ökologie<br />

<strong>Die</strong> Gesellschaft kommt auf mäßig basenreichen,<br />

frischen bis feuchten sowie mäßig nährstoffreichen<br />

Böden vor. Sie siedelt zum einen auf basenreicheren<br />

Silikatverwitterungsböden (Schieferböden)<br />

und zum anderen auf Alluvialböden. Eine<br />

gute Basenversorgung ist für die Ausbildung<br />

der Storchschnabel-Wiesen wesentlich. Ruthsatz<br />

(2009b) weist auf höhere Ca- und Mg-Gehalte in<br />

Sickerwässern und Böden basenreicher Schieferformationen<br />

im Hunsrück hin.<br />

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