Ferrantia 66 Die Graslandgesellschaften Luxemburgs

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24.07.2013 Aufrufe

S. Schneider Die Graslandgesellschaften Luxemburgs 150 Abb. 86: Rotschwingel-Straußgras-Gesellschaft, Aspekt mit Potentilla erecta und Stachys officinalis, bei Rombach-Martelange. Foto: S. Schneider, 30.06.2007. Kräuter wie Leucanthemum vulgare, Pimpinella saxifraga und Ranunculus acris hinzu. Auffallend blühende Kräuter wie Stachys officinalis, Knautia arvensis und Centaurea jacea s. l. stechen zudem als höherwüchsige Arten aus den grasreichen niedrigen Beständen heraus (Abb. 86). Die Festuca rubra-Agrostis capillaris-Bestände sind kraut- und blütenärmer als das Polygalo-Nardetum. Es konnten 34 Vegetationsaufnahmen der Festuca rubra-Agrostis capillaris-Gesellschaft zugeordnet werden. Sowohl in der lokalen als auch überregionalen Literatur wurde der kennartenlosen Gesellschaft nur wenig Beachtung geschenkt. Daher gibt es auch überregional nur wenige Aufnahmen, obwohl sie in manchen Regionen häufig ist (s. Verbreitung, historische und aktuelle Nutzung sowie Aspekte des Naturschutzes in diesem Kapitel). In den im Rahmen dieser Arbeit ausgewerteten vegetationskundlichen Arbeiten aus Luxemburg wurde die Gesellschaft lediglich in einer Arbeit beschrieben (Steinbach 1995b). Syntaxonomie Die Rotschwingel-Straußgras-Gesellschaft wird durch die beiden hochsteten, namensgebenden, oft dominanten Arten, Festuca rubra agg. und Agrostis capillaris gekennzeichnet. Weiterhin ist sie durch hohe Stetigkeiten zahlreicher Magerkeitszeiger positiv charakterisiert (Kauter 2001) sowie negativ durch das Fehlen von eigenständigen Kennarten. Daher wird sie als Gesellschaft geführt. Sie kann auch nicht als Assoziation gefasst werden, da die beiden vorherrschenden Gräser in anderen Gesellschaften oftmals mit hohen Deckungsgraden auftreten können (z. B. im Arrhenatheretum elatioris). Die Namensgebung der Gesellschaft richtet sich nach Dierschke (1997a) und Dierschke & Briemle (2002), die die Gesellschaft im weiteren Sinne fassen. Die Festuca rubra-Agrostis capillaris-Gesellschaft wird angesichts des hochsteten Vorkommens von Arrhenatheretalia- und Molinio-Arrhenatheretea- Arten syntaxonomisch der Ordnung Arrhenatheretalia zugeordnet. Dies erfolgt in Anlehnung an Rennwald (2000) und Dierschke & Briemle (2002). Dierschke (1997a) bezeichnet die Magerwiesen als fragmentarische Bestände der Arrhenatheretalia, schließt sie aber dem Polygono-Trisetion an. Die Gesellschaft kann ohne Verbands-Kennarten weder dem Arrhenatherion elatioris noch dem Ferrantia66 / 2011

S. Schneider Die Graslandgesellschaften Luxemburgs Polygono-Trisetion zugeordnet werden. Zahlreiche Autoren weisen auf die Schwierigkeit der syntaxonomischen Zuordnung der Gesellschaft hin (u. a. Apitzsch 1963, Glavac & Raus 1982, Reif et al. 1988). Glavac (1983) bedauert, dass diese Gesellschaft aufgrund der fehlenden Kenn- und Trennarten oftmals anderen floristisch besser charakterisierten Gesellschaften zugeordnet wird. So wird sie von Klapp (1965) dem Festuco-Cynosuretum eingegliedert. Wie unterschiedlich die Benennung und syntaxonomische Zuordnung dieser Gesellschaft in der Literatur ist, hat Nawrath (2005) herausgearbeitet. Er hat sich für die Benennung als Festuca rubra-(Arrhenatheretalia)-Gesellschaft entschieden und trennt die jüngeren Sukzessionsstadien auf ehemaligen Äckern oder gestörten Flächen ab. Die Festuca rubra-Agrostis capillaris-Gesellschaft tritt im Übergang zwischen den Glatthaferwiesen (Arrhenatheretum elatioris) und den Goldhaferwiesen (Geranio sylvatici-Trisetetum) auf. Sie weist zudem eine enge floristische Verwandtschaft zu den Borstgrasrasen (Violion caninae) auf und vermittelt zu den Glatthaferwiesen (Arrhenatherion elatioris) sowie Viehweiden (Cynosurion cristati). Somit ist die Abgrenzung zu anderen Syntaxa schwierig. Auch Apitzsch (1963) weist auf die gleitenden Übergänge zu benachbarten Pflanzengesellschaften und die damit verbundene erschwerte Abgrenzung hin. Er stellt die nahe Verwandtschaft zu den Borstgrasrasen heraus und weist auf deren Übergangsstellung zwischen Borstgrasrasen und Goldhaferwiesen hin. Abgrenzung gegenüber anderen Syntaxa Die Festuca rubra-Agrostis capillaris-Gesellschaft vermittelt zu einer Vielzahl anderer Magergrünland-Gesellschaften. So nimmt Glavac (1983: 405) an, dass ein Teil des synsystematisch undefinierten „Übergangs-Bereiches“ im Ökogramm der Verbände ungedüngter Wiesengesellschaften von Ellenberg (1996: 787) von der Festuca rubra-Agrostis capillaris-Gesellschaft eingenommen wird. Der Gesellschaft fehlen positiv kennzeichnende Kennund Trennarten, was die Abgrenzung von anderen Gesellschaften schwierig macht. Für das Abtrennen der Gesellschaft von anderen Gesellschaften des Wirtschaftsgrünlandes, vor allem der mageren Ausbildungen des Arrhenatheretum, ist das Fehlen der Arrhenatherion-Kennarten entscheidend. Die Abgrenzung der Festuca rubra-Agrostis capillaris-Gesellschaft gegenüber den Gesellschaften Ferrantia66 / 2011 des Cynosurion (Cynosuro-Lolietum) kann durch das Fehlen typischer Weidezeiger erfolgen. Allerdings können diese, hauptsächlich in Weiden verbreiteten Arten, auch in beweideten Beständen der Festuca rubra-Agrostis capillaris-Gesellschaft vorkommen. Diese beiden Gesellschaften kommen sehr häufig nebeneinander vor. In der Festuca rubra-Agrostis capillaris-Gesellschaft kommen einige Borstgrasrasen-Pflanzen vor. Sie sind aber mit deutlich geringeren Stetigkeiten vertreten, so dass dies das entscheidende Abgrenzungsmerkmal zum Polygalo-Nardetum ist. Artenzusammensetzung und Untergliederung Die Rotschwingel-Straußgras-Magerwiesen sind nur durch einen kleinen Grundstock an gemeinsamen Arten gekennzeichnet, der eine Zusammenfassung zu einer Gesellschaft rechtfertigt (Dierschke 1997a). Ihre Bestände zeichnen sich durch hohe Stetigkeiten von Kennarten der Molinio-Arrhenatheretea aus. Charakteristische Gräser sind neben Festuca rubra agg. und Agrostis capillaris, Luzula campestris, Holcus lanatus, Anthoxanthum odoratum, Dactylis glomerata und Poa pratensis subsp. pratensis. Wobei Festuca rubra agg. i. d. R. mit hohen Deckungsgraden (> 3) vorkommt. Nach Oberdorfer (1993c) tritt der Rotschwingel meist auf ärmeren Böden und in klimatisch wenig begünstigten Lagen aufgrund geringerer Bewirtschaftungsintensität stark hervor. Arrhenatherum elatius, Bromus hordeaceus, Alopecurus pratensis und andere anspruchsvolle Obergräser fehlen den Beständen weitgehend. Zu den steten Kräutern gehören Arten der Arrhenatheretalia und Molinio-Arrhenatheretea, z. B. Achillea millefolium, Leucanthemum vulgare, Trifolium dubium, Rumex acetosa, Plantago lanceolata, Centaurea jacea s. l., Ranunculus acris, Trifolium repens, Cerastium fontanum subsp. vulgare und Trifolium pratense. Viele von ihnen sind an magere Standorte angepasst. Dies betont auch Glavac (1983). Magerkeitszeiger sind reichlich in den Rotschwingel-Rotstraußgras-Wiesen vertreten. Luzula campestris, Campanula rotundifolia, Hieracium pilosella, Pimpinella saxifraga, Stellaria graminea, Hypochaeris radicata u. a. sind sehr häufig in den Magerwiesen zu finden. Zu den Magerkeitszeigern gehört auch die große Gruppe der Borstgrasrasen-Pflanzen wie z. B. Potentilla erecta, Lathyrus linifolius, Galium saxatile, Hypericum maculatum und Genistella sagittalis 151

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150<br />

Abb. 86: Rotschwingel-Straußgras-Gesellschaft, Aspekt mit Potentilla erecta und Stachys<br />

officinalis, bei Rombach-Martelange. Foto: S. Schneider, 30.06.2007.<br />

Kräuter wie Leucanthemum vulgare, Pimpinella<br />

saxifraga und Ranunculus acris hinzu. Auffallend<br />

blühende Kräuter wie Stachys officinalis, Knautia<br />

arvensis und Centaurea jacea s. l. stechen zudem<br />

als höherwüchsige Arten aus den grasreichen<br />

niedrigen Beständen heraus (Abb. 86). <strong>Die</strong> Festuca<br />

rubra-Agrostis capillaris-Bestände sind kraut- und<br />

blütenärmer als das Polygalo-Nardetum.<br />

Es konnten 34 Vegetationsaufnahmen der Festuca<br />

rubra-Agrostis capillaris-Gesellschaft zugeordnet<br />

werden. Sowohl in der lokalen als auch überregionalen<br />

Literatur wurde der kennartenlosen<br />

Gesellschaft nur wenig Beachtung geschenkt.<br />

Daher gibt es auch überregional nur wenige<br />

Aufnahmen, obwohl sie in manchen Regionen<br />

häufig ist (s. Verbreitung, historische und aktuelle<br />

Nutzung sowie Aspekte des Naturschutzes in<br />

diesem Kapitel). In den im Rahmen dieser Arbeit<br />

ausgewerteten vegetationskundlichen Arbeiten<br />

aus Luxemburg wurde die Gesellschaft lediglich<br />

in einer Arbeit beschrieben (Steinbach 1995b).<br />

Syntaxonomie<br />

<strong>Die</strong> Rotschwingel-Straußgras-Gesellschaft wird<br />

durch die beiden hochsteten, namensgebenden,<br />

oft dominanten Arten, Festuca rubra agg. und<br />

Agrostis capillaris gekennzeichnet. Weiterhin ist<br />

sie durch hohe Stetigkeiten zahlreicher Magerkeitszeiger<br />

positiv charakterisiert (Kauter 2001)<br />

sowie negativ durch das Fehlen von eigenständigen<br />

Kennarten. Daher wird sie als Gesellschaft<br />

geführt. Sie kann auch nicht als Assoziation<br />

gefasst werden, da die beiden vorherrschenden<br />

Gräser in anderen Gesellschaften oftmals mit<br />

hohen Deckungsgraden auftreten können (z. B. im<br />

Arrhenatheretum elatioris). <strong>Die</strong> Namensgebung der<br />

Gesellschaft richtet sich nach <strong>Die</strong>rschke (1997a)<br />

und <strong>Die</strong>rschke & Briemle (2002), die die Gesellschaft<br />

im weiteren Sinne fassen.<br />

<strong>Die</strong> Festuca rubra-Agrostis capillaris-Gesellschaft<br />

wird angesichts des hochsteten Vorkommens von<br />

Arrhenatheretalia- und Molinio-Arrhenatheretea-<br />

Arten syntaxonomisch der Ordnung Arrhenatheretalia<br />

zugeordnet. <strong>Die</strong>s erfolgt in Anlehnung an<br />

Rennwald (2000) und <strong>Die</strong>rschke & Briemle (2002).<br />

<strong>Die</strong>rschke (1997a) bezeichnet die Magerwiesen<br />

als fragmentarische Bestände der Arrhenatheretalia,<br />

schließt sie aber dem Polygono-Trisetion an.<br />

<strong>Die</strong> Gesellschaft kann ohne Verbands-Kennarten<br />

weder dem Arrhenatherion elatioris noch dem<br />

<strong>Ferrantia</strong> • <strong>66</strong> / 2011

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